Angenommen, Sie lesen in einem Roman folgenden Satz:
"Der weiße Schimmel kam mir entgegen." Ich persönlich hätte - zumindest bis heute - dem Autoren :pfanne:, weil ein Schimmel ist weiß, ergo ist das weiße im weißen Schimmel ein krasser Fehler.
Nun aber habe ich durch Zufall einen Artikel entdeckt, dass ein Schimmel genauso gut auch grau oder rot oder schwarz sein kann.
Pferdefreunde wissen das sicherlich.
Aber wie schaut das mit der Allgemeinheit aus ? Bekommt man für einen "weißen Schimmel" nur einen Rüffel, weil ja bekannt ist, dass Schimmel weiß ist ?
Wie händels Sie das ?
LG
Feuertraum
Das sind so die Wendungen, bei denen eine Fußnote verblüffen kann. :o
Immerhin gilt der weiße Schimmel als Klassiker des Pleonasmus. ::)
Im Amtsdeutschen ist ein Schimmel übrigens ein Mustervordruck. (Deshalb kann der Amtsschimmel auch nicht wiehern. ;D)
Hm... wenn das Pferd wirklich schneeweiß ist, lassen sie das "weiß" weg. Dann ist klar, was sie meinen.
Allerdings - wenn sie einen Apfel-, Grau-, oder Schwarzschimmel vor augen haben, sagen sie das auch mit diesen Worten. Eventuell würd ich - vor allem beim Schwarzschimmel, da können sich Nicht-Pferdegewohnte schlecht was drunter vorstellen.
Im Falle eines reinweißen Pferdes ist der "weiße Schimmel" allerdings doppelt gemoppelt, überflüssig, was auch immer.
Hier würde ich zu Fachwissen tendieren. Aus folgendem Grund:
Ich habe keine Ahnung von Pferden, aber ich dachte immer, dass ein Schimmel auch grau sein kann. Mit einem weißen Schimmel hätte ich dann verbunden, dass er wirklich weiß ist und somit nicht mehr grau enthält als weiß. Auch als ich den Satz gelesen habe, habe ich mir im ersten Moment nichts bei dem 'weißen Schimmel' gedacht.
Liebe Grüße,
Schreiberling
Ich würde in diesem Falle vielleicht von einem "reinweißen" oder "schneeweißen" Schimmel sprechen. Damit wird der Pleonasmus entschärft und zugleich die Farbe präzisiert.
Außerdem muß ein Pleonasmus ja nichts schlechtes sein. *Stilfiguren lieb*
Pleonasmus muss aber nicht sein...
@Tenryu: Ich fürchte, da muss ich dir widersprechen.
Wenn man nur sagt, "Schimmel" - was hast du da vor Augen? Weißes Pferd. Oder verdorbene Marmelade...
Na gut. Weißes Pferd.
Ein reinweißer Schimmel... ich weiß nicht, für mich wird der Pleonasmus da nur erhöht, statt abgeschwächt.
Wenn das Tier irgendwo graue Flecken hat, gilt es eventuell schon als Apfelschimmel, je nach Größe, Form und Dunkelheit der Flecken, aber das ist dann variabel. Ab einem gewissen Graugrad in der Grundfarbe des Fells gilt es als Grauschimmel(ich hab mal einen gesehen, der sah aus wie aus Silber gegossen, wenn er auf Hochglanz gestriegelt war - ohne Hochglanz-Striegeln mit normaler Pflege hatte das Silber allerdings ziemlich Patina angesetzt ;) ). Dieser Graugrad ist recht niedrig angesetzt - einen "reinweißen Schimmel" zu schreiben IST also doppelt gemoppelt.
Maximal kann man die Färbung eines späteren Schimmels beschreiben, wenn er noch jünger als ein Jahr ist... Schimmel kommen ja dunkel zur Welt und hellen erst nach und nach auf.
Aber gut... es ging um die Frage, ob man Allgemein- oder Fachwissen anwenden soll.
Gute Frage. Ich würde sagen, mischen. Allgemein:Fach irgendwas um die 7:3 im Verhältnis... ab und an kommt man nicht um Fachbegriffe herum wenn man korrekt und präzise sein will - eventuell kann man es ja durch eine kurze Erklärung abmildern.
Schwierig, ohne Fachwissen auszukommen, wird es auch, wenn man eine wahre Koryphäe in einem Gebiet als Chara hat...
Im Endeffekt ist es auch eine Frage - wie viel traust du deinem Leser zu, dass er weiß oder sich auch erschließen kann? Daran misst es sich am Ende - und die verschiedenen Schimmelbeschreibungen sind etwas, was sich eigentlich jeder denken kann.
@ Manja: Es geht mir nicht darum, wie ich es schreiben soll, sondern darum, ob sie/Sie als Autor lieber auf Begriffe gehen, die man kennt oder eben doch eher auf das Fachwissen.
Um ein weiteres Beispiel anzuführen: Blüten. Kein Polizist wird dazu Blüten sagen; es ist für ihn Falschgeld. Wie verlockend ist es aber nun, statt Falschgeld eben doch das Wort Blüten zu nehmen, einfach, weil der Leser diesen Begriff kennt.
Verstehen Sie, was ich meine ?
Zitat von: Manja am 16. Januar 2009, 20:12:21
Schimmel kommen ja dunkel zur Welt und hellen erst nach und nach auf.
ja, weil sie gewissermaßen dank eines Gedefekts frühzeitig vergreisen ;-)
Aber ich glaube, es gibt eine Ausnahme, nämlich Pferdealbinos. So einen hatte ich mal im Stall, mit hellblauen Augen und einem Fell, das rose (also nicht Regina Regenbogenartig) aussah, weil die Haare derartig hell und zart waren, dass die Haut durchschien.
Gruß,
Linda
Zitat von: Feuertraum am 16. Januar 2009, 20:21:47
@ Manja: Es geht mir nicht darum, wie ich es schreiben soll, sondern darum, ob sie/Sie als Autor lieber auf Begriffe gehen, die man kennt oder eben doch eher auf das Fachwissen.
Um ein weiteres Beispiel anzuführen: Blüten. Kein Polizist wird dazu Blüten sagen; es ist für ihn Falschgeld. Wie verlockend ist es aber nun, statt Falschgeld eben doch das Wort Blüten zu nehmen, einfach, weil der Leser diesen Begriff kennt.
das mache ich von der jeweiligen Perspektive abhängig. Ist es die eines Polizisten, redet der anders drüber, als z.B. der Gauner, oder der Reporter ... Sollte also mit entsprechender Figurenrede zu lösen sein.
Gruß,
Linda
Zitat von: Linda am 16. Januar 2009, 20:24:41
das mache ich von der jeweiligen Perspektive abhängig. Ist es die eines Polizisten, redet der anders drüber, als z.B. der Gauner, oder der Reporter ... Sollte also mit entsprechender Figurenrede zu lösen sein.
Gruß,
Linda
Finde ich auch. Ein Gutsbesitzer, der seit dreißig Jahren Trakehner züchtet, würde vermutlich schon von einem reinweißen Schimmel sprechen.
Allgemeinwissen vs. Fachwissen?
Natürlich immer Allgemeinwissen! Natürlich unter Berücksichtigung der hier schon genannten Besonderheiten in Bezug auf Persepektive u.ä.
Bei der Arbeit für die Presse habe ich da den netten Satz gelernt: "Was der Leser für falsch halten muss, ist auch falsch." Denn es geht ja darum, für Leser zu schreiben - nicht darum, sich daran zu erfreuen, dass man etwas besser weiß und sich dann erhaben fühlen kann, wenn die Leser, die's nicht besser wissen, darüber schimpfen.
Wenn man Fachwissen bringt, muss man es auch erklären. Und erklärende Exkurse in einem Roman taugen per se nicht. Fachwissen ist also auf die Fälle beschränkt, wo man die nötigen Infos plotrelevant einstreuen kann - und das kommt eher selten vor.
Außerdem kollidiert Fachsprache oft auch mit der Allgemeinsprache. Der Experte weiß es dann nicht "besser", sondern er hat einfach nur eine andere, fachsprachliche Definition für das Wort - die in der Allgemeinsprache schlicht "falsch" ist.
Wenn also ein Sanitäter darüber schimpft, dass man Verletzte nicht "bergen" kann, sondern nur "retten", dann sollte man auf dieses "Fachwissen" nicht viel geben. Korrekter Sprachgebrauch ist das, was im Duden und anerkannten Wörterbüchern steht - nicht das, was irgendwelche Berufsgruppen untereinander für den internen Sprachgebrauch ausmauscheln.
Aber wenn im Roman dann ein Sanitäter oder Feuerwehrmann auftaucht, ist es durchaus authentisch, wenn er vom "retten" spricht und besserwisserisch schimpft, dass man ja nur Tote "bergen" kann ;)
Ich hatte so eine Diskussion mit einer Freundin von mir. Sie hat einen Roman geschrieben, den ich betagelesen habe. Es geht um Karma. Das Problem hierbei ist, dass das Allgemeinwissen (hier in Europa zumindest) sich vom Fachwissen unterscheidet.
Das ganze spielt in einer asiatisch anmutenden Kultur. Eine Frau hat aus Eifersucht ihr Volk verraten und dadurch schlechtes Karma gesammelt. Bei einem Unfall kommt sie um und wird als Wolf wiedergeboren. Als Wolf hat sie natürlich Schafe gerissen, usw. und hat einen Menschen angefallen, um ihr Rudel zu beschützen. Dadurch soll sie wieder schlechtes Karma bekommen haben. Als sie dann zufällig ihr altes Volk wieder trifft, erinnert sie sich an ihr altes Leben und hat ein schlechtes Gewissen, weil ihr Volk nun in Sklaverei lebt. Ihrem Rudel erzählt sie die Geschichte und erklärt ihnen unter anderem auch, dass man das Karmasystem als eine Art Seelenkonto sehen kann. Für böse Taten gibts schlechtes Karma und für gute Taten gibts gutes Karma. Ziel ist es so viel gutes Karma zu sammeln, dass man als Mensch wiedergeboren wird und das will sie auch, um wieder bei ihrem Volk leben zu können. Also kommt sie auf die Idee als Wolf ihr Volk zu retten und bekommt wegen ihrer Heldentat ein Haufen gutes Karma, wird aber wegen eines Mißverständnisses durch einen Wurfspieß getötet, Wiedergeburt als Mensch, Happy End, um es mal kurz zu fassen.
Ich wies sie darauf hin, dass die ganze Idee mit dem Karma nach Fachwissen nicht so funktionieren kann. Erstens sind Karma keine Straf- und Bonuspunkte und selbst wenn, dann hätte ihr der Vorfall mit dem Menschen gutes Karma eingebracht, weil sie ihr Rudel beschützt hat. Und warum sollte man durch Beschaffung von Nahrung schlechtes Karma bekommen? Als Wolf kann man ja schlecht Cornflakes essen.
Schlechtes Karma kann man nicht einfach durch gutes Karma ausgleichen. Und diese Erklärung mit dem "Seelenkonto", da kringeln sich ja einem die Zehnägel. Eigentlich sammeln Tiere wegen Unwissenheit über ihre Taten kein Karma, aber weil es ein Wolfsroman ist, kann man drüber hinweg sehen. Eigentlich ist es auch Ziel überhaupt kein Karma zu sammeln, um erlöst, also eben nicht mehr wiedergeboren zu werden. Dass Reinkarnation erwünscht ist, passt also nicht, aber es könnte ja eine spezielle Sicht dieses Fantasyvolkes sein.
Sie erwiderte mir, dass ich vielleicht Recht habe mit meinem Fachwissen, aber es sei nun mal Allgemeinwissen hier in Deutschland, dass das Karmasystem wie ein Seelenkonto funktioniert und es Ziel ist so viele gute Taten zu vollbringen, um gutes Karma zu bekommen. Dass sich dieses Glauben hier so etabliert hat, sieht man auch an zahlreichen anderen Romanen mit Karma, an Postingbewertungssystemen in Foren, einigen Computerspielen und in der Esoterik.
Weil ihr Roman auf diesem Glauben basiert, wird sie es nicht dem Fachwissen anpassen, weil es den ganzen Plot umwerfen würde und sie Erklärungen schreiben muss, damit es Ottonormalleser kapiert. Außerdem ist das ja eh alles Fantasy, da kann man alles so drehen wie man es möchte.
Dass sie den Roman nicht neu schreiben will, dafür hat sie mein vollstes Verständnis. Aber "so drehen wie man es möchte" finde ich nicht immer geschickt. Ich finde es sehr komisch, warum ein asiatisch angelegtes Volk an europäische Ansichten von Karma glauben soll. Das zeigt ja eher, dass sie als Autorin darüber nicht recherchiert hat.
Wie sollte man das grundsätzlich denn machen? Sich an Allgemeinwissen halten, auch wenn es nicht der Wirklichkeit entspricht, damit es selbst der dümmste Leser versteht und man nicht verkrampft Erklärungen einbauen muss oder sich doch besser an Fachwissen orientieren, um sich nicht an die vielen Romane anzureihen, die diesen Unfug weiter verbreiten und noch populärer machen?
Allgemeinwissen ist ja im Normalfall nicht grundsätzlich falsch, sondern erklärt den Sachverhalt nur weniger detailliert. Ich hab mich mit Karma noch nicht näher befasst, aber in diesem Spezialfall geht es ja offensichtlich nicht mal darum, Allgemeinwissen von Fachwissen zu trennen. Ich frage mich dann auch, warum man ein Buch schreibt, in dem Karma eine wichtige Rolle spielt, wenn man es andererseits nicht interessant genug findet, darüber zu recherchieren.
Für den unbedarften Leser finde ich es besser, die Sachverhalte im Buch allgemeinverständlich präsentiert zu bekommen. Aber ich will nichts *falsches* lesen. Das hat dann ja auch nichts mehr mit Allgemeinwissen zu tun, sondern vielmehr mit Irrglauben.
Das Beispiel mit dem Karma greift für mich überhaupt nicht ... warum soll es keine asiatisch angehauchten Völker mit europäischen Ansichten in einer Fantasywelt geben, wenn es gut durchdacht und Bestandteil der Welt ist? Das Wichtigste ist ja, dass es insgesamt Sinn ergibt. Das hat dann in einer anderen Welt nichts mit Allgemein- oder Fachwissen zu tun, sondern nur damit, wie der Autor seine Welt gestaltet.
Ich würd mich auch an Allgemeinwissen halten. Fachwissen geschickt einzubauen, schadet ja nie. ;) Ich glaube z. B. nicht, dass man bei meinen Gerichtsszenen gemerkt hat, dass ich unbedingt mein Fachwissen über antike Rhetorik einbauen musste, denn Fachbegriffe hab ich nie verwendet. Ich denke aber, dass es überzeugender wurde.
Das Beispiel mit dem Schimmel finde ich suboptimal - eben weil der weiße Schimmel als Musterbeispiel für einen Pleonasmus auch bei Nichtreitern sehr bekannt ist.
Den Begriff Schwarzschimmel gibts übrigends in der Fachsprache nicht . Der heißt korrekt Rappschimmel. Dann gibts noch Grauschimmel, Rotschimmel (Grundfarbe Fuchs), Falbschimmel usw. Will heißen man kombiniert das Wort -schimmel mit eder ursprünglichen Grundfarbe, solange diese sich (beim jungen Pferd) noch erkennen lässt. Das die Eintragung bei Zuchtverbänden idR relativ jung erfolgt, gibts sehr viel solcher Kombibezeichnungen in den Pferdepapieren. Meine inzwischen vollständig ausgeschimmelte (=weiß gewordene) Stute hat Dunkelbraunschimmel im Papier stehen, da sie als Dunkelbraune geboren wurde. Für den Züchter ist U. U. diese Kombination die Hinweise auf die Ursprungsfarbe gibt interessant, wenn er eine bestimmte Farbe bei dem fohlen erzielen will.
Eine Sonderform ist der Silberschimmel, der einen metallischen Glanz in seinem weißen ell hat und der Fliegenschimmel, der sommersprossenartige Tupfen im weißen Fell hat.
Der Apfelschimmel ist auch eine Sonderform - was Laien oft nicht wissen: die Apfelung kann auch bei anderen Pferdefarben auftreten. Ich z. B. habe eine geapfelte Falbstute.
[gelöscht durch Administrator]
Gerade habe ich den Begriff Pleonasmus im Wiktionary nachgeschaut und auch dort wurde der "Weiße Schimmel" als Beispiel genannt.
Allerdings würde ich mich an so einer Wortkombination in einem Text überhaupt nicht stören, ganz im Gegenteil. Bisher habe ich eher geglaubt, dass Schimmel grau bzw. gefleckt sind. Nach allem, was die Pferdefreunde in diesem Thread geschrieben haben, wäre das wohl ein Apfelschimmel gewesen, den ich bisher vor Auge hatte, wenn ich "Schimmel" gehört habe ... :hmmm:
Also, im Fall des Schimmels würde ich - Wiktionary hin oder her - dazu tendieren, die Farbe durch einen Zusatz näher zu bestimmen ...
Allerdings wird im Wiktionary auch das Beispiel "Alter Greis" gebracht. In dem Fall finde ich das "Alter" wirklich überflüssig. Man könnte allenfalls noch das genaue Alter dazuschreiben: "Der siebenundneunzigjährige Greis saß in seinem Schaukelstuhl auf der Veranda."
Im Falle des Karmas würde ich dem Kind einfach einen anderen, fiktiven, selbst erdachten Namen geben. Spätestens dann könnte niemand mehr der Autorin vorwerfen, schlecht recherchiert zu haben etc. ;D
Ja und nun zur Frage ob nun Fachwissen oder Allgemeinwissen. Da kommt es natürlich auch auf den Einzelfall drauf an, aber allgemein würde ich sagen, dass ich ein Mittelding bevorzuge, also das berühmte "Halbwissen" ;)
Man darf dem Leser schon zumuten (finde ich), dass auch ein Unterhaltungsroman ihm ein paar neue Details beibringt, die ihn überraschen, aber zu sehr ins Detail gehen würde ich da nicht - es sei denn, es wäre sehr sehr wichtig für den Plot, aber dann müsste man sich eine wirklich gute Methode überlegen, das rüber zu bringen, ohne das es langweilig wird. :hmmm:
Ein gutes Beispiel für Romane, die schon mehr in Richtung Fachwissen tendieren, sind für mich immer die Seeromane. Sei es Patrick O'Brian oder C.S.Forester, Herman Melville oder Joseph Conrad: in ihren Romanen wird seemännischer Fachjargon benutzt, ohne das es die Leser stört.
Auch in vielen SF Romanen werden technische Fachbegriffe verwendet und niemand meckert. Im Gegenteil, in diversen Genre ist es schon fast verpönt, keine Fachbegriffe zu nutzen.
In der Fantasy ist es naturgemäß schwerer wirkliche Fachsprache zu verwenden, da die Geschichten einfach in einer anderen Welt spielen, die natürlich auch nicht unsere (teilweise ja durch Traditionen gebildete) Fachsprache zur Verfügung haben.
Wobei ich zum Beispiel dazu tendiere, in Szenen die mit Seefahrt zu tun haben auch die passenden Begriffe zu verwenden, oder auch im Bezug auf Bergbau, Landwirtschaft oder ähnliches so verfahren würde.
Fachsprache darf nicht um ihrere Selbst willen benutzt werden, oder um den Lesern zu zeigen, wie toll doch die Bildung des Autors ist. Fachsprache zum Unterstreichen der Glaubwürdigkeit eines Textes finde ich durchaus positiv.
Hallo,
vor allem finde ich Fachsprache praktisch, wenn es um Synonyme geht. Da führt man das Fachwort gleich im Kontext ein und hat statt einem oder zwei Begriffen damit drei zum abwechseln. Sehr angenehm.
Solange es nicht total abwegige Begriffe sind, ist das, auch zur Unterstreichung der Umwelt, nützlich.
Gruß,
Linda
Moni zustimm. Die Forrester Seeromane hab ich ne Zeitlang verschlungen - und mir dabei einen ordentlichen Wortschatz an nautischen Fachbegriffen zugelegt - Lesen bildet. ;D
Das verwenden (korrekter) Fachbegriffe unterstreicht das Setting - finde ich. Wenn man sie so einfließen lässt, dass man sich halbwegs vorstellen kann, was gemeint ist, empfinde ich sie auch nicht als störend.
Z. B. ist mir der Unterschied zwischen Marssegel und Bramsegel nicht ganz klar - es geht halt um Segel - wenn ich wirklich wissen wollte, welche es sind könnte ichs immer noch nachschlagen. Aber Käptn Hornblower wirkt halt viel glaubwürdiger, wenn er Marssegel sagt, statt "das Segel an der obersten Querstange" (oder wo auch immer ) ;)
Wenn die Fachsprache verständlich ist, nehme ich selbige. Allerdings kann das auch nach hinten losgehen:
Bis vor kurzem pflege ich eine Endlos-Diskussion mit meinem Mann. Es geht um - lang lebe der Adel in der Fantasy - Siegel und Siegelstempel.
Das Siegel ist das Ding aus Wachs, Metall oder Lack, das an Dokument und Faden hängt.
Das Typar ist das Ding, das man in die Siegelmasse drückt, um ein Siegel herzustellen.
Jetzt habe ich die einzelnen Begriffe in meinem Manuskript ordentlich verwendet - nicht zuletzt, weil ein Charakter Herold ist - und jeder einzelne Leser hat es mir um die Ohren gehauen, weil's doch niemand ausser mir Geschichtler verstehen würde. Im Endeffekt habe ich aufgegeben und mittels "Suchen und Ersetzen" jedes Typar mit einem Siegel bzw. Siegelstempel ersetzt. Es ist für den Standard-Leser, der Typar und Siegel nicht unterscheidet, anscheinend ein zu feines Detail.
Zu den Segeln - wollt ihr es wirklich wissen? - das Brahmsegel ist das dritte Rahsegel am Mast, manchmal unterteilt in Ober- und Unterbrahm. Die Marssegel (meist unterteilt in Ober- und Untermars) liegen unter der Brahm und über der Fock (wenn am ersten Mast).
Schoene Gruesse,
Thea
Herzogenaurach, Germany
Ich denke, die eigentliche Frage lautet: was kann man dem modernen, bequemen, TV-geschädigten Leser heute noch zumuten.
Ich gehöre zu den altmodischen Autoren und Lesern, die sich nicht entblöden, auch Wörter zu verwenden, die man ggf. im Wörterbuch nachschlagen kann, (bzw. geniere mich nicht, selbst zuweilen zu selbigem zu greifen). Schließlich soll gute Literatur, selbst wenn sie zur Unterhaltung gehört, den Leser auch ein wenig bilden.
Leider habe ich den Eindruck, daß viele Leute anders denken. Von daher ist das wohl immer eine schwierige Gratwanderung, wie weit man den richtigen Ausdruck verwendet oder lieber eine Umschreibung, die auch der Durchschnitts-Leser versteht.
Im Zwiefelsfall würde ich zum richtigen (Fach-)Ausdruck tendieren. Zur Not kann dann immer noch der Lektor etwas anderes vorschlagen.
Zitat von: felis am 19. Januar 2009, 22:02:11
Moni zustimm. Die Forrester Seeromane hab ich ne Zeitlang verschlungen - und mir dabei einen ordentlichen Wortschatz an nautischen Fachbegriffen zugelegt - Lesen bildet. ;D
Ich hab mir dann einfach irgendwann die Bücher meines Vaters über Seemannschaft geschnappt und das Ganze dann noch besser verstanden. ;D
ZitatIch denke, die eigentliche Frage lautet: was kann man dem modernen, bequemen, TV-geschädigten Leser heute noch zumuten.
Seh ich nicht so, ich ignorier sowas grundsätzlich. Der Leser kann auch mal ein bißchen gefordert werden. ;)
Es geht ja bei der Entscheidung Fachwissen vs. Allgemeinwissen nicht nur um die Verwendung von Fachbegriffen. Auch mal einen Fachbegriff zu verwenden, macht noch keinen fachsprachlichen Text aus dem Ding - und ich bin der festen Überzeugung, dass man da, was Verständnis angeht, den Lesern noch genau so viel zumuten kann wie vor fünfzig Jahren. Vielleicht sogar mehr, weil das Nachschlagen dank Tante Wiki jetzt noch viel einfacher ist.
Wenn man aber Fachwissen explizit einbringt, reicht ab einem gewissen Grad auch kein Wörterbuch mehr zur Klärung. Dann muss ein Fachbuch zu Rate gezogen werden. Und das Lesen von Unterhaltungsliteratur soll, wie der Name schon sagt, nun mal vorrangig unterhalten. Ich habe dann zumindest keine Lust, mich erst noch durch ellenlange Glossare zu wühlen, bis ich verstehe, was da eigentlich gerade erklärt wird. Optimal finde ich, wenn man merkt, der Autor hat Ahnung von dem, was er da schreibt - und stellt es gleichzeitig so dar, dass ich als kleines Dummerchen es verstehe, ohne noch lange daran herumkauen zu müssen, bevor die Geschichte weitergeht. ;)
Zitat von: Tenryu am 20. Januar 2009, 19:42:31
Ich gehöre zu den altmodischen Autoren und Lesern, die sich nicht entblöden, auch Wörter zu verwenden, die man ggf. im Wörterbuch nachschlagen kann
Ich persönlich bin auch ein Freund vor allem alter und ungebräuchlicher Worte. In aller Regel werden sie aus dem Kontext klar, oder ein Missverständnis ist nicht so wichtig. Und wenn ein Leser sie wirklich nicht versteht und unbedingt wissen will, was es heißt, kann er ja nachschlagen.
Aber. Bei der Entscheidung zwischen Fach- und Allgemeinwissen geht es meist nicht um Dinge, die der Leser entweder nicht versteht oder nachschlagen kann. Es geht um Dinge, die der Leser falsch versteht, falsch verstehen muss - und bei denen er gar nicht auf die Idee käme, nachzuschlagen. Das ist dann nicht mehr den Leser zu geistiger Leistung ermuntern. Das ist den Leser aufs Glatteis führen. Das sollte man gar nicht tun.
Also: Wenn man etwas verwendet, bei dem man davon ausgehen muss, dass der Leser es nicht sofort weiß, dann muss das Problem zumindest eindeutig sein sein. Die gemeinte Bedeutung muss aus dem Kontext erschließbar sein, zumindest darf es nicht in missverständlichem Kontext präsentiert werden. Da ist ein unbekannter Ausdruck okay. Aber ein Ausdruck, den jeder kennt, und bei dem jeder zu wissen glaubt, was er bedeutet, dann in einer ungewöhnlichen Neben- und Spezialbedeutung zu verwenden, durch deren Unkenntnis der Leser nur sinnlos verwirrt wird - das wäre beispielsweise nicht mehr okay.
Zitat von: TheaEvanda am 20. Januar 2009, 16:15:59
Bis vor kurzem pflege ich eine Endlos-Diskussion mit meinem Mann. Es geht um - lang lebe der Adel in der Fantasy - Siegel und Siegelstempel.
Das Siegel ist das Ding aus Wachs, Metall oder Lack, das an Dokument und Faden hängt.
Das Typar ist das Ding, das man in die Siegelmasse drückt, um ein Siegel herzustellen.
ich dachte, das Ding zum Siegeln hieße Petschaft. Und das Wort würde ich auch verwenden, und erwarten, dass ein Leser das eruieren kann oder kennt.
Typar habe ich tatsächlich auch noch nie gehört.
Gruß,
Linda
"Typar" ist der Sammelbegriff für alles, das man zum Siegeln benutzt.
Petschaft ist ein Typar mit Griff (Stempel), Siegelring ist ein Typar in Ringform etc.
In meinem Fall hatte jemand sein ererbtes Typar aus der Petschaft ausgehebelt und zu einem Kettenanhänger verwurstelt. Also war "Petschaft" nicht treffend, und nach der x-ten Wiederholung von "Medaille" ging mir das Typar durch.
--Thea
Herzogenaurach, Germany
Zitat von: TheaEvanda am 21. Januar 2009, 13:16:14
"Typar" ist der Sammelbegriff für alles, das man zum Siegeln benutzt.
Petschaft ist ein Typar mit Griff (Stempel), Siegelring ist ein Typar in Ringform etc.
In meinem Fall hatte jemand sein ererbtes Typar aus der Petschaft ausgehebelt und zu einem Kettenanhänger verwurstelt. Also war "Petschaft" nicht treffend, und nach der x-ten Wiederholung von "Medaille" ging mir das Typar durch.
--Thea
Herzogenaurach, Germany
einen hab ich noch, dann ist es genug ot:
Da hilft nur eins: alle Briefe ganz klassisch mit Schwert- oder Dolchknauf siegeln!
"
Hilfe, er greift mich mit einem langen Petschaft an."
Gruß,
Linda