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Nuscheln? Undeutlich Sprechen? - Wie schreibe ich das?

Begonnen von Eluin, 28. Oktober 2014, 14:03:45

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Coehoorn

#15
Bei mir gibt es mehrere kurze Szenen wo undeutlich gesprochen wird. Meistens umschreibe ich es, es sei denn es ist wirklich so stark ausgeprägt, dass der Charakter nicht mehr richtig sprechen kann.
Bei der Szene zum Beispiel, hat mir eine Umschreibung und eine platte Wortwahl gereicht:

ZitatDer Matrose drehte den Kopf und schaute Mordred gelangweilt aber eindeutig schielend an.
,,Gibt kein Käptn.", nuschelte er.
,,Wieso gibt es keinen Kapitän? Jedes Schiff hat einen Kapitän."
,,Ist an der Pest verreckt, der alte Säufer. Ham nur noch nen Maat."
,,Kann ich den Maat sprechen?"
,,Aufm Schiff." Der Matrose spuckte ins Wasser.

Hier hingegen ist der Charakter geknebelt worden und ist mächtig am fluchen. Das hat mir schon größere Schwierigkeiten bereitet. Irgendwann hab ich mir die Faust in den Mund gesteckt und mir die beabsichtigten Sätze selbst laut vorgesagt, bevor ich sie geschrieben habe:
Zitat,,Kämpf mit mir wenn du dich traust! Ich mach dich fertig!" [...]
,,Mach mich ja nicht wütend!"
,,Fahr in die Unterwelt, du Baumknutscher, elender...", wieder ein dumpfes Geräusch und wieder keuchte Ortwin auf.
,,Hör endlich auf ihn zu treten. Hier, steck ihm den Knebel rein, dann ist er still."
,,Hrmpf!", stieß Ortwin erbost aus. ,,Iff pferde eu ae..." (Ich werde euch alle...)
[...]
,,Hey, ihr Feiglinge! [...] Seit wann lassen sich Elfen so weit herab einen Wehrlosen zu schlagen?"
,,Maff mi lof, da eig i eu er erlof if." (Mach mich los, dann zeig ich euch wer werlos ist.)

Da hab ich mich dann aber auf diese beiden Sätze beschränkt, weil man wirklich überhaupt nicht mehr versteht was eigentlich gesagt werden soll. Die Klammern mit dem Text sind natürlich nicht mit drin. Einfach mal dazugesetzt, damit klar ist, was eigentlich gesagt werden sollte. Hier ist es aber auch nicht schlimm, wenn der Leser es nicht versteht, weil es keine Relevanz für den Plot hat.
Es gibt noch ein oder zwei weitere Szenen mit undeutlicher Sprechweise aber die sind ebenfalls sehr kurz gehalten. Ich finde es grauenhaft, mich beim Lesen durch unleserlichen Kram arbeiten zu müssen.

Nebeldiener

Der besoffene Pirat von Maja war durch sein Nuscheln gleich sympatisch, also hätte ich kein Problem damit, mehr davon zu lesen. :)

Ich finde, dass es auch positiv sein kann, wenn der Leser nicht versteht, was gemeint ist. Also wenn jemand so sehr nuschelt, dass es der Prota nicht versteht und zusetzlich der Leser auch nur raten kann, was gemeint ist, ist der Leser sozusagen in der gleichen Lage wie der Prota. Finde ich persönlich besser, als wenn der Prota nichts verstanden hat, der Leser aber genau weiss, was gesagt wurde.

Ich würde es aber ungefähr so lösen:
Rod versuchte angestrengt zu entziffern, was sein Gegenüber zu erzählen versuchte, denn dieser nuschelte so stark, dass er ausser Baum und Wiese nichts verstehen konnte.

Nebeldiener

canis lupus niger

#17
Die Zumutbarkeit lautmalerischen Schreibens würde ich, ähnlich wie Coehorn und Maja, vom Umfang des betreffenden Textes, bzw. von der Person des Sprechenden abhängig machen wollen. Mehr als einige wenige Sätze zu übersetzen ist so anstrengend, dass es das Lesevergnügen auf Dauer stark beeinträchtigen würde.

Ich liebe sehr Terry Pratchetts "Wsn?" als Kommentar eines übermüdeten oder verkaterten Charakters, der abrupt aufgeweckt wird (in den Übersetzungen von andreas Brandhorst hervorragend ins Deutesche transportiert). Damit ist (auch im Sinne von "show, don´t tell") sehr viel ausgedrückt. Aber, wie ich an anderer Stelle auch schon dargelegt habe, bin ich der Meinung, dass "show, don´t tell"  nicht immer angebracht ist, weil es sehr viel Platz verschlingt, den man für Wichtigeres brauchen kann. Gut, "Wsn?" ist jetzt nicht soo umfangreich. Aber ein Dialog in lautmalerisch beschriebener Sprache kann sinnlos vergeudetes  Papier bedeuten, wenn dieser (vielleicht sogar lange?) Dialog dem Leser nur den Inhalt der gesprochenen Worte vermitteln soll. 

Wie Maja dargelegt hat, kann die lautmalerische Schreibweise aber noch viel mehr vermitteln. In ihrem Beispiel kam darin ja unter anderem die Beziehung der beiden Charaktere zum Ausdruck. Sie lernten einander besser kennen und somit auch akustisch besser zu verstehen.
Ich selber verwende dieses Mittel gerne, um beiläufig die soziale Position (z.B. Unterpriviligierter, Außenseiter, Ausländer, ...) eines Nebencharakters darzustellen. Bei Hauptcharakteren würde ich aber darauf entweder ganz verzichten und z.B. einen Akzent oder Dialekt ("tell, don´t show"  ;)) nur erwähnen. Oder nur in Ausnahmefällen verwenden, in denen z.B. der Charakter betrunken ist oder durch eine Kopfverletzung eine Gehirnerschütterung erlitten hat. So wie Meister Pratchett sein "Wsn?"   ;D  Also, um das Ungewöhnliche an einer Situation mit einem womöglich schon gut vertrauten Charakter zu betonen.

Zitat,,Du bist ja besoffen", sagte der Soldat, halb abgestoßen, halb neidisch.
,,Nochnich richtich, aber hoffnlich bald", stimmte ihm Wanja zu.

oder

Zitat"Ich glaube, du bist sehr krank, Soldat. Du solltest besser einen Heiler aufsuchen, bevor du etwas anderes tust."
    "Neinein. Ich ... ich musszu ... Graf ... Helme. Ja, Helme. Weil ... " Miched stockte. Das sollte er besser nicht verraten. Sie würden ihn sonst wieder aufhalten und fortschicken. Seine Beine gaben nach und er sackte zusammen. Oh nein! Nicht jetzt! Er musste erst seine Botschaft loswerden.

Eluin

Ich kann euch nur zustimmen. So ein Dialekt oder etwas wie "nuscheln" sollte nicht überhand nehmen. Irgendwann beeinträchtigt es sonst zu stark den Lesefluss.

Für meine Kurzgeschichte habe ich nur ein Wort als genuschelt geschrieben:

ZitatDoch er starrte auf die Straße und brachte nur ein abwesend genuscheltes ,,Moagn" über die Lippen.

In einem Vorlesebuch habe ich einen Charakter eingebaut, der nicht viel spricht, aber wenn er spricht, dann lispelt er. Als Spinne passt es zum Charakter und bei Vorlesebüchern habe ich dieses Lautmalerische häufig gesehen und auch in entsprechenden Ratgebern wurde es positiv bewertet. Aber auch hier stimme ich euch zu: es darf nicht überhand nehmen.

Eine Beispielumsetzung von mir:
Zitat,,Hunger ifst genau dafs richtige Wort!", lispelt eine Stimme über ihnen.
[...]
,,Habt ihr etwafs fzu efssen dabei? Ich verhungere!", fleht die Spinne und seilt sich zu ihnen ab.
[...] Fidu bleibt stehen. ,,Du suchst etwas zu essen? Ich bin auch auf der Suche. Vielleicht können wir einander helfen."
,,Helfen? Wonach fsuchst du?" Die Spinne hält dicht neben Fidus Kopf inne und schaukelt an ihrem Faden hin und her.
,,Ich bin auf der Suche nach meinem Häuschen", erklärt Fidu. ,,Wir wollen zum Schattenberg und Ignis um Hilfe bitten."
,,Ich kenne eine Abkürzung zum fZattenberg." Die Spinne kichert. ,,Ich fzeige euch den Weg. Vielleicht finden wir unterwegfs etwafs Efssbarefs."
Träume verändern die Zukunft. Doch erst wenn wir die Augen öffnen, können wir sie verwirklichen!
Mein Spruch, mein Motto.

Miezekatzemaus

Weil @Sascha gestern in einem Thread in etwa das hier gefragt hatte, entstaube ich mal, ich mag nämlich auch meinen Senf dazugeben.  :) Ich finde, das mit den Dialekten und den Nuscheleien ist immer so eine Sache. Einerseits macht es die Geschichte authentischer, andererseits nützt es dem Leser nichts, wenn er nicht versteht, was eigentlich gerade gefragt wurde.
Ich mag gerade Dialekte in Büchern eher weniger - wenn sie schon der Authenzität wegen eingesetzt werden, dann zumindest nur in kurzen Passagen und möglichst so, dass man das auch noch halbwegs versteht und sich den Sinn zusammenreimen kann.

Außerdem finde ich es zum Beispiel ganz gut, wenn man das in etwa so schreibt:
Zitat"Blalala (Dialekt)", nuschelte er. Sie drehte sich irritiert um. "Wie bitte?"
"Wir sind gleich da", sagte er deutlicher.
Das war natürlich etwas holprig formuliert, aber wenn man verdeutlichen möchte, dass jemand nuschelt oder einen Dialekt spricht, ist das vielleicht eine Lösung.

Maja

Darin sehe ich das Problem, dass Dialekte mit Nuscheln oder undeutlichem Sprechen dargestellt werden, was sie ja nicht sind. Dialekte sind weniger undeutlich als mehr unverständlich. Dann ist es auch mit deutlicher sprechen nicht getan, da hilft nur ein Wechsel ins Hochdeutsche.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Miezekatzemaus

Gut, da hast du recht, aber auch das wäre ja möglich, wenn man den Dialog nimmt und dann statt "sagte er deutlicher" "sagte er, dieses Mal so, dass sie es verstand, weil er ins Hochdeutsche wechselte". Da gibt es ja mehrere Möglichkeiten. :)

Churke

Zitat von: Miezekatzemaus am 28. April 2015, 17:24:54
Ich mag gerade Dialekte in Büchern eher weniger - wenn sie schon der Authenzität wegen eingesetzt werden, dann zumindest nur in kurzen Passagen und möglichst so, dass man das auch noch halbwegs versteht und sich den Sinn zusammenreimen kann.

Dialekt schreiben ist jenseits homöopathischer Dosen immer Mist, weil das Schriftbild völlig ungewohnt ist. Außerdem gibt es innerhalb eines Dialekts regionale Unterschiede in der Aussprache. Ich habe selbst mit Pfälzisch meine Schwierigkeiten, das sofort zu verstehen, ohne es zu laut zu lesen. Einem normalen Leser ist das nicht zumutbar.

Zitat von: Miezekatzemaus am 28. April 2015, 17:37:13
Gut, da hast du recht, aber auch das wäre ja möglich, wenn man den Dialog nimmt und dann statt "sagte er deutlicher" "sagte er, dieses Mal so, dass sie es verstand, weil er ins Hochdeutsche wechselte". Da gibt es ja mehrere Möglichkeiten. :)

Warum so umständlich?

"Gumorgn."
"Was?"
"GUTEN MORGEN."