Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: Rigalad am 14. Juli 2011, 22:14:23

Titel: Das Herbeizwingen von Ideen
Beitrag von: Rigalad am 14. Juli 2011, 22:14:23
Hallo ihr Lieben!

Ich hoffe, den Thread gibt es nicht in einer ähnlichen Form. Ich habe ein bisschen gesucht und konnte mich nicht recht entscheiden, wohin mit meiner Frage. Wenn es was gibt, Sorry im Voraus!

Was mir in letzter Zeit immer öfter bei anderen Autoren begegnet, sind sehr detaillierte Ideen. Meistens denke ich dann: Wow, woher weiß der/die das denn jetzt schon alles so genau? Kai Meyer schreibt manchmal bis zu 50 Seiten lange Kapitelexpos. Es werden Storyboards benutzt, komplizierte Schreibprogramme, ewiglange Charakterbeschreibungen.

Meine Vampire, die ja einen leichten Thriller-Touch haben sollen, habe ich frei geschrieben und immerhin haben sie es in einen Kleinverlag geschafft. Zwischenwelten, mit dem Schlück mich genommen hat und an dem bislang immerhin zwei tolle Publikumsverlage vorsichtiges Interesse geäußert haben, habe ich ganz frei geschrieben. Alles war in meinem Kopf. Ich habe nicht einmal ein Kurzexposé geschrieben. Nichts. Romanideen entwickeln sich bei mir anhand gewisser Szenen, die ich im Kopf habe, oder der Persönlichkeit von Charakteren. Oder anhand einer bestimmten Atmosphäre. Sicher, einen Hauptkonflikt gibt es. Aber das war's auch. Manchmal werfe ich nach hundert Seiten alles um. Bei Zwischenwelten entwickelte sich die männliche Hauptperson erst im zweiten Teil, weil die Chemie zwischen den "geplanten" Charakteren nicht stimmte. Ich weiß meistens nie, was mich am Ende erwartet, oft fiebere ich sogar mit den Protas mit.

Ja, und dann beginnt mein Dilemma: Ein neue Idee reift, die Agentur mag Konzepte sehen. Aber wie schreibt man die, wenn doch selbst noch nicht so genau weiß, was kommen wird? Wenn sich wichtige Personen oder Konflikte noch völlig ändern werden? Ich habe es mal damit versucht, einfach eine Version, die mir eingefallen ist, aufzuschreiben.
Und ich dachte: Nett. So könnte es passieren. Aber naja, muss es nicht.
Wie macht man das, wenn der Tiefgang des Plots, ja vielleicht sogar das Ende, sich erst während des Schreibprogramms entwickeln, und die wirklich passenden Ideen sich auch erst dann einstellen? Wenn man anfängt, zu versuchen, professionell zu arbeiten? Wahrscheinlich ist es eine Sache, ein Konzept abzugeben, das vage ist und Freiraum lässt, aber eines abzugeben, nur um des Abgebens willen, obwohl man weiß, dass es aller Voraussicht nach nicht so laufen wird, ist wohl eine ganz andere.

Gibt es hier vielleicht den ein oder anderen "Freischreiber", der weiß, wie man möglichst kompetent mit solch einer Situation umgeht?


Lieben Gruß!
Titel: Re: Das Herbeizwingen von Ideen
Beitrag von: Tanrien am 14. Juli 2011, 22:49:26
Zitat von: Rigalad am 14. Juli 2011, 22:14:23
Gibt es hier vielleicht den ein oder anderen "Freischreiber", der weiß, wie man möglichst kompetent mit solch einer Situation umgeht?

Das mag vielleicht sehr banal klingen, aber du könntest versuchen, mit deiner Agentur, nun ja, darüber zu reden? Wenn du auf eine andere Art professionell arbeitest als es (vermeintlich) von den meisten getan wird, ist das ja keine Schande und kann thematisiert werden.
Titel: Re: Das Herbeizwingen von Ideen
Beitrag von: Runaway am 14. Juli 2011, 22:58:32
Boah, das ist echt eine gute Frage. Mir geht es genau wie dir - ich plane nicht zu ausführlich vor. Kann ich gar nicht. Bis zur Hälfte oder zwei Dritteln krieg ich die Geschichte geschrieben, aber dann hat sich einiges so sehr verändert, daß der Rest sich immer noch ändert. Das war noch nie anders.
Ich würd das auch auf jeden Fall ansprechen. So wie ich das im Ohr hab, sind ja erste Entwürfe auch meist nicht gleich in Stein gemeißelt.
Titel: Re: Das Herbeizwingen von Ideen
Beitrag von: Lomax am 14. Juli 2011, 23:07:57
Man gibt halt seinen bisherigen Stand ab, und wenn einem im weiteren Produktionsprozess etwas Besseres einfällt, ändert sich halt was im Vergleich zum Exposé oder zu früheren bzw. späteren Entwürfen. Das würd ich erst mal ganz entspannt sehen :omn:
Titel: Re: Das Herbeizwingen von Ideen
Beitrag von: Antonia Assmann am 14. Juli 2011, 23:44:08
Entspannt sehen, gefällt mir!

Ich bin auch so ein "Freischreiber". Ich würde auch versuchen ein Expo zu schreiben aber mit der Unterschrift "ohne Gewähr". Ich denke mal, wenn die Entwicklung, die das MS macht gut ist, wird kein Agent ablehen und sagen, so hatten sie das aber nicht geplant...
Kann ich mir einfach nicht vorstellen. Selbst bei noch so gut geplanten Romanen kann man doch an einen Punkt kommen, wo man ein Jahr vorher noch garnicht wusste, das es sowas gibt, sich die Protas so entwickeln...

Ne, ne, ich wäre da auch gelassen! Also mit Lomax zu sagen - entspannt!
Liebe Grüße
Antonia :winke:
Titel: Re: Das Herbeizwingen von Ideen
Beitrag von: Lavendel am 15. Juli 2011, 08:06:39
Ich habe auch mal versucht, ganz genau zu planen. Kapitelexposés zu schreiben und so. Das wäre super, wenn die Geschichte dann genau so laufen würde, wie man sich das bei der Planung ausgedacht hat. Im Schreibprozess fällt mir dann aber meist doch auf, dass man den ein oder anderen Punkt nicht bedacht hat. Oder eine Figur entwickelt sich anders, als man zuerst angenommen hat. Dann kann es passieren, dass die ganze Arbeit, die man sich im Vorfeld gemacht hat, einfach hinfällig wird. Dafür ist mir dann der Arbeitsaufwand einfach zu groß.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man erst nach so in etwa 100 Seiten genau weiß, in welche Richtung sich ein MS wirklich entwickelt. An dem Punkt muss ich oft noch einmal an den Anfang zurückgehen und ein paar Dinge anpassen.
Ich würde das mit dem ersten Exposé auch nicht so eng sehen. Wenn sich was ändert, dann ändert es sich halt. Besser, man passt das Exposé dem Text an, als den Text dem Exposé. Letzteres kann eigentlich nur schiefgehen.
Titel: Re: Das Herbeizwingen von Ideen
Beitrag von: Sven am 15. Juli 2011, 08:30:24
Zitat von: Lavendel am 15. Juli 2011, 08:06:39
Besser, man passt das Exposé dem Text an, als den Text dem Exposé. Letzteres kann eigentlich nur schiefgehen.

So sehe ich das auch. Es ist zwar irgendwie angenehmer, wenn man weiß, in welche Richtung sich eine Geschichte entwickelt. Man muss dann beim Schreiben nicht mehr so sehr überlegen. Allerdings verfällt man dann auch schnell in ein hektischen Abhaken der einzelnen Kapitel.
Bei mir ist kann es auch durchaus vorkommen, dass ich beim Überarbeiten neue Elemente in die Geschichte bringe, weil ich die alten ja schon kenne und mich langweile. Dann habe ich am Ende etwas völlig anderes als geplant.
Es ist nicht verkehrt, im Vorfeld festzulegen, wohin die Reise gehen soll, aber wenn sich plötzlich Wege auftun, die man vorher nicht gesehen hat, lohnt es sich vom Weg abzuweichen.
Und wenn die Geschichte runder wird, wer wird sich da schon beschweren? Davon ab, sind die Exposés ja eh nicht unbedingt detailliert, sondern geben nur die grobe Struktur der Geschichte wieder (trotzdem HASSE ich sie!!!).
Titel: Re: Das Herbeizwingen von Ideen
Beitrag von: Adalia am 15. Juli 2011, 10:05:18
Ich habe noch nichts veröffentlicht und hatte daher noch nicht mit Agenturen zu tun. Daher ist das Thema für mich umso interessanter. Ich selber plotte relativ viel, da ich beim ersten Roman gemerkt habe, dass ich beim freien Schreiben einfach keinen guten Spannungsbogen und keinen verschachtelten Plot hinbekomme. Allerdings sind diese Kapitelexposés nur stichpunktartig formuliert und in keiner Form, die irgendjemand außer mir verstehen könnte  :D

Agenturen wissen aber doch, dass sich das Manuskript immer dynamisch beim Schreiben entwickelt, oder?
Sicher gibt es einige die vorher schon alles sehr genau plotten und sich daran halten, und einige - wie Rigalad - die frei schreiben. Ich bin aber immer davon ausgegangen, dass Agenturen schon jedes Extrem erlebt haben und sich darauf einstellen. Ich hätte gedacht (in meiner unwissenden Naivität  ;D), dass es kein Problem wäre ein grobes Konzept einzureichen, und bei Interesse anzufangen zu schreiben und dann, wenn die Marschrichtung klarer ist, nochmal ein geändertes, detaillierteres Exposé nachzureichen. Immerhin hat die Agentur, wenn man soweit ist, ja schon einen Roman angenommen und gesehen, dass es so funktioniert hat  ;)

Ist das gar nicht so? Hat man da strengere Vorgaben? Oder hängt das von der Agentur ab?
Titel: Re: Das Herbeizwingen von Ideen
Beitrag von: Ary am 15. Juli 2011, 11:03:05
Ich würde das ansprechen und es auch erst mal eher relaxt sehen. Mir geht es wie Lavendel, ich brauche auch so ca. 100 Seiten, bis ich ungefähr weiß, wo ich mit der Geschichte hinwill (oder sie mit mir) und wie ich mit den Figuren umgehen soll. Da kann es schon mal sein, dass ein geplanter Love interest auf einmal nicht passt, ein Held lieber eine Heldin sein möchte und der fiese Antagonist eigentlich gar nicht so fies ist.
Titel: Re: Das Herbeizwingen von Ideen
Beitrag von: Sorella am 15. Juli 2011, 11:04:40
Ich bin leider noch zu unerfahren um dir hier wirklich fundierte Ratschläge zu geben. Nur so viel: Du bist bei einer Top-Agentur unter Vertrag, Du hast schon eine Veröffentlichung, zwei Verlage haben erstes Interesse an deinem aktuellen Projekt gezeigt - wo ist das Problem? Solange keiner eine Liste oder ein festzementiertes Exposé von Dir fordert, brauchst Du doch nichts krampfhaft erstellen. Die haben Dich so genommen, wie Du bist. Basta. Der Rest ergibt sich aus dem gemeinsamen Dialog und der Zusammenarbeit.

Es gibt so vielfältige Herangehensweisen, wichtig ist einzig und allein, dass es am Ende ein außergewöhnlich guter Stoff wird.

Das Exposé ist mMn in erster Linie ein Verkaufswerkzeug. Je früher das steht, um so früher kann man verkaufen gehen. (Was nicht heißt, dass die Erfolgaussichten damit besser sind, als das Manuskript fertig zu schreiben und dann erst das Exposé zu erstellen)

Meine Meinung: Viele Wege führen nach Rom  :omn:
Titel: Re: Das Herbeizwingen von Ideen
Beitrag von: zDatze am 15. Juli 2011, 11:19:27
Ich werfe auch mal meine unqualifizierte Meinung in die Runde. *hüstel*
ZitatDas Exposé ist mMn in erster Linie ein Verkaufswerkzeug. Je früher das steht, um so früher kann man verkaufen gehen. (Was nicht heißt, dass die Erfolgaussichten damit besser sind, als das Manuskript fertig zu schreiben und dann erst das Exposé zu erstellen)
Ich glaube, da geht es (besonders bei den ersten Entwürfen) nicht ums Verkaufen, sondern eher ums "verkaufbar machen". Die Agentur ist doch nicht nur da um ein Konzept abzunicken, sondern auch um daran zu arbeiten. Und dazu brauchen sie wohl einen Rohentwurf. Je mehr Details vorhanden sind, desto mehr kann man sich auch unter dem neuen Projekt vorstellen und konkretere Vorschläge/Verbesserungen einbringen.

Wenn man als Autor aber zuerst das ganze Buch schreibt und erst dann ein Expose bastelt, geht vergleichsweise viel Zeit verloren. Von daher kann ich schon verstehen, dass eine Agentur gerne zuerst einen Überblick möchte und dann erst das "okay" fürs Schreiben gibt. Klingt jetzt auch vielleicht ein wenig seltsam, aber ich denke, wenn man bei einer Agentur ist, dann sollte man sich klar sein, dass man vielleicht auch ein Herzensprojekt zurückstecken muss, weil etwas Anderes im Moment als verkäuflicher eingestuft wird.

Wenn einem das Planen und Basteln absolut nicht liegt, findet man aber sicher seinen Weg. Nur weil andere viele Details schon vorher kennen, heißt das nicht, dass man das ebenfalls wissen muss. Wir schreiben zwar alle Geschichten, aber jede von uns hat nun einmal seine individuellen Ticks, was das wie betrifft. :)
Titel: Re: Das Herbeizwingen von Ideen
Beitrag von: Rigalad am 15. Juli 2011, 11:30:32
Zitat von: zDatze am 15. Juli 2011, 11:19:27
Wenn man als Autor aber zuerst das ganze Buch schreibt und erst dann ein Expose bastelt, geht vergleichsweise viel Zeit verloren. Von daher kann ich schon verstehen, dass eine Agentur gerne zuerst einen Überblick möchte und dann erst das "okay" fürs Schreiben gibt. Klingt jetzt auch vielleicht ein wenig seltsam, aber ich denke, wenn man bei einer Agentur ist, dann sollte man sich klar sein, dass man vielleicht auch ein Herzensprojekt zurückstecken muss, weil etwas Anderes im Moment als verkäuflicher eingestuft wird

Ich schätze, das ist mein Knackpunkt. Eine grobe Richtung muss die Agentur haben. Ein 6-7 Seiten-Konzept möchte meine Agentin immer haben. Sonst kann sie ja nicht sagen: Oh, das ist gut, oder Oh, das nimmt derzeit niemand.

Ein Ein-bis-zwei-Seiten-Expo kriege ich schon hin. Zu sagen, ah, da ist ein [Ersetzung: rassistische Fremdbezeichnung für Sinti und Roma]mädchen, das sich mal in eine Dryade verwandeln will.. und da gibt's noch einen Fluch und einen Jungen. Das auch noch.
Alles was darüber hinausgeht? Schwierig.
Wahrscheinlich mache ich mir da zu viel Stress, aber ich mache gerne alles richtig, ohne vorher "blöde" Fragen zu stellen, die mich vielleicht nicht kompetent wirken lassen. Selbst die Exposés der Skriptschmiede finde ich schon zu umfangreich für mich.
Aber gut, vielleicht ist das auch eine Frage des Lernes. Kommt noch, je mehr Erfahrung man sammelt. Wäre jedenfalls schön. :)
Titel: Re: Das Herbeizwingen von Ideen
Beitrag von: zDatze am 15. Juli 2011, 11:49:54
Vielleicht liegt da auch ein kleiner Denkfehler vor. Ein 6-7-Seiten-Konzept und ein Expose würde ich jetzt nicht in einen Topf werfen. :hmmm:
Titel: Re: Das Herbeizwingen von Ideen
Beitrag von: Kaeptn am 15. Juli 2011, 12:00:25
Ich bin auch ein Freischreiber und habe nur ganz vage Ideen, weiß ungefähr wo die Reise hingeht, biege aber gern nochmal kreuz und quer ab. Daher habe ich mich schon oft gefragt, ob ich für die Zusammenarbeit mit einer Agentur überhaupt geeignet bin. Denn eigentlich will ich schreiben, wozu ich Lust habe, und wenn es fertig ist, kann man über alles reden. DANN soll die Agentur versuchen, es irgendwo unterzubringen und wenn es keiner will - dann eben nicht.

Jedenfalls könnte ich mir nicht vorstellen nur noch mit Exposees und Leseproben von unfertigen Romanen hausieren zu gehen, zu hoffen das ein Verlag anbeisst und nur noch fertig zu schreiben, wenn wirklich ein Vertrag zustande kommt. Das fände ich (davon ausgehend, das immer ein paar Exps für die Tonne wären, bis mal was klappt) sehr unbefriedigend.
Titel: Re: Das Herbeizwingen von Ideen
Beitrag von: moonjunkie am 15. Juli 2011, 12:12:50
Ich bin auch ein Freischreiber und mir würde das wohl ebenso viel Kopfzerbrechen, wie Dir, Rigalad. Hmm, aber ich denke ich würde es versuchen, so gut es geht ein Konzept zu erstellen. vielleicht musst Du dafür tatsächlich dann die ersten Szenen schreiben und dann überlegen: wie soll das weitergehen. Vielleicht kannst Du dann auch in etwa schonmal ein paar Figuren vorstellen, einen groben Plot und mögliche Verläufe der Geschichte. Ich denke, wenn das grobe Konzept interessant ist für Deine Agentur, dann werden die auch nicht böse sein, wenn sich was dran ändert. Ich würde aber auch mal nachfragen, wie sehr Du dann gebunden bist an Dein Konzept. Ich kann verstehen, dass Du nicht unprofessionell wirken möchtest mit zu vielen Fragen, würde mir vermutlich ähnlich gehen. Aber es gibt sicherlich noch andere Freischreiber, die Deine Agentur kennt und ich denke, das wird auch okay sein.

Grobes Konzept, soweit Du es schon sagen kannst und dann kannst Du ja nochmal drüber reden mit Deiner Agentur.

Ich bin aber auch zu unerfahren bei sowas und habe weder eine Veröffentlichung noch nähere Kontakte zu Agenturen gehabt. Vielleicht hilft Dir meine Meinung dazu ja trotzdem. Immerhin weißt Du jetzt schonmal, dass es hier im Zirkel einige Freischreiber gibt!
Titel: Re: Das Herbeizwingen von Ideen
Beitrag von: Calysta am 15. Juli 2011, 12:25:48
Zitat von: Kaeptn am 15. Juli 2011, 12:00:25
Jedenfalls könnte ich mir nicht vorstellen nur noch mit Exposees und Leseproben von unfertigen Romanen hausieren zu gehen, zu hoffen das ein Verlag anbeisst und nur noch fertig zu schreiben, wenn wirklich ein Vertrag zustande kommt. Das fände ich (davon ausgehend, das immer ein paar Exps für die Tonne wären, bis mal was klappt) sehr unbefriedigend.
Darüber hatten sich Kuddel, ein paar andere Autoren und ich mich schon letztes Jahr unterhalten. Dieses Vorgehen ist Gang und gebe im Geschäft. Man schreibt ein Exposé, die ersten 100 Seiten als Probekapitel und dann macht man sich an das nächste Projekt. Und wie ich es gerade erlebe, ist es auch so. Es geht darum, dass nicht alle Ideen markttauglich sind und noch weniger finden bei den Verlagen Anklang. Idealismus beim Schreiben hin oder her, ab dem Zeitpunkt, ab dem man in einer Agentur oder in einem Verlag ist, ist die Schiftstellerei Arbeit und jeder weiß, dass Arbeit toll sein kann, aber auch stressig und manchmal hat man keine Lust drauf.
Exposés und Leseproben sehe ich als Kostenvoranschläge für die Verlage und nur, wenn sie dem zustimmen, mache ich meine Arbeit. Vielleicht bin ich da zu kapitalistisch, aber ich sehe mich in gewisser Weise auch als Dienstleister.

Ich bin der Planer und das ist auch gut so, weil meine Agentin auch will, dass ich plane. Sie will wissen, wohin die Geschichte gehen wird, damit sie vermitteln kann. Das geht mittlerweile soweit, dass ich grobe Kapitelexposés schreibe, damit sie besser mit mir arbeiten kann - weil in meinen Kopf hineinschauen kann sie nicht.
Wenn der Plot dabei eine andere Drehung bekommt (was er jetzt schon hat), teile ich ihr das mit, bespreche das mit ihr und dann geht es weiter. Ganz kleinlich kann man sich nicht an Plotvorgaben halten, aber man kann sich daran entlanghangeln. Mir ging das bei meinen Dämonen auch so. Das Exposé hatte ich vorher geschrieben, wann was passiert, damit ich den Spannungsbogen einhalte. Zum Schluss ist die Geschichte teils anders, als ich sie mir am Anfang vorgestellt hatte - aber immer noch nahe am Plot.
Dabei fühle ich mich nicht zu einer Idee gezwungen, sondern sehe es eher als Rettungsseil, weil ich Logikbrüche ausrotte, bevor sie entstehen und mir lästiges Umschreiben erspare.

Wie gesagt, ich bin ein Planer, deswegen legt meine Worte nicht auf die Goldwaage.
Titel: Re: Das Herbeizwingen von Ideen
Beitrag von: Runaway am 15. Juli 2011, 12:34:51
OT:
Zitat von: Kaeptn am 15. Juli 2011, 12:00:25
Denn eigentlich will ich schreiben, wozu ich Lust habe, und wenn es fertig ist, kann man über alles reden. DANN soll die Agentur versuchen, es irgendwo unterzubringen und wenn es keiner will - dann eben nicht.
Versteh ich total. Deshalb bin ich auch froh, daß ich mit meiner Agentin zuerst mal "nur" einen Werksvertrag geschlossen habe. Sie konzentriert sich jetzt auf das Werk, das ich ihr vorgestellt hab, und das paßt mir ganz hervorragend in den Kram. Sie schielt nicht auf andere Sachen und ich muß mich dementsprechend nicht drüber aufregen.
Von daher wär das mein heißer Tip für dich: Guck dich nach sowas um!

/OT
Titel: Re: Das Herbeizwingen von Ideen
Beitrag von: Judith am 15. Juli 2011, 17:57:27
Dein Problem ist eins, das auch mich ziemlich beschäftigt.
Es ist nicht so, dass ich nicht plotten kann. Allerdings sind die Ideen, die mir beim Plotten im Vorfeld kommen, oft zwar durchaus nett und brauchbar, aber es fehlt meistens etwas. Mir fallen da immer nur recht "klassische" Plotelemente ein. Die wirklich interessanten Ideen, unvorhergesehenen Wendungen und größeren Zusammenhänge erschließen sich mir immer erst beim Schreiben (und wenn ich die Figuren einfach machen lasse).
Das ist auch der Grund, weshalb ich befürchte, dass ich sozusagen nicht "verlagsfähig" bin.

Ich kann diszipliniert arbeiten, wenn es notwendig ist. Ich kann auch ein bestimmtes Pensum schreiben, ich kann Deadlines einhalten und ich kann mich auch dann hinsetzen und "irgendwas" runterschreiben, auch wenn ich keine Lust habe. Ich hab auch nicht wirklich ein Problem damit, das Schreiben auch einfach als Arbeit zu sehen, die ich auch dann erledige, wenn ich gerade nicht so darauf eingestimmt bin.
Aber was ich nicht kann, das ist eben das Herbezwingen von Ideen beim Plotten. Und ich weiß auch nicht, wie ich mir das "Antrainieren" könnte.

Andererseits muss es ja wohl auch veröffentlichte Schriftsteller geben, die dieses Problem haben. Und ich hab auch schon in Interviews oder bei Lesungen bekannte Autoren davon erzählen hören, dass ihr tatsächlicher Roman mit dem anfänglichen Exposé nicht mehr allzu viel gemeinsam hatte.
Das beruhigt mich dann wieder ein wenig.  ;)
Aber trotzdem: Müsste ich vor dem Schreiben des Romans eine ausführliche Handlungszusammenfassung schreiben (also eben eine, die über den groben Plot hinausgeht), wäre ich völlig aufgeschmissen.  :seufz:

Insofern kann ich dir da nicht weiterhelfen, Riga, sondern dir nur sagen, dass ich das voll und ganz nachvollziehen kann.
Titel: Re: Das Herbeizwingen von Ideen
Beitrag von: Leo am 15. Juli 2011, 20:32:23
Mit freiem Schreiben komme ich nie weit, ich habe mich daher zu einem ausgesprochenen Planer entwickelt. Dabei habe ich allerdings die Erfahrung gemacht, dass selbst der ausgefeilste Plot sich während des Schreibens ändern kann; es sind diese Momente wenn man merkt, dass irgendetwas nicht aufgeht und man sich was neues ausdenken muss, wenn man eine ganz tolle neue Idee entwickelt hat oder ein unwichtiger Nebencharakter sich plötzlich für eine ganz große Rolle aufdrängt. Ich liebe diese Momente!
Man kann jedenfalls nie so genau wissen, was einen noch so erwartet. Du könntest vielleicht klar machen, dass dein Konzept noch hypothetisch ist und nichts sicher feststeht, aber dafür ist es ja auch nur ein Konzept (und kein Exposée). Bitte korrigiert mich, wenn die Agenturen das anders sehen sollten - Erfahrung habe ich da keine.

Generell zum Threadtitel: Ideen kann man nicht herbeizwingen. Unmöglich.
LG, Leo
Titel: Re: Das Herbeizwingen von Ideen
Beitrag von: Telas am 16. Juli 2011, 11:54:39
Für mich ist der TZ hier immer die beste Anlaufstelle wenn ich merke, dass mein Plot noch nicht genug Tiefgang hat. Oft merken die Leute Dinge an den Plots an, auf die ich von alleine wahrscheinlich nicht gekommen wäre und deren Fehlen das gesamte Konstrukt unlogisch werden lassen. Also meine Plots sind jedenfalls oft sehr weitmaschig und erst zur Mitte des Buches kann ich die Plotkette vollenden. Enorm detaillierte Plots kriege ich nicht zustande, da mir die Ideen dazu ebenfalls zunächst noch Fehlen und ich mich außerdem in Sachen vertiefen würde, die keinen interessieren.