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Mittelalterflair

Begonnen von Nebeldiener, 03. Juli 2010, 13:00:21

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Maja

Zitat von: Luciel am 04. Juli 2010, 12:40:58
Ganz wichtig für mich ist die Sprache - da wird es fast sofort klar, wo man sich zeitlich befindet, wenn sich die Leute mit "euch" ansprechen.
Willst du hingegen authentisches Mittelalter, ist die Anrede eher "Du". Das Ihr/Euch ist höfisch und wichtiger Bestandteil der Minnedichtung, aber die normalen Leute haben nicht so geredet. Das ist mehr Mittelaltermarktsprech als Mittelaltersprech ;D
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Churke

Dass derartige Veranstaltungen eher Markt als Mittelalter sind, ist eine Sache. Aber ich zitiere Meyers Konversationslexikon von 1905:

Nach Grimm nahmen in Deutschland einzelne Stände zuerst im 9. Jahrh. das vom Ausland kommende Ihrzen (gürzen, girzen) an. Bis zum 13. Jahrh. wurden geihrzt Höhere von Niedern, der Vater von den Kindern, Geistliche, Fremde, vornehmere Eheleute voneinander etc.; geduzt wurden Niedere von Höhern, Kinder von Eltern, gewöhnliche Leute gegenseitig etc.

Maja

Zitat von: Churke am 05. Juli 2010, 11:53:45
gewöhnliche Leute gegenseitig etc.
Da ist die Frage, ab wann ist man gewöhnlich? Sind das die Nicht-Adligen, das Bürgertum oder nur der Bodensatz der beliebten Ständezwiebel?

Ich will mich nicht aus dem Fenster lehnen. Bei mir, in den meisten Geschichten, Ihrzen die Leute einander auch. Aber ich will auch nicht so tun, als wär es echtes Mittelalter.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Geli

ZitatMeyers Konversationslexikon von 1905:
Die Auslassung ist von mir:
ZitatBis zum 13. Jahrh. wurden geihrzt

Vielleicht sollte man dem noch einmal in anderen Nachschlagewerken nachgehen. Ich weiß verbürgt von meiner Großmutter, geboren 1908, dass sie ihre Großmutter ihr erlaubte, sie zu duzen, statt wie damals Anfang des 20. Jahrhunderts für Ältere offenbar noch immer üblich, zu ihrzen.

Lavendel

Ich möchte noch mal was ganz allgemeins zum Thema Mittelalter loswerden:

Ich finde nämlich, man kann nicht oft genug betonen, dass das Mittelalter ziemlich viele Jahrunderte umfasst (ca. 6.-15. Jahrhundert). Die Zeit dazwischen war auf keinen Fall statisch. Zwischen den Merowingern oder Karolingern und der beginnenden Renaissance liegen Welten, und das sollte man sich bewusst machen. Der Begriff "Mittelalter" stammt aus der Neuzeit, aus der Zeit der Reformation, des Humanismus, des Buchdrucks und vieler anderer technischer Innovationen (z.B. Navigationstechnik) oder Änderungen in der Weltanschauung. Der Begriff ist also im Rückblick entstanden, aus einer Perspektive, in der man sich selbst als neu und innovativ sah.
Epochen sind künstliche Konstrunkte, die von Menschen erfunden werden, um sich besser in der Geschichte zurecht zu finden. Für ein authentisches Bild kommt man also um sehr genaue Recherche nicht herum.
Fantasyklischee ist eben kein authentisches Mittelalter, egal ob man von 568 oder 1517 ausgeht (nur zwei von vielen möglichen Eckdaten für Beginn und Ende des MAs).

Nebeldiener

Danke für die vielen hilfreichen Tipps von euch.
So genau soll es auch nicht sein, es ist nur an`s Mittelalter angelehnt. Ich werde es so machen, das mit der Frau, die am Anfang neu dazukommt, alles erklärt wird. Also, das der Prota der Frau alles erklärt und so auch der Leser immer mehr Detail bekommt.

Wünsche noch eine schöne Nacht.
Nebeldiener