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Betalesen ist nichts für Anfänger

Begonnen von Christian Svensson, 03. April 2014, 11:11:46

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Anj

ZitatAlso ich denke mal, dass Nycra damit schon recht hat, denn ein Freund kann einfach nicht objektiv sein. Ich weiß, da kommen jetzt sicherlich einige Kommentare zu von wegen "doch, ich kann schon" *zu Siara schiel* - daher relativiere ich gleich mal dahingehend: meiner Meinung nach.
Ich glaube, hier ist die Frage, was genau versteht man unter Freund und wie gut kann man die Ebene Freundschaft und gemeinsame Textarbeit von einander trennen. Ich denke schon, dass man als Freund genauso objektiv sein kann, wie als reiner Schreibkollege, aber nur wenn beide Parteien die jeweiligen Rollen trennen können und man auf der sachlichen Ebene bleiben kann.
Ich stimme allerdings darin zu, dass es als Freund sehr viel schwieriger ist, das umzusetzen und sich zu trauen.
Andererseits, wieviele Freunde hat man, die erst private Freunde und dann Betaleser wurden? Erst Schreibkollegen und dann Freundschaft dürfte im Bereich der Betaleserei sehr viel häufiger sein.

ZitatWenn eine Veröffentlichung gewünscht ist, dann sollte der Autor in der Lage sein, die Kritik anzunehmen. Das bedeutet nicht, dass er/sie alles umsetzen muss, aber gerade was die Grundlagen angeht wäre das unumgänglich. Dafür muss mir der Autor aber erstmal vertrauen, nämlich einerseits dass ich zum einen ausschließlich im Interesse des Textes arbeite und andererseits, dass meine Kritik nicht an den Haaren herbeigezogen ist, sondern begründet ist.
Das Vertrauen ist eine wichtige Sache, obwohl ich als Autorin auch bei offensichtlichen Rachekommentaren immer noch denke, ich muss die abhängen lassen, bis die Emotionen raus sind und dann noch mal drüber schauen, ob nicht doch was wahres dran ist. Wenn ich das nicht tue, verbaue ich mir vielleicht sogar selbst die Chance auf Verbesserung. Allerdings sind solche Kommentare doch eher selten und eher in den großen Foren zu finden. (Gegenseitige Kritik kann so ein Gefühl aber auch schnell auslösen, weswegen ich auch nicht unbedingt denke, dass man sich gegenseitig kommentieren muss)

ZitatJap, oder so. Wobei ich denke, dass wir hier alle mehr oder minder dasselbe meinen, denn du schreibst es ja selbst... wenn eine Stelle nicht funktioniert, ist sie falsch bzw. schlecht umgesetzt und kann ihr Potential nicht entfalten. Umgekehrt wird ein stilistisch falsch oder schlecht formulierter Text vielleicht gerade noch funktionieren, aber mit Sicherheit nicht sein volles Potential entfalten.
Natürlich kann man das wieder in richtig oder falsch umformulieren, aber normalerweise assoziiert man damit, dass es nur einen richtigen Weg gibt. Und genau das sehe ich anders. Je nachdem, wie die Stelle wirken soll, gibt es eben mehrere "Richtigs". Welches davon nun dem am nächsten kommt, was der Autor will, kann man als Beta oft gar nicht entscheiden, weil einem oft entscheidende Infos fehlen, die der Autor nicht rüberbringen konnte.
Die meisten Hobbykommentatoren sehen aber nur ihre erste Assoziation zur Stelle und bieten dafür einen einzelnen Verbesserungsvorschlag an. Und dann entsteht schnell ein Gefühl von "du hast es falsch (schlecht) gemacht, ich zeig dir wie es richtig (gut) ist".
Das ist in bestimmten Phasen hilfreich, aber birgt eben auch die Gefahr, dass es bevormundend wirken kann oder dazu führt, dass nur die Alternative übernommen wird. Natürlich gilt auch das nicht unumstößlich für jede Textstelle. Das tut es im Schreiben ja nie^^
Meine Art des Kommentierens ist allerdings wirklich verflucht viel Arbeit und ich sitze an einer Textstelle von 2-3 Sätzen schon mal zwischen 30 und 60 Minuten. Deswegen nehme ich auch selten ganze Werke zum betan an.
Aber ich denke auch, grundsätzlich meinen wir dasselbe und ich stehe hier auch deutlich weniger allein damit da, als woanders^^

ZitatIch bewundere es aber ehrlich, wenn jemand über sowas hinweglesen kann - das wäre dann ja fast ein(e) "Universal-Beta" - cool! :)
Naja, es gibt schon Dinge, da steige auch ich aus. Wenn mich etwas beim lesen so nervt, dass ich es am liebsten alle zwei Sätze ändern würde, dann bin ich irgendwann nicht mehr hilfreich, weil ich emotional werde und das schlägt sich dann nieder. Aber in kürzeren Abschnitten kann ich mich mit nahezu allem arrangieren.
Aber dann geht es eben um die Umsetzung der Idee und des stehenden Plots und weniger um den Plot oder die Handlungsstränge. Wenn mich eine Geschichte einfach null interessiert, ist es mir wirklich zuviel Arbeit, mich da reinzufuchsen, wenn es andere gibt, die das mit Begeisterung machen. Und bei hochliterarischen Texten bin ich auch raus, da bin ich nicht sicher genug. ;)
Aber vielleicht kommt mir da auch zu Gute, dass ich nicht nur Texte schreiben will, die ich selbst liebe, sondern auch den Ehrgeiz habe, Vorgaben umsetzen zu können, die mir geschmacklich vielleicht gar nicht so liegen. (Wenn auch eher im KG- und Szenen-Bereich^^)

ZitatAber: Wenn ich ein Übermaß an Adjektiven z.B. nicht mag, würde es mir vermutlich schwer fallen, den Autor darin zu bestärken, diese weiterhin exzessiv zu nutzen, denn für mich wirken diese ja schlichtweg nicht, ganz im Gegenteil, mich persönlich stören sie, machen die Wirkung einer Szene ggf. sogar zunichte (natürlich nicht generell, siehe anderer Thread).
Hier habe ich das vielleicht zu eng gefasst. Natürlich muss es gut umgesetzt sein. Nur weil ein Autor Adjektive liebt, muss dort nicht seine Stärke liegen.;) Aber manchmal kann jemand mit ihnen um sich werfen und es funktioniert. Und ohne, dass ich dann ganz genau benennen kann, warum es funktioniert, bestärke ich ihn dann darin, diesen blumigen Stil zu nutzen und sich nicht von regelbesessenen Hobbyautoren alle Adjektive ausreden zu lassen. Oder ich erkenne, dass er instinktiv Adjektive wählt, die immer einen Mehrwert an Infos bringen und überflüssige dopplungen vermeidet, vielleicht einfach auch die psychologische Wirkung verschiedener Wortgruppen instinktiv richtig nutzt, dann soll er sich das bitte nicht kaputt machen lassen. Und gerade die zweite Sache ist etwas, was man oft erstmal nicht benennen kann, aber eine große Wirkung hat. (Wer Clark gelesen hat, weiß was ich meine)

ZitatWar das bei Erfahrenen zu Beginn auch so? Kann man mit der Zeit lernen, sich selbst zurückzunehmen, flexibler zu werden? Bis zu welchem grad kann das funktionieren?
Ja, das war bei mir auch so. Anfangs bin ich über jede Formulierung gestolpert, die ich anders gemacht hätte. Damals war ich auch noch darin verhaftet, dass es nur eine optimale Version für einen Text geben könnte. Mich hat die Textkritik bei den 42er Autoren davon geheilt. Zu sehen wie unterschiedlich Leute die Texte betrachten, die sich auskennen, war eine Art Offenbarung. Für mich war wirklich der Schlüssel, mich zu fragen: Welche Vorgaben sollen erfüllt werden? Chick-Lit, Hard-boiled oder Romantik? Nähe oder Distanz zu Figur und Situation? Welche Infos lösen welche Erwartungen aus? Weiß ich überhaupt sicher, was die Figur von der ganzen Sache hält oder greife ich automatisch auf meine Interpretation zurück, weil der Text zu nüchtern gehalten ist? Wie verändert unterschiedlicher Subtext die ganze Szene? usw.
Also sprich ich habe plötzlich ganz unterschiedliche Textversionen im Kopf gesehen und mich dadurch stark von meinem Geschmack und meiner eigenen Gewohnheit lösen können.

Aber ich weiß jetzt nicht, ob das für irgendwen hilfreich ist.^^
"Wenn du andere Leute ansiehst, frage dich, ob du sie wirklich siehst, oder ob du nur deine Gedanken über sie siehst."
Jon Kabat-Zinn.

Nandriel

Zitat von: Anjana am 04. April 2014, 10:15:20
Natürlich kann man das wieder in richtig oder falsch umformulieren, aber normalerweise assoziiert man damit, dass es nur einen richtigen Weg gibt. Und genau das sehe ich anders. Je nachdem, wie die Stelle wirken soll, gibt es eben mehrere "Richtigs". Welches davon nun dem am nächsten kommt, was der Autor will, kann man als Beta oft gar nicht entscheiden, weil einem oft entscheidende Infos fehlen, die der Autor nicht rüberbringen konnte.

Ok, jetzt verstehe ich, was du meinst. Erneut: Volle Zustimmung :)

Zitat von: Anjana am 04. April 2014, 10:15:20
Meine Art des Kommentierens ist allerdings wirklich verflucht viel Arbeit und ich sitze an einer Textstelle von 2-3 Sätzen schon mal zwischen 30 und 60 Minuten. Deswegen nehme ich auch selten ganze Werke zum betan an.

Das kann ich wirklich sehr gut nachempfinden... und es ist ein Grund dafür, dass ich mich auch bisher nicht getraut habe, über ein ganzes Werk drüberzulesen - weil ich es beim Drüberlesen gar nicht bewenden lassen könnte. Als Beta nur dafür wäre ich (derzeit) somit wohl eh untauglich ;)

Zitat von: Anjana am 04. April 2014, 10:15:20
Hier habe ich das vielleicht zu eng gefasst. Natürlich muss es gut umgesetzt sein. Nur weil ein Autor Adjektive liebt, muss dort nicht seine Stärke liegen.;) Aber manchmal kann jemand mit ihnen um sich werfen und es funktioniert. Und ohne, dass ich dann ganz genau benennen kann, warum es funktioniert, bestärke ich ihn dann darin, diesen blumigen Stil zu nutzen und sich nicht von regelbesessenen Hobbyautoren alle Adjektive ausreden zu lassen. Oder ich erkenne, dass er instinktiv Adjektive wählt, die immer einen Mehrwert an Infos bringen und überflüssige dopplungen vermeidet, vielleicht einfach auch die psychologische Wirkung verschiedener Wortgruppen instinktiv richtig nutzt, dann soll er sich das bitte nicht kaputt machen lassen. Und gerade die zweite Sache ist etwas, was man oft erstmal nicht benennen kann, aber eine große Wirkung hat. (Wer Clark gelesen hat, weiß was ich meine)

Okay, nu hab ich's verstanden. Ich stimme dir erneut vollkommen zu. Ob ich das tatsächlich auch so umsetzen kann, weiß ich nicht genau, würde es mir aber (für mich und den Autor, den ich betalese) wünschen. Und würde mir andersrum wünschen, dass dies bei mir, wenn ich denn irgendwann mal so weit bin, auch so gemacht würde. Und diesen Clark muss ich mir anscheinend mal anschauen?! ;)

Zitat von: Anjana am 04. April 2014, 10:15:20
Ja, das war bei mir auch so. Anfangs bin ich über jede Formulierung gestolpert, die ich anders gemacht hätte. Damals war ich auch noch darin verhaftet, dass es nur eine optimale Version für einen Text geben könnte. Mich hat die Textkritik bei den 42er Autoren davon geheilt. Zu sehen wie unterschiedlich Leute die Texte betrachten, die sich auskennen, war eine Art Offenbarung. Für mich war wirklich der Schlüssel, mich zu fragen: Welche Vorgaben sollen erfüllt werden? Chick-Lit, Hard-boiled oder Romantik? Nähe oder Distanz zu Figur und Situation? Welche Infos lösen welche Erwartungen aus? Weiß ich überhaupt sicher, was die Figur von der ganzen Sache hält oder greife ich automatisch auf meine Interpretation zurück, weil der Text zu nüchtern gehalten ist? Wie verändert unterschiedlicher Subtext die ganze Szene? usw.
Also sprich ich habe plötzlich ganz unterschiedliche Textversionen im Kopf gesehen und mich dadurch stark von meinem Geschmack und meiner eigenen Gewohnheit lösen können.

Aber ich weiß jetzt nicht, ob das für irgendwen hilfreich ist.^^

Oh, für mich ist das sehr hilfreich, und ich würde mir ehrlich wünschen, mich darüber auch öfter mal direkt austauschen zu können. Es ist ja schon bei der Korrektur von Schulaufsätzen so, dass zwei Lehrer im Extremfall wirklich ganz unterschiedliche Noten geben würden (wobei die grundlegenden Dinge wie Rechtschreibung, Grammatik etc. natürlich keinen Unterschied machen). Was allerdings, wie ich finde, auch legitim ist - wenn man vorher kommuniziert hat, worauf man den Schwerpunkt legt und wie gewichtet wird... meist ergeben sich nämlich genau daraus die Unterschiede. Nur dass er arme Schüler dann keine zweite Chance hat mir zu erklären, wie er das jetzt eigentlich gemeint hatte, er kann es nicht mehr umformulieren oder präzisieren.

Wenn man sich aber mal vor Augen führt, dass ein und derselbe Text selten von mehreren Leuten auf ein und dieselbe Art und Weise gelesen und auch verstanden wird, dass Lesen ein höchst individueller Vorgang ist und gerade Texte mit vielen Leerstellen mit ganz subjektiven Erlebnissen aufgefüllt und assoziiert werden (sollen), dann kommt man ja auch schnell darauf, dass es oftmals eben nicht nur eine mögliche Interpretation gibt.
Von meinen Schülern verlange ich aber (wieder dieses Beispiel, weil das eben meinen Erfahrungen entspricht), dass sie am und mit dem Text arbeiten, um ihre Interpretationsansätze zu begründen. Und ein "inhaltlicher Fehler" liegt dann nicht daran, dass nicht meine Meinung getroffen, sondern dass da halt nicht intensiv gelesen bzw. der Text einfach missverstanden wurde. Nicht selten kommen dann hanebüchene Ansätze, die einfach mit nichts zu begründen sind, was eigentlich im Text stand.

Damit komme ich zurück auf etwas, was ebenfalls schon genannt wurde, nämlich dass es ja darum geht, dass man eventuell als Autor ganz spezifische Assoziationen auslösen will. Und dass man, wenn das offenbar nicht geklappt hat, eben so lange daran arbeiten muss, bis es klappt. Daher ist wohl der Hinweis darauf, wie eine Szene jetzt gewirkt hat, enorm wichtig - denn wenn da ganz andere als die von mir beabsichtigten (oder sogar gar keine) Emotionen hervorgerufen werden, wenn eine Stelle ganz anders als erwartet interpretiert wird, ist das halt noch nicht das, was ich wollte und ich muss umformulieren.

Aber: Ich glaube es fiele mir unglaublich schwer mich auf den Inhalt zu konzentrieren, wenn die Sprache schon so "verschwurbelt" (tolles Wort ;)) ist, dass ich mich darauf gar nicht erst konzentrieren kann. Daher glaube hätte ich schon ein Problem damit, ein völlig unkorrigiertes Werk (oder eine Szene daraus) zu bekommen mit dem Anspruch, inhaltliche Löcher etc. aufzudecken... nur korrigieren ohne Kommentar geht. Kommentare ohne Korrekturen geht eher weniger. Wenn noch viele Korrekturen nötig wären, gehen Kommentare aber fast gar nicht. Für mich jedenfalls :)

Cailyn

Ich bin auch dafür, dass man beim Betalesen auch besonders Gutes äussern sollte, damit ein einheitliches Bild entsteht, ob das Buch funktioniert oder nicht. Sonst steht man da und hat "nur" das Negative und weiss nicht, wie man das im Gesamteindruck platzieren soll.

Für mich gibt es noch zwei offene Fragen bzw. Probleme beim Betalesen...

1) Die Verzerrung des Texts
Wenn ich als Leserin ein Buch lese, dann mache ich mir schon auch Gedanken, ob das gut gemacht ist. Aber ich lese es nicht so akribisch durch und reflektiere. Dann lese ich einfach und der Rest geschieht mehr so nebenbei. In diesem Fall kann ich ein Buch am Ende beurteilen, zwar nicht im Detail, aber kann sagen, was mir grundsätzlich gefällt und warum.
Beim Betalesen lese ich aber langsamer. Ich verschnaufe, meine Sprachsensoren sind immer "on" und ich komme häufig aus dem normalen Lesefluss. Daraus ergeben sich viele Fragen und Gedanken, und ich gerate in diesen "Kritikmodus", aus dem ich schlecht wieder herausfinde. Das kann dann meinen Überblick trüben. Im Grunde verhält es sich wie mit dem Putzen. Wenn ich als Gast in eine Wohnung komme, fällt mir normalerweise nicht auf, dass da in der Ecke eine Wollmaus ist oder dass das Spülbecken leichte Kalkflecke aufweist, und ich finde, diese Wohnung ist top. Wenn ich aber die gleiche Wohnung besuche, nachdem ich in meiner eigenen sauber gemacht habe (und das Auge auf "Schmutz" fokussiert war), dann springen mir diese Dinge regelrecht ins Auge und ich komme schnell mal auf den unobjektiven Gedanken, diese Wohnung sei echt schmuddelig. Also eine klare Verzerrung, die eigentlich nicht wünschenswert ist.

Aus diesem Grund wäre ein ideales Betalesen, wenn man erst das ganze Buch in einem Ratsch durchliest und erst dann im Detail nach Ungereimtheiten sucht. Aber das wäre ja wohl etwas sehr aufwändig. So mache eich das auch nicht.

2) Das zweite Problem liegt im nicht unterscheiden können, ob der Betaleser etwas für nicht gut hält, weil er im Allgemeinen findet, es sei unzulänglich, oder ob es nur seine subjektive Sichtweise ist.
Wenn ich selber betalese, schreibe ich eine Kritik auch manchmal so hin, als ob es die allgemein gültige Wahrheit wäre, obwohl ich mir bewusst bin, dass ich das jetzt so empfinde, dass es aber auch anders sein könnte.
Hingegen gibt es Stellen in einem Manuskript, wo ich schon sicher bin, dass das allgemein so empfunden wird oder tatsächlich falsch bzw. nicht machbar ist.
Diese beiden dann aber immer als solche Meinungen offen darzulegen, sie quasi zu deklarieren, ist aufwändig. Man müsste dann jeden Kommentar mit "das ist jetzt nur meine Meinung" oder "das erachte ich als absolut notwendig" zu ergänzen. Vielleicht wäre es eine Idee, mit der Autorin etwas zu vereinbaren, z.B. ein Hinweis, "S" heisst subjektiv und "A"=ich halte es für allgemein gültig. Oder so ähnlich ;).

Worüber ich mir nicht mehr so im Klaren bin, ist, ob es wirklich Sinn macht, den genauen Grund einer Kritik stets auszuformulieren. Ich habe es ein paar Mal erlebt, dass meine Betaleser eine Stelle kritisiert haben mit der Begründung "weil....", ich dann aber festgestellt habe, dass dies gar nicht der Knackpunkt war. Sie lagen zwar vollkommen richtig. Da stimmte was nicht. Aber der Grund war ein vollkommen anderer.

Deshalb bezweifle ich manchmal, ob es gut ist, den Autor z.B. "falsche" Zusammenhänge konkret im Detail aufzuzeigen und eine Alternative vorzuschlagen. Wenn ich selber betalese, schreib ich oft bewusst 1:1 , was mir bei einer Stelle eingefallen ist. Ich denke also nicht für den Autor mit und liefere ihm den Grund, sondern schreibe viel eher, wie mir diese Textstelle reingekommen ist. Auf diese Weise nehme ich die Haltung eines stinknormalen Lesers eine und laufe nicht Gefahr, den Schreibenden zu bevormunden. Und so drücke ich auch niemandem meine Art zu schreiben auf. Der Autor weiss so, dass da an dieser Stelle für zumindest eine Leserin etwas nicht stimmig war und dass er was ändern sollte, aber es ist ihm selber überlassen, nach einer besseren Lösung zu suchen. Manche Betaleser erwähnen das ja dann in ihren Rückmeldungen mit dem Vermerk (meine Vorschläge sind nur Vorschläge). Das finde ich ganz vernünftig.


Anj

Zitat2) Das zweite Problem liegt im nicht unterscheiden können, ob der Betaleser etwas für nicht gut hält, weil er im Allgemeinen findet, es sei unzulänglich, oder ob es nur seine subjektive Sichtweise ist.
Wenn ich selber betalese, schreibe ich eine Kritik auch manchmal so hin, als ob es die allgemein gültige Wahrheit wäre, obwohl ich mir bewusst bin, dass ich das jetzt so empfinde, dass es aber auch anders sein könnte.
Hingegen gibt es Stellen in einem Manuskript, wo ich schon sicher bin, dass das allgemein so empfunden wird oder tatsächlich falsch bzw. nicht machbar ist.
Diese beiden dann aber immer als solche Meinungen offen darzulegen, sie quasi zu deklarieren, ist aufwändig. Man müsste dann jeden Kommentar mit "das ist jetzt nur meine Meinung" oder "das erachte ich als absolut notwendig" zu ergänzen. Vielleicht wäre es eine Idee, mit der Autorin etwas zu vereinbaren, z.B. ein Hinweis, "S" heisst subjektiv und "A"=ich halte es für allgemein gültig. Oder so ähnlich ;).
Das kenne ich auch ziemlich gut. Inzwischen habe ich mir angewöhnt, die Dinge, bei denen ich wirklich denke, das ist rein subjektiv auch als solche zu deklarieren. Das ist allerdings relativ selten, weil ich meist drüber weglese. Wenn ich aber das Gefühl habe, der Autor ist sich dieser Wirkung nicht unbedingt bewusst, dann merke ich es doch an. Gerne auch mit dem Hinweis "Warte aber vielleicht erst noch mal ab, was andere dazu meinen" oder ich spreche (in Foren) konkret die anderen Kritiker auf, ihre Meinung zu sagen.
Aber dass man natürlich häufig die eigene Wahrnehmung generalisiert, ist klar und mMn nicht komplett vermeidbar. Aber dafür hat ein Autor ja in der Regel mehrere Betas und zweitens erwarte ich auch vom Autor, dass er meine Kritik selbst noch mal hinterfragt und im Hinterkopf hat, dass nicht jeder Leser gleich tickt.

ZitatWorüber ich mir nicht mehr so im Klaren bin, ist, ob es wirklich Sinn macht, den genauen Grund einer Kritik stets auszuformulieren. Ich habe es ein paar Mal erlebt, dass meine Betaleser eine Stelle kritisiert haben mit der Begründung "weil....", ich dann aber festgestellt habe, dass dies gar nicht der Knackpunkt war. Sie lagen zwar vollkommen richtig. Da stimmte was nicht. Aber der Grund war ein vollkommen anderer.
Das ist ebenfalls ein wichtiger Punkt! Bei Autoren, die ich gut kenne, merke ich oft auch nur noch an, dass da was nicht passt. Aber es ist viel häufiger, dass der eigentliche Knackpunkt woanders liegt, bzw. die beste Veränderung woanders liegt, als man beim betalesen gedacht hat. Und deswegen bin ich auch so für den Austausch zwischen Autor und Kritiker, bzw. eben dafür, nicht nur eine Veränderungsmöglichkeit anzubieten, sonderen mehrere. Dann taucht man auch selbst tiefer in den Text ein.

Zur "Verzerrung des Textes" sage ich mal ganz fies: Da muss der Autor mit leben und auch dafür hat er ja normalerweise mehrere Betas. Immerhin muss er nicht jede Kritik umsetzen. ;)
Aber eine bewusste Haltung gegenüber dieser Wahrnehmungsbeeinflussung ist immer sinnvoll. Und oft bemerkt man das auch selbst, wenn man sich beobachtet, oder einfach klar macht, wo stehe ich mit meinem Schreiben eigentlich gerade.
"Wenn du andere Leute ansiehst, frage dich, ob du sie wirklich siehst, oder ob du nur deine Gedanken über sie siehst."
Jon Kabat-Zinn.

FeeamPC

Ich glaube, ein grundlegendes Problem vieler Betaleser ist, dass sie zuviel auf einmal machen (wollen).
Ein Betaleser ist zunächst einmal dazu da, den Gesamteindruck des Textes zu reflektieren.
Daneben kann er den Finger auf die Stellen legen, an denen der Text holpert.
Das ist so etwas wie ein Vor-Lektorat.
Viele Beta-Leser (und da schließe ich mich nicht aus) verfallen aber nahezu automatisch in den "all inklusive"-Modus, das heißt, sie machen gleich noch etwas Korrektorat nebenher. Und das kann, wenn der Autor Pech hat, mit der eigentlichen Aufgabe der Betas clashen. Dann passiert es leider manchmal, dass der Beta vor lauter Bäume abholzen keinen Wald mehr sieht (oder noch schlimmer, ihn gleich komplett abholzt).

Churke

Zitat von: Alana am 03. April 2014, 12:42:12
Betalesen ist unbedingt was für Anfänger. Dabei lernt man meiner Meinung nach nämlich extrem viel. Ich hab dazu schon lange einen Blogartikel geplant. Ich dachte nur immer, das interessiert eh keinen. Vielleicht sollte ich den doch endlich mal fertig machen.
Da möchte ich erheblich widersprechen.
Ein Betaleser ist ein Kritiker. Das ist ein Ausbildungsberuf und gute Kritiker sind selten - so selten, dass man am Feuilleton das Niveau einer Tageszeitung erkennt.
Natürlich wird man Betaleser solcher Qualität nicht an die Hand bekommen. Aber es nicht nur so, dass schlechte Kritiker schlechte Kritiken liefern, es ist auch so, dass gute Anfänger nicht unbedingt bei schlechten Fortgteschrittenen in die Lehre gehen sollten...  ::)

Nandriel

Zitat von: Churke am 04. April 2014, 15:58:39
Da möchte ich erheblich widersprechen.
Ein Betaleser ist ein Kritiker. Das ist ein Ausbildungsberuf und gute Kritiker sind selten - so selten, dass man am Feuilleton das Niveau einer Tageszeitung erkennt.
Natürlich wird man Betaleser solcher Qualität nicht an die Hand bekommen. Aber es nicht nur so, dass schlechte Kritiker schlechte Kritiken liefern, es ist auch so, dass gute Anfänger nicht unbedingt bei schlechten Fortgteschrittenen in die Lehre gehen sollten..::)

Hm... also in beiden (von mir hervorgehobenen) Punkten kann ich dir eigentlich nicht widersprechen. Nur ergeben sich hieraus zwei Fragen:
1. In wiefern kann die Tätigkeit des Betalesens mit der eines (Literatur-)Kritikers überhaupt gleichgesetzt werden?
2. Was macht denn einen guten Betaleser nun konkret aus? Kann man das überhaupt verallgemeinern, oder ist das auch vom Autor und dessen Erwartungen selbst abhängig?

Christopher

Bitte nicht einen Betaleser mit einem Kritiker/Lektor gleichsetzen. Betaleser erfüllen in meinen Augen nicht diese Funktion! Viel wichtiger an meinen Betas ist mir ihre Rückmeldung bezüglich des Eindrucks den sie vom Text gewonnen haben, Sympathie zu Figuren, Anschaulichkeit des Textes etc. Da kann gerade ein "unbedarfter" deutlich besser Rückmeldung geben als jemand mit massiver Fachkompetenz der sich vermutlich eher auf die fachlichen Aspekte stürzen wird und dabei jegliches "Gefühl" für einen Text verliert. Denn seien wir mal ehrlich: Wenn ich einen Text auf Herz und Nieren prüfe, versinke ich wohl kaum darin, lasse mich nicht mitreißen und kann auch kaum mit dem Figuren mitfühlen. Dann bin ich gedanklich ganz wo anders.
Be brave, dont tryhard.

Nycra

Zitat von: Christopher am 04. April 2014, 16:15:02
Bitte nicht einen Betaleser mit einem Kritiker/Lektor gleichsetzen. Betaleser erfüllen in meinen Augen nicht diese Funktion! Viel wichtiger an meinen Betas ist mir ihre Rückmeldung bezüglich des Eindrucks den sie vom Text gewonnen haben, Sympathie zu Figuren, Anschaulichkeit des Textes etc. Da kann gerade ein "unbedarfter" deutlich besser Rückmeldung geben als jemand mit massiver Fachkompetenz der sich vermutlich eher auf die fachlichen Aspekte stürzen wird und dabei jegliches "Gefühl" für einen Text verliert. Denn seien wir mal ehrlich: Wenn ich einen Text auf Herz und Nieren prüfe, versinke ich wohl kaum darin, lasse mich nicht mitreißen und kann auch kaum mit dem Figuren mitfühlen. Dann bin ich gedanklich ganz wo anders.
Danke Christopher, du sprichst gerade genau das aus, was ich dachte.

Es geht beim reinen Betalesen nicht um ein professionelles Lektorat oder Korrektora. Es ist nur die Vorstufe dessen, was später ein richtiger Lektor/Korrektor machen soll. Betaleser können Profis sein, müssen es aber nicht. Ein Betaleser, der hier z.B. innerhalb des Forums gesucht wird, muss nicht einen solchen Anspruch an sich haben noch ist es am Autor, einen solchen Anspruch zu erwarten. Wer ein professionelles Lektorat haben möchte und keinen Verlag hat, soll dafür bei entsprechenden Anbietern dafür zahlen.

Sprotte

ZitatWenn ich einen Text auf Herz und Nieren prüfe, versinke ich wohl kaum darin, lasse mich nicht mitreißen und kann auch kaum mit dem Figuren mitfühlen. Dann bin ich gedanklich ganz wo anders.
Ein klares Jain. Ich durfte schon Endkorrektorate machen, während derer ich mich ertappte, nur fieberhaft zu lesen, ohne meiner Aufgabe nachzukommen, weil der Text mich derart mitriß. Also das letzte Kapitel noch einmal durchgehen!  :)

Cailyn

#40
Anjana,
Eigentlich weiss man ja, dass nicht jeder Leser gleich tickt. Aber es ist schon schwierig, ganz klare Signale zu geben, wann man eine Änderung für absolut notwendig hält und wann man selber nicht 100% sicher ist.

FeeamPC,
Wahrscheinlich hast du recht. Ein Betaleser will oft gleich der Lektor sein, natürlich gut gemeint, und schiesst vielleicht übers Ziel hinaus. Gerade die Sache mit dem Korrektorat, da habe ich enorm Mühe. Irgendwie kann ich fast nicht anders, als Fehler anstreichen, die mir beim Lesen auffallen. Aber durch die ständigen, kleinen Unterbrechungen (auch wenn es nur eine Kommasetzung ist) verliere ich schon auch ein kleinwenig den Blick für den Gesamttext oder das Kapitel. Das sind zwar Nuancen, aber sie mehren sich halt.

Churke,
Klingt aber jetzt alles etwas vage. Was ist denn für dich ein guter und ein schlechter Kritiker genau? Darüber ist man sich ja nicht einig, weil Betalesen keinen allgemein gültigen Regeln unterstellt ist. Denkst du nicht, es gibt Kritiker, die für die einen geeignet sind und für andere überhaupt nicht? Klar, es gibt sicherlich ein paar wenige ungeschriebenen Gesetze, die für fast alle wünschenswert sind. Aber man kann diese auch ganz schnell über Bord werfen. Nehmen wir an, jemand kommt daher und zerreisst deinen Text auf ziemlich derbe Weise, beleidigt dich und dein Werk und zerreisst es in der Luft, macht ungenaue Angaben, liefert keine Begründungen etc.. Ist die Kritik dann sofort umsonst? Ich bin mir da nicht mal sicher. Noch wenn der Kritiker in seiner Kritik schlecht ist, kann der Autor was dabei lernen. Entweder findet er in dieser schlechten Kritik das Korn Wahrheit (denn aus irgendeinem Grund hat es ihm ja nicht gepasst) oder du kannst an diesem Kritiker wachsen, indem du deine Position, also deine Überzeugung für dein Buch, stärkst.

Was wohl aber bei Anfängern wichtig ist, ist die Kommunikation untereinander. Wenn man denkt, etwas sei jetzt nicht gut abgelaufen, dann sollte man das zur Sprache bringen. Sonst hat man wirklich nichts gelernt.

Noch was anderes:
Was ich übrigens nicht so gut finde, ist, wenn man sich als Betaleser/-in anmeldet, aber dann keine Rückmeldung mehr gibt, wenn der Autor den Text geschickt hat. Das ist mir schon passiert, und das hinterlässt irgendwie ein komisches Gefühl. Da steht man so da und fragt sich, was denn jetzt mit diesen eigentlich vertraulichen Daten passiert. Es ist ja noch eines, wenn jemand sagt "Hör mal, ich habe keine Zeit mehr" oder "Es ist nicht so mein Geschmack / mein Stil", aber einfach gar nichts mehr rückmelden finde ich beunruhigend.

Alana

#41
@Churke:

1. Wer sagt dir, dass jedes Manuskript, was betagelesen wird, von einem schlechten Autor stammt?
2. Jeder, der viel liest, kann ein guter Kritiker sein. Der kann vielleicht nicht immer sagen, wie man den Schaden beheben kann, der weiß aber oft sehr genau, an welcher Stelle es nicht passt.
3. Wie willst du Leuten die Möglichkeit zum lernen geben, wenn du sie nicht üben lässt?
Alhambrana

Tanrien

#42
Zitat von: FeeamPC am 04. April 2014, 15:02:19
Ich glaube, ein grundlegendes Problem vieler Betaleser ist, dass sie zuviel auf einmal machen (wollen).
Ein Betaleser ist zunächst einmal dazu da, den Gesamteindruck des Textes zu reflektieren.
Daneben kann er den Finger auf die Stellen legen, an denen der Text holpert.
Guter Punkt!

Was mir hier in der Diskussion auch noch ein bisschen fehlt bzw. ja nur einmal kurz angesprochen wurde, ist, dass Betas sich ja auch spezialisieren können bzw. es doch gar nicht nötig ist, immer alles von allen betazulesen und betalesen zu lassen. Oder als Betaleser-Anfänger sofort mit 100% vom Text einzusteigen. Ich bin selbst großer Fan von Aufgabenteilung, also jemanden zu haben, der mit mir die Charakterisierung durchspricht, jemanden für die Korrektheit der Recherche, jemanden für den Spannungsbogen, für die Sexszenen, für den Stil, für Rechtschreibung und Grammatik, für die Gesamtstimmung...

Das nimmt weniger Zeit der einzelnen Personen und mir selbst in Anspruch, als Autor kann man sich aussuchen, was man jetzt vielleicht nochmal braucht, man kann vielleicht sogar schon während des Schreibprozesses miteinander arbeiten, jeder arbeitet mit kürzeren Abschnitten, etc. und es kann ja trotzdem am Ende nochmal jemand drüberlesen, das ist ja nicht ausgeschlossen. Das hier ist dann mehr eine Puzzle-Herangehensweise, aber halt eine Alternative und ich prsönlich finde es weniger anstrengend, als von x Betalesern jeweils eine Komplettkorrektur zurückzubekommen wenn der Schreibprozess (vor Wochen) schon abgeschlossen war. Und da kann man als Anfänger auch leichter einsteigen, weil man ja meistens was hat, was man gut kann: Spannungsbogen betrachten, Sexszenen verbessern, beschriebene historische Abläufe entwirren. Ich zum Beispiel bin kein guter Betaleser in diesem klassischen Komplettbeta-Sinne, aber Plots und Spannungsbögen durcharbeiten in einem Text oder halt Recheche-Sachen zu meinen Themen oder oder oder, das macht mir Spaß und da kann ich dann auch mitmachen. Und da lenkt man sich dann ja auch mit dem angesprochenen Lektorat nicht mehr ab, weil man ja weiß, dass das jemand anderes macht.

Ist aber, das gebe ich zu, eher mit Freunden/Bekannten oder Leuten, auf die man sich verlassen kann, durchzuziehen. Ich kann mir das nicht vorstellen, hier im Zirkel nach Leuten für irgendwie sieben Spezialaufgaben zu fragen und dann zu erwarten, dass da auch alles am Ende irgendwann wieder bei mir ankommt.

Sascha

#43
Zitat von: Cailyn am 04. April 2014, 16:23:26
Ein Betaleser will oft gleich der Lektor sein, natürlich gut gemeint, und schießt vielleicht übers Ziel hinaus. Gerade die Sache mit dem Korrektorat, da habe ich enorm Mühe. Irgendwie kann ich fast nicht anders, als Fehler anstreichen, die mir beim Lesen auffallen.
Kommt mir bekannt vor. :)
Ich hatte auch schon überlegt, wie eigentlich die richtige Reihenfolge ist.
Für mein Empfinden muß zuerst ein Korrektorat sein, das den größten Teil der Rechtschreibfehler, Satzumbauruinen und schlechte Grammatik beseitigt, bevor man jemanden auf die größeren, inhaltlichen Sachen ansetzt. Mich zumindest haut sowas (wenn es in nennenswertem Umfang vorkommt) auch derart aus dem Lesefluß, daß ich nur noch den ganzen Kleinkram anmäkeln kann. Die Geschichte selbst geht dabei völlig unter.
Danach eine oder zwei Überarbeitungen, und dann da abschließende Testlesen.

Andererseits könnte man als Autor denken, wenn die Reaktionen der Testleser größere Änderungen auslösen, gibt es ja wieder einen Haufen neuen Text mit vielen Chancen für Rechtschreib- und Grammatik-Fehler. So gesehen könnte man das Korrektorat, das ja an der Geschichte, Spannungsbögen etc. nichts mehr ändert, ans Ende verlegen. Das würde aber Testleser mit einer u.U. extrem hohen Toleranzschwelle erfordern.

Wenn ab und zu noch mal ein Vertipperli oder so drin ist, finde ich es aber völlig in Ordnung, das auch als Testleser anzustreichen. Halt unter der Bedingung, daß die Dinger zu selten sind, um einen wirklich rauszuwerfen.

Maria

Wenn ich es schaffe, zeitlich einen oder mehr Betaleser einzubinden, dann stelle ich konkrete Fragen und möchte daneben noch einen allgemeinen Eindruck, ein Stimmungsbild ähnlich einer Rezension über meinen Text.
Ein Lektorat ode Korrektorat erwarte ich nicht.

Eine meiner Novellen (Zwischen den Toren) hat in einem Blog eine wirklich vernichtende Kritik bekommen und zugleich hat sich die Bloggerin die Mühe gemacht, mir eine ganze Liste von Punkten zu schicken, wo ihr Fehler und Verbesserungsmöglichkeiten eingefallen sind.

Daraufhin habe ich sie zur Betaleserin vom ersten Band meiner Erdenweber-Reihe gemacht. Und da bekam ich wirklich fast schon ein Lektorat mit vielen Anmerkungen am Anfang und immer weniger gegen Ende. (Ich bin offenbar die Sorte Autorin, die sich warmschreibt an einer Geschichte). Wenn ich mal Zeit finde, überarbeite ich das ganze nach ihren Tipps, denn bei ihr habe ich das Gefühl, sie hätte wirklich das Zeug als professionelle Lektorin.
Selber schreibt sie auch, aber ich kann ihr im Gegenzug nur immer eine kurze, allgemeine Meinung anbieten, zum genauen Drüberschauen habe ich meist keine Zeit.

Also wenn man als Autor einen Betaleser findet, der genau auf der Zielgruppenwelle schimmt und wirklich super weiterhilft, unbedingt warmhalten!