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[Medizin] Realistisches Auspeitschen und seine Folgen

Begonnen von Kisara, 03. April 2012, 17:10:23

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Kisara

Hallo Leute,

ich müsste jemanden auspeitschen - einen jungen Mann, durchaus trainiert und als Soldat zu bezeichnen. Alles ganz klassisch auf öffentlichem Markt mit einer ledernen Pferdepeitsche, selbstverständlich ohne Betäubung oder irgendwelchen neumodischen hygienischen Firlefanz.

Aber:
1.) ich hadere mit der schieren Anzahl an Schlägen. In der Scharia stehen 100Schläge auf Prostitution, müsste also irgendwie zu überstehen sein, oder? Kann ich davon ausgehen, dass mein Jüngelchen das ohne verkrüppelten Rücken und ohne kompletten Kreislaufkollaps mit Todesfolge übersteht (ohnmächtig darf er ja gerne werden)? Und wenn die Antworten darauf Ja sind, kann ich dann davon ausgehen, dass 10 Schläge mit einer 10-schwänzigen Katze denselben Effekt haben? Oder verschlimmert das die ganze Sache? Oder macht es sie vllt. sogar leichter?

2.) mit welchen medizinischen Problemen konfrontiert mich das? Schock, selbstverständlich, aber wie geht es weiter? Wie lange würde es dauern, bis sowas heilt? Wie brutal wären die Schmerzen bei jeder Bewegung? Oder bewege ich mich erstmal gar nicht?

Also wenn es hier jemanden mit medizinischem Hintergrund oder einfach tiefgehendem Wissen gibt, bitte erleuchtet mich!  :bittebittebitte:



(Und natürlich wie immer das übliche "Sorry!" sollte es den Thread schon geben und ich ihn trotz Suche nicht gefunden haben...  :pfanne: )

Sprotte

Es hängt ganz von der Art der Peitsche ab. Je elastischer das Leder, desto mehr Hautschäden macht es. Eine starre Peitsche kann schlimmstenfalls Knochen brechen.
Die sogenannte Katze (früher wurde eine echte Mieze verwandt!) hat Nägel am Ende der Riemen, um mehr aufzureißen. Von der würde ich dementsprechend abraten, wenn Dein Opfer sich erholen soll. Zerfetzte und vom Knochen gerissene Muskulatur klingt nach keiner guten Idee.

Rynn

#2
Hier ist ein Slate-Artikel zu deiner Frage, der vielleicht hilfreich ist.
Und Sprotte hat da ganz recht. Es gibt drei wichtige Faktoren, nämlich die Gesundheit des Opfers, die Art der Peitsche und die Brutalität der Schläge (Härte, Stelle, usw). Deshalb kannst du dir das wahrscheinlich so hinbiegen, wie du es für den Plot brauchst. Schläge auf die Brust sind zum Beispiel sehr viel gefährlicher als auf den Rücken und können schneller zum Tod führen, außerdem ist es deutlich schlimmer, wenn der Auspeitscher immer wieder auf die gleiche Stelle schlägt, anstatt die Schläge zu verteilen.
»Dude, suckin' at something is the first step to being sorta good at something.« – Jake The Dog

Debbie

Hi Kisara,

nach ein bisschen Stöbern hab ich das hier gefunden:

http://www.medievalwarfare.info/torture.htm#flogging


Zu der Anzahl der Schläge brauchst du nach Rynn's Link wohl keine Infos mehr - aber hier steht auch, wie danach behandelt wurde. Außerdem dauert es wohl eine Weile, bis die Wunden verheilt sind, falls dein Charakter nicht tagelang stillliegt - denn dann reißen die Wunden ja bei fast jeder Bewegung wieder auf.

ZitatUnd wenn die Antworten darauf Ja sind, kann ich dann davon ausgehen, dass 10 Schläge mit einer 10-schwänzigen Katze denselben Effekt haben? Oder verschlimmert das die ganze Sache? Oder macht es sie vllt. sogar leichter?

Ich denke nicht, dass das vergleichbar ist, denn die Chance, dass bei 100 Schläge öfter die gleichen Stellen getroffen werden, würde ich höher einschätzen - je öfter dieselbe Stelle getroffen wird, desto schwerwiegender die bleibenden Schäden und Verletzungen. Auch darf man die Wucht nicht außer Acht lassen - je dicker die Peitsche, desto heftiger der Aufprall auf Haut und Knochen, nehm ich mal an.

KaPunkt

ZitatAuch darf man die Wucht nicht außer Acht lassen - je dicker die Peitsche, desto heftiger der Aufprall auf Haut und Knochen, nehm ich mal an.
Ja, aber desto besser verteilt sich auch die Aufprall-Energie, würde ich sagen.
Je dünner die Peitsche, desto tiefer gräbt sie sich ein.
Eine zehnschwänzige Katze hat, wenn ich das richtig sehe, geflochtene Stränge und dementsprechend wohl Knoten an den Enden. Die Knoten sind vermutlich nicht so schlimm wie eingearbeitete Metallstücke, aber immer noch schlimmer als ein knotenloses Ende.
so betrachtet möchte ich vermuten, dass eine zehnschwämzige Katze im Vergleich zu einer 'normalen' Peitsche pro Schlag schlimmere Verletzungen verursacht.

Aber, bitte bedenken: Alles von mir zu diesem Thema: Gefährliches Halbwissen und Vermutungen.  ;)

Liebe Grüße,
KaPunkt
She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)

Luna

#5
Ich habe mal etwas übers gegenseitige Auspeitschen in einem Pferde-Kurzgeschichten-Buch gelesen. Da war ich noch ein Kind, also lange her. Das gehört in die Kathegorie: Gelesen-so beeindruckt, dass einigermaßen im Gedächtnis behalten-aber nicht nachgeprüft ;D. Da ging es darum, dass sich  Typen um ein besonders gutes Pferd stritten und einen "Auspeitschwettbewerb" darum veranstaltet haben. Die Kontrahenten haben sich gegenseitig ausgepeitscht und wer überlebt hat, hat das Pferd bekommen. Ein Typ hat gesehen, wie sich gerade zwei darum gepeitscht haben. Der eine hat brachial auf seinen Kontrahenten mit der Peitsche eingeprügelt. Die Wunden gingen auf und es floss Blut. Der andere hat nicht so kräftig zugehauen, die Haut ist nicht aufgeplatzt sondern angeschwollen und das war wohl schlimmer, bzw. lebensbedrohlicher, da das Blut nicht fließen konnte. So in etwa habe ich das noch in Erinnerung. Eine ausführlichere Erklärung gab es da, so weit ich weiß, wohl nicht. Ich glaube nicht, dass ich das Buch noch habe, aber am Ostersonntag bin ich zu Besuch bei meinen Eltern, bei näherem Interesse kann ich mal auf dem Dachboden nachschauen, ob ich es noch finde und ob da vielleicht doch noch mehr als Erklärung dastand, warum derjenige überlebt hat, der geblutet hat und der gestorben ist, dem die Haut geschwollen war.

Kisara

Erstmal vielen Dank für die schnellen und hilfreichen Antworten euch allen!  :knuddel:

Zitat von: Sprotte am 03. April 2012, 17:17:37
Je elastischer das Leder, desto mehr Hautschäden macht es. Die Katze hat Nägel am Ende der Riemen [...]. Zerfetzte und vom Knochen gerissene Muskulatur klingt nach keiner guten Idee.

Wenn ich ehrlich bin, klingt vom Knochen gerissene Muskulatur nach einer großartig bösen Idee - was meinst du, wie sich das äußern würde? Grade Rücken- und Schultermuskulatur dürfte für einiges an Bewegungseinschränkungen sorgen, oder?

Der Slate-Artikel war schon sehr hilfreich! Dafür vielen Dank! Und was den Link von Debbie angeht, ich hatte mit Alkohol gerechnet, aber Salzwasser ist auch eine brutale Lösung. Und ich mag die Idee, dass selbst die Wundversorgung noch mal schmerzlich ist :snicker:
Mein armer Junge...

Zitat von: Luna am 03. April 2012, 19:34:32
Der eine hat brachial auf seinen Kontrahenten mit der Peitsche eingeprügelt. Die Wunden gingen auf und es floss Blut. Der andere hat nicht so kräftig zugehauen, die Haut ist nicht aufgeplatzt sondern angeschwollen und das war wohl schlimmer, bzw. lebensbedrohlicher, da das Blut nicht fließen konnte.
(Abgesehen davon, dass ich das für ein krasses Kinderbuch und die beiden Streithähne für unglaublich dämlich halte...)
Wäre das medizinisch haltbar? Wenn du das rauskriegen könntest, Luna, wäre das super!

Angela

Bei Armen und Beinen habe ich das schon gehört, dass man sie tief aufschneiden muss,  wenn sie extrem anschwellen, um sie zu retten.
Kennst du das Foto von dem entlaufenen und wieder eingefangenen Sklaven? Mir ist es schon einige Male begegnet. Der Mann hat einen furchtbar vernarbten Rücken zurückbehalten. Sicher ist es auch eine Frage der Wundversorgung, ob und mit welchen Folgen man eine derartige Folter überlebt.
Bei einer Frau, deren Flucht ebenfalls nicht erfolgreich verlief, sind  halb abgetrennte Hautlappen an anderer Stelle des Körpers angewachsen, was man erst bei ihrem Tod bemerkte. Sie hat also wohl nie eine Versorgung erfahren und dennoch überlebt.

Sprotte


Luna

#9
Zitat von: Kisara am 03. April 2012, 23:52:22
(Abgesehen davon, dass ich das für ein krasses Kinderbuch und die beiden Streithähne für unglaublich dämlich halte...)
Wäre das medizinisch haltbar? Wenn du das rauskriegen könntest, Luna, wäre das super!
In dem Buch waren lauter Kurzgeschichten über Pferde und eine davon war diese. Diese und die, in der ein armer alter Wallach zum Schlachter musste :'( waren auch diejenigen, die ich als einzige noch halbwegs im Gedächtnis habe. Wen wunderts. Wenn meine Eltern mal das Buch vorher durchgeblättert und reingelesen hätten, bevor sie mir das geschenkt haben, hätte ich bestimmt stattdessen ein Conny- oder Wendy Abo bekommen ;D.
Ich denke, Sprottes Link ist die Erklärung, dass der mit den üblen Schwellungen gestorben ist. Ich werde auf jeden Fall am Sonntag bei meinen Eltern nachgucken. Hoffentlich :bittebittebitte: finde ich es da noch auf dem Dachboden. Werde dann umgehend nachschlagen, wie das dort erklärt wurde.

Lynn

Ich glaube irgendwo mal gelesesn zu haben, dass eine bestimmte Anzahl von Schlägen mit der Neunschwänzigen Katze auf einem engl. Kriegsschiff einem Todesurteil gleich kam. Ich bin aber grad nicht mehr sicher, ob es 30, 50 oder 100 Schläge waren - wobei ich rein aus dem Bauch raus jetzt mal auf 50 tippen würde.

Je nach dem, was du mit dem Opfer noch vor hast, kannst jemanden so aber auch zum Krüppel machen (oder in seinen Bewegungen / seiner Kraft ziemlich einschränken. Je nach dem, wie die Muskeln verletzt werden und dann wieder heilen.)

Steffi

#11
Es ist auch nur ein Roman und daher sollte die Information mit Vorsicht genossen werden, wer weiß, wie gut die Autorin recherchiert hat, aber beim zweiten Teil von "Die Tribute von Panem" (SPOILER) wird Gale übel ausgepeitscht und Katniss und ihre Mutter bangen danach ziemlich um sein Leben, weil die Schläge ihn heftig erwischt haben und es kaum medizinische Versorgung gibt. Ich weiß nicht mehr, wie viele Schläge er einstecken musste, aber es waren nicht allzu viele. Die Schilderung schien mir aber relativ realistisch.

Nur als Anregung/Denkansatz :)
Sic parvis magna

Arcor

Zitat von: Lynn am 04. April 2012, 09:10:56
Ich glaube irgendwo mal gelesesn zu haben, dass eine bestimmte Anzahl von Schlägen mit der Neunschwänzigen Katze auf einem engl. Kriegsschiff einem Todesurteil gleich kam. Ich bin aber grad nicht mehr sicher, ob es 30, 50 oder 100 Schläge waren - wobei ich rein aus dem Bauch raus jetzt mal auf 50 tippen würde.

Je nach dem, was du mit dem Opfer noch vor hast, kannst jemanden so aber auch zum Krüppel machen (oder in seinen Bewegungen / seiner Kraft ziemlich einschränken. Je nach dem, wie die Muskeln verletzt werden und dann wieder heilen.)

Ich glaube, das hängt aber sehr davon ab, wie die Schläge ausgeführt werden und wie die medizinsche Versorgung ist. Sicherlich kannst du einen Mann mt Peitschenhieben umbringen, wenn du nur willst. In den O'Brian Büchern, die historisch sehr gut recherchiert sind, werden öfter auf den Schiffen Peitschenhiebe als Strafen vergeben. Das sind meistens so 10-20 und danach werden die Wunden versorgt und die Leute können weiterarbeiten - geht da ja auch nur um die Bestrafung und nicht, die Leute zu Grunde zu richten, die sollen ja noch arbeiten.
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

Lemonie

Das mit den Peitschenhieben auf Schiffen hab ich auch öfter mal in diversen Büchern gelesen, was ich davon noch weiß, ist dass die Heilung auf jeden Fall eine Weile dauert. Kommt natürlich auf den Grad der Verletzungen an, aber dein Chara wird ne Weile erstmal nicht viel Aktion bringen können und auch auf Hilfe angewiesen sein.

In einem Buch (historischer Roman, wie gut das recherchiert war weiß ich nicht mehr) hat einer auch eine ähnliche Strafe bekommen (auf einem Schiff), war aber glaube ich ein Gürtel und keine Peitsche. Der war danach auch ein paar Tage (bei ner richtigen Peitsche ist das nochmal härter würde ich sagen) gefechtsunfähig.
Da haben sie auch gesagt (weil sie ihn ja nicht umbringen wollten, nur bestrafen), dass derjenige, der ihn auspeitscht darauf achten soll, nicht die Nieren zu treffen. ich weiß nicht, in wieweit das mit ner Peitsche möglich ist bzw ob da die Gefahr wirklich besteht (bei der Geschichte lags wohl eher daran, dass derjenige, der ihn ausgepeitscht hat ihn nicht leiden konnte und ihm möglichst schaden wollte und die mussten ihn schon arg zurückhalten damit keine bleibenden Schäden entstehen oder er stirbt).

Ich würde daher sagen, es hängt auch stark ab, wer deinen Chara auspeitscht und ob die ihn dabei am Leben lassen wollen oder es ihnen vollkommen egal ist, ob er stirbt (dann wirds wahrscheinlich um einiges härter ausfallen). Die größte Überlebenswahrscheinlichkeit besteht, wenn die Auspeitschenden wollen, dass er davonkommt und eine Lehre daraus zieht.

Kisara


Da sich hier nichts mehr tut, vielen vielen Dank an alle Helfer - ihr habt mir tatsächlich sehr geholfen. Besonders die Links haben sich als überaus nützlich erwiesen!

Vielen Dank  :knuddel: