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Menschliche Eigenschaft in anderem Zusammenhang auch in Geschichten möglich ?

Begonnen von Feuertraum, 22. Februar 2007, 21:51:55

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Feuertraum

Ich lese gerade das Gedicht "Verbesserte Auflage" der Lyrikerin Ulla Hahn. Dort findet sich die Zeile

"[...] gleitet aus seinen verwirrten Händen [...]"

Ich muß gestehen, ich bin begeistert von dieser Art und würde ganz gerne solche Sätze auch einbringen. Allerdings stellt sich mir die Frage: Darf sowas nur in Gedichte hinein? Oder kann man ihnen auch in Geschichten einen Platz einräumen? Ein feiner Stilbau? Oder eher ein "bloß nicht", weil es ja nicht geht, dass Hände verwirrt sind.

LG und danke im voraus

Feuertraum
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Coppelia

Hm, tja ...

Ich würde sagen, generell geht es auch im Roman. Nur nicht andauernd und nur dann, wenn der Zusammenhang passend und außergewöhnlich ist. Dann kann die Wirkung hervorragend sein, denke ich.
Und - siehe meinen Thread über zu viel Anspruch im Text - du kannst davon ausgehen, dass deine Leser es z. T. blöde finden, vor allem, wenn solche Figuren oft vorkommen. Vielleicht nicht alle, aber doch viele.
Ja, es diese poetischen Passagen in Romanen, wo es durchaus einmal passt. Ich hab diese Stilfigur auch schon verwendet, wenn auch nur sehr selten ...
Aber selbst wenn die Leser Freude an solchen Sprachexperimenten haben, besteht immer die Gefahr, dass der Text dadurch unfreiwillig komisch wird und melodramatisch überfrachtet wirkt. ;) Ich glaube, die Gefahr ist sogar recht groß. Also würde ich mir den Text dann lieber mit einigem Zeitabstand noch mal kritisch ansehen. 

(Lateiner-Modus: Die Stilfigur ist in deutschen Texten fast völlig unüblich, während sie in lateinischen Texten sehr häufig ist. Bei Dingen, die in der Muttersprache unüblich sind, wäre ich vorsichtig und würde sie sehr sparsam dosieren, weil sie für die Leser ungewohnt sind.)

Ein sehr gutes Gedicht übrigens. :)

Hr. Kürbis

Also ich mag sowas, nicht unbedingt im Fantasy-Bereich, aber in "sonstigen" Texten durchaus. Hab kürzlich in einer Kurzgeschichte das hier gemacht:

"Die peinliche Stille schwebte über dem Frühstückstisch und schaute ratlos vom einem zum anderen." :hmmm:

Verwirrte Hände finde ich auch gut, immerhin können sie sich ja auch verirren, also warum nicht?

Lastalda

Solange es nicht nur um der Stilfigur wegen geschieht, sondern tatsächlich eine Wirkung rüberbringt, halte ich sowas für völlig legitim und würde mich auch als Leser nicht daran stören.

Antigone

Zitat von: Hr. Kürbis am 23. Februar 2007, 08:43:00
"Die peinliche Stille schwebte über dem Frühstückstisch und schaute ratlos vom einem zum anderen." :hmmm:

Also ich weiß nicht, für mich klingt das wie ein sicherer Kandidat für den Stilblüten-Thread im Federfeuer. Ich würd so etwas aus einem Text rausstreichen.

Lg, A.

Hr. Kürbis

Zitat von: Antigone am 23. Februar 2007, 11:48:56
Also ich weiß nicht, für mich klingt das wie ein sicherer Kandidat für den Stilblüten-Thread im Federfeuer. Ich würd so etwas aus einem Text rausstreichen.

Lg, A.


*grumpf* :rofl:

Kalderon

Ich finde das nicht sehr berauschend. "verwirrte Hände"... kann natürlich etwas ausdrücken, aber ist eigentlich kein logischer Zusammenhang. Mit Verben kann man da schlüssigere Varianten zaubern, finde ich.

Hr. Kürbis

Hihi, das ist eben Geschmackssache, ich mag sowas wenn es nicht zu häufig vorkommt und es den Leser nicht verwirrt. Mein VHS-Dozent wiederum ist da kein Fan von und weißt mich auf sowas als Fehler hin...

... und das nur, weil der imaginäre Tod  :darth: mal auf dem Rücksitz des zu verunfallenden Autos saß und wieder ausstieg, nachdem doch alles gut gegangen war.  :pfanne:

Coppelia

Ich muss mich da Antigone leider anschließen. Nimm es mir nicht übel. :) Ich finde auch, dass es eher lustig klingt.
Aber ich denke nicht, dass das immer der Fall sein muss! Ich glaube, mitunter kann es auch mal gut "rüberkommen".

Papiervogel

Ich finde es gut.
Gerade dieses Personifizieren von Situationen oder Ereignissen gibt dem Text einen unerwarteten Witz. Das muss stilistisch natürlich einigermaßen zum Rest passen. (Bei Tolkien wäre das mit der ratlos guckenden peinlichen Stille z.B. nicht gegangen, aber wenn's passt, ist es klasse!)

Manja_Bindig

Ich benutze so etwas hin und wieder, wenn eine angespannte Stimmung im Text gelockert werden soll(ich hasse, es, wenn ein Text so angespannt ist, dass du nciht einmal mwehr blinzeln willst - das ist ungesund)

Oder bei Parodien, dann passt es auch wieder - aber ansonsten sehe ich davon eher ab.

Breanna

Wenn es nicht zu extrem wird, finde ich es in Ordnung. Wenn es zum Stil der Geschichte passt. In einem eher nüchternen Stil wäre es unpassend, aber wenn die Geschichte sowieso ein bisschen poetisch ist, könnte man es in Maßen verwenden.

Steffi

Ich liebe solche Sachen und bewundere jeden, der so etwas schreiben kann, mir fällt so etwas nämlich selten ein :)
Sic parvis magna

caity

Auf den ersten Blick hätte ich es gar nicht gesehen - auf den zweiten hätte ich dann extrem gestutzt ... ich denke es kommt immer auf den Zusammenhang und den Roman drauf an.
Ich würde es NICHT machen, einfach, weil ich es verwirrend finde, aber wenn es zu Ihrem Stil passt, würde ich es benutzen, Feuertraum.
Bloß seien sie dann vor Kommentaren gewappnet und setzen Sie am Besten gleich ein: "Das war Absicht" hin ;)
Wenn ein Autor behauptet, sein Leserkreis habe sich verdoppelt, liegt der Verdacht nahe, daß der Mann geheiratet hat. - William Beaverbrook (1879-1964)

annorra

Ich finde, ,,verwirrte Hände" liegen im Rahmen dessen, was ,,literarisch" realistisch klingt. Wenn man sich an diesem Satz aufhängen will, müsste man wahrscheinlich auch eine ganze Menge andere, gute Sätze in Büchern streichen.
Mir ist es lieber, jemand schreibt Übertreibungen oder leichte Unlogik und hat dadurch mehr Originalität im Stil, anstatt öde, eingerastete, aber realistisch korrekte Wortkombinationen zu nehmen. ,,verwirrte Hände" rufen bei mir ein gutes Bild hervor und das zählt für mich. Wenn's in den Stil und Inhalt und zum Charakter deiner Geschichte passt, würd' ich's nehmen.
Ich finde auch allgemein, dass ,,menschliche Eigenschaften in anderem Zusammenhang auch in Geschichten möglich sind". Von mir aus können auch die Gräser in deiner Geschichte ,,glücklich wedeln" oder so. Ich würde das loben und fördern, nicht kritisieren.