Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Allgemeines => Tintenzirkel => Thema gestartet von: Lord Zahnstocher am 13. September 2009, 05:21:47

Titel: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Lord Zahnstocher am 13. September 2009, 05:21:47
Ich vermute mal, dass einige Leute mich hassen werden, nachdem sie das gelsen haben, [:pfanne:] aber ich wollte mal eben darüber reden und Meinungen darüber einholen.
Es dürfte jawohl inzwischen ziemlich jedem aufgefallen sein, dass die Emanzipation immer weiter voranschreitet, was ja auch schön und gut ist. Frauen und Männer nähern sich gesellschaftlich einander an, alteingesessene Frauenklischees scheinen (?) nach und nach zu verblassen. Natürlich wollen sämtliche Medien (fast wie aus heiterem Himmel) ein möglichst emanzipations-bejahendes und auf geschlossenes Bild von sich abgeben. So auch zunehmend das Fernsehen und die Literatur.
Man sieht sie schließlich oft: Frauen, die ähnlich radikal vorgehen wie Männer, Schurken die Fresse polieren und Nerds in Schutz nehmen oder ähnliches. Allerdings scheinen manche Medien dieses Klischee lediglich missbrauchen zu wollen, um als möglichst aufgeschlossen bzw. emanzipations-bejahend zu gelten.
Das Klischee der starken Frau im 20. und 21. Jahrhundert ist so allgegenwärtig, dass es nicht einmal mehr als neuartiges Klischee wahrgenommen wird, sondern sich fest in unser Selbstverständnis von Unterhaltungsmedien eingebrannt hat.
Nun meine Frage: tut eine solch verschwenderische Benutzung der Figur der starken Frau wirklich Not? Muss man wirklich dieses Bild von Frauen in allen möglichen Medien vertreten nur weil es von den Leuten als positiv wahrgenommen wird? Ist es in der heutigen Zeit gar schon ein Verbrechen wenn man ängstliche, schwache oder gar naive Frauen als Charaktere benutzt und wird dies dann von allen Seiten verteufelt werden, weil es rückständig und sexistisch ist?
Ich meine ja nur: warum muss man ein Klischee fortführen nur weil es so allgegenwärtig und so selbstverständlich ist?
Oder habe ich doch im Grunde eine verzerrte Wahrnehmung und nehme das alles anders auf als es dargestellt wird??
Ich vermute mal, dass ich von vielen Forenmitgliedern, von denen ja zwei drittel Frauen sind negative Rückmeldungen bekommen werde, darum sage ich schonmal vorab, dass ich niemandes Gefühle verletzen und die Frauen in keinster Weise herabwürdigen wollte. Falls dies doch der Fall ist entschuldige ich mich im Voraus.
Ich wollte nur, dass sich einige Leute diese Frage durch den Kopf gehen lassen und eventuell ihre Meinung dazu abgeben.

Falls ich den Thread an der falschen Stelle gepostet haben sollte bitte ich die Moderatorinnen, ih zu verschieben.

Danke für die Aufmerksamkeit,
Alex

Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Angelus Noctis am 13. September 2009, 07:49:46
Hallo Alex!

Keine :pfanne:, sondern ein :jau: von mir!
Ich behaupte, Du als männliches Wesen hast es da noch um einiges schwerer. Ich glaube, einer Frau wird eher verziehen, wenn sie eine Figur entwickelt, die schwach und naiv ist. - Nein, das fällt mir in diesem Moment auf, sie muss nicht einmal wirklich schwach und naiv angelegt sein, dennoch würde sie neben den "Superfrauen" so wirken. Wenn ich allein an die Auslage in einer Buchhandlung in der Stadt denke: Historische Romane in Hülle und Fülle, und die Titel? Alles "-innen", á la "Die KFZ-Schlosserin", "Die Bodybuilderin", "Der erste Herzinfarkt der Managerin", "Die Gewichtheberin und ihr dunkles Geheimnis" ... :gähn:
Ehrlich, ich mag historische Romane, aber so? Nein. Das ist mir dann doch zu viel. "Die Päpstin" habe ich ja noch mit Begeisterung gelesen, auch das Buch letztens über die Schmiedin war ganz hübsch ...
Aber warum, zum Teufel, darf es nicht auch mal wieder ein Held sein, der wirklich ein Held ist? Wo sind die Märchenprinzen geblieben, die vom Beginn der Geschichte bis zum Ende welche sind? Die mutigen Ritter in strahlender Wehr, die ihre Prinzessinnen aus den Fängen grausiger Drachen befreien? (Ganz ehrlich, Ihr lieben Mit-Frauen, wollten wir nicht alle schonmal Prinzessin sein?)
Und weil wir gerade bei Klischees sind: Weshalb muss ich ein Buch mit einem männlichen Prota lesen, der mir von der ersten Seite an unsympathisch ist, weil er rumhurt, säuft und schonmal wegen Körperverletzung im Knast saß?

Was das Schreiben angeht, so bekenne ich mich zu einer Prota, die weder stark ist noch übersinnliche Fähigkeiten besitzt. Ihre Unerfahrenheit bringt sie anfangs auch immer wieder in Situationen, aus denen sie sich von einem Mann retten lässt ... Unter diesem Aspekt ist sie also durchaus eine schwache Frau ...
Na und? Ich bin emanzipiert genug, darüber zu schreiben!

Viele Grüße!
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Coppelia am 13. September 2009, 08:38:09
Mich nerven die starken Frauen auf jeden Fall dann, wenn sie hautenge, bauchfreie Lederklamotten tragen und keineswegs Emanzipation darstellen sollen, sondern mehr die Blicke der männlichen Zuschauer auf sich lenken.
Ansonsten ... ich könnte mehr Frauen in den Medien vertragen, die nicht perfekt aussehen und ihren Traummann am Ende auch nicht bekommen, sich aber trotzdem auf sich allein gestellt durch ihr Leben lavieren. Das hätte jedenfalls was Realistisches.

ZitatGanz ehrlich, Ihr lieben Mit-Frauen, wollten wir nicht alle schonmal Prinzessin sein?
Ehrlich gesagt, keine Sekunde meines Lebens. Als ich ein kleines Kind war, hatte ich eine Fantasieheldin, eine gestreifte Tigerkatze, die den ganzen Tag lang anderen aus der Klemme geholfen hat. Was ist an der Rolle reizvoll, sich retten zu lassen? Da bin ich lieber der Retter ...

In Baldur's Gate 1 gab es eine Magierin namens Dynaheir. Dynaheir wurde von Monstern gefangen genommen und saß in deren Quartier fest. Sie wartete darauf, dass ihr Leibwächter kam, um sie zu retten. Wenn er dann endlich kam, hat sie ihn angemeckert, wo er denn so lange geblieben sei. Sie hat nicht versucht, sich aus eigener Kraft zu befreien, weil sie auf ihren Leibwächter gewartet hat. Und wenn die Monstren sie gefressen hätten? Wäre es kein Computerspiel, wäre das sicher passiert. Dynaheir war von der ersten Begegnung an meiner tiefen Verachtung sicher. ;D Sie hat mich so genervt, dass ich sogar ein Lied über ihre Situation gedichtet hab, um zu zeigen, wie absurd, fordernd und verantwortungs-abschiebend ihre Haltung ist ...

("Ich kann es nicht länger ertragen,
das Los, dem er mich überlässt.
Ich sitze, gefangen seit Tagen,
am Ende für immer hier fest.
Er kam mit mir, mich zu beschützen,
doch nun bin ich hier, er ist fort.
Was soll ein Beschützer mir nützen,
ist er nicht im Notfall vor Ort?

Er sagte, er käm als mein Retter,
wann immer Gefahr mich bedroht.
Wo bleibt er, zum Kreuzdonnerwetter?
Er ist doch am Ende nicht tot?
Er kam mit mir, mich zu beschützen,
nun hat er's nicht fertig gebracht.
Was soll ein Beschützer mir nützen,
wenn er seine Arbeit nicht macht?")
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Aidan am 13. September 2009, 10:28:41
Ich denke, dass einiges schief läuft. Ich habe nichts gegen starke Frauen - aber ich habe etwas dagegen, wenn eine Frau die männlichen Attribute übernehmen muss, um als stark zu gelten.  Und das mag ich überhaupt nicht.

Mein Problem bei der Emanzipationsbewegung ist, dass nicht die Frau und Weiblichkeit erhoben wird und den gleichen Status bekommt, sondern die Frau auf den angeblichen Sockel der Männlichkeit gehoben werden soll, indem sie sich wie ein Mann verhält. Das ist nicht Gleichberechtigung, weil es die weiblichen Qualitäten noch mehr herabwürdigt und eine Frau, die einfach nur Frau sein will und nicht mitzieht, schief angeschaut wird und verachtet wird.

Etwas drastisch vielleicht ausgedrückt. Ich denke, es gibt bestimmte Wesenszüge, die sind weiblich oder männlich. Egal ob anerzogen oder von Natur aus gegeben, das sind dann wieder andere Diskussionspunkte. Darauf möchte ich jetzt nicht hinaus.

Es gibt so viele Klischees. Das Heimchen am Herd, was keinen Nagel in die Wand schlagen kann und den männlichen Helden braucht, der ihr eine Glühbirne austauscht, die Prinzessin, die gerettet werden muss, die Überfrau, die jeden Mann mit ihrer Muskelkraft aus den Latschen hebt und als männlich geprägte Heldin sich saufend und raufend durch die Story prügelt. Solche Klischees gibt es klar auch für die Männer. Und keines wird irgendwem gerecht.

Ich mag starke Charaktere. Und die sind dann meistens nicht stark im Sinne von Körperkraft, sondern charakterstark.

Ich wollte früher auch nie die Prinzessin sein, die gerettet werden muss, sondern war in den Spielen und Geschichten lieber die kleine Rebellin (manchmal ebenso Prinzessin, aber halt nicht diejenige, die in Ohnmacht fallend den Helden nervt, der sie gerade retten will), die als Junge verkleidet sich aufs Pferd schwingt und ausbricht. Und klar, Heldentaten vollbringt. Allerdings nicht mit raufen und saufen, sondern mit Kopf. Die Prise Romantik durfte aber auch nie fehlen.  ::)
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Smaragd am 13. September 2009, 10:39:27
Gutes Thema, Alex. Ich bin grad am Nachdenken, wie meine Figuren einzuschätzen sind. Ein weiblicher Charakter ist sicher radikal-emanzipiert, sowie du das beschreibst. Auch wenn sie ganz sicher keine hautenge Lederkleidung trägt!
Andere sind das dann wieder gar nicht, auch wenn sie deswegen nicht unbedingt passiv dasitzen und auf Rettung warten würden, wenn ihnen eine Möglichkeit einfallen würde, sich zu befreien. Naive weibliche Charaktere hab ich einige, auch wenn die Naivität im Lauf der Zeit nachlässt, weil sie mehr erleben (lernfähig sind sie).

Naivität und die Unfähigkeit, Männer in den Allerwertesten zu treten, sind Schwächen, die ich für weibliche Charaktere eigentlich ganz gerne nehme, weil sie viel Spielraum für Charakterentwicklung lassen. (Naja, Naivität kommt bei männlichen Protas auch vor... und großartige Kämpfer sind die wenigsten, also gilt das eigentlich auch für männliche Protas.)

Ein Heimchen a la Eva Hermann kann bei mir aber nur in Nebenrollen auftreten, als Prota wäre mir das einfach viel zu langweilig. In Nebenrollen gibt`s solche Charaktere aber schon.

Wie definierst du eigentlich "starke Frau"? Für mich wäre das eher Willensstärke und Entschlossenheit, aber der Beschreibung nach meinst du damit eher Frauen, die immer kampfbereit durch die Gegend laufen.
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Bisou am 13. September 2009, 11:38:19
Auch von mir kein  :pfanne: sondern  :jau:.

Ich kann dir in einigen Punkten zustimmen, bei einigen konnte ich allerdings nur den Kopf schütteln.
Ich hasse weibliche Protagonisten, die in hautenger Lederkleidung, die höchstens die Brüste und Hintern verdecken, durch die Gegend spazieren. Das ist 1. unrealistisch, 2. respektlos und 3. ist das mit Sicherheit nur deshalb, weil auch die "männliche Leserschaft etwas geboten bekommen möchte." . Ich meine, welche "richtige" Kriegerin läuft in der Schlacht nur mit einem Hartschalen-BH (in Ausnahmefällen sogar aus Eisen) rum? Keine, richtig. Und damit meine ich genau das, was Winterkind schon gesagt hat: Frauen werden männliche Attribute zugesprochen, die die Frauen im Endeffekt aber nur karrikieren (<- da weiß ich jetzt nicht, ob das Wort richtig ist. :engel:) und sie erniedrigen. Das bedeutet ja nicht zwingend, sie verbal runterzumachen, aber dadurch, dass ihnen männliche Eigenschaften zugedacht werden, die sie einfach offensichtlich veralbern, das halte ich für respektlos und entgegen jeder Emanzipation.

Sicherlich gibt es auch in meiner Geschichte starke Frauen - welche mit starkem Charakter, mit Fähigkeiten, die sie ihr Leben lang ausgebaut haben. Aber niemals halbnackte Kriegerinnen, die sich mit wildem Kampfgeschrei in die Schlacht stürzen. Durch ihren Kopf, ihren Willen und ihr Handeln werden sie zu starken Frauen, nicht durch Muskelkraft.
Denn es ist ja bekannt, dass Männer einfach von Natur aus das stärkere Geschlecht sind, und an solchen Gesetzen gekünstelt zu rütteln halte ich persönlich für absoluten Schwachsinn.
Ich habe auch naive Frauen, Frauen, die von nichts eine Ahnung haben und trotzdem immer mittendrin sein wollen, aber solche Frauen können lernen. Ist eine Frau oder auch ein Mann von Anfang an der starke, unerschütterliche Held ist ja kaum eine Wandlung vollziehbar, die Figur bliebt steif und langweilig.

Deswegen: starke Frauen mit Herz und Hirn  :jau:, aber halbnackte, kaum wandlungsfähige Frauen, nein, darauf kann ich verzichten.
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Lavendel am 13. September 2009, 11:44:27
Es ist für mich jetzt recht schwierig, darauf zu antworten, denn, Alex, du hast ja nun pauschal behauptet, dass Frauenfiguren mit 'radikal emanzipiertem' Auftreten inflationär in Film und Literatur auftauchen. Dafür fehlen mir persönlich jetzt konkrete Anhaltspunkte.

Ich bin mir natürlich nicht sicher, weil ich mir nicht sicher bin, auf was für Frauenfiguren genau du nun anspielst, aber die Frau als 'Rambo' ist meistens eher keine weibliche, sondern eine männliche Fantasie. Solche Charaktere kommen weniger von Frauen und die Geschichten, in denen sie auftreten, sind auch eher weniger auf ein weibliches Zielpuplikum ausgerichtet. Diese Figuren sind nicht als Identifikationsfigur für Frauen ausgelegt. Das bedeutet nicht, dass eine Frau sich niemals mit einer Soldatin, einer Kampfsportlerin oder einer um sich schlagenden Spezialagentin identifizieren könnte. Aber angelegt sind diese Figuren so nicht.
Aber Frauen haben Männern schon immer irgendwie Angst gemacht, weil Männer Probleme damit haben, 'die Frau' zu verstehen. Weiblichkeit und weiblicher Körper wurden und werden oft als Mysterium wahrgenommen.
Der Typ weibliche Figur, den ich jetzt im Kopf habe, wenn ich deinen Post lese, ist meist als cool und undurchschaubar konstruiert. Und die geheimnisvolle, unerreichbare Frau ist ein Topos, das man in der Literatur schon sehr lange findet. Ohne mich jetzt genauer mit dem Thema beschäftigt zu haben.

Ich würde Winterkind in dem Punkt Recht geben, dass eine 'Gleichstellung' der Frau nicht darauf hinauslaufen sollte, dass 'die Frau' so wird wie 'der Mann'. 'Der Mann', das ist nämlich das Bild des weißen, bürglerichen Mannes, (der so ziemlich für das gesamte Übel der Welt verantwortlich ist). Nur war 'er' eben für knapp zweihundert Jahre das Maß aller Dinge, in Wissenschaft, Philosophie, Politik usw. 'Er' lief halt durch die Weltgeschichte und haute allen eins auf die Fresse (heute tut er' das oft genug immer noch, weil 'er' sich immer noch für überlegen hält). Das Bild von Männlichkeit, das sich in der Neuzeit herausbildet und in der Moderne dann sozusagen zur 'Vollendung' kommt, ist auch heute noch tief in unserer Gesellschaft verwurzelt.
Eine weibliche Emanzipation muss diesem Konzept dann zuerst irgendwie Paroli bieten, und das funktioniert zunächst mal nicht, wenn man sich auf die 'Tugenden' konzentriert, die man bis dato als 'typisch weiblich' definiert. Emanzipieren sollten sich davon abgesehen langsam auch die Männer (und sie tun es vermehrt), die oft noch in einem Bild von Männlichkeit verhaftet sind, dass ihnen selbst auch nicht gut tut.

Noch einmal zu der Frage, ob es ein Verbrechen ist, eine ängstliche, schwache oder naive Frau darzustellen. Warum sollte es ein Verbrechen sein? Aus deiner Sicht als Autor ist die Frage nur, als was für einen Charakter du sie konzipierst und wer sich mit ihr identifizieren soll - oder wer sich eben nicht mit ihr identifizieren soll - und welche Rolle sie in deinem Plot übernimmt, d.h. ob die Existenz des Charakters innerhalb der Geschichte logisch gerechtfertig ist.

Aber bevor wir jetzt zu lange diskutieren, würde ich mal anregen, dass du Alex, konkrete Beispiele für deinen Verdacht nennst. Sonst redet man grade bei so einem Thema wirklich schnell aneinander vorbei, weil jede/r andere Bilder im Kopf hat.
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Mrs.Finster am 13. September 2009, 11:50:05
Ich finde das Problem-sofern es eines ist- gibt es nicht nur bei den Frauen, sondern auch bei den Männern.

Die Rolle beider Geschlechter hat sich so massiv verändert- nicht nur bei der Frau. Männer zeigen Gefühle, weinen und zeigen Herz.

Das Problem dabei ist einfach die massive Übertreibung, die du beschreibst. Das lässt die Sache so bizarr wirken. Aber sind wir damit nicht schon aufgewachsen? Siehe Lara Croft+ Anhang.  Meiner Meinung nach, ist es schlicht weg ein Markt an dem die Unternehmen gut verdienen. Ein Hype um eine bestimmte Figur die gute Absätze verschafft. Irgendwann werden sich die Gemüter wieder beruhigen und das Gleichgewicht wieder einpendeln.

Was man selbst dagegen machen kann? Seine eigenen Figuren nicht davon beeinflussen zu lassen  ;)
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: ChaldZ am 13. September 2009, 12:09:36
Zitat von: Lavendel am 13. September 2009, 11:44:27
Emanzipieren sollten sich davon abgesehen langsam auch die Männer (und sie tun es vermehrt), die oft noch in einem Bild von Männlichkeit verhaftet sind, dass ihnen selbst auch nicht gut tut.

Der klügste Satz, den ich seit Langem gelesen habe.
Ich glaube auch, dass viel Schaden im Einklang mit gerade diesem Bild entstanden sind, das als Ideal galt \ gilt.
Dass Emanzipation eher heißt, dass sich Frauen eher dem Bild der Männlichkeit anpassen (aber da sie Frauen sind, das weibliche Äußere umso mehr unterstreichen), darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht; es scheint aber Wahrheit in dieser Beobachtung zu liegen.

Für mich persönlich ist eine starke Frau nicht eine Frau, die mit allen Mitteln versucht, durch Schminke, Kleidung und Schuhe ihre Weiblichkeit nach außen zu kehren und dem Mann mit Stärke entgegen zu treten, sondern eine Persönlichkeit, die barfuß, ohne Schminke und besondere Kleidung sie selbst ist. Einfach eine Frau eben.
Ich konnte noch nie eine Frau wirklich ernst nehmen, der man ansieht, dass sie in mehreren Stunden Arbeit am Ende eher einer Puppe gleicht denn einem Menschen. Und das schließt auch den Großteil der sogenannten "Schönen" Berühmtheiten ein.
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Linda am 13. September 2009, 12:38:40
@Alex

du magst keine Superhelden? Dann lies keine Comics.
Lara Crofts und Co sind nichts anderes als feuchte Männerträume und in erster Linie für ein männliches Publikum geschaffen. Erstnehmen kann ich sowas nicht. Dann schon lieber Ripley als Heldin :-)

Auch die innen-Romane sind netterweise ja mit einem Warnhinweis versehen und können daher gemieden wrden.

Zitat von: Angelus Noctis am 13. September 2009, 07:49:46

Die mutigen Ritter in strahlender Wehr, die ihre Prinzessinnen aus den Fängen grausiger Drachen befreien? (Ganz ehrlich, Ihr lieben Mit-Frauen, wollten wir nicht alle schonmal Prinzessin sein?)

ganz ehrlich nein - und Danke an Coppelia für ihre umfassende Antwort zu diesem Punkt.
Klar, darf auch mal eine Frau Probleme kriegen und befreit werden. Aber warum muss diese Aufgabe unbedingt einem Kerl zufallen?

Ich mag ausbalancierte Figuren beiderlei Geschlechts. An dem, was andere schreiben oder verfilmen oder programmieren kann ich nichts ändern, an dem, was ich selbst tue, schon. Ein Grund mehr, kreativ zu werden, statt zu lamentieren. Und genau das tue ich gleich auch.

Gruß,
Linda
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: FeeamPC am 13. September 2009, 13:41:17
Der Anteil starker Frauen in der heutigen Literatur ist mit Sicherheit überproportional, gemessen an der Durchschnittsbevölkerung.
Aber das gilt auch für die männlichen Helden- welcher 08/15 Schreibtischtäter entspricht schon einem strahlenden Ritter mit Schwert und kettenhemd?
Insofern stört mich das Auftreten starker Frauen in den Romanen nicht. Es macht (in den meisten Fällen) die Heldin des Buches für mich einfach interessanter.

Die ganze Sache mit der Emanzipation ist dagegen komplizierter.
Emanzipiert ist, wer für gleiche Tätigkeiten unter gleichen Voraussetzungen, Anforderungen und Erwartungen das gleiche emotionelle und finanzielle Ergebnis kriegt.

Muskelstärke fällt da weitgehen heraus, Männer haben nun einmal von der Natur mehr Muskeln abbekommen.
Und Kinderkriegen können Männer, zur Zeit jedenfalls, nicht, das bleibt also Frauendomäne.

Ansonsten? Wir sind alles andere als emanzipiert. Macht der Mann den Haushalt, bewundert man ihn dafür, macht es die Frau, ist es nach wie vor selbstverständlich. Ist der Junge gut in Mathe, finden die Eltern das normal, ist es das Mädchen, verdient das besondere Anerkennung. Eine Frau im Bergbau ist ungefähr so exotisch wie ein Mann als Kindergärtner- beides kommt vor, ist aber nicht die Norm.  Usw,usw.
Und gleiches Geld für gleiche Arbeit gibt es nach wie vor nicht, Frauen verdienen im Schnitt zweistellige Prozente weniger als Männer.
Die Lebensplanung ist im Ungleichgewicht, weil die Frau immer noch den Schwerpunkt der Kindererziehung macht, während der Mann an seiner Karriere bastelt. Dadurch kommen deutlich mehr Männer in der Wirtschaft in die Chefetagen als Frauen.
Niedriglohnarbeit ist in erster Linie Frauensache.
Altersarmut ist in erster Linie ein Frauenproblem.
Alleinstehend Kinder aufzuziehen, ebenfalls.
Und es gibt immer noch genügend Männer, die ein "Nein" einer Frau im sexuellen Bereich höchstens als Aufforderung verstehen, sich mehr ins Zeug zu legen.

Wenn also in unserer Realität die Emanzipation noch nicht verwirklicht ist, wer will es Autorinnen und Autoren verdenken, wenn sie in der Fiktion ein Gegenbild schaffen (meist unbewußt)?

Und wie immer bei solchen Gegenbildern neigen wir, die wir nun mal Menschen sind, dazu, über das Ziel hinauszuschießen.
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Lomax am 13. September 2009, 13:53:56
Wenn ich den Vorwurf im Eingangspost lese, kann ich ihn schon nachvollziehen. Ich sehe da in den letzten Jahren (womöglich seit Lara Croft ;)) durchaus einen Trend zu Heldinnen, die einfach unrealistisch hochgepuschte Kriegerinnen sind (und mit "hochgepuscht" mein ich jetzt nicht nur den mehr oder minder gepanzerten BH ...). Ich hab auch durchaus das Gefühl, dass da eine Botschaft vermittelt werden soll, die geschlechtsspezifische Unterschiede verleugnet - von den sexy Äußerlichkeiten, auf die man nicht verzichten will, mal abgesehen. Die werden dann eher überbetont.
  Was mich besonders aufregt, sind die ganzen modernen Frauen in historischen Romanen. Klar gab es im "Mittelalter" nicht unbedingt nur die Klischeeprinzessin aus dem Märchen - aber wenn Protagonistinnen gleich ein paar Jahrhunderte sozialer Erkenntnis aus eigenem Vermögen vorwegnehmen und sie gar nicht mehr als Kind ihrer Zeit erkennbar sind, dann sträuben sich mir die Haare.

Andererseits ... Ich denk da zunächst mal an einen historischen Krimi, den ich übersetzt habe, mit einem (männlichen) Ritter, der gleichfalls die ganze Zeit wie ein Zeitreisender wirkt und in allem viel moderner denkt als seine Zeitgenossen. Auch bei den männlichen Protagonisten hatte man schon immer die Vertreter, die auf ihre Art genauso unrealistische Superhelden waren wie manche überzogene Kriegerin, die heute eben noch hinzugekommen ist.
  Und den Gegenpart gibt es ja immer noch zuhauf: Penetrant schwache, hilfsbedürftige Frauen, die auf den Retter warten und Männer anschmachten. Solche Protagonistinnen findet man übrigens bevorzugt in den ganzen "Romanticals" aller Coleur - in Büchern also, die von Frauen für Frauen geschrieben werden. Es scheint also nicht wirklich so zu sein, dass die "starken Frauen" inzwischen zum unumgänglichen Leitbild geworden sind.

Ich persönlich habe mich da auch nie unter Druck gesetzt gefühlt, jetzt bestimmte Rollenbilder nehmen zu müssen oder andere nicht mehr nehmen zu können. Es sind halt noch ein paar Rollenmodelle hinzugekommen, die man, wie andere Rollenmodelle auch, in Einzelfällen bis zur Schmerzgrenze auf die Spitze getrieben findet. Unterm Strich hat es vermutlich die Bandbreite der Literatur eher gesteigert, als die Möglichkeiten einzuschränken.
  Ich gebe es zu - mitunter denkt man vielleicht schon mal drüber nach, ob man gewisse Dinge "heutzutage" noch bringen darf. Aber alles in allem, wenn ich mir den Buchmarkt so anschaue, ist man als Schreiber wohl doch recht frei in der Entscheidung, wie weit man die Rollenschablonen, die man als Blödsinn empfindet, denn nun mitgehen möchte oder nicht. Warum also sollte man das so dramatisch sehen?
  Ich persönlich will mir lieber Gedanken darüber machen, wie die Figuren in meiner Geschichte sein müssen, damit alles passt - und weniger darüber, welche Art Figuren im allgemeinen förderungswürdig, nervig, politisch korrekt/unkorrekt oder was auch immer sind.
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Kati am 13. September 2009, 15:12:42
Zitataber wenn Protagonistinnen gleich ein paar Jahrhunderte sozialer Erkenntnis aus eigenem Vermögen vorwegnehmen und sie gar nicht mehr als Kind ihrer Zeit erkennbar sind, dann sträuben sich mir die Haare.

Dem stimme ich uneingeschränkt zu.  ;D

ZitatIst es in der heutigen Zeit gar schon ein Verbrechen wenn man ängstliche, schwache oder gar naive Frauen als Charaktere benutzt

Nein, mich würde das überhaupt nicht stören. Schließlich gibt es solche Frauen (und Männer) in der Realität, nicht wahr? Wieso sollte es sie nicht auch in Romanen geben?
Wichtig ist, den Anteil an starken und schwachen Figuren in einer Geschichte auszubalancieren. Eine starke Frau, die sich nichts gefallen lässt und ihr Ding durchzieht ist völlig in Ordnung, sollte der Roman allerdings von ihnen wimmeln wird es kritisch. Dasselbe gilt natürlich für schwache Frauen und Männer.

LG,

Kati
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Rhiannon am 13. September 2009, 16:42:12
Grundsätzlich habe ich nichts gegen die so genannte "starke Frau" auch dann nicht, wenn sie auch einmal den Männern (oder anderen Frauen) grob gesagt "die Fresse poliert" . Eine meiner Protagonistinnen ist sogar Amazone, aber Lederbikini und toller Körper, meine Güte, ich denke und das ist jetzt nicht gegen Männer im Allgemeinen sondern nur gegen einige Einzelexemplare gerichtet, doch nicht zwischen den Beinen. Lara Croft usw. sind dafür da, dass die Männer etwas zum Gucken haben!
Ich habe keine männlichen Protas, mindestens nicht als Hauptcharas, weil ich damit nicht klar komme, aber nein, ich wollte auch da keine strahlenden Märchenprinzen, meine Amazone hat auch Schwächen, meine anderen Protas haben ebenso ihre Stärken und Schwächen.
Und ich hasse diese Lederbikinidamen die nichts mehr weibliches außer ihrem Körper haben, ebenso wie sämtliche Supermen der Fantasy. Ich möchte über dreidimensionale Figuren lesen, nicht über herumsplatternde Superhelden/-heldinnen die weder Gewissensbisse noch sonstige Probleme mit sich selbst und anderen haben.
Bitteschön Gleichberechtigung ist schön und gut und einem Macho würde ich selbst auch so einiges zu erzählen haben, aber das hat bitteschön seine Grenzen. Eine Frau als Bergarbeiterin, warum nicht, wenn es die Frau aushält, ein Mann als Kindergärtner, warum nicht, wenn der Mann fähig dazu ist, aber Kinder kriegen beispielsweise ist nun einmal Frauendomäne, Arbeiten, die viel Kraft erfordern eher Männersache, weil Männer dabei eben von der Natur bevorzugt wurden.
Aber das heißt nicht, dass ein Mann nicht ebenso gut mit Kindern umgehen kann, oder eine Frau einen Männerberuf ergreifen. Gestern erst war bei uns in der Zeitung ein Artikel über eine Hufschmiedin, der ihr Job wirklich Spaß macht. Aber auch dabei sieht man, dass die so genannte Emanzipation hier zu Lande eines vergisst: Jeder Mensch hat seine Prioritäten und manche Frau bleibt vielleicht tatsächlich lieber daheim und macht den Haushalt, da gibt es doch nichts zum, scheel gucken! Ebenso wenig, wie wenn eine Frau sich entschließt einen Beruf zu ergreifen, bei dem man körperlich schwer arbeiten muss.
Aber dieses Gucken ist halt auch in der Fantasy noch so: Wenn der Held ein strahlender Prinz ist, ist das normal, eine strahlende Heldin ist eher was besonderes, aber da man der Frau so meistens die Weiblichkeit nimmt, weil sie denken und handeln muss, wie ihr männlicher Gegenpart das auch täte,  gleicht man das halt über das Aussehen aus. So entstehen Lara Croft und co.

Solche Frauengestalten mag ich gar nicht. Unter anderem deswegen liebe ich Manda Scotts Boudica-Zyklus. Die Prota dort hat sowohl die frauenspezifischen Probleme als Mutter usw., als auch Probleme, die sich durch ihr Leben als Kriegerin ergeben, aber auch in diesem Problemen bleibt sie weiblich, kollidiert gelegentlich mit den Männern um sie herum, die das nicht so ganz nachvollziehen können, wie denn auch? "Heldin" zu sein, bedeutet nicht gleich im Ledermini herumzulaufen und ansonsten eine Karikatur jeder normalen Frau zu sein, sondern die Situation so zu meistern, wie man es selbst am besten kann!
Aber wenn jeder Mensch ein Held wäre, wären Helden keine Helden. Daher bitte auch 08/15-Menschen und Schwächlinge wie im normalen Leben auch, sonst wärs ja langweilig.
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Lucien am 13. September 2009, 17:33:38
Also, ich finde, man sollte da einen Mittelweg gehen, sowohl bei der Anzahl "starker" und "schwacher" Frauen in einer Geschichte, als auch bei dem Grad wie sehr sie nun "stark" oder "schwach" sind.
Mich nerven diese Überfrauen, die hier schon erwähnt wurden. Das ist nicht mehr echt. Genauso nerven mich aber auch die Frauen, die so unselbstständig und hilflos sind, dass man sie ständig retten muss.

Ich überlege grad, wie es in meinem Werken aussieht. Da kann ich auf Anhieb jetzt nur eine Frau aufzählen, die wirklich das ist, was man "schwach" nennen würde. Sie kümmert sich um das Kind, sagt zu allem, was ihr Mann sagt, ja und amen und reißt ängstlich die Augen auf, wenn sie schlechte Nachrichten hört. So ganz verliert sie dieses Image auch nicht, aber sie lernt während der Geschichte, sich mehr von ihrem Mann zu lösen.
Aber da gibt es auch eine Frau, die ihr Leben alleine meistert, kämpfen und jagen kann und selbst dem (halb tyrannischen) Fürsten mühelos die Stirn bieten kann. Aber auch sie hat bisweilen das Bedürfnis, sich an eine starke Schulter zu kuscheln und ihrem Schatz was leckeres zu kochen.

Zitat von: Angelus Noctis am 13. September 2009, 07:49:46
Ganz ehrlich, Ihr lieben Mit-Frauen, wollten wir nicht alle schonmal Prinzessin sein?
Nein, ich nicht. Warum Prinzessin? Meine Mutter hat mir zu Karneval mal ungefragt ein Prinzessinnen-Kostüm gekauft. Fand ich doof, da habe ich das Krönchen weggelassen und kurzerhand ein Kleopatra-Kostüm draus gemacht.  ;D Also wenn schon adlig, dann will ich auch regieren!
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Maja am 13. September 2009, 18:25:29
Ein Bekannter von mir, der in den Neunziger Jahren endloslange Fantasyepen schrieb (ich weiß nicht, ob er es noch tut, habe seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihm, und dementsprechend ist er auch nicht hier im Forum anwesend) hat alle seine weiblichen Helden auf unerträgliche Sockel gehoben. Sie waren immer makellos in jeder Hinsicht - kämpften besser als jeder Kerl, waren weise und verständnisvoll und was weiß ich nicht noch alles, wie gesagt, es war unerträglich. Darauf angesprochen, daß diesen Figuren jedweder Realismus abging, entschuldigte sich der Autor damit, daß er ja nicht frauenfeindlich erscheinen wollte - und er dachte, jeden Fehler, den eine weibliche Figur machte, würde man ihm als Frauenfeindlichkeit auslegen. Es ging also in diesem Fall nicht um Männerträume, sondern um falsch verstandene politische Korrektheit. Und ich schließe mich meinen Vorrednerinnen an, daß diese Überfrauen vor allem ein männliches Problem darstellen.

Wobei ich mich jetzt nicht frei von aller Schuld sprechen kann - ich habe nämlich selbst ein deftiges Problem mit weiblichen Helden - ich kann mich nicht in sie hineinversetzen. Da ich selbst eine Frau bin, habe ich immer Angst, daß mir meine Heldinnen zu ähnlich werden könnten in ihrer Denkweise, Sprechweise, etc. Während männliche Charaktere immer schon mal diesen entscheidenden Unterschied zu mir mitbringen, der es mir ermöglicht, sie lebendig und differenziert auszuarbeiten, geraten mir meine Frauen immer irgendwie zu hölzern, und ich vermeide meistens, in ihrer Perspektive zu schreiben. Nicht, weil ich sie nicht mag, aber weil sie alle irgendwie immer gleich sind, und immer irgendwie ich.

Dabei bemühe ich mich immer, meine Frauen genauso lebendig und genauso fehlerbehaftet wie meine Männer zu gestalten. Ich habe eine weibliche Schurkin, die mir ganz ausgezeichnet gelungen ist und auf die ich sehr stolz bin, weil sie wirklich differenziert und nachvollziehbar ist. Aber als ich "Dämmervogel", das dritte  Elomaran-Buch, schrieb, merkte ich irgendwann, daß ich überhaupt keine Frauen in tragenden Rollen hatte - ich hatte eine bezaubernde geheimnisvolle Schönheit, die immer nur ihr Sendbild schickte, und eine treusorgende Mutter, der jede Individualität abging - und das war mir dann doch zu wenig. Ich bin eine emanzierte Frau und mag mir nicht vorwerfen lassen, daß ich Frauen in meinen Geschichten vernachlässige. Aber der Rettungsversuch ist dann irgendwie nach hinten losgegangen, denn die beiden Frauen, die ich daraufhin in die Geschichte einbaute, haben fast schon den Charakter der oben erwähnten Sockelfrauen angenommen: Eine starke, selbstbewußte Falknerin, die sich im Wald und einer Männerdomäne durchkämpft, und eine schwertschwingende Königstochter, die versucht, mit ihren Brüdern gleichzuziehen, weil die Gesellschaft keine Prinzessinen vorsieht. Und wirklich, ich muß gestehen, daß ich beide nicht ausstehen kann. Und sie sind der Grund, daß es jetzt mit der Geschichte nicht so richtig weitergeht. Vielleicht bringe ich die beiden um. Oder finde sonst eine Gelegenheit, sie irgendwie lebendiger zu gestalten. Sie sind mir zu stark - was sie von meinen Männern unterscheidet, die alle von ihren Schwächen dominiert werden.

Ich hasse es, das zuzugeben - aber vielleicht stehe ich da wirklich auf einer Stufe mit dem oben erwähnten Bekannten.
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Aidan am 13. September 2009, 18:50:39
Maja, hattest du irgendwo schon mal so etwas ähnliches geschrieben? Mir ist, als hätte ich genau diesen Beitrag schon einmal von dir gelesen und das ist mir gerade ein wenig unheimlich.

Ich habe bei mir eher das Gegenteil festgestellt. Aktuell habe ich vor allem Frauen in führenden Rollen, wobei es auch ein paar Plotideen mit mehr Schwerpunkt auf die Männer gibt, aber weniger und noch nicht in Angriff genommen.
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Maja am 13. September 2009, 19:00:50
Wir hatten vor ein paar Jahren schon mal eine Diskussion zu einem ähnlichen Thema, damals angestoßen von Feuertraum, hier: http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,1756.0.html
Und noch früher hatte ich selbst das Thema aufgebracht: http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,329.0.html - damals hatte ich schonmal diesen Autor mit den Sockelfrauen als Beispiel angebracht.

Tja, wenn sich die Themen wiederholen, weil niemand die Forensuche bemüht oder die alten Beiträge zu alt erscheinen, muß ich mich eben auch mal wiederholen dürfen... ;)
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Aidan am 13. September 2009, 19:03:51
Darfst du ja auch! Hat mich nur irgendwie irritiert. :)

Und es beruhigt mich, dass ich es vermutlich einfach nur gelesen und sogar offensichtlich behalten habe. ;)
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Lomax am 13. September 2009, 21:23:38
Zitat von: Maja am 13. September 2009, 18:25:29Ich bin eine emanzierte Frau und mag mir nicht vorwerfen lassen, daß ich Frauen in meinen Geschichten vernachlässige. Aber der Rettungsversuch ist dann irgendwie nach hinten losgegangen, ...
Tja, bei den "Gefährten des Zwielichts" bin ich ja auch darüber gestolpert - als der Roman schon geschrieben war, fiel mir auf, dass nicht nur vergleichsweise wenige Frauen darin vorkommen (was ja noch irgendwie zur Vorlage gepasst hätte), sondern denen auch irgendwie allen was passiert (so viel will ich mal ohne spoilern sagen ;)). Da hab ich mich dann auch schon gefragt, ob das nicht komisch aussieht und ich aus Gründen der PC Änderungen vornehmen will.
  Ich hab mich dagegen entschieden.
  Was passiert und welche Rollen wie besetzt sind, entwickelt sich aus der Geschichte, und es passte einfach am besten dazu. Und dann fiel mir rechtzeitig ein, dass ich erstens ja ohnehin Political Correctness für den größten Feind der Kunst halte, und dass ich mir ja außerdem abgewöhnen will, das, was ich schreibe, davon beschränken zu lassen, was andere dann über mich spekulieren könnten. Es ist also so geblieben, wie es ist, eben weil ich das Gefühl hatte, dass die Geschichte schlechter würde, wenn ich irgendwas einbaue, was nicht zur Geschichte gehört, sondern aus anderen gefühlten Notwendigkeiten entspringt. Eine Quotenregelung für jeden einzelnen Roman - das kam mir bei näherem Nachdenken absurd vor.
  Solange ich nicht in meinem Gesamtwerk so einseitig werde, dass man eine Marotte des Autors annehmen könnte, will ich doch jeder Geschichte nur das geben, was zu ihr passt. Ich will eigentlich nichts an meinen Geschichten verändern, nur um ein Frauen-/Männerbild zu propagieren, oder gar eine Quote zu erfüllen, gerade weil ich fürchte, dass es den Geschichten insgesamt nur schaden kann. Deine Erfahrung, Maja, bestätigt das ja dann - und es ist eine Erfahrung, die ich gar nicht erst selbst erleben muss  ;D
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Feuertraum am 13. September 2009, 22:26:46
Ich schließe mich Lomax' Meinung dahingehend an, dass man nun nicht deswegen einen Charakter schaffen soll, nur um eine Quote oder einen Geschmack zu erfüllen.
Und wenn wir ehrlich sind: es wird immer Leser geben die einen Satz oder eine Szene vollkommen anders interpretieren als wie vom Autor gedacht.

Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Lucien am 15. September 2009, 12:31:05
Zitat von: Maja am 13. September 2009, 18:25:29
ich habe nämlich selbst ein deftiges Problem mit weiblichen Helden - ich kann mich nicht in sie hineinversetzen. Da ich selbst eine Frau bin, habe ich immer Angst, daß mir meine Heldinnen zu ähnlich werden könnten in ihrer Denkweise, Sprechweise, etc. Während männliche Charaktere immer schon mal diesen entscheidenden Unterschied zu mir mitbringen, der es mir ermöglicht, sie lebendig und differenziert auszuarbeiten, geraten mir meine Frauen immer irgendwie zu hölzern, und ich vermeide meistens, in ihrer Perspektive zu schreiben. Nicht, weil ich sie nicht mag, aber weil sie alle irgendwie immer gleich sind, und immer irgendwie ich.
:gähn: Das Problem habe ich auch. Ich kann zwar unterschiedliche Charaktere bei Frauen hervorbringen, aber wenn ich in einem Werk eine böse Frau habe und dann ein anderes schreibe, in dem auch eine böse Frau vorkommt, muss ich feststellen, dass die beiden dann ziemlich identisch sind. Bei den guten ist es genauso. Und wenn ich dann eine Gute oder Böse haben will, die sich von den anderen unterscheidet, wird es - o wunder - eine Überfrau, die ich dann so blöd finde, dass ich sie kurzerhand wieder rausschmeiße.  :wums:

Aber ich muss an dieser Stelle zugeben, dass ich eine Schwäche für "geistige Überfrauen" habe. Solche, die (meistens) den Überblick über die Situation und die Gefühle der anderen haben und die auf alles eine Antwort finden.  :innocent: Aber die kriegen dann andere Schwächen. Und wenn es nötig ist, dass sie mit dem Schwert kämpfen können, dann haben sie halt Stress beim Bogen schießen.  ;D
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Ary am 15. September 2009, 12:57:27
Darf ich dem Club noch beitreten? :)
"Meine" Frauenfiguren, wenn ich denn mal Frauenfiguren habe, sind entweder vollkommen "ich" oder stehen auch auf irgendwelchen Sockeln herum.

Mich haben "Heldinnen" schon immer irgendwie genervt. Ich wollte keine Geschichten über Frauen lesen, mir waren männliche Protagonisten immer lieber. So nach dem Motto: Frau bin ich selber, Frauenprobleme hab ich selber, darüber will ich nicht auch noch lesen.
Was dazu geführt hat, dass meine Geschichten sehr männerlastig geworden sind und ich oft auch noch mindestens einen schwulen Charakter darin herumhopsen habe. Und dazu, dass ich mir schön des öfteren anhören musste, dass "meine Männer" zu "weiblich" seien, denn "Männer zeigen ja niiiiiiiiiiiieeeeeeeeeemals SO viel Gefühle".
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Luna am 15. September 2009, 18:21:18
Zitat von: Aryana am 15. September 2009, 12:57:27
Mich haben "Heldinnen" schon immer irgendwie genervt. Ich wollte keine Geschichten über Frauen lesen, mir waren männliche Protagonisten immer lieber. So nach dem Motto: Frau bin ich selber, Frauenprobleme hab ich selber, darüber will ich nicht auch noch lesen.
Was dazu geführt hat, dass meine Geschichten sehr männerlastig geworden sind [...]

Ungefähr genau so kann ich das nachvollziehen, muss man nur mal komplett invertieren...

Ansonsten kann ich, wenn ich ehrlich bin, nicht viel mehr zu der Diskussion beisteuern. Das die meisten "unrealistischen" Frauenbilder in Film und Fernsehen gerade daher kommen, dass man das Publikum (in diesem Fall halt Männer) irgendwie zufriedenstellen will (wenn ich ehrlich bin, sehen Frauen bei so ziemlich allem was sie tun einfach besser aus, als Männer - woher das kommt, kann sich jeder denken - von daher scheint es auch gerechtfertigt zu sein). Andererseits muss man diese Rollen auch nicht überstrapazieren, denn: Das Wichtigste ist, man kann selten alles alleine regeln. Superhelden, die alles alleine regeln können sind Comic-fiktion.
Unsere Charas brauchen andere, brauchen Männer und Frauen, auf die sie sich verlassen und auf die sie zählen können, wenn sie mal Probleme haben. Beide brechen irgendwann zusammen, wenn sie ihre Last alleine tragen müssten.

So, bevor ich noch mehr OT werde (und vielleicht noch was schreibe, was jemand anderes schon geschrieben hat, weil ich ehrlich gesagt zu faul war, alles durchzulesen) höre ich hier lieber auf.

LG, AF
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Falckensteyn am 16. September 2009, 13:54:55
Zitat von: Alex am 13. September 2009, 05:21:47
Nun meine Frage: tut eine solch verschwenderische Benutzung der Figur der starken Frau wirklich Not? Muss man wirklich dieses Bild von Frauen in allen möglichen Medien vertreten nur weil es von den Leuten als positiv wahrgenommen wird? Ist es in der heutigen Zeit gar schon ein Verbrechen wenn man ängstliche, schwache oder gar naive Frauen als Charaktere benutzt und wird dies dann von allen Seiten verteufelt werden, weil es rückständig und sexistisch ist?
Ich meine ja nur: warum muss man ein Klischee fortführen nur weil es so allgegenwärtig und so selbstverständlich ist?

Hallo Alex

Ich denke nicht, dass Du mit diesem Beitrag die weibliche Leserschaft verärgert hast, im Gegenteil. Und die zahlreichen Antworten haben es Dir ja auch schon bewiesen.

Nun noch mein Senf hierzu: Grundsätzlich würde ich es nicht als "Verbrechen" definieren, wenn Du die Emanzipation ingorierst und in deinen Geschichten "schwache" Frauen beschreibst, oder vielleicht sogar schwache Protagonistinnen.

Meiner Meinung nach hat sich die Frau durch die Emanzipation selbst nicht neu definiert. Frau ist immer noch Frau, aber ihre Rolle innerhalb der Gesellschaft ist heute eine andere, als die bislang traditionelle Rolle, die man(n) ihr jahrhundertelang aufbürdete.

Es gab schon immer schwache und starke Frauen, wie es bei den Männern Machos und Softies vermutlich auch schon immer gab.

Ich selbst hab mir bei meiner Geschichte nie die Gedanken gemacht, ob meine Frauen und Männer jetzt ins aktuelle Weltbild von Mann und Frau passen. Sie entstehen, gewinnen an Form und Charakter (und auch Aussehen), und dann schreib ich über sie.

Ein gewisses Mass an "sexistisch" kannst Du gar nicht ausschalten, da es vermutlich keine androgyn orientierte, menschliche Denkweise gibt.

Liebe Grüsse

Falckensteyn
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Churke am 28. September 2009, 23:45:42
In den alten Filmen sieht man immer: Der Held keilt sich mit dem Schurken und die Frau steht daneben und schaut zu. Ich habe immer gefragt: Warum versucht die nicht wenigstens, dem einen Blumentopf über den Kopf zu hauen?

Aber wer will sich in der heutigen Zeit mit so einer Figur identifzieren? Der ist ja auch praktisch vorbestimmt, immer Opfer zu sein, wenn nicht zufällig gerade ein Prinz vorbei reitet und eine Lanze für sie bricht. Und was ist schon emanzipiert? Für ne SF-Satire habe mal eine muttchenhafte "Präsidentin" und eine zickig-intrigante "Gouverneurin" erfunden, die sich unerträglich weibisch verhalten. Andererseits wird man Kriemhild, die mit weiblichen Strategien ihre Rache durchsetzt, nicht als schwache Frau bezeichnen. "Stark" oder "emanzipiert" kann eine Figur immer nur im Rahmen des sie umgebenden Settings sein. Hier liegt dann meist auch der Hase begraben.
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Cythnica am 29. September 2009, 00:39:50
So ich werf auch mal meinen Hut in den Ring und werd sicherlich auch eine geballte Ladung schläge dafür ernten ~

denn was mir in den letzten jahren eigentlich immer wieder in büchern und geschichten über den weg lief ist eine art von frau, die mich ehr stört als alle prinzessinen und xenas zusammen ~

Wirklich schrecklich finde ich es, wenn in 2 von 3 büchern mit wichtigen weiblichen Charas immer eine dabei sein muss, die stunden ihres lebens darauf verschwendet, mit den  männlichen protagonisten nutzfreie diskussionen darüber zu führen, dass sie als frau doch mindestens genau so toll sein können wie die männer... und für jede solche frau gibts dann auch irgendeinen großkotzigen, behaarten mann als ausgleichsperson noch dazu, dessen sprüche mich irgendwann auch nur noch langweilen, weil ich darauf warte, dass neben dem geschlechterkampf noch etwas wie eine handlung weitergeführt wird.

welche klasse mir gerade bei frauen noch sehr in büchern fehlt ist eigentlich die art von mensch, die ich auch bei den männern am liebsten mag: die ruhigen macher.
Viel zu oft werden starke persönlichkeiten dadurch kaputtgemacht, dass sie immer meinen, sich besonders beweisen zu müssen, denn das zeigt ja nur, dass sie sich selbst nicht ertragen können, ohne für ihre leistungen anerkannt zu werden.

wann immer ich einmal einen chara in einem buch fand, den ich mal richtig gut fand, eben weil er ruhig war und gehandelt hat ohne eine show drum zu machen oder jedem davon zu erzählen, wie toll er ist, weil er sowas beherrscht,  waren das immer nur kerle ( und nebenbei wars auch noch nie der protagonist... irgendwie kenne ich kein buch, bei dem der protagonist mir sehr sympatisch gewesen wäre ~ dafür zeigt er meist zuviel temperament)

und sowas find ich echt schade...
ich für meinen teil hab in meinen geschichten immer mindestens 2 oder 3 weibliche nebencharas dabei, die ihre stärke vor allem dadurch zeigen, dass sie sich nicht jedem beweisen müssen.


naja... ich hoffe einfach mal, man kann nachvollziehen, was ich mit diesem beitrag sagen wollte xD
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Lavendel am 29. September 2009, 07:10:25
Zitat von: Cythnica am 29. September 2009, 00:39:50
So ich werf auch mal meinen Hut in den Ring und werd sicherlich auch eine geballte Ladung schläge dafür ernten ~

Liebe Cythnica,
Schläge bekommst du hier nur, wenn du weiterhin schreibst, ohne die Shift-Taste zu benutzen ;).
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Cythnica am 29. September 2009, 07:36:45
Oh Sorry xD Ich wollte ja eigentlich in die Politik gehen um die Parteien zu unterstützen, die Deutschlandweit die Kleinschreibung einführen wollten weils einfach viel besser ist xD
Aber ich werd mir Mühe geben, hier wieder mehr drauf zu achen ^^

so ... das wäre dann ein wenig off-topic für Zwischendurch ~
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Leon am 29. September 2009, 09:09:19
Zitat von: Cythnica am 29. September 2009, 07:36:45
Oh Sorry xD ... besser ist xD ...

*Noch ein kurzes OT hintendranhäng* Was bedeutet "xD"?  ???
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Artemis am 29. September 2009, 11:06:42
Zitat von: Leon am 29. September 2009, 09:09:19
*Noch ein kurzes OT hintendranhäng* Was bedeutet "xD"?  ???

Was ähnliches wie das Kerlchen hier:  ;D Neig mal den Kopf nach links, dann fällts dir sicher auf.
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Julia am 29. September 2009, 11:22:18
Das Klischee der Überfrau (und die ganzen "-innen"-Romane) existiert ja nicht, weil die Frauen von heute tatsächlich schon ach-so-emanzipiert sind - sondern weil sie es eben nicht sind. Wer liest denn schließlich solche Romane (und damit meine ich auch die ganzen "Detektivinnen" und "Vampirinnen"-Bücher)? Na klar, Frauen. Und warum? Doch nicht, weil sie sich dem Mann schon ebenbürtig fühlen, oder?

Aber genau das ist es doch, was die Emanzipation eigentlich bezwecken wollte: das Bewusstsein, dass Mann und Frau gleich viel "wert" sind. Keine Frau muss hinter dem Rücken ihres Mannes zuhause stehen und ihm die Brote schmieren - aber sie darf es, wenn sie es möchte (und es ihre eigene Entscheidung war, und nicht die ihres Mannes). Genauso steht es übrigens auch einem emanzipierten Mann frei, mal seiner Frau die Brote zu schmieren ... und sich mit einem Achselzucken über die blöden Kommentare seiner Kumpels hinwegzusetzen.

Nur: das Bild, dass in den Medien (und auch in der Belletristik) zur Zeit von der Frau gezeichnet wird, hat nichts mit Emanzipation zu tun, sondern mit Egoismus. Nach dem Motto: Jahrtausendelang wurden wir von den Männern unterdrückt - jetzt zeigen wir denen mal, wo der Frosch die Locken hat. Koste es, was es wolle. Doch das ist keine Gleichberechtigung, sondern Selbstgerechtigkeit um jeden Preis. Frei nach dem Motto: Männer sind rücksichtslos (ein Klischee!) - ich auch. Männer gehen fremd - haha, dann kann ich das auch. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.

Emanzipation heißt aber eben nicht, ein besserer (oder schlechterer?) Mann zu sein, als Männer es selbst sind. Sondern dass es gute und schlechte Männer und Frauen gibt - und beide gleich viel wert sind. Niemand hat das Recht, einen anderen Menschen aufgrund seines Geschlechts zu unterdrücken. Oder sich über ihn zu erheben.

Oder anders gesagt: Emanzipation heißt, dass ich es mir aussuchen kann, ob ich mich vom Ritter vor dem Drachen retten lasse. Oder ob ich den Herrn Ritter in den Wind schieße, mit dem Drachen gemeinsam abziehe und eine Umweltaktivistengruppe gegen Drachenverfolgung gründe ... Oder ob ich die beiden ihren archaischen Spielchen überlasse und allein meiner Wege gehe - meinetwegen um zuhause einen Nagel in die Wand zu schlagen oder einen Volkshochschulkurs übers Topflappenhäkeln zu belegen, wenn ich daran Freude habe. Emanzipation ist nichts anderes, als die Verantwortung für sich selbst zu übernehmen  - und sie auch nicht mehr abzugeben. Mit dem Klischee der "Überfrau" hat das aber nichts zu tun.

So, Ende des Vortrags ;D. Aber das musste ich jetzt mal loswerden ...

Liebe Grüße von

Julia (Die sich emanzipiert genug fühlt, trotzdem ab und zu den ein oder anderen "-innen"-Roman zu lesen ...  ;))


[Edit: Hoppla, Rächtschraibfähla: Es muss natürlich "archaisch" heißen - ich hab's gerade geändert]
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Artemis am 29. September 2009, 12:12:41
Zitat von: Julia am 29. September 2009, 11:22:18
Oder ob ich den Herrn Ritter in den Wind schieße, mit dem Drachen gemeinsam abziehe und eine Umweltaktivistengruppe gegen Drachenverfolgung gründe ...

Mwahahaha ... ich kugel mich grad unterm Tisch, ehrlich  :rofl:
Solltest du diese Idee mal in die Tat umsetzen - ich kauf das Buch auf jeden Fall  ;D Emanzipierte Prinzessinnen, das wäre doch was ^^
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Linda am 29. September 2009, 12:19:21
Zitat von: Julia am 29. September 2009, 11:22:18


Oder anders gesagt: Emanzipation heisst, dass ich es mir aussuchen kann, ob ich mich vom Ritter vor dem Drachen retten lasse. Oder ob ich den Herrn Ritter in den Wind schieße, mit dem Drachen gemeinsam abziehe und eine Umweltaktivistengruppe gegen Drachenverfolgung gründe ... Oder ob die beiden ihren arachischen Spielchen überlasse und allein meiner Wege gehe -

tja, und genau solche Geschichten gibt es im "Fantasy Underground" schon ewig und drei Tage. Die über starke Frauen, im wahren Sinne. Meistens in Fanzines und kleinen Geschichtensammlungen (nicht unbedingt die der großen Verlage), während in den Buchfabriken nach wie vor die gefälligen Priesterinnen und sonstige Demutsweibchen gefragt sind...

Aber das geht jetzt vom Thema ab (zu dem ich ansonsten noch sehr viel sagen könnte, es aber über die Jahre an anderen Stelle zu oft gesagt habe).

Gruß,
Linda
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Leon am 29. September 2009, 13:34:49
Zitat von: Artemis am 29. September 2009, 11:06:42
Was ähnliches wie das Kerlchen hier:  ;D Neig mal den Kopf nach links, dann fällts dir sicher auf.

Hab ich gemacht. Aber ich kapiers immer noch nicht. :(
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Kati am 29. September 2009, 14:40:59
xD ist ein grinsender Smiley (sozusagen). Das D ist das Grinsen und das x die Augen.  ;D

Julia:
ZitatNach dem Motto: Jahrtausendelang wurden wir von den Männern unterdrückt - jetzt zeigen wir denen mal, wo der Frosch die Locken hat.

:rofl: Ich finde diesen Spruch so lustig, ich weiß gar nicht warum.

Aber du hast Recht. Genauso sehe ich das auch.  ;)

LG,

Kati
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Lucien am 29. September 2009, 16:36:21
 :hmmm: Vielleicht die Tatsache, dass ein Frosch wohl irgendwo Locken hat?  :rofl:

Ich finde auch, dass Julia es gut getroffen hat, aber neben Selbstbestimmung bedeutet Emanzipation für mich auch, dass es in gewissen Situationen (z.B. bei einem Vorstellungsgespräch) einfach egal ist, ob da ein Mann sitzt oder eine Frau.
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Bisou am 29. September 2009, 16:42:16
Zitat von: Julia am 29. September 2009, 11:22:18

Oder anders gesagt: Emanzipation heißt, dass ich es mir aussuchen kann, ob ich mich vom Ritter vor dem Drachen retten lasse. Oder ob ich den Herrn Ritter in den Wind schieße, mit dem Drachen gemeinsam abziehe und eine Umweltaktivistengruppe gegen Drachenverfolgung gründe ...

:rofl: Echt klasse, wirklich.

Zitat von: Jenny am 29. September 2009, 16:36:21
Ich finde auch, dass Julia es gut getroffen hat, aber neben Selbstbestimmung bedeutet Emanzipation für mich auch, dass es in gewissen Situationen (z.B. bei einem Vorstellungsgespräch) einfach egal ist, ob da ein Mann sitzt oder eine Frau.

Das kann ich nur unterstreichen. Ich finde es wichtig, dass man auch als Frau als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft akzeptiert wird, sei es mit all seinen komischen Eigenarten. Im Endeffekt ist es doch genau das, was die Emanzipation erreichen wollte: Gleichberechtigung. Und Gleichberechtigung heißt meines Erachtens nicht gleich, dass die Frau die Rolle des Mannes übernehmen muss, d.h. den Bösewichtern ohne Wenn und Aber die Köpfe einschlagen, ohne Grund. Denn das machen männliche Protagonisten doch nicht auch zwingend: einfach draufkloppen.
Wenn dann aber Charaktereigenschaften oder Klischees absolut überzeichnet und unglaubwürdig werden, und dann noch eine Frau in diese Rolle gesteckt wird, endet das schließlich oft im Lächerlichen. Bei Männern ebenso.
Und ich glaube, das ist das Elementare: Frau einfach Frau und Mann einfach Mann sein lassen. Nicht perfekt, aber auch nicht überzeichnet.  ;)

Just my two cents

Lg
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: die_Hex am 29. September 2009, 16:49:51
Was "die starke Frau" in den Medien angeht, habe ich eine ganz andere Wahrnehmung.
Die starke Frau ist meistens spindeldürr, dickbusig und exrem dünn angezogen. Ich hätte nichts dagegen, wenn die Herren da ähnlich gestaltet wären. Ich möchte mal einen Krieger mit bauchfreier Rüstung (!) sehen.

Was stark und was schwach ist, ist ja auch immer eine Frage des Verhältnisses.
Die Frauen dürfen heute zwar stark sein und sich durchsetzen, aber nur solange, bis ein potentieller Liebespartner in der Nähe ist. Sie darf ihn ausnahmsweise auch mal retten, am Ende aber muss er der Superhero sein.

Mann rettet Frau = romantisch.
Frau rettet Mann = lächerlich/mitleiderregend. Wer will schon einen Schwachmat?

Ketzerisch: Will man eine Frau, die stärker ist als der Mann, dann muss man die Romantik weitgehend weglassen.

Ich will nicht sagen, dass das für alle Filme und Bücher gilt, aber doch für den Mainstream.

Das Problem liegt hier für mich eigentlich im Männerbild: Wenn die Frau schwach ist, muss der Mann stark sein, wenn die Frau stark ist, muss der Mann stärker sein (oder intelligenter, oder... auf jeden Fall muss sie ihm am Ende doch ihr Leben verdanken). Es fällt schwer, "schwache" Männer zu kreieren, die interessant sind, die ernst genommen werden und mit denen sich der Leser / Zuschauer identifizieren kann.

Das funktioniert bei Mann-Mann Romantik, bei Mann-Frau Romantik habe ich das doch eher selten gesehen.
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Cythnica am 29. September 2009, 17:18:43
Das Problem ist da auch sehr oft, dass die schwachen Männer dann auch automatisch zu so einem Weicheiabklatsch werden, die sich selbst immer dafür bemitleiden, wie schwach sie ja sind und sich dann plötzlich auch beweisen müssen.

Ich finds da immer sehr schade, dass es so wenige gibt, die dann einfach andere Stärken zeigen, wie auch viele weibliche Charaktere einfach etwas anderes als Kämpfen gut können.
Ein Kernphysiker oder Informatiker ( oder Mittelalterlich ein Alchemist oder Bibliothekar) muss ja schließlich nicht wissen, wie er mit den Schlägern von Nebenan umgehen muss, dann braucht er sich ja nicht klein zu fühlen, wenn eine Frau daherkommt, die meinetwegen zwei Jahre ihres Lebens auf Wu Dang verbracht hat, und die Schläger mal eben in die Tonne wirft.

Beispiel ist ja da die Serie Dark Angel ~ der beste Freund der Hauptfigur kann kämpferisch ja praktisch gar nichts, aber der steht ja dennoch gut da, eben weil er gar nicht erst versucht, sich in diesem Bereich mit Jessica Alba zu messen, wozu auch, die kanns halt besser.


Andersherum find ich das dann aber auch herrlich absurd wenn du dann Filme hast, wo die Männerfigur meinetwegen ausgebildeter Soldat und und die Frau eine Buchhalterin oder sowas, die einfach an gefährliches Wissen gekommen ist und darum in Gefahr ist ~
und dann hilft der Soldat der Frau und erntet so einen Spruch wie "Ach, sie meinen also ich könnte das nicht, weil ich nur eine schwache Frau bin?"
Die intelligenteste Antwort wäre dann wohl sowas wie "Nein, weil ich 5 Jahre lang ausgebildet wurde, und viermal in der Woche zum Training gehe", aber stattdessen wird dann aus sowas ein völlig absurder Geschlechterkampf o.o

Beeindruckend fand ich auch die Versuche meiner Sportlehrerin, zu beweisen, dass Frauen mindestens genausogut in jedem Sport sind wie Männer ( Ich fang jetzt gar nicht erst mit der Hämatokrit-Philosophie an) ~  sie hat zwei Volleyballmannschaft bilden lassen~ einmal Männer, einmal Frauen, und sie gegeneinander antreten lassen~
Zwischenstand vor Ende des Spiels war 60:0 für die Männer ~
Noch beeindruckender fand ich danach allerdings, das ich keinen einzigen meiner Kollegen gesehen habe, der sich darüber lustig gemacht hat, und auch keine einzige Frau, die meinte sich dafür rechtfertigen zu müssen ( außer der Lehrerin) ~ irgendwie war bei uns das ganze Konfliktpotential in den letzten Jahren verschwunden und diese Entwicklung find ich doch sehr angenehm.
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Linda am 29. September 2009, 17:27:11
Zitat von: die_Hex am 29. September 2009, 16:49:51
Was "die starke Frau" in den Medien angeht, habe ich eine ganz andere Wahrnehmung.
Die starke Frau ist meistens spindeldürr, dickbusig und exrem dünn angezogen. Ich hätte nichts dagegen, wenn die Herren da ähnlich gestaltet wären. Ich möchte mal einen Krieger mit bauchfreier Rüstung (!) sehen.

da musst du mal auf den FeenCon kommen. Da läuft oft ein "Conan" herum, stilecht mit freiem Oberkörper (und Bauchansatz), Lendenschurz und Stiefeln  :omn:

Gruß,
Linda
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Julia am 29. September 2009, 17:42:53
Zitat von: die_Hex am 29. September 2009, 16:49:51
Das Problem liegt hier für mich eigentlich im Männerbild: Wenn die Frau schwach ist, muss der Mann stark sein, wenn die Frau stark ist, muss der Mann stärker sein (oder intelligenter, oder... auf jeden Fall muss sie ihm am Ende doch ihr Leben verdanken). Es fällt schwer, "schwache" Männer zu kreieren, die interessant sind, die ernst genommen werden und mit denen sich der Leser / Zuschauer identifizieren kann.

Das sehe ich eigentlich nicht so. Bei Mann und Frau muss nicht zwangsläufig einer "schwächer" und eine(r) "stärker" sein. Ebenbürtigkeit hat im Roman allerdings einen gewissen Nachteil: Der Autor muss andere Spannungsfelder herausarbeiten, um die Geschichte am Laufen zu halten. Witz gegen Kraft, Intellekt gegen Verschlagenheit ... der Fantasie sind da kaum Grenzen gesetzt. Nur ist es eben deutlich schwerer, solch komplexe Persönlichkeiten authentisch rüberzubringen (und setzt beim Leser eine gewisse Bereitschaft voraus, sich jenseits der gängigen Klischees auf die Protas einzulassen). Letztendlich folgt also auch hier das Angebot der Nachfrage, womit wir wieder bei der "Überfrau" und der Pseudoemanzipation wären.

Ich unterstelle einfach mal, dass viele (noch nicht so berühmte) Autoren gern komplexer schreiben würden, wenn sie es denn dürften - nur will das zur Zeit anscheinend kaum jemand lesen (es sei denn, man hat als Schriftsteller schon einen großen Namen - dann kann man über (fast) alles schreiben, sogar über das Foucaultsche Pendel ...).

Bleibt also die Überlegung, wo jetzt das eigentliche Problem liegt: An den klischeehaften Romanen, welche die Leser prägen, oder an den Lesern, die nach solchen Romane fragen und gar nichts anderes lesen möchten?
Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht - aber als Autor muss ich trotzdem die Entscheidung treffen, wo ich mich einordnen will. Mainstream? Oder doch lieber die (zur Zeit eher) unpopuläre Nische entgegen der Klischees?
Das Beste wäre natürlich, einen Roman zu schreiben, der beides bedient (und augenzwinkernd mit diesen Gegensätzen spielt) - eine eierlegende Wollmilchsau sowohl für die breite Masse als auch den anspruchsvolleren Leser sozusagen.

Dummerweise muss man das als Autor erst mal hinbekommen ...

Liebe Grüße,

Julia

P.S.:
Zitat von: Artemis am 29. September 2009, 12:12:41
Mwahahaha ... ich kugel mich grad unterm Tisch, ehrlich  :rofl:
Solltest du diese Idee mal in die Tat umsetzen - ich kauf das Buch auf jeden Fall  ;D Emanzipierte Prinzessinnen, das wäre doch was ^^

Danke ;), aber in absehbarer Zeit wohl nicht - ich stelle die Idee also gern der Allgemeinheit zur Verfügung  ;D
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Churke am 29. September 2009, 18:30:07
Zitat von: die_Hex am 29. September 2009, 16:49:51
Ich möchte mal einen Krieger mit bauchfreier Rüstung (!) sehen.
Wieso nur einen? Ich kann dir 300 anbieten.  ;D

ZitatDie Frauen dürfen heute zwar stark sein und sich durchsetzen, aber nur solange, bis ein potentieller Liebespartner in der Nähe ist. Sie darf ihn ausnahmsweise auch mal retten, am Ende aber muss er der Superhero sein.
Vielleicht liege ich jetzt gerade total falsch, aber: Der weiße Ritter muss sich die Prinzessin VERDIENEN. Wo kämen wir hin, wenn sich Superfrauen für ihre Loser, bei denen man eh nicht kapiert, was sie an den Pennern finden, auch noch abrackern müssten?

Zitat
Mann rettet Frau = romantisch.
Frau rettet Mann = lächerlich/mitleiderregend. Wer will schon einen Schwachmat?

Ketzerisch: Will man eine Frau, die stärker ist als der Mann, dann muss man die Romantik weitgehend weglassen.

Das finde ich treffend beobachtet. Glücklicherweise hab ich mit Romantik nix am Hut und kann mir daher starke Frauen leisten. :)
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: ChaldZ am 29. September 2009, 23:09:44
Zitat von: Julia am 29. September 2009, 17:42:53
Mainstream? Oder doch lieber die (zur Zeit eher) unpopuläre Nische entgegen der Klischees?
Das Beste wäre natürlich, einen Roman zu schreiben, der beides bedient (und augenzwinkernd mit diesen Gegensätzen spielt) - eine eierlegende Wollmilchsau sowohl für die breite Masse als auch den anspruchsvolleren Leser sozusagen.

Da fühle ich mich mit meinem Roman irgendwie angesprochen. Nicht, dass ich das hinbekommen hätte \ würde. Aber von der Idee und Ausführung her.

Das Problem bei Frauen, die "stärker" sind als Männer ist genau das, was Churke erwähnt. Wer nimmt es einer so starken Frau ab, dass sie sich für einen "Loser" interessiert? Das heißt, sie kann zwar physisch stärker sein als der Mann, aber der wiederum braucht etwas, was ihn für die Frau interessant genug macht, dass man es ihr abkauft, dass sie sich für ihn interessiert.
Damit will ich nicht sagen, dass so etwas realistisch gesehen nicht möglich ist - "Loser" ist ja auch nur Definitionssache - aber in einem Roman, der sich selbst etwas ernst nimmt, kann man das glaube ich nicht glaubhaft rüber bringen. Deswegen gibt es so etwas kaum.
Die Charaktere müssen sich schon irgendwie ebenbürtig sein. Nur, dass es nicht mehr auf der Seite der Frau strahlende Schönheit und glänzende Unschuld ist und auf der Seite des Mannes stählerne Kraft und leuchtender Heldenmut.
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Bisou am 30. September 2009, 13:30:51
Ein gutes Beispiel für starke Frauen ohne übertrieben zu wirken ist für mich der Roman "Die Teerose" von Jennifer Donnelly. Es ist zwar kein Fantasyroman, aber die Protagonistin Fiona Finnegan muss auch so einiges durchmachen und geht schließlich als starke Frau aus dem Ganzen hervor.
Ich kann das Buch in der Hinsicht echt empfehlen.  ;)
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Dämmerungshexe am 30. September 2009, 18:56:09
Das Problem das ich mit meinen starken Frauen immer habe, ist dass sie es sich nie erlauben können Gefühle zu zeigen, da sie damit ihr eigenes Image untergraben würden. Dieses andauernde Verstecken und Vorspielen kann zu einer Belastung werden. Das wäre ein Konflikt der eine interessante Grundlage für eine Geschichte geben würde.

Im Gegenzug mag ich es aber auch von Zeit zu Zeit tatsächlich eine "schwache" Frau zu beschreiben. Damit meine ich kein verwöhntes Prinzesschen, denn deren Aufgabe in einer Geschichte sollte es sein sich zu einer selbstständigen Persönlichkeit zu entwickeln. Aber eine Frau, die tatsächlich in der Lage und gewillt ist zu ihren Gefühlen zu stehen und auch eine körperliche Schwäche zuzugeben. So eine Figur ist natürlich auch eine Herausforderung an ihre Umwelt, wie diese mit dieser "Schwäche" umgehen.
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Julia am 30. September 2009, 19:24:24
Zitat von: Dämmerungshexe am 30. September 2009, 18:56:09
Das Problem das ich mit meinen starken Frauen immer habe, ist dass sie es sich nie erlauben können Gefühle zu zeigen, da sie damit ihr eigenes Image untergraben würden.

Warum nicht? Ich selbst neige auch dazu, sehr emotional zu sein - trotzdem würde mich niemand als "Weibchen" bezeichen ...  :snicker:

Und mein Image war mir immer schon sch...nurzegal  ;D

[Edit: ... und wenn jemand sagt, dass er etwas physisch oder psychisch nicht schafft, finde ich das nicht schwach, sondern ehrlich ;)]
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Drachenfeder am 01. Oktober 2009, 06:19:45
Ich würde mich selbst als starke Frau bezeichnen die ziemlich emotional ist. Ich zeige meine Gefühle, da hab ich auch kein Thema mit, schwach bin ich trotzdem nicht ;)
Auch in meinen Geschichten spielen starke Frauen eine Rolle... die naja manchmal echt zickig und sensibel sind... ach ja und mich manchmal nerven. Trotz allem sind sie alles andere als schwach.
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Churke am 01. Oktober 2009, 09:37:23
Mein (Ex-)Chef ist von der Mutter seines Kindes zusammen geschlagen (Krankenhaus) und wegen Vergewaltigung angezeigt worden.
Aber sie liebt ihn - vor allem liebt(e) sie es, ihn zu kommandieren. 

Weiß nicht, ob die Dame jetzt stark oder eher stark gestört ist.  ::)
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Julia am 01. Oktober 2009, 12:19:47
@ Churke: Ich würde sagen, dass hängt davon ab, was tatsächlich vorgefallen ist.
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Dämmerungshexe am 11. Oktober 2009, 18:49:40
Was ich meinte war, dass das Klischee der starken Frau meist das einer Frau ist, die sich in einer Männerwelt durchsetzen kann, sprich mit Männern mithalten kann. Im Fantasy-Genre bedeutet das eben meist: kämpfen und töten kann wie ein Mann. Und Männer sind in den meisten Fällen nunmal Wesen die wenig Emotionen zeigen, und wenn sie es tun, werden sie "weibisch" genannt und nicht für voll genommen. Und ich spreche hier nicht von Emotionen wie Wut und Eifersucht, sondern tatsächlich von Trauer, Angst, Tränen.

Dass das Klischee einer "starken Frau" in der realen Welt natürlich anders beschrieben ist und auch emotionale Äußerungen beinhaltet, ist klar. Aber es geht nunmal um Fantasy, die doch meist in einem eher mittelalterlichem Setting spielt, in dem (rein aus dem historischem Kontext heraus) Frauen nicht viel zu sagen haben und ihre Rolle, eben ihr Klischee, erfüllen sollten.
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Lavendel am 11. Oktober 2009, 21:01:00
Ich weiß grade nicht mehr wo, aber ich glaube vor langer, langer Zeit hatten wir schon mal eine Diskussion, in der es Frauen im Mittelalter ging (zumindest am Rande). Vielleicht weiß das noch jemand? Vielleicht vertue ich mich auch ...
Jedenfalls ist das Bild, das wir im allgemeinen von Frauen im Mittelalter haben stark von dem Frauenbild überlagert, dass sich im Bürgertum des 19. Jahrhinderts entwickelt hat. Frauen konnten durchaus eigenes Geld verdienen und auch frei darüber verfügen (die Bäuerin wohl eher nicht, dafür aber berüfstätige Frauen, die in einer Stadt lebten - nur als ein Beispiel, das man sicherlich noch weiter differenzieren müsste). Man muss wohl auch das Mittelalter selbst da noch unterteilen, denn zwischen 500 und 1500 liegen immerhin 1000 Jahre ;).

Vielleicht hat da ja schon mal jemand Recherche betrieben und möchte einen Thread im Rechercheboard aufmachen. Ich denke, das Theman könnte für viele von Interesse sein.
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Joscha am 12. Oktober 2009, 17:36:03
Zitat von: Lavendel am 11. Oktober 2009, 21:01:00
Ich weiß grade nicht mehr wo, aber ich glaube vor langer, langer Zeit hatten wir schon mal eine Diskussion, in der es Frauen im Mittelalter ging (zumindest am Rande). Vielleicht weiß das noch jemand? Vielleicht vertue ich mich auch ...

Meinst du vielleicht den Thread, in dem wir über die ganzen historischen Romane mit dem "-in" im Titel diskutiert haben?

Ich kann mich zu dem Thema kaum äußern, ich habe mir ehrlich gesagt noch nie große Gedanken gemacht, ob ich Frauen als "starke" oder "schwache" Frauen darstellen soll. Liegt vielleicht daran, dass ich von Kindesbeinen an emanzipiert erzogen wurde (alle Frauen in meinem familiären Umfeld sind berufstätig, ich kenne niemanden, der noch dem alten "Hausfrau"-Klischee nachhängt). Ich habe prinzipiell eigentlich nichts gegen Frauen, die im Sinne männlicher Verhaltensweisen "stark" sind in Büchern, aber ich kann mich auch nicht daran erinnern, eines gelesen zu haben, in dem sie es sind. (Außer vielleicht Eragon - aber Arya zählt nicht, die ist schließlich eine Elfe.)

In meinen eigenen Büchern habe ich nicht allzu viele weibliche Charaktere, aber diejenigen, die wichtig sind, sind weder rettungsbedürftig noch Amazonen. In meinem aktuellen Projekt habe ich eine Frau als wichtige Figur, die sehr eigenständig ist, allerdings keine Kriegerin und viel mehr im Hintergrund die Fäden zieht, um den psychopathischen Protagonisten wieder in sein normales Leben zurückzubringen und ihn davon abzuhalten, weiter Menschen zu töten. Sie ist insofern also "stark", aber nicht nach den Maßstäben, die man an männliche Heroen legen würde.
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Kati am 12. Oktober 2009, 19:57:52
ZitatMan muss wohl auch das Mittelalter selbst da noch unterteilen, denn zwischen 500 und 1500 liegen immerhin 1000 Jahre .

:-\ Tausend Jahre...irgendwie ist das recht heftig... (Off-Topic, ich weiß, aber das beschäftigt mich gerade irgendwie.)

Mir ist es eigentlich egal, ob eine Frau stark oder schwach ist...sie muss realistisch sein.
(Die Männer natürlich auch.  ;D)
LG,

Kati
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Steffi am 12. Oktober 2009, 20:47:25
Zitat von: Lavendel am 11. Oktober 2009, 21:01:00
Jedenfalls ist das Bild, das wir im allgemeinen von Frauen im Mittelalter haben stark von dem Frauenbild überlagert, dass sich im Bürgertum des 19. Jahrhinderts entwickelt hat. Frauen konnten durchaus eigenes Geld verdienen und auch frei darüber verfügen (die Bäuerin wohl eher nicht, dafür aber berüfstätige Frauen, die in einer Stadt lebten - nur als ein Beispiel, das man sicherlich noch weiter differenzieren müsste). Man muss wohl auch das Mittelalter selbst da noch unterteilen, denn zwischen 500 und 1500 liegen immerhin 1000 Jahre ;).


Bei den Angelsachsen (zumindest in England) durften Frauen Besitz haben, erben und auch entscheiden, wem sie etwas vererbten, und sich selber vor Gericht vertreten. Hat sich dann 1066 geändert ;)
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Romy am 22. Oktober 2009, 02:31:24
Zitat von: LindaIch mag ausbalancierte Figuren beiderlei Geschlechts. An dem, was andere schreiben oder verfilmen oder programmieren kann ich nichts ändern, an dem, was ich selbst tue, schon. Ein Grund mehr, kreativ zu werden, statt zu lamentieren.

Darum bemühe ich mich ebenfalls stets.  :jau: Klischees kann man am besten brechen, indem man es selbst anders macht ;)
Und Figuren sollten sich ohnehin immer entwickeln, ob nun Männer oder Frauen ist dabei völlig unerheblich. Hab ich am Anfang einen schwachen und naiven Prota, wird er/sie im Laufe der Handlung stärker, zumindest charakterlich.
Hab ich am Anfang einen charakterlich ,,starken" Prota, werde ich mich bemühen ihn/sie zu brechen, bzw. ihn/sie zum umdenken zu bringen und ,,menschlicher" zu machen.
,,Menschlicher" habe ich deshalb in Anführungszeichen gesetzt, weil in der Realität doch keine Person nur schwach oder nur stark ist. ;)

Davon abgesehen gibt es ja Frauenfiguren, die ,,hauptberuflich" Mutter und Hausfrau sind und die trotzdem in der Familie den Ton angeben oder im Hintergrund die Fäden ziehen. Ohne jetzt ein Beispiel vorbringen zu können, behaupte ich mal, dass es diese Art von Figuren auch schon recht lange gibt und das es sie auch in der Realität gibt. ;) Und solche Frauenfiguren würde ich doch durchaus als stark bezeichnen, auch wenn sie nicht schwertsschwingend oder mordend durch die Gegend laufen.

Nebenbei bemerkt betrachte ich Charakterstärke für eine Romanfigur als wichtiger, als besondere Fähigkeiten, sei es nun besondere Geschicklichkeit mit dem Schwert, allgemein besondere physische Stärke, Magie, große Weisheit oder-was-auch-immer.

Zitat von: Julia am 30. September 2009, 19:24:24
[Edit: ... und wenn jemand sagt, dass er etwas physisch oder psychisch nicht schafft, finde ich das nicht schwach, sondern ehrlich ;)]

Dem kann ich nur zustimmen  :jau:
Schwächen zuzugeben, zeugt m.E. von Selbstbewusstsein und Selbstbewusstsein bedeutet Charakterstärke, so einfach ist das ;)
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Churke am 22. Oktober 2009, 13:17:11
Zitat von: Romilly am 22. Oktober 2009, 02:31:24
Und solche Frauenfiguren würde ich doch durchaus als stark bezeichnen, auch wenn sie nicht schwertsschwingend oder mordend durch die Gegend laufen.

Da stimme ich völlig zu. Und doch: Die Figuren eines Romans sind Phatasieprodukte und als solche Spiegel ihrer eigenen Zeit. Vielleicht haben sich solche Frauenfiguren unserer modernen Gesellschaft so weit entfremdet, dass die Leser(innen) mit ihnen nicht mehr viel anfangen können.
Man hat es ja hier mit Verhaltensmustern und Familienstrukturen zu tun, die es in unserer Gesellschaft nicht mehr gibt, und die bei uns auch nicht als erstrebenswert empfunden werden.
Klischees sind dazu da, um durch Auflagen bedient zu werden. That's business. Meine These ist ja, dass der Buchmarkt genau so ist, wie er sein muss, um optimale Rendite abzuwerfen....  :dollars:
Titel: Re: Das Klischee der starken Frau
Beitrag von: Moa-Bella am 23. Oktober 2009, 22:09:21
Gegen einen schwachen Frauencharakter ist ja erstmal nichts zu sagen, die gibt es ja auch in der realen Welt. Man muss nur sehen, ob man diesen Charakter zum Musterbeispiel aller Frauen macht. Wenn ich jetzt z.B. eine resulute Wirtin einbaue ist der Emanzipation immerhin schonmal entgegengekommen. Sind allerdings alle Frauen schwach, schüchtern, charakterlos und ängstlich, fände ich das auch wiederum nicht so toll. Vor einer mittelalterlichen Kulisse ist das schwierig umzusetzen.