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sueddeutsche.de und der Fantasy-Boom

Begonnen von Runaway, 31. Mai 2013, 23:23:13

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Runaway

Ich habe gerade einen Artikel gelesen, den ich euch nicht vorenthalten möchte: Trolle, Hobbits und Vampire: Was sagt der Fantasy-Boom über unsere Ängste?

Interessant finde ich erst mal, daß die Süddeutsche einen Fantasy-Boom auszumachen glaubt. Ist das so? Erleben wir das nicht irgendwie anders abseits von Panem und Hobbit?
Und was haltet ihr von der Analyse dieses Booms? So unzutreffend finde ich das gar nicht ... wobei ich nicht weiß, ob ich der Analyse des SciFi-Genres so zustimmen würde.
Und was bedeutet diese Analyse eigentlich für die Zukunft des Fantasy-Genres?

Joel

Hallo Dani,

vielen Dank für diesen interessanten Link!
Zugegebenermaßen dachte ich beim Lesen des Thread-Titels mich gleich zweimal verlesen zu haben: Zum einen, weil dieser Artikel tatsächlich aus der Süddeutschen stammt und zum anderen, weil "Fantasy-Boom" darin vorkommt  ;)
Ob es nun einen "Fantasy-Boom" gibt/gab oder nicht? Der Artikel bezieht sich jedenfalls auf Werke und Reihen, die alle in den letzten Jahren entstanden und beendet worden sind (mit Ausnahme vom "Lied von Eis und Feuer"). Soweit ich das mitbekommen habe, fahren viele Verlage ihre Programmplätze für Phantastisches gerade drastisch zurück - das würde einem anhaltenden "Boom" widersprechen. Sollte dieser "Boom" nicht schon längst abgeflacht sein, warum handeln die Verlage dann so?
Andererseits hat der Artikel insofern recht, dass Fantasy meist einen großen Anteil in den aktuellen Bestsellerlisten hat und gerade diese Werke in Form von Serien, Merchandising-Produkten, etc. ausgeschlachtet werden, weil es sich dabei wohl aller Wahrscheinlichkeit nach um ein profitables Geschäft handelt.

Was die Analyse des "Booms" angeht, muss ich noch einmal in mich gehen und mir Gedanken darüber machen. Spontan klingen die Beschreibungen für mich plausibel, andererseits auch stark verallgemeinernd ... ich schreibe später noch einmal  :)

Coppelia

#2
Ich habe erst letztens darüber nachgedacht, ob es das ist, was die "Warrior Cats" so erfolgreich macht: Dass es in diesen Romanen ein festgefügtes Gesellschaftssystem gibt, wo er der Tradition nach seinen Platz zugewiesen bekommt. Ich persönlich finde das nämlich an der Serie sehr auffällig und auch störend.
Eventuell könnte das auch der Grund sein, wieso ich überhaupt was von den Kessel-Romanen verkauft habe ... weil es da im Großen und Ganzen um Gesellschaft und den Platz des Einzelnen in dieser Gesellschaft geht. Ein Thema, das mich immer mehr beschäftigt ... wie's nur kommt? :P

Kaeptn

Von einem Boom ist doch gar nicht die Rede? Es geht doch viel mehr darum, dass im Bereich der Phantastik die SF nur noch ein Schattendasein fristet und die Fantasy sie verdrängt hat und selbst "Zukunftsromane" wie Tribute von Panem eben nicht mehr technikorienitert sind.

Allerdings kann ich dem Autor da nicht folgen. Auf dem Buchmarkt, sicher, da ist die SF hierzulande ziemlich am Boden. Sieht man aber eher aufs aktuelle Kino, kann weder von Juvenilisierung noch von SF-Flaute die Rede sein. Prometheus, Oblivion, After Earth, Enders Game, Pacific Rim (ok, das ist nicht wirklich SF) oder man denke an Avatar, das MIT ABSTAND erfolgreichste Phantastik-Werk im Kino der letzten Jahre, von dem uns ja auch noch 2 Fortsetzungen ins Haus stehen.

Von daher hat der Artikel zwar ein paar interessante Punkte, ist letztlich aber nicht stichhaltig. Gerade dass er die Zombies, die ja auch oft als Gesellschaftskritik verstanden werden wollen, komplett außen vorlässt, deutet auf einen eingeengten Blickwinkel des Autors hin.

Was den Boom an sich angeht: Da darf man auch nicht nur den Buchmarkt sehen. Dort gibt es sicherlich einen Rückbau von Programmplätzen (aber verglichen mit den 90ern immer noch auf gigantischem Niveau!!), aber im Kino/TV ist Phantastik gerade extrem hipp, siehe oben und Game of Thrones, Walking Dead uswusf.

Runaway

Na ja, oben im Seitenheader ist schon die Rede von einem Boom. Und inhaltlich gesehen spricht der Artikel davon auch.
Ansonsten muß ich dir aber total zustimmen, Kaeptn, GoT und Walking Dead und Konsorten sind als Serie (sehr zu meiner Freude) gerade hip. Das stimmt. Ich glaub aber nicht, daß das für den Buchmarkt gilt.
Und auch, was SF angeht, stimme ich dir zu. Interessant zu wissen, daß ich das nicht allein so sehe!

FeeamPC

Ich würde in diese Überleegung auch mal die Heftromane mit einbeziehen, z.B. den Dauerbrenner Perry Rhodan. Dann sieht die Perspektive völlig anders aus. Ich glaube, beide Genres haben ihre festen Fans. Nur dass mittlerweile die Öffentlichkeit SF und Fantasy nicht mehr ausschließlich in der Schmuddelecke vermutet und sie deshalb mehr wahrgenommen wird.

Alaun

#6
Interessant ... Gesellschaft, soso ...
Ich persönlich sehe weder einen "Boom" von Fantasy, noch, dass Fantasy auf der "Abschuss"-Liste steht - ich betrachte das vielmehr als übliche Schwankung, wie sie in allen Märkten vorhanden ist. Der Gedanke, was sich in unseren gesellschaftlichen Ängsten ändert, ist für mich am spannendsten. Gibt es noch Dinge, die uns ängstigen können, wenn scheinbar alles, wovor vorige Generationen Angst hatten (was dann in SciFi und Fantasy seinen Niederschlag  fand) weggefallen ist bzw. sich im für uns "normalen" Alltagsleben aufgelöst hat? Ich denke schon! Die Ängste sind inzwischen einerseits subtiler, wie es sich in diesen "Konkurrenzsituationen" zeigt, die inzwischen auch in der Literatur aufgegriffen wurden, andererseits aber nach wie vor weltumspannend (Finanzkrise, Atommüll-Endlagerfrage, Klimaerwärmung, Genfood, Ausbeutung von Zweit-und Drittweltländern und übrigens auch Ausbeutung in den "eigenen Reihen", ...). Bemerkenswert, dass ein solcher Artikel in der SZ erscheint. Und besonders interessant finde ich den Schluss.
Zitat"Bis auf weiteres müssen wir uns mit Adoleszenzproblemen und behäbigen Fabelwesen mit Fellfüßen begnügen."
Meiner Meinung nach liegt der Fokus dieser Behauptung auf "Bis auf weiteres". Ich könnte mir vorstellen, dass die Veränderung in der Gesellschaft in nächster Zeit immer wichtiger werden und dass dieses sich auch auf die phantastische Literatur auswirkt. Und könnte es vielleicht sein, dass Literatur (wie so oft ;)) geradezu "seismographische" Aufgaben übernimmt? Wahrscheinlich ... :hmhm?:

Franziska

Es sind ein paar interessante Aspekte in dem Artikel. Ich verstehe allerdings nicht, warum er einerseits Panem erwähnt aber dann sagt, es hätte in den letzten Jahren kaum SF gegeben. Für mich sind Dystopien SF. Und auch wenn die Welle davon jetzt abgeebbt ist, genau wie bei Fantasy, gab es da doch ganz schön viel von in den letzten zehn Jahren. Und auch ziemlich viele Verfilmungen. Sogar viel mehr als Fantasy-Verfilmungen, da wurde ja vor allem auf Märchenstoffe gesetzt. Es gab auch viele SF-Serien in letzter Zeit. Falling Skies, und zig Alienserien, auch wenn die meisten abgesetzt wurden. Es widerholt sich aber meistens nur das, was es in den Fünfzigern schon gab. Aliens greifen die Erde an, andere Monster greifen die Erde an ... Aliens nehmen Menschen in Besitz (ist das nicht so in Host?) gab es alles schon ziemlich ähnlich in den Fünfzigern. Ich würde nicht sagen, die Zerstörung der Erde oder Angriffe diffuser Feinde (Wirtschaftskrise, Klimakatastrophe, das sind komplexe Sachen ohne konkrete Feinde) die auch diffuse Ängste schüren. Die Welt wird komlexer, klar faszinieren da Geschichten, die in einfacheren klar strukturierten Welten spielen. Ich würde einfach sagen, das Interesse daran ebbt ab, weil jetzt alles einfach schon dreifach da war. Ein einfacher Film oder ein Buch wo es einfach um die Zerstörung der Erde geht lockt mich jetzt auch nicht mehr hinterm Ofen hervor.
Es gibt auch neuere Bücher, wo es um Atomkatasrophen geht. Aber es wurde einfach so viel von der Realität eingeholt, in der technischen Entwicklung, und es gibt schon so viel, das voraus gedacht wurde, da finde ich es selbst ziemlich schwer, mir da überhaupt was neues auszudenken.