Hallo zusammen,
gerade habe ich Maries Mutter ins Krankenhaus gebracht. Sie wurde in der Notaufnahme behandelt und ist noch nicht bei Bewusstsein. Nun liegt sie auf der Intensivstation und Marie möchte sie natürlich sofort sehen.
Jetzt weiß ich aber gar nicht: Darf man da als Besucher gleich mit rein? Und wie sieht es auf so einer Intensivstation überhaupt aus? Muss man da irgendwie Schutzkleidung anziehen, ehe man dort reingeht? Und darf man zu den Patienten ans Bett oder muss man Abstand halten?
Ich wäre total glücklich, wenn mir da jemand weiterhelfen würde, denn ich war (zum Glück) noch nie in einer Situation in der ich diesbezüglich meine eigenen Erfahrungen machen konnte.
Danke schonmal und liebe Grüße,
Anika
Mein Opa vor ... vielen Jahren!
Man darf erst rein, wenn der Patient stabil und angeschlossen ist.
Angehörige klingeln, es wird ihnen persönlich geöffnet. Wir mußten damals nur Kittel überziehen, keine Hauben oder Fußpräser.
Opa lag in einem Zweibettzimmer, alles sehr schlicht und funktional, helle Wandfarben. Vollelektrisches Bett, Tropfständer, EKG, Kathederbeutel in Sichtweite, drei Monitore am Bett, ein weiterer draußen auf Station. Es waren zwei Besucherstühle je Bett da, ein kleiner Tisch, keine Blumen!
Auf "Wachstation" (dort sitzt eine Schwester mit im Zimmer und bewacht ihre Patienten richtig) darf man gar nicht rein. Oma, vor fünf Jahren. Wir durften noch kurz in normaler Kleidung reinhuschen und ihr Gute Nacht und Alles Gute wünschen, aber das war die Oberausnahme. Auf Wachstation (Oma lag dort drei Tage) darf man auch nicht besuchen.
Noch eins: Kinder dürfen nicht auf Intensivstation und haben dort - meiner Meinung nach - auch nichts zu suchen. Die viele Technik, das Leid, das muß man ihnen nicht antun.
Das kommt glaube ich auf die Intensivstation an und in welchem Zustand der Patient ist und in welchem teil der Intensivstation er liegt. Als meine Oma einige Zeit vor ihrem Tod auf der Intensivstation lag, durften wir ganz normal zu ihr rein, ohne Kleidungswechsel o.Ä.
Es gab da im Krankenhaus aber in der Intensivstation nochmal eine Schleuse, durch die musste man durch um zu den besonders "harten" Fällen zu kommen. Diese Schleuse habe ich aber nur gesehen, dahinter war ich noch nie (zum Glück).
Also, es geht jetzt um den Moment direkt nach der Behandlung in der Notaufnahme. Die Patientin ist soweit stabil, aber sie liegt noch im Koma und hat ungeklärte Entzündungen und leichte innere Blutungen im Bauchraum. Ist das dann ein Fall für die Intensivstation oder für die Wachstation?
Und: Kinder? Heißt das, alles unter 18? Marie ist 15, Gabriel 17. Und Gabriel ist kein Angehöriger. Also kommen die da beide sowieso nicht rein?
Also als meine Oma letztes Jahr gestorben ist war ich 17 und durfte in die Intensivstation und wir mussten auch kein Schutzkleidung anziehen, sondern nur einmal beim rein und einmal beim rausgehen die Hände desinfizieren.
Ich meine mich zu erinnern - bei der Oma meines Mannes - dass da Kinder unter 15-16 Jahren nicht reindurften ... :hmmm:
Kleine Kinder. Meine Plöde Schwester TM versuchte doch tatsächlich, mit ihrem dreijährigen Sohn in die Wachstation zu gelangen ...
Wo genau die Altersgrenze ... Nycra weiß es, ich nicht.
Zitat von: Sprotte am 28. Juni 2011, 16:34:23
Kleine Kinder. Meine Plöde Schwester TM versuchte doch tatsächlich, mit ihrem dreijährigen Sohn in die Wachstation zu gelangen ...
Wo genau die Altersgrenze ... Nycra weiß es, ich nicht.
Auch nur, weil Olis Tante ihre 10-jährige Tochter mit reinnehmen wollte und mein SchwieVa mir damals die Ohren vollgemault hat, dass das in dem Alter doch nicht erlaubt sei ... (die beiden haben ein wenig Clinch).
Aber ich schätze auch hier, gibt es von Klinik zu Klinik unterschiedliche Regeln. Und in Deutschland wird einiges verboten sein, was in anderen Ländern erlaubt ist.
Hmm ... ich denke, sie werden Marie schon reinlassen, immerhin ist es ihre Mutter. Bei Gabriel bin ich mir aber nicht so sicher, der ist ja kein Angehöriger, sondern "nur" Maries Freund. Der muss wahrscheinlich draußen warten, was?
Ich war schon auf mehreren Intensivstationen, da ich ja auch mal was Medizinisches gelernt habe. Auch einmal, weil mein Opa dort war und mit dem Zwerg auf der Neugeborenenintensiv, die aber noch mal ein Fall für sich ist.
Im ZKH Bremen Ost und auch in Buchholz, wo mein Opa lag, gab es eine Schleuse. Das war ein quadratischer Raum mit Regalen und Wächebehältern und einem Waschbecken. Dort lag die Schutzkleidung. Plastikmäntel, Hauben, Mundschutz, Fußüberzieher, Handschuhe. Über dem Waschbecken und dem Desinfektionszeug hing eine Anleitung, wie man sich die Hände zu desinfizieren hat.
Nach der Schleuse erwartete einen eine relativ normale Station, bloß dass die Zimmer halt besonders ausgestattet waren. Ich erinnere mich an Wände aus Glas, damit man beim Gang über den Flur auf Anhieb sieht, wenn etwas nicht stimmt. Über den Türen waren Signallichter in Grün und Rot angebracht. Rot bedeutete, dass etwas nicht stimmt, grün, dass bereits jemand vom Personal da ist.
Aus dem ZKH kenne ich auch die Durchsage "Lenore, Station sowieso" - Lenore bedeutet "Lebensnotrettung". Das ganze Wort haben sie nichtbenutzt, um andere Patienten und Besucher nicht zu beunruhigen. Das ist wie mit den Codes im Supermarkt.
Oh super, Hanna, das hilft mir sehr weiter! :knuddel:
Ich habe übrigens in Erfahrung bringen können, dass man 14 Jahre alt sein muss, um in die Intensivstation zu dürfen. Den Besuch dort werde ich allerdings verschieben. Klingt doch plausibel, wenn der Arzt ihr erklärt, dass die Mutter für 48 Stunden auf der Wachstation liegen wird und dort keine Besucher gestattet sind?
Ich weiß nicht ob dir das weiterhilft, aber als meine Omi Krebs hatte, durfte sie keinen Kontakt zu niemandem haben. Hört sich eh so ähnlich an wie bei den voran gegangenen Beschreibungen. Ich habe zum Glück noch nie auf eine Intensivstation müssen, um einen geliebten Verwandten zu besuchen. (Bei Omi war ich 3 Jahre alt und hab nicht wirklich viel mitbekommen).
Kann es auch sein, dass es gewisse Probleme mit Gegenständen gibt, die von draußen kommen? Also ich nehme nicht an, dass man deinem Chara Blumen oder dergleichen hinstellen darf, wenn es schon bei Menschen so streng ist ....
LG
Jade
Bei uns sieht jede Intensiv anders aus. Wir haben mittlerweile drei Stück davon, je nach Fachbereich. Daher sehen sie auch alle anders aus. Bei der einen gibt es, nach dem man die Hürde Klingel überwunden hat einen kleinen Wartebereich, wo auch die Angehörigen hingeschickt werden, wenn die Patienten untersucht werden. Die Zweite hat nur eine Klingel und man muss bis in die mitte des Flures zum Schwesternstützpunkt laufen, bzw. es kommt eine Pflegekraft Richtung Eingang. Und auf der Dritten ist der Schwesterndienstplatz am Ende des Flures ohne Klingel sogar.
In der Ausstattung sind die Zimmer aber fast alle gleich. Meist Zweibettzimmer, mit Waschbecken plus Filter dran gegen Legionellen. Überall hängen Handschuhe in den verschiedensten Größen, Monitor für die Überwachung über jedem Bett und dann natürlich die verschiedensten Infusiomaten, die ein Piepskonzert vom feinsten abgeben.
Bestimmte Kleidung muss man auf einer normalen Intensivstation eigentlich nicht anziehen, es sei denn der Patient hat einen ansteckenden Keim. Dann halt Mundschutz, Kittel und Handschuhe und hinter her Händedesinfektion.
Bevor man die Zimmer betritt muss man natürlich mit dem Pflegepersonal sprechen, ob es gerade geht oder ob Untersuchungen anstehen.
Wegen deiner Blutung, ich habe gerade mal mit einer unserer Ärzte gesprochen. Ich weiß ja nicht in wie weit du deine Blutung ausgebaut hast, aber wenn sie größer ist (da der Begriff leicht ist dehnbar) sollte sie direkt in den Op. Wenn es eine wirklich kleine ist und man kann sie lokalisieren, dann gibt es die Möglichkeit abzuwarten, ob sie von allein gerinnt, dies geht aber nur bei gutem Allgemeinzustand. Wenn sie sich akut verschlechtert muss sie in den Op. Ansonsten kannst du ihr ja Vorerkrankungsbedingt Blutgerinngungshemmer (ASS, Plavix, Marcumar) andichten, damit sie diese Präparate vor der Op erst absetzten müssen, damit hättest du noch etwas Zeit, die sie auf der Intensiv verbringt.
Ach so Kinder dürfen erst im Alter von 14 Jahren in Begleitung eines Erwachsenen die Intensiv betreten.
Hoffe konnte dir etwas helfen.
Lg Feather
Edit: Sorry wir sind ja schon im Juli, aber schaden kanns ja nie.
Danke, Feather! Ich hab das Lektorat jetzt zwar schon durch, aber dein Beitrag war sehr interessant, und ich kann das ganz bestimmt noch brauchen! :)
Als meine Schwester nach einem schweren Verkehrsunfall intensiv im künstlichen Koma lag, haben wir sie eigentlich jeden Tag nachmittags innerhalb eines Zeitfensters von drei Stunden in der Intensivstation besuchen können. Ein Viererraum ist durch Raumteiler aus Stoff in kleine Einzelkabinen zerteilt. Meine Schwester war natürlich an unzählige Geräte mit wilden Kurven und Piepsgeräuschen angeschlossen. Ansonsten war alles paradox leise, ruhig und unhektisch. Wie eine stille effiziente Maschinerie. An den Wänden der Gänge hingen Lehrblätter zu intensivmedizinischen Traumata. In einer Nebenkabine verstarb irgendwann jemand. Immer mussten wir durch eine Schleuse in die intensiv. In einem lächerlich kleinen Wartezimmer mit nur zwei Stühlen haben sich manchmal sechs verzweifelte Personen die Füße in den Bauch gestanden, bis ein Pfleger Zeit hatte uns abzuholen. Die Leute sind dann ungewöhnlich gesprächig. Jeder möchte sein Leid teilen. Es durften immer nur zwei Leute auf einmal zu ihr und ausschließlich echte Angehörige. Wirkliche Ärzte kriegst Du nur zu sehen, wenn irgendwo was aus dem Ruder läuft oder ein Statusbericht ansteht. Als es ihr am Anfang direkt nach dem Unfall sehr schlecht ging, haben wir Stunden damit verbracht, die Kurve, die Liquordruck anzeigt herunterzustarren.
Es war alles ein bisschen, wie auf einer Raumstation. Nicht auf der Erde. Eigene Gesetze. Isoliert. Kühl. Ruhig selbst bei Notfällen. Angespanntheit. Das Leid der anderen in den anderen Kabinen nur gedämpft wahrnehmbar. Ein leises Wimmern. Und überall die Geräusche der Lebenserhaltungssysteme. Beatmungsschläuche zischen. Pulsmesser piepen. Irgendeine Lebenskurve löst einen Alarm aus. Die quietschende Schuhe eines Pflegers auf dem Linoleum der nach dem Rechten sieht, Infusionen austauscht, Spritzen setzt etc. Möchte das nie wieder erleben.
Hm, ja, Schommes hat das gerade ziemlich gut erklärt. Ich lag selbst zweimal einige Tage auf der Intensiv und weiß dank Morphium auch nicht mehr viel. Aber viele dieser Eindrücke hat mein Unterbewusstsein in etwa so aufgeschnappt.
Naja, aber meine Familie durfte mich in kleinen Gruppen besuchen. Auch in normaler Kleidung, weil das was damit zu tun hat, was man hat.
Wir waren zu zweit auf einem Zimmer, aber durch einen Vorhang getrennt. Aber wie es außerhalb meines Zimmers ausgesehen hat? Keine Ahnung. Aber es war immer sehr still und ruhig und steril und bedrückt.
Dagegen ist der normale Trakt des Krankenhauses irgendwie richtig gemütlich.
Boah Schommes,
du hast das gerade geschildert, dass mir die Haare zu Berge stehen. Ich war zwar mal auf einer Intensivstation, aber irgendwie war es da anscheinend nicht so "lebensbedrohlich" - Aber wenn ich mir das vorstelle, wie du das gerade geschrieben hast, das ist ja Horror pur!
Ich hoffe, deiner Schwester geht es wieder gut! Gruselig sowas!
Liebe Grüße
Antonia
Liebe Antonia,
die gute Nachricht zuerst: Meine Schwester ist vollständig wiederhergestellt, wenn man von dem mangelnden Geruchssinn absieht. Aber ich habe beobachten dürfen, wie sie nach dem Aufwachen nach sechs Wochen Koma erst einmal wieder als geistiges Gemüse gestartet ist um sich dann über zwei bis drei Jahre Schritt für Schritt in die Normalität zurückzuarbeiten.
Ich werd nie den Moment vergessen, als sie gleich kurz nachdem Erwachen und dem Entfernen des Atemschlauchs zu reden anfing. Völliger Stuß: Auf die Frage, welche Wurst sie zum Essen will, fing sie mit einem Vortrag über das Theater an (sie ist Dramaturgin) aber superartikuliert und ohne jedes Zögern. Vorher hatten die Ärzte nicht mal die Hand dafür ins Feuer gelegt, dass sie überhaupt wieder reden wird.
Das letzte Symptom, das irgendwann verschwand, war eine extrem erhöhte Reizbarkeit.
Das war wirklich ziemlich heavy.
Und wenn ich mir dann noch denke, dass sie mit 80 über den Haufen gefahren wurde (20 Meter Flugphase vorm Auftitschen), nur weil sie bei einem vorangegangenen Unfall aufräumen geholfen hat ... Das Leben ist manchmal echt ein harter Knorpel.
Aber danke der Nachfrage und wie gesagt, heute ist alles wieder fein. ;-)