• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Warum hat mein Protagonist Angst vor Verantwortung?

Begonnen von Ary, 27. März 2023, 08:33:40

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Ary

Moin!

Ich stehe gerade ein bisschen auf dem Schlauch mit Wolfswandler Justin aus meinem Alaska-Roman. Er hat tierische Angst davor, Verantwortung zu übernehmen. Darum überlässt er auch gern das Geschäft seines Vaters seinem Zwillingsbruder, und die Tatsache, dass er gefühlt vor fünf Minuten vollkommen überraschend seinen Gefährten gefunden hat, macht ihm blinde Panik, die er gerade geschickt zu überspielen versucht.

Ja, toll, Frau Autorin, aber woher hat er diese Angst vor Verantwortung?

Auf dem College war Justin im Footballteam und dabei auch ziemlich gut, aber eine Verletzung, die ihm immer noch ab und zu Probleme macht (auch hier weiß ich noch nicht genau, was das war, Rückenverletzungen kommen vor, häufiger sind aber Knie- und Knöchelsachen, Kreuzbandrisse, Bänderrisse am Fuß etc.) hat ihn daran gehindert. Den so sehr ersehnten Kontakt zur NFL hat er tatsächlich nur noch durch Football im Fernsehen gucken.

Ich suche nach einer Möglichkeit, Justins Angst vor Verantwortung und diese Verletzungsgeschichte irgendwie miteinander zu kombinieren, sonst kann ich den Footballhintergrund aus der Geschichte auch gleich streichen. Aber ich komme auf keinen grünen Zweig. Es muss schon etwas Schwerwiegendes gewesen sein, denn von irgendwelchem Pillepalle entwickelt man ja kaum eine "Verantwortungsphobie".

Vielleicht kann mir jemand einen Schubs in die richtige Richtung geben, ich würde den Roman im Camp echt gern fertig bekommen, aber dieses Plotloch hemmt mich gerade. Vor allem, weil ich an einem Punkt bin, dass meine Jungs mal etwas intensiver miteinander reden müssten. Dafür brauche ich aber Justins Hintergrund. Der Wolf beißt sich in den Schwanz.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Nirahil

Ich schieße jetzt mal ins Blaue: So eine Verletzung ist ja immer auch ein Kontrollverlust. Er kann seinen Sport deshalb nicht mehr so ausüben wie geplant, wird immer wieder daran erinnert. Vielleicht verknüpft er das mit Versagen (weil er sich nicht ganz erholen konnte, weil er nicht gut genug aufgepasst hat, etc.), woraus sich auch Versagensängste ergeben könnten. Da hätte ich auch große Skrupel, ein Geschäft zu übernehmen und würde das eher meinem Zwillingsbruder zuschustern, und auch die Panik beim Gefährten klingt danach, als hätte er Angst, dass alles den Bach runter geht. Sowas kann man ja auch immer eher schlecht kontrollieren, zumal der ihm ja auch nahe kommen dürfte. Vielleicht war diese Verletzung für ihn sehr traumatisch und sein Selbstwertgefühl dadurch auch sehr im Keller (kann ich nicht beurteilen) und er neigt deshalb eher zu diesen Ängsten.
Ich tanze wie ein Kind im Nebel,
zufrieden, weil ohne Ziel.
Callejon - Kind im Nebel

mme

Wie wäre es, wenn er als Quarterback die Spielzüge angesagt hat (Achtung, gefährliches Halbwissen über das Spiel) oder sich neue Spielzüge ausgedacht hat. Einer davon ist sehr riskant. Das ist mehrfach gut gegangen, er wurde immer selbstsicherer, doch dann ist es halt doch mal schief gegangen. Und zwar so richtig.
Entweder er hat die Chance auf den Sieg in einem wichtigen Turnier verspielt oder bei dem Spielzug wurde ein anderer Spieler schwer verletzt (bis hin zum Tod?). Hier könnte auch seine Verletzung her stammen.

Coppelia

#3
Für mich klingt naheliegend, dass er der Star seiner Mannschaft war. In einer super wichtigen Spiel wurde er verletzt. Sein Team hat verloren. Alle haben ihm die Schuld gegeben. Seitdem will er nie wieder jemanden enttäuschen. Drama! :d'oh:

Edit: Überschneidung.

Leann

Muss es eine Sportverletzung sein? Er könnte z.B. auch einen Autounfall gehabt haben, evtl. sogar einen, bei dem er (alkoholisiert nach einer Siegesfeier der Mannschaft?) gefahren ist. Dabei kam sein bester Freund ums Leben.

Ary

Uh, gestorben sein sollte möglichst niemand, das wäre zu sehr Drama, glaube ich. Aber die anderen Vorschläge gefallen mir, das gucke ich mir näher an. @Leann an einen Autounfall dachte ich auch schon. Vielleicht hat er nach einem Spiel Mannschaftskameraden oder Cheerleader mitgenommen in seinem Auto und hat den Unfall gebaut, dabei wurde nicht nur er verletzt, sondern auch noch jemand anderes - niemand ist gestorben, aber er hat seine eigene Karriere versaut und vielleicht noch die eines anderen Spielers oder eines Cheerleaders. Oder er hat wirklich durch zu viel Selbstvertrauen und Risikobereitschaft zum einen sich selbst kaputtgemacht und zum anderen auch für die ganze Mannschaft das Spiel verkackt.
Danke!
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Leann

... und zum Schluss wagt er es endlich, sich mit dem/der Verletzten auszusprechen.  :vibes:  Sowas finde ich immer schön. Omega-Cheerleader ... auch ne coole Idee.

Mindi

Der Autounfall, an dem er Schuld trägt, ist schon ein Klassiker und schon etwas ... overused und naheliegend. Würde ich so zumindest nicht als großes "Geheimnis" mögen, dass er dem Gefährten gegenüber nicht zugegeben will und auch dem/der Leser*in nicht verrät, was da los war. Zumindest mich als Leserin würde das nur die Augen rollen lassen, wenn mir das als Grund vorenthalten wird. Wenn er das Problem mir gegenüber von Anfang an klar zeigt, seinem Gefährten jedoch nicht, wäre das für mich okay. Ich fände es nur als Geheimnis und Plottwist zu abgenutzt.

Da finde ich persönlich den riskanten Spielzug, bei dem er und ein anderer Spieler verletzt werden (vielleicht ein Rivale aus einem anderen Team, dem er dadurch ebenfalls die Chance auf ein Sportstipendium verbaut?) interessanter.
"When we are asleep in this world, we are awake in another." - Salvador Dalí

Ary

#8
@Mindi  das ist natürlich ein Punkt. Dann also doch der vermasselte Spielzug, dann hätte ich auch den Sportbezug, den ich haben will.

@Leann Oh, DAS ist nice. Für ihn ist das zwar ewig her, und der andere wohnt auch gar nicht in Alaska. Aber sein Gefährte konnte ihm in den Hintern treten und ihn dazu bringen, das Schweigen endlich aus der Welt zu schaffen.

Und yay, es gibt eine Uni in Anchorage, und die hat, wenn ich das richtig google, sogar ein Footballteam. Also kann alles wunderbar in Alaska passiert sein.
Und nutzen kann ich ja durchaus beides, den vermasselten Spielzug und die späte Aussprache mit dem zweiten Geschädigten.

Problem gelöst. Danke!
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Leann

Naja, also die Zielgruppe liebt overused, naheliegend und abgenutzt. Da darf es nicht zu originell sein.

Mindi

@Leann
Ja, stimmt schon. Bin vermutlich auch nicht die Zielgruppe. :rofl: Daher fände ich den Sportunfall, den er verursacht hat, interessanter und darüber können sie sich ja nach Jahren auch aussprechen (fänd ich auch gut, wenn der Gefährte ihn davon überzeugt) und dann ist das alles gar nicht so schlimm, wie er es sich im Kopf immer ausgemalt hat. Der andere hat ein Happy Leben geführt und wollte nie Profifootballer werden, das wollte nur sein Dad. Yay alle happy, oder so.  :rofl:
"When we are asleep in this world, we are awake in another." - Salvador Dalí

Ary

@Mindi ja, sowas in der Art.
Und ja, die typischen Omegaleser*innen haben kein Problem mit overused, Drama und Klischees, aber ich merke immer mehr, dass gerade "cosy"-Lesestoff besser verkauft wird. Anscheinend wollen die Leute gerade nicht allzu viel Drama.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Barra

#12
Nicht ganz das, was du suchst, vielleicht, aber wir haben gestern eine Folge "The Orville" (S3, E5 A Tale of two Topas) geschaut. Irgendwie blieb bei mir hängen wie die zukünftige Kadettin Topas die amtierende Erste Offizierin fragt: "Warum wollten Sie eine Offizierslaufbahn?"
 Und Cmdr. Kelly Grayson antwortet (in etwa nicht zitiert):
"Weil ich schon immer Verantwortung zu übernehmen bereit war. Ich wollte anderen dabei helfen ihre Aufgaben auf die bestmöglichste Weise auszuführen. "
-> Warum finde ich das so toll? Weil Anführer*in sein, nicht heißt: Ich sag wo es lang geht und bin Boss. Sondern, dass du eine ganze "Horde" Leute unter dir hast, die sich auf dich verlassen! Die dir (womöglich) ihr Leben anvertrauen. Und noch einiges mehr, aber ich lass es mal so stehen. Diese Verantwortung ist viel.

Wenn deine Figur also schon mal Teamkapitän war, kann das viele Folgen haben.
Beispiele:
Er hat sich mal für jemanden eingesetzt und stark gemacht und das ging total schief und derjenige hat ihn betrogen und ist ihm in den Rücken gefallen -> Nie wieder sich für jemandem einsetzen wollen.
Er hat (wie schon jemand sagte) das "Spiel" organisiert und geplant und das ging komplett in die Hose -> Die anderen wollen seinen irren Plänen nicht mehr vertrauen.
Er hat seinen Status ausgenutzt oder über die Stränge geschlagen, etwas gefordert, was ihm nicht zusteht -> Er fällt im Ansehen, die anderen WOLLEN ihn nicht mehr als Kapitän.
Er hat sich über klare Anweisungen des*r Coaches/ Schulleitung hinweggesetzt, und muss dafür die Verantwortung tragen -> Was aber zur Folge hat, dass er seinen Rang verliert.
Er ist nicht mit gutem Beispiel voran gegangen, was ein guter Teamkapitän aber tun sollte, sei es seine Sachen wegräumen, waschen oder schlichtweg andere nicht schickanieren und höflich sein, oder oder oder -> Andere eifern ihm nach, aber es gibt da ja noch den Rest - Zuschauer, Schule, Universität, Gemeinde, Stadt und sie alle können ihn dafür abstrafen.

Gerade das Umgehen mit Konsequenzen ist der Punkt an dem viel Verantwortung hängt und meiner Meinung nach siehst du genau an dem Punkt, wer Verantwortung tragen kann und wer nur Boss sein will. Und dann gibt es schlichtweg Menschen, die versuchen es, aber können den Weg nicht weiter gehen.

Es kann auch sein, dass er zwar all die Kompetenzen hat! Und ein toller Junge war. Aber nicht durchsetzungsfähig genug. Dass da jemand war, der ihn übertönt hat, aggressiver war und ihm den Posten des Kapitäns weggenommen hat. -> In der überall zelebrierten Ellenbogen-Gesellschaft ist das ein Garant dafür, um junge Leute gleich vom Platz zu stellen.
-> Hier würde ich aber aufpassen, dass die Schuld nicht einfach nur bei jemand anderem oder einer höhren Macht gesucht wird. Gerade Schulsport ist ein Garant für toxisches Wettbewerbsverhalten, je nachdem wie viel Drama du generieren möchtest oder ob du in seiner Vergangenheit etwas aufwühlen willst, was vielleicht jetzt als Erwachsener abgeschlossen werden könnte.

Die Frage ist:
Was soll am Ende da stehen bei der Figur? MUSS er denn die Firma führen oder macht sein Bruder das toll und braucht ihn gar nicht? Also eben: Wie viel Verantwortungsbewusstsein soll er denn am Ende 'wieder erlangen'?

Liebe Grüße Barra

Ary

@Barra danke für den Input!

Nein, er soll Papas Firma nicht führen, das macht der Bruder wirklich gern und viel lieber, Justin reicht es, zurückgezogen in seinem Waldhaus zu leben, komische Camping-Gadgets zu testen und hin und wieder für Produkte und Klamotten zu modeln.
Ich suchte "nur" solide Gründe für seine Zurückhaltung gegenüber Verantwortung, die sich unter Anderem eben auch in Bindungsangst zeigen, weil, wenn ich mit jemandem zusammen bin, habe ich dem gegenüber ja auch gewisse Verantwortungen.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Berjosa

Ginge es eventuell mit mehreren, weniger spektakulären Dingen anstatt einem großen Knall?
Vielleicht konnte er sich im Zusammenhang mit dem Unfall und dem anschließenden wieder auf die Beine kommen um ein paar wichtige Angelegenheiten nicht so kümmern wie geplant/notwendig. Oder er hat sich zu früh wieder Aktionen vorgenommen, die dann schiefgegangen sind.
Wenn ein paar Zwischenfälle kurz hintereinander kommen, bleibt vielleicht der Gedanke übrig, dass seine Pläne/Entscheidungen immer ein schlechtes Ende nehmen, oder so.