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Frauen in der High Fantasy - ein deutsches Problem?

Begonnen von Franziska, 04. August 2016, 15:43:02

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Franziska

#90
Da ich heute Nacht ja sonst nichts zu tun habe  ::) und es mich wirklich interessiert, habe ich mal meine Statistik begonnen.


Erstmal ein kleiner Anstoß. Ich werde das noch genauer machen, aber mein Zwischenergebnis:
von den beliebtesten Fantasybüchern auf goodreads (mehr als zehntausend Ratings):
High Fantasy: Die Hälfte der Bücher und Serien (ich habe Serien einmal gezählt) sind von Frauen geschrieben und etwas weniger als die Hälfte haben weibliche Protas.

Urban Fantasy: ein ähnliches Ergebnis. Die Hälfte von Frauen geschrieben, die Hälfte mit weiblichen Protas.
Dazu muss ich sagen, dass ich zwar Romance aber keine Erotik aufgenommen habe, also keine Bücher mit halbnackten Leuten drauf.

Ganz anderes Ergebnis bei Jugendbüchern/Young Adult:
Sowohl bei High als auch bei Urban Fantasy beträgt der Anteil an männlichen Autoren nur ca. 15 %


Und nun zu deutschen Autoren. Es sieht nicht ganz so schlecht aus, wie ich zuerst angenommen habe. Sicher ist meine Liste auch hier nicht vollständig. Ich muss außerdem dazu sagen, dass ich Wolfgang Hohlbein mal außen vor gelassen habe. Der hätte das dann doch sehr stark beeinflusst.  ;)

High Fantasy: 24/101
. Also von101 Büchern waren  24 von Autorinnen. Wie gesagt, als "Buch" zählt auch eine Serie von zehn Bänden.
Das fand ich so irgendwie sinnvoller zu zählen. Insgesamt hatte ich vorher ungefähr 400 Bücher gezählt, die von deutschen Autoren bei Großverlagen in den letzten 10 Jahren erschienen sind, aber darin alle Fantasysparten. Die allerwenigsten High-Fantasy-Bücher sind Einzelbücher, die meisten haben also im Schnitt 3 bis 4 Bände.

Die Urban Fantasy war überraschenderweise völlig zu vernachlässigen. Da gab es gerade um die 20 Bücher, wohlgemerkt für Erwachsene. Bei Jugendbüchern sieht es natürlich anders aus, das werde ich mir auch nochmal angucken.

Übrigens haben 40 Bücher weibliche Protagonistinnen.

Man kann sich insgesamt also eigentlich nicht beschweren, dass es zu wenig weibliche Helden in High Fantasy gibt, wie es häufig behauptet wird.
Trotzdem finde ich insgesamt immer noch, dass mehr High Fantasy von Autorinnen veröffentlicht werden könnte, besondes im deutschsprachigem Raum, da diese 24 Bücher doch nur von einer Handvoll Autorinnen geschrieben wurde. Na ja, abgesehen davon, dass es natürlich schön wäre, wenn insgesamt mehr von deutschen Autoren veröffentlicht wird.

FeeamPC

International sieht es also besser als als national. Bleibt natürlich die Frage, ob der größere internationale Anteil an Frauen eventuell der Tatsache geschuldet ist, das international vielleicht auch mehr Fantasy-Romance veröffentlicht wird. Das kann ich jetzt aber nicht beurteilen, und wenn man nicht alle Bücher lesen will (zumindest als Leseprobe), wird das auch für die Statistik schwierig zu trennen sein.

Kati

Zitat von: AljanaIch finde es interessant, dass eine Frau sagt, die Cover mit dem Bubi drauf seien 'neutral' aber die mit einer Frau drauf eben nicht.

Das habe ich so nicht gemeint. Die Cover von "Frost Burned" und "Some Girls Bite" sind ebenfalls neutral. Sie sind aber mit Frauen als Zielgruppe im Hinterkopf gestaltet worden. Ich wollte damit ausdrücken, dass Verlage, wenn sie "Bücher für Frauen" machen, keine schönen Männer auf die Cover drucken, sondern meist kompetente Frauen. An sich sind die Cover natürlich absolut neutral, es ging mir eher um die Auswahl des Covers, die der Verlag trifft und, dass auf Bücher, die von Frauen und Männern gekauft werden sollen oft Männer gedruckt werden, auf Bücher, von denen man glaubt, dass sie eh nur von Frauen gekauft werden, eben Frauen. Das ist also nicht meine persönliche Meinung, dass Frauen auf Buchcovern eh nur von Frauen gekauft werden sollten, sondern sollte eher heißen, dass viele Verlage so denken. Das erklärt auch, wieso auf Büchern mit weiblichen Protagonisten, die von Frauen und Männern gekauft werden sollen, selten Frauen drauf sind, sondern trotzdem Männer oder auch abstrakte Motive. Die Motive der beiden Cover sind natürlich absolut neutral. Die Intention, aus der diese Art von Cover oft für "Frauenbücher" gewählt wird, aber nicht.  :)

Zitat von: AljanaDas war auch so ne Frage, die ich mir lange gestellt habe: Wenn ich ne Frau aufs Cover packe, auch wenn sie offensichtlich keine Beautyqueen im Wallekkleid ist, sondern von Finsternis getrieben und offensichtlich verletzt, spricht das Cover dann dennoch nur Frauen an, weil Männer Cover mit Frauen nicht in die Hand nehmen?

Ich glaube, dass das tatsächlich so ist, jedenfalls beobachte ich das auch öfter. Viele männliche Leser glauben, mit etwas, das sich um Frauen dreht, nichts anfangen zu können, während die meisten weiblichen Leser ohne lange nachzudenken nach Büchern über Frauen oder Männer greifen. Um mal ein bisschen abzuschweifen, ich hoffe, das ist okay: Es wird sich oft beschwert, dass es keine Jugendbücher für Jungen gäbe, weil überall Mädchen die Heldinnen sind und Mädchen auf den Covern abgebildet sind. Da stellt sich vielen die Frage, wieso diese Bücher angeblich automatisch nichts für Jungs sind und ob es Jungs nicht zuzumuten ist, ein Fantasybuch zu lesen, in dem ein Mädchen die Hauptrolle spielt. Das geht denke ich in dieselbe Richtung. Mädchenfiguren auf Buchcovern scheinen Jungs abzuschrecken, während Mädchen auch oft ohne Probleme Bücher über Jungs mit Jungs auf dem Cover lesen, siehe Harry Potter. Da hat sich sicherlich auch kaum ein Mädchen abgeschreckt gefühlt, weil es um einen Jungen geht. Eine große Ausnahme sind die Hunger Games, die ja von Männern und Frauen gelesen werden. Zumindest auf den Originalcovern ist allerdings bezeichnenderweise nicht Katniss abgebildet, sondern der Mockingjay Pin. Auf den deutschen Covern ist ein Mädchengesicht. Inwieweit das männliche Leser vor dem Hype abgeschreckt hat, kann ich jetzt natürlich nicht sagen, ich kann es mir aber vorstellen.

Zitat von: FeeamPCInternational sieht es also besser als als national. Bleibt natürlich die Frage, ob der größere internationale Anteil an Frauen eventuell der Tatsache geschuldet ist, das international vielleicht auch mehr Fantasy-Romance veröffentlicht wird.

Ich hatte dazu glaube ich letztens schonmal was geschrieben, aber es sieht international tatsächlich besser aus, zumindest im Jugendbuchbereich. Leigh Bardugo, Sarah J. Maas, neuerdings auch Susan Dennard und viele andere beliebte Autorinnen schreiben mittlerweile High Fantasy, in der die Romanze eine deutliche Nebenrolle einnimmt. Interessanterweise scheint das nicht zu uns herüber zu kommen. Die Grischaromane von Leigh Bardugo sind im Hardcover in Deutschland erschienen und waren anscheinend auch recht erfolgreich. Sarah J. Maas' "Throne of Glass"-Reihe, die in den USA und UK ziemlich beliebt ist, ist nur bis Band 2 im Hardcover erschienen, von da an nur noch im Taschenbuch. Ihre "Court of Thorns and Roses"-Reihe ist in Deutschland bisher überhaupt nicht erschienen oder angekündigt. Nach Spanien und in die Niederlande hat sie es aber schon geschafft. Ebenso wenig Leigh Bardugos "Six of Crows", das ebenfalls in den USA gehyped wird und in Spanien, den Niederlanden und anderen europäischen Ländern schon übersetzt vorliegt, in Deutschland rührt sich da aber noch nichts. Kann natürlich alles noch kommen, ich finde es aber komisch, dass es so spät kommt. Susan Dennards "Truthwitch" hat es zu Penhaligon geschafft allerdings (obwohl es in den USA fast ein ganzes Jahr nach den Büchern von Maas und Bardugo rausgekommen ist), bleibt bisher aber ein Einzelfall.

Das kann natürlich dran liegen, dass die High Fantasy in den USA momentan wieder boomt, wir in Deutschland aber immer noch an unseren Dystopien hängen, zumindest im Jugendbuch. Das müsste ich mir nochmal genauer angucken.

Franziska

#93
Bitte versteh das jetzt nicht pesönlich, das Thema kam hier ja immer wieder auf. Ich finde es irgendwie faszinierend, dass immer noch der "Romance-Vorwurf" an weibliche Autoren kommt. Nein, die High Fantasy Bücher von Autorinnen sind kein Romance. Ich habe wie gesagt nur High Fantasy berücksichtigt, kein Romantasy, keine Cover mit Pärchen drauf, die mir im übrigen auch überhaupt nicht unter gekommen sind. Es geht hier rein um High Fantasy und darunter verstehe ich Fantasy, die in einer Fantasy-Welt spielt. Klar darin ist nicht festgelegt, wie viel Liebesgeschichte dadrin ist. Aber unter Romance verstehe ich ein eigenes Genre, in dem es hauptsächlich um eine Liebesgeschichte geht. Keines der Bücher, das ich aufgenommen habe fällt darunter.
Wie gesagt, die Autorinnen, die mir unter gekommen sind sind Margaret Weiss, Ursula K. LeGuin, MZB, Mercedes Lackey, Trudi Canavan, Robin Hobb, N.K. Jemisin, Megan Whalen Turner, Tamora Pierce, Lois McMaster Bujold, Elizabeth Moon, Ann Bishop, Susan Cooper, Jacqueline Carey, Anne McCaffrey etc.
Ich habe nicht von allen Büchern gelesen, aber die die ich gelesen habe hatten nicht mehr Liebesgeschichten als andere HF Bücher. Ich habe nur hinter einem Buch den Vermerk Romance gemacht, ich habe ja immer kurz die Klappentexte überflogen.

Was ich jedoch gerade nochmal angeguckt habe ist, wann die Bücher erschienen sind. Meine Vermutung war, dass wie ich auch anfangas geschrieben habe, es in den USA eine starke Tradition von HF-Autorinnen gibt, die von den 70ern bis 80ern an veröffentlicht haben und damals genauso gelesen wurden, wie männliche Kollegen. Ich will nicht behaupten, dass es damals keine Vorurteile gegenüber weiblichen Fantasy Autoren gab, oder dass es damals irgendwie einfacher war. Robin Hobb hat sich sicher überlegt, warum sie das Pseudonym genommen hat.
Es fiel mir jedoch auf, dass gerade in den letzten zehn Jahren diese Spaltung von HF=männliche Autoren und
Urban Fantasy und Jugendbuch=weibliche Autoren passiert ist.
Klar, diese Zahlen sind jetzt so gering, dass es vielleicht keine große Aussage hat, aber in den Jahrzehnten 80er, 90er, 00er, gab es jeweils ca. 30 richtig beliebte HF-Bücher bzw. Reihen, davon jeweils die Hälfte von Autorinnen. 2010er: habe ich bisher 20, davon 5 von Frauen. Klar, das Jahrzehnt ist noch nicht vorbei und die Bücher müssen erstmal richtig bekannt werden, trotzdem auffällig.


Von daher kann man das in Deutschland vielleicht auch etwas damit erklären. Hier hat es erst um 2005 herum angefangen, dass überhaupt Fantasy von deutschen Autoren rauskam. Klar gab es davor auch einzelne Autoren, aber hier fing das ja erst so richtig mit den Herr der Ringe Filmen und den Völkerromanen an.


edit: Charlotte, du hast natürlich Recht, im Jugendbuch gibt es natürlich mehr Romance, auch im HF-Bereich. Ich hatte jetzt nur an Bücher für Erwachsene gedacht. Ich finde es interessnt, was du schreibst. Dass es jetzt mehr HF ohne viel Romance gibt. Ich finde generell die Vermarktung von Jugendbüchern hier manchmal recht seltsam, aber das ist ein anderes Thema.

edit 2: Übrigens sind von 53 Büchern mit weiblichen Figuren 20 von Männern geschrieben. Viele Bücher haben natürlich mehrere Perspektiven, aber es gibt auch einige mit nur einer weiblichen Heldin von Männern. Inwiefern diese Bücher auch von Männern bzw. Jungs gelesen werden weiß ich natürlich nicht.
Ach es wäre so cool, wenn goodreads die gleichen Analyse-Möglichkeiten hätte wie die imdb. Dann könnte man das alles nachgucken. ::)
 

Dämmerungshexe

Zitat von: Charlotte am 15. August 2016, 16:06:03
Es wird sich oft beschwert, dass es keine Jugendbücher für Jungen gäbe, weil überall Mädchen die Heldinnen sind und Mädchen auf den Covern abgebildet sind. Da stellt sich vielen die Frage, wieso diese Bücher angeblich automatisch nichts für Jungs sind und ob es Jungs nicht zuzumuten ist, ein Fantasybuch zu lesen, in dem ein Mädchen die Hauptrolle spielt. Das geht denke ich in dieselbe Richtung. Mädchenfiguren auf Buchcovern scheinen Jungs abzuschrecken, während Mädchen auch oft ohne Probleme Bücher über Jungs mit Jungs auf dem Cover lesen, siehe Harry Potter. Da hat sich sicherlich auch kaum ein Mädchen abgeschreckt gefühlt, weil es um einen Jungen geht.

Ist glaube ich ein allgemeines Phänomen - in dieser Hinsicht sind Frauen/Mädchen irgendwie "freier": Hellblau geht für Mädchen und Jungs, Rosa nur für Mädchen. Mädchen können Hosen und Röcke tragen, bei einem Jungen mit Rock oder Kleid schaut man schräg. Mädchen können Superhelden und Bob den Baumeister mögen, ein Junge der gerne Wendy und Barbie liest wird es eher schwer haben.
Bei Mädchen und Frauen ist es das Ergebnis harter Kämpfe, dass wir die gleichen Rechte haben wie Männer und uns in "ihre" Lebenswelt begeben (Arbeit, Medien, Wissenschaft, ...). Als Frai "männlich" zu sein, also "hart" ist kein Problem. Ein Mann, der aber in die entgegengesetzte Richtung möchte - weiblicher und somit weicher werden will -, wertet sich nach den Maßstäben der Gesellschaft wiederum ab. Was abermals eine Abwertung der Frau ist ...

Es bleibt kompliziert ...
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Trippelschritt

@ Franziska
Darf ich Patricia McKillipp noch ergänzen?

Zum Thema selbst kann ich wenig sagen. Von deutscher High Fantasy weiblicher Autoren kenne ich nur Rabenzeit von Astrid Vollenbruch. Das mag daran liegen, dass ich bisher nur über Klappentexte gestolpert bin, die wenig Neugier in mir weckten. Ganz bestimmt liegt es aber auch daran, dass ich früher mehr Fantasy gelesen habe als heute und heute erst einmal nachhole, für was ich früher keine Zeit hatte zu lesen.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Kati

Zitat von: FranziskaBitte versteh das jetzt nicht pesönlich, das Thema kam hier ja immer wieder auf. Ich finde es irgendwie faszinierend, dass immer noch der "Romance-Vorwurf" an weibliche Autoren kommt. Nein, die High Fantasy Bücher von Autorinnen sind kein Romance. Ich habe wie gesagt nur High Fantasy berücksichtigt, kein Romantasy, keine Cover mit Pärchen drauf, die mir im übrigen auch überhaupt nicht unter gekommen sind. Es geht hier rein um High Fantasy und darunter verstehe ich Fantasy, die in einer Fantasy-Welt spielt. Klar darin ist nicht festgelegt, wie viel Liebesgeschichte dadrin ist. Aber unter Romance verstehe ich ein eigenes Genre, in dem es hauptsächlich um eine Liebesgeschichte geht. Keines der Bücher, das ich aufgenommen habe fällt darunter.

Meintest du mich oder Fee? Nur, damit es keine Missverständnisse gibt, die Bücher von Maas, Dennard und Bardugo, die ich aufgezählt habe, sind richtige High Fantasy und spielen in ausgedachten Welten.  :) Falls du also Beispiele für High Fantasy von Frauen, die nicht aus den 70ern und 80ern stammt suchst, kannst du die ruhig nehmen, es ist richtige HF. Falls ich nicht gemeint war, ignorier das, ich war mir nur nicht sicher.  :knuddel:

Franziska

@Charlotte, nein ich hatte auf Fee geantwortet und dann hast du gleichzeitig gepostet.  ;)