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Workshop Online-Roman - Erste Lektion

Begonnen von Maja, 06. August 2006, 16:40:05

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Maja

WORKSHOP: ONLINE ROMAN


Du hast ein Buch geschrieben, auf das du sehr stolz bist, oder bist gerade dabei - in jedem Fall hast du das Bedürfnis, deine Geschichte mit der ganzen Welt zu teilen. Das Internet kommt dafür gerade recht - wo erreicht man ein größeres Publikum?
Aber wie wird aus einem Roman ein Online-Roman?
Dieser kleine Lehrgang soll dir dabei helfen. Er richtet sich vor allem an Autoren mit wenig Erfahrung in Sachen Webdesign, aber erste Erfahrungen mit HTML und CSS sind sinnvoll. Die zum Kursumfang gehörende Designvorlage dient nur als Grundgerüst für deine eigenen Ideen. Es ist kein Fertigdesign!


Vorüberlegungen
1. Sei dir darüber im Klaren, daß es schwer ist, die Leser zu erreichen, auch über das Internet. Online-Romane sind etwas ganz Tolles für den Autor, der mit Stolz sehen kann, wie sich sein Buch in den Weiten des Internets behauptet und wie schön die Seite geworden ist. Aber niemand liest gern einen längeren Text online. Daher werden sich die Leser in den besseren Fällen den Text ausdrucken, um ihn in Ruhe zu lesen, und in den schlechteren Fällen die Seite gleich wieder verlassen. Grundsätzlich sind die Leser schreibfaul und werden dich nicht mit Fanmail oder Kritik überhäufen, egal wie sehr du darum bettelst.

2. Sei dir darüber im Klaren, daß der Text im Internet von jedem gelesen kann - auch von deinem Chef, deinen Eltern, deinen Schulkameraden. Wenn dir die Vorstellung Angst macht, verzichte lieber auf das Projekt. Wenn dir ein Text schon selbst peinlich ist, gehört er nicht ins Internet. Es ist sehr sinnvoll, die Geschichte Korrektur zu lesen, ehe du sie hochlädst - sonst sind die einzigen Mails, die du bekommst, solche, die dich auf Rechtschreibfehler hinweisen. Die Rechtschreibkorrektur von OpenOffice oder MS Word ist schon sehr hilfreich, sieht aber nicht alles - ein menschliches Auge sollte schon noch mal drüberschauen

3. Sei dir im Klaren, daß der Text im Internet angreifbar und leicht zu stehlen ist. Bei Romanen kommt es zwar seltener vor, aber es kann passieren, daß jemand deinen Text mittels STRG+C kopiert und auf seiner eigenen Seite oder in einem Forum veröffentlicht und als eigenen Text ausgibt. Sei auf solchen Ärger vorbereitet - die Leute fliegen zwar für gewöhnlich schnell auf, vor allem, wenn es ein längerer Text ist, aber eine Entschuldigung kannst du nicht erwarten. Es ist sinnvoll, ihn unter deinem richtigen Namen zu veröffentlichen (mehr dazu später beim Thema »Impressum«), um klarzumachen, daß er wirklich von dir ist. Wenn du ihn nicht unter deinem richtigen Namen veröffentlichen magst - kehre zurück zu Punkt 2.


Technische Voraussetzungen

1. Das Manuskript muß - selbstverständlich - in digitaler Form vorliegen - aus einem handschriftlichen Text oder einer Schreibmaschinenseite wird so schnell kein Online-Roman (und auch kein gedruckter, was das angeht). Zur Textbearbeitung empfehle ich das OpenOffice-Paket. Dieses tolle Programm wird - wie auch alle anderen hier empfohlenen - kostenlos vertrieben. Es läßt sich herunterladen unter http://www.openoffice.org.

2. Um den Quelltext der Webseite zu bearbeiten, reicht theoretisch ein einfacher Editor. Komfortabler wird es, wenn man einen speziellen Editor für Webseiten benutzt. Ich empfehle für Windowsbenutzer (bei Linux sind zahlreiche tolle Editoren im Paket enthalten) das Programm Weaverslave von Thomas Weinert, das leicht zu benutzen ist und die verschiedenen Arten von Code (HTML, CSS und diverseste andere) farbig hervorhebt. Es ist erhältlich über die Seite http://www.weaverslave.ws.

3. Um aus einem Textdokument schnell und einfach ein HTML-Dokument zu machen, gibt es praktische Programme. Die Officeprogramme nehmen einem hier viel Arbeit ab, doch sie (vor allem MS Word) produzieren oft einen aufgeblähten Code, der die Dateien unnötig groß macht. Sie müssen erst in sauberes HTML übertragen werden - und auch dafür sind kleine Programme zur Hand. Ich empfehle den HTML-Text-Filter von Silvio Kranzusch, manchmal fälschlich bezeichnet als Word-to-HTML-Konverter. Es ist hier herunterzuladen: http://www.kranzusch.net/misc/HTMLtextFilter.exe.

4. Um deine fertige Webseite auszuprobieren und sie so zu sehen, wie sie sich dem Internetsurfer darstellt, probierst du sie am besten im Browser aus. Und zwar nicht nur in einem, sondern in mehreren: Alle gängigen Browser interpretieren den Code etwas unterschiedlich und stellen ihn unterschiedlich dar. Auch der eingefleischteste Firefox-User sollte hier den Internet Explorer nutzen, mit dem immer noch ein Großteil der Surfer unterwegs sind. Umgekehrt ist der Firefox - http://www.mozilla.com - für jeden IE-erfahrenen Internetdesigner ein Muß. Und wer es exotischer haben will, für den gibt es Netscape - http://www.netscape.com, Opera - http://www.opera.com sowie diverse Browser, die es für Linux-User gibt.

5. Das Wichtigste zum Schluß: Der Webspace. Es gibt einige Firmen, die ihn kostenlos anbieten, doch der Preis dafür ist hoch: Yahoo, Fortunecity, Tripod und Co. blenden große Werbebanner ein, die das Seitendesign und vor allem den Leser empfindlich stören. Darüber hinaus arbeiten sie mit recht langsamen Servern, die selbst mit einer DSL-Verbindung langsam reinladen. Kostenpflichtigen Webspace mit eigener Domain gibt es dagegen schon für wenig Geld. Und das sollte dir dein Online-Roman schon wert sein.
Bei meinem Lieblingsanbieter Hosteurope, der seit einigen Jahren meine Seiten lagert, ohne daß ich jemals Grund zur Klage hatte, gibt es das einfachste Webpaket, die Mini-Site M, für eine einmalige Setupgebühr von 9,99 € (Stand: 9. Juli 2005), danach entstehen keine weiteren Kosten. Diese Paket enthält keine Domain - eine DE-Domain kann aber für einen Betrag von 6,00 € im Jahr plus 1,00 € Einrichtungsgebühr dazugemietet werden - ein durchaus lohnen-des Angebot für jemanden, der nur ein bißchen Platz (5 MB reichen für einen Online-Roman lange aus) für seine Seite braucht.
Wenn du dich dagegen für ein größeres Produkt dieses Anbieters entscheidest, könntest du so nett sein und im Online-Bestellformular unter Werber meine Kundennummer 45685 angeben. Dann bekomme ich ein bißchen Provision. Weitere Informationen gibt es auf http://www.hosteurope.de.
Eine andere Möglichkeit, an Webspace mit DE-Domain zu kommen, ist zum Beispiel ein DSL-Anschluß bei dem Branchenriesen 1&1 - dort gibt es zum DSL-Anschluß ein Homepagepaket geschenkt. Ich will keine Werbung dafür machen, aber viele Leute haben ein 1&1-Paket und wissen nichts von ihrem Glück. Daher, der Fairneß halber, dieser Hinweis.


Technisches Know-how
1. Wenn du schon einmal eine Webseite gebastelt hast, kann es sein, daß du mit einem WYSIWYG-Programm gearbeitet hast und noch nie das Innenleben einer Webseite gesehen hast. Ich setze voraus, daß dir der Name HTML ein Begriff ist. Da wir direkt am Quellcode arbeiten - was aber nicht sehr schwer ist - solltest du schon ein wenig HTML können. Die beste Seite, um sich darüber zu informieren, ist die allseits beliebte Referenz SelfHTML - seit neustem un-ter ihrer eigenen Domain zu erreichen: http://www.selfhtml.org.

2. HTML ist eine Scriptsprache, die nicht gut für Design geeignet ist. Dafür gibt es die Cascading Style Sheets - kurz CSS. Mit ihnen lassen sich alle Arten von Formatierungen in ein Internetdokument bringen. Und das tolle ist: Sie lassen sich in einer zentralen Datei speichern, so daß, wenn du etwas am Design ändern willst, nicht alle Dateien einzeln bearbeitet werden müssen. Wenn du noch nie von CSS gehört hast oder dein Wissen darüber vertiefen willst, findest du alles, was man über CSS wissen muß, auf dieser sehr gut aufgemachten Seite: http://www.css4you.de

3. Wenn du findest, daß ich zuviel voraussetze: Ich habe mir Webdesign selbst beigebracht. Das Konzept für Online-Romane, das ich hier weitergebe, wurde über einen Zeitraum von mehr als vier Jahren entwickelt und verfeinert. Auch wenn du ein paar Wochen damit verbringen mußt, die Geheimnisse des Internetprogrammierens zu erfahren, ist es immer noch ein Schnellverfahren. Deinen Roman schreibst du schließlich auch nicht in einem Tag.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Silvia


Coppelia

Vielleicht solltest du noch darauf hinweisen, dass ganze Romane, die im Internet stehen, häufig keinen Verleger mehr finden, weil sie bereits veröffentlicht waren. Deswegen biete ich auf meiner Seite nur Leseproben an. Das hat mir nur keine Probleme gebracht, im Gegenteil, es hat mir meinen ersten Auftrag beschert.
Ich wäre da also vorsichtig ... auch ein Manuskript, das schon abgelehnt wurde, kann noch veröffentlicht werden. Ich persönlich würde jetzt nur Romane online anbieten, die auf keinen Fall verlegt werden sollen bzw. können. Solche gibt es ja auch. Ansonsten kann es wirklich sein, dass man sich da selbst eine Chance verbaut.

Fanfiction z. B., die nicht verlegt werden können, aber trotzdem ihre Daseinsberechtigung haben, sind als Online-Roman meiner Meinung nach besonders gut geeignet.

Silvia

Hm, das muß aber nicht so sein.
Eine Freundin von mir, deren Texte ich Korrektur gelesen hab, hat ihre Erzählungen auf ihrer Webseite. Genau über diesen Weg fand sie ihren kleinen Verlag, den es nicht störte. Sie mußte die Geschichten nur bei Vertragsabschluß aus dem Netz nehmen, was sie auch getan hat.

Es besteht doch immer noch ein Unterschied zwischen "als Buch mit Vertrag bei einem Verlag veröffentlicht, wo der Verlag dann Verwertungsrechte hat und sowas nicht gern sieht" oder "im Internet auf meiner privaten Homapage veröffentlicht - ohne irgendwo vertraglich gebunden zu sein".

gbwolf

#4
Für diejenigen, die ihren Roman online präsentieren, soll es bald die Möglichkeit geben, Tantiemen von der VG-Wort zu kassieren. Dann entfällt zwar die wunderschöne und aufwendige Gestaltung, die z. B. Maja für ihre Romane betrieben hat zugunsten eines PDF, aber ab 3.000 Downloads gibt es Geld.

Bis zum 31.12.2006 kann man sich noch für die Testphase anmelden und ein sogenanntes "Vorpixel" bestellen, mit dem gezählt wird. Fragt mich bitte nicht genau, wie das technisch funktionieren wird und wer kontrolliert (und woher überhaupt das Geld dafür kommt), aber die Idee ist ganz interessant und vielleicht nutzt es dem einen oder anderen, der seine Texte online anbietet, etwas. Ich werde erst Mitte Januar Zeit finden, um mich durch die Texte auf der VG-Wort-Seite zu ackern.

www.vgwort.de/metis.php

Mr. Morden

Hmm, sobald man damit aber anfängt Geld zu verdienen, holt man sich auch einen Wust an Regelungen (Steuern, Abgaben, blablubb ...) und Aufwand herein.

gbwolf

Viel wird es in der Regel nicht sein. Wenn man sowieso eine Steuererklärung machen muss, kann man das unter Nebeneinnahmen angeben oder es fällt sowieso unter die Freigrenze (nagel mich nicht fest, wie hoch die ist, aber wenn Du die als Anbieter eines downloadbaren Romans schaffst, wäre es sowieso grandios).
Ich denke, der Hauptaufwand ist dieses System des Zählens und Beantragens.