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[Biologie] Fragen zu Pilzforschern und Genetikern

Begonnen von metajinx, 13. April 2012, 02:53:12

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metajinx

Hallo!

Ich recherchiere momentan den sogenannten "Zombiepilz", und Methoden wie man allgemein Pilze und Bakterien genetisch verändern, synthetisieren oder mit anderen Pilzen, Bakterien, Fischen, Säugetieren oder Ähnlichem kombinieren kann. Allerdings stosse ich hier an meinen ziemlich mageren Wissens- und Wortschatz in Bezug auf Forschung und Naturwissenschaften, und brauche daher Hilfe bei der Zusammenstellung von geeigneten Suchbegriffen.

Wie bezeichnet man die Forscher, die sich mit Pilzen, Genetik und deren Veränderung beschäftigen könnten? Welches Studium eignet sich dafür, und wie alt wäre ein solcher Wissenschaftler ungefähr, wenn er nicht nur eine fertige Ausbildung, sondern auch genügend Berufserfahrung hat, um nicht mehr als Frischling zu gelten?

Schreinhüter

Ich denke, die passende Wissenschaft, die sich in beiden Themen stark überlagert sollte die Mikrobiologie sein. Ob man dazu dann noch ein Genetiker sein muss, um die entsprechenden Veränderungen vorzunehmen, oder ob das nicht vielleicht eine Fremdstelle in Laborarbeit per Anweisung übernimmt kann ich nicht sagen. Das nötige Fachwissen kann ich dir zwar nicht zur Verfügung stellen, aber mit Grey und Linsenmann haben wir ja zwei gestandene Biologen in unserem Forum. In den Naturwissenschaften ist es nicht abhängig vom Alter, um die nötige Erfahrung zu sammeln, sondern ob man an der Universität zwecks Forschung bleibt, oder in die freie Marktwirtschaft zur Anwendung. Die Mittel sind meist entscheidender, als der durch das Alter angesammelte Erfahrungsschatz. Überflieger gibt es genug, wie auch lahme Schnecken. Als Frischling gilt man sicherlich nicht mehr, wenn man Doktor, oder Jun. Prof ist. Aber das ist etwas, was ich nur von den Kulturwissenschaften aus extrapolieren kann  ;)

Grey

Mikrobiologie, würde ich auch sagen. Oder auch Ökologie, wobei die die Pilze weniger verändern würden. Nimm dir noch einen Biochemiker und einen Getechniker dazu, und einen Cytobiologen, dann hast du ein schlagkräftiges Forschungsteam beisammen, möchte ich meinen. Eventuell noch einen Evolutionsbiologen.

Grundsätzlich haben diese Leute wohl alle Biologie studiert, aber das generelle "Problem" ist halt, dass man sich in der Biologie schon sehr früh spezialisiert. Das wichtigste ist es, eine solide Basis zu haben, auf der man dann zum Fachidioten evolvieren kann. ;)
Kommt man in ein neues Forschungsumfeld, in ein neues Projekt etc., muss man sich sowieso immer einarbeiten (lassen) und ist zu Anfang immer eine Art Frischling. Viel wichtiger ist die Kreativität bei der Entwicklung von Versuchsaufbauten, und die steigt im Normalfall ja auch mit Erfahrung. Alles in Allem würde ich aber meinen, wenn man promoviert ist, bezeichnet einen keiner mehr als Frischling. Zumindest nicht laut. ;D

Elena

Mh, zumindest bei uns gehören Pilze traditionell zur Botanik, die wiederum zum Institut für Evolution und Ökologie gehört. Praktisch sitzen sie aber im Gebäude des Zentrums für Molekularbiologie der Pflanzen. :hmhm?:
Also recht verwirrend, die Einordnung (zumindest bei uns). Pilzwissenschaftler sind aber offiziell "Mykologen", falls dir das weiterhilft...

Was das Alter betrifft, kann ich Grey und Schreinhüter nur zustimmen, mit der kleinen Anmerkung vielleicht noch, dass die Ausbildung bei Biologen (je nachdem, wo und wie man das macht) ja schon sehr viel praktische Arbeit beinhaltet - als Doktorand steht man auch im Labor und macht seine Sachen, man muss über sein Projekt einen guten Überblick haben und dort auch selbst kreativ werden. Insofern ist man als Doktor - zumindest in seinem eigenen extrem eingegrenzten Feld - schon ziemlich kompetent.
Wenn man von einer "normalen" Laufbahn ausgeht - mit 19 Jahren Abi, bei Männer ein Jahr Zivi/Bund, fünf Jahre Studium, vier Jahre Promotion (wobei da die Dauer schon ziemlich unterschiedlich ist), ist man i.d.R. um die 30, wenn man seinen Doktor hat.

Ansonsten: Worauf soll es denn hinauslaufen? Vielleicht können wir dir dann noch ein paar konkretere Sachen sagen... :)

Linsenmann

Hi Metanjix

Mikrobiologe passt schon ganz gut auf Pilze, obwohl Mikrobiologen im Bereich der Pilze vor allem an Hefen und Schimmelpilzen, weniger aber an Ständerpilzen forschen. Wie sieht denn der Zombiepilz so aus?
Die typische Forscherkarriere sieht so aus:
mit 24 Diplom/Master mit 28 Doktor danach postdoc (d.h. man hat einen Doktor muss aber noch selbst im LAbor arbeiten, er ist aber kein Frichling mehr) mit 32 dann Arbeitsgruppenleiter und mit Ende 30 dann Professor. Man kann diese Karriere zum Teil etwas schneller, aber auch deutlich später erreichen. Wann spielt denn deine Geschichte? Früher war er wiss. Werdegang durchaus etwas anders. Auch in den USA ist es z.B. etwas anders.
Zur Herstellung genetisch modifizierter Organismen kann ich dir das meiste sagen, denke ich. Da musst du nicht im Internet suchen, aber mir  konkretere Fragen stellen. Organismen kombinieren kann man eigenlich nicht, es sei denn, sie sind sehr ähnlich. Das klappt auch vor allem bei Pflanzen, aber auch Viren oder Bakterien. Man kann aber einzelne Gene z.B aus dem Menschen in Bakterien, Pilze oder auch Pflanzen bringen. So wird zum Beispiel menschlices Insulin heutzutage in transgenen Bakterien hergestellt.
Wenn du konkrete Fragen zu deinem Zombiepilz hast, kann ich dir vielleicht weiterhelfen, obwohl ein Zombiepilz wahrscheinlich schon ein wenig in Richtung science fiction geht.

metajinx

Vielen Dank für die bisherigen Antworten, da hab ich ja jede Menge Rechercheideen geliefert bekommen :)
Das Setting ist schon etwas science-fictionesque, aber im Endeffekt soll die Story eher in Richtung Mystery gehen (eine höhere Macht verpfuscht die Forschungen und lässt sie schrecklich schief gehen). Vielleicht schaffe ich einen guten Querschnitt, mal sehen.
Insulin ist da auch ein gutes Beispiel, die Forscher sollen versuchen den "Zombiepilz" (Ophiocordyceps unilateralis) ein Stimulanzmittel für Hirngeschädigte bzw. Altzheimer/Komapatienten zu finden. Dafür versuchen sie den Pilz zu... hier stecke ich fest. Synthetisieren? Mutieren? Was macht man für Medikamenteherstellung?

FeeamPC

Für die Medikamentenherstellung werden Mikroorganismen gezielt gentechnisch verändert.
Früher hat man, ganz wie in der Tierzucht, nach Stämmen gesucht, die vin Haus aus das gesuchte Mittel in höherer Menge produzieren. Heute schleust man zum Beispiel über eine Art Virus gezielt Gensequenzen ind die Bakterienzelle ein, die dann die Produktion des gewünschten Stoffes in hoher Menge übernehmen.
Manchmal werden auch unwirksame oder giftige Vorstufen in normalen Pflanzen oder Mirkoorganismen gefunden, die dann geerntet und entweder chemisch oder durch andere Mikroorganismen weiter verändert werden zur wirksamen Stufe.

Linsenmann

Hi Metajinx

Du musst zwischen zwei Formen von Medikamenten unterscheiden. Das eine sind Proteine wie z.B. Insulin oder Blutgerinnungsfaktoren. Auch Antikörper gehören dazu und auch Impfstoffe.
Proteine kann man synthetisieren, indem man ein einzelnes Gen in den gewünschten ORganismus einringt, welches dieses Protein codiert (Ein Gen=ein Protein). Nicht jeder Organismus produziert aber jedes Protein besonders gut.
Proteine können nicht oral aufgenommen werden, da sie im Magen verdaut würden. Auch werden sie wohl nicht die Blut-H'irn Schranke passieren können. Aber da bin ich kein Spezialist.

Die meisten Medikamente sind aber vergleichsweise kleine organische Verbindungen z.B. Aspirin oder Antibiotika.
Diese werden meist in mehreren Schritten mit Hilfe von organischer Chemie synthetisiert. Einige einzelne Schritte aber auch die komplette Synthese können aber auch Microorganismen übernommen werden falls diese dazu die nötigen Enzyme besitzen. Zum Teil werden diese dafür auch genetisch verändert damit sie die Enzyme überhaupt produzieren können, die die Umwandlung katalysieren. Für jeden Syntheseschritt brauchen sie mindestens ein Gen (1 Gen = 1 Enzym =1 Syntheseschritt) Da kann es schnell kompliziert werden.
Die genetische Modifizierung eines Organismus mit einem einzigen Gen nennt man Transformation.
Bei einem Schimmelpilz wie dem Zombiepilz könnte es so ablaufen:
Erst wird das Wunschgen aus dem anderen Organismus vervielfältigt. Das gelingt über die Polymerasekettenreaktion.
Dann wird dieses in ein geeignetes Plasmid (ein Kreisförmiges kleines DNA Molekül) eingebracht. Dieses wird in Bakterien, in der Regel E.coli, vervielfältigt.
Danach wird das Gen normalerweise sequenziert, d.H. es wird geguckt, ob die Sequenz des Genes keine Fehler, also Punktmutationen enthält.
Dies dauert nur ein paar Tage und meistens findet man auch keine Feheler, aber wenn der Forscher schlampig ist und es eilig hat, verzichtet er darauf und arbeitet mit einer mutierten, fehlerhaften Sequenz weiter... hier kann das Böse ins Spiel kommen...
Als nächstes wird dann mit dem Plasmid der Pilz transformiert. Bei einem Schimmelpilz gibt es dafür mehrere Möglichkeiten:
1.Man beschichtet winzige oldküglechen mit dem Plasmid und schießt das Gold auf die Pilze (ja das funktioniert wirklich)
oder 2. Man verdaut die Zellwand von Schimmelsporen, wodurch diese zu spheroblasten werden und vermischt diese dann mit dem Plasmid
http://www.fgsc.net/neurosporaprotocols/How%20to%20Prepare%20Spheroplasts.pdf
Der Effekt ist der gleiche: Die fremde DNA gelangt in den Zellkern und wird dort in das Genom eingebaut. Das ist natürlich sehr unwahrscheinlich und geschieht in den Milliarden von Zellen nur in einer Handvoll. Da man zusammen mit seinem Gen meistens eine Gift-Resistenz einbringt überleben dann in der Folge nur die Zellen, die transformiert wurden. Diese bilden dann Kolonien auf einer Agarplatte, die dann individuell weiterkultiviert werden können.
Wie gesagt ist der Einbau der neuen DNA zufällig. Es kann also sein, dass in dem Pilz ein eigenes Gen unterbrochen und unbrauchbar gemacht wird. Das kann durchaus sehr starke Konsequenzen für den Pilz haben. Er ist dann nicht nur transgen, sondern auch eine böse Mutante...

So, ich hoffe dieser kleine Überblick hat dir was gebracht.

Liebe Grüße

Linsenmann

Elena

Zu Proteinen und der Blut-Hirn-Schranke: So weit ich weiß, würden Proteine meistens (oder immer, genau weiß ich das nicht) bei gesunden Menschen die Blut-Hirn-Schranke nicht durchqueren können, aber es gibt momentan wohl Hinweise darauf, dass die Blut-Hirn-Schranke z.B. bei Alzheimer nicht mehr richtig funktioniert, und auch für andere Krankheiten ist das bekannt. Wie umfassend diese "Fehlfunktion" ist, weiß ich allerdings nicht.
Außerdem gibt es in der Medizin auch einige Möglichkeiten, die Blut-Hirn-Schranke zu umgehen/kurzzeitig zu zerstören, die es zumindest erleichtern sollen, dass Medikamente etc. ihren Wirkort erreichen.
Allerdings würde in den Fällen dann eben nur das Produkt der gentechnisch eingebrachten Sequenz  - wie beim Insulin - ins Gehirn gelangen...

metajinx

Wow, vielen Dank! Mit den Informationen kann ich ja schon jede Menge anfangen, vor allem mit den vielen Fehleranfälligkeiten :)

Aphelion

Zitat von: Elena am 14. April 2012, 13:57:33
Zu Proteinen und der Blut-Hirn-Schranke: So weit ich weiß, würden Proteine meistens (oder immer, genau weiß ich das nicht) bei gesunden Menschen die Blut-Hirn-Schranke nicht durchqueren können, aber es gibt momentan wohl Hinweise darauf, dass die Blut-Hirn-Schranke z.B. bei Alzheimer nicht mehr richtig funktioniert, und auch für andere Krankheiten ist das bekannt.
Im Zusammenhang mit Multipler Sklerose gab es eine Studie, die im Tierversuch nachweisen konnte, dass eine "aggressive" Form von  T-Zellen (=Immunzellen, die an sich jeder Mensch besitzt), sich sogar entgegen des Blutstroms bewegen kann (die Bezeichnung "Kriechzellen" fiel hier) und letztlich auch die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann.

Vom Prinzip her ist also erstaunlich viel möglich; solche Zellbewegungen könnte man beispielsweise als Vorbild für einen anderen "Transporter" nehmen. Es muss ja nicht 100%ig realistisch sein, wenn ich es richtig verstanden habe - und wenn eine höhere Macht dazwischen funkt... ;)

Ich möchte aber an anderer Stelle meine starken Bedenken äußern:

Zitat von: metajinx am 14. April 2012, 08:38:02
die Forscher sollen versuchen den "Zombiepilz" (Ophiocordyceps unilateralis) ein Stimulanzmittel für Hirngeschädigte bzw. Altzheimer/Komapatienten zu finden.
Was denn davon?

"Hirngeschädigt" kann so ziemlich alles heißen.

Alzheimer (ohne T) ist eine neurodegenerative Krankheit, bei der Nervenzellen des Gehirns absterben. Die Ursachen sind bislang ungeklärt; es gibt einige Theorien, die jedoch alle ihre Schwächen haben.

Komapatienten haben nicht zwangsläufig Hirnschäden (wenn auch häufig). "Koma" ist keine Krankheit, noch nicht einmal ein Krankheitsbild. Es ist ein Symptom.

Und was verstehst du unter "Stimulanzmittel"? Wie gesagt: Bei Alzheimer sterben Nervenzellen ab. Da ist ab einem gewissen Stadium nichts mehr mit "stimulieren", das Hirn ist schlicht stellenweise tot. Das Nervensterben beginnt in einem bestimmten Areal. Die Besserung der *Symptome* im *Anfangsstadium* von Alzheimer kommt dadurch zustande, dass ein Teil des Ausfalls eben jenen Hirnareals eine gewisse Zeit lang mit Medikamenten "aufgefangen" werden kann. Die Krankheit selbst beeindruckt das aber überhaupt nicht.

Diesbezüglich wäre es also sehr zu empfehlen, nochmal zu recherchieren - das kann man einfach nicht alles in einen Topf werfen. Das sind vollkommen unterschiedliche Dinge, die vollkommen unterschiedliche Behandlungsutopien erfordern. :)

metajinx

Danke für deine Einwürfe :) Um ordentlich recherchieren zu können habe ich den Thread hier eröffnet, da ich keine Ahnung hatte mit welchen Schlagworten ich die Suche überhaupt beginnen könnte. Nun da ich diese habe, kann ich das auch nachholen, anstatt Blödsinn zu schreiben.