Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Das Sprachbastelboard => Thema gestartet von: Feuertraum am 31. Juli 2008, 17:48:48

Titel: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Feuertraum am 31. Juli 2008, 17:48:48
...die allerdings nicht meine Schreiberei betrifft.
Ich hatte einen Satz gelesen, den zuerst als Logikfehler abgetan, aber mittlerweile bin ich mir nicht sicher (irgendwie schleicht bei mir ein: es könnte doch möglich sein herum)

Der Satz lautet: "Das Brot lag auf dem leeren Teller".

Unlogisch, weil der Teller ja nicht mehr leer ist, wenn das Brot drauf liegt.
Andererseits logisch, weil der Teller ja eigentlich leer ist; es ist ja nichts weiter drauf.

Oder wie oder was ?

:hmmm:

Grübelnde Grüße

Feuertraum
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Tintenfalke am 31. Juli 2008, 18:22:54
Logikfehler meiner Meinung nach. Deutlicher und richtiger wäre: Das Brot lag auf dem ansonsten leeren Teller. Hört sich aber trotzdem umständlich an.
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Churke am 31. Juli 2008, 18:43:48
Das ist eine Metapher.
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Hr. Kürbis am 31. Juli 2008, 18:57:29
Zitat von: Churke am 31. Juli 2008, 18:43:48
Das ist eine Metapher.

Und für was? Ein karges Mahl? Armut?
Ein leerer Teller, auf dem etwas liegt, macht noch keine Metapher, es sei denn, Churke, du weißt mehr als wir  ...
Ohne Kontext ist es für mich ein Logikfehler, was ich aber nicht glaube, da viel zu offensichtlich. Sicher hat er eine Bedeutung.
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Churke am 31. Juli 2008, 19:27:46
Nur Brot. Sonst nichts.
Ob damit jetzt ein karges Mahl oder Armut oder möglicherweise ein beendetes Menü (dann ist der Teller nämlich auch leer  :psssst: ) gemeint ist, wird sich aus dem Zusammenhang ergeben.

Jedenfalls gehe ich davon aus, dass es kein Fehler ist, sondern ein Stilmittel.
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Skandra am 31. Juli 2008, 19:36:09
Zitat von: Stefan am 31. Juli 2008, 18:57:29

Ein leerer Teller, auf dem etwas liegt, macht noch keine Metapher, es sei denn, Churke, du weißt mehr als wir  ...


Ein Teller, auf dem etwas liegt, ist nicht leer. Auch, wenn das Mahl beendet ist, wird es keine Metapher.

@Feuertraum: Vielleicht erläutern Sie uns den Zusammenhang? Wäre schon spannend zu wissen, ob es sich um einen Fehler oder gewolltes Stilmittel handelt.

Liebe Grüße
Skandra
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Silvia am 31. Juli 2008, 20:10:43
Wie wärs mit:
Außer Brot lag nichts auf dem Teller.
:)
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Feuertraum am 31. Juli 2008, 20:34:03
Erstmal danke für all die Antworten.

Was den Zusammenhang angeht: Einer der Protas lebt mit seiner Mutter in einer Hütte. Sein ihm verhasster Vater ist in den Krieg gezogen. Er hofft, dass der Vater ihm Krieg gefallen ist. Seine Mutter hingegen hofft jeden Tag, dass er wiederkommt und deckt jeden Tag den Tisch für ihn mit.
Bei der Szene geht es darum, dass der Prota in einen Laib Brot beißen will, aber die Mutter entreißt es ihm und legt es auf den Teller, mit der Begründung, dass ER Hunger haben wird, wenn ER wiederkommt.
Mutter und Sohn löffeln Suppe, und Sohn "starrt auf das Brot auf dem leeren Teller".
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: DarkDreamer am 31. Juli 2008, 20:48:39
An sich würde ich das als Logikfehler ansehen, an dieser Stelle erscheint es mit aber durchaus beabsichtigt. Er darf es ja nicht essen und somit wäre es weitestehend gleichbedeutend mit einem leeren Teller. Einen Unterschied würde es ja nicht machen.
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Tenryu am 31. Juli 2008, 21:30:39
Das ist ein Logikfehler. Ich kann nur vermuten, daß der Verfasser uns wohl sagen wollte, daß der Teller unbenutzt, bzw. der Platz vor demselben leer sei.
Ein sprachlich gewandterer Autor würde vielleicht von einem "verwaisten Teller" sprechen.  ;)
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Churke am 31. Juli 2008, 21:57:17
In diesem Zusammenhang scheint mir keine Metapher gemeint zu sein.
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Lord Zahnstocher am 31. Juli 2008, 22:08:33
Also entweder der Teller dient auch als Sitzplatz, oder es ist ein Logikfehler.
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Coppelia am 31. Juli 2008, 22:10:29
Ich würde es auch sofort für einen Logikfehler halten. Wer kennt nicht die Frage "Warum kann man keine Flasche in einem leeren Sack zerschlagen?".

Ich glaube auch, dass der Autor wahrscheinlich den leeren Platz des Vaters meinte. Wenn es jetzt Latein wäre, würde ich vielleicht denken, es wäre eine Enallage. Aber die Stilfigur ist auf deutsch nicht üblich, und das ist wahrscheinlich auch besser so. Bei dieser Stilfigur wird ein Adjektiv zu einem Substantiv gestellt, zu dem es inhaltlich nicht gehört. Normalerweise steht das inhaltliche Bezugswort dann auch noch im Satz. Aber mal ehrlich, wenn sich ein Leser am Text stößt und der Autor drauf besteht, es sei eine tolle Stilfigur, liegt die Schuld meist nicht bei dem inkompetenten Leser. ;)
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Lomax am 31. Juli 2008, 22:18:13
Zitat von: Tenryu am 31. Juli 2008, 21:30:39"verwaisten Teller"
Oh Gott ...
Dazu fällt mir dann nur ein gern benutztes englisches Zitat ein: "Well, given the Alternatives ..."

Ich würde die Formulierung im Wesentlichen so interpretieren, wie hier schon gesagt: Ausgedrückt werden soll die "Unbenutztheit" des Tellers, und damit ist die Formulierung krumm. Andererseits: Sie zeichnet ein Bild, das trifft. Und das emotional "knallt". Dieses Brot ist verschwendet, ins Leere geworfen ... Solange ich also nur nüchtern-beschreibende Alternativen hätte, wie der "verwaiste Teller", deren einziger Vorteil wäre, dass sie möglicherweise zwei spitzfindige Leser zufriedenstellen, die gern genauer über den Hintersinn einer Formulierung nachdenken - dann würde ich diese Unlogelei, die sich ja nur bei näherem Nachdenken erschließt, möglicherweise in Kauf nehmen.
  Manchmal muss sich beim Schreiben halt entscheiden, ob man emotionalisieren will oder einen Logik-und-Formalia-einhalten-Fleißpreis gewinnen. Und ich muss zugeben, dass mir zu dem "leeren" Teller jetzt spontan nichts Besseres einfiele. Und Wirkung hat der Satz in dem Kontext, keine Frage. Da würde ich nicht auf was "Zweitbestes" ausweichen wollen.
  Also, unlogisch ja, aber trotzdem nicht unbedingt ein No-Go. Ein guter Anlass, nach einer Alternative zu suchen - aber die muss dann auch zumindest gleichwertig sein, nicht nur "korrekter". Denn: Ein Stilmittel erkennt man nicht daran, dass es einen Namen hat. Es ist eine Abweichung von der Norm, die etwas ausdrückt; wohingegen ein Fehler eine zufällige Normabweichung ist.
Zitat von: Coppelia am 31. Juli 2008, 22:10:29..., wenn sich ein Leser am Text stößt und der Autor drauf besteht, es sei eine tolle Stilfigur, liegt die Schuld meist nicht bei dem inkompetenten Leser.
Ganz im Gegenteil - wenn sich nur ein Leser daran stört, liegt es mit ziemlicher Sicherheit beim Leser - vorausgesetzt, der Autor hat mehr als einen ;) Wenn sich viele Leser daran stören, dann beginnt der lange Weg vom Stilmittel über das missglückte Stilmittel bis hin zum hilflosen Versuch, einen Fehler nicht zugeben zu wollen :snicker:
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Skandra am 31. Juli 2008, 22:43:50
Hallo!

Ich würde nicht sagen, dass es sich hier um eine "Unlogelei" handelt, die sich nur bei näherem Nachdenken erschließt, weil es nämlich bereits auf den ersten Blick ganz eindeutig falsch ist. Ein Teller ist nur leer, wenn nichts draufliegt.
Hier haben wir es mit einem Oxymoron zu tun. "Dunkel war´s, der Mond schien helle... Drinnen saßen stehend Leute, schweigend ins Gespräch vertieft."

@Feuertraum: Danke für Ihre Mühen.

Liebe Grüße
Skandra
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Coppelia am 31. Juli 2008, 22:53:56
Na, postet noch einer was? Ich trau mich ja nach Lomax auch kaum noch was zu sagen - dabei hab ich immerhin auch ein super Examen gemacht. ;)

Nachdem ich den Post geschrieben habe, ist mir auch ein Erlebnis mit Literatur (nicht von mir, und ich sehe mein Geschreibe auch nicht als solche an) und einem Leser in Erinnerung gekommen. Der Leser mochte ein berühmtes Gedicht nicht wegen seiner ausgezeichneten Verwendung von Stilmitteln.
Kann man nichts machen. Bei diesem Gedicht war mir völlig klar, was die Stilmittel sagen wollten, dem anderen Leser aber überhaupt nicht.

Wenn ich diesen Satz in einem Buch von Astrid Lindgren oder anderen Autoren gelesen hätte, bei denen ich sicher bin, dass sie genau wissen, was sie tun, würde ich wahrscheinlich darüber nachdenken, ob er nicht einen Sinn hat. Aber in einem Schulaufsatz könnte ich ihn nicht akzeptieren. Bei mir selbst würde ich ihn auch nicht dulden, auch wenn ich mir etwas dabei gedacht hätte.
Ich wüsste also nicht, wie ich in einem völlig unbekannten Buch zwischen Stilmittel und Logikfehler unterscheiden sollte. Das scheint aber auch verbreitet zu sein, z. B. bei dem Autor, den ich übersetzt habe. Da sind sich viele Interpreten nicht einig, ob er toll oder grauenhaft formuliert hat.
Aber je länger ich rede, desto weniger Lust hab ich irgendwie dazu. Daher hör ich jetzt mal auf. :P
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Lomax am 31. Juli 2008, 23:12:01
Zitat von: Skandra am 31. Juli 2008, 22:43:50..., weil es nämlich bereits auf den ersten Blick ganz eindeutig falsch ist.
Nur dann, wenn der Satz so allein für sich in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt wird. Und selbst dann ist er nicht so "eindeutig" falsch, dass man nicht noch lange darüber nachdenken und diskutieren könnte, ob er falsch ist - wie dieser Thread recht eindeutig beweist ;)
  Wenn der Satz eingebunden in einen Gesamttext steht, wird kaum jemand darüber stolpern. Aber sehr viel mehr Leser werden den emotionalen Gehalt mitnehmen. Und die meisten Leser, die darüber stolpern, werden selbst dann genug Stolpersteine finden, wenn man sich die Mühe macht, solche Dinge penibel zu korrigieren - weil es zu einem großen Anteil Leser sind, die alles sehr wörtlich ausdeuten und auch über korrekte Stilmittel stolpern.
  Und, wie gesagt: Fehler sind relativ. Da dieser Fehler eine Stimmung auf den Punkt bringt, ist er als Stilmittel zu werten - nämlich keine zufällige Regelübertretung, sondern eine, die bewusst und mit Wirkung gesetzt werden kann. Überzeugender wären jetzt eher konstruktive Lösungsansätze - also formal korrekte Alternativen, die ein ebenso prägnantes und emotionales Bild zeichnen. Wie gesagt, mir fallen keine ein - aber so was bräuchte man, um die Formulierung wirklich kritisieren zu können.
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Skandra am 01. August 2008, 00:46:15
Hmmh... Ist es nicht eher so, dass man darüber nachdenken und diskutieren könnte, was der Autor uns mit diesem Satz sagen wollte, statt darüber, ob er vielleicht falsch, richtig, halbwahr sein könnte? Es ist mir zu mühsam, mangelhafte Aussagen als gewollt falsch oder gezielt eingesetztes Stilmittel zu interpretieren, wenn sich auch aus dem Zusammenhang nicht erschließt, ob es sich tatsächlich um einen tieferen Sinn handeln könnte.  :hmmm:
Ich will lesen, will den Text erleben und mich am virtuosen Umgang mit der Sprache erfreuen. Glücklicherweise gönnen mir sehr viele Autoren dieses Vergnügen.
Das hat auch nichts mit der Suche nach dem Haar in der Suppe zu tun. Da bin ich nicht so. Aber geradewegs anspringen soll es mich auch nicht. Wie ich mit dem Gedicht "Der Mond schien helle" anzudeuten versuchte, bin ich Stilmitteln nicht abgeneigt, sofern sie gut umgesetzt sind.

Ich bleibe dabei, dieser Satz ist einfach daneben. Alternativen liefern ist so eine Sache. Es ist nicht mein Text, deshalb kann ich nur schlecht einen Satz herauspicken und "verbessern". Aber mir wäre es lange nicht so aufgestoßen, hätte er von einem unbenutzten Teller geschrieben.

Liebe Grüße
Skandra

Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Lomax am 01. August 2008, 01:51:30
Zitat von: Skandra am 01. August 2008, 00:46:15Ist es nicht eher so, dass man darüber nachdenken und diskutieren könnte, was der Autor uns mit diesem Satz sagen wollte
Na, das wär doch dann schlechter Deutschunterricht - psychologisieren statt Textarbeit ;) Was der Autor sagen wollte, ist müßige Spekulation. Wichtig ist eigentlich nur, was der Text tatsächlich sagt, wie er wirkt. Und diese Wirkung ist eben nicht so eindeutig, dass du die Wirkung des Textes auf dich persönlich als nüchternes Fazit festlegen kannst.
Zitat von: Skandra am 01. August 2008, 00:46:15Ich bleibe dabei, dieser Satz ist einfach daneben. ... Aber mir wäre es lange nicht so aufgestoßen, hätte er von einem unbenutzten Teller geschrieben.
Wenn du an der Stelle die Diskussion über Sprache abbrechen willst, gehst du aber mit einer recht ungünstigen Prämisse in die Textarbeit: Dass es nämlich die höchste Priorität ist, mit Sprache nicht anzuecken. Tatsächlich ist das aber nur für den Grundton der Geschichte ein Muss, wohingegen gerade die Stellen über die Textwirkung entscheiden, an denen man hängenbleibt. Du kommst also nicht umhin, wenn du diesen Satz beurteilen willst, dir die Frage zu stellen, ob das "anecken" hier nicht möglicherweise sinnvoll ist.
  Eine Frage, die natürlich aus dem mangelnden Kontext schwer zu entscheiden ist. Was mir allerdings schon auffällt, ist erstens, dass der Satz eine Menge Konnotationen anstieß, nachdem Feuertraum einen groben Abriss vom Kontext nachlieferte. Und dass zweitens alle hier genannten Alternativen entweder nüchtern-beschreibend und "tot" klangen, oder unpassende Assoziationen lieferten. Solche Indizien sollte man zumindest ernst nehmen, gegen die Nachteile einer bei nüchterner Analyse krummen Formulierung abwägen und darauf achten, dass man nicht die unter Beachtung aller Faktoren bestmögliche Formulierung voreilig verwirft. Und dazu wäre es eben sehr hilfreich, zu sehen, ob man denn tatsächlich eine bessere Formulierung findet.

Ich habe gerade in Internet-Schreibwerkstätten eine Menge Texte gesehen, die totredigiert wurden, weil einfach nur jeder danach geschaut hat, worüber man stolpern könnte - aber niemand darauf geachtet hat, wie man formulieren muss, damit es nicht nur niemanden stört, sondern zumindest einigen wirklich gefällt. Und da ist es nicht hilfreich, wenn jedes Hängenbleiben am Text gleich ein automatisiertes Zuschlagen mit dem Rotstift auslöst und mit der Überzeugung einhergeht, dass dieses Hängenbleiben allein schon jedes weitere Abwägen ersetzt.
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Feuertraum am 01. August 2008, 03:34:08
Stilmittel...
Ich denke, Stilmittel sind so eine Sache für sich. Es gibt einige Stilmittel, die ich bevorzuge und einige, denen ich ausweiche, die ich vermeide, die mir ein Greuel sind (diese Dreierkombi ist übrigens eines, das ich knorke finde).

Was mich aber nun irritiert: Ich lese einen Abschnitt und denke mir: "Also, ich würde diesen Satz anders formulieren, mehr/weniger ins Detail gehen, die Szene ein wenig anders beschreiben, das Wort kürzen oder durch jenes Wort ersetzen, um der Sprachmelodie gerecht zu werden (sorry, aber ich bin ein Fan der Sprachmelodie). Mich also der Satz, die Szene..."stört", weil sie so nicht mein Stil ist, sich aber 100 Leute nicht dran stören, ist mein Stil dann "falsch" ?
Ich persönlich denke eher nein.
Jeder Schreiberling hat seine Art des Erzählens. Okay, manche kopieren vielleicht andere Autoren, die sie sehr stark beeinflussen (ist mir bei manchen Anfängern aufgefallen, die aufgrund einer Serie angefangen haben zu schreiben). Andere hingegen haben ihren Stil gefunden und haben somit ihr "Markenzeichen".

Aber okay, ich bin auch ein wenig seltsam und nicht unbedingt Mainstream.

In diesem Sinne
LG

Feuertraum
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Tenryu am 01. August 2008, 05:05:44
Für mich ist und bleibt das einfach ein schlechter unzutreffender Ausdruck und nicht ein besonderes Stilmittel. Aber vielleicht kann man ja auch Rechtschreibfehler nur als ein Stilmittel betrachten, vermittels welchem uns der Autor die Unzulänglichkeiten der deutschen Grammatik vor Augen führen will...
Da ich den Autor nicht kenne, vermag ich das nicht zu beurteilen, aber ich halte gewöhnlich mich an die naheliegendste Erklärung, die in den meisten Fällen auch die zutreffende ist.
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Lomax am 01. August 2008, 10:26:52
Seufz. Meinetwegen, stellen wir die Diskussion vom Bauch auf den Kopf  ;)
Da einige Leute sich ja doch sehr am formalen und dem vermeintlichen "Fehler" festhalten, schiebe ich die formale Analyse des Beispiels hiermit noch nach. Denn natürlich hab ich bei meinen Einwänden auch nicht ganz ohne Bodenhaftung spekuliert. Und der gebotene Kontext reicht natürlich nicht aus, um endgültig zu entscheiden, ob der Satz so angemessen ist - aber für eine grobe, literaturwissenschaftliche Einschätzung, die über das "da stolper ich drüber" hinausgeht, reicht er allemal.

1. Lässt sich der Satz klassifizieren, oder ist er einfach nur falsch.

"Das Brot lag auf dem leeren Teller" lässt sich problemlos als Paradoxon einordnen. Auf einem leeren Teller kann nichts liegen - dem Teller werden damit zwei einander ausschließende Eigenschaften zugeordnet, und damit haben wir das klassische Beispiel für ein Paradoxon.
  Ob das vom Autor "gewollt" war, ist für diese Einordnung zunächst mal irrelevant. Weder für Paradoxon noch für Oxymoron ist eine bewusste Setzung definitionsgemäß vonnöten. Bei einem unfreiwilligem Paradoxon läge anstelle eines Stillmittels eine Stilblüte vor. Aber da Paradoxa prinzipiell als Stilmittel zulässig sind, ist hiermit die Annahme eines einfachen "Fehlers" widerlegt - vielmehr muss man den Satz weiter überprüfen, um zu entscheiden, ob das Stilmittel zulässig verwendet wurde, oder eine Stilblüte vorliegt.

2. Unterstützt dieses Paradoxon eine Aussageabsicht?

Das Paradoxon wird verwendet, um eine schlecht greifbare, gefühlsmäßige Aussage zu vermitteln. Außerdem lenkt es die Aufmerksamkeit auf die unpassend kontrastierten Begriffe, in dem Falle also auf das "Brot" und die "Leere".
  Leider muss ich sagen, dass dieser Fokus anscheinend eine sinnvolle Aussage ergibt: Zum einen entspricht die Gegenüberstellung der nackten Aussage des Textes, dass das Brot für den Protagonisten verloren ist; und zum anderen vermittelt die "Leere" tatsächlich eine gefühlsmäßige Konnotation, die dem Empfinden des Protagonisten zu entsprechen scheint.
  "Leider" deshalb, weil ich mit der Verwendung des Paradoxon an dieser Stelle dennoch nicht glücklich bin. Denn die Aussage, dass der Protagonist den Verlust des Brots als sinnlos empfindet, ergibt sich schon aus dem Kontext. Das durch eine von einem Stilmittel unterstrichene Kontrastierung des "Brots" mit der "Leere" zu unterstreichen, scheint ein wenig wie mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Insofern finde ich das Stilmittel hier ungeschickt eingesetzt, weil es nach meinem Empfinden eher vom wesentlichen, gefühlsmäßigen Anteil der Formulierung ablenkt, statt sie zu unterstützen.
  Aber, für diejenigen, die lieber nach algorithmischen Regeln für richtig und falsch suchen: Die formale Analyse liefert eher Anhaltspunkte dafür, dass die Formulierung korrekt ist und das Stilmittel im Einklang mit seiner Defintion verwendet wurde.

3. Alternative Analyse

Mir persönlich lieber, aber leider formal nicht so eindeutig, wäre eine Analyse des Satzes als elliptische Konstruktion: "Das Brot lag auf dem [ansonsten] leeren Teller". Üblicherweise sind Ellipsen auf parallele Konstruktionen beschränkt, oder auf solche, wo sich die Ergänzung eindeutig aus dem Kontext ergibt. Prinzipiell erforderlich ist das nicht, denn es gibt genug Beispiele für Ellipsen, die man nur aus dem Kontext interpretieren kann. Dabei ist vor allem die Tilgung des Prädikats zu nennen, die sogar den Satzkern entfernt und trotzdem prinzipiell zulässig ist - und in der Regel aus keinem anderen Grund verwendet wird, als um den eigenständigen Charakter des verkürzten Satzes zu negieren und ihn stärker an das Vorangegangene zu ziehen, oder auch nur um das Tempo eines Textes anzuziehen. Die erzähltechnischen Anforderungen, um eine Ellipse zu rechtfertigen, kann man also auch nicht zu hoch ansetzen.
  Sei's drum: Feststellbare Tatsache ist, dass sich der Satz leicht sinnvoll ergänzen lässt und damit als Ellipse in Frage kommt; und das eine solche Einordnung spekulativer ist als das Paradoxon und damit unter größeren Vorbehalten steht.

Üblicherweise soll eine Ellipse den Blick aufs Wesentliche lenken. In diesem Falle wäre das die "Leere", die durch das fehlende Wort ansonsten ja relativiert würde. Eine Betonung genau dieses einen Begriffs ist im Kontext allerdings sehr sinnvoll, denn genau diese "Leere" trägt den emotionalen Gehalt der Aussage - das Wort beschreibt eben nicht nur nüchtern den Zustand des Tellers, sondern eignet sich gleichzeitig, um die Haltung des Protagonisten bzw. die Rolle, die dieser Teller für ihn einnimmt, zu beschreiben. Als Ellipse würde ich die Formulierung für ein sehr gelungenes Stilmittel halten.
  Und ich denke, dass das Unbehagen, das mit dieser Formulierung einhergeht, darauf zurückzuführen ist, dass durch die Ellipse leider ein Paradoxon entsteht, das die "Leere" zugleich mit dem "Brot" assoziiert und damit wieder die Aussage verwässert und unpassend wirken lässt.

Also: Als Fazit kann man feststellen, dass der Satz ein eindeutiges Paradoxon ist und sich als solches auch nur schlecht angreifen lässt; und dass er mir als reine Ellipse besser gefallen würde ;D

Eindeutig lässt sich durch diese Analyse allerdings auf jeden Fall zeigen, dass die Aussage, er wäre "eindeutig falsch" und müsste nicht mehr analysiert werden, selbst eindeutig falsch ist ;) Wie das halt meistens so ist mit Aussagen auf dem Fundament "das sieht man doch", oder "das sagt doch der gesunde Menschenverstand". Meines Erachtens nach ist das die wichtigste Grundlage, die jeder aus dem Mathematikunterricht mitgenommen haben sollte, dass man eben absolute Aussagen nicht auf Basis einfachen "Hinschauens" und ohne präzises Durchrechnen liefern sollte.
  Das präzise Durchrechnen allerdings hat seine Tücken: Selbst meine Schlussfolgerungen auf Grundlage oben genannter Analyse würde ich noch mit Vorsicht betrachten. Denn der Versuch, ein Phänomen nach "Formeln" aufzuschlüsseln, hängt im Wesentlichen davon ab, dass man auch wirklich alle Formeln kennt. Vermutlich gibt es genug Leute, die das Beispiel noch weit besser aufschlüsseln können und eine breitere "Formelsammlung" von Stilmitteln und ihrer Verwendung haben als ich - und die über meine "Näherung" hinausgehen können. Bei Sprache - vor allem, wenn es Syntax und Orthographie verlässt - kann man selten sicher sein, wirklich alle Formeln zu kennen. Und wenn man die Berechnung dann zu früh abbricht und voreilig seine Näherung doppelt als Endergebnis unterstreicht, läuft man leicht Gefahr, versehentlich ein relativistisches Phänomen mit newtonschen Gleichungen zu berechnen und ganz kräfitg in die Irre zu fliegen.
  Deshalb wollte ich eigentlich nicht mit der oben genannten, formalen Herangehensweise anfangen, sondern auf ein mehr "bildhaftes" Verfahren verweisen, das auch ohne Germanistikstudium funktioniert: Dass man sich bei so unklaren Ausdrücken einfach überlegt, ob sie eine sinnvolle, zusätzliche Botschaft transportieren; oder es andere, unkompliziertere Möglichkeiten gibt, denselben Zweck zu erreichen. Und dann unter den vorhandenen/gefundenen Möglichkeiten die beste behält - was allerdings auch bedeutet, dass man keine Möglichkeit verwirft, solange man keine bessere Alternative kennt, oder die fehlende Aussage des Vorhandenen belegen kann.
  Das wäre dann halt der Workaround für den nicht sprach- und literaturwissenschaftlich vorgeprägten Autor, Lektor oder brauchbaren Testleser, sozusagen ein guter Ersatz für die exakte formale Analyse. Diese Analyse aber ersatzlos unter den Tisch fallen zu lassen und nur durch "da bleib ich hängen", "das stößt mir sauer auf" oder "das ist halt so" zu ersetzen, ist schon ein wenig mager. Auf dieser Stufe ist die Einschätzung nur eine persönliche Meinung, die Grundlage und Einstieg in die Textbetrachtung sein kann, aber nicht abschließendes Urteil und nicht mal für sich genommen sinnvoller Beitrag zur Verbesserung und Betrachtung fremder Texte - oder auch zur Weiterentwicklung des eigenen Stils.

So ... Jetzt hab ich den Beitrag noch mal kurz korrekturgelesen und muss sagen, wäre ich vor zehn Jahren Deutschlehrer geworden, würden meine Schüler mich vermutlich hassen. Aber da ja auch Schlussredakteure traditionell von denen gehasst werden, die sie korrigieren, hätte das dann auch wieder keinen Unterschied gemacht ;D
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Skandra am 01. August 2008, 11:12:08
@Lomax: Ja, sehr schön.

Als ich schrieb, ich würde eher darüber diskutieren, was der Autor sagen wollte, bezog ich mich auf Deine Anmerkung, der Satz ansich sei diskussionswürdig, wie man an diesem Thread erkennen könne.
Nichts möchte ich psychologisieren. Hier ging es um die Frage, ob der Autor einen tieferen Sinn in seinem falschen, mangelhaften Ausdruck legen wollte. Wenn ja, so ist es ihm nicht gelungen.

Ich will hier weder guten, noch schlechten Deutschunterricht machen. "Formaler" Fehler, an dem einige Leute sich festhalten? Literaturwissenschaftliche Einschätzung?
@Feuertraum: Handelt es sich um eine Übersetzung?

Ich werde jetzt eine leere Tasse mit Kaffee füllen.  :omn:

Liebe Grüße
Skandra
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Feuertraum am 01. August 2008, 11:35:32
@ Skandra: Nein

@ alle anderen: Tut mir leid, dass ich da - wenn auch vollkommen unbeabsichtigt - für "leicht erhitzte" Gemüter gesorgt habe  :-[ :schuldig:
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Lomax am 01. August 2008, 11:42:28
Zitat von: Skandra am 01. August 2008, 11:12:08Nichts möchte ich psychologisieren. Hier ging es um die Frage, ob der Autor einen tieferen Sinn  ... legen wollte.
Genau das ist die Frage, die sich nur durch Psychologisieren beantworten lässt - solange man den Autor nicht fragen kann. In beiden Fällen erhält man literarisches Kaffekränzchenniveau. Basis literarischer Betrachtung ist der Text, nicht die Spekulation über Autorengedanken.
Zitat von: Skandra am 01. August 2008, 11:12:08in seinem falschen, mangelhaften Ausdruck
Und genau das ist eine Behauptung und eine Sachaussage, die begründet werden muss. Spätestens dann, wenn sie begründet angezweifelt wird.
Zitat von: Skandra am 01. August 2008, 11:12:08Wenn ja, so ist es ihm nicht gelungen.
Das ist eine Wertung, über die letztendlich die Gesamtheit des Marktes und der Zielgruppe entscheidet. Da muss dann sicher nicht jede subjektive Meinungsäußerung genauer fundiert werden ;)
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Lomax am 01. August 2008, 11:52:39
Zitat von: Feuertraum am 01. August 2008, 11:35:32Tut mir leid, dass ich da - wenn auch vollkommen unbeabsichtigt - für "leicht erhitzte" Gemüter gesorgt habe
Warum sollte man sich entschuldigen, wenn man Beispiele von exemplarischem Wert liefert ;) Letztendlich nutzt es doch allen mehr, wenn man grundlegende Fragen der Methodik ansprechen kann, als wenn man etwas über eine einzelne, konkrete Formulierung hört, die vermutlich nie wieder jemandem der hier Mitlesenden begegnen wird.
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Lisande am 01. August 2008, 12:12:34
Okay, um dem ganzen mal 'ne ganz andere Richtung zu geben: meine erste Frage bei sowas ist immer: ist es ein originalsprachlicher Text? Ansonsten kann sich da nämlich ein ganz dämlicher Fehler in der Übersetzung eingeschlichen haben.
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Feuertraum am 01. August 2008, 12:25:07
Ja, ist es
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Skandra am 01. August 2008, 13:27:42
Uups! Ich wollte keinesfalls wirken, als sei ich erhitzt, und der regen und durchaus lehrreichen Diskussion dadurch einen unangenehmen Unterton verleihen.

@Lomax: Ich hoffe doch sehr, Du bist nicht verstimmt? Es macht doch viel zu viel Spaß, sich auf dem spannenden Feld der Literatur auszustauschen. Und alles andere wäre doch sterbenslaaangweilig.

Liebe Grüße
Skandra
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Lomax am 01. August 2008, 16:54:44
Zitat von: Skandra am 01. August 2008, 13:27:42@Lomax: Ich hoffe doch sehr, Du bist nicht verstimmt? Es macht doch viel zu viel Spaß, sich auf dem spannenden Feld der Literatur auszustauschen. Und alles andere wäre doch sterbenslaaangweilig.
Ich werde es überleben, und ich streite ja gern ;)

Eine gewisse Emotionalität kann ich allerdings nicht abstreiten, nicht zuletzt aus persönlicher Betroffenheit. Das Thema ist nämlich sehr sensibel. "Da hab ich mir was bei gedacht", ist sozusagen die Standardeinleitung zu jeder sinnlosen Diskussion bei Lektoraten, und dass sie den armen Journalisten ihre genialen Texte verschandeln, indem sie "jedes Stilmittel als Fehler anstreichen", ist der Standardvorwurf an Schlussredakteure.
  Ich muss zugeben, darauf reagiere ich meist mit genervt verdrehten Augen und versuche, die Sache möglichst kurz angebunden zu regeln. Meine einzige Rechtfertigung für meine Unlust auf Diskussionen über angebliche "Stilmittel" ist es eben, dass ich mir vorher in der Regel sehr wohl Gedanken über die Korrektur gemacht und recht genau geprüft habe, ob die Korrektur nötig ist oder möglicherweise doch ein Stilmittel vorliegt. Und zwar unter Berücksichtigung der meisten denkbaren Sichtweisen.
  Nur, wenn ein Autor wirklich darauf besteht, jede einzelne Änderung in der Ausführlichkeit auszudiskutieren, wie wir es jetzt hier bei diesem Beipiel machen, dann wäre meine Arbeit nicht mehr leistbar. Denn die Zeit, jede banale Stilkorrektur zu diskutieren, hat man in Lektoraten und Redaktionen normalerweise nicht. Ich bin also beruflich sozusagen darauf angewiesen, dass der Autor ein gewisses Grundvertrauen mitbringt und im Zweifel erst mal voraussetzt, dass der Lektor sorgfältig und nicht schlampig oder geschmäcklerisch gearbeitet hat.

Wenn ich dann lese, wie beiläufig Formulierungen als "falsch" klassifiziert werden, sich auf Nachfrage aber herausstellt, dass alternative Sichtweisen eben nicht geprüft wurden und auch nicht geprüft werden wollen, dass eine formale Begründung nicht vorliegt, dann mache ich mir eben Sorgen, was für ein Eindruck von Textarbeit da bei mitlesenden Autoren entsteht. Wie viele Leute dann denken, dass es normal ist, wenn ein Lektor einfach mal was als falsch anstreicht, nur weil er "darüber stolpert", oder es "seine Gefühle verletzen würde", wenn eine gewisse Formulierung so stehen bliebe.
  Das betrifft in gewisser Hinsicht also mein Berufsethos ;)
  "Das gefällt mir nicht", schreibt sich leicht. Um "Das ist falsch" schreiben zu können, muss man vorher allerdings formal sauber einen Regelverstoß nachgewiesen haben - und dazu alle relevanten Regeln der Stilistik geprüft haben. Aber auch ein Positivbeispiel macht aus der bloßen Meinung eine zumindest nachprüfbare These und sollte eigentlich als Minimalanforderung gelten.

Das Prüfen solcher Formulierungen ist jedenfalls ein Standardfall der Textarbeit. Ich möchte nicht, dass der Eindruck hängenbleibt, das unverbindliche und nicht hinterfragbare In-den-Raum-werfen (oder auch das Rot-in-den-Text-schreiben) spontaner Einschätzungen sei das Standard-Lösungsverfahren dazu. Diese Vorstellung hat mich dann tatsächlich ein wenig "erhitzt". ;D
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Skandra am 01. August 2008, 17:38:01
Hallo!

Er hätte den Platz, vor dem der Teller steht, gern als leer bezeichnen können. Er hätte den Teller als unbenutzt beschreiben können. Aber eben nicht den Teller, auf dem etwas liegt, als leer, denn es gibt in der deutschen Sprache eine Definition für leer. Nutze ich es in anderem Zusammenhang, ist es besagter Regelverstoß.

Ich habe doch schon auf Oxymoren hingewiesen. Es gibt für solcherlei Widersprüchlichkeiten in unserer Sprache also sogar einen Namen. Und die werden oft gekonnt eingesetzt, wie in dem mehrfach von mir bemühten Spottgedicht. Allerdings befürchte ich hier, es passierte versehentlich.

Lieber Lomax, ich freue mich sehr über diesen interessanten Austausch, obwohl ich eigentlich nicht sehr streitbar bin.

Liebe, abgekühlte Grüße
Skandra






Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Churke am 01. August 2008, 18:18:28
Also in bzw. vor meinen Augen erzeugt der "leere Teller" ein Bild. Ein leerer Platz aber nicht. Vielleicht liegt es daran, dass ich, wenn ich am Tisch sitze, den Teller sehe und nicht den unbenutzten Stuhl. Meiner Meinung nach kann ein Stilmittel, das funktioniert, das ein griffiges Bild transportiert, nicht falsch sein.
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Skandra am 01. August 2008, 18:22:59
Zitat von: Churke am 01. August 2008, 18:18:28
Also in bzw. vor meinen Augen erzeugt der "leere Teller" ein Bild. Ein leerer Platz aber nicht.

???

Ein leere Platz wirft die Frage auf, wer sonst auf diesem Platz sitzt, für wen er freigehalten wird. Ein leerer Teller jedoch noch lange nicht die Frage, was sonst auf diesem Teller liegt. Für mich funktioniert dieses Bild nicht.

Jedoch war nicht das die Frage. Hier ging es darum, ob ich einen Teller leer nennen darf, obwohl etwas darauf liegt.  Es ist eine Defitionsfrage. Leere hat eine bestimmte Bedeutung.

Liebe Grüße
Skandra
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Lomax am 01. August 2008, 18:41:59
Zitat von: Skandra am 01. August 2008, 17:38:01... Allerdings befürchte ich hier, es passierte versehentlich.
Nrrrg :wums: Irgendwas läuft hier in Deutschland profund falsch mit dem Deutschunterricht, wenn man am Ende doch immer wieder auf die Vorstellung zurückkommt, dass man für eine Textanalyse mehr wissen müsste als das, was im Text steht - nämlich, was die Absicht des Autors war.
  Aber egal, ich will jetzt nicht auch um Worte und Formulierungen streiten. Ich verstehe dein Fazit also einfach mal nicht wörtlich, sondern so, wie's gemeint ist: Dass sich dir hier keine Aussageabsicht und damit auch keine sinnvolle Verwendung eines Stilmittels erschließt - ob der Autor ein solches nun bezweckte oder nicht. Denn wenn es Absicht des Autors gewesen wäre und nicht funktioniert hätte, würde es ja auch nicht besser ;)
  Ansonsten ist alles, was dazu gesagt werden musste, in diesem Thread wohl irgendwo gesagt worden. Ein wenig schade finde ich, dass letztendlich doch kein überzeugender Verbesserungsvorschlag gefallen ist - denn diese Frage von mir war durchaus ernst gemeint. Denn dass die Formulierung ihre Probleme hat, steht wohl außer Frage. Dass aber alle genannten Alternativen seltsam blut"leer" und distanziert-beschreibend wirken und auf keinen Fall in jeder Hinsicht als zumindest gleichwertig angesehen werden können, gibt einem doch zu denken. Denn einen eindeutigen Fehler müsste man auch eindeutig verbessern können.

@Churke:
Zitat von: Churke am 01. August 2008, 18:18:28Meiner Meinung nach kann ein Stilmittel, das funktioniert, ..., nicht falsch sein.
Diese Aussage entspricht exakt der Definition für ein korrektes Stilmittel. :) Damit ist auch genau das die Frage, zu der man sich aus dem bisher gesagten seine Meinung bilden muss. Denn wenn das Bild zumindest beim maßgeblichen Teil der Leser funktioniert, liegt ein Stilmittel vor und damit auch eine zulässige Abweichung vom wörtlichen Textverständnis.
  Wie schon gesagt - mein Fazit hinge maßgeblich davon ab, ob es womöglich doch noch eine Formulierung gibt, die für noch mehr Leser "funktionieren" würde, und die gleichzeitig das vermittelte Bild nicht abschwächt oder verzerrt.
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Skandra am 01. August 2008, 18:54:36
Zitat von: Lomax am 01. August 2008, 18:41:59
Nrrrg :wums: Irgendwas läuft hier in Deutschland profund falsch mit dem Deutschunterricht, wenn man am Ende doch immer wieder auf die Vorstellung zurückkommt, dass man für eine Textanalyse mehr wissen müsste als das, was im Text steht - nämlich, was die Absicht des Autors war.

Wie kommst Du denn bitte darauf, ich hätte meine Bildung einzig und allein im Deutschunterricht erworben? Ich finde das jetzt sehr unhöflich.

Bitte, lies doch aufmerksam. Ich habe von Oxymoren geschrieben und davon, dass der Autor hier wohl unabsichtlich eines gebildet hat.
Interessant, dass Du meine Worte in falschen Zusammenhang setzt.

Eine überraschte Skandra, die sich wohl lieber zurückzieht.

Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Lomax am 01. August 2008, 19:48:57
Zitat von: Skandra am 01. August 2008, 18:54:36Wie kommst Du denn bitte darauf, ich hätte meine Bildung einzig und allein im Deutschunterricht erworben? Ich finde das jetzt sehr unhöflich.
Das war eher eine allgemeine Bemerkung und eine Anspielung auf die klischeehafte Lehrerfrage, "was will der Autor uns damit sagen"? Der Ansatz ist schlechte Germanistik, und es spricht einiges dafür, dass er über die Schulen so weit verbreitet wird, dass er inzwischen zur volkstümlichen Vorstellung von Textinterpretation geworden ist. Und irgendwie stelle ich halt fest, dass du doch immer wieder auf diese Argumentationslinie zurückkommst. Also gehe ich mal davon aus, dass dieses "Bild" von der Textarbeit noch aus der Schulzeit bei dir präsent ist - unabhängig davon, was du später noch zu dem Thema gemacht hast.
  Dass ich dir damit nicht unterstellen kann, du hättest sonst keine Bildung erworben, wird schon dadurch deutlich, dass dieser Interpretationsansatz ja auch irgendwie in die Schulen hineingetragen werden muss - und zwar von Lehrern, die ja auch sicher mehr als nur den Deutschunterricht besucht haben ;) Das dauernde Flüchten vom Text fort in Mutmaßungen über den Autor empfinde ich als sehr störend; aber ich habe ja selbst in meinem letzten Posting eingeräumt, dass ich davon ausgehe, dass es nur eine begriffliche Gewohnheit von dir ist und du, wenn du vom Autor sprichst, trotzdem den Eindruck meinst, den du vom Text hattest.
  Ich bin also höflich davon ausgegangen, dass du nicht wirklich auf irgendwelchen falschen Vorstellungen aus dem Deutschunterricht stehen geblieben bist, sondern eben nur ein wenig von der Wortwahl hängengeblieben ist, die man dort leicht aufschnappt.

Denn der entscheidende Punkt ist ja, dass es eigentlich völlig irrelevant für die Bewertung eines Textes ist, ob der Autor etwas schreiben wollte. Untersuchen kann man nur, was er geschrieben hat. Wenn er mit dieser Formulierung tatsächlich absichtlich ein Paradoxon (ein Oxymoron ist es deshalb nicht, weil der Widerspruch sich erst durch den ganzen Satz erschließt und nicht durch ein einfaches Wortpaar) einsetzen wollte, und die meisten Leser verstehen es falsch, dann ist das Stilmittel trotzdem missglückt und taugt nichts. Wenn er aber unbewusst genau die richtigen Worte gefunden hat, die jeden Leser anrühren, dann ist der Text dennoch genial, und der Autor umso mehr. Deswegen will ich gerne von den Spekulationen über "Absicht" oder "Versehen" des Autors weg: Es macht die Textstelle um keinen Deut besser oder schlechter, egal ob der Autor absichtlich oder unabsichtlich so formuliert hat.
  Es gibt viele Autoren, die können zu jeder noch so schlechten Textstelle haarklein erklären, was sie sich Tolles dabei gedacht haben und warum die Formulierung toll ist und alle anderen Menschen auf der Welt blöd, weil sie sie nicht verstehen. Werden die Textstellen dadurch besser, dass ein Autor so was sagt?
  In den meisten Fällen kann man bei Gesprächen über Bücher ohnehin nur nicht-nachprüfbare Behauptungen über den Autor aufstellen. In spätestens hundert Jahren kann gar niemand mehr nachprüfen, was ein Autor sich bei einer gewissen Formulierung gedacht hat, oder auch nicht. Aber beurteilen wird man seine Texte trotzdem noch. Und das ist auch nicht weiter schlimm, denn alles, was man dazu braucht, steht auch im Text. Oder sollte im Text stehen, wenn er was taugen soll.

Also, mir ging es nur darum, die Aufmerksamkeit auf den Text zu lenken. Und darauf hinzuweisen, dass ich die Wortwahl mit dem "Autor" für eine schlechte Angewohnheit halte, die eine methodisch korrekte Textanalyse sehr erschwert.
Titel: Re: Eine Logikfrage...
Beitrag von: Skandra am 01. August 2008, 23:45:43
Auweia: Selbstverständlich ist Oxymoron hier absoluter Blödsinn, es ist, wie Lomax ganz richtig bemerkte, ein Paradoxon.


Obwohl ich mich aus dieser Diskussion zurückgezogen habe, musste ich das natürlich noch unterstreichen.

Liebe Grüße
Skandra