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Längere Schreibpausen bewusst gestalten

Begonnen von Tanrien, 14. März 2016, 19:29:10

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Tanrien

Schreibpausen, vor allem, wenn sie über mehrere Monate oder gar Jahre gehen, sind eigentlich eher etwas unschönes - aber muss das so sein? Kann man auch aus Schreibpausen gestärkt hervorkommen? Kann man Schreibpausen nutzen, um sein eigenes Verhältnis zum Autoren-Dasein und der Autoren-Identität zu reflektieren? Sind Schreibpause das Sabbatical des Schriftstellers? Sind es "Schreib"pausen, wenn man danach nie wieder zum Schreiben zurückkommt? Muss man Angst vor Schreibpausen haben, weil sie irgendwie immer nur so negativ rüberkommen? Nein, finde ich bei letzterem, und deswegen dieser Thread.

Weil das Thema die letzten Tage immer mal wieder aufkam, sei es in TiNo-Gruppen oder im "Ich will Schriftsteller sein! Jetzt!"-Thread, und ich nicht wüsste, dass da bereits ein Thread zu existiert, eröffne ich den hier mal, um über Schreibpausen zu reden - und zwar über bewusst gewählte Schreibpausen. Natürlich gibt es auch unfreiwillige Schreibpausen und wir haben ganz viele Threads dazu, wie man sich zum Schreiben bewegen/motivieren kann oder wie man auch in den vollgestopftesten Terminplan noch 100 Wörtchen täglich reinkriegt. Aber genug von uns haben vielleicht auch bereits bewusste Schreibpausen gemacht oder sind am Nachdenken, ob sie aus verschiedensten Gründen eine machen wollen/sollten.

Mich würde es jetzt interessieren, da Erfahrungen auszutauschen, vor allem positive Erfahrungen, aber auch darüber, welche Ängste dahingehend möglicherweise existieren. Mir wäre ein generell positiver Grundton wichtig. Wir könnten etwa darüber reden, welche Prozesse man durchläuft, wenn man sich für eine Schreibpause entscheidet. Ob man auch aus einer ungewollten Schreibpause eine gewollte machen kann. Ob eine bewusste Schreibpause ein Ersatz fürs Aufhören sein kann, weil es eine Option zum Beenden der Pause ist und es nicht so final klingt. Was für Probleme es gibt, wenn man plötzlich "cold turkey" geht und ob es hilft, sich auch aus den Schreibcommunities in dem Zeitraum zurückzuziehen. Was und wie man sich stattdessen beschäftigen kann. Ob es besser ist, Schreibpausen bewusst zu planen als mit schlechtem Gewissen nach 11 Monaten ungewollter Pause sich wieder in den NaNo zu zwingen.

Offensichtlich gibt es hier mehr Erfahrungen dazu, wie es ist, nach einer Schreibpause wieder zum Schreiben zurückzukehren. Andernfalls würde die aktuelle und aktive Mitgliedschaft in einem Schreibforum ja wenig Sinn ergeben. Aber vielleicht gibt es ja auch ein paar Erfahrungen aus zweiter Hand dazu, von Leuten, die ihr kennt, die nicht zum Schreiben zurückgekommen und damit zufrieden sind.

Alles Themen, bei denen es sicher interessant wäre, da etwas zu zu hören. :)

Edit: Mit positiver Grundton meine ich nicht, dass man nicht sagen kann, es hätte für einen selber nicht funktioniert oder dass es die und die Probleme gab oder dass man sich sehr faul gefühlt hat oder ähnliches. Sondern dass es hier nicht um die moralischen Keulen gehen soll, die uns manchmal begegnen: Also nichts in die Richtung der "Aber man sollte schon versuchen, täglich zu schreiben"- und "Wer Pausen braucht/macht, dem ist das Schreiben nicht wichtig genug"-Haltungen.

Sternsaphir

Ich habe bei mir gemerkt, dass ich mich zum Schreiben nicht zwingen kann.
Also, ich kann schon schreiben, aber es ist doppelt so mühselig und ich holper nur durch Satzruinen und Sinnfehler.

Schreibpausen habe ich noch nie geplant. Sie kommen und gehen meist ohne Ankündigung.
Wenn ich merke, dass es heute mit dem Schreiben nicht funktioniert, versuche ich es morgen wieder. Will es dann auch nicht, überlege ich, was ich stattdessen tun kann. Spätestens nach einer Woche muss ich dann eine Ersatztätigkeit gefunden gefunden haben, sonst werde ich unzufrieden.
Meist finde ich einen sinnvollen Ersatz: ich widme mich wieder dem Zeichnen und versuche, mich dort weiterzuentwickeln. Oder ich fange an zu nähen oder setze mich ans Werkbrett und bastel Schmuck.
Ok, ich muss hinzufügen, dass ich eine lange Liste an Projekten habe, die in unterschiedlichen Stadien auf mich warten. Also wenn es mit dem Schreiben mal nicht läuft, bin ich nicht beschäftigungslos und zu irgendetwas werde ich schon meine Muse finden.
Wichtig ist nur, dass es Spaß macht und ich mich nicht zwinge.
Zwischendurch frage ich immer mal wieder meine Schreiblust ab, ob es wieder besser geht oder ob ich mich auf eine längere Auszeit einrichten kann.
Was mir wieder vorzeitig zum Schreiben verhilft, ist, wenn ich etwas zu meinen Romanen zeichne. So kann ich mich auch gleich mit dem Thema weiter beschäftigen und es auch vertiefen.
Aber es klappt auch nicht immer.

Tanrien

#2
Zitat von: Sternsaphir am 14. März 2016, 19:43:07
Meist finde ich einen sinnvollen Ersatz: ich widme mich wieder dem Zeichnen und versuche, mich dort weiterzuentwickeln. Oder ich fange an zu nähen oder setze mich ans Werkbrett und bastel Schmuck. [...]
Was mir wieder vorzeitig zum Schreiben verhilft, ist, wenn ich etwas zu meinen Romanen zeichne.
Ich frage mich, wie wichtig da auch wirklich kreative/sinnvolle Hobbys sind. Ich spiele meistens mehr Computerspiele, wenn ich Schreibpausen mache, um die Zeit zu füllen und weil es Spaß macht - ich habe aber, wenn ich drüber nachdenke, auch keine anderen kreativen Hobbys, um die "Lücke" zu füllen und bin in der Zeit eher schlicht "faul". Wobei, gifs erstellen, möglicherweise, das habe ich während meiner letzten größeren Schreibpause gemacht und es war schon recht erfüllend.

Würdest du die anderen Hobbys denn auf die "gleiche Stufe" stellen, wie das Schreiben? Also entwickelst du sie auch in Schreibzeiten weiter oder sind das speziell Hobbys für Schreibpausen?

Ary

Ich mache es wie Sternsaphir - wenn ich das Gefühl habe, ich kann gerade nicht schreiben, schaue ich erst mal, ob es am Projekt selber liegt. Oft sind es Kleinigkeiten, die mich unbewusst stören und ausbremsen: hat sich eine Figur anders als geplant entwickelt, und gefällt sie mir deswegen unbewusst nicht mehr? Existiert irgendwo ein Logikloch, das mich bremst? Stimmt sonst irgendwas nicht mit dem Projekt? Da können Betaleser helfen. Ich versuche dann erst mal, etwas anderes zu schreiben, und sei es nur ein Drabble oder ein Blogbeitrag.

Klappt das auch nicht, wende ich mich bewusst vom Schreiben ab und mache etwas anderes. Oft etwas anderes Kreatives, wie zeichnen. Oder ich mache Musik, spiele Klavier, singe.
Wen ich mich komplett unkreativ und ausgelaugt fühle, hilft mir entweder lesen oder Sport.


Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Sonnenblumenfee

Ich hatte bisher zwei bewusste längere Schreibpausen, wobei man sie auch als eine einzige Schreibpause mit Unterbrechung bezeichnen könnte.

Die erste Schreibpause habe ich gemacht, als ich für zwei Auslandssemester nach Spanien ging. Ich hatte auch unmittelbar davor eher wenig geschrieben, habe mich dann aber für das Auslandsjahr bewusst dafür entschieden, nicht zu schreiben, weil ich ganz die Erasmus-Erfahrung genießen wollte. Und ich hatte das Gefühl, das am besten tun zu können, wenn ich keinen Druck habe, schreiben zu müssen (was ich, unabhängig von Wortzahlenzielen, sonst irgendwie immer ein bisschen habe). Dementsprechend habe ich in dem Jahr nicht am NaNo teilgenommen und auch sonst nicht geschrieben. Die Ausnahme waren tagebuchartige Reiseberichte.
Als ich aus Spanien zurück war, habe ich erst mal eine Zeit nicht geschrieben, weil es sehr viel zu regeln gab, dann aber am NaNo teilgenommen. Drei Monate danach begann die eigentliche Vorbereitung für das Staatesexamen und damit die zweite Schreibpause. Dazu muss ich sagen, dass diese weitaus weniger bewusst war, als die erste. Ich habe in der Zeit auch öfter gesagt/geschrieben, dass ich eine Schreibblockade hätte. Rückblickend glaube ich eher, dass ich unterbewusst von Beginn der Examensvorbereitung an den Fokus eben auf das Staatsexamen legen wollte. Nach ein paar Monaten habe ich das dann auch "offiziell" und bewusst gesagt: ich schreibe nicht, bis ich mit dem (schriftlichen) Examen durch bin.
Weder in Spanien noch während der Examensvorbereitungsphase habe ich die Schreibpause als Schreibverbot angesehen, sondern mehr als persönliche "Erlaubnis", nicht zu schreiben.

Es gab zwei Vorteile der Schreibpausen für mich: zum Einen habe ich tatsächlich mehr Zeit für mein Auslandssemester gehabt und vor allem für das Examen. Ich bin relativ sicher, dass ich Examensvorbereitung und Schreiben nicht gleichzeitig erfolgreich hätte machen können. Ich konnte mich auf das fokussieren, was mir wichtiger war und das, ohne ständig das Schreiben im Hinterkopf zu haben. Zum Anderen habe ich aber auch gemerkt, dass mir das Schreiben gefehlt hat und damit, wie wichtig schreiben für mich ist. Manchmal hatte ich regelrechte Kreativitätsschübe, bei denen ich nicht wusste, wohin damit. Auch wenn ich mir vorstellen kann, wieder Schreibpausen zu machen, glaube ich, dass ich es auf Dauer nicht ohne Schreiben aushalten würde.
Nachteil war für mich aber das wieder reinkommen. Besonders nach der Zeit in Spanien hat das überhaupt nicht geklappt. Ich habe es, obwohl ich Lust aufs Schreiben hatte, nicht geschafft, tatsächlich etwas zu machen. Auch nach der Examensvorbereitung brauchte es ein ganz konkretes Ziel mit einer Deadline, um mich wieder regelmäßig zum Schreiben zu bewegen (in dem Fall ein Adventskalender).

Mein persönliches Fazit ist, dass Schreibpausen sinnvoll sein können, um sich auf andere Dinge zu konzentrieren und wieder mehr Spaß am Schreiben zu bekommen. Ich würde die Schreibpausen wieder einlegen, wenn ich noch einmal die Wahl hätte und werde es in Zukunft vermutlich auch tun (wenn ich zum Beispiel ans Referendariat denke). Wichtig war für mich, die Entscheidung bewusst zu treffen, das war besser als einfach nicht zu schreiben.
"Discipline is my freedom" - Gretchen Rubin

Tanrien

ZitatManchmal hatte ich regelrechte Kreativitätsschübe, bei denen ich nicht wusste, wohin damit.
Du hast dann auch nichts anderes als Schreiben gemacht, oder? Zeichnen, etc.? Weil es ja gerade darum ging, kein "verpflichtendes" Hobby nebenbei zu haben?

Ich muss auch sagen, dass ich die volle Konzentration auf etwa Prüfungen und dafür lernen, auch sehr karthagisch finde - wenn eben nicht das Schreiben, die "andere" Aufgabe, noch im Hintergrund steht. Und das Lernen/die Aufgabe muss natürlich auch irgendwie erfüllend sein.

Lilith

Ich hatte eine Schreibpause von 1,5 Jahren. Während der Schwangerschaft mit meiner 2. Tochter hat mir das Schreiben keinen Spaß mehr gemacht. Ich war dauernd müde, das Sitzen hat mir Schmerzen bereitet und es hat sich kein gerader Satz aus meine Gehirnwindungen hervor getraut. Als das Schreiben dann nur mehr eine Quälerei war und ich beim Gedanken daran schon grantig war hab ich es komplett gelassen. Habe alle Schreibutensilien weggepackt und mir gesagt, dass ich erst wieder beginne, wenn ich wieder Lust dazu habe.
Diese Lust ist vor ein paar Monaten wieder gekommen. Aber ich bin ganz ehrlich, mir fällt es extrem schwer wieder in Schreibfluss zu kommen. Noch dazu war ich mitten in einem Romanprojekt, dass ich derzeit komplett umplotte, weil ich mit dem bisherigen kaum noch etwas anfangen kann.
Die Pause war aber schon richtig so. Bis zu einem gewissen Grad kann man sich zwingen und überwinden, aber wenn's nicht mehr geht, geht's nicht mehr. Außerdem habe ich eine andere kreative Seite an mir entdeckt und kann jetzt ganz passabel eine Nähmaschine bedienen.