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Plot und Plotten

Begonnen von e-mike, 22. Februar 2007, 16:43:01

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Dreamcatcher

Bei mir ist es immer so, dass am Anfang eine einzige Idee da ist. Entweder, es ist ein besonderes Setting, eine packende Einstiegs- oder Schlüsselszene oder einfach nur ein interessanter Charakter.
Dann baut sich langsam alles darum herum auf, meistens mit großen weißen Lücken, besonders, was das Ende angeht. Ich notiere mir alles (ohne Rücksicht auf Verluste, auf irgendwelche Schmierzettel, vollkommen durcheinander), was mir zu dieser Geschichte einfällt und beginne schon grob, den Handlungsablauf zu planen. Beim Aufschreiben der ganzen Ideen fallen mir immer die besten Verknüpfungen und Erklärungen für Sachen ein, die mir vorher, als ich alles nur im Kopf hatte, Probleme bereitet haben.
Wenn alles soweit aufgeschrieben ist, übertrage ich es in den Computer und bringe es in die entsprechende Reihenfolge. (Meistens schon mit ungefähren Kapiteleinteilungen, das ist für mich persönlich sehr hilfreich). Es entsteht dann eine Art stichpunktartiges Exposé, und ich weiß ziemlich genau, wann was passiert. Während des "richtigen" Schreibens ändert sich zwar eine ganze Menge und ich denke mir noch mehr dazu aus, aber das fällt mir gerade dadurch leicht, dass ich schon genau weiß, was passieren wird.
Wenn das Exposé steht, sind meistens noch ein paar Plot-Probleme übrig, die ich teilweise vor mir herschiebe, bis ich tatsächlich darüber schreiben muss. Das ist ziemlich dämlich, weil man an dieser Stelle häufig auch noch keine Lösung gefunden hat und sich eine derbe Schreibblockade einhandelt (so ist jes jedenfalls bei mir).
Ich hab mir vorgenommen, alle Problemstellungen gleich am Anfang auszumerzen. Dann hat man auch keine Angst, an die gewisse "Horror-Stelle" zu kommen, von der man genau weiß, da ist erst mal aus.

Diese Vorgehensweise hilft mir jedenfalls sehr!  :jau:

LG,
Dreami

e-mike


Dinlanthir

Ich will hier mal fragen was ein Plot ist wie man sowas und wie man damit im großen und ganzen arbeitet.

THDuana

Hallo Dinlanthir,

ein Plot ist ein Konzept.
Du "skizzierst" deine Geschichte in einem Plot vor. Das macht jeder Autor unterschiedlich detailiert. Manche plotten Kapitelweise, andere schreiben das Konzept nur Stichwortartig.

Ein Plot ist so gesehen eine grobe Zusammenfassung der gesamten Geschichte.

Wie jemand damit arbeitet ist ebenfalls unterschiedlich. (Irgendwie kann ich das gerade nicht so gut erklären, die Hitze... :40°C:)

An einem Beispiel kann ich es dir mal "vorplotten", aber vielleicht findet jemand anderes noch ein paar nützliche Worte ;)


Duana

gbwolf

Im Prinzip ist der Plot die Struktur der Geschichte:
Mann trifft Frau, sie fliehen vor Terroristen und finden ihr Glück
Das ist ein Plot. Man kann ihn beliebig detailiert ausgestalten.

Den Plot vorher nicht nur im Kopf zu haben, sondern in groben Zügen aufzuschreiben und eventuell einzelne Szenen zu gestalten empfiehlt sich bei längeren Geschichten.
Das kann man dann wahlweise als "Treatment" (aus dem Filmbereich entlehnt) bezeichnen, als "Exposé" ("Synopsis" heißt die Zusammenfassung für einen bereits bestehenden Text). Meistens sagt man zu sich selbst: "Ich schreibe den Plot auf", aber der Aufschrieb selbst ist nicht der Plot, weil "Plot" sich auf den Inhalt bezieht.

Siehe hierzu "Komplott" und das englische "Plot" und den interessanten Wikipediaartikel dazu.

THDuana

Ich versuche mich mal an einem Beispiel-Plot. Nehmen wir mal das Märchen Rotkäppchen.

Plotversion 1

- Mädchen lebt bei den Eltern am Waldrand, Großmutter hat ein Haus im Wald
- Mutter bäckt einen Kuchen und will den der Großmutter bringen lassen, schickt ihre Tochter los durch den Wald, mit dem Rat, nie den Weg zu verlassen
- Mädchen geht durch den Wald und folgt artig dem Weg
- Wolf springt aus dem Gebüsch, fängt en Gespräch mit dem Mädchen an


Mal bis hier.
Stichworte haben den Vorteil, dass du den Plot schnell schreiben kannst und dir beim Schreiben noch genug Freiheit lässt, Dinge einzubauen (keine, die das ganze Konzept verändern, aber kleine Details).

Plotversion 2

Sara lebt mit ihren Eltern in einem Haus am Waldrand, ihre Großmutter Carla wohnt in einem kleinen Blockhaus im Wald. Sara mag ihre Großmutter sehr und besucht sie oft. So kostet es sie auch kaum Mühe, der Großmutter einen Kuchen zu bringen, den die Mutter gebacken hat. Freudig macht sich Sara auch den Weg durch den Wald, weil sie die Großmutter schon seit mehr als zwei Wochen nicht mehr gesehen hat. Den Rat der Mutter, den Weg nicht zu verlassen und nicht durch die Wiesen zu streifen, auf denen so viele verschiedene bunte Blumen wachsen, befolgt Sara. Doch plötzlich tritt aus dem Gebüsch ein großer Wolf hervor, der Sara Angst einjagt.


Etwas detaillierter, aber im Großen und Ganzen nicht sehr anders, nur eben in einer ,,flüssigeren" Form.

Das sind nur zwei Beispiele eines Plots. Jeder Autor macht das auch irgendwie anders und anfangs musst du sicher ein wenig rumprobieren, bis zu deine Methode gefunden hast.
Ich würde dir dennoch zum Plotten raten, da es vor inhaltlichen Fehlern und logischen Stolperern teilweise bewahrt und man nicht so oft beim Schreiben stecken bleibt, da das meiste schon geplant ist.

@ Wölfin
Ich wusste doch, irgendwas habe ich zum Thema Plot in der Film-AG gelernt (Plot ungleich Konzept... ::))


Duana

Feuertraum

Ich zitiere einmal aus dem Buch "20 Masterplots" von Ronald B. Tobias, erschienen bei Zweitausendeins 1999 Auszüge von Seite 13 + 14

ZitatDer Plot ist diffundierend; er dringt in jedes Atom der Geschichte ein. Er kann nicht entbeint werden. Er besteht nicht aus einer Reihe von Stützpfeilern, die verhindern, daß das ganze einstürzt Man kann einen Plot eher mit einer Kraft bezeichnen, die die Atome der Geschichte zusammenzieht [...]Der Plot ist kein Gegenstand, sondern ein Prozess[...]Der Plot ist dynamisch, nicht statisch.

Eigentlich gibt es nur zwei Plots: den handlungsreichen und den seelischen.

Die anderen PlotMUSTER fußen auf diese beiden Plots

Ein Plot ist von seinen Figuren abhängig - und die Figuren vom Plot.

Ich selber bin vorsichtig zu sagen, dass man vollkommen durchplotten soll. So wie Duana halte ich es auch: Plotten, ja, aber doch die Möglichkeit der Änderungen zulassen. Und das kann manchmal auch im Großen sein... ;)

LG

Feuertraum
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Lavendel

Also würdet ihr zwischen Plot und Handlung (die die am Ende da steht) unterscheiden? Damit tu ich mich echt schwer - vielleicht wegen meinem Englischstudium?
Das ist wahrscheinlich ein eingedeutschter Begriff, der irgendwie an mit vorbeigegangen ist, weil ich zu viel auf Englisch lesen... :hmmm:

Aber ich stimme auf jeden Fall zu, dass sich Handlung/Plot (wie auch immer) während des Schreibprozesses durchaus ändern kann - bei mir tut sie/er das eigentlich immer. (Mist, jetzt wirds kompliziert mit den Pronomen   :P)
Naja, aber es handelt sich um nicht, wovor man sich fürchten muss - obwohl...plotten (ein grausiges Wort, oder?) kann durchaus Kopfschmerzen machen...

THDuana

Hallo Lavendel,

Plotten (gar kein so fürchterliches Wort ;D) kann natürlich Kopfschmerzen bereiten, aber auch nicht mehr, als wenn du schon 250 Seiten geschrieben hast und dann vor einem Logikfehler sitzt.
Es ist eben so, dass ein Plot sehr viel helfen kann, schon im Vorraus Dinge zu "verhindern" bzw. dass zum Beispiel ein Nebencharakter plötzlich einen eigenen Erzählstrang bekommt oder etwas aus dem Ruder läuft.
Es ist eben schlichte Planung, die so ausführlich oder auch grob sein kann, wie sie der Autor braucht.

Ich habe mal ein Schema in einem Buch gesehen, das den Plot zwar nicht wirklich erklärt, aber etwas verständlicher machen soll, was es denn nun ist.

Über allem steht die WELT, die Grundlage der Geschichte.
Dann kommen die einzelnen Geschichten der Personen, die "mitspielen". Jeder hat seine eigene Erzählung, aber in der Geschichte, die geschrieben werden soll, kommt nur ein Burchteil des Lebens einer Figur (oder mehrerer) vor. (Ausgenommen Biographien und Ähnliches).
Und dann kommt erst der Plot, die eigentliche Handlung. Ausschließlich das, was erzählt wird anhand der Dinge, die wir durch die Welt und die einzelnen Geschichten haben.
(Irgendwie habe ich das Gefühlt, dass zwischen WELT und "Geschichten der Figuren" noch etwas gewesen ist... :hmmm:)

Freiheiten im Plot muss man sich nicht lassen, das kommt immer auf den Autor an. Manche mögen es lieber, wenn alles fest geplant ist und sie nicht chronologisch schreiben müssen. Auch funktioniert das Schreiben bei manchen dann schneller.
Andere haben lieber noch mehr Freiheit, die Handlung im Schreibprozess auszubauen und zu verändern.


Duana

Geli

ich zitiere das Zitat weiter oben (stark gekürzt)
"ein Plot ist dynamisch".

@Dinlanthir - stell Dir das mit dem Plot für den Anfang einfach so vor:
es ist die erste Stufe des Geschichtenerzählens, wie Kinder sie "können"

... da war eine Königin und die hat ein Kind gekriegt
und dann ist die Böse Fee gekommen
und dann hat sie gesagt, dass das Kind sterben muss
und dann hat die Gute Fee gesagt, nein, es muss nur schlafen
und dann haben die Königin und der König ihre Tochter in einen Turm gesperrt
und dann ist aber ein Prinz gekommen und ist hochgeklettert
und dann hat der die Prinzessin geküsst
und dann ist sie vor Schreck gestorben.
Ach nein, sie ist eingeschlafen
und dann kam die Gute Fee und hat ihr einen Eimer Wasser über den Kopf gekippt
und da ist sie wieder aufgewacht
Und Alle waren froh
Und der Prinz hat sie geheiratet


DAS ist ein Plot.
Der Witz daran ist, dass es im Zweifelsfall reicht, wenn ihn der Autor im Kopf hat.
Und der noch viel größere: es zwingt den Autor niemand, sich beim Schreiben auch daran zu halten.
Deswegen ist ein Plot dynamisch.
Du musst nur wissen, dass Du Dir selbst Schwierigkeiten einhandelst, wenn Du den Plot ignorierst.
Für die Logik innerhalb einer Geschichte hat das natürlich Konsequenzen.
Nämlich die, dass Du einen neuen Plot erstellen musst, der alle Veränderungen berücksichtigt.


Hr. Kürbis

Ui, wollte ich so in der Art wie Geli auch gerade schreiben... Überlege ich mir etwas anderes.

Ein Plot ist wie eine Leiter; hilfreiche Stufen, mit viel Luft dazwischen. ;D Oder aber auch wenig Luft dazwischen, je nachdem wie viel Arbeit der Autor sich machen will oder wie klein die Schritte sind, die er gehen möchte.

Hat man das verstanden?

"Plotten" ist übrigens ein schönes Wort, nur hat es mit der schreibenden Tätigkeit (die wir hier meinen) und "Plot" im schriftstellerischen Sinn eigentlich nichts zu tun... Aber während meines schauwerbegestalterischen Praktikums habe ich das ganz gerne gemacht!  :ätsch:

Artemis

Beim Plotten kann man auch wunderbar die ungefähre Länge der Geschichte herausfinden. Man weiß ja, wie viele Seiten eine Szene in etwa braucht, also hat man mit etwas Gerechne die grobe Seitenzahl. Mir hilft so was sehr, damit die Storys nicht zu lang und schwafelig werden  ::)

Außerdem erkennt man Lücken in der Handlung, logische Brüche, die so niemals zum Ziel führen, oder vergessene Charaktere, die man eigentlich mehr einbetten wollte.

Ohne Plot kann ich nie schreiben, brauche den immer als Hilfestellung zwischendurch. Natürlich spinne ich zwischen den Ideen immer etwas rum, aber ich weiß, wann es Zeit zum Umkehren ist, wann ich zu sehr aufs Meer des Dahergesponnenen hinaustreibe. Da ich sehr viel mit Charakterentwicklung arbeite, muss ich immer vermerken, an welcher Stelle bestimmte wichtige Szenen passieren - ohne die würde ich meine Figuren verkorksen, und sie wären nicht die, die sie eigentlich sein sollten. Hab da einige sehr schwierige Patienten ... :-\

Lavendel

Klar, man braucht auf jeden Fall einen Rahmen, in dem sich die Charaktere bewegen dürfen und aus dem man sie nicht ausbrechen lassen darf! Es gibt nichts langweiligers, als dreißig Seiten Geturtel, ohne dass die Handlung voranschreitet.
Darum ist es sehr sinnvoll zu wissen: da will ich hin, das will ich rüberbringen.

Das mit den 250 Seiten ist mir übrigens schon mal passiert. Es lief immer so schön weiter , ich habe aber nie das passende Ende für das Ganze gefunden. Also hab ich alles gekillt, Charaktere und Schauplätze gestrichen, neue mit reingebracht und hab jetzt eine ganz andere Geschichte - die zum Glück funktioniert, weil ich mir gedacht habe: create a reasonable plot, baby.
Trotzdem hatte ich davon des öfteren Kopfschmerzen - weil Logik für mein kleines Hirn sehr anstrengend ist  ;)
Ich kann trotzdem, aus bitterer Erfahrung nur empfehlen es zu tun, auch wenn sich - bei mir zumindest - immer noch ein paar Details ändern können/sollen/dürfen.

Hr. Kürbis: 'plotten' ist genauso gräulich wie 'chillen' - auch wenn die Tätigkeit ansich bestimmt spaß machen kann :omn:

Antigone

Zitat von: Lavendel am 25. Mai 2007, 09:15:53
Hr. Kürbis: 'plotten' ist genauso gräulich wie 'chillen' - auch wenn die Tätigkeit ansich bestimmt spaß machen kann :omn:

Also ich weiß nicht - klingt doch viel cooler wenn ich sage: ich muss noch ein bisschen plotten, als: ich muss mir noch ein paar Geschichten ausdenken....

Ich würd mich nicht zu sehr in Definitionen verrennen. Plot ist einfach das, was in der Geschichte passiert. Aber ob ich das jetzt Inhalt, Plot, Konzept etc.... nenne, ist doch wirklich wurscht.

Lg, A.

THDuana

Zitat von: Antigone am 25. Mai 2007, 10:38:26Ich würd mich nicht zu sehr in Definitionen verrennen. Plot ist einfach das, was in der Geschichte passiert. Aber ob ich das jetzt Inhalt, Plot, Konzept etc.... nenne, ist doch wirklich wurscht.
Genau, so lange wir alle wissen, wovon wir reden ;)