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Tintenteufel: Eine dunkle, fürchterliche Art von Zauberei

Begonnen von RockSheep, 23. November 2015, 13:06:36

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FeeamPC

Hallo Tintenteufel!
Du bist nicht zufällig mit einem gewissen Mephisto verwandt? Der ist nämlich auch in schrägem Zeugs bewandert und weiß Menschen zu bezaubern.
Was Kafka angeht, so hat der wahrscheinlich (genauso wie ein gewisser Herr Poe) einen guten Draht zur dunklen Seite des Lichts. Während Herr Lovecraft vermutlich sogar in der Hölle Regieunterricht nahm. Womit du dich in bester Gesellschaft befindest.
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Kare

Hi Tintenteufel,


Wow, das nenn ich mal originelle Vorstellung.  ;D  Außerdem klingst du nach einem Morgenmenschen (Inhalt + Zitat), sympathisch!

Wie weit bist du den mit deinem Fortsetzungsroman schon? Und wie weit willst du damit kommen?


Außerdem noch eine Frage: Findest du, deine Studienrichtung bringt dir viel fürs Schreiben?
"Die Vergangenheit interessiert mich nur soweit, wie sie mir hilft, die Zukunft zu planen."  ~ Dravos Kanael Salanos - "Drakan"


Avatar © Olga Kolbakova

Tintenteufel

Du wirst lachen, Fee, aber das war mein letzter Nickname. :)  Der hängt allerdings mit einer Vielzahl schlechter Angewohnheiten zusammen, die ich loswerden möchte, und daher hatte ich ihn jetzt gewechselt.

@Kare:
Danke für die freundliche Aufnahme. Ein Morgenmensch bin ich mehr aus Zwang, weil ich abends zu kaum etwas komme und zumindest mit dem Anspruch in den Tag gehe, irgendetwas zu schaffen.
Mein "Fortsetzungsroman" ist echt noch am Anfang. Jede Woche ein Update von so etwa 2000 bis 3000 Wörtern, mittlerweile bin ich bei Teil 7 und habe nur noch zwei oder drei auf der Kante für den ersten Teil. So eine Art Testlauf. Mal gucken, wie lang es geht. :omn:

Das mit dem Studium ist so eine Sache.
Literatur bw. Germanistik, Anglistik und Romanistik (was man halt so macht als Zeitvertreib  ::) ) helfen einem schon. Insbesondere für das größere Bild. Man liest definitiv anders, wenn man erst einmal drei Jahre lang Bücher unter dem Vorwand gelesen hat, sagen wir einmal die Implikationen für das Klassenbewußtsein aus Fontane rauszulesen oder dergleichen.
Mir hilft das, meine eigenen Ideen etwas besser zu kritisieren. Ich setze mich nicht mehr hin und schreibe hundert Seiten völlig origineller Ideen, nur um nach drei Monaten festzustellen, dass es das Buch schon gibt, dass es weltberühmt ist und Frankenstein heißt. Mittlerweile habe ich ein ganz gutes Gefühl für vergangene Literaturrichtung, welche Motive von wo stammen und wie umgesetzt worden sind, ein feineres Verständnis für Stilrichtungen usw. Und dafür ist Literatur oder Sprache schon ungemein nützlich.

Philosophie ist aus genau der anderen Richtung her hilfreich. Sehr praktisch, um den Inhalt oder eher phantastischere Ideen ranzuholen. Abgesehen davon, dass man vernünftig argumentieren lernen kann, hilft es dabei, ein Problem aus mehreren Blickwinkeln zu betrachten.
Weiterführend hilft es dann dabei, die eigene Idee auszuarbeiten und an Problemen abzuarbeiten, bis man eine Theorie hat oder jedenfalls eine These.
Klingt etwas Meta, aber Phil. ist praktisch, um sich selbst anzuwenden. :)

Also es hat so seine Vor- und Nachteile, aber ich möcht's nicht missen.

Kare

@Tintenteufel - das war mehr neugierig als freundlich.  ;D Aber ja, ich kann auch nett sein. Ab und zu.  ;)

Das heißt, du schreibst eher morgens? Interessant, bei vielen geht das ja gerade abends ziemlich gut. Theoretisch kann ich auch früh schreiben - aber da ich schon zeit für meinen Frühsport brauche und dann doch irgendwann auf Arbeit muss, läuft es doch meist auf abends raus.  :)

Sind die 2-3k Blöcke immer für sich abgeschlossene Sequenzen, also eigenständig? Oder mit Cliff Hangern? Worum gehts denn eigentlich genau? Sorry, ich kenne Lovecraft leider gar nicht - nur vom Hören jetzt mehrfach.

ZitatMir hilft das, meine eigenen Ideen etwas besser zu kritisieren. Ich setze mich nicht mehr hin und schreibe hundert Seiten völlig origineller Ideen, nur um nach drei Monaten festzustellen, dass es das Buch schon gibt, dass es weltberühmt ist und Frankenstein heißt. Mittlerweile habe ich ein ganz gutes Gefühl für vergangene Literaturrichtung, welche Motive von wo stammen und wie umgesetzt worden sind, ein feineres Verständnis für Stilrichtungen usw. Und dafür ist Literatur oder Sprache schon ungemein nützlich.
Hm... hilft das dann nur oder blockiert das eventuell auch? Richtig was komplett Neues zu schreiben ist ja ohnehin schwer.
Und ich gebe zu, wenn ich dann einen Schiller, Hesse oder Kafka lese - dann bin ich deprimiert, wenn ich mein Geschreibsel daran messe. Schon allein, weil ich mir dauernd einrede, dass ich mit "seichter Fantasy" ja nie an so etwas herankomme...


ZitatPhilosophie ist aus genau der anderen Richtung her hilfreich. Sehr praktisch, um den Inhalt oder eher phantastischere Ideen ranzuholen. Abgesehen davon, dass man vernünftig argumentieren lernen kann, hilft es dabei, ein Problem aus mehreren Blickwinkeln zu betrachten.
Weiterführend hilft es dann dabei, die eigene Idee auszuarbeiten und an Problemen abzuarbeiten, bis man eine Theorie hat oder jedenfalls eine These.
Klingt etwas Meta, aber Phil. ist praktisch, um sich selbst anzuwenden.

Das ist ja lustig. Ich hab was ingenieur/naturwissenschaftliches studiert, aber wenn man mich fragen würde, welche Vorteile ich daraus für das Schreiben ziehe, würde meine Antwort ähnlich klingen. Die Verknüpfung von Logikelementen, das Hinterfragen, wie etwas funktioniert, die verschiedenen Blickwinkel.
Wie lang hast du eigentlich noch, bis du fertig wirst?
"Die Vergangenheit interessiert mich nur soweit, wie sie mir hilft, die Zukunft zu planen."  ~ Dravos Kanael Salanos - "Drakan"


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Tintenteufel

Ne, ich finde nicht, dass das blockiert. Mich jedenfalls nicht. Ich schreibe nicht "für mich", also einfach nur um meine Kreativität halt auszuleben. Ich finde, ich nehme an einem Dialog teil. Eigentlich mehr ein Gebrabbel und die meisten Teilnehmer sind auch schon einige Jahrzehnte tot und außerdem ist die Kommunikation recht einseitig, aber trotzdem: Ich schreibe nicht für mich, sondern als Teil von und für einen kulturellen Rahmen. Und den muss ich kennen, um selbst in irgendeiner Weise relevant am Dialog teilnehmen zu können.
Da hilft eben Literaturwissenschaft.
Das aber halt als großer Rahmen. Niemand braucht, wie du schon sagtest, eine zweitklassige Version von Kafkas Prozess, eine direkte Kopie oder Ableitung in (zumindest nicht ganz so guter) anderer Schreibart. Das ist aber auch nicht so recht der Anspruch. Mehr, das eigene Gefühl für die größeren Zusammenhänge zu verstehen. :)

Das muss man natürlich alles nicht - aber mir jedenfalls hilft das. Ich fühle mich davon nicht blockiert, sondern im Gegenteil befreit. Ich brauch meine Zeit nicht mehr mit einer Grundlegung des modernen oder kosmischen Horror verschwenden, ich kann von meinem Publikum eine gewisse Vorkenntnis erwarten und mit diesen Vorkenntnissen spielen. Deutlich besser, als wenn ich Frankenstein 2.0 im Vakuum schreiben würde.
Ich vergleiche da also nicht den Stil, nicht bewusst jedenfalls. Ich gucke auf die Motive, wie die sich geändert haben im Lauf der Zeit. Was die Engländer beim Faust anders machen als wir.

Übrigens glaube ich durchaus, dass "seichte Fantasy" da etwas tun und sich mit vergleichen kann. Solche Elemente sind seit Urzeiten Teil von Erzählungen. :) Wahrscheinlicher ist doch, dass eben bei manchen der Unwille fehlt, sich eben ins Bild zu setzen. Also ich zumindest beobachte bei großen Teilen der populären "Nerdkultur" (wenn man so krass verallgemeinern darf) einen Unwillen, da geschichtliche Verbindungen zu ziehen und zu hinterfragen, was man da eigentlich tut. Stattdessen will man mehr vom selben - und das wird dann eben seicht oder unrelevant für angeblich hohe Kunst.
Ich zweifle zumindest wenig dran, dass gewisse Sparten der Fantasy oder Phantastik bald da ankommen.
Diejenigen Teile, die etwas weniger vom (salopp gesagten) "Mehr vom Gleichen" befallen sind, sind da schon lange angekommen. Marquez hat 1982 den Nobelpreis bekommen, Italo Calvino gilt in Italien als einer der Nachkriegsautoren schlechthin, nur knapp am Nobelpreis vorbei geschrammt. Beide schreiben Phantastik.

Mein eigener Kram greift da aber auch zu kurz, das muss man eingestehen. Aber dafür ist es ja da: Um die Seiten/Wortzahlen runterzureißen und zu lernen. Bis jetzt ist es auch noch alles furchtbar belanglos und ich habe festgestellt, dass die übernatürlichen/phantastischen Aspekte etwas kurz kommen und der Rest eine gletscherhaft langsame Bürger-Mord-Story ist. Ööööde-
Momentan habe ich das noch alles etwas wirr jedenfalls.
Ich will eine Art Metaplot mit mehreren nur lose verknüpften Erzählungen darstellen, die in kleinere Teilstücke (Updates) aufgeteilt sind.
Die Updates enden teilweise mit Cliff Hangern, teilweise sind die in sich abgeschlossen. Ich beende in der Erzählung (9 Teile) jetzt die Einleitung (Teil 1-3) und den Hauptteil (4-6) mit quasi Cliff Hangern. In der Einleitung ist es die Erkenntnis, dass der Perverse Lüstling nicht der Killer ist, im Hauptteil ist es die überraschte Feststellung, dass der Lüstling vom Rächer der Gemordeten überwältigt wird, nachdem er ihm das ganze Kapitel auflauert.
Im Schluß wird es wahrscheinlich noch einen pseudo-cliffhanger geben in Teil 8. Also ich betone damit die Höhepunkte, so insgesamt. Eigentlich sind die Teilstücke aber darauf ausgelegt, in sich einen befriedigenden Spannungsbogen zu ergeben. Mal gucken, wie gut ich das bei Erzählung 2 und 3 hinbekomme. :)

Was ich mit dem Metaplot aber vorhabe, das ist eigentlich ganz spannend - so aus dem großen Zusammenhang von oben.  :)
Lovecraft macht ja kosmischen Horror, die Bedeutungslosigkeit des Menschen angesichts einer weiten, leeren und gefühllosen Welt. Das ist aber seit etwa den fünfzigern von den Existentialisten (Philosophie...) überholt worden. Der moderne Mensch verzweifelt, meiner Meinung nach, weil er sich gegenüber etwas vollständig bekanntem wiederfindet: Sich selbst. Seine Einsamkeit ist die Einsamkeit in der Vermassung, der Großstadt, der endlosen Menschenmaschinerie, der er erkannt hat, aber nicht überwinden kann.
Ich versuch das einfach mit Vampiren aufzupeppen, die nicht durch übernatürliche Stärke ihre Sklaven unterjochen, sondern durch deren eigene Begierden nach Liebe, Zuneigung, Erfolg, Gefühl.
Die Stimmung soll letztlich die gleiche sein: Bedeutungslosigkeit des Menschen angesichts der Welt. Aber der INhalt ein leicht anderer.
Womit wir dann wieder bei Literaturwissenschaft und Philosophie wären.  ;D

ZitatDas ist ja lustig. Ich hab was ingenieur/naturwissenschaftliches studiert, aber wenn man mich fragen würde, welche Vorteile ich daraus für das Schreiben ziehe, würde meine Antwort ähnlich klingen. Die Verknüpfung von Logikelementen, das Hinterfragen, wie etwas funktioniert, die verschiedenen Blickwinkel.
Wie lang hast du eigentlich noch, bis du fertig wirst?

Das ist ja wirklich lustig.  ;D
Ich hätte laut Plan jetzt noch zwei Jahre, also eigentlich eineinhalb ab Februar. Dann bin ich 25 und hab den Master in Philosophie in der Tasche.
Die Praxis wird aber wohl etwas anders aussehen. Ich möchte noch ein Auslandsjahr machen - Italien oder Frankreich - und eigentlich auch mit Arbeit anfangen nebenher. Und eigentlich auch noch meinen Sprachkenntnissen den letzten Schliff geben und Übersetzungsprüfungen machen.
Also am Ende wird es wohl auf 27 oder gar 28 hinauslaufen, aber dann hab ich auch etwas mehr Erfahrung und falle nicht direkt aus dem Studium in die Arbeitslosigkeit, sondern hoffentlich wenigstens in eine Teilbeschäftigung. Und wenn ich mich mit einigen meiner Kommilitonen vergleiche, die mit 27 noch im Bachelor hängen, dann hab ich da noch gute Chancen. :)
Ich bin da schrecklich konservativ.