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VG Wort

Begonnen von Schelmin, 10. Juni 2007, 20:09:39

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Topaz

#390
Doppelpost zum Thema KI und VG Wort.
In der Mitgliederversammlung dieses Jahr wurde beschlossen, dass dazu Lizenzen vergeben werden.
Newsletter online: https://news.vgwort.de/online.php?u=OLgSVpa2154

Der Wahrnehmungsvertrag hat in §1 (1) 37. dazu jetzt eine Ergänzung bekommen.
Muster auf der Homepage: https://www.vgwort.de/fileadmin/vg-wort/pdf/Wahrnehmungsvertrag/Wahrnehmungsvertrag_Urheber_Fassung_Juni_2024.pdf

Im Newsletter September steht, dass alle einen neuen Wahrnehmungsvertrag brauchen: https://news.vgwort.de/online.php?u=6Tq9WGt2322


Fragen:

Unterschreibt ihr das?


Was ich nicht gefunden habe: Wie werden Urheber für diese erweiterte Rechteeinräumung vergütet. Hat da jemand einen Link / mehr Infos?

Arcor

Das Recht müsste man aber doch ausklammern können, oder, ebenso wie alle anderen Rechte auch über §13 (2). Oder übersehe ich etwas?
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

Sunflower

Ich pushe das hier nochmal, weil ich gerade die VG-Wort-Mail bekommen habe und Fragen habe  :versteck: In der Mail steht, man kann widersprechen, aber widerspreche ich dann dem ganzen Wahrnehmungsvertrag oder nur dem Paragrafen? Ich will natürlich weiter Geld bekommen, aber ich hab echt keine Lust, dass meine Texte zum KI-Training benutzt werden. Wie geht ihr anderen damit um?
"Why make anything if you don't believe it could be great?"
- Gabrielle Zevin: Tomorrow, and tomorrow, and tomorrow

Marta

Ich vermute, der Vertrag bleibt bestehen, aber ich habe zur Sicherheit noch eine Mail an die VG Wort geschickt und nachgefragt. Mal sehen, wann eine Antwort kommt ... Die werden gerade vermutlich überrannt.

Sunflower

Danke fürs Nachfragen  :knuddel:
"Why make anything if you don't believe it could be great?"
- Gabrielle Zevin: Tomorrow, and tomorrow, and tomorrow

Amaryn

Danke Sunflower fürs Pushen und danke Marta fürs Nachfragen!
Ich habe die VG Wort-Email auch gerade eben im Postfach gefunden und bin einigermaßen ratlos. Googelei mit den Stichworten "VG Wort neuer Wahrnehmungsvertrag" brachte auch (noch) nichts wirklich Erhellendes.
"Der Weltraum ist dunkel, Genossen." (Juri Gagarin)

Alana

#396
Ich habe auf Facebook um Kontext gebeten, da ich insbesondere mit Nina George und Lena Falkenhagen vernetzt bin, die sich ja für Autor*innen und Urheberrecht engagieren. Wie erhofft, hat Nina mit einem ganz tollen ausführlichen Beitrag einiges klargestellt. Ihr könnt die Antwort hier lesen:

https://www.facebook.com/alana.falk.1/posts/pfbid0ZamqwAJEr42ErbRXBXGz5AtcohFoZ1q8pApnEcdKmBbzM1XLEVLHfd69QNk8YLe6l

Sofern Nina es erlaubt, werde ich den Text später hier reinkopieren, für alle, die kein Facebook haben.

Edit:

Zitat von Nina Georges Antwort aus oben verlinktem FB-Beitrag. Keine Angst vor der Textwand, Nina schreibt auch solche Texte toll und es liest sich sehr gut!

ZitatIch versuche, zusammen fassen, was die Anpassung bedeutet, von der heute alle Wahrnehmungsbrechtigten per Mail informiert wurden.
Und fange mal ganz vorne an:
(1) Die derzeitige Gesetzeslage mit §44b des UrhG zu Text und Data Mining (TDM) besagt, dass dieses ohne Vergütung geschehen kann, und sich Autoren nur mit einem maschinen-lesbaren Opt-Out davon "befreien" können.
(2) Dieses Gesetz wurde auf den letzten Drücker in die EU Richtlinie von 2019 gepresst (art 4, 2019/790 EU)) und trat 2021 in Kraft. Müßig, zu erwähnen, dass das Netzwerk Autorenrechte Abgeordnete warnte, dass es Kräfte gäbe, die das ungünstig auslegen werden.
(3) Obwohl niemand von generativer KI im Jahr 2019 sprach, so nutzen - oder missbrauchen? - zahlreiche GenKI-Entwickler dieses Gesetz heute, um sich Material inklusive Buchwerke einzuverleiben, ohne zu vergüten, ohne zu lizenzieren. Ihre Behauptung, TDM sei GenKI-Entwicklung, wurde übrigens jüngst durch eine wissenschaftliche Studie wiederlegt, zu finden in meiner Timeline oder beim Netzwerk Autorenrechte
(4) Was macht nun die VG Wort? Sie geht von folgendem aus:
(a) GenKI oder KI-Entwicklung ist nicht TDM, und muss vergütet und lizenziert werden.
(b) Die wenigsten Urheber haben je in ihren Verträgen das explizite Recht der Nutzung ihrer Werke für TDM, oder für GenKI, oder für KI-Entwicklung, übertragen.
(c) Ergo: diese Rechte sind Exklusivrechte des Urhebers. Er kann sie übertragen oder behalten.
(d) Die Änderung des Wahrnehmungsvertrages setzt genau da an: dass es dem Urheber ermöglicht wird, zu lizenzieren. Oder auch: Widerspruch einzulegen und zu sagen: Naa. Mag net.
Zu den geplanten Lizenzen:
(1) Sie sind _nicht_für Unternehmen wie Meta, Open Ai, Alphabet usw. gedacht.
(2) Es sind Unternehmenslizenzen für ausschließlich interne Nutzung, z.B. bei Patentämtern, Logistikunternehmen, Chemische Industrie, etc.
(3) Die Nutzung der Werke wird nicht dafür genutzt einen Output herstellen zu lassen, der in Konkurrenz zum Werk steht.
(4) Sie werden vergütet.
Zur persönlichen Entscheidung:
Im Netzwerk Autorenrechte haben wir im Vorfeld der MV der VG Wort eine Umfrage erstellt und die geplante "KI-Lizenz" debattiert. Ihr müsst Euch an Eure Vorstände wenden und um Erläuterungen bitten. Wir machten auch eine Umfrage, um heraus zu finden:
Wenn Du Geld bekämst für eine Nutzung Deines Werkes zu einer KI-Entwicklung, die _nicht_ bei Open Ai und Konsorten statt findet, sondern um textbasierte Systeme inkl. z.B. Sprachsteuerung oder Suchmaschinen innerhalb von z.B. Patentämtern, zu gewähren, würdest Du?
- Ein Teil der Kollegen sagte: Besser ein bisschen Geld als kein Geld, und eh wird mich Text-KI nicht ersetzen können.
Ein anderer Teil sagte: Nein, ich möchte das grundsätzlich nicht, ich lehne das aus Gründen ab.
Wieder ein Teil sagte: Nur unter bestimmten Bedingungen: Geld, begrenzte Laufzeit, Transparenz.
Die Stimmungslage ist folglich divers.
Grundsätzlich ist die unternehmesinterne KI-Lizenz insofern ein Novum, da es die vergütungsfreie, also ungefragte und unbezahlte Nutzung, die zurzeit KI-Unternehmen aus dem TDM-Artikel ableiten, ablehnt, und stattdessen sagt:
Wenn Nutzung, dann fragen, dann Lizenz, dann Geld.
Ihr könnt mit einem Zweizeiler widersprechen, dass die Vg Wort dieses Recht für Euch wahrnimmt und lizenziert.
Entsprechend wird es dann auch keine anteilige Vergütung dafür geben.
Der Widerspruch gilt für das gesamte Repertoire, auch für alle Pseudonyme.
Es ist absehbar, dass zumeist Fachbücher verwendet werden; Anekdote: In Norwegen wurde ein Experiment der Nationalbibliothek gemacht, bei dem u.a. heraus kam, dass eine Text-KI umsomehr "halluziniert", je mehr Fiction ihr Basismodell enthielt. Oder, anders gesagt: für eine technisch orientierte, betriebsinterne, nicht für öffentliche Produkte genutzte Textbasierte KI, werden belletristische Texte weitesgehend uninteressant sein.
Das soll aber niemand davon abhalten, zu widersprechen.
Im Angesicht der Umfrageergebnisse s.o., haben wir als Verwaltungsräte beschlossen, der KI-Lizenz eine Chance zu geben um klar zu machen:
Du darfst keine Werke nutzen ohne zu fragen, zu zahlen, und sauber und transparent zu lizenzieren mit jeweiligen Bedingungen. Das ist für KI-Entwickler eine harte Nuss.
Andererseits MUSS gewährleistet sein, dass jede(r) Autor:in "nein, danke", sagen kann, da ihr dieses Recht gehört, was mit der Widerspruchsmöglichkeit angeboten wird.
Ihr könnt jetzt widersprechen, aber natürlich auch jederzeit danach, dann wird es nur zu einem anderen Zeitpunkt wirksam, und bis dahin ggfs lizenzierte Werke sind dann bereits in einem Zyklus einer KI-Entwicklung (intern, _nicht_ ChatGPT und Co), enthalten.
Achtung: Ich kann nur sporadisch weiter auf Fragen antworten, da ich tief im Abschluss eines Manuskriptes stecke.
Deswegen auch der Hinweis, dass es ein FAQ geben wird auf der VG Wort-Seite, die jene Fragen beantwortet, die wir als Verwaltungsräte bisher eingesammelt haben von Kolleg:innen.

Ergänzung: Widersprechen ist grundsätzlich auch später möglich, aber dann sind unter Umständen schon Lizenzen vergeben worden und diese kann man sicherlich nicht so einfach zurückrufen und selbst wenn, lässt sich eine erfolgte Nutzung natürlich unmöglich rückgängig machen.

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Meine unqualifizierte Meinung: Ich finde, dass dieser Paragraf ein Schritt in die richtige Richtung ist, weil hierdurch anerkannt wird, dass wir das Recht haben sollten, gefragt und entlohnt zu werden. Aber da die Folgen nicht absehbar sind und eine lukrative Lizenz aufgrund der unternehmensinternen Nutzung für Roman-Autor*innen, wie von Nina oben beschrieben, sowieso unwahrscheinlich ist, würde ich vermutlich erstmal widersprechen und abwarten, wie sich die Lage entwickelt. Sollte sich im Lauf der Zeit eine sinnvolle, lukrative Nutzung für Romantexte auftun, wäre ich aber durchaus bereit, das in Erwägung zu ziehen.
Alhambrana

Sunflower

Danke dafür! Das fand ich sehr hilfreich  :)
Bei mir geht's bei der VG Wort ja aktuell eher um journalistische Texte und meine Sorge war, dass ich mit einer Zustimmung quasi zu meiner eigenen Überflüssigkeit beitrage. Also letztendlich KI trainiere, die mich ersetzen soll. (Nein, ich glaub nicht, dass KI sinnvoll Journalist*innen ersetzen kann, aber ich glaube absolut, dass Sender und Verlage jede Möglichkeit nutzen würden, Geld zu sparen.) Aber so, wie das klingt, wäre das ja nicht der Fall. Ich warte mal noch ein bisschen, was das VG-Wort-FAQ sagen wird und ggf. auf Empfehlungen der Branchenverbände.
"Why make anything if you don't believe it could be great?"
- Gabrielle Zevin: Tomorrow, and tomorrow, and tomorrow

Alana

#398
@Sunflower Ja, Nina kann sowas wirklich super erklären, ein Glück, dass wir sie haben.  :vibes: Dein Fall ist da natürlich sehr spannend, ich wüsste, glaube ich, auch nicht, was ich täte. Wenn man halt wüsste, wie hoch so eine Entlohnung ausfallen kann. Ich könnte mir vorstellen, dass es für Journalisten und Sachbuchautor*innen jetzt am Anfang besonders lukrativ sein könnte, weil viele aktuell noch widersprechen. Falls hier auch das Topf-Modell zum Einsatz kommt, wäre der Anteil anfangs deutlich größer, weil weniger Ansprüche gemeldet werden. Auf der anderen Seite kann es natürlich sein, dass die Entlohnung sehr gering ist und man kaum was bekommt. Schwierig.
Alhambrana

Sunflower

Hmm, habe jetzt ein bisschen auf Twitter nachgelesen, was Kolleg*innen so sagen, und die Tendenz geht deutlich in die Richtung: Gruselig, wenn möglich widersprechen. Ich schaue trotzdem erstmal noch, ob sich Berufsverbände melden, aber ich werde vermutlich widersprechen  :hmmm: Viel Geld käme für mich so oder so nicht rum, ich mache hauptsächlich Social Media und das ist eh nicht von der VG Wort abgedeckt. Aber die paar Texte sollte KI trotzdem nicht bekommen  :P
"Why make anything if you don't believe it could be great?"
- Gabrielle Zevin: Tomorrow, and tomorrow, and tomorrow