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Mittelalterliche Nähstuben, Werkzeuge etc.

Begonnen von Cythnica, 13. Oktober 2009, 18:30:09

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Cythnica

Hallo Allerseits,

Ich bin im Moment ja so beim Basteln an meiner eigenen Welt, die jedoch in ihrer Entwicklung vieles der unsrigen ähnlich erlebt hat ~
Es spielt sich alles im vergleichsweise mittelalterlichen Zeitrahmen ab, und darum habe ich mal so etwas an offenen Fragen ums authentisch zu halten.

Es ist eine kalte Welt, also spielt warme Kleidung eine große Rolle. Ein Nähladen taucht Zwischendurch auf, aber ich habe selbst keine Ahnung, was es so an Werkzeugen und Möglichkeiten für das Nähen gibt.
Ich fürchte fast, Steckdosen für Nähmaschienen konnten sich im Mittelalter nur die Reichen leisten, ebenso wie fliegende Pferde und so -
Darum ist meine Zentrale Frage: Was gabs an Hilfsmitteln fürs Nähen und wo kann ich mich da vielleicht irgendwie einlesen oder so?

Hier so im Internet ~


Danke im Vorraus,
Cythnica

FeeamPC

#1
Relativ einfach.
Für das Nähen selbst gibt es Nadel und Faden, wobei die Nadel aus Metall besteht und ein Loch zum Einfädeln hat (nicht selbstverständlich!)
Der Faden besteht meist aus dem gleichen Material, aus dem der Stoff gewebt ist.
Der Faden kann gewachst sein, damit er besser gleitet.
Für dicke Stoffe und Leder gibt es Ahlen zum Vorstechen.
Für Verschlüsse gibt es Fibeln (Vorläufer der Sicherheitsnadel), Stecknadeln (manche Kleider hatten zum Beispiel austauschbare Ärmel, die nur durch Stecknadeln oder verknotete Bänder befestigt wurden), Köpfe, Knebel, Ösen, und Nestel (Bänder, die durch besagte Ösen oder durch angenähte Stoffschlaufen oder dergleichen) gefädelt wurden und meist an ihren Enden durch spitze Metalltüllen vor dem Zerfransen geschützt wurden).
Stickrahmen gibt es auch, denn die besseren Stoffe wurden durch aufgenähte Bänder und Stickereien verziert. Allerdings machten das meist nicht die Schneider, sondern die Frauen und Töchter des Hauses.
Ebenso gab es Pelz- und Perlenbesatz. Für Reiche gab es golddurchwirkte Stoffe oder Stickereien mit Goldfäden.
Pelze wurden meist mit der Pelzseite nach Innen getragen, weil man sie der Wärme wegen und nicht als Dekoration nutzte. Ein dekorativer Pelzrand konnte außen aber trotzdem zu sehen sein.
Es gab Scheren, natürlich, und Meßwerkzeuge (Zollstock, Meßband), allerdings nicht mit genormten Größen, sondern je nach Land und Stadt durchaus sehr unterschiedlichen Maßeinheiten.
Es gab normale Stecknadeln und Zier-Stecknadeln.
Damit sie besser sehen konnten, benutzten die Schneider bei schlechten Lichtverhältnissen Glaskugeln, die das spärliche Kerzen- oder Kienspanlicht bündelten auf die Stelle, an der sie gerade arbeiteten.
Die Werkstatt war meist klein, kaum mehr als ein Tisch und ein Stuhl, Stoffe kaufte man beim Tuchmacher oder webte sie sebst, und brachte sie zum Schneider mit.
Häufiger kam auch der Schneider oder die Näherin direkt ins Haus und erledigte die anfallenden Näharbeiten im Wohnzimmer oder in der Nähstube.

Edit:
Was ich noch vergessen hatte: Stoffe und Kleidung herzustellen war so aufwändig, daß Kleidung auch bei den Reichen stets recycled wurde. War der Stoff dazu nicht mehr gut genug, schenkte man die abgelegte Kleidung den Dienern (was durchaus auch als Teil des Lohnes galt), und die ganz schlechten Teile wurden den Armen geschenkt oder dem Lumpensammler verkauft. Der wiederum verkaufte sie, da 100% Natur, an den Papiermacher, da es Papier aus Holz noch nicht gab.

Ob im Mittelalter schon gehäckelt und gestrickt wurde, darüber streiten sich die Gelehrten, aber in einer Fantasy-Welt ist das natürlich problemlos möglich.

Thosuko

Gehe mal auf diese Seite und scrolle bis Schneider. Dort kannst du auch über andere Berufe Einsicht erhalten, falls du noch welche für deine Geschichte brauchst.

http://www.familia-mercatores.de/s.htm

Maran

#3
Das Tragen von Knöpfen ist so eine Sache für sich  - die wurden (und werden auch heute teilweise noch, beispielsweise bei den Amish des orthodoxen Schlages) als Zeichen von Eitelkeit seitens der Kirche verdammt.

[edit] Weiß darüber jemand näheres? Ich frage mich nämlich nach dem Grund.

FeeamPC

Kann daran liegen, daß die meisten Knöpfe ursprünglich aus Stoff gemacht oder mit Stoff bezogen waren und nicht zum Verschließen der Kleider gebraucht wurden, sondern als Zierat aufgenäht wurden.
Verzierungen = Eitelkeit = Sünde

Julia

#5
Zitat von: Cythnica am 13. Oktober 2009, 18:30:09
Ich fürchte fast, Steckdosen für Nähmaschienen konnten sich im Mittelalter nur die Reichen leisten,

Ich stehe grad ein wenig auf dem Schlauch - ist die Frage ernst gemeint?

Cythnica

#6
@FeeamPC sowie Thosuko und Maran: Herzlichen Dank - das hat mir schonmal gut geholfen

@Julia: Nein ich dachte jetzt nicht, dass Thomas Edison schon im Mittelalter erste Stromleitungen gelegt hat, falls du das befrüchtet hast.
War also schon eher son Witz.

Der offenbar an meiner Unfähigkeit, mich klar auszudrücken, zerschellt ist

mit entschuldigenden Grüßen,
Cythnica

Artemis

#7
@ Cynthica:
Wenn du das Schneidern erwähnst, könntest du auch einen tieferen Blick riskieren und dich mit dem Spinnen und Weben befassen. So was finde ich persönlich nämlich fast noch faszinierender als das reine Nähen - der unglaubliche Aufwand für ein Häufchen Wolle ist wahnsinnig. Zumal es im Mittelalter weder Spinnrad noch den Webstuhl mit Schnellschütz gab ...  :gähn:
Wenn du in der Richtung Fragen hast, kann ich gern helfen  :)