Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Allgemeines => Tintenzirkel => Thema gestartet von: Caelynn am 02. Oktober 2025, 13:15:29

Titel: Nach dem Ende kommt die Arbeit?
Beitrag von: Caelynn am 02. Oktober 2025, 13:15:29
Ich hab' da mal 'ne Frage. :hmmm:

WIe geht es Euch, nachdem Ihr etwas beendet habt (in meinem Fall einen Roman)?
Das Schreiben selbst hat mir unerwartet viel Freude bereitet, das hat sich angefühlt wie wochenlang frisch Verknalltsein. Ich konnte es kaum erwarten, nach der Arbeit an den Schreibtisch zu kommen und zu schreiben. Auch das Wort "Ende" unter die letzten Wörter zu setzen hat sich richtig gut angefühlt. :wolke:  :vibes:
Aber dann...
Der erste Betaleser (mein Mann) hat mir auf jeder Seite (und es sind immerhin 650) reichlich launige Kommentare da gelassen ("Wenn er in einer Hand das Schwert, in der anderen Hand einen Dolch und in der anderen Hand das Artefakt hält, solltest du vorher mal erwähnen, dass er drei Hände hat.").
So gut wie fast immer hatte er Recht und ich habe den Text entsprechend angepasst.
Nun habe ich eine Lektorin gefunden und sie hat auf den ersten 10 Seiten, die ich ihr geschickt habe, noch jede Menge zu ändernder DInge gefunden. (Die Lektorin ist gut und freundlich und hat ebenfalls recht.)
Ich habe eine Ahnung bekommen, wieviel Arbeit noch vor mir liegt - und ich muss gestehen, dass ich da wenig Lust zu habe.   :no:
Kennt Ihr das Problem? Was hilft? Oder vergeht das? Zwingt man sich einfach? Bisschen liegen lassen und dann geht es wieder? Wie sind Eure Erfahrungen?
Es würde mir schon helfen zu erfahren, dass ich nicht die Einzige bin, der es so geht...  :bittebittebitte:
Titel: Re: Nach dem Ende kommt die Arbeit?
Beitrag von: Alana am 02. Oktober 2025, 13:45:41
Mir machen alle Schritte Spaß, aber natürlich gibt es trotzdem viele Tage, an denen ich keine Lust habe. Für mich steht das Ziel im Vordergrund, soll heißen, die Veröffentlichung. Deswegen stelle ich meine Bücher immer zur Vorbestellung ein, bevor ich sie schreibe, sonst würde ich nie was fertig kriegen. Bücher einfach nur zum Spaß komplett fertig zu machen, interessiert mich nicht. Nur für mich schreiben auch nicht. Für mich entsteht der Spaß aus der Mischung an Kreativität, Veröffentlichen und Geld verdienen. Klar, denn es ist ja auch mein Beruf.

Ich denke, du musst einfach rausfinden, was dich motiviert und für dich funktioniert. Jede*r hat einen anderen Prozess und nicht immer kann man daran was ändern, sondern muss manchmal einfach lernen, damit umzugehen. Dafür muss man natürlich erst rausfinden, wie man tickt und das hat bei mir Jahre gedauert. Ich lerne heute noch Dinge über mich dazu, die für meinen Berufsalltag wichtig sind.

Deswegen will ich dich ermutigen, in dich reinzuhören und versuchen, herauszufinden, warum du keine Lust auf die Überarbeitung hast. Vielleicht willst du nur schreiben und keine Bücher fertig machen. Das ist völlig legitim. Oder vielleicht brauchst du eine Pause. Oder ein Ziel. Das muss keine VÖ sein, das kann zum Beispiel auch ein Wettbewerb sein.

Ich würde mir übrigensl an diesem Punkt kein teures Lektorat nehmen, sondern mit anderen Autor*innen betalesen tauschen. Dabei habe ich am Anfang am allermeisten gelernt, ganz besonders auch durch das Kommentieren der Texte von anderen, und viele dieser Learnings helfen mir heute noch. 

Viel Erfolg und Spaß beim Finden deines Prozesses!
Titel: Re: Nach dem Ende kommt die Arbeit?
Beitrag von: novembercat am 02. Oktober 2025, 13:53:08
Ich lese zwei Fragen:

1. Wie lange dauert es, einen Text zu bereinigen?
2. Wieso ist die Verliebtheit weg???

Meine Antworten:

1.Bin bei meinem dritten Durchgang ... Jeder Kontakt mit einem Leser bringt neue Fragen mit sich. Ich hätte dieselbe Frage und denke, irgendwann unterbricht man den Prozess einfach, damit es halt mal gut ist.
2.Verliebtsein nach dem Schreiben ist toll. Oft muss ich meine Arbeit liegen lassen, bevor ich Kritik daran zulassen kann. Nicht nur macht man beim Schreiben Fehler, andere Leute haben auch einen anderen Horizont und man muss viel erklären. Das nervt, denke ich, jeden. Man will einfach verstanden werden. Da kann ich schon mal sauer werden.

Aber es gibt einen zweiten Spaß, der vor dir liegen könnte: Es ist der Hammer, wenn andere Leute die Figuren im Kopf haben, die man selbst erdacht hat. Deine Betaleser und Lektoren werden sich bestimmt an manchen Stellen mitreißen lassen. Diese gemeinsame Verliebtheit, die ich dir von Herzen wünsche, ist unglaublich befriedigend. Das kommt dann, wenn die Fehler aus der Geschichte verschwinden wie Flecken, die von einer Scheibe geputzt werden und man unverstellt in deinen Roman schauen kann.

Also, ja, kann sein es dauert noch lange ... aber es lohnt sich. Außerdem kann Verliebtheit auch aufkommen, wenn man ganze Passagen nochmal schreibt. Das wird manchmal nötig sein, wenn eine zeitliche Abfolge nicht stimmt, zum Beispiel.

Außerdem muss mit Schreiben ja nicht Schluss sein! Du kannst den einen Text bereinigen und nebenher ein paar Kurzgeschichten aus derselben Welt schreiben, um in Übung zu bleiben. Dann ist der Entzug nicht so hart.(Ich nenne das absichtlich so ... ich falle in ein richtig schwarzes Loch, wenn ein Projekt zu Ende ist. Deshalb schreibe ich überlappend.)

Titel: Re: Nach dem Ende kommt die Arbeit?
Beitrag von: Franziska am 02. Oktober 2025, 13:56:00
Der erste Entwurf ist wirklich der kleinste Teil Arbeit für mich. Überarbeiten ist mühsam, klar, aber nur so verbessert man sich. Ich habe mir immer Feedback von mehreren Betalesern geholt, meist anderen Autoren und habe seit Jahren eine Schreibgruppe in der wir Textauszüge besprechen. Die Frage ist, möchtest du die Arbeit reinstecken und das Buch veröffentlichen oder nur zum Spaß schreiben? Dann brauchst du dir die Arbeit nicht unbedingt machen. Logische Fehler beseitigen ist ja noch das kleinste Problem. Im Lektorat wird die ganze Struktur des Plots geprüft. Das ist am Ende auch oft einfach nervige Fleißarbeit zu überlegen alle Probleme zu lösen. Ich habe da manchmal auch gar keine Lust zu, aber wenn man merkt dass der Text besser wird, macht es auch Spaß.
Titel: Re: Nach dem Ende kommt die Arbeit?
Beitrag von: Guddy am 02. Oktober 2025, 14:14:07
Also ich muss sagen, dass mir die Arbeit mit Testlesenden bislang am meisten Spaß gemacht hat, sogar noch mehr als das Schreiben, was für mich mit viel Selbstzweifeln verbunden war. Aber zu merken, dass Leute die Geschichte und die Figuren mögen, die Kommentare zu lesen und in den Austausch zu gehen, hat nochmal eine ganz andere Qualität. Nicht nur, weil Lob und gemeinsames Verliebtsein gut tut, sondern auch, weil es ein so verdammt tolles Gefühl ist, dem Manuskript beim Gedeihen und Besserwerden zuzusehen!

Na gut, es verbessert sich nicht von selbst, da muss man schon selbst ran, aber das Einpflegen von Korrekturen und Änderungen gefällt mir.

Aber ja, es IST Arbeit! Aber ich glaube, gerade bei Erstlingen ist es unbedingt notwendig, es nicht nur von zwei weiteren, nicht von vier, sondern einigen mehr Augen sichten zu lassen. Ein Beta und eine Lektorin wäre mir zu wenig und der Schritt zur Lektorin wäre für mich an späterer Stelle.

Es ein bisschen liegen zu lassen ist, finde ich, zwischen den Schritten immer eine gute Idee!  :jau:
Titel: Re: Nach dem Ende kommt die Arbeit?
Beitrag von: Christopher am 02. Oktober 2025, 15:02:06
Ich kenne das Problem, ja. Ich schreibe auch viiiel lieber als dass ich überarbeite. Da ich auch ungefähr so auf der Tastatur schreibe wie handschriftlich, sieht das auch entsprechend (schrecklich) aus.
Für mich sind das immer vier Druchgänge.

1. Inhalt
Passt die Struktur, muss ich Kapitel ändern/löschen, dazu einmal komplett durchlesen.


2. Grammatik, Satzbau, Wortwahl etc.
Zu lange, ungelungene o.ä. Sätze ändern und verbessern, schwache Verben, Adjektive, usw. usf. das ganze Trara. Auch da hilft ein Schreibprogramm enorm, weil man damit viel mehr sehen und einfacher verbessern kann, als rein nach Augenmaß. Nicht komplett durchlesen, mehr überfliegen, schauen wo das Programm Fehler zu sehen meint, aber auch viel.

3. Rechtschreibung korrigieren
Erst das Rechtschreibprogramm durchgehen und dann einmal komplett durchlesen am PC, alle weiteren Fehler korrigieren. Dabei lese ich den Text noch mal komplett, wobei ich Schritt 1 und 2 quasi wiederhole, wenn mir noch mehr aufgefällt.

4. An Betaleser geben
Feedback bekommen, ggf. noch mehr ändern, Fehler die man selber nicht mehr sieht korrigieren etc.

Bis auf Schritt 4 macht das wenig Spaß. Das Feedback von Testlesern ist dafür umso schöner ;D

Was hilft? Schwierig. Da muss man ein System für sich finden, das individuell ist. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, wenn man "nur" 1-2k Wörter immer am Stück schreibt, den Schreibtag immer damit zu beginnen, dass man das vorm Vortag überarbeitet. So kommt man gut in den Text wieder rein und hat, wenn man dann das "Ende" schreibt, das meiste schon erledigt.
Wenn man natürlich in größeren Abschnitten schreibt, ist das eher schwierig.

Ich persönlich zwinge mich einfach. Es hilft nichts, es muss gemacht werden, dann mache ich Sessions von 30-120 Minuten die Überarbeitung und bin halt einfach irgendwann fertig.

Die Zeit die ich überarbeite, nutze ich dann aber auch, schon mal über neues nachzudenken, den Plot vom nächsten zu planen oder einfach Ideen zu sammeln.
Titel: Re: Nach dem Ende kommt die Arbeit?
Beitrag von: Caelynn am 02. Oktober 2025, 16:29:30
Danke an alle, die sich die Mühe gemacht haben zu antworten!  <3

Sehr beruhigend, dass es nicht nur mir so geht - und mein Neid gilt jeder/jedem die/den das nicht betriift. 

Nein, ich schreibe diesen Roman - halt! - HABE diesen Roman nicht nur für mich geschrieben (was ich völlig ok finden würde), deshalb muss ich da wohl durch.

Ich war doch recht überrascht von meiner Unlust - fühlt sich an, als würde morgens um 5 der Wecker klingeln, weil man sich ja vorgenommen hat, joggen zu gehen.

Obwohl ich mir selbst einen Termin gesetzt habe (Gruß an die Prokrastinationsfee) lasse ich das Ganze ein, zwei Wochen liegen. Guter Rat, danke.