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Wenn der Charakter intelligenter ist als man selbst...

Begonnen von heroine, 07. Juni 2014, 15:23:23

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Aidan

Kann ich bei dir unterschreiben, Coppi. Ich denke, es gibt beides, aber ich kenne eher die unauffälligen Vertreter. Viele Hochbegabte werden gar nicht erkannt, weil sie sich anpassen, wie Alien fühlen und den Fehler bei sich suchen. Schließlich muss man als Hochbegabter sich oft anhören, dass man den falschen Lösungsweg nimmt - das Ergebnis stimmt, aber man soll bitte den besprochenen Weg nehmen, der für jemanden, der einfach weiter und anders denkt, völlig kompliziert und verwirrend unsinnig ist. Da fragt man sich schon, ob man so verkehrt denkt. Ich habe den Eindruck, dass viele mehr durch den Blödsinn auffallen, den sie machen, wenn sie nicht ausgelastet sind, oder aber durch Wissensdurst, starke Neugierde, etc., wenn ihnen dass nicht abtrainiert wurde.

Ich glaube, wenn man nicht gerade die Hochbegabung zum Thema macht, muss man die nicht bei einer Figur übermäßig betonen. Im täglichen Umgang  mit anderen machen sich die meisten doch eher weniger Kopf darum, ob jemand hochbegabt ist oder nicht, sondern empfindet eine Person als intelligenter oder weniger intelligent. Eigentlich sind Hochbegabte normale Menschen, mit einer anderen Denkstruktur, Auffassungsgabe und als Kinder etwas frühreif, was die geistigen Kapazitäten angeht, im sozialen Miteinander dagegen haben sie die gleichen Bedürfnisse, wie andere auch.

Was vielleicht ein Ansatz wäre, um die Begabung zu zeigen: Hochbegabte entwickeln teilweise in ähnlicher Zeit einen Lösungsweg wie andere auch, aber in der Zeit, in der Nicht-Hochbegabte einen Weg gefunden haben, hat der Hochbegabte sämtliche mögliche Lösungen mit ihren Vor- und Nachteilen durchdacht und den "optimalen" Weg gefunden - und die Argumente bereits parat, wenn darüber diskutiert wird, welchen Weg man verfolgt, und kann dabei Eventualitäten und potentielle Probleme aufzeigen, die andere nicht bedacht haben.
"Wenn du fliegen willst reicht es nicht, die Flügel auszubreiten. Du musst auch die Ketten lösen, die dich am Boden halten!"

,,NEVER loose your song! Play it. Sing it. But never stop it, because someone else is listening."

Sanjani

Ich hab mich in Canis' Beschreibung als Jugendliche sehr oft wiedergefunden, obwohl bei mir nie offiziell eine Hochbegabung fest gestellt wurde (nur vom "klinischen" Eindruck her sozusagen). Ich glaube, wenn man über jugendliche hochintelligente Charaktere schreiben möchte, bietet sich schon an, einiges von den o. g. Dingen einzubeziehen. Das hängt m. E. mit verschiedenen Dingen zusammen, einerseits mit dem Ingroup-Outgroup-Phänomen, das in der Jugend sehr wichtig ist - man denke nur an die vielen Cliquen, die sich da bilden. Ein Hochbegabter passt da häufig nicht rein, weil er sich mitunter eben nicht für Partys und Jungs interessiert, sondern für Sokrates und Euklid. Und andererseits ist das deutsche Schulsystem wirklich null auf unterschiedliche Begabungen ausgelegt. Ich kann nicht in Worte kleiden, wie unglaublich langweilig es ist, 15000 mal denselben Stoff zu wiederholen, v. a. nach den Ferien, weil da ja niemand gelernt hat (ich auch nicht, aber ich wusste es halt noch). Und ich finde es auch sehr viel verlangt von einem Jugendlichen, wenn er seinen Frust immer herunterschlucken muss. Anfügen möchte ich zu dem Bild noch die Mitschüler, die kurz vor der Stunde hingehen und sagen: Du, kannst du mir schnell sagen, was wir letzte Stunde gemacht haben? Ich glaub, ich werd heut abgefragt. (Keiner von denen ist je mein Freund geworden.)

Ich denke, es kommt auch viel drauf an, ob man ähnliche Interessen teilen kann, die auf einem nicht geistigen Gebiet gelegen sind. Ich hatte z. B. in meiner Judomannschaft nie Probleme, obwohl keine von denen hochbegabt war. Und wir hatten es auch immer lustig und es ging uns nie der Gesprächsstoff aus. Wenn man erst mal befreundet ist, tritt die Begabung dann teilweise auch in den Hintergrund.

Wer sich für Hochbegabte interessiert, kann auch mal zu einem Mensastammtisch als Interessent kommen. Das hab ich auch einmal gemacht. Allerdings hab ich zumindest bei U30 schon ziemliche Freaks vorgefunden, die wirklich jedem Cliché von Hochbegabung entsprochen haben. :)

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Sanjani

Zitat von: canis lupus niger am 09. Juni 2014, 00:32:35
Es ist nach meiner persönlichen Erfahrung (um Himmels Willen nicht als, sondern mit Hochbegabten) das größte Problem sehr intelligenter Menschen, mit normal denkenden Mitmenschen normal, d.h. höflich und respektvoll umzugehen. Normalbegabte wirken auf Hochbegabte manchmal wie Dummköpfe, weil ihre Maßstäbe einfach verschieden sind. Es ist dann ein Schritt zur persönlichen Reife (und zur sozialen Kompartibilität), die eigenen Maßstäbe anzupassen. manche Hochbegabte erreichen diese Fähigkeit nie. ::).

Ebenso ist es ein Akt persönlicher Reife, anzuerkennen, dass der Hochbegabte anders denkt und in manchen Bereichen mehr kann als ich selber. Auch diese Fähigkeit erreichen viele Erwachsene und demzufolge auch Kinder und Jugendliche nicht. Ich hab es erlebt (d. h. meine Mutter), dass Eltern in die Schule kamen und sich darüber beklagten, dass ich als Blinde ja bevorzugt werde, und ein Lehrer sagte mal zu mir, ich bekäme meine guten Noten eh nur aus Rücksichtnahme, weil ich blind bin. Sorry, aber da müssen sich beide Parteien an die eigene Nase packen. Ich glaube, es ist gerade für Kinder und Jugendliche relativ schwierig zu verstehen, warum der andere nicht folgen kann bzw. so weit voraus ist. Ich hab immer gedacht, die anderen müssten genauso ticken wie ich, und mir kam nicht in den Kopf, dass das eben nicht so ist aus irgendwelchen Gründen. Da kannte ich mich mit Intelligenz noch nicht so aus. Ich glaube, es ist eine Erziehungsaufgabe, das beiden Parteien beizubringen, und dieser Aufgabe kommen v. a. Lehrer nicht nach, weil sie gar nicht erkennen, dass jemand Intelligenteres vor sich sitzt oder weil sie ein zu großes Ego haben um es anzuerkennen.

Sorry, das ist jetzt wohl etwas von meiner Vergangenheit gefärbt, aber ich meine es trotzdem ernst damit. Wenn man über so einen Charakter schreiben möchte, also über so was Spezielles, das Hochbegabung als Thema hat, ist das sicher wichtig, aber hier ging es ja wohl eher um den Normalo unter den Hochbegabten :)

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Churke

Zitat von: Winterkind am 09. Juni 2014, 08:44:02
Schließlich muss man als Hochbegabter sich oft anhören, dass man den falschen Lösungsweg nimmt - das Ergebnis stimmt, aber man soll bitte den besprochenen Weg nehmen, der für jemanden, der einfach weiter und anders denkt, völlig kompliziert und verwirrend unsinnig ist.
Das gehorsame Verwenden des Amtsschimmels ("Es lebe der Vorgang!") ist andererseits eine wichtige soziale Kulturtechnik, wenn man nicht anecken will. Der Intelligente sieht tendentiell früher, dass der Schimmel Mist ist, aber wenn er clever ist, passt er sich an.

Ich habe in einem SF-Szenario den Generalplaner Wendelin. Wendelin ist Genkonstrukteur und kann Genome lesen und verändern wie Baupläne. Das verleiht ihm gottgleiche Fähigkeiten, er kann jedes beliebige Lebewesen erschaffen oder verändern. Allerdings befindet er sich in einer Gesellschaft, die alle Abweichungen vom Durchschnitt für gefährlich hält. Flöge er auf, würde man ihn von der Regierungsverantwortung zur Müllabfuhr versetzen.
Also benutzt Wendelin brav den Amtsschimmel und täuscht Mittelmäßigkeit vor. Bloß nicht auffallen! Seine Begabung nutzt er vorwiegend, um die Genome von Volksgenossen zu lesen, damit er sich besser an sie anpassen kann.

Zitat
Hochbegabte entwickeln teilweise in ähnlicher Zeit einen Lösungsweg wie andere auch, aber in der Zeit, in der Nicht-Hochbegabte einen Weg gefunden haben, hat der Hochbegabte sämtliche mögliche Lösungen mit ihren Vor- und Nachteilen durchdacht und den "optimalen" Weg gefunden - und die Argumente bereits parat, wenn darüber diskutiert wird, welchen Weg man verfolgt, und kann dabei Eventualitäten und potentielle Probleme aufzeigen, die andere nicht bedacht haben.
Das kann sich leider auch als Fluch erweisen. Unter lauter Dummen gilt der Kluge als Dummkopf.

Guddy

Ach, Langeweile macht noch keine hochbegabung. Auf mich trifft dieses Profil auch zu. Aber ich finde es vermessen, dann davon auszugehen, hochbegabt zu sein. Das denken ohnehin zu viele Menschen unberechtigterweise von sich oder ihren Kindern.

Sanjani

Zitat von: Guddy am 09. Juni 2014, 11:39:39
Ach, Langeweile macht noch keine hochbegabung. Auf mich trifft dieses Profil auch zu. Aber ich finde es vermessen, dann davon auszugehen, hochbegabt zu sein. Das denken ohnehin zu viele Menschen unberechtigterweise von sich oder ihren Kindern.

Natürlich gehört mehr zur Hochbegabung als Langeweile, was aus den zahlreichen Beiträgen hier auch deutlich geworden sein dürfte. Gleichzeitig zeigt dein Kommentar m. E. aber auch sehr schön, dass die Unterschiede eben doch nicht so groß sind. Zumindest im Grenzbereich zwischen durchschnittlich intelligent und hochbegabt. Andererseits ist das ja auch ein Kontinuum, und auch normal intelligente können dieselben Bedürfnisse wie hochbegabte haben, was das Lernen, Denken etc. angeht.

Meine sehr persönliche Erfahrung ist aber schon, dass gerade Leute im extrem hohen Intelligenzbereich etwas anders ticken als die große Mehrheit. Und wenn man über so jemand schreiben möchte, kann man sich glaub ich schon auch leicht vertun bzw. es fällt schwer das glaubwürdig rüberzubringen. Am besten von so einer Person mal gegenlesen lassen :)
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Snöblumma

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich das Trara um Hochbegabte nie ganz verstanden habe. Ich hänge keine entsprechende echte Diagnose, habe aber bei zwei IQ Tests mehr als 130, war immer sehr gut in Schule und Studium und tue mich wahnsinnig leicht mit lernen. Ich hatte in der Schule damit nie Probleme, ganz ehrlich. Klar war es langweilig, immer alle Schritte auf das Papier zu schreiben statt nur das Ergebnis. Da muss ich mich heute noch oft bremsen. Aber so sind nun mal die Anforderungen - und für mich gehört es auch zur Intelligenz zu merken, was gefordert ist und mich da anzupassen. Ich hab wahnsinnig gern gefeiert und getrunken. Tue ich heute noch - und ich hab einfach den Vorteil, dass es mir nichts ausmacht. Weil ich sehr viel weniger Energie zum lernen brauche zum Beispiel. Ich war eine der Partymäuse der Stufe und trotzdem Schulbeste. Im Studium war ich eine der Faulsten und trotzdem unter den besten 5%. Dafür schreibe ich eben nebenbei.
Natürlich interessiere ich mich schon immer auch für Dinge, die für viele andere sehr weit weg sind. Philosophie, Religion, vor allem aber Geschichte - da war ich immer sehr viel weiter als andere. Ich lerne sehr schnell Sprachen, spreche jetzt fünf Sprachen fließend - aber ich fand das nie wahnsinnig besonders. Klar war Schule langweilig, und jetzt sitze ich meist im Unterricht und langweile mich. Aber ich nutze die Zeit eben anderweitig. Ich lerne vor, in der Schule habe ich Buch um Buch gelesen, im Studium eben Sprachen gelernt nebenbei. Ich habe oft Zwiegespräche mit Lehrern oder Dozenten und gebe die leichten Antworten halt, damit es weiter geht. Nervt zwar, ist halt aber so.   Für mich war es immer klar, dass ich mir eben anderes suche. Ich kann im Normalfall zwei Dinge nebeneinander machen und weiß trotzdem immer, wo der Dozent ist.
Ich merke im Alltag einfach, dass sehr viele Leute meinen Gedanken nicht folgen können, dass ich mir Dinge von einmal lesen merke und anwenden kann,  und dass mir Muster sehr schnell auffallen. Logik und Argumentation fallen mir leichter als meinen Kollegen. Aber das war es in meinen Augen auch schon... ich lerne halt schneller. Das war es.
Insofern halte ich das Klischee des verkannten Hochbegabten für manchmal zutreffend, aber nicht immer. Man kann sich sich anpassen, und auch das ist eine Fähigkeit, die man lernen sollte. Die Welt besteht halt nicht nur aus Hochbegabten. Und irgendwie muss man damit ja auch umgehen können ;).
Das nur mal so als Erfahrungsbericht :).

Sunflower

Bei mir war es so, dass meine Eltern mich im Kindergarten auf Hochbegabung haben testen lassen. Das Ergebnis war "grenzwertig", ich hätte früher eingeschult werden können, aber meine Eltern haben sich dagegen entschieden. Wofür ich ihnen echt dankbar bin, auch wenn ich mich in der Grundschule halbtot gelangweilt habe. Ich war meine gesamte Schulzeit immer Klassenbeste bzw. Zweitbeste - aber wie gesagt, ich gehe davon aus, dass ich sozusagen ganz knapp nicht hochbegabt bin, wenn man das denn an einem IQ festmachen will.
Da kamen dann natürlich immer mehr Kommentare wie "Das war ja eh wieder klar", worunter ich ziemlich gelitten habe. Ich habe aufgehört, auf meine Noten stolz zu sein, weil es mir wie eine Farce vorkam - war doch eh klar, dass ich wieder eine 1 habe, wozu also vorher nervös sein und mich danach freuen? Klar habe ich mich gefreut, aber ganz heimlich still und leise. In der zehnten Klasse habe ich dann teilweise nicht mehr auf Arbeiten gelernt, weil ich dachte, wenn ich "normale" Noten schreibe, fühle ich mich vielleicht auch "normal". In der 11. habe ich mich wieder voll reingehangen, weil ich ein gutes Abi wollte. Hat dann auch geklappt.
Jedenfalls, was ich damit sagen will: Obwohl ich offiziell nicht hochbegabt bin, stelle ich sehr viel fest, was hier auch schon geschrieben wurde. Ich wollte mich mein ganzes Leben lang in der Schule irgendwie anpassen, koste es, was es wolle. Dass ich damit nicht glücklich werde, habe ich dann erst sehr spät begriffen. Ich habe immer gedacht, ich müsse so sein wie alle, damit ich dazu gehöre. Ich habe gedacht, dass es ungerecht ist, dass ich bessere Noten habe als die meisten anderen und den größten Teil meiner Schulzeit nichtmal Hausaufgaben gemacht habe. Die kamen mir wie Zeitverschwendung vor - klar, tun sie vielen - aber ich konnte im Unterricht dann trotzdem meistens irgendwelche Antworten improvisieren. Ich kam mir meistens vor, als hätte ich die Ergebnisse nicht verdient, als müsse man bei mir einen höheren Standard ansetzen als bei allen anderen. Und von der Sache mit dem Hochbegabtentest habe ich auch erst erfahren, als ich 16 war oder so.
Was canis über ihre Tochter erzählt, kann ich auch unterschreiben. Ich habe mir auch immer irgendwelche schwierigen Spiele ausgedacht, die niemand außer mir verstanden hat  :D

Bei mir war die schwierigste Zeit die Grundschule, weil ich den Unterricht langweilig fand und viel schneller fertig war als die anderen Kinder. Später habe ich "kapiert", dass ich mich anpassen muss, um akzeptiert zu werden. Ich habe angefangen, extra lang mit den Aufgaben herumzutrödeln, damit ich am Ende gleich schnell fertig bin wie die anderen. Weniger gelernt, damit ich nicht ganz so gute Noten bekomme. Mir eingeredet, dass ich Mathe nicht kann, damit ich was mit den anderen Mädchen gemeinsam habe. Was natürlich Quatsch war und was ich dann auch in der Oberstufe begriffen habe - bzw. mein Vater hat mir dann klar gemacht, dass es mich nicht weiterbringt, wenn ich mich selbst überzeuge, dass ich Mathe nicht verstehe. Eigentlich war das Matheabi dann nämlich doch recht einfach.

Bei mir war und ist es eigentlich diese "Anpassung". Jeder Hochbegabte unterscheidet sich, im Endeffekt sind das alles Menschen. Aber ich glaube, bei vielen, gerade in der Pubertät, macht diese Anpassung schon was aus. Man will normal sein. Ich habe mich verwünscht, dass ich so gut bin. Mich haben andere gefragt, die viel mehr gelernt haben als ich und trotzdem schlechter waren - wie machst du das? Und ich hatte echt keine Ahnung. Ich habe auch einfach nur gelernt und dann die Arbeit geschrieben wie jeder andere.
Wie Sanjani sagt, wenn jemand dann wirklich extrem hochbegabt ist, dann tickt er wahrscheinlich auch sehr anders. Bei mir ist das nicht richtig so - zwar habe ich meine Probleme im Umgang mit anderen Menschen, aber keine großen. Normale Probleme eben, wie jeder andere. Wenn die Figur jemand ist, der extrem hochbegabt ist, würde ich das auch von so jemandem gegenlesen lassen.

Viel zu lang und ein wenig wirr, aber ich hoffe, dass klar wird, was ich eigentlich sagen wollte  ;D

Und edit, weil Snöblumma gerade noch geschrieben hat: Mir ging es recht ähnlich wie ihr, nur dass ich Partys nie mochte. Ich mag Konzerte, ich trinke auch gern mal was mit Freunden, aber mit Disko etc. kann ich irgendwie nichts anfangen. Das liegt einfach nur daran, dass es mir zu heiß und zu voll ist und nicht an meinen sozialen Kompetenzen  :D
Ich glaube, "ich lerne schneller" passt auf mich auch wirklich gut und jetzt bin ich mal ruhig. Genug geredet ;)
"Why make anything if you don't believe it could be great?"
- Gabrielle Zevin: Tomorrow, and tomorrow, and tomorrow

Vic

Ich finde ein guter Trick ist ja zu beachten, dass du vor jedem schlauen Satz den dein Charakter äußerst auch erstmal in Ruhe recherchieren kannst.  ;D Denn DU musst ja nicht alles wissen, du musst ja nur wissen wo es steht.

Also ich habe auch immer wieder Charaktere in Geschichten, die einfach sehr viel wissen und wenn ich die schreibe, habe ich daneben eben auch meistens Wikipedia offen und recherchiere mal schnell was.
Ich behaupte mal, dass jeder der in der Lage ist sich eine komplette Welt und vielseitige Charas auszudenken nicht ganz dumm sein kann. Also denke ich, dass es den meisten Autoren tatsächlich gelingt schnell was zu kapieren oder wenigstens einen groben Überblick zu verschaffen.

Und das wichtigste ist ja, dass man es gar nicht vollständig kapiert haben muss - in den seltensten Fällen leiert ein Chara mitten in der Handlung einen ganzen Vortrag runter. Wenn er weiß, dass aus X + Y = Z entsteht kann er das in einem Satz sagen und anfangen mit "Durch die Verbrennung des Sauerstoffs wird die Teilchengeschwindigkeit ..." und gleich wieder unterbrochen werden von nem anderen Chara der sagt "Ey laber nicht, fang an!". Dadurch wird deutlich, dass der Chara eine ganze Menge weiß (und diesen einen Satz müsst ihr natürlich recherchieren, damit der auch stimmt, aber ihr müsst euch jetzt nicht auf Diplomarbeitslevel in irgendwas einlesen.
Kleiner Trick von mir. ;)

Sanjani

Hallo Vic,

Zitat von: Vic am 10. Juni 2014, 11:50:51
Und das wichtigste ist ja, dass man es gar nicht vollständig kapiert haben muss - in den seltensten Fällen leiert ein Chara mitten in der Handlung einen ganzen Vortrag runter. Wenn er weiß, dass aus X + Y = Z entsteht kann er das in einem Satz sagen und anfangen mit "Durch die Verbrennung des Sauerstoffs wird die Teilchengeschwindigkeit ..." und gleich wieder unterbrochen werden von nem anderen Chara der sagt "Ey laber nicht, fang an!". Dadurch wird deutlich, dass der Chara eine ganze Menge weiß (und diesen einen Satz müsst ihr natürlich recherchieren, damit der auch stimmt, aber ihr müsst euch jetzt nicht auf Diplomarbeitslevel in irgendwas einlesen.

Ich finde ja, dass dieses Muster sehr leicht überstrapaziert werden kann. Beispiel McGee bei NCIS. Der ist ja so ein Computerfreak. Und für meinen Geschmack kommt es da zu oft vor, dass der Boss wissen will, ob er was rausgefunden hat, und McGee dann zu einer ewig langen Erklärung ausholt, die außer ihm niemand versteht, damit dann jemand sagt "Komm zum Punkt". Ebenso geht es mir bei Abby aus derselben Serie. Das passiert quasi in jeder Episode mindestens einmal.

Ich find es deshalb überstrapaziert, weil es mir so vorkommt, als ob die Leute, die das Drehbuch schreiben, sich nicht in jemand mit derlei Fachkenntnissen reinfühlen können. Ich meine, wenn ich mit jemand über das Verhalten mancher Leute rede, dann bringe ich ja auch nicht immer psychologische Erklärungen dafür an, wieso jemand geworden ist, wie er ist, obwohl ich die natürlich aufgrund  meiner Fachkenntnis in diesem Bereich auf Lager hätte. Aber natürlich bringe ich sie immer mal ein, wenn sie gerade ins Gespräch passen oder mich jemand direkt danach fragt o. ä. Ich kann aber meistens (nicht immer :) ) abschätzen, ob jemand mein Fachwissen gerade hören möchte oder nicht bzw. ob es gerade wirklich benötigt wird oder nicht, und bei obigen Figuren wirkt das immer auf mich, als könnten die das entweder nicht oder als ob der Drehbuchautor einfach nach einer Möglichkeit gesucht hat zu zeigen, wie schlau der Chara ist. Und ich finde, gerade das sollte ja nicht so auf dem Silbertablett stehen, sondern ganz natürlich in die Geschichte eingewoben werden.

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Snöblumma

Zitat von: Sunflower am 09. Juni 2014, 13:04:26
Da kamen dann natürlich immer mehr Kommentare wie "Das war ja eh wieder klar", worunter ich ziemlich gelitten habe. Ich habe aufgehört, auf meine Noten stolz zu sein, weil es mir wie eine Farce vorkam - war doch eh klar, dass ich wieder eine 1 habe, wozu also vorher nervös sein und mich danach freuen? Klar habe ich mich gefreut, aber ganz heimlich still und leise.

:rofl: Oh wie kommt mir das bekannt vor ;). Ich kann tatsächlich bis heute alle Noten einzeln aufzählen (inklusive Ausfragen und sowas), die keine eins waren, mit Ausnahme der 5. und 6. Klasse - da hatte ich meinen Kulturschock beim Wechsel aufs Gymnasium und musste mich erst etwas akklimatisieren. Und mir geht es bis heute so, dass ich das alles nicht besonders finde. Zumal ich in meinem Freundeskreis eigentlich nur Leute habe, die ähnlich gut sind, so dass ich relativ oft erstaunt bin, wenn es anderen nicht so einfach fällt. Was wohl ab und an als Arroganz rüberkommt, fürchte ich, darum versuche ich, solche Themen in der Öffentlichkeit zu meiden, bis mich Leute besser kennen und meine Leistungen auch eher als normal empfinden.

Was die Darstellung in einem Buch angeht: Da finde ich es relativ einfach, Intelligenz darzustellen. Als Autor hat man ja alle Zeit der Welt, zu recherchieren. Wenn ich also einen Kernphysiker habe, der etwas wissen muss, und zwar in der wichtigsten Konferenz aller Zeiten aus dem Effeff, weiß ja keiner, dass ich selber für die richtige Antwort Ewigkeiten gesucht habe. Auch schlagfertige Antworten kann ich ja stundenlang überlegen, das merkt ja keiner ;). Ansonsten lässt sich Intelligenz ja in verschiedensten Fassungen einarbeiten, entweder über dauernde Langeweile, über Zynismus (auch das kenne ich, dass Leute, die intelligent sind und gezwungen sind mit aus ihrer Sicht zu lahmen Menschen zusammenzuarbeiten, wahnsinnig zynisch werden), über einen bestimmten Unterton gerade bei Fragen (Prinzip: "Ihr wisst es doch eh nicht"), über eine gewisse Ich-Mach-Alles-Selbst-Haltung, und und und. Da gibt es so viele Arten, wie sich das ausdrücken kann ;).

Vic

Zitat von: Sanjani am 10. Juni 2014, 16:04:26
Ich find es deshalb überstrapaziert, weil es mir so vorkommt, als ob die Leute, die das Drehbuch schreiben, sich nicht in jemand mit derlei Fachkenntnissen reinfühlen können. Ich meine, wenn ich mit jemand über das Verhalten mancher Leute rede, dann bringe ich ja auch nicht immer psychologische Erklärungen dafür an, wieso jemand geworden ist, wie er ist, obwohl ich die natürlich aufgrund  meiner Fachkenntnis in diesem Bereich auf Lager hätte. Aber natürlich bringe ich sie immer mal ein, wenn sie gerade ins Gespräch passen oder mich jemand direkt danach fragt o. ä. Ich kann aber meistens (nicht immer :) ) abschätzen, ob jemand mein Fachwissen gerade hören möchte oder nicht bzw. ob es gerade wirklich benötigt wird oder nicht, und bei obigen Figuren wirkt das immer auf mich, als könnten die das entweder nicht oder als ob der Drehbuchautor einfach nach einer Möglichkeit gesucht hat zu zeigen, wie schlau der Chara ist. Und ich finde, gerade das sollte ja nicht so auf dem Silbertablett stehen, sondern ganz natürlich in die Geschichte eingewoben werden.

Du hast natürlich völlig recht und so meinte ich das eigentlich auch.
Also ich finde es auch sinnlos und überstrapaziert, wenn man völlig aus dem Nichts heraus Schlaumeier-Sätze hervorsprudeln lässt. Aber wenn es gerade der Handlung dient, kann man doch wirklich eine kleine Bemerkung einbauen, woran der Leser merkt dass Chara A auch gerade wirklich Ahnung hat, was er da erzählt.
Es MUSS dann natürlich auch stimmen. ;)
Nichts ist so schlimm wie schlecht gemachtes Science Babble, was schick klingt aber vorne und hinten keinen Sinn macht.

Ansonsten finde ich es auch immer schön, wenn Charaktere gut kombinieren können oder Lösungen für knifflige Problemsituationen finden. Also auch schnell schalten ist mMn ein Zeichen von Intelligenz und das heißt der kluge Chara muss ja gar kein Schlaumeier sein sondern kann einfach nur immer der Erste sein, der begriffen hat was gerade passiert oder der sich was kompliziertes zusammen gereimt oder der eben sehr kompetent und ressourceful ist, wenn sie in der Klemme stecken. Und das hat man als Autor ja in der Hand.

Mogylein

Zitat von: Snöblumma am 10. Juni 2014, 18:28:20
Was die Darstellung in einem Buch angeht: Da finde ich es relativ einfach, Intelligenz darzustellen. Als Autor hat man ja alle Zeit der Welt, zu recherchieren. Wenn ich also einen Kernphysiker habe, der etwas wissen muss, und zwar in der wichtigsten Konferenz aller Zeiten aus dem Effeff, weiß ja keiner, dass ich selber für die richtige Antwort Ewigkeiten gesucht habe.

Hm, ich finde, was man recherchieren kann, ist Wissen. Vielleicht auch noch ein bisschen über die Schwierigkeiten und Vorteile, denen man begegnet, wenn man "hochbegabt" ist (über normale, intelligente Leute findet man quasi nichts). Aber Intelligenz ist für mich nicht das Wissen, welches man durch Bildung erworben hat, sondern eine Mischung aus einer guten Auffassungsgabe und der Fähigkeit, Gelerntes auch anzuwenden. Und das ist so ein bisschen der Knackpunkt für mich, denn es braucht einen - halbwegs - intelligenten Autor, um ein Problem zu schaffen, das mit Intelligenz gelöst werden muss. Klar können wir lang und breit über die Lösung des Problems nachdenken während der Charakter das in den letzten Sekunden vor der Explosion tut. Aber wir müssen zunächst ein Problem entwickeln, das sich nur mit einer wirklich Intelligenten Lösung beheben lässt, und das ist eben schwierig, wenn einem diese Art von Denken fehlt.
Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie oft ich in Büchern, Filmen oder Serien die Lösung als zu einfach, zu banal, zu darauf-sind-wir-alle-schon-vor-20-Seiten-gekommen-weiter-im-Text fand.

Ich habe ein ähnliches Problem, wenn meine Charaktere lustig sein sollen. Ich weiß etwas über die Theorie des Witzes und der Komik, aber mit wirklich originellen Witzen oder Sprüchen ankommen kann ich nicht wirklich. Nicht ein Mal, wenn ich lange darüber nachdenke. Ich bin einfach kein besonders witziger Mensch und das ist okay, das heißt aber, dass meine "Witzbolde" sich viel von anderen Witzen stibitzen müssen.
Ich denke es ist okay, sich an bereits bewährten, "klugen" Mustern zu bedienen und sie umzuwandeln. Inspirieren lassen, adaptieren und soweit verändern, dass die meisten Leser die Verbindung zum Original nicht mehr finden würden.


PS:
Als jemand, der sich selbst als halbwegs intelligent beschreiben würde (und durchaus einige Hochbegabte kennt), habe ich genug von dem klischeehaften weltfremden Genie. Intelligente Menschen können alle möglichen Charaktere haben. Sie können Sportasse sein oder Partygänger oder Bücherwürmer oder cholerische Chefs. Das hat mit der Intelligenz nicht wirklich viel zu tun und fördert nur das Vorurteil, dass Leute, die gerne feiern gehen (etc) dümmer sind als die, die zuhause bleiben und lesen.
   "Weeks of Writing can save you hours of plotting."
- abgewandeltes Programmiersprichwort

Coppelia

#28
Mich stört irgendwie etwas an dieser Diskussion, aber es fällt schwer, das in Worte zu fassen. Ich habe es weiter vorn schon mal versucht. Mir ist es wieder aufgefallen, als Mogylein das hier geschrieben hat:
ZitatHm, ich finde, was man recherchieren kann, ist Wissen. Vielleicht auch noch ein bisschen über die Schwierigkeiten und Vorteile, denen man begegnet, wenn man "hochbegabt" ist (über normale, intelligente Leute findet man quasi nichts).
Hochbegabung wird, wenn sich das nicht inz wischen geändert hat, am IQ festgemacht. Einen hohen IQ zu haben, bedeutet nach den Maßstäben unserer Gesellschaft, die alles in Zahlen fassen muss, intelligent zu sein. Mit anderen Worten: Hochbegabte sind normale, intelligente Menschen. Der IQ-Wert, ab dem Hochbegabung definiert wird, ist beliebig gesetzt, und jemand, der einen etwas höheren IQ hat, ist nicht "anders" und "unnormal" - nicht mehr als jemand, der einen niedrigeren IQ hat.

Ich halte es für keine gute Ausgangslage, davon auszugehen, dass jemand, der intelligent ist, "anders" ist (allein das schon nicht) und deswegen automatisch Probleme hat. Und wenn man diese Probleme einbauen möchte, dann ist es meiner Meinung nach die falsche Ausgangslage, die Gründe für die Probleme zuerst in dieser Person zu suchen. Menschen haben vielfältige Probleme, für die man die Gründe bei ihnen selbst suchen muss, aber Intelligenz gehört meiner Ansicht nach nicht zu diesen Problemen. Intelligenz ist erstmal ohnehin mehr ein Vorteil als ein Problem. In einer bestimmten Situation, in einem bestimmten Umfeld, in Wechselwirkung mit anderen Personen kann sie vielleicht zu Problemen führen. Und auch ein großes Talent kann unter Umständen eine große Last sein. Aber auch das ist keineswegs nötig.

Warum nicht davon ausgehen, dass intelligente Personen zunächst einmal genauso sind wie man selbst? Vielleicht denkt jemand gewandter, kann leichter und schneller lernen, vielleicht hat er mehr Einfälle oder durchschaut Zusammenhänge schneller als andere, aber da man ja vorplotten und diese Zusammenhänge darstellen kann, sollte es kein so großes Problem sein, das herauszuarbeiten. Ich habe selbst geschrieben, dass ich mich mit diesem Problem herumplage, aber nach diesem Thread denke ich, dass man sich darüber überhaupt keine Gedanken machen sollte. Es führt meiner Meinung nach dazu, dass man vor Sorge um die Intelligenz der Figur Wesentliches übersieht, siehe oben. Es könnte auch dazu führen, dass man Klischees strapaziert, anstatt eine starke, individuelle Figur zu entwickeln.

Churke

Zitat von: Coppelia am 11. Juni 2014, 06:04:07
In einer bestimmten Situation, in einem bestimmten Umfeld, in Wechselwirkung mit anderen Personen kann sie vielleicht zu Problemen führen.
In der Demokratie zum Bleistift. Wer klüger ist als das Volk, wird nicht gewählt.  ;)

Zitat
Warum nicht davon ausgehen, dass intelligente Personen zunächst einmal genauso sind wie man selbst?
Weil man nicht intelligent ist?  ;D
Nein, ich finde den Ansatz grundsätzlich gut, aber ich denke, dass Erkenntnis das Weltbild verändert. Wenn man den Erdumfang berechnet hat, dann ist die Erde eben keine Scheibe mehr, wie alle anderen glauben.