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Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: Maja am 01. Januar 1970, 01:00:00

Titel: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Maja am 01. Januar 1970, 01:00:00
Aus aktuellem Anlaß möchte ich einen neuen offenen Workshop starten zum Thema "Dialoge lebensnah formulieren".

Ich mache das immer so:
Ich schreibe den Dialog nieder wie ein Drehbuch ohne Regieanweisungen, also
Typ A: Blah blah blah
Typ B: Blah blubb
Etc., bis ich ein sinnvolles Ende habe.

Dann lese ich den Dialog laut, ohne besondere Betonung und eher runtergeleihert, um nur die Worte auf mich wirken zu lassen. Manchmal muß auch Christoph am Telefon dafür als Opfer herhalten. Nur beim Sprechen, finde ich, merkt man, ob Leute wirklich so sprechen. Wenn etwas holpert oder befremdlich klingt, umschreiben. Bis es lebendig wird.
Dann folgen Regieanweisungen (steht auf, setzt sich hin, kratzt sich am Kopf, schlägt B nieder), die ich an die passenden Stellen verteile, bis der Dialog ausreichend aufgelockert aussieht.
Am Ende folgt die Verschmelzung zur Prosa, aus den Namen mit Doppelpunkt werden
", sagte er fröhlich. oder:
", murmelte er, den Blick gesenkt. " ..."
Sehr selten beginne ich mit: Er sagte: "Blah", weil das wieder Leben aus dem ganzen nimmt und das Ganze wieder Richtung Hörspiel drängt.

Bin mal gespannt, wie ihr es macht.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Rei am 01. Januar 1970, 01:00:00
Hmm, Dialoge... Die schreibe ich, wenn ich ehrlich bin, einfach runter, also auch mit begleitenden Bewegungen (senkte den Blick, etc.). Spätestens bei der Überarbeitung fällt das eine oder andere raus, wird ergänzt oder überschrieben.

Im Grunde mache ich mir vorab keine Gedanken um meine Dialoge, lese sie nur zum Abschluß mal laut, um zu sehen, wie sie wirken, wenn man sie wirklich ausspricht. Aber ich plane sie nicht, sie sind kommen spontan (und klingen in der Rohfassung dann auch so...).

"Er sagte..." vermeide ich. Das klingt - wie Du schon sagst - nach Hörspiel und nicht nach einem geschriebenen Text.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Termoniaelfe am 01. Januar 1970, 01:00:00

@Maja
Also ich mache das ganz ähnlich. Auch ich lese mir meine Dialge laut vor.

Bei mir läuft das immer ab wie ein Film in meinem Kopf. Ich weiß voher schon genau wer was sagt und wo er/sie steht oder sitzt, wie er/sie sich fühlen im Moment, naj eben die Regieanweisungen, von denen du sprichst. Aber auch ich stelle diese Regieanweisungen meist immer hinter den Dialog.

ZitatEr sagte: "Blah", weil das wieder Leben aus dem ganzen nimmt und das Ganze wieder Richtung Hörspiel
drängt.

Das sehe ich auch so.

LG
Renate

Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Lastalda am 01. Januar 1970, 01:00:00
Ich schreibe meine Dialoge am Stück, also gleich in Prosafasung, weil ein Dialog für mich aus mehr als nur der wörtlichen Rede und "Füllmasse" besteht. Gerade Mimik, Gestik und Tonfall sind für mich ein integraler Bestandteil des Dialogs, denn sie verraten ja, wie ein Satz gemeint ist. Und oft drückt man gerade dadurch ja viel mehr aus als durch die gesprochenen Worte allein.

Mitunter lese ich sie dann hinterher noch einmal laut vor. Mittlerweile häufiger, weil es den Dialogen gut bekommt - es gibt einfach nichts Besseres, um hölzern klingende Stellen zu finden
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Manja_Bindig am 01. Januar 1970, 01:00:00
Ich bin hier ja eh nur die Chronistin... meine figuren sind inzwischen so eigensinng, dass sie sagen und machen, was sie wollen, die Teufel. Und ich schreib nur noch auf. Was es da für Sachen gibt... tse...

Wie schreibt man lebensnahe Dialoge? Man schreibt sie, wie sie im Leben sind. Man fällt sich ins Wort, man schreit sich an, man redet auch mal "normal", man macht abfällige Bemerkungen, man schweift ab...

vielleicht hilft es auch, sich selber mit anderen reden zu hören. Ich meine BEWUSST zuzuhören, wie man redet, wie die anderen zu einem sprechen. nd - wie Lastalda schon andeutet - man achte auf die Gestik und Mimik.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Moni am 01. Januar 1970, 01:00:00
Zu diesem Thema hatte ich kürzlich einen Augenöffner, als ich "Das Leben und das Schreiben" von Stephen King las. (Eigentlich mag ich King nicht, sein Stil ist mir zu vulgär, auch wenn einige seiner Geschichten spannend sind. Aber dieses Buch kann ich nur empfehlen. Er gibt wirklich nützliche Tips!)
Natürlich geht King auch auf die Gestaltung von Dialogen ein und jetzt folgt das (etwas längere) Zitat:
Zitat[...] Ich bestehe darauf, daß Sie das Adverb in Begleitung von wörtlicher Rede nur in den allergrößten Ausnahmefällen verwenden .. und auch dann nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Nur um sicherzustellen, daß wir von demselben Phänomen sprechen, hier drei Sätze:
"Leg das weg!" schrie sie.
"Gib mir das zurück", flehte er, "das gehört mir."
"Sei nicht so dumm, Jekyll", sagte Utterson.
In diesen Beispielen gebleiten schrie, flehte und sagte die wörtliche Rede. Schauen wir uns nun diese zweifelhaften Überarbeitungen an:
"Leg das weg!" schrie sie drohend.
"Gib mir das zurück", flehte er unterwürfig, "das gehört mir."
"Sei nicht so dumm, Jekyll", sagte Utterson verächtlich.
Diese drei Beispielsätze sind schwächer als die ersten drei, und die meisten Leser werden auch sofort den Grund erkannt haben. "Sei nicht so dumm, Jekyll", sagte Utterson verächtlich.
ist der schlimmste von allen. Er beschreibt ein Klischee, während die anderenbeiden einfach nur drollig sind. [...]
Manche Autoren versuchen, das Adverbverbot zu umgehen, in dem sie das einleitende Verb mit Steroiden vollpumpen. Das Ergebnis ist jedem Leser von Schundheftchen und Liebesromanen vertraut:
"Legen Sie die Waffe weg, Utterson!" krächzte Jekyll.
"Hör niemals auf, mich zu küssen!" keuchte Shayna.
"Du verfluchter Quälgeist!" explodierte Bill.
Tun Sie soetwas nicht. Bitte nicht.
Die beste Art und Weise wörtliche Rede einzuleiten, lautet
sagte wie in er sagte, sie sagte, Bill sagte  [...]
Adverbien sind menschlich, doch er sagte/sie sagte ist göttlich.
(King, Stephen: Das Leben und das Schreiben S.139-143)

Es hat einige Tage gedauert, aber mittlerweile bin ich zu dem Schluß gekommen, daß King Recht hat. Man muß dem Leser schon soviel Intelligenz zutrauen, daß er aus dem Inhalt und Kontext der Dialoge heraus erkennt, wie jemand etwas sagt und meint. Ich habe mir vorgenommen, meine letzten Dialoge auf Herz und Nieren zu prüfen und wann immer ich kann auf Adverbien zu verzichten. Denn ich kann, fürchte ich, in Bezug auf meine Texte sagen: ich bin von Adverbien umgeben....

Dialoge sind schwierig, vor allem, wenn sie nicht wie monologisierende Pestbeulen daherkommen sollen. (Langatmig und absolut unerwünscht) Aber die Methode, den Dialog ersteinmal runterzuschreiben und dann laut nach zu sprechen ist sicher nicht die schlechteste, mache ich gelegentlich auch so. (Die Adverbien kommen erst später...)

Lg
Moni


Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Maja am 01. Januar 1970, 01:00:00
Ich mag meine Adverbien, gerade in Dialogen. Ich mag sie auch lieber als Stephen King. Sie sind meine Regieanweisungen - ich benutze sie, wenn der Leser nicht von selbst auf den Tonfall kommen würde, den der Chara benutzt.
Gerade zum Beispiel arbeite ich an einem Dialog zwischen Varyn und Hauptmann Mendrion, und es soll so richtig knackig werden (gell, Moni?). Hier ist die vorläufige Reinfassung:

ZitatMendrion führte Varyn weg vom Gasthof, aus dem Dorf hinaus, dorthin, wo er brüllen konnte, ihne daß die anderen jedes Wort verstanden. Er wollte nur einen Zuhörer, den aber dafür wirklich -
»Es tut mir leid«, sagte Varyn.
»Was?« entfuhr es Mendrion. Er rechnete ja mit vielem, aber...
»Gerade. Das tut mir leid.«
Mendrion bleckte die Zähne. »Das sollte es auch besser«, grollte er. »Das, und noch einiges mehr.«
»Das tut mir auch leid«, sagte Varyn leise.
Mendrion gab es nur ungern zu, aber er war irgendwie enttäuscht. Daß der Junge so schnell kleinzukriegen war... Aber vermutlich war der einfach nur ein Feigling. Brauchte eine Gruppe, um sich stark zu fühlen. Mendrion hatte mehr von ihm erwartet.
»Und was erwartest du jetzt von mir?« fragte er.
»Nichts«, sagte der Junge. »Ich wollt's nur sagen. Ich bin ein Hundsfott, aber ich mach das wieder gut.«
Mendrion grinste böse. »Das geht nicht«, sagte er, kalt vergnügt. »Ich weiß, was ich von dir zu halten habe, und daran ändert sich nun auch nichts mehr. Soll ich dir verzeihen?«
»Ihr könnt zumindest meine Entschuldigung annehmen.« Nun versuchte sich der Kohlenjunge an einem Lächeln.
Mendrion lachte laut auf. »Ich bin Hauptmann der königlichen Armee von Doubladir. Wir verzeihen niemals. Hast du gerade noch gesungen. Also bekommst du kein Mitleid von mir, und keine Gnade. Bestenfalls noch ein paar Backpfeifen.«
»Kann ich... kann ich trotzdem mit Euch sprechen?«
»Nein«, sagte Mendrion. Es war interessant, wie der Junge mit jedem Satz, den er sprach, kleiner wurde, und jünger. Vielleicht lag es am fahlen Licht der Nacht. Vielleicht war er wirklich nur zwei, drei Jahre älter als Josten der Trommeljunge. Wenn ja, kam das Mendrion sehr gelegen. »Du hast Probleme, das seh ich ein, aber sie interessieren mich nicht. Ich spreche mit dir. Aber das ist etwas anderes.«

Andere, kurze Beispiele für Adverbien.
- sagte sie leise
- sagte sie langsam
- sagte er, ohne aufzusehen
- sagte er, fast fröhlich
Aber noch lieber arbeite ich mit abstrakten Bildern, wie "Seine Stimme war wie junges Eis: Kalt, aber dünn und brüchig" oder "Sein Lächeln war ein leiser Abgrund".

Letzte Woche habe ich ein Kapitel zuendegeschrieben, das überwiegend aus einem einzigen achtseitigen Dialog besteht. Und es ist verdammt gut geworden. Hoffentlich sage ich das auch über Varyn und Mendrion, wenn ich mit den beiden fertig bin!
Ich benutze verschiedene Stilmittel gelegentlich:
- Wenn alle durcheinanderreden oder der Zuhörer müde ist und auf ihn eingeredet wird, lasse ich alle Regieanweisungen einschließlich Sprecherzuordnung weg
- Wenn jemand nur teilnahmslos antwortet, beginnt jeder Satz mit "Er sagte:" (auch wenn ich oben geschrieben habe, ich mach sowas nicht)
- Wenn sich zwei streiten, gehe ich manchmal wirklich in den Drehbuchstil: Er: "..."/ Sie: "..." / Er: "..." etc

Ich mag Dialoge. Ich mag sie mehr als alles andere, Landschaften, Kämpfe, etc. Es ist das, wobei sich meine Figuren lebendig fühlen, und ich mich lebendig fühle. Ergebnis der Ganzen: Ich bin berüchtigt für die ausschweifendsten Schwafelszenen. Und doch - wenn ich kürze und überarbeite, bleiben ausgerechnet die Dialoge kaum angerührt. Weil sie sich doch immer flüssiger lesen als der ganze blöde Rest. Und die Hälfte meiner Schreibblockaden entsteht dadurch, daß ich nicht schon wieder Dialog schreiben will. Nur um es dann ein halbes Jahr später doch zu tun...
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Manja_Bindig am 01. Januar 1970, 01:00:00
Maja... du bist nicht die einzige Schwaflerin hier. (ich habe es tatsächlich geschafft, dass 70% eines im abgetippten Modus 9 Seiten langen Kapitel REINSTER Dialog sind. Muss ich noch mehr sagen?)  :D
Ich glaub, das Problem bei Schwafelszenen ist weniger, dass der Leser sich langweilt(langweilt ihr euch bei ausgedehnten Streitgeprächen und herrlichsten Verbalattacken?), weil sich das schon von selbst regelt, wenn man weiß, wie man Dialoge lebendig gestaltet - rein sprachlich.
Aber wenn man das über 70% von 9 Seiten durchhält und auch mit Gesitk- und Mimik-Beschreibungen sparsam umgeht muss man zusehen, dass der Leser trotzdem noch weiß, wer gerade wen anschnautzt oder anfleht, nciht alle Vorräte aufzufuttern(das war so ein blödelkapitel... nciht unbedingt handlungstragend, aber es musste einfach sein... hat mich in den fingern gejuckt)
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Schelmin am 01. Januar 1970, 01:00:00
Ich lese Dialoge aber auch lieber, als ellenlange Beschreibungen. Dialoge transportieren schließlich auch Handlung, und dürfen nicht auf der Stelle treten.
Was ich aber gar nicht mag ist mit "Er sagte:" anzufangen. Dann schreibe ich lieber, was "er" macht, um so die Aufmerksamkeit auf ihn zu lenken, so daß es für den Leser logisch ist, daß "er" anschließend redet.
Schelmin
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Rei am 01. Januar 1970, 01:00:00
Es kommt immer auf die Dialoge an, ob ich sie mag oder nicht. Einige sind zu lang, andere wieder wirklich gut.

Ich muß sagen, ich schreibe Dialoge nicht wirklich gern, darum sind sie auch immer recht kurz gehalten, vielleicht auch zu kurz. Ich zeige zu gern, was passiert und manchmal stören Dialoge eine Szene einfach nur.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Moni am 01. Januar 1970, 01:00:00
Zitatund es soll so richtig knackig werden (gell, Moni?).

@Maja: Epigrammatische Schärfe ist das Wort, das du
suchst...  ;D
Ich weiß, du nutzt Adverbien gerne, mache ich ja auch. Es geht auch nicht darum komplett darauf zu verzichten, sondern sie nicht im Überfluß zu verwenden.

@Manja: 9 Seiten Dialog??  Ich fürchte, da würde ich irgendwann abschalten. Das kann noch so spritzig und witzig geschrieben sein, mich öden zu lange Dialoge ehrlich an. Daher versuche ich mittlerweile solche Zweiermonologe (darin artet so etwas nämlich oft aus) zu vermeiden.

Wenn der Dialog der einzige Handlungsträger ist, dann kann etwas mit der Handlung an sich nicht stimmen.
Erklärung: Der Leser will, wenn er einen Roman erwirbt, einen Roman lesen, kein Theaterstück mit eingebauten Regieanweisungen. Dialoge sollen die Handlung ergänzen, bzw. erweitern, nicht das tragenden Element eines Romanes sein.

Lg
Moni

Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Manja_Bindig am 01. Januar 1970, 01:00:00
nein, liebe Moni... 70% dieser neun Seiten. Der Rest war handlung.  :P
Und wie gesagt, es ist eines dieser Kapitel, die bei mir echten Seltenheitswert haben - Blödelkapitel, ein Kapitel, in der die Handlung zwar nicht großartig vorangetrieben wird, aber die einfach Spaß machen, zu schreiben(und zu lesen hoffentlich auch... *Dialoge überarbeiten tu*). Das is grad so eins, wo die beiden sich permanent zoffen(huch, ehekrach?), wegen irgendwelcher Kleinigkeiten... (wer sich das vorstellen will - Tom und Jerry plus diese Erasco-Werbung mit den Kindern)

Maja... ich flehe dich an, gewöhn dir das "knackig" ab... ich seh da immer Kopfsalat vor mir...
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Moni am 01. Januar 1970, 01:00:00
Zitatnein, liebe Moni... 70% dieser neun Seiten. Der Rest war handlung.  :P
ah, ok. aber es sind immer noch.... über sechs Seiten Dialog.. (wenn ich mich jetzt nicht verrechnet habe  ;) ) . Recht üppig. Normseiten? Oder deine berühmten einzeiligen in 10 pt ?  ;D
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Lastalda am 01. Januar 1970, 01:00:00
Zu dem Stephen Kind Zitat muss ich sagen, dass mir jetzt klar wird, warum ich seinen Stil so überhaupt nicht mag.
"sagte er"/"sagte sie" ist für mich das Langweiligste und Nervigste überhaupt. Das mag den Dialog beschleunigen, klingt in meinen Ohren aber nach Kindergartensprache. Etwas einfach nur sagen, ohne jede Art und Weise, macht man höchstens, wenn man überhaupt keine Lust hat und nur irgendwas antwortet, damit der andere Ruhe gibt.
Und selbst das tut man in aller Regel genervt.

Mag sein, dass der "große Meister" das so sieht, ich finde es furchtbar.
Aber ich konnte auch die "so wenige Adjektive wie möglich"-Regel immer nur schwer nachvollziehen.
Ich mag Adverbien und Adjektive ausgesprochen. Ich lese sie auch gern. Ein Dialog ohne sie kommt mir völlig leer vor.

Und ich mag auch generell Dialoge. Oft genug ertappe ich mich beim Lesen der zusammenhängenden beschreibungen in einer Geschichte, wie meine Augen ganz automatisch zum nächsten Stück Dialog springen. :)

Eine Geschichte sollte nicht nur aus Dialog bestehen, aber je weniger sie hat, desto hölzerner empfinde ich sie meistenteils.
Was aber daran liegen mag, dass ich erzählenden Stil nicht sehr mag. (Wie ich erst kürlich wieder feststellen musste, als ich begann "Die 13 1/2 Leben des Käptn blaubär" zu lesen...)
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Moni am 01. Januar 1970, 01:00:00
@Lastalda: das ist halt subjektives Empfinden. Mir gefallen die Moers-Bücher sehr gut, gerade weil sie wunderbar erzählen...  ;)

Was mir an Kings Stil nicht gefällt ist nicht das "er sagt/sie sagt", sondern seine teilweise sehr vulgäre Sprache. Aber als langweilig habe ich die wenigen (insgesamt 2 1/2) Bücher, die ich von ihm gelesen habe noch nicht empfungen.
Es geht, um mich noch einmal zu wiederholen, nicht darum sämtliche Adverbien zu verteufeln (das habe ich mit keinem Wort so gesagt), sondern darum, den übermäßigen Gebrauch zu vermeiden. Man muß nicht bei jeder wörtlichen Rede hinzufügen wie eine Person gerade redet (sei es schnell, leise, drohend, keuchend, röchelnd what ever). Manchmal reicht eben ein simples "sagt".

Lg
Moni
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Lomax am 01. Januar 1970, 01:00:00
Um Kings Anmerkungen richtig einordnen zu können, wie auch entsprechende Aussagen anderer aus dem Englischen übersetzten Schreibratgeber, muss man eine Sache wissen: Der stilistische Mangel "Wortwiederholung" ist im angelsächsischen Raum geringfügig anders besetzt als im Deutschen. Dazu zählt beispielsweise auch, dass "sagte" als neutraler Marker gesehen wird - ähnlich wie im Deutschen ein Hilfsverb - der eigentlich kaum als Wortwiederholung und damit als Mangel gesehen wird. Das heißt, es ist im Englischen erlaubt und üblich, einen Dialog mit sagte er ... sagte sie ... sagte er ... sagte sie ... aufzubereiten. Seitenlang.

Im Deutschen ist das nicht der Fall. Hier gilt das, wie jede normale Wortwiederholung, als schlechter Stil. Wenn man so was auch in deutschen Büchern in letzter Zeit häufiger findet, liegt das an den mangelhaften Übersetzungen, die sich hier ausbreiten.

Und einer Sache sollte man sich bewusst sein: Auch wenn beispielsweise Hilfverben hier im Deutschen nicht so leicht als "Wortwiederholung" gelten, so sollte man Hilfverbballungen doch vermeiden, wenn man schön schreiben würde. Und im Englischen ist es mit dem "sagte" tatsächlich ähnlich: Man findet diese Reihung auch im Englischen vorzugsweise in rasch runtergeschriebener "Konsum-" und Unterhaltungsliteratur.
  Obwohl ich gelernt habe, dass ein wiederholtes "sagte" im Englischen nicht als Stilfehler gilt, konnte ich in der Praxis oft feststellen, dass es in den Werken der sprachlich etwas anspruchsvolleren Autoren trotzdem sehr viel seltener vorkommt. Also scheint man es selbst da als Mangel wahrzunehmen, wenn auch eher als lässlichen.

Man muss auf jeden Fall vorsichtig sein, wenn man fürs Deutsche Tipps aus Ratgebern übernimmt, die nicht für die Deutsche Sprache geschrieben wurden.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Linda am 01. Januar 1970, 01:00:00
Hallo,

ich schreibe meine Dialoge auch einfach so runter und ergänze dabei die Regieanweisungen an den wichtigen Stellen.

Das wichtigste beim Dialog ist die Abwechslung, finde ich. Sowohl im Dialog, wie auch bei den einleitenden Verben, Adverben etc. Es gibt da keine allgemeingültige Regel. denn es hängt vom Genre und vom Text und von der Situation ab, ob man Dialogzeile auf Dialogzeile folgen lässt, oder mehr erklärt.
Ganz auf Erklärungen verzichten möchte ich nicht, denn natürlich sollen die Dialoge aussagekräftig sein, aber wie gut das mit Schriftsprache funktioniert, sieht man ja immer wieder im Internet.

Wie oft wird Ironie nicht verstanden? Wie oft kommt es zu Missverständnissen und Flamewars, nur weil ein einziges Emoticon fehlte (und selbst mit Verständnishilfe). - Also, die Existenz der Emoticons belegt für mich schon alleine den Sinn von Erklärungen auch im Dialog. - Und - gelesene Theaterstücke mag ich gar nicht. Purer Dialog muss dann wirklich literarische Qualitäten aufweisen, oder ungemein witzig sein, um mich fesseln zu können.

Verben, Adverben, Regieanweisungen sind Pausen für das Gehirn um das Gelesene zu verarbeiten. Lässt man diese Pausen weg, gibt es Informationsstau.

Und so ist auch die Faustregel von King nur eine Faustregel und Aufforderung, etwas aufmerksamer nachzusehen. Redundante Informationen aus Dialogen zu streichen und an den Dialogen selbst zu arbeiten, damit sie aussagekräftiger sind und nicht die "Hauptaussage" in der Erklärung dahinter liegt.

Ansonsten sind Dialoge ebenso künstlich wie der Rest eines geschriebenen Textes. Es reicht ja nicht, sie 1 zu 1 realistisch aufzuschreiben. Sie haben ihren dramatischen Sinn im Werk und müssen nur lebensecht wirken. ;D

Gruß,
Linda
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Moni am 01. Januar 1970, 01:00:00
ZitatMan muss auf jeden Fall vorsichtig sein, wenn man fürs Deutsche Tipps aus Ratgebern übernimmt, die nicht für die Deutsche Sprache geschrieben wurden.
Das heißt aber nicht, daß man einige der Tips nicht annehmen und im Hinterkopf behalten kann.
Mich stört es auch, wenn nur er sagte/sie sagte in einem Dialog steht. Schreibe ich ja selber nicht so. Gerne dürfen die Leute schreien, flüstern, krächzen oder ähnliches. Aber nicht im Stil von "sagte er bedrohlich". Die Bedrohung sollte in so einem Fall nämlich aus dem Kontext bzw. der wörtliche Rede erkennbar sein, und dem Leser nicht noch mit dem Holzhammer eingebleut werden müssen.  

ZitatUnd so ist auch die Faustregel von King nur eine Faustregel und Aufforderung, etwas aufmerksamer nachzusehen. Redundante Informationen aus Dialogen zu streichen und an den Dialogen selbst zu arbeiten, damit sie aussagekräftiger sind und nicht die "Hauptaussage" in der Erklärung dahinter liegt.
So meinte ich das eigentlich auch, aber entweder habe ich das zu kompliziert ausgedrückt, oder man wollte mich mal wieder nicht verstehen.. *seufz*

Lg
Moni
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Lomax am 01. Januar 1970, 01:00:00
Zitat von: ShadowdaughterMich stört es auch, wenn nur er sagte/sie sagte in einem Dialog steht. Schreibe ich ja selber nicht so. Gerne dürfen die Leute schreien, flüstern, krächzen oder ähnliches. Aber nicht im Stil von "sagte er bedrohlich".

Ja, aussagekräftige Verben sind sicher besser als Adverbien; und letztere sollten mit Bedacht eingesetzt werden. Ich merke es gerade auch bei einer Übersetzung, wo im englischen Original schon wieder viel zu viel davon zu finden ist. Da frag ich mich dann immer, was mach ich jetzt damit? :-/
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Arielen am 01. Januar 1970, 01:00:00
Ich schreibe einen Dialog eigentlich auch nach gefühl runter, meistens habe ich dann die entsprechenden Stimmen im Kopf. Bei der überarbeitung achte ich dann darauf, daß ich erkennbar mache, von wem der Satz stammt, und eventuell auch Hilfsverbien oder Beschreibungen benutze und Stimmungen deutlich zu machen.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: MarkOh am 01. Januar 1970, 01:00:00
In meinem Roman habe ich die Dialoge auch frei aus dem Bauch heraus geschrieben. Durchaus auch mit vielen begleitenden Abläufen oder Gefühlsumschreibungen. Anfangs hatte ich zwar versucht gerade dies zu vermeiden, jedoch schien mir das Ganze zu undurchsichtig auf Grund der Vielzahl an Charakteren, welche gleichzeitig aufeinandertreffen.

LG MarkOh
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Steffi am 01. Januar 1970, 01:00:00
Dialoge neigen bei mir dazu, Eigenleben zu entwickeln...für mich ist es manchmal das schwierigste einen Dialog echt hinzukriegen und dann noch dafür zu sorgen, dass er in die Geschichte passt ...

Was mich sehr, sehr oft an Dialogen stört ist diese ausgesprochene Eloquentheit, mit der sich Charaktere auszudrücken pflegen. Und diesen Fehler machen alle, bis zu den Drehbuchautoren in Hollywood. Das ist mir heute wieder aufgefallen, als ich mit meiner Freundin (ihr zuliebe) Dawson's Creek geschaut hab.

Welcher normale Mensch vermag es seine Gefühl und Emotionen innerhalb von 5 Sekunden derartig darzulegen  und verspürt außerdem auch noch den Drang es zu tun?

(ich denk mir jetzt was aus aber glaubt mir, die Dialoge sind da so)

"Ich bin jetzt 19 Jahre alt und weiß noch nicht wohin mein Weg mich führen wird. Ich bin wie ein Blatt im Wind dass jede Minute an der nächsten großen Sturmflut zu zerschellen droht. Und ich falle und stürze in das große Dunkel des Lebens hinein..."

Na ja ihr versteht schon :) Was mich daran so wahnsinnig stört - es soll poetisch und tiefgründig sein, aber es wirkt auf mich lächerlich. Kein Mensch redet so.

Ich weiß nicht ob es immer klappt, aber ich versuche Dialoge "unperfekt" zu machen.  Eben das nicht jeder innerhalb von wenigen Sekunden eine komplette Rede über seinen inneren Seelenzustand ausgefeilt hat. Und meine Charaktere möchten das oft auch gar nicht.  Jedes Mal, wenn ich einen Dialog schreibe ist für mich das Wichtigste: "Klingt das natürlich? Würde ich das sagen? Würde jemand den ich kenne das sagen? Ist die Reaktion NATÜRLICH und GLAUBWÜRDIG ? ..."

Ich glaub wenn man sich daran hält fährt man ganz gut :)



Dafür schreibe ich direkt mit Regieanweisungen. Für mich ist das wichtig weil ich (ich schätze auch unbewusst) andere Charaktere eher auf Gesten und die Art WIE etwas gesagt wurde reagieren lasse.

Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Termoniaelfe am 01. Januar 1970, 01:00:00
Hallo Steffi,

das Beispiel mit Dawson`s Creek bringt es genau auf den Punkt. Dieses geschwollene Geschwafel mag auch ich nicht.
Ich finde auch, dass ein Dialog realistisch rüberkommen sollte. Um um das Ganze dann zu untermauern, arbeite auch ich viel mit den kleinen Regieanweisungen.  
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Arielen am 01. Januar 1970, 01:00:00
Mir ist aber auch schon anfgefallen, daß scheinbar lockere und "natürliche" Dialoge sehr gezwungen und gekünstelt wirken. Sowwohl in Büchern als auch in Filmen. Ich denke mal, Filme sind ohnehin nicht mit Büchern zu vergleichen, da die Stimmung und das Gefühl oft nur über die Sprache auszudrücken sind, und wir umgangssprachliches Geschwafel nicht in dem Maß erfassen könnten. Deshalb sind die Dialoge auch immer etwas ausgefeilter - sie sind die einzigen deutlichen Informationsträger. Auch wenn die meisten Leute heute Augenmenschen sind - die Meisten sehen das Offensichtliche in einem Bild nicht, wenn nicht darauf hingewiesen wird.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Steffi am 01. Januar 1970, 01:00:00
@Arielen: Ich verlange ja auch nicht, dass X auf Y zukommt und sagt "Hey, yo, höma wat mir da letztens passiert ist...", das würde ebenso lächerlich wirken. Natürlich müssen Charaktere auch mal über ihre Gefühle reden. Aber ich versuche, ihnen nicht alle ihre Empfindungen in den Mund zu legen, sondern auch die Körpersprache und Mimik eines Charakters genauso viel sagen zu lassen. Ob das immer klappt weiß ich nicht, aber ich versuche es zumindest. Ich habe auch darin einen Tick, dass ich fast immer den Tonfall oder den Klang der Stimme beschreibe, während etwas gesagt wird. Oder die Art, wie X Y dabei ansieht.  Das kann sich dann auch schon mal komplett mit den Worten, die gesagt werden, unterscheiden.

Was ich halt wirklich nicht mag ist dieses - wie Termoniaelfe so schön sagte - "geschwollenes Geschwafel".  Das kann eine komplette Szene kaputt machen.

Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Kalderon am 03. August 2006, 20:33:51
Ich will auch senfen :)

Ich liebe Dialoge! Ich bin sogar soweit gegangen, dass die Dialoge in meinen Manuskripten Fett geschrieben sind. Ich weiß, ich weiß... das ändert sich sicherlich auch noch. Es gefällt mir lediglich, das Hauptaugenmerk auf die Dialoge zu lenken, weil ich sie so gern habe. :innocent:

Zu dem "er sagte/ sie sagte": Es ist absolut neutral. Sogar so neutral, dass es bereits überlesen wird. Es verkürzt den Dialog und beschleunigt das Lesetempo.
Ob es angebracht ist, muss wohl jeder für sich selbst entscheiden. Ich persönlich schreibe alle möglichen Versionen. Ich benutze "sagte", "rief", "fragte", "entgegnete", "drohte". Ich schreibe aber auch Tätigkeiten der sprechenden Person direkt vor oder hinter den Dialog, um dem Leser klarzumachen, wer gerade spricht.
Es gibt Dialoge, die ich überhaupt nicht mag: Es sind die, bei denen man nicht weiß, wer gerade eigentlich spricht. Dabei könnte ich durchdrehen. Und dann liest man den Absatz fünf mal und weiß es immer noch nicht.

Um einen Dialog echt und lebensnah zu gestalten, sollte man, denke ich, erst wissen, was echt und lebensnah für die Charaktere bedeutet. Denn gerade im mittelalterlich angehauchten Fantasy redet man nicht unbedingt wie heute. Zwar wird man Zugunsten der Verständlichkeit nicht das hochtrabende Gefasel des Mittelalters übernehmen, aber erstrecht nicht den wilden Slang der Neuzeit. Wohl eher eine an die "gewöhnliche Sprache der Neuzeit angepasste, mittelalterliche Variante". Eben den Mittelweg.

Also, um es noch anders zu sagen: Ein Charakter, der sich mit einem anderen Charakter unterhält, redet ja nicht einfach nur so. Wichtig ist vor allem, dass das, was der Charakter sagt, für den Leser erkennbar ist als das, was die Vorstellung/Meinung des Charakters ist, und ihn auch erkennen lässt, ob der Charakter eventuell lügt oder sich verstellt. (Schwere Sache: Weil die meisten Leser nicht damit rechnen, angelogen zu werden oder dass jemand anderes angelogen wird. Stattdessen wirkt es dann oft unecht. Man verliert den Glauben an die Authentizität des Charakters - schlimmer geht's kaum noch).

Und, was noch wichtig ist, ist der Wortschatz der Charaktere und der Gebrauch davon. Ein Bauer verwendet andere Worte als ein König. Ein schüchterner Mensch redet weniger und anders als Menschen, die gerne und viel reden. Redet jemand besonnen oder einfach drauflos? Redet jemand viel über sich oder über andere? Verwendet er oft dieselben Wörter? Fremdwörter? Verspricht er sich? Lispelt er? Stottert er? Fummelt er ständig an irgendeiner Sache herum? (Da geht es schon an die physischen Merkmale... oder psychischen?).

Ein großer Fehler, den einige bei Dialogen machen, ist, denke ich, dass sie jeden Charakter gleich klingen lassen (was dann eventuell daran liegt, dass der Autor eigentlich nur durch die Charaktere spricht). Dann wirkt jeder Charakter wie eine Seelenkopie und kann nur Aufgrund des meist auch nur flüchtig beschriebenen Äußeren auseinandergehalten werden.

Und was natürlich ganz schlimm ist, wenn man versucht einen Dialog über etwas zu schreiben, wovon man keine Ahnung hat. Das ist häufig bei "Schnulz-" oder "Weltbeherrscher-Dialogen" der Fall. Die meisten Schnulzdialoge hören sich kitschig und die Weltbeherrscherdialoge lächerlich an, weil... TADA: unglaubwürdig!

Aber das ist auch eine Frage des Charakterdesigns, was wieder ein anderes Thema wäre.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: MarkOh am 03. August 2006, 23:14:06
Also ich für meinen Teil halte Dialoge auch für ein "Notwendigkum". Was im Film einfach und schnell zu managen ist, kann einem in einem Manuskript förmlich in den Wahnsinn treiben. Gerade wenn man eben nicht fünfmal hintereinander schreiben will:

"...", sagte er vorwurfsvoll, nahm seinen Mantel und ging...
"...", sprach er zu ihr, doch ihre Ablehnung bedurfte keiner Worte...
"...", meinte er zu ihr in Erwartung einer sofortigen Antwort...
"...", entgegnete er ihren Ausführungen mit zweifelndem Blick...
"...", rief sie ihm wütend und auf den Boden stampfend hinterher...
"...", antwortete sie ihm ruhig und gelassen...

usw. Irgendwann hat man dann alle Variationen durchgekaut und fängt an, sich zu wiederholen. Glück, wenn's nicht weiter auffällt.

Ich finde es schon recht schwer, da keine Langeweile aufkommen zu lassen. Durchaus möglich, wenn man die Dialoge etwas umschreibt, und nicht zu lang werden lässt. Doch ein Gespräch in einem Film, welches sich kurz und knapp rüberbringen ließe, wirkt im Buch meist doch langatmig und trocken.

Doch ohne gehts halt auch kaum. Oder?

Lieben Gruß
MarkOh
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Amber am 07. Februar 2007, 18:28:47
Zu King:

Ich denke, es hat auch wa  mit dem Tempo zu tun, das man beschreibt. Wenn der Roman ein Thriller ist, halten Adjektive und umständliche inquits den Lesefluss auf, wenn eher gemächlich erzählt wird, bringen sie mehr Details und Atmosphäre in die Szene. Meine Meinung :)
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Jenathar am 07. Februar 2007, 18:59:54
Ich glaube, ich muss mich auch als Dialog-Fan outen. Ich habe schon des Öfteren zu hören gekriegt: "Du schreibst immer so viel Dialog, mach doch mal mehr Beschreibungen, ist doch doof, wenn alle immer nur reden und reden...". Aber irgendwie komm ich nicht ganz davon weg, trotz aufrichtiger Bemühungen. Vielleicht liegt es daran, dass ich selbst (zu) gern rede. ;)

Was ich aber wichtig finde, wenn ich schon so viel Dialog habe, ist, dass er halbwegs interessant ist. Das ständige "sagte er/sagte sie" ärgert mich selbst beim Lesen immer furchtbar, deswegen achte ich darauf, dass es pro Seite höchstens zwei oder drei mal vorkommt.
Es gibt so viele andere Wörter die man verwenden kann.
Irgendwann habe ich mal eine Liste aufgestellt und kam auf knapp fünfzig Verben, die das "sagte" theoretisch ersetzen könnten. Es kommt natürlich immer auf den Kontext und die Situation an; klar dass jemand, der stinksauer ist, seine Worte nicht hauchen wird... ;D
Ich habe es auch gerne, wenn der Sprecher nicht nur redet, sondern auch noch irgendwas nebenbei macht, aber ich muss gestehen, dass ich noch nicht allzu gut darin bin, soetwas realistisch zu beschreiben :schuldig:... ich finde, manchmal wirkt es so aufgesetzt, wenn sich XY schon wieder seine oder ihre Haare aus dem Gesicht streicht... aber ich arbeite noch daran...

Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Ary am 07. Februar 2007, 19:30:01
:) ich habe  festgestellt, daß "Wüstenfeuer" zu sicherlich 70 % aus Dialogen bestehen wird.
Ich mag Dialoge, ich nutze sie, um Indormationen rüberzubringen und die Handlung voranzutreiben, aber ich achte auch peinlich genau darauf, die Leute nicht allzuoft einfach etwas "sagen" zu lassen.

"sagte sie leise" ist im Moment eine meiner Lieblingswendungen, ich sollte da einiges mal in Flüstern, hauchen, Wispern oder ähnliches umwandeln, weil mir die ganze "Sagerei" auch beim lesen sehr auf die Nerven geht.
Lustigerweise ist mir das bei der Übersetzung vom Herrn der Ringe das erste mal wirklich negativ aufgefallen - da wird auch immer nur "gesagt".
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Immortal am 07. Februar 2007, 19:51:54
Genau das ist mir auch aufgefallen! Ich habe damals (war ich vielleicht 11, als ich es zum ersten Mal gelesen habe), geglaubt, dass sowas wirklich künstlerisch ist. Gott seid Dank habe ich es mir nicht angewöhnt

Ich selbst neige auch sehr zu Dialogen in meiner Chronik, zu viel Dialogen, was mir beim überarbeiten des ersten Kapitels sehr negativ auffällt. Was bei mir auch sehr negativ auffällt ist, dass ich einfach zu wenig und zu knapp beschreibe.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Astrid am 07. Februar 2007, 20:00:43
Ich liebe Dialoge. Man kann so herrlich auf mehreren Ebenen arbeiten, Dinge verschweigen, andeuten, verfälschen - einfach durch das, was der entsprechende Charakter NICHT sagt oder welche Körperhaltung er beim Reden einnimmt. Hach, schön.  ;D
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Rumpelstilzchen am 08. Februar 2007, 11:50:52
Dialoge mag ich auch sehr gerne, wobei bei mir die Figuren mehr denken als zu reden...
Schliße mich aber der Allgemeinheit an, dass sagt, fragte, meinte etc. ziemlich nerven können und versuche sie auch weit es geht zu vermeiden.
Reine Dialoge wirken auf mich eher langweilig.
Reden, denken, handlen, so läuft das bei meinen Figuren meist ab. Dann besteht bei mir ein Kapitel aus einer Unterhaltung, aber nur zu 35% Dialog.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Manja_Bindig am 09. Februar 2007, 12:20:46
Uff!
Ich bin tot!

Sollte für Literatur etwas schreiben, das an der Grenze zwischen szenisch und "normal" war.
Bah!
Eigentlich für einen Dialogmenschen wie mich kein Problem, aber in dem Dialog eine Handlung zu erzählen... (nicht in dem nicht-dialogischen Text, der eh nur zwei Sätze betrug, nein IM Dialog! Argh!)

War ne gute Übung.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Coppelia am 09. Februar 2007, 13:04:39
Dialoge sind ja mein liebstes Kind - ich schätze, dass über die Hälfte meiner Schreibe Dialoge sind. Gelegentlich schreibe ich auch Bühnenstücke mit Nur-Dialog.

Dabei schreibe ich nur, wie etwas gesagt wird, wenn der Leser es nicht selbst anhand des Kontextes erschließen kann. Anhand eines Satzes wie "Gott sei gelobt! Du lebst, ich hielt dich für tot!", würde man erwarten, dass der Sprecher mit lauter, freudiger Stimme spricht und dazu ein glückliches Gesicht macht. Wenn er aber so mit den Nerven fertig ist, dass er nur noch monoton murmeln kann, muss es selbstverständlich dazu geschrieben werden. Das gilt auch für alle Feinheiten des Dialogs. So kann eine sachliche Äußerung z. B. einen hämischen Unterton haben usw.

Aber lebensnahe Dialoge haben in meinen Geschichten nichts verloren!
Warum?
Weil lebensnahe Dialoge keinen Menschen interessieren. Eben habe ich mit meinem Vater telefoniert. Es gab nichts Neues, wir haben gefragt, wie es uns geht, was wir machen, was es zu essen gibt. Das ist sehr realistisch. Aber es ist einfach nur öde in einer Geschichte.
Außerdem unterscheidet sich die gesprochene Sprache so von der geschriebenen, dass sie nicht in ein Buch gehört. Wir würden selten einen komplexen Satz ohne Fehler oder Füllsel herausbekommen, aber unsere Figuren können es. Das ist auch gut so.
Meine Dialoge sollen eine Kunstsprache sein, aber der Leser soll das nicht merken. Ich denke auch, dass das klappt.

Ich hab mal gelesen, dass jeder gute Dialog einen Konflikt enthält, und ich glaube, da ist was dran. Selbst wenn die Dialogpartner sich eigentlich mögen, ist es nie verkehrt, wenn sie zumindest teilweise unterschiedlicher Meinung sind, das peppt die Sache ordentlich auf. Ich hab eh einen Faible für Zoff. ;)
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Manja_Bindig am 09. Februar 2007, 13:15:41
Hm... beim "lebensnah" interessiert mich aber weniger das "was", als das "wie"

Das "was" ist beim sprachlichen Gestalten nur insofern wichtig, dass ich gucke, dass die Sprechart zum Thema passt. Dann schau ich, wie ein normaler Mensch in so einer Situation reagiert, etc.

Ob ich jetzt ein Alltagsgespräch beschreibe oder einen großen Streit oder ein Wiederfinden - das ist mir da egal. Das Thema an sich ist schnurz - die Umsetzung des selbigen nicht. :)
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Judith am 09. Februar 2007, 14:16:57
Ich find Dialoge total schwierig und meine kommen mir auch immer so künstlich und gestelzt vor.  :seufz:
Zum Thema "sagen": Klar sollte man es nicht übertreiben und ständig nur "sagte sie", "sagte er", etc. schreiben, aber wenn einfach nur klar sein soll, wer gerade spricht, dann ist meiner Meinung nach "sagen" das beste, um den Leser nicht aus dem Dialog zu reißen.
Wenn in Geschichten die Leute ständig hauchen, flüstern, seufzen, rufen, kreischen, schimpfen, zetern, maulen,...., dann nervt mich das unglaublich. Das beste ist wohl, eine Mischung zu finden, aber auf Teufel komm raus "sagen" zu vermeiden führt meiner Erfahrung nach nicht unbedingt zum besten Ergebnis.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Ary am 09. Februar 2007, 15:15:36
:) ich versuche nicht, das "sagen" dauernd zu vermeiden, das würde ich eh gar nicht schaffen. ich versuche nur, da, wo es geht und paßt, Alternativen zu finden.  Und auch nur dann, wenn nicht ganz klar ist, wer spricht. Ich habe nämlich auch oft Unterhaltungen mit mehr Sprechern als zwei (gute Frage - nennt man das dann noch Dialog oder eher Gespräch?). Und da muß man hin und wieder schon mal klarstellen, wer gerade quatscht, wenn man es nicht am gesagten oder an anderen Dingen festmachen kann.

(OT - ich bin ja schon wieder im Forum - dabei sollte ich schreiben! *und weg*)
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Papiervogel am 26. Februar 2007, 17:00:03
Lebensnah kann sich ja auf zweierlei beziehen:
1. auf's Sprachliche, also darauf, dass die Personen so reden, wie unsereins auch im täglichen Leben redet. Dass man also nicht sagt "Ich hielt dich für tot!", weil kein Mensch das sagen würde.
2. auf's Inhaltliche. Dazu gehört natürlich, dass eine Unterhaltung "Und, was gibt's Neues?" usw., in der keine interessante Information vorkommt, im allgemeinen eher vermieden werden sollte.
Da gibt es aber auch Ausnahmen. Oft sind es gerade die Banalitäten mit dem hohen Wiedererkennungswert ("Genau so ist es immer, wenn meine Mutter anruft!"), die zum Reiz eines Buches beitragen. Vielleicht seltener in der Fantasy als bei Büchern wie "Herr Lehmann" oder "Die Soapfabrik". Aber auch Pratchett lebt zwischendurch von sowas, gerade durch den Kontrast zur hochgestochenen Prinzen-und-Drachen-Fantasy.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Darkstar am 28. Februar 2007, 22:02:28
Hey, ein Thema für mich.
Ich bin ja auch der absolute Dialog-Fan, schreibe ich wirklich fast am liebsten.
Vor allem, weil man im Dialog den Charakter auch so schön ausarbeiten kann und ich es auch mag, wenn es menschelt. :-)
(Ist Streitgespräche zu Schreiben nicht einfach göttlich *fg*)

Was Papiervogel gesagt hat unterschreib ich sofort, da wollt ich eigentlich auch was sagen:
Zitat von: Papiervogel am 26. Februar 2007, 17:00:03
Lebensnah kann sich ja auf zweierlei beziehen:
1. auf's Sprachliche, also darauf, dass die Personen so reden, wie unsereins auch im täglichen Leben redet. Dass man also nicht sagt "Ich hielt dich für tot!", weil kein Mensch das sagen würde.
2. auf's Inhaltliche. Dazu gehört natürlich, dass eine Unterhaltung "Und, was gibt's Neues?" usw., in der keine interessante Information vorkommt, im allgemeinen eher vermieden werden sollte.
Da gibt es aber auch Ausnahmen. Oft sind es gerade die Banalitäten mit dem hohen Wiedererkennungswert ("Genau so ist es immer, wenn meine Mutter anruft!"), die zum Reiz eines Buches beitragen. Vielleicht seltener in der Fantasy als bei Büchern wie "Herr Lehmann" oder "Die Soapfabrik". Aber auch Pratchett lebt zwischendurch von sowas, gerade durch den Kontrast zur hochgestochenen Prinzen-und-Drachen-Fantasy.

Gerade Punkt 1 finde ich total wichtig - in Filmen / Fernsehen / auf der Bühne wie auch beim Lesen. Da hänge ich nämlich echt oft. Gerade was die wörtliche Rede angeht, wenn sie sich auf's Vergangene bezieht, zum Beispiel:

Figur A fragt Figur B nach ihrem gestrigen Erlebnis. Figur B war im Dorf und hat die Großmutter besucht.

In Film und Fernsehen, erst recht im Theater, und auch in manchen Büchern sagt dann Figur B tatsächlich "Ich ging ins Dorf, um meine Großmutter zu besuchen."

Ich würde ja am liebsten schreiben: "Ich bin ins Dorf gegangen, um meine Großmutter zu besuchen."

[Natürlich könnt sie auch sagen "Ich war bei meiner Großmutter" - aber dann funktioniert dieses Beispiel nicht! Ich denke, ihr wisst, was ich meine).

Naja, jedenfalls bin ich mir manchmal nicht sicher, was besser ist.
Denn Option 2 klingt für mich lebensnaher, Option 1 zu gestelzt.
Andererseits kann Option 2 aber auch mit der Zeit echt nervig klingen.

Vielleicht ist das Laut Vorlesen echt ein guter Tipp!
Dann rutscht man ggf. auch nicht zu sehr ins Dramatische ab...

Wie löst ihr das mit der Vergangenheit?
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Volker am 01. März 2007, 14:15:10
Je nachdem, wo Oma wohnt und der Ansprechpartner das weiß,, würde Ottonormalsprecher das wahrscheinlich auslassen.   Also: "Ich habe Oma besucht" - oder vielleicht noch "Ich war im Dorf, Oma besuchen."

Das Gehen ist eine redundante bzw. überflüssige Information und dürfte IRL (ebenfalls) weggelassen werden.. Wenn es doch wichtig ist, dann verschiebt sich der Fokus: "Ich habe einen Spaziergang (zur Oma) gemacht."

Ooops - das isse wieder, meine Vergangenheit: fast hätte ich geschrieben "zu Omma" oder "nach Omma hin". Westfälischer Lokativ...  :rofl:
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Kolibri am 11. September 2009, 10:55:51
Also, bei mir ist das genauso wie bei Maja.

Zuerst setze ich mich hin, und schreibe den Dialog wie in einem Script auf. Dann lass ich meine lieben Freunde einen Blick darauf werfen und mir von ihnen sagen, was gramatikalisch oder auch Dialogtechnisch nicht so recht passt.
Nachdem das geschrieben ist (Ich verwende immer eine Doppelseite DinA4 Papier) schreibe ich gegenüber dem Sprachbeitrag der Person was sie während dessen tut, also "Xy senkt den Blick und geht nervös auf und ab" oder ähnliches.
Anschließend tippe ich das ganze auf dem Pc ab und verbinde die Sprache mit der Handlung.

Liebe Grüße,
das Vogelvieh
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Angelus Noctis am 11. September 2009, 12:42:20
Zitat von: Volker am 01. März 2007, 14:15:10"nach Omma hin". Westfälischer Lokativ...  :rofl:
*grusel* :gähn: Das kenne ich von meinem Mann, der gebürtig aus Münster stammt. Ich habe mich sogar schonmal dabei erwischt, dass es mir auch rausrutschte! Entsetzlich! ;)

Mir gehen Dialoge sehr leicht von der Hand. Für "sagen" bzw. "antworten" gibt es so viele tolle Synonyme, dass ich den Dialog eine Seite lang werden lassen kann, ohne mich zu wiederholen. Auch was die Sprechenden nebenher tun (sowas wie sich durchs Haar streichen, einen Schluck trinken etc.), weiß ich immer sofort, denn diese Szenen laufen dann wie ein Film in meinem Kopf ab.
Ich wähle für Dialoge im Speziellen, allerdings auch sonst eine eher gepflegte Sprache. So Sachen wie "äh" oder "hm" mag ich selber nicht in einem Buch lesen, deswegen verwende ich sie auch nicht.

Um auf Darkstars Frage zu antworten: Ich habe auch oft überlegt, ob ich jemanden wirklich im Präteritum sprechen lasse. Deshalb habe ich mir selber eine Zeitlang beim Sprechen genau zugehört ;) und festgestellt, dass ich erstaunlicherweise sehr oft das Präteritum benutze - fast so häufig wie das Perfekt.
So kam ich zu dem Schluss, dass auch meine Charaktere sagen dürfen: "Gestern ging ich ins Dorf um Oma zu besuchen", weil ich selber auch tue.

Viele Grüße!
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Churke am 11. September 2009, 12:48:30
Zitat von: Angelus Noctis am 11. September 2009, 12:42:20
So kam ich zu dem Schluss, dass auch meine Charaktere sagen dürfen: "Gestern ging ich ins Dorf um Oma zu besuchen", weil ich selber auch tue.

Hochgedeutscht heißt das bei uns.  ;D

Nee, es ist glaube ich so, dass das Präterium in der wörtlichen Rede im Norden verbreiteter ist als im Süden.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Immortal am 11. September 2009, 12:55:16
Also Präteritum kennen wir in Baden-Württemberg beim sprechen gar nicht. Wir würden wenn dann sagen "Gestern bin ich zur Oma gegangen."
Beim Schreiben kann ich mein ganzes schwäbisch wunderbar unterdrücken, weswegen ich gar nicht einsehe mir einen Dialekt abzugewöhnen, denn ich finde Dialekte sind etwas schönes.
Haben aber im Buch nichts zu suchen.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Julia am 11. September 2009, 13:37:03
Öhem ... warum denn nicht:

"Ich war gestern im Dorf bei Oma" oder nur "Ich war bei Oma"?

Reicht doch, oder?  :hmmm:

... okay, analog für die Württemberger: "Ich bin bei Oma gewesen"  ;D
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Sprotte am 11. September 2009, 15:08:55
Ich habe echt das Gefühl, daß es am Nord-Süden liegt.
Ich sage auch: "Ich war bei Oma."
Genauso sprechen meine Figuren.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Leon am 11. September 2009, 15:28:10
Hier bei uns in der Wetterau, das liegt im schönen Hessenland, würde man sagen:
"Isch bin bei de Omma gewese!"  ;D
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Schreiberling am 12. September 2009, 16:04:32
Wah, jetzt habe ich so viele Varianten von dem Satz gehört, dass ich gar nicht mehr sagen kann, was ich sagen würde, bzw. was für Marburg typisch wäre.  ??? Schlimm, schlimm,...  ;D
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Joscha am 13. September 2009, 18:16:20
Als Mixtur aus hessisch, schwäbisch und badisch (beide Elternteile und Heimat ;)) würde ich den Satz "Ich bin bei meiner Oma gewesen" oder "Ich war bei meiner Oma" verwenden, welchen genau hängt davon ab, wie es mir gerade rausrutscht...

Ich lasse meine Figuren in Dialogen normalerweise im Perfekt sprechen, ich orientiere mich da sehr an eher süddeutschen Sprechweisen, aber das ganze bleibt Hochdeutsch, ein Dialekt kommt mir nicht unter. Ich schreibe normalerweise einen Dialog einfach drauflos und spiele währenddessen innerlich die Stimme ab, mit der ich meine Figur das sagen lassen würde. Dann, wenn ich weiß, was sie eigentlich sagen will, mische ich charakter- und situationsbedingte Veränderungen ein (z.B. wie ausschweifend jemand spricht, ober er sich eher kurz fasst, ob er in Eile ist oder nicht, ob die Verwendung eines bestimmten Wortes zu ihm passt). Dann spiele ich den Satz nochmal im Kopf ab und überlege, ob das passend klingt (wobei ich den letzten Schritt normalerweise erst beim Überarbeiten durchführe). Das mag aufwendig klingen, ist es aber nicht, das mache ich ganz instinktiv.

Worin ich allerdings nicht so bewandert bin, sind die "kleinen" Brückenhandlungen der Charaktere zwischendurch, die dem Dialog eine besondere Note geben. Ich konzentriere mich da ziemlich auf die Stimme, warum, weiß ich auch nicht, und vergesse Dinge wie Gesten etc., die zur Untermauerung der Stimmung dienen, sofern sie nicht ein wichtiger Hinweis auf den Charakter der Person sind.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Weizn am 02. März 2010, 17:58:17
Nachdem ich den gesamten Thread durch habe, möchte ich mich zunächst auf die Seite der Dialogfreunde schlagen! Mir wird beim Schreiben schnell selbst langweilig, wenn ich zu lange erzähle (obwohl ich das ebenfalls gerne tue) bzw habe ich das Gefühl, dass es langatmig zu lesen ist.
Da sich meine Dialoge selten zwischen mehr als 2 oder 3 Personen abspielen, formuliere ich meistens so, dass aus dem Zusammenhang ersichtlich ist, wer gerade spricht. Das Wie kommt dann über die Gestik der Charaktere dazu oder ergibt sich ebenfalls aus dem Zusammenhang. "Gesagt" wird also auch bei mir sehr wenig, wenn dann werden entsprechende Synonyme verwendet.

Was mir auch gerade auffällt: Manchmal schweife ich in die Gedankenwelt des Protagonisten ab, wenn er sichtlich abgelenkt ist. Der Fokus liegt dann auf seinem Empfinden und seinen Gefühlen, und der Leser erfährt nicht, was der andere gerade sagt (der Prota hört ja auch nicht zu).  mir gefällt das ganz gut, ist ja in echten Gesprächen auch manchmal so ;)
hängt aber ws stark vom Lesergeschmack ab!

lg
weizn
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Lexa am 02. März 2010, 18:57:15
In meinen Dialogen lasse ich, wenn es die Orientierung des Lesers nicht beeinträchtigt, Inquitformeln (heißen die so?) gerne weg, vorallem wenn es ein rasanter Schlagabtausch sein soll.
Wenn es passt seufzen oder murren meine Charaktere auch, aber im Zweifelsfall bleibe ich dann doch beim ordinären "sagte".
Ich würde gerne jeden meiner Charakter auf seine eigene Art sprechen lassen. Zum Beispiel weicht ein unsicherer Charakter seine Aussagen mit relativierenden Wörtern auf, während ein anderer direkt sagt, was er denkt. Doch da hapert es bei mir noch ein wenig mit der Überführung der Theorie in die Praxis. ::)
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Kati am 02. März 2010, 20:44:05
Ich mag ja eher das Beschreiben, Dialoge sind nicht so meins. Natürlich gibt es sie trotzdem, aber ich halte sie kurz und lasse meine Charaktere nicht schwafeln.  ;)
Meine Charaktere sprechen meist nicht ganz so, wie man spricht.  ;) Alles, wozu ich mich überreden lassen kann, ist, dass aus "Ich sage" im Dialog mal "Ich sag" wird.

LG,

Kati
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Murphy am 03. März 2010, 20:55:47
Ohhhh - ich liebe Dialoge!
Anders lässt es sich nicht sagen. Wenn sie vor Leben sprühen und man die beiden Personen förmlich vor sich sehen und ihre Stimmen hören kann - ja so liebe ich es wirklich!

Ich selbst spiele Dialoge in meinen Geschichten durch. Bei Geschichten, die ich alleine schreibe - spreche ich sie laut mit (Anmerkung: Ja ich wurde wegen diesem Verhalten oft schon etwas seltsam beäugt aber was solls!) bei meinen Projekten, die in Zusammenarbeit mit einer guten Freudin entstehen, speile ich die Dialoge mit ihr durch. Vor allem bei diesem letzteren kommen oft Dinge Zustande - die mich selbst überraschen.

Was Dialekte anbelangt - meistens sprechen meine Charaktere Hochdeutsch. Dialekte liegen mir einfach noch nicht so und in meiner momentanen Geschichte gibt es auf dem kleinen Lebensraum, keine verschiedenen Dialekte. Wobei das sogar passen würde.. (Eine Idee? Mal sehen)
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Abakus am 07. März 2010, 20:24:45
Dialoge. Interessantes Thema.

Damit mache ich mir auch oft das Leben schwer. Dennoch: Ich versuche stets mit meinen Dialoge die Handlung voranzutreiben und dem Leser Informationen zu liefern. Stückchenweise anfüttern. Deshalb versuche ich immer kurze Dialoge zu schreiben, da ich bislang mit der Technik stets ein positives Feedback meiner Testleser erhalten habe. Das Erzähltempo wird durch kurze Dialoge enorm erhöht, denn ich hasse nichts mehr als mich durch langatmige Beschreibungen von was auch immer zu wühlen. Nicht mein Stil.
Die Figuren, die in der Handlung auftreten, müssen dann auch zu den Dialogen passen. Ganz klar, denn das brauche ich wohl keinem hier näher zu erläutern.  :) Das sprachliche Niveau meiner Figuren liegt mir daher natürlich sehr am Herzen. Deshalb versuche ich immer darauf zu achten, dass die Dialoge wirklichkeitsnah sind, also so natürlich und so unkompliziert wie nur möglich. Der einfache Schreibstil, für den ich mich entschieden habe, wirkt da oft Wunder.

Wenn ich jetzt noch etwas mehr Zeit hätte, würde ich das Thema weiter ausschmücken, aber ich versuche in den nächsten Tagen hier nochmal anzusetzen. :)
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: HitzKooler am 09. Juli 2016, 08:22:45
Laut Suchfunktion wurde dies hier tatsächlich noch nie diskutiert, daher mal der neue Thread.

Man hört es immer wieder in Kritiken: die Charaktere sind flach, der Handlungsstrang dünn, die Dialoge schlecht.
Das Letztere bereitet mir manchmal Kopfzerbrechen.

Was macht gute Dialoge aus?

Im Grunde ist man sich hier einig: gute Dialoge treiben den Plot voran, zeichnen den Charakter der Figuren, ohne dies dabei dem Leser auf die Nase zu drücken. Gute Dialoge haben einen Zweck und bauen etwas auf.

Auf der anderen Seite wird ein Quentin Tarantino immer wieder als ,,Meister der Dialoge" bezeichnet, wobei nicht selten die ,,Royale mit Käse"-Szene aus Pulp Fiction erwähnt wird. Die Szene geht gut drei Minuten lang, Vincent Vega unterhält sich hier mit Julian über die kleinen Unterschiede zwischen Europa und Amerika, unter anderem über die verschiedenen Bezeichnungen für Burger (Quarter Pounder mit Käse -> Royale mit Käse). An sich ganz unterhaltsam. Aber Wert für den Plot? Null. Zeichnung der Charaktere? Wenig.
Naja, Ausnahmen bestätigen die Regel, heißt es. Ein Geheimrezept für gute Dialoge gibt es wohl zudem nicht.

Dennoch würde ich gerne hören, was ihr dazu denkt.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Maubel am 09. Juli 2016, 08:48:26
Also für mich ist die Antwort ganz klar - gute Dialoge müssen natürlich klingen. Nicht aufgesagt, nicht poetisch, sondern menschlich. Dazu lese ich sie meistens laut vor, wenn ich schreibe.
Der zweite Punkt ist für mich, dass man auch in Dialogen Gefühle überträgt und zwar ganz ohne hinten dran zu schreiben "sagte er genervt und Beschreibung". Im Grunde sollte ein Dialog gänzlich ohne Texteinschübe funktionieren können (mal völlig davon abgesehen, dass man nicht mitbekommt, wer spricht). Alles andere ist nur schmückendes Beiwerk, aber das Gefühl, das muss im Dialog durch die Wortwahl und eben auch durch die Wortstellung transportiert werden.
Ich persönlich schreibe gerne Dialoge und würde sie auch als meine Spezialität bezeichnen ganz im Gegensatz zu Beschreibungen. In meinen Dialogen sind Füllwörter. Da sind Ellipsen, abgehakte Sätze, die anders wieder von vorne anfangen und sogar Sätze die mit "und" anfangen - einfach weil sie das lebendig macht. Wir reden ja auch nicht grammatikalisch durchstrukturiert, außer in einer öffentlichen Rede/geübten Vortrag.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Araluen am 09. Juli 2016, 08:51:26
Für mich macht einen guten Dialog aus, dass er lebendig ist. Es muss ein flotter Schlagabtausch zwischen den Figuren sein und so nah an einem realen Gespräch wie möglich sein. Es gibt also keinen seitenlangen Monolog einer Figur bist die nächste wieder was sagt. Im realen Gespräch mischt sich der Gesprächspartner ein, wenn ihm die Ausführungen zu lange dauern, will selbst etwas beitragen oder hat eine Frage oder wechselt einfach das Thema. Und wie Maubel schon sagte: Dialoge bestechen nciht durch ausgefeilte Sprache, sondern durch spontanes Reden. (außer die Figur gibt anderes vor)
Ein Dialog soll interessant sein, muss aber nicht zwangsläufig die Handlung voran treiben. Zwei Figuren können sich auch übers Wetter unterhalten, wenn der Dialog interessant genug ist und dem Leser irgendetwas gibt (wird er bei dem Thema aber in den seltensten Fällen, außer das Wetter erschafft wieder einen Bezug zum Plot). Dieses Etwas kann Unterhaltung, Charakterzeichnung oder Plotrelevanz sein. Es muss nicht zwangsläufig alles auf einmal beinhalten. Den Charakter der Figur unterstreicht der Dialog durch die Sprache der Figur und die Art ihrer Antworten. Für mich ist das eine sehr subtile Art der Charakterzeichnung, die nicht immer sofort ins Auge fällt.
Wichtig ist für mich auch die Länge des Dialogs. Ein ewig langer Schlagabtausch bremst den Spannungsbogen aus und langweilt mit der Zeit, da die Figuren sich dann an Details festfressen, die eigentlich niemanden interessieren. Das Gespräch darf nicht ins Leere laufen. An geeigneter Stelle kann der Autor zusammen fassen. So muss zum Beispiel nicht detailliert das Austüfteln des finalen Plans im Dialog gezeigt werden. Man kann die Debatte anreißen, dann zusammen fassen und schließloich das Ergebnis präsentieren. Auch ist es gut Dialoge durch Beschreibungen aufzulockern.
Ich selbst spiele Dialoge im Kopf durch, versuche den einzelnen Figuren eine mehr oder weniger einzigartige Sprache zu verleihen und mich in die Charaktere hinein zu versetzen. Da kommt mir zu gute, dass ich gerne Rollenspiel mache. Da habe ich das verinerlicht. Rollenspiel ist eine gute Übung für flotte Dialoge. Nimm deinen Charakter und unterhalte dich durch ihn mit einer anderen Figur (wir haben hier doch auch einen passenden Beitrag dazu im Forum). Dann kriegt man ein gutes Gefühl für die Figur und seine Sprache.
Wie bei Maubel gehören Dialoge auch zu meinen Stärken. Ich schreibe sie gerne und muss eher darauf achten, nicht zu viele rein zu bringen. Dafür kann man mich mit Beschreibungen jagen.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Angela am 09. Juli 2016, 09:25:42
Was meine Meinung echt was bringt und was ich umzusetzen versuche: Dialoge nicht nur den einzelnen Sprechern auf den Leib zu schneidern, sondern auch immer wieder gegeneinander reden zu lassen. Also eine gestellte Frage wird nicht beantwortet, es gibt stattdessen eine Information, die auch wichtig ist, aber den Konflikt eher verstärkt.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Tigermöhre am 09. Juli 2016, 12:31:46
Zu der Käse-Royal-Szene muss ich dir widersprechen. Die transportiert einiges.
Walls irgendwer den Film noch nicht gesehen hat, setze ich meine Ausführung lieber in einen Spoiler.
Sorry but you are not allowed to view spoiler contents.



Ich selber finde Dialoge auch recht schwierig. Ich neige zu viel zu vielen Inquit-Formeln und zu sprechenden Köpfen. Was beides wohl recht typische Dialogprobleme sind.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Tintenteufel am 09. Juli 2016, 12:36:19
Wie langweilig wäre die Welt, wenn Dialoge nur irgendwas voran treiben würden.
Tarantino ist eine Ausnahme, ja. Das kann man schon sehen, wenn einer versucht ihn schlecht zu kopieren. Schau dir mal Signs an - der Nostalgia Critic hat den Dialog da mal ¨Tarantinoing¨ genannt. Kein Zweck, außer um die Charaktere quirky aussehen zu lassen und etwas bescheuert.
Der Unterschied zwischen Signs und irgendeinem Tarantino ist aber die Atmosphere. Tarantino verspricht von der ersten Szene an (Fußmassage anyone?) ein Fest von Popkultur, Gewalt und Sinnlosigkeit. Signs versucht irgendwelche dramatische Aliensachen, bei denen so ein hirnloser Dialog natürlich flach fällt.
Die Dialoge erfüllen also schon einen Zweck - nur eben nicht für den Plot, sondern für die Charaktere.

Wie immer kommt es also auf den Zweck des Dialogs an.
Ich persönlich schreibe auch sehr gerne poetische Dialoge oder etwas gestelzte. Ich benutze auch gern abgehobene Charaktere für so eine Szene, die da völlig rausfallen. Nichts ist für mich langweiliger als zweck gebundener Dialog, der mir nur durchsichtig Informationen über den Plot liefern soll. Da bevorzuge ich endlose Dialoge a la Dostojewski, vollgestopft mit Anekdoten und Abweichungen und Witzen, die nur dazu gut ind mir die skurrilen Charaktere näher zu bringen.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Shedzyala am 09. Juli 2016, 12:55:34
Ich gestehe: Ich liebe Dialoge – und das ist wohl eines meiner Probleme, denn ich lasse meine Protagonisten auch gern mal fünfzehn Seiten am Stück reden. Allerdings versuche ich dennoch, sie zu pointieren, Anekdoten später noch einmal aufzugreifen, um einen Charakter eine Spruch reinzudrücken. Vieles davon habe ich mir bei Andrzej Sapkowski abgeschaut, der auch selten Inquits bei seitenlangen Dialogen nutzt und es dennoch schafft, nicht langweilig zu klingen. Das P&P-Rollenspiel hat sein Übriges getan, denn ich habe live erlebt, wie man darüber diskutiert, einen Dämon zu erschlagen/ein Attentat zu planen/den Zwerg dazu zu kriegen, das Gebirge auf dem Rücken eines Drachen zu überfliegen ;)

Zitat von: Araluen am 09. Juli 2016, 08:51:26
Für mich macht einen guten Dialog aus, dass er lebendig ist. Es muss ein flotter Schlagabtausch zwischen den Figuren sein und so nah an einem realen Gespräch wie möglich sein. Es gibt also keinen seitenlangen Monolog einer Figur bist die nächste wieder was sagt. Im realen Gespräch mischt sich der Gesprächspartner ein, wenn ihm die Ausführungen zu lange dauern, will selbst etwas beitragen oder hat eine Frage oder wechselt einfach das Thema. Und wie Maubel schon sagte: Dialoge bestechen nciht durch ausgefeilte Sprache, sondern durch spontanes Reden. (außer die Figur gibt anderes vor)
Ich gebe dir uneingeschränkt recht! Wenn eine Figur die Chance bekommt, über mehrere Seiten zu reden, fängt es für mich an, langweilig und unrealistisch zu werden. Ich mag es, wenn Dialoge eben durch eine Gesprächssituation glänzen, also durch Gegenfragen und (scheinbar) unnütze Anmerkungen und Zwischenrufe. Das gibt auch talking heads Lebendigkeit, ohne dass zeitgleich beschrieben werden muss, wie das Frühstück zubereitet wird.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Trippelschritt am 09. Juli 2016, 13:13:21
Ach ja, Dialoge. Wieder so ein Thema, zu dem man in Schreibratgebern entweder wenig findet, oder wenn, dann etwas was man nicht versteht. "Ein guter Dialog muss federn." Recht hatte er, der mir diesen Rat einmal gab. Nur konnte ich mir damals als Schreibanfänger nichts unter federn vorstellen.

Der erste Haken ist, dass Dialogsprache eine Kunstsprache ist. Niemand spricht im wirklichen Leben so. Die Sprache in der Realität ist fürchterlich, steckt voller Wiederholungen, unverständlichen Bezügen und der jeweilige Sprecher wird nur verstanden, weil er dasselbe mindestens dreimal sagt. Allerdings in imme etwas anderen Worten. Nix also mit real life!
Und gleichzeitig sollte er typisch sein oder authentisch für Personen  Situationen, gerade wie aus dem Leben gegriffen. Ja, was denn nun?

Und was die Funktion angeht, herrscht auch keine Einigkeit. Tatsächlich, so finde ich, hat fast jeder recht, der etwas zur Funktion von Dialogen sagt.

1. Ein Dialog ist immer sehr nah an der Person und löst damit ein Grundproblem so manchen Autors. Aber wenn ich Nähe nur durch Dialoge erzielen kann, dann fällt das auch auf und der Dialog wird schnell langweilig.
2. Ein Dialog kann hervorragend Personen charakterisieren, aber wenn er dazu missbraucht wird, reicht es dem Leser ebenfalls spätenstens auf Seite vier. Personen charakterisiert man besser anders, als durch Dialoge. Aber passen sollte er schon zu einer bestimmten Figur. Eine wiedererkennbare Stimme solte er haben. Sonst gibt es Einheitsbrei.
3. Ein Dialog soll die Handlung nach vorn treiben. Also ... Ein Dialog verbraucht in der Regel viel Zeit oder Seiten. Die Handlung oder der Plot wird also verlangsamt. Aber definitiv geht es vorwärts. Dialoge, die mir am besten gefallen, lassen die Handlung stillstehen und unterbrechen sie mit etwas, das kurzweilig ist oder dramatisch oder bringt etwas, das mit der Handlung nun überhaupt nichts zu tun hat, sodass sich der Leserf ragt, was ist das denn nun. Ein Dialog lässt Haken schlagen, bringt Überraschungen, macht alles mögliche, nur eines nicht, er bringt dsie Handlung nicht vorwärts. Dummerweise allerdings manchmal schon.
4, Handlung soll eine ganz bestimmte Situation charakterisieren. Und darin ist die besser als jede Beschreibung. Es sei denn der Autor weiß, wie man beschreibt und hat dafür Schwerigkeiten mit Dialogen.

Ich könnte so fortfahren und würde nur deutlich machen, dass ich keine Ahnung habe, wie man gute Dialoge schreibt, weil die Regeln für die Stelle A nicht die Regeln für die Stelle B sind. Wer gute Dialoge stufieren möchte, kann Rothfuss lesen. Der kann's. Und das gleich in mehreren Spielarten. George Martin kann es auch. Jeffrey Archer, Dick Francis etc. Eigentlich jeder große Erzähler. Habe ich denn wirklich nicht mehr beizusteuern als diese Allgemeinplätze? Ich versuche es mal.

- Gute Dialoge sind in der Regel kurz oder wenn lang, dann intelligent in Häppchen serviert.
- Gute Dialoge haben einen Anfang und ein Ende. Und dazwischen passiert unendlich viel. Wie bei einem Aphorismus.
- Und fast alles andere ist situationsabhängig.

Liebe Grüße
Trippelschritt
(liebt Dialoge)
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Mondfräulein am 09. Juli 2016, 13:51:04
Mir hat zumindest eine Person mal gesagt, dass sie meine Dialoge sehr mag, also versuche ich mal meinen Senf dazu zu geben und die Dinge zu nennen, die meiner Meinung nach für einen guten Dialog wichtig sind:

1. Interaktion mit der Umwelt: Ein Dialog findet nicht im Vakuum statt. Wenn ich Personen aber nur miteinander reden lasse, dann fühlt es sich für den Leser so an. Also lasse ich meine Figuren gerne ein wenig mit ihrer Umwelt interagieren oder ich erwähne sie zumidnest: Ein Lastwagen fährt vorbei und für einen Moment muss meine Figur aufhören zu reden, weil der LKW so laut ist. Mein Protagonist schmeißt eine Flasche vom Nachttisch während er telefoniert. Die Umgebung bindet, sorgsam und sparsam eingesetzt, den Dialog in das Setting ein und macht ihn lebendig.

2. Interaktion untereinander: Wenn zwei (oder mehr, aber ich gehe mal vom einfachsten Fall aus) Personen miteinander reden, dann haben sie miteinander irgendeine Art von Beziehung. Und wenn er nur der Kioskverkäufer ist und sie die Lastwagenfahrerin, die nach dem Weg fragt: Das ist auch schon Verhältnis, das die Beziehung zwischen ihnen definiert. Die Beziehung sollte ich kennen, wenn ich den Dialog schreibe. Außerdem hat jede der Figuren eine Haltung zur anderen Figur: Der Kioskbesitzer will eigentlich Feierabend machen und ist genervt, dass da noch jemand kommt und dann nicht einmal etwas kauft. Die Lastwagenfahrerin ist genervt, weil der Kerl so unfreundlich ist. Die Haltung wird durch die Vorgeschichte der Figuren beeinflusst, und wenn das nur ein kurzes Aufeinandertreffen ist, aber auch durch bestimmte Geschehnisse (der Kioskverkäufer hatte heute schon fünf solcher nervigen Leute, die nur nach dem Weg gefragt haben) oder die momentane Stimmung (der Kioskverkäufer ist sowieso schon genervt, weil Deutschland im Halbfinale gegen Frankreich verloren hat). Ich muss also wissen, welche Beziehung die Figuren untereinander haben und welche Haltung sie zueinander haben.

3. Momentane Stimmung: Oben schon erwähnt: In welcher Stimmung und Verfassung sich die Figuren befinden, hat natürlich Auswirkungen darauf, wie sie sich im Dialog verhalten. Wenn mein Protagonist übermüdet nach einem langen Flug in der Heimat ankommt, in die er sowieso nie zurück wollte, außerdem ist sein Großvater gestorben und das Verhältnis zu seiner Schwester sowieso schwierig... dann verhält er sich ihr gegenüber im Dialog anders als wäre er total glücklich wieder zu Hause zu sein, seine geliebte Schwester wieder zu sehen und sowieso ist er total gut drauf.

4. Reaktionen: Dialoge empfinde ich als langweilig, wenn ich das Gefühl habe, dass zwei Figuren nur aneinander vorbei reden und nicht miteinander. Was jemand sagt erfordert normalerweise eine Reaktion - und wenn eine Figur das, was die andere sagt, total ignoriert, dann sollte das gewollt sein und eine Art, die Figur zu charakterisieren oder ihre Reaktion auf das, was die andere Person gesagt hat. Wenn jemand etwas Wichtiges sagt, sollte das nicht im Raum hängen bleiben. Die Reaktionen der Figuren machen das ganze erst richtig lebendig.

5. Ziel: Viele Dialoge (auch viele, die ich selbst geschrieben habe) dümpeln vor sich hin, treiben so dahin und drehen sich im Kreis, reizen einen bestimmten Witz oder Schockmoment zu sehr aus. Ein Dialog (und eine Szene generell) sollte ein Ziel haben, ich sollte als Autor wissen, worauf das hinauslaufen soll und wozu ich das überhaupt schreibe. Erst dann kann ich einen Dialog (und eine Szene) auf den Punkt bringen und verwässere das, was ich mit einem Dialog rüberbringen will, nicht mit unnötigem anderen Krimskrams.

6. Sprache: Ich habe mal ein Buch gelesen, in dem alles total umgangssprachlich geschrieben wurde, genau so, wie es die Figuren im richtigen Leben auch sagen würden - und es hat mich wahnsinnig gestört und rausgerissen. Dialoge müssen nicht möglichst authentisch sein, sie müssen dem Leser nur so vorkommen. Das heißt, dass ich keine absolute Umgangssprache benutzen muss - geschriebene Sprache ist anders als gesprochene Sprache und so muss ich sie behandeln. Dennoch hat jede Figur eine bestimmte Art und Weise zu sprechen. Der eine fasst sich eher kurz und bringt die Dinge für sich auf den Punkt, der andere gibt viele bissige Kommentare von sich, noch jemand schmückt alles blumig aus. Menschen sprechen unterschiedlich und auch, wenn ich da nicht übertreiben sollte(!), sollte ich in einem Dialog aufpassen, ob es nicht vielleicht irgendwelche Gewohnheiten einer Figur gibt, Dinge auszudrücken, die ich beachten sollte.

7. Denken: Wenn ich einen Perspektivträge habe, sollte ich nicht vergessen, ihn denken zu lassen. Das passt auch zu Punkt 4, denn Reaktionen können richtig spannend sein, wenn eine Figur sie für sich behält. Oder eine Figur denkt sich irgendetwas und sagt etwas ganz anderes: Das sagt eine ganze Menge aus und kann für den Leser wahnsinnig interessant sein. Dennoch sollte ich natürlich nicht zu allem, was das Gegenüber sagt, meinen Protagonisten in innere Monologe ausbrechen lassen. Ein Dialog soll schließlich auch ein Dialog bleiben.

8. Gleichgewicht: Wichtig ist am Ende natürlich ein Gleichgewicht aus all diesen Stilmitteln. Für jeden Punkt gilt: Übertreiben ist auch nicht sinnvoll.

Das sind die Dinge, an die ich mich versuche zu halten, wenn ich einen Dialog schreibe. Ich habe natürlich keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit oder darauf, dass das wirklich sinnvoll ist, was ich sage. Vielleicht fällt mir später auch noch ein wichtiger Punkt ein. ;D
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Fianna am 09. Juli 2016, 15:48:48
Puh, Dialoge sind ein bisschen meine Nemesis. Ich neige dazu, sie zu übergehen und in Gedanken, innere Momonloge, Beschriebungen auszuweichen. Einer meiner Überarbeitungsschritte heisst "Kann man das in einem Dialog vermitteln?"

Leider fällt mir beim Lesen selten auf, wenn ein Dialog gut gemacht ist; ich registriere nur, wenn etwas negativ ist. Daher kann ich mir, anders als in anderen Bereichen, über das Viel-Lesen leider nichts abgucken.

Daher finde ich eure Ausführungen sehr interessant, besonders die von @Mondfräulein .

Dabei fällt mit dann doch eine positive Sache, die ich mache: ich schmuggel gerne Weltenbau-Informationen in Dialoge, damit ich nicht mit Beschreibungen aus dem Nichts den Leser überrolle. Das sind in meinem Fall Informationen, die zum Verständnis der Handlung zwingend notwendig sind (z.B.: welche Befugnisse hat er bzw. sie mit diesem Beruf / Position? Warum ist die Entscheidung für ihn bzw. sie eine Art Tabu, so dass sie sich für die dem Leser vielleicht nicht naheliegende Handlungsweise entscheidet?).

Oder ich nutze eben die Sprachmuster und Wortwahl, um einen gesellschaftlichen oder kulturellen Hintergrund zu verorten. Das verbinde ich gerne auch mit Gedanken und Schlußfolgerung einer der beiden Gesprächspartner (Warum ist eine Person dieser Herkunft hier? Warum trägt er kein Dingsda, wie alle aus diesem Volk - er will also seine Herkunft verbergen, warum?), was dann wiederum in bestimmten Äußerungen des Dialogpartners resultieren, die möglicherweise auch nur vorgeschoben / erfunden sind, um Informationen zu bekommen (warum dieser rätselhafte Widerspruch zwischen Auftreten und Sprache bestehen). Ich wechsel generell viel Dialogteile mit Gedanken und daraus resultierenden Gesprächsteilen und Aktionen, um Informationen zu vermitteln oder Konflikte aufzubauen.
Seitenlange Dialoge habe ich leider noch nie geschrieben, nicht einmal eine Seite.  :(
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Kelpie am 09. Juli 2016, 15:49:35
Hier wurde ja schon einiges genannt. Was mir noch fehlt ist, dass gute Dialoge nicht an der Oberfläche stattfinden, sondern im Subtext. Das heißt, wenn Franz zu Susi sagt "Ich habe Hunger", dann meint er nicht, dass sein Magen grummelt, sondern dass Susi bitte vom Sofa aufstehen möge, um ihm ein Käseschnittchen zu machen. Banales Beispiel, aber in komplexen Dialogen wirkt dieser Subtext Wunder. Er verdichtet den Informationsgehalt, stellt Charakterbeziehungen klar und macht es möglich, dass Charaktere aneinander vorbeireden, obwohl sie offensichtlich das Gleiche zu meinen scheinen.

Und ansonsten: Die hier schon vielgenannte Natürlichkeit. Das ist ein Credo, das man immer wieder hört, aber dennoch liest man immer wieder Dialoge, bei denen man feststellt, dass das niemand so sagen würde. Gerade in historischen Romanen, mitunter auch Fantasy fällt mir auf, dass den Charakteren geschwollene Wörter in den Mund gedrückt werden, die selbst damals überhaupt nichts mit Normalität zu tun hatten.

Was mir in Dialogen auch immer übel aufstößt, ist, wenn der Autor nicht fähig war, aus seinem POV zu gehen. Der Dialog wird also eigentlich nur von einer Figur geführt, während die andere nur dazu da ist, eine Art "Alibi" zu sein, damit kein Monolog ist. Klassischer Fall sind diese Gespräche, wenn irgendetwas an die Oberfläche kommen soll, und der eine Charakter gezielt solche Fragen stellt, die genau die Antworten geben, die der Leser braucht - obwohl es in seiner Situation natürlicher wäre, nach etwas völlig anderem zu fragen.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Fianna am 09. Juli 2016, 15:55:44
Ich hasse es, wenn Figuren ein Gespräch führen, was vollkommen naheliegende Sachverhalte klärt, die sie längst wissen, damit der Leser es erfährt. Am besten ist noch, wenn die andere Person mit "Das ist mir bewusst, aber..." antwortet.
Das soll vermutlich die Kurve kriegen, damit dieser Dialog einen Sinn neben Infodump bekommt, aber mich regt es nur noch mehr auf.

Herrgottnochmal, wenn der Gesprächspartner grundlegende politische oder gesellschaftliche Zusammenhänge (oder was auch immer) auf jeden Fall kennt - warum erläutert man das noch, wenn man eine ganz andere Diskussion um dieses Thema anstoßen will?
Niemand würde so eine Unterhaltung führen! Da beginnt man doch direkt am Knackpunkt.
Wenn ich sowas lese, will ich immer in den Tisch beißen.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Mondfräulein am 09. Juli 2016, 16:12:04
@Fianna: Das geht mir genauso! ;D "Ich weiß, dass du seit dem Tod deiner Mutter eine schwere Zeit hattest, vor allem, weil du eine Hexe bist und deine Mutter die Weltherrschaft an sich reißen wollte, aber deshalb kannst du dich nicht den ganzen Tag in deinem Zimmer verkriechen." - "Nur weil wir hier wegen einem sehr geheimen Geheimauftrag hier sind und beide ein dunkles Geheimnis zu hüten haben heißt das nicht, dass ich mir nicht den netten Kerl da vorne angeln kann." - "Uns ist doch beiden bewusst, dass wir den magischen Stein nicht einfach so stehlen können, weil der große Drache ihn bewacht und wie wir beide wissen, ist seine einzige Schwäche seine Angst vor rosa Kanninchen, aber die sind, wie uns beiden völlig klar ist, lange ausgestorben." Das kann man alles doch ein klein wenig subtiler rüberbringen. Und wenn man es einfach so in den Text schreibt, das ist zwar plump, aber immerhin will es nicht so subtil sein, obwohl es das einfach nicht ist.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Sturmbluth am 09. Juli 2016, 16:43:45
Zitat von: Fianna am 09. Juli 2016, 15:55:44
Ich hasse es, wenn Figuren ein Gespräch führen, was vollkommen naheliegende Sachverhalte klärt, die sie längst wissen, damit der Leser es erfährt.
Das findet man sehr, sehr oft.

Ich nenne das Erklärbärdialoge.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Kelpie am 09. Juli 2016, 17:02:06
Zitat von: Mondfräulein"Uns ist doch beiden bewusst, dass wir den magischen Stein nicht einfach so stehlen können, weil der große Drache ihn bewacht und wie wir beide wissen, ist seine einzige Schwäche seine Angst vor rosa Kanninchen, aber die sind, wie uns beiden völlig klar ist, lange ausgestorben."
Ich kann nicht mehr xD

Schlimm finde ich immer sowas á la "Frag doch mal, Denny, deinen Bruder" oder "Hallo Mama, ich war heute bei Luisa, meiner besten Freundin" oder gerne in Fantasy gesehen: "Der stammt aus Lalun, der Hauptstadt". Ach nee.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Elly the fox am 09. Juli 2016, 18:21:20
ach ja Dialoge ... Himmel und Hölle zugleich.
Viel wurde ja schon gesagt. Dialoge müssen eben auch einfach leben, oder, für mein Empfinden, schlicht und ergreifend, echt sein. Klingt komisch, vor allem, weil ein echter Dialog niemals so stattfindet, wie er im Buche steht. Manchmal helfen Gabryel und ich uns gegenseitig aus, wenn wir mit einem Dialog "auf dem Schlauch stehen". Dann spielt jeder von uns einfach mal eine Rolle und wir "lassen die Chars reden". Das bringt einiges, wenn man mal beim Dialog schreiben feststeckt. Als Autor hat man immer die Aufgabe "in beiden" zu sitzen und sie zu verstehen.
Was wenn das nicht der Fall ist, oder man irgendwie einen Hänger hat?. Dann einfach mal versuchen wie's mit nem Freund klappt, der den anderen verkörpert. Später kann man das Gespräch noch mal anhören, oder sofern gechattet wurde, noch mal lesen und sich Stellen und Eigenarten rauspicken, die fürs eigene Buch dann passen und eben schriftlich anpassen.  :)
Ich finde so kriegt man schwierige Stellen mal gut übern Berg und es hat manchmal auch den Vorteil, dass es eben nicht zu gestelzt wirkt.

Ansonsten muss ich sagen, dass man aber auch mal "Konventionen" brechen kann. Das trifft vor allem bei künstlerischem Arbeiten zu. Ich denke Tarantino macht das, allerdings setzt das voraus, das man vorher weiß, was man für Konventionen bricht. Dann wirkt es eben auch. Daher scheitern viele, die einfach versuchen solche Leute nachzumachen. Ich denke man muss nicht die genauen "Regeln" kennen, aber man kriegt mit Erfahrung und Übung einfach ein Gefühl und Verständnis, das man dann auch irgendwann umdrehen kann.
Wenn man weiß, was man tut, sieht man das dem Endprodukt zumeist auch an.  ;)
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Gabryel am 09. Juli 2016, 23:01:08
@ Mondfräulein: Genial auf den Punkt gebracht!  :rofl: Und es gibt sie soooo häufig!

Ja, das Rollen aufteilen mit einem guten Freund kann ich auch nur jedem nahelegen. In meinem Fall ist mein Hauptprojekt ein Comic, sprich: Alles an Text sind verdammte Dialoge!  :wums:

Und es hilft ungemein, nicht nur auf Dialoge bezogen, um den Nicht-PoVs mehr Eigenheiten zu geben. Eine meiner Hauptfiguren beispielsweise baut auf einem RP-Charakter von Elly auf (weil ich die so toll fand), aber ich muss gestehen: Ich habe absolut keinen Plan, wie sie tickt. Also, eine grobe Vorstellung, aber was genau sie wann sagen könnte? Sie ist eben ein Typ, der mir nicht wirklich liegt. Da frage ich sie dann immer, was würde eine A. sagen? Davon abgesehen hat ja jeder so seinen Sprachstil, was ich unheimlich wichtig finde. Der eine flucht vielleicht wie ein Bauarbeiter, der andere ist eloquent und zurückhaltend. Nicht, dass mir bisher ein genialer Dialog gelungen wäre ... zum Glück täuschen im Comic die Bilder über einiges hinweg  :prost:
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Phea am 10. Juli 2016, 12:10:12
Mondfräulein hat es bereits sehr gut zusammengefasst. Leider sehen meine Dialoge immer etwas ... Schwach ... aus. Ich verfehle das Ziel, meine Personen auch mal mit der Umwelt interagieren zu lassen. Oft habe ich die Situation, dass meine Dialoge zu Ende sind und ich mich Frage: "Super, was ist jetzt in der Zwischenzeit passiert? Der Wald hätte abfackeln können und meine Charaktere hätten es nicht bemerkt." Ich versuche deshalb, Nebensächlichkeiten wie "Sie deutete mit der Hand auf die Fichte vor ihr" hinzuzufügen. Bei der Überarbeitung muss ich unbedingt darauf achten.
Ich bin immer viel zu sehr in den Charakter und den Dialog vertieft, als dass ich daran denke, während ich das schreibe.
Deswegen: Danke für das Thema  ;D

Ansonsten bringe ich Gefühle und Gedanken mit ein. Sätze wie "Es traf sie wie ein Schlag ins Gesicht" Oder "Sie wünschte, dass er begriff, worum es ihr eigentlich ging" sind bei mir keine Seltenheit. Ich bemühe mich immer, die Stimmung des Charakters auch vernünftig zu beschreiben, damit man sich besser in ihn hineinversetzen kann. Deswegen mag es vielleicht nicht schlimm sein, wenn ich die Umwelt nicht berücksichtige - zumindest bei einem besonders hitzigem Gespräch - aber ich könnte wirklich öfters Zweige knacken lassen oder Flaschen zum zerbersten bringen. Irgendetwas wird wohl möglich sein.
Vielleicht ist mein Projekt Geistermädchen genau das richtige, um es auszuprobieren und damit zu experimentieren. Als Geist achtet man ja auf so vieles  :rofl:

Ich denke jedoch nicht, dass ein Dialog zwangsläufig den Handlungsstrang voran bringen muss. Ein Gespräch ist nun einmal ein Gespräch und nicht jedes Gespräch hat zum Ziel, sein eigentliches Ziel zu erreichen. Wenn ich beispielsweise mit meiner Familie auf einer Reise bin und ins Schwimmbad möchte, rede ich nicht ständig davon ins Schwimmbad zu gehen. Es sollte auch Abwechslung mit drin sein - Lustige oder Traurige Dinge, Streitereien, Flirt ... Für die Charakterentwicklung ist das sehr wichtig, für den Plot meistens nicht.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Cailyn am 10. Juli 2016, 13:20:18
Ist schon fast alles gesagt, was ich auch vertrete.

Was ich oft mache, um Dialoge zu üben. Ich picke einen Dialog aus einem alten Projekt heraus und gestalte ihn in mehreren Varianten. Da ergibt sich schon mancher Effekt, den ich mir vorher nicht bewusst gewesen war.

Ich finde, manchmal beginnen Dialoge zu früh. Oft kann man den Anfang von geschriebenen Dialogen einfach abschneiden und es kommt was viel Besseres dabei raus.

Ich habe  einmal von einem guten Trick gelesen, der helfen soll, Dialoge lebendiger zu machen. Man solle sich vorstellen, die Dialogpartner sind Schauspieler, die ein komplett anderes Drehbuch in den Händen halten als der Gesprächspartner. Das ist so eine Übung, die aus der Schauspielerei kommt. Jeder geht in die Szene rein und weiss nicht, dass der andere nicht die gleiche Vorlage hat. Der eine will da hin, der andere dort. Und dies soll man dann stoisch durchziehen. Ich habe es mal ausprobiert und es war echt lustig als Übung. Normalerweise weiss ich ja als Autor, da will ich hin mit dem Gespräch. Switched man aber von Figur zu Figur und versetzt sich bei jedem Satz direkt in dessen Drehbuch, wird das viel konfliktbeladener oder auch lustiger.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Siara am 11. Juli 2016, 10:24:29
Zitat von: Maubel am 09. Juli 2016, 08:48:26
Der zweite Punkt ist für mich, dass man auch in Dialogen Gefühle überträgt und zwar ganz ohne hinten dran zu schreiben "sagte er genervt und Beschreibung". Im Grunde sollte ein Dialog gänzlich ohne Texteinschübe funktionieren können (mal völlig davon abgesehen, dass man nicht mitbekommt, wer spricht). Alles andere ist nur schmückendes Beiwerk, aber das Gefühl, das muss im Dialog durch die Wortwahl und eben auch durch die Wortstellung transportiert werden.
Das sehe ich anders. Natürlich müssen sich Gefühle und Tonfall auch in der Wortwahl widerspiegeln. Aber Literatur ist nun einmal durch gewisse Grenzen beschränkt. Wenn man sich mit jemandem unterhält, läuft extrem viel auch über die Körpersprache, und am Telefon zumindest über den Tonfall. Daher finde ich Beschreibungen der Sprechweise, Gestik und Mimik im Dialog ungemein wichtig. Aber Wortwahl und Einschübe müssen eben zusammenpassen. Leere, ausdruckslose Wortwahl, die mit "sagte er in rasendem Zorn" abgeschlossen wird, ist schlichtweg ein Zeichen von Faulheit oder Unvermögen.

Was die Erklärbär-Dialoge (klasse Ausdruck!) angeht: Die finde ich auch grauenvoll und bin immer wieder erschrocken, wie häufig sie sogar in bekannten Büchern zu finden sind. Ich behelfe mir dann meistens mit Reflexion oder Schilderung des Erzählers. Zum Beispiel:
Zitat von: Beispiel"Kein Wunder, sie ist aus Fideldideldü."
Das erklärte einiges. Fideldideldü war berüchtigt dafür, dass es Diebe und Lügner hervorbrachte.

Ansonsten kann ich Trippelschritt nur zustimmen, dass es hilfreich ist, von den Großen zu lernen. Gerade Patrick Rothfuss finde ich dahingehend genial, weil er mit einfachen Worten und simplen Einschüben so viel auszudrücken weiß. Als ich mir seine Dialoge mal genauer angesehen habe, ist mir aufgefallen, dass er kaum mehr vor die direkte Rede setzt als "Hemme schüttelte den Kopf.", "Bast nickte." oder "Denna senkte den Blick." - ganz einfache, alltägliche Gesten, die tatsächlich am häufigsten vorkommen, augenblicklich die richtige Stimmung vermitteln und den Lesefluss nicht stören oder vom Inhalt ablenken.

Weiterhin ist für mich die Grundvoraussetzung im Dialog immer ein Gegensatz. Es muss eine Differenz bestehen zwischen den Sprechern, entweder bezogen auf den Wissensstand oder auf Meinung/Gefühl. Entweder müssen Kenntnisse weitergegeben oder ausgetauscht werden, oder es muss zu einer Diskussion kommen. Andernfalls macht der Dialog nicht viel Sinn. Es braucht eine Spannung zwischen den Charakteren, um Spannung zu schaffen. So entscheide ich übrigens auch, welche Dialoge ich ausschreibe und welche ich anreiße und dann nur zusammenfasse: Wird nur geplaudert oder Wissen/Meinung abgeglichen, besteht keinerlei Spannung, kann man sich das Ausschreiben (und meistens das ganze Gespräch) sparen. Die Charakterisierung läuft in den Dialogen bei mir dann meistens nur nebenbei. Ein Dialog rein zum Zweck der Charakterisierung ist für mich das Äquivalent zum Erklärbär-Dialog und hat zum Selbstzweck keine Existenzberechtigung.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Trippelschritt am 11. Juli 2016, 13:22:04
Schön gesagt. In jedem Dialog passierte eine kleine Geschichte. Im Subtext, nicht an der Oberfläche. Aber das hinzubekommen, ist alles andere als einfach.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Kelpie am 13. Juli 2016, 19:50:45
ZitatAls ich mir seine Dialoge mal genauer angesehen habe, ist mir aufgefallen, dass er kaum mehr vor die direkte Rede setzt als "Hemme schüttelte den Kopf.", "Bast nickte." oder "Denna senkte den Blick." - ganz einfache, alltägliche Gesten, die tatsächlich am häufigsten vorkommen, augenblicklich die richtige Stimmung vermitteln und den Lesefluss nicht stören oder vom Inhalt ablenken.
Aber sind nicht gerade das die Ausdrücke, welche man überliest und die insofern eigentlich unnötig sind? Ich empfinde sie ähnlich wie "sagte", "fragte" oder "antwortete". Sie sind dafür da, den Sprecher anzuzeigen, werden aber überlesen. Im Gegensatz zu diesen Inquitformel steht aber bei "schüttelte den Kopf", "nickte" oder "senkte den Blick" noch eine Information, die überlesen wird. Ich weiß nicht, ob ich das gut finde ...

Ansonsten stimme ich dir zu, Patrick Rothfuss hat einen sehr dichten Schreibstil. Es gibt zwar einen Dialog, der sich mir als das Negativbeispiel schlechthin eingeprägt hat, aber ansonsten ist er einer der besten Schriftsteller unserer Zeit, finde ich.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Shedzyala am 13. Juli 2016, 20:02:27
Zitat von: Kelpie am 13. Juli 2016, 19:50:45
ZitatAls ich mir seine Dialoge mal genauer angesehen habe, ist mir aufgefallen, dass er kaum mehr vor die direkte Rede setzt als "Hemme schüttelte den Kopf.", "Bast nickte." oder "Denna senkte den Blick." - ganz einfache, alltägliche Gesten, die tatsächlich am häufigsten vorkommen, augenblicklich die richtige Stimmung vermitteln und den Lesefluss nicht stören oder vom Inhalt ablenken.
Aber sind nicht gerade das die Ausdrücke, welche man überliest und die insofern eigentlich unnötig sind? Ich empfinde sie ähnlich wie "sagte", "fragte" oder "antwortete". Sie sind dafür da, den Sprecher anzuzeigen, werden aber überlesen. Im Gegensatz zu diesen Inquitformel steht aber bei "schüttelte den Kopf", "nickte" oder "senkte den Blick" noch eine Information, die überlesen wird. Ich weiß nicht, ob ich das gut finde ...

Da würde ich jetzt leicht widersprechen, denn diese Einschübe überliest man nur, wenn sie erwartbar sind, im Sinne von "'Ja', sagte sie und nickte." Würde sie das Ja mit einem Kopf schütteln verbinden, um zB Unsicherheit auszudrücken, würde das ganz sicher nicht überlesen werden.

Ich selbst mache solche kleinen "überflüssigen" Einschübe aber auch ganz gern, um eine Sprechpause anzuzeigen: "'Ja, so machen wir das.' Er nickte. 'Obwohl ich mir gerade nicht sicher bin, wo wir das Huhn herbekommen.'" Ob die Sprechpause in dem Beispiel jetzt unbedingt nötig ist, darüber lässt sich streiten, aber sie lockert einen Dialog schön auf und hat deshalb auch über die Sprechzuweisung hinaus ihre Berechtigung.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Lothen am 13. Juli 2016, 20:08:10
Da stimme ich Shedzyala zu. Abgesehen davon braucht man bei längeren Dialogen ja auch immer wieder Inquits, um die Sprechanteile deutlich zu machen, da finde ich es schön, wenn man ein wenig variieren kann in der Art und Weise.

Ich versuche auch immer, äußere Handlungen in Dialoge einfließen zu lassen, also was tun die Personen, während sie sich unterhalten. Man sitzt ja in den seltensten Fällen einfach nur rum und macht nichts, außer reden. ;)

Zitat von: CailynIch finde, manchmal beginnen Dialoge zu früh. Oft kann man den Anfang von geschriebenen Dialogen einfach abschneiden und es kommt was viel Besseres dabei raus.
Richtig - oder dauern zu lange. ;) Das ist auch etwas, das ich gerade übe: Dialoge pointieren, Unnötiges weglassen, zusammenfassen oder indirekt wiedergeben. Das macht die eigentlichen Unterhaltungen gleich um ein Vielfaches knackiger.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Big Kahuna am 13. Juli 2016, 23:28:48
ZitatDialoge pointieren, Unnötiges weglassen, zusammenfassen oder indirekt wiedergeben. Das macht die eigentlichen Unterhaltungen gleich um ein Vielfaches knackiger.

Also ich sehe das irgendwie anders: Wenn man die Dialoge nur auf das Wesentliche beschränkt, wirken sie auf mich oftmals ... kalt. Ich finde, gerade durch Dialoge kann man Figuren auch gut charakterisieren. Da finde ich drei oder vier gesprochene Sätze oft aussagekräftiger als eine lange Beschreibung.

Aber ich bin auch ein Fan von Tarantino-Filme und liebe daher unterhaltsame, wenn auch stellenweise unnötige Dialoge  :vibes:
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Lothen am 14. Juli 2016, 09:53:15
Da würde ich dir gar nicht widersprechen wollen, Big Kahuna, denn ein Dialog, der mir die Figuren oder ihre Eigenheiten näher bringt, ist für mich nicht unnötig. Ebenso wenig einer, der die Stimmung auflockert oder ein bisschen Humor in die Geschichte bringt.

Vielleicht wird's an einem Beispiel deutlich: Die Charaktere sitzen in einem Wirtshaus und bestellen Abendbrot.

Wenn ich daraus eine Charakterstudie machen möchte, um deutlich zu machen, wie unterschiedlich die Essgewohnheiten der Charaktere sind oder wie gerne sie einander anzicken, dann würde ich den Dialog mit Sicherheit ausformulieren.

Etwas in der Art wie:
"Wir nehmen dreimal das Tagesgericht", beschloss A und zwinkerte der Bedienung zu, während B empört schnaubte.
"Seit wann entscheidest du denn, was ich esse? So nen Fraß stopf ich sicher nicht in mich rein."
"Genau", bestätigte C, "ich esse sowieso nur vegetarisch. Typisch, dass du das schon wieder vergessen hast."
Und so weiter. ;)

Wenn es aber einfach nur darum geht, dass sie in einem Gasthaus sitzen, bestellen und daraus entwickelt sich ein Aufhänger für den Plot, würde ich eher versuchen, diese Alltagsgespräche einzudämmen, wenn sie keinen Mehrwert für den Leser haben. Gesetzt dem Fall, die Gruppe wäre nicht so streitlustig wie im obigen Fall, würde ein simples: "Sie bestellten je ein Abendessen und A lief bereits das Wasser im Mund zusammen" vermutlich ausreichen.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Mondfräulein am 14. Juli 2016, 11:39:13
Inquitformeln sind für mich ein zweischneidiges Schwert. Wenn seitenlang nur zwei Personen abwechselnd etwas sagen und außer der wörtlichen Rede nichts erzählt wird, ist das irgendwie kalt. Das hat David Foster Wallace mal sehr genial gemacht, John Green hat das auch mal gut umgesetzt, aber wenn man es nicht bewusst als Stilmittel einsetzt, sollte man das vielleicht lassen. Allerdings findet ich manche dieser Umschreibungen, die um jeden Preis "sagte" verhindern wollen, richtig, richtig schlimm. Mich stört das ehrlich gesagt immer, wenn ein Wort, das nichts mit Sprechen zu tun hat (also nicht sowas wie sagte, schrie, schimpfte, zeterte, flüsterte, raunte) benutzt wird. Wenn Leute ihre Sätze auf einmal lächeln, nicken, sich umdrehen..., dann habe ich auf einmal ganz falsche Bilder im Kopf, eben weil diese Wörter nichts mit Sprechen zu tun haben.

"Der Plan klingt großartig, wir werden die sowas von fertig machen", lächelte Michael. klingt für mich grauenvoll, weil man Sätze eben nicht lächelt und das sieht in meinem Kopf ganz falsch aus. "Der Plan klingt großartig, wir werden die sowas von fertig machen." Michael lächelte. sagt mir aber ebenfalls, wer das gerade gesagt hat, löst aber keine solchen schrägen Assoziationen aus.

Deshalb würde ich solche Sätze auch vielleich nicht Inquit-Formeln nennen. Ich benutze solche Einschübe sehr gerne, um nicht immer sagte zu schreiben, wenn es sich umgehen lässt, obwohl es stimmt, dass man sagte irgendwann überliest und nur mitnimmt, wer gerade was gesagt hat, weshalb man es etwas öfter verwenden kann, als man oft glaubt.

Vor allem finde ich sowas manchmal wichtig, um Informationen zu vermitteln, die nur durch den Dialog vielleicht nicht rüberkommen. "Dann werde wir uns wohl leider scheiden lassen müssen." sagt mir nicht so viel wie "Dann werden wir uns wohl leider scheiden lassen müssen." Michael lächelte., weil ich hier noch Informationen bekomme, die mir das Gesagte nicht gibt: Michael lächelt. Das tun nicht alle, die so etwas sagen und gibt dem ganzen so einen ganz anderen Dreh.

Ich finde so etwas auch immer wichtig, um den Dialog im Geschehen zu verankern.
"Dann werden wir uns wohl leider scheiden lassen müssen."
"Tu nicht so, als wärst du froh drüber."
"Du hast keine Ahnung, wie froh ich darüber bin."
"Ich wünschte, ich hätte dich nie geheiratet."
"Das wünschte ich auch!"

Das wirkt für mich weiter weg von den Figuren und dem Geschehen als wenn ich es so mache:
"Dann werden wir uns wohl leider scheiden lassen müssen." Michael lächelte.
"Tu nicht so, als wärst du froh drüber." Manuela knallte ihr Glas so heftig auf den Tisch, dass Rotwein auf das weiße Tischtuch tropfte. Ihre Mutter würde wieder lagelang darüber schimpfen. Im Moment war ihr das fast egal.
"Du hast keine Ahnung, wie froh ich darüber bin." Sein Lächeln war breit und so verkrampft, dass es fast aussah, als hätte er Schmerzen. Sie wünschte, er hätte welche.
"Ich wünschte, ich hätte dich nie geheiratet", murmelte sie und starrte auf die Weinflecken, die sich immer weiter durch das Tischtuch fraßen.
"Das wünschte ich auch!", schrie Michael und aus seinem Mund drang ein unterdrücktes Schluchzen. Manuela sah auf.

Das ist nicht der beste aller Dialoge und nur ein Beispiel, aber die Informationen, die ich um das Gesprochene herum vermittle, können manchmal unheimlich wichtig sein und binden den Dialog mehr ins Geschehen ein. Ich lese und schreibe das so lieber.

Zitat von: Lothen am 13. Juli 2016, 20:08:10
Richtig - oder dauern zu lange. ;) Das ist auch etwas, das ich gerade übe: Dialoge pointieren, Unnötiges weglassen, zusammenfassen oder indirekt wiedergeben. Das macht die eigentlichen Unterhaltungen gleich um ein Vielfaches knackiger.

Das sehe ich genauso. Ich glaube, es geht dabei nicht darum, jeden Dialog auf jeden Fall so viel wie möglich zu kürzen, sondern sich vielleicht eher zu fragen, was das Wesentliche ist. Will ich nur eine bestimmte Information rüberbringen? Will ich etwas über die Beziehung der Figuren zeigen? Was will ich von ihrer Beziehung zeigen? Und den Dialog dann enden zu lassen, wenn ich mein Ziel erreicht habe. Ich mache das ja auch. Ich lasse Dialoge manchmal noch zwei Seiten weiterlaufen, weils halt gerade so schön ist, obwohl ich vor zwei Seiten schon gesagt habe, was ich sagen wollte. Ich merke das beim Schreiben aber und weiß, dass ich beim Überarbeiten da gnadenlos werde kürzen müssen, damit das, was ich eigentlich sagen und zeigen will, besser rüberkommt. Dialoge und Szenen sind nicht für sich selbst da, sondern sie haben irgendwie einen Zweck. Das muss kein Zweck für den Plot sein, es muss nicht einmal Charakterisierung sein, es kann auch einfach eine Stimmung sein, die ich rüberbringen will, oder ich will von etwas ablenken, was auch immer. Auch Tarantino wird seine Dialoge aus einem bestimmten Grund so machen, wie er sie macht, denn wenn sie euch gefallen, dann hat er damit ja einen bestimmten Zweck erfüllt. Mir fällt es auch schwer, bei Dialogen das richtige Ende zu finden, aber das ist hier wirklich, wirklich wichtig.

Was ich sagen will: nicht(!) Dialoge so kurz wie möglich, sondern so kurz und lang wie nötig. Und wofür nötig - darüber muss man sich eben Gedanken machen.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Zit am 15. Juli 2016, 01:33:38
Hm, ich denke, dass man da eine feine Grenze ziehen muss: Es geht nicht darum, welches Ziel der Dialog hat sondern welches Ziel die Szene hat. Ein Dialog ist ja nur eine Möglichkeit, ein Problem zu lösen.
Generell haben meine Charaktere immer ein bestimmtes Ziel in jeder Szene, der eine hat ein kaputtes Auto, der andere hat eine Autowerkstatt. Da ist es ganz praktisch, dass beide miteinander reden bzw. ist es die gewöhnlichste Lösung. Wäre Person A eher verbrecherisch angelegt, würde er wohl eher das Werkzeug stehlen oder irgendwo anders ein Auto klauen. Aber auch dann trifft er wieder auf einen Polizisten, der Informationen will, etc. pp. Gerade bei Krimiserien oder Serien, in denen um ein Mysterium herum ermittelt wird, finden sich die meisten zielgerichteten Dialoge. Da gibt's keinen Fluff, einfach weil keine Zeit dafür ist. Das mag ich sehr gern. Schenkenszenen finde ich meist langweilig, wenn die Figuren nur herum sitzen und ulkige Dinge essen. Aber das liegt an der Szene an sich, nicht unbedingt am Dialog. (Oder daran, dass ich generell Smalltalk doof finde.) Der kann handwerklich gut sein, aber mich trotzdem anöden. Öfter ist es mir sogar lieber, wenn Charaktere schweigen und der Dialog auf "Nebenschauplätzen" abläuft wie Mondfräulein das im letzten Beitrag so schön gezeigt hat.*

Wie lang ein Dialog sein muss, hängt meiner Meinung nach davon ab, wann die Charaktere denken, dass sie ihr Ziel erreicht haben -- oder es eben nicht mehr erreichbar ist und sie den Dialog abbrechen. Manchmal bin ich aber auch so fies und werf ihnen Steine in den Weg (Wetter, andere Dinge oder Personen, die reinplatzen und unbedingt jetzt Aufmerksamkeit wollen, ...), um sie von ihrem Ziel abzubringen. ;D

*Das erinnert mich auch an eine Diskussion in der Schreibwerkstatt anno dazumal, bei der auch viele der Meinung waren, dass nur sagte das einzig Wahre ist. Konnte ich nie nachvollziehen, weil ich reine sagte-Dialoge ebenso als kalt empfinde.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Trippelschritt am 15. Juli 2016, 06:30:48
Ich habe jetzt voller Begeisterung nachgelesen und konnte feststellen, dass dieser Thread sich gerade mit einer Menge wichtiger handwerklicher Aspekte beschäftigt. Das Einzige, woran ich hängen geblieben bin, ist, dass verschiedene Teilnehmer jetzt von kalten Dialogen sprechen, damit etwas meinen, was man verhindern sollte, und ich nicht die leiseste Ahnung habe, was damit gemeint ist. Wenn es kalte Dialoge gibt, dann sollte es auch heiße oder warme Dialoge geben. Mir hilft diese Metapher nicht. Wenn ich an Truman Capote und Kaltblütig denke, dann sind da sogar ein paar eiskalte Dialoge. Aber man kann sie kaum besser schreiben. Das kann also nicht gemeint sein. Aber was dann.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Evanesca Feuerblut am 15. Juli 2016, 14:33:06
Ich lese hier interessiert mit, weil meine Charaktere - zumindest einige davon - dazu neigen, unfassbar viel zu quasseln.
Und so bestehen manche Kapitel in den Rohfassungen zu 80% aus einem Dialog mit gerade mal so viel Beiwerk, dass man (manchmal mit Mühe) weiß, wer da spricht.
Bei der Überarbeitung baue ich das dann aus, lasse den Perspektivträger vielleicht auch mal etwas fühlen, etwas denken (aber nicht sagen). Und vor allem achte ich dann darauf, dass zum Dialog noch irgendeine Art von Handlung hinzukommt. Aber immer erst in der Überarbeitung, in der Rohfassung lasse ich sie labern und gebe mich der Dynamik zwischen den Figuren hin. Ist immer ganz spannend :)

@Trippelschritt Ich glaube, gemeint ist eher, dass dem Dialog metaphorisch gesprochen kalt wird, wenn er so nackig und ganz ohne Beschreibungen der Handlung, der Personen, der Umstände etc. in der Gegend steht (so wie meine Dialoge in meinen Rohfassungen...). Also sollte man einem guten Dialog noch zusätzlich etwas anziehen :).

(Ich werde nie mehr einen Dialog von mir ansehen können, ohne an Nacktheit zu denken. Danke, TiZi :D )
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Cailyn am 15. Juli 2016, 17:21:38
Zitat von: Big Kahuna am 13. Juli 2016, 23:28:48
ZitatDialoge pointieren, Unnötiges weglassen, zusammenfassen oder indirekt wiedergeben. Das macht die eigentlichen Unterhaltungen gleich um ein Vielfaches knackiger.

Also ich sehe das irgendwie anders: Wenn man die Dialoge nur auf das Wesentliche beschränkt, wirken sie auf mich oftmals ... kalt. Ich finde, gerade durch Dialoge kann man Figuren auch gut charakterisieren. Da finde ich drei oder vier gesprochene Sätze oft aussagekräftiger als eine lange Beschreibung.

Aber ich bin auch ein Fan von Tarantino-Filme und liebe daher unterhaltsame, wenn auch stellenweise unnötige Dialoge  :vibes:

Es ist aber ein extremer Unterschied, ob ich humoristisch erzähle oder ernsthaft. Pulp Fiction soll in den Dialog-Szenen definitiv humoristisch sein, und beim Humoristischen gelten total andere Regeln als bei ernsthaften Gesprächen. Daher würde ich das generell nicht als Dialog-Beispiel nehmen.

Dass Dialoge, wie sie Lothen vorschlägt, bei dir kalt ankommen, kann ich gar nicht verstehen. Vielleicht liegt da auch ein Missverständnis vor? Wenn zum Beispiel ein hitziger Schlagabtausch stattfindet, bei welchem du aber das Anfangsgeplänkel weglässt und gleich ans Eingemachte kommst, wirkt das doch nciht kalt, sondern eher explosiv und umso emotionaler, nicht?
Schlussendlich geht es ja darum, innerhalb eines Dialogs Konflikte sichtbar werden zu lassen. Wenn ellenlang was gelabert wird, ohne dass ein Konflikt sichtbar wird, hat der Dialog irgendwie keinen Sinn und ist oft langweilig. Daher lieber streichen. Man darf auch nicht vergessen, dass unsere Hirne sich durch viele Dialoge aus Büchern und Filmen auch daran angepasst haben, nicht Ausgesprochenes auszufüllen. Darum kommt es einem selten komisch vor, wenn Dialoge in Bücher und Filme nicht komplett wiedergegeben werden, sondern nur Ausschnitte davon. Es wirkt, finde ich, sogar flüssiger, wenn Dialoge reduziert werden.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Mondfräulein am 15. Juli 2016, 17:33:20
Zitat von: Cailyn am 15. Juli 2016, 17:21:38
Dass Dialoge, wie sie Lothen vorschlägt, bei dir kalt ankommen, kann ich gar nicht verstehen. Vielleicht liegt da auch ein Missverständnis vor? Wenn zum Beispiel ein hitziger Schlagabtausch stattfindet, bei welchem du aber das Anfangsgeplänkel weglässt und gleich ans Eingemachte kommst, wirkt das doch nciht kalt, sondern eher explosiv und umso emotionaler, nicht?

Kommt drauf an. Wenn der Dialog gleich mit dem Streit losgeht, ohne dass ich mitbekommen habe, wie der Streit begonnen hat und woher er kommt, dann werde ich als Leser vielleicht zu sehr ins kochende Wasser geworfen und verstehe gar nicht, was gerade los ist, kann es nicht mehr nachempfinden.

Ich glaube, es kommt eben viel darauf an. Indirekt widergegebene Rede in Büchern hat auf mich oft den Effekt, dass es mich von der Geschichte entfernt, weil das doch eher narrativ und nicht szenisch ist. Manchmal ist das aber einfach nötig. Manchmal brauche ich nur die wörtliche Rede ohne viel drum herum, manchmal brauche ich Beschreibungen, um nicht-verbales Verhalten der Figuren sichtbar zu machen, denn non- und paraverbales Verhalten kommt nur durch die gesprochenen Worte eben nicht rüber. Manchmal muss ein Dialog länger sein, manchmal nicht. Manchmal beinhaltet ein Dialog einen Konflikt, manchmal auch nicht. Ein guter Dialog ist denke ich nicht immer so oder so, ein guter Dialog hat einen Zweck und erfüllt diesen. Und wenn ich zwei Frauen über einem Haufen Leichen über Urlaubsziele reden lasse, weil ich etwas absurd wirken lassen will.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Zit am 15. Juli 2016, 23:40:58
Mit kalt ist gemeint, in meinen Augen, dass der Dialog keinerlei Interesse beim Leser weckt und auch kein Kopfkino in Gang setzt. Nur gesprochene Teile und null Nonverbales drumherum ist wie ein Drehbuch. Für Schauspieler mag das gehen, weil sie den Figuren ihre eigene Note geben können, im Roman finde ich das aber zu kahl, zu roh. Eben zu nackig und kalt. Als gäbe es im Theater kein Bühnenbild, nur den Schauspieler im schwarzen Ganzkörperanzug und der steht da in der Mitte auf der Bühne, völlig steif und leiert einach nur den Text runter.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Cailyn am 17. Juli 2016, 11:08:52
Mondfräulein
Das sehe ich auch so. Der Dialog soll sich schon natürlich einfügen und nicht wie ein Holzhammer.

Zitaklasa
Ach so, du sprichst vom Text zwischen der direkten Rede. Das ist natürlich was anderes. Ich meinte jetzt mehr, dass man vieles kürzen kann, was offensichtlich ist. Gerade wenn sich zwei begegnen und dann 5 Sätze Begrüssungsfloskeln ausgetauscht werden - sowas meine ich mit überflüssig. Dass man zwischen den Sätzen auch die Atmosphäre mitkriegt, finde ich aber auch sehr wichtig.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Trippelschritt am 17. Juli 2016, 13:20:22
Zitat von: Zitkalasa am 15. Juli 2016, 23:40:58
Mit kalt ist gemeint, in meinen Augen, dass der Dialog keinerlei Interesse beim Leser weckt und auch kein Kopfkino in Gang setzt. Nur gesprochene Teile und null Nonverbales drumherum ist wie ein Drehbuch. Für Schauspieler mag das gehen, weil sie den Figuren ihre eigene Note geben können, im Roman finde ich das aber zu kahl, zu roh. Eben zu nackig und kalt. Als gäbe es im Theater kein Bühnenbild, nur den Schauspieler im schwarzen Ganzkörperanzug und der steht da in der Mitte auf der Bühne, völlig steif und leiert einach nur den Text runter.

O.k., wenn das gemeint ist, würde mir einiges klarer. Dann bin ich nur von der Argumentation nicht überzeugt, denn ich habe drei dicke Drehbücher von Downton Abbey gelesen und fand sie umwerfend. Ich muss aber auch zugeben, dass der Autor seine Stimmen recht genau auf seine Figuren und z.T. auch auf seine Schauspieler hingeschrieben hat. Und das ist wirklich eine Leistung, zu der nicht viele Schreiber fähig sind. Also wieder einmal: Wer es kann, darf sich viel erlauben.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Mondfräulein am 17. Juli 2016, 13:50:04
Vielleicht kommt es da auch darauf an, ob man Drehbücher oder Theaterstücke gerne liest. Ich zum Beispiel lese viel und lese gerne und ich gehe sehr gerne ins Theater und sehe gerne Filme und Serien, aber ich kann wenig damit anfangen, ein Drehbuch oder ein Theaterstück zu lesen, weil mir das Drumherum wirklich fehlt.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Zit am 18. Juli 2016, 03:51:45
Als ich Emilia Galotti alleine und unbedarft gelesen habe, las ich es anfangs eher recht ironisch und übetrieben, insgesamt heiter (die Prinz wie er sich anfangs aufregt, eigentlich die perfekte Steilvorlage). Erst gegen Ende kamen mir Zweifel und als sich Emilia auf einmal umbringen wollte, habe ich an meinen eigenen Lesefähigkeiten gezweifelt. In der Schule ist mir das auch immer wieder passiert, dass ich ganze oder Teile von Theaterskripte/n anders aufgefasst habe als sie eigentlich gemeint waren. Aber so derartig daneben gegriffen wie bei Emilia hatte ich nie. Gerade im Roman finde ich es daher toll, dass man mit zusätzlichen Beschreibungen viel mehr (eindeutige) Atmosphäre heraus holen kann als im reinen Theaterskript.
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Trippelschritt am 18. Juli 2016, 06:21:05
Das stimmt alles und auch wieder nicht. Vieles hängt davon ab, ob die Handlung vorwiegend durch Dialoge nach vorn gebracht wird oder durch Handlung. Und Theater ist etwas anders als Film. Theater ist überdeutlich, Film kennt Naheinstellungen. Und Emilia Galotti ist aus heutiger Sicht ohnehin nicht so einfach zu verstehen. Minna von Barnhelm auch nicht, weil es diese Ehrpusseligkeit nicht mehr gibt. Downton Abbey jedenfalls kann ich nur jedem zum Studium empfehlen, der lernen möchte, wie man Dialoge schreibt, zumal der Autor auch immer wieder Erläuterungen gibt. Band 1 reicht dazu aber völlig. Ich habe 2 und 3 auch noch gelesen, weil ich diese Serie schlichtweg für genial fand, als ich sie im Fernsehen sah.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Titel: Re: Dialoge - echt und lebensnah
Beitrag von: Culham am 23. Juli 2016, 07:30:22
Ich gehöre auch zu denen, die lieber Dialoge schreiben, als Szenen zu beschreiben.
Mir fällt es oft leichter die Geschichte durch einen Dialog weiter zu treiben, ebenso fällt es mir oft leichter Personen durch Gespräche zu charakterisieren, als durch Beschreibungen.
Aber wichtig ist dabei, es nicht zu übertreiben. Ellenlange Begrüßungen und Verabschiedungen, insbesondere wenn mehrere Personen beteiligt sind, müssen nicht sein. Man sollte sich aufs wesentliche beschränken, wobei wesentlich halt nicht nur die Story, sondern auch die Charakterisierung und die Atmosphäre sind. Ein Dialog kann meiner Meinung nach in der Mitte anfangen oder in der Mitte enden.
Die wichtigsten Punkte sind schon genannt: das Ziel des Dialogs darf nie den Dialog bestimmen. Wenn also eine Information vermittelt werden soll, sollte dies dem Leser nicht aufgedrängt werden. Das Gespräch sollte stets natürlich wirken, unrealistisch zielgerichtete Fragen, Erklärungen von Dingen, die alle außer dem Leser bereits wissen, sind, wie gesagt, eine Katastrophe. Da ist es meiner Meinung nach besser, dem Leser etwas vorzuenthalten und es vlt erst in den folgenden Seiten häppchenweise zu enthüllen, auch wenn es jetzt schon schön wäre, wenn der Leser alles wüsste.
Ich bin übrigens auch ein Freund von "sagte"... Manchmal auch "entgegnete", "erwiderte", "antwortete" oder "fragte". Danach wird es schwierig: "stöhnte", "raunte" oder so was sollte besser wegbleiben. Solange man die Sprecher erkennen kann, kann man auch ganz auf solche Formulierungen verzichten und sie nur vereinzelt zur Charakterisierung oder Atmosphäre einstreuen. Man kann den Sprecher finde ich oft besser durch Einschübe kennzeichnen: Ewald nickte, Ewald zuckte mit den Achseln, Ewald schaute ihn an, usw.
Aber nirgendwo sonst versuche ich so rigoros auf Adjektive verzichten. Wenn ich lese "Der Zauberer lächelte süffisant" will ich das Buch zuklappen.
Aber Einschübe wie oben sind auch sehr wichtig zur Temporegulation, bspw um das Gefühl von Sprechpausen zu erzeugen. Gespräche brauchen einen Rhythmus, und der ist durch das Beiwerk zu steuern. Hier und da eine kurze Handlung, Beschreibung oder ein paar Gedanken, sind sinnvoll, aber auch hier würde ich Übertreibungen vermeiden...