Hallo allerseits! :winke:
Wie immer die Aufforderung, das Thema zu schließen, sollte ich bei meiner Suche ein solches schon übersehen haben. Verzeiht mir darüber hinaus, falls der grammatische Terminus "Aussagesatz" nicht ganz korrekt gewählt sein sollte, ich bin da nicht so bewandert :-X.
Mir hat sich beim Schreiben die Frage gestellt: Wirkt es besser, die Gedanken des Perspektivträgers in wörtliche Rede zu fassen oder sie jenseits der Gänsefüßchen oder der Kursivschrift in Prosa zu verfassen? Beispielsweise:
Götter, habe ich einen Hunger. Melbert seufzte schwer.
Oder eben:
Melbert seufzte schwer. Er hatte unglaublichen Hunger.
Mir ist aufgefallen, dass ich bislang eigentlich nur die zweite Variante verwendet habe, und jetzt frage ich mich, ob das zu unpersönlich wirkt.
Sagt mir mal eure Meinungen dazu: Welche Formulierungsart nutzt ihr am meisten und warum? Welche findet ihr beim Lesen am Angenehmsten?
Ich verwende beides wild durcheinander, aber die erste Variante häufiger. Damit ist man einfach näher an der Figur dran - nur überstrapazieren darf man's nicht, sonst wirkt es irgendwann aufgesetzt.
Ich denke, da gibt es kein falsch und auch kein richtig. Ich persönlich benutze lieber die erste Variante, allerdings ohne das kursive. Dafür setze ich meist ein "überlegte er" oder ein "dachte er" hintendran, so dass der Leser auch weiß, dass es Gedanken sind.
Warum ich das so mache? Auch wenn ich in der dritten Person schreibe, bin ich so etwas näher am Charakter dran. Ganz einfach. Wie du schon schreibst, finde ich die zweite Variante unpersönlicher.
Ich verwende auch beides. Darauf habe ich ehrlich gesagt noch nicht so geachtet.
Zweite Alternative beinhaltet den Namen der Person, dann ein er.
Wenn Du in den Sätzen vorher schon soo oft den Namen der Person, bzw. ein er verwendet hast, ist die erste Konstellation besser, weil ein Götter zwischengeschoben ist. Vom Sinn her sehe ich da jetzt keinen Unterschied, beide Sagen dasselbe aus.
Aryana hat es schon gesagt: Welche der beiden Versionen ich wähle, hängt davon ab, wie nahe ich dem Prota gerade beim Schreiben bin - oder überhaupt sein möchte.
Ich denke, dass deine 2. Variante auch die ungefährlichere ist. Denn wenn mir jemand Gedanken vorsetzt und ich mit dem Chara nicht wirklich warm bin (sprich, da ist noch eine deutliche Distanz zwischen mir und Chara), dann kommen bei mir solche Gedankengänge immer ein wenig unpassend an.
Deine 1. Variante empfinde ich auch als viel "stärker" als deine 2. Variante. Mir gefällt die 1. besser, aber das ist wieder so eine Geschmacksfrage. ;D
Okay, vielleicht ist Hopfen und Malz noch nicht verloren. :hmmm:
In meinem Prolog verwende ich ausschließlich die zweite Variante. Vielleicht nicht so persönlich, aber wie zDatze schon sagt, man "kennt" den Prota ja auch noch nicht wirklich.
Vielleicht taugt die zweite Variante ja ganz gut zur Einführung, und im weiteren Verlauf kann man dann langsam die wörtlichen Gedanken mit einfließen lassen.
Hallo,
ich verwende lieber die zweite Variante, einfach, weil sie sich für mich besser in den Er-Erzählstil eingliedert. Wenn da plötzlich was mit Ich kommt, empfinde ich das oft als unangenehmen Bruch, auch beim Lesen.
LG Sanjani
Gedanken durch Kursivschrift auszudrücken, mag ich nicht. Ich kenne das so nur aus Eragon, und dort hat es mich anfangs ziemlich gestört; wegen der telepathischen Kommunikation lässt es sich natürlich schlecht vermeiden, und im Laufe des Buches habe ich mich daran gewöhnt, aber persönlich würde ich nicht so schreiben.
An manchen Stellen mache ich es auch wie Kuddel, schreibe also einen Gedanken aus der Ich-Perspektive und kennzeichne ihn ähnlich wie bei wörtlicher Rede ("Götter, habe ich einen Hunger, ging es Melbert durch den Kopf." - in Maßen zu gebrauchen). Oder ich stelle ihn einfach in den Raum ("So ein Hunger!" - funktioniert bei manchen Beispielen besser, bei anderen schlechter). Gerade der Bruch, den Sanjani anspricht, kann auch gebraucht werden, um etwas besonders zu betonen.
Welche Form am besten passt hängt wahrscheinlich auch von der Nähe zum Perspektivträger ab; mal ist der Stil ähnlich dem eines schizophrenen Ich-Erzählers, mal gleicht er eher dem eines Stasi-Spitzels.
LG, Leo
Hallo zusammen,
noch eine kurze Ergänzung: Wir haben im Deutschunterricht einst gelernt, dass man Gedanken NICHT in wörtlicher Rede wiedergeben darf. Ich weiß nicht, ob das eine typografische Regel ist, die irgendwo festgeschrieben steht, gehe aber davon aus und kenne das so in Büchern auch nicht. Deshalb würde ich damit auch nicht brechen.
LG Sanjani
Zitat von: Sanjani am 02. März 2011, 12:48:30
ich verwende lieber die zweite Variante, einfach, weil sie sich für mich besser in den Er-Erzählstil eingliedert. Wenn da plötzlich was mit Ich kommt, empfinde ich das oft als unangenehmen Bruch, auch beim Lesen.
Aus dem gleichen Grund nehme ich die zweite Variante auch lieber.
Beim Lesen ist es mir eigentlich egal, nur sollte man die erste Variante auf jeden Fall kenntlich machen. Ich habe mal ein Buch gelesen, in dem der Autor die Gedanken der Person in der gleichen Formatierung geschrieben hat wie den Rest des Buches und an manchen Stellen habe ich mich wirklich gewundert, warum jetzt auf einmal in der Ich-Perspektive geschrieben wird...
Die erste Variante mag ich nicht besonders, auch wenn ich nicht genau erklären kann, weshalb. Vielleicht, weil mir das früher fast nie in Romanen untergekommen ist, sondern nur in Foren-RPGs, um Gedanken zu kennzeichnen.
Und dann tauchte es auch vermehrt in Romanen auf, aber für mich passte es da oft einfach nicht rein. Also das ist ganz mein subjektives Empfinden, und es stört mich auch nicht immer. Vor allem nicht, wenn es nur vereinzelt vorkommt.
Ich selbst beim Schreiben nehm auch lieber die zweite Variante, wobei ich selten auch mal direkte Gedanken einstreue.
Zitat von: Spinnenkind am 02. März 2011, 11:32:05
Götter, habe ich einen Hunger. Melbert seufzte schwer.
Oder eben:
Melbert seufzte schwer. Er hatte unglaublichen Hunger.
Das erste Beispiel gibt einen Gedanken wieder.
Das zweite Beispiel beschreibt einen Zustand und drückt damit eher die Meinung des Autors aus. Diese ist zwar beim personalen Erzähler regelmäßig mit der Meinung der Figur identisch, muss es aber nicht und ist etwas anderes als der direkte, ungefilterte Gedanke der Figur.
Sorry, dass ich darauf herum reite, aber ich finde, dass hier unterschiedliche Dinge ausgedrückt werden und dessen sollte man sich bewusst sein.
Als dritte Variante gibt es noch die erlebte Rede.
"Götter! Hatte er einen Hunger!"Generell noch der Hinweis, dass man bei erlebter Rede oder direkten Gedanken weniger leicht ins Schwafeln abdriftet. Nach
Er hatte unglaublichen Hunger könnte ich die nächsten drei Seiten so weiter machen. Bei
Götter, habe ich einen Hunger! ist die Sache gegessen.
Zitat von: Spinnenkind am 02. März 2011, 11:32:05
Götter, habe ich einen Hunger. Melbert seufzte schwer.
Oder eben:
Melbert seufzte schwer. Er hatte unglaublichen Hunger.
Letzteres gefällt mir besser, das erste wirkt komisch und stört den Lesefluss. Bei
die Säulen der Erde werden die Gedanken nicht einmal mehr kursiv gekennzeichnet und für einen Moment irritiert es mich immer wieder und es bringt mich völlig aus der Konzentration, wenn die Gedanken plötzlich eingeworfen werden.
Die zweite Variante ist distanzierter und passt besser in den Lesefluss, sie spricht mich einfach eher an und ich habe nicht das Gefühl, frech von den Gedanken unterbrochen zu werden.
Aber die Variante, die Churke nannte, ist auch interessant.
Zitat von: Churke am 02. März 2011, 22:14:30
Als dritte Variante gibt es noch die erlebte Rede. "Götter! Hatte er einen Hunger!"
Es ist jetzt nicht so aufdringlich nah an der Figur, wie es die erste Variante wäre und doch ist da keine solche Distanz wie bei der zweiten und keine Ahnung wieso, aber ich habe das Gefühl, dass diese dritte Variante auch mehr aussagt, als die Zweite, sie klingt auch nicht so plump.
Da Churke es zur Sprache gebracht hat: Erlebte Rede ist eigentlich das, was ich beim Schreiben für solche Gedanken am häufigsten verwende. Auch beim Lesen ist sie mir lieber als direkte Gedanken bzw. ein innerer Monolog.
Okay, den Unterschied verstehe ich prinzipiell schon.
Aber die Grenze zwischen erlebter Rede und der Meinung des Autors, also der zweiten Variante, ist sehr fließend, kann das sein?
Wenn man als Beispiel einen anderen Gedanken nimmt, wie: "Ich sollte lieber verschwinden." (In wörtlicher Rede), dann wird daraus in erlebter Rede: Er sollte lieber verschwinden. Wo liegt da noch der Unterschied zur zweiten Variante? Auch bei meinem ursprünglichen Beispiel wird die Meinung der Autors nur durch den Ausruf "Götter!" zur erlebten Rede.
Zitat von: Spinnenkind am 03. März 2011, 12:24:10
Aber die Grenze zwischen erlebter Rede und der Meinung des Autors, also der zweiten Variante, ist sehr fließend, kann das sein?
Im Gegenteil. Die erlebte Rede heißt auch "freie indirekte Rede", weil sie immer einen Gedanken des Protagonisten wieder gibt. Es ist also gerade nicht die Meinung des nun, nennen wir ihn des Erzählers.
Ich gebe zu, dass das im Einzelfall schwer zu unterscheiden sein kann, zumal man ja oft bekannte Konstruktionen und Ausdrucksweisen übernimmt und verwendet, ohne sie groß zu reflektieren. In deinem zweiten Eingangsbeispiel ("Er hatte unglaublichen Hunger") ist nicht klar und letztlich auslegungsbedürftig, wer diese Wertung vornimmt. Bei einem auktorial(eren) Erzählstil wäre dies wohl als Wertung des Autors zu verstehen, wohingegen die erlebte Rede immer dem Perspektivträger zuzuordnen ist.
Kommen wir nun zu "Ich sollte lieber verschwinden": Hier beschreibst oder wertest du keinen Zustand (im Eingangsbeispiel war immerhin noch von Hunger die Rede), sondern gibst einen originären Gedanken der Figur wieder. Indem du schreibst "Er sollte lieber verschwinden" wird aus diesem Gedanken die erlebte Rede, zumal du dich hier sogar noch im epischen Präterium bewegst.
Um diese Empfehlung dem allwissenden Autor zuzuordnen, müsstest du zumindest die Zeit wechseln. "Er wäre besser verschwunden."
Ich mache diese Dinge auch aus dem Bauch heraus, aber in Zweifelsfällen ist es manchmal recht hilfreich zu wissen, was man tut.
Ach, so meinst du das ;) Jetzt hab ich 's auch verstanden. Klar, bei einem auktorialen Erzähler ist das nochmal etwas anderes, da wird die Wertung des Autors natürlich deutlicher.
Als ich den ersten Post hier gelesen habe, war mein erster Gedanke *Gar nichts von beidem, sondern erlebte Rede*. Sie ist einfach meiner Meinung nach definitiv die beste Methode, um Gefühle eines Perspektivtrögers darzustellen, nah bei ihm zu sein, ohne dass irgendjemand die Gedanken als wörtliche Rede oder Erzählerwertung verstehen könnte. Denn es sollte auch immer klar sein: Selbst ein personaler Erzähler ist ein Erzähler. Er gibt zwar weitestgehend die Gedanken der Figur wieder - aber nie so unverfänglich und direkt wie es die Figur selber könnte. Selbst ein personaler Erzähler ist eine vermittelnde Instanz zwischen dem Charakter und dem Leser - wenn ich aber dicht beim Charakter sein möchte, dann muss diese vermittelnde Instanz weg, das kann ich aber nur mit innerem Monolog oder direkter Rede erreichen. Von innerem Monolog rate ich bei solchen kurzen Einschüben ab, es wird zu unübersichtlich dauernd zwischen Ich und Er, sowie Präsenz und Präteritum zu wechseln. Innere Monologe sollten länger sein, wenn sie vorkommen.
Natürlich nutze ich manchmal auch direkte Gedanken oder schildere sie durch den Erzähler. Allerdings das nur an Stellen, in denen ich der Figur noch nicht sehr nahe komme. Wenn es persönlicher wird, gerade auch an sehr emotionalen Stellen, wirkt der einfache Erzählbericht zu kalt und distanziert.
Ich selbst schreibe das auch meistens aus dem Bauch heraus, aber gerade wenn man es dann überarbeitet, sollte man darauf achten und wissen, welche Variante welche Wirkung hat, damit man sie zielsicher einsetzen kann.