Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Allgemeines => Tintenzirkel => Thema gestartet von: Lord Bane am 05. Januar 2008, 15:30:21

Titel: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lord Bane am 05. Januar 2008, 15:30:21
Die Diskussion über Grausbücher hat bei mir folgende Überlegung angestoßen: Gibt es vielleicht nicht nur eine Zielgruppe für Fantasy, sondern ganz unterschiedliche Gruppen von Leuten, die eben unterschiedliche Arten von Fantasy bevorzugen?
Haben Leute, die z.B. Robert E. Howard (Schöpfer von Conan) bevorzugen, etwas mit Menschen zu tun, die überzeugte Tolkien-Fans sind? Mögen Harry Potter leser Michael Moorcock oder schließt das eine das andere aus?
Gehen diese verschiedenen Vorlieben vielleicht sogar mit der Einordnung in unterschiedliche soziologische Gruppen einher? So würde z.B. ein vierzehnjähriges Mädel, das aufs Gymnasium geht vielleicht eher zu Rowling greifen, während der schon ergraute Altrocker auf Howard, Moorcock oder David Gemmell schwört.

Ist eurer Meinung nach an diesen Überlegungen etwas dran oder bilde ich mir diese Abgrenzung nur ein? Und wenn an meinen Überlegungen etwas dran ist, gibt es bestimmte Gründe, warum eine soziologische Gruppe eine bestimmte Form von Fantasy bevorzugt?

(Das mit den Rockern und Moorcock stimmt übrigens nach meiner Erfahrung. In meiner Jugendzeit habe ich einen Haufen Leute kennengelernt, die ein Soziologe wohl eindeutig der "Rockerszene" zugeordnet hätten. Sogar ein paar Hell's Angels Mitglieder waren darunter. Da gab es Leute, denen man wirklich nicht zugetraut hätte, dass sie in ihrem Leben jemals etwas Anderes als Bikermagazine gelesen hätten, die im Bereich Fantasy unglaublich belesen waren. Lieblingsautoren von denen waren meistens Moorcock und Howard, also Sword&Sorcery Schreiber. Tolkien-Fans gab es auch, aber deutlich weniger.)


Freue mich auf eure Gedanken,
Lord Bane
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Grey am 05. Januar 2008, 15:47:36
Naja, ich würd mal sagen - gäbe es diese unterschiedichen Zielgruppen nicht, würde sich die Frage "Was für Fantasy schreibst du denn?" komplett erübrigen.

Natürlich gibt es diese Unter-Unterteilung. Aber die findest du überall. Unser Gehirn strukturiert ganz von selbst in Kategorien und Unterkategorien und Unter-Unterkategorien, ähnlich wie die Ordner am PC. Weil das so ist, kann da auch jeder was mit anfangen, und es passiert ganz von allein. ;)

In der Musik zum Beispiel auch. Beispiel Metal: Ein überzeugter Blackmetaller mag höchstwahrscheinlich kein Power-Melodic-Gedudel und umgekehrt, um mal ein Extrem zu nennen. Trotzdem hören beide Metal. Fängt man bei "Rock" (oder in unserem Fall "Phantastik") an, fächert sich das ganze noch viel viel weiter auf. Tokio Hotel oder Juli sind *nicht* Children of Bodom, nicht Helloween und erst recht nicht Cannibal Corpse.

Was aber nicht heißen muss, dass es nicht Menschen gibt, die mehrere dieser Untergruppen mögen...


Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Ary am 05. Januar 2008, 16:10:46
So viele verscheidene Untergruppen, so viele verschiedene Leser gibt es auch. :) ich bin beim lesen schon ziemlich weit gefächert, auch bei Musik - ich höre fast alles außer avantgardistischer Klassik, zu hartem Hardrock und Tokio Hotel und Consorten, und ich lese viele verschiedene Genres. Und ich mag nicht alles, was Krimi ist, auch wenn ich gern Krimis lese. Ich mag nicht alles, was Fantasy ist, auch wenn ich hauptsächlich Fantasy lese. Ich finde nicht grundsätzlich alle historischen Romane toll, auch wenn ich historische Romane zum Mittag verschlinge.
Zu typisieren halte ich für gefährlich - nicht alle "Schulmädchen" lesen lieber Harry Potter als Moorcock, und nicht alle Tolkien-Fans kriegen bei Terry Pratchett die Krise. 
Inzwischen gibt es ja auch in  der Fantasy viele dieser "Sub-Genres" und Mischformen. Fantasy-Krimis, Fantasy-Liebesgeschichten, Fantasy-Kriegsromane, Fantasy-Schulgeschichten, Fantasy-Abenteuergeschichten und Fantasy-Reisebereichte. Vielleicht sogar fantasy/Phantastik-"Sachbücher" wie die beiden Harry-Potter-Spinoffs "Magische Tierwesen und wo sie zu finden sind" und "Quidditch im Wandel der Zeiten" (die ich beide zum Schreien komisch finde).
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lavendel am 05. Januar 2008, 17:36:26
Hm, ist das jetzt eine Überraschung? Es ist doch klar, dass alles, was irgendwie vermarktbar ist Zielgruppen im Augen hat. Guck dir nur mal aufmerksam Fernsehwerbung an. Meist erkennt man sie Zielgruppe in den ersten zwei Sekunden. Deo für Frauen wird anders beworben als Deo für Männer. Auf Bücher übertragen: Je nach Zielgruppe werden Cover, Satz etc. anders entworfen. Darum gibt es bei den Harry Potter Büchern doch diese 'Erwachsenenausgaben', die ganz anders aussehen, als die für Jugendliche, obwohl das gleiche drinsteht. Ein bestimmtes Buch verkauft sich mit einem anderen Cover plötzlich an eine ganz andere Zielgruppe.

Wahrscheinlich hat es auch mit der entsprechenden Peergroup zu tun. (Wenn alle meine Freunde etwas tun, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ich es auch tue). Aber bestimmte Gruppen identifizieren sich ja auch über unterschiedliche Erkennungsmerkmale. Metaller über schwarze Bandshirts, Tokio Hotel Fans über (Achtung subjektiv) bescheuerte Frisur und viel Kajal (vereinfacht ausgedrückt, natürlich). Wenn man diese o.ä. Merkmale benutzt, um ein Produkt zu bewerben, ob nun Deo oder Buch, dann wird die entsprechende Gruppe an Menschen sich vermutlich für dieses und kein anderes Produkt entscheiden, weil sie sich damit identifizieren kann.
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lomax am 06. Januar 2008, 02:14:02
Zitat von: Lord Bane am 05. Januar 2008, 15:30:21Gibt es vielleicht nicht nur eine Zielgruppe für Fantasy, sondern ganz unterschiedliche Gruppen von Leuten, die eben unterschiedliche Arten von Fantasy bevorzugen?
Dass es diese Zielgruppen gibt, die nicht nur bestimmte Arten von Büchern bevorzugen, sondern auch ansonsten durchaus spezifizierbare Gruppen bilden, lässt sich kaum bestreiten. So kann man beispielsweise durchaus feststellen, dass die Leser von Völkerromanen eher "junge Fantasyleser" sind, und auch einen höhren Anteil an männlichen Lesern haben als das Gesamtgenre. So einfach ist die Zielgruppenzuordnung dann allerdings auch nicht, denn zum einen gibt eine Zielgruppenbeschreibung immer nur eine statistische Tendenz an, und zum anderen gehört kaum ein Leser genau einer Zielgruppe zu.

Das bedeutet zum einen, dass natürlich weder jeder "junge, männliche Fantasyleser" auch "Völkerfantasy" mag - vermutlich nicht mal ansatzweise -, noch bedeutet es, dass jeder Leser von Völkerfantasy auch jung und/oder männlich ist. Längst nicht. Aber diese Zielgruppenmerkmale sind trotzdem signifikant, wenn man die Leser von "Völkerromanen" beispielsweise mit den Lesern von "Romantic Fantasy" vergleicht.
  Und zum anderen bedeutet es auch, dass die meisten Leser verschiedene Arten Bücher lesen. So mag der eine Leser womöglich Völkerromane und humorvolle Fantasy - und kann durchaus auch jeweils korrelierende Eigenschaften zu beiden Zielgruppen gleichzeitig erfüllen und dementsprechend in bestimmter Hinsicht "typisch" sein. Und ein Leser, der sowohl Völkerromane wie auch humorvolle Fantasy liebt, mag dann womöglich auch andere Titel aus den "Grauzonen" der Subgenres als solche Leser, die nur jeweils einer von beiden Zielgruppen angehören.

Die Betrachtung von Zielgruppen ist also durchaus komplex, und es geht dabei weniger um scharfe Schubladen, als vielmehr um Abhängigkeiten, um Statistik und um Mengen. Aber man kann durchaus damit rechnen, und je mehr Einzelbeispiele sowohl von Büchern wie auch von Lesern man betrachtet, umso deutlicher werden die Muster erkennbar. "Wen könnte dieses Buch überhaupt ansprechen" war bei Gutachten immer eine wichtige Frage - und wenn sich das einschätzen ließ, hat es mir eine Empfehlung für das Buch immer sehr erleichtert.
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lord Bane am 06. Januar 2008, 10:32:00
@ Lomax

Kurze Verständnisfrage: Was sind Völkerromane?
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: gbwolf am 06. Januar 2008, 10:32:52
@Lord Bane: "Die Orks", "Die Zwerge" ...
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Aneirin am 06. Januar 2008, 15:39:48
Hallo,

ich glaube ganz sicher, dass innerhalb der Fantasy verschiedene Zielgruppen mit verschiedenen Lesegeschmäckern (-geschmäcken ... -geschmäcks - na ihr wisst, was ich meine) gibt.

Möglicherweise fängt es schon damit an, dass Frauen und Männer unterschiedlich lesen. An mir selber ist mir aufgefallen, dass ich lieber von Frauen geschriebene Bücher lese, egal ob es nun Fantasy ist, Krimi oder History. Wenn mir ein Buch zu schlachtenlastig und blutig ist, war es bisher immer von einem Mann geschrieben. Ich habe schon Bücher deswegen weggelegt.

Diese mir zu blutigen Bücher haben auch ihre Liebhaber, teilweise sind es richtige Bestseller. Daraus schließe ich, dass es unterschiedliche Zielgruppen gibt.

Grüße
Aneirin
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lord Bane am 06. Januar 2008, 19:24:31
Zitat von: Aneirin am 06. Januar 2008, 15:39:48

Möglicherweise fängt es schon damit an, dass Frauen und Männer unterschiedlich lesen. An mir selber ist mir aufgefallen, dass ich lieber von Frauen geschriebene Bücher lese, egal ob es nun Fantasy ist, Krimi oder History. Wenn mir ein Buch zu schlachtenlastig und blutig ist, war es bisher immer von einem Mann geschrieben.

Ich glaube nicht, dass nur Männer brutale Szenen schreiben. Von Frauen gibt es auch ziemliche literarische Gemetzel. Kennt jemand hier z.B. Mary Gentle? Mehr Gemetzel geht teilweise wirklich nicht.

Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: felis am 06. Januar 2008, 20:38:02
Lord Bane, als ich Deine Beschreibung eines typischen Moorcock lesers gelesen habe, abe ich mich weggeschmissen  :rofl:
Mit Moorcock bin ich bekannt gemacht worden durch meinen Vater - pensionierter Amtsrichter und so weit weg vom Rocker, wie man nur sein kann.  ;D Aber der steht total auf das Zeug. Ich fand die Moorcockschen klischeehelden dagegen ultradröge...
Ich würde mal sagen, wenn übvwrhaupt schreibt M. ausgersprochene Männer - Fantasy. Ich kenne keine einzige Frau, die das Zeug gerne liest (Wahrscheinlich widerspricht mir hier sofoort eine...) ;)

Klar schreiben nicht nur Männer brutale Szenen, aber eine bestimmte Sorte brutaler Szenen (Schlachten) wird ganz offensichtlich von Männern signifikant häufig lieber gelesen als von Frauen.
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lord Bane am 06. Januar 2008, 21:08:50
Zitat von: felis am 06. Januar 2008, 20:38:02
Ich würde mal sagen, wenn übvwrhaupt schreibt M. ausgersprochene Männer - Fantasy. Ich kenne keine einzige Frau, die das Zeug gerne liest (Wahrscheinlich widerspricht mir hier sofoort eine...) ;)

Gibt es wirklich Männer-Fantasy? Ich weiß, dass es Männer-Fantasien gibt, aber das ist ja wohl was völlig anderes  ;D.
Wenn es Männer-Fantasy gibt, dann muss es auch Frauen-Fantasy geben, aber wie soll die aussehen? Sind das Liebesgeschichten mit Elfen?

Ich habe übrigens nicht den "typischen" Moorcock-Leser beschrieben, sondern eben die Moorcock-Leser, die ich kenne.

Ich kenne auch keine einzige Frau, die Moorcock mag. Warum das so ist, weiß ich aber nicht.  Vielleicht lesen Frauen nicht gerne über Männer, keine Ahnung. Wenn dem so ist, dann werden wohl auch nicht viele Frauen mein Buch mögen, daran kann ich dann aber auch nichts ändern.
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: felis am 06. Januar 2008, 21:29:38
@Lord Bane, dass Frauen nicht gerne über Männer lesen ist natürlich Quatsch - guck dir die vielen HdR Fans an und dass bei  nahezu auschließklich männlichen Protas.
Ich kann dir zumindest sagen, warum ich Moorcock nicht ausstehen kann: wegen seiner extrem klischeehaften Kreisch-/Dummerchen/Püppchen - Frauengestalten. Die spießigen 50er lassen grüßen...
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Ary am 06. Januar 2008, 21:45:24
Typische Frauen-Fantasy ist in meinen Augen Marion Zimmer Bradley. Mein Mann hat mal versucht, "Die Nebel von Avalon" zu lesen und hat es wieder weggelegt, ich habe das Buch gefressen. Ich habe einiges von ihr gelesen und das meiste hat mir gefallen (eine Ausnahme: "Die Matricharchen von isis" war selbst mir zu feministisch und dazu in meinen Augen noch männerdiskriminierend).
Moorcock... naja. Ich habe "Corum" gelesen, den ich bis auf teilweise doch recht heftige Selbstmitleidsschwelgorgien sehr gut fand. Elric hatte ich mal angefangen, dann aber wieder aufgehört, aber ich werde mich noch mal dransetzen, wenn ich mal wieder Lust auf ein über sechs Zentimeter dickes Buch habe. Momentan laufe ich vor diesen Wälzern eher davon.
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lord Bane am 06. Januar 2008, 22:17:00
Zitat von: felis am 06. Januar 2008, 21:29:38
@Lord Bane, dass Frauen nicht gerne über Männer lesen ist natürlich Quatsch - guck dir die vielen HdR Fans an und dass bei  nahezu auschließklich männlichen Protas.
Ich kann dir zumindest sagen, warum ich Moorcock nicht ausstehen kann: wegen seiner extrem klischeehaften Kreisch-/Dummerchen/Püppchen - Frauengestalten. Die spießigen 50er lassen grüßen...

Also Tolkien ist da nicht wirklich eine Alternative, oder? Noch blassere Frauenfiguren als in seinen Büchern kann man meiner Meinung nach gar nicht schreiben. Ich meine, asexualität ist ja gut und schön, aber bei Tolkien ist es irgendwo fast lächerlich wie ungreifbar alle weiblichen Wesen bei ihm doch sind.

Moorcock hat übrigens auch weibliche Hauptfiguren wie zum Beispiel die Söldnerin Katinka van Bak oder die Traumdiebin Oone. (Ist OT, aber ich musste das jetzt einfach loslassen).

@ Aryana

Ist sowas wie Moorcock, also Heroic Fantasy, wirklich Männer-Fantasy? Ich bin ganz überrascht, weil ich das nämlich noch nie so gesehen habe.
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Ary am 06. Januar 2008, 22:22:49
@Bane:
Das habe ich nicht behauptet. Du hattest nur geschrieben, dass Du keine Frau kennst, die Moorcock gern liest. :)

Ich würde heroic fantasy nicht allgemein als Männerfantasy bezeichnen, ich mag es selbst auch, wenn es heroisch und episch wird, solange die Autoren es nicht übertreiben (zu viel epische Breite und zu viele "Superhelden" sind öde). Hm, typische Männerfantasy... mir fällt so auf Anhieb nichts ein, was ich darunter fassen wüde.
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Linda am 06. Januar 2008, 22:24:25
Also wirklich, es ist mal wieder soweit, dass ich mich trotz drängender Termine noch mal zu Wort melden muss

@Lord Bane... dass Frauen nicht gern über Männer lesen ist, gelinde gesagt, Unfug. Andersherum wird ein Schuh daraus: so ist es im Jugendbuch-Bereich allgemein bekannt, das Mädchen alles mögliche lesen, auch typische "Jungenbücher", man aber Jungens so gut wie gar nicht zum Lesen von Büchern mit weiblichen Hauptfiguren bekommt.
Ausnahmen bestätigen da vielleicht die Regel.

Frauen beziehungsweise Mädchen mussten sogar lange Zeit in bestimmten Genres mit rein männlicher Besetzung vorlieb nehmen. In SF und Fantasy der 70er und 80er Jahren konnte man vernünftige Frauenfiguren mit der Lupe suchen. Klassische Abenteuerromane oder Thriller, sind heute noch ziemlich männerdominiert.  Und jetzt bitte nicht mit Lara Croft anfangen, Männerfantasien gab es als Heldinnen natürlich immer schon.
Ich bezweifle allerdings auch nicht, dass es Bücher gibt, die sich primär eher an ein Geschlecht (als Zielgruppe) wenden. Aber ich als Leserin entscheide in der Regel noch selbst, was mich interessiert und leiste mir den Luxus eines eigenen Geschmack unabhängig von Marketingsgesichtspunkten.

Und was Moorcock und seine Frauengestalten angeht, so gebe ich Felis Recht.
100 Prozent Zustimmung.
Nebel von Avalon hingegen fand ich ebenfalls eher langweilig.

Gruß,

Linda (die unter Garantie mehr Jungen- als Mädchenbücher im Kinderzimmer stehen hatte.  ;) )
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Ary am 06. Januar 2008, 22:29:48
Zitat@Lord Bane... dass Frauen nicht gern über Männer lesen ist, gelinde gesagt, Unfug. Andersherum wird ein Schuh daraus: so ist es im Jugendbuch-Bereich allgemein bekannt, das Mädchen alles mögliche lesen, auch typische "Jungenbücher", man aber Jungens so gut wie gar nicht zum Lesen von Büchern mit weiblichen Hauptfiguren bekommt.
Ausnahmen bestätigen da vielleicht die Regel.

Dem kann ich nur zustimmen - ich lese lieber Geschichten mit männlichen Hauptcharakteren, und ich schreie auch lieber männliche als weibliche Charaktere.
Als Jugendliche habe ich alles gelesen, was mir in die Finger kam, ganz egal ob "Jungenbuch" oder "Mädchenbuch" (wobei ich mit den "klassischen Mädchenbüchern" bis auf einige Ausnahmen nicht so viel anfangen konnte). ich lese immer noch, was mich interessiert, da ist mir das Genre ziemlich wurscht und auch, ob der Autor männlich oder weiblich ist - hauptsache, er/sie schreibt in meinen Augen gut und mir liegt der Stil.
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Linda am 06. Januar 2008, 22:38:21
@LordBane

Stichwort Rocker und Moorcock:

als kleine Abschweifungen zu Beginn, auch ich kenne keinen weiblichen Moorcock-Fan, dafür aber viele Leserinnen und Autorinnen die mit seinem Werk nichts anfangen können.

Ansonsten sehe ich die Musik als verbindendes Element zwischen den Rockern und Moorcock.
Moorcock selbst ist, soweit ich weiß, Musiker und hat in einer entsprechenden "Heavy"-Band (Nachtrag: Hawkwind) musiziert. Seine Geschichten und Figuren haben verschiedene Metal-Bands inspiriert. Musik spielt zudem in der Rockerszene eine große Rolle, da kann man Eins und Eins zusammenzuzählen denke ich.

Gruß,

Linda
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Feuertraum am 06. Januar 2008, 22:51:01
@ Linda: Dem kann ich zustimmen. Als Kind las ich lieber 5 Freunde als Hanni und Nanni, auch wenn es von derselben Autorin, Enid Blyton, stammt.

Ansonsten bin auch ich davon überzeugt, dass es unterschiedliche Zielgruppen gibt, wobei ich vorsichtig bin zu sagen, dass ich für eine spezielle Zielgruppe schreibe, auch wenn ich mal davon ausgehe, dass ich beim Einreichen eines Manuskriptes schon angeben sollte, welche Zielgruppe man mit dem Roman erreichen will.

LG

Feuertraum
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lord Bane am 06. Januar 2008, 22:59:13
@ Linda

Ah, die Dame kennt sich ganz gut aus  :jau:

Moorcock war zeitweise Gitarrist und Songschreiber für die britische Rockband Hawkwind. Hawkwind haben sogar ein Konzeptalbum über die Elric-Romane gemacht. Außerdem hat Moorcock noch Texte unter anderem für Blue Öyster Cult geschrieben, darunter Veteran Of The Psychic Wars. (Verlinken klappt irgendwie nicht mehr >:(, bitte selbst googeln)

Wie du merkst, kenne ich die Musikverbindung natürlich auch. Bin ja selbst so eine komische Rockertype ;) Ich frage mich aber, ob die Leute Moorcock wirklich nur wegen der Musik lesen oder ob doch etwas in der Thematik bestimmter Autoren auf bestimmte Personengruppen anziehend wirkt, was mich natürlich wieder zu meiner Grundfrage zurückbringt.

Nämlich, warum sich bestimmte Personengruppen von bestimmten Thematiken angesprochen fühlen und andere wiederum eher abgestoßen. Das wäre, glaube ich, für einen Autor wirklich interessant zu wissen.
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Linda am 07. Januar 2008, 01:17:02
@Lord Bane

ich habe vor (o Gott  :o) mehr als 15 Jahren einen Artikel zum Thema Fantasywerke und ihr Niederschlag in der Musik verfasst. Und da bleibt doch einiges hängen

Allgemein gehe davon aus, dass viele Heavys Moorcock kennen, weil das noch zum allgemeinen "Kanon" dieser Szene gehört. Für andere Fantasy gilt das nicht zwangsläufig. So könnte ich mir vorstellen, dass etwa China Mieville oder Tamora Pierce oder Jennifer Robersons Werke dort eher unbekannt sind. Sprich, viele Rocker kennen vermutlich mehr Fantasy-Titel als Herr und Frau Dutzend von der Straße. Aber wahrscheinlich aus dem Gebiet der heroischen Schwertschwinger und epischen Schlachtengemälde.

Als ergänzendes Beispiel möchte ich mal die Filk-Musiker-Szene bringen. Ich bin mir relativ sicher, dass die meisten mit dem Namen Mercedes Lackey etwas anfangen können, oder CJ Cherry gelesen haben oder Jennifer Roberson und Zimmer-Bradley.
Denn von den besagten Autorinnen wurde dort relativ viel Stoff vertont und ist daher in der Szene als Vorlage natürlich breiter bekannt.

Was die allgemeine Grundsatzfrage betrifft, so wird man wohl nie herausfinden können, wie der Geschmack letztlich unterscheidet und was Leser genau wünschen. Ein recht gutes Erkennungsmerkmal scheint mir jedoch der eigene Geschmack zu sein. Ich schreibe zum Beispiel Bücher die ich selbst gerne lesen würde und denke, damit spreche ich auch Leser an, die sich für ähnliche Autoren begeistern können wie ich.
Und ehe man sich zu viele Gedanken um eine genau ausdifferenzierte Zielgruppe macht, sollte man lieber erstmal die Energie darauf verwenden ein Werk fertig zu stellen und als solches zu optimieren. Das Etikett klebt dann schon der Verlag drauf wenn man ein gefunden hat ;-)

Gruß,
Linda
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lomax am 07. Januar 2008, 01:26:53
Zitat von: Lord Bane am 06. Januar 2008, 22:59:13Nämlich, warum sich bestimmte Personengruppen von bestimmten Thematiken angesprochen fühlen und andere wiederum eher abgestoßen. Das wäre, glaube ich, für einen Autor wirklich interessant zu wissen.
Hm, nein - warum? Eigentlich muss man nur wissen, was bestimmte Personengruppen anspricht - denn dann hat man ja alle Informationen, die man als Autor braucht, um diese Gruppen anzusprechen. Warum die Leser sich davon angesprochen fühlen ... das ist doch eine fast schon esoterische Frage. Ich weiß ja selbst oft nicht, warum mir genau das gefällt, was mir gefällt.
  Wie vermessen, das gleich für ganze Zielgruppen genauer durchschauen zu wollen ;)
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lavendel am 07. Januar 2008, 08:19:41
Esoterisch oder neurobiologisch, was vom spekulativen Anteil her sich wahrscheinlich nicht viel nimmt ;D.

Warum Jungs keine Mädchenromane lesen kann ich mir schon vorstellen. Erstens geht es in (neueren) Romanen für Mädchen häufig um Mädchen, die sich gegen Jungs. Die Thematik ist für Jungs wahrscheinlich eher uninteressant. Außerdem lernen Jungs vielleicht auch seltener als Mädchen sich mit dem etwas angstaubten Konzept von Männlichkeit zu identifizieren. Ganz vereinfacht (entschuldigt meine plakative Ader) Mädchen, die auf Autos stehen oder sich in Männerberufe trauen, denen klopft man auf die Schulter. Die haben was geschafft, die haben sich durchgesetzt. Toll (in dem Kontext von einem 'Mannsweib' zu sprechen ist da ja schon verpönt und fällt außerdem wahrscheinlich unters 'Antidiskrimminierungsgesetz'). Ein Junge, der reitet oder Ballet tanzt, keine Ahnung von Bohrmaschinen hat und sich zum Arzthelfer ausbilden lässt, der gilt bei manchen Leuten als Weichei und wird ausgelacht.
Zum Glück gibt es auch ein paar Maßnahmen, die sich darum Bemühen, Jungs zu emazipieren. Das wird jetzt aber auch langsam zu OT ::).

Zweitens findet man bei Frauenromanen auch die klassische Liebesgeschichte. Ich erinnere mal an gewisse Vampirromane, die auf unglaubliche Begeisterung bei Leserinnen unter 25 (geschätzt) stoßen. Sowas zu lesen ist für einen Mann genauso verpönt, wie Liebesfilme zu gucken, es sei denn aus Solidarität mit der Lebensgefährtin /Ehefrau. Hat irgendjemand schon mal eine Gruppe Männerkumpels zum heulen in einem Liebesfilm  gesehen? Wäre ja lächerlich. Ich will jetzt nicht behaupten, dass alle Männer sich im stillen Kämmerlein ärgern, dass sie entsprechende Bücher nicht lesen 'dürfen', weil das von der Gesellschaft verpönt ist. Ich will auch nicht behaupten, dass es keiner tut. Viele haben wahrscheinlich einfach kein Interesse daran. Genauso wie viele Frauen.

Und natürlich ist das Thema eigentlich viel komplexer, als man es hier darstellen kann und viel weniger pauschal, als ich es jetzt ausgedrückt habe.

Aber ja, ich vermute stark, dass sich das in den Verkaufzahlen an m oder w niederschlägt. (HdR zählt nicht, dass ist ein Klassiker)
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Cailin am 07. Januar 2008, 08:24:49
Zitat von: Lavendel am 07. Januar 2008, 08:19:41
Aber ja, ich vermute stark, dass sich das in den Verkaufzahlen an m oder w niederschlägt. (HdR zählt nicht, dass ist ein Klassiker)

gibt es diese Verkaufszahlen - oder die entsprechenden Statistiken zu dieser Diskussion - irgendwo, dass unsereins sie auch einsehen kann? (Dass man das in den Verlagen kann, ist wohl keine Frage.) Wäre doch mal hoch interessant, da einen  :buch: drauf zu werfen.
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Coppelia am 07. Januar 2008, 08:58:28
Ich denke auch, dass es eine Rolle spielt. Aber ich bin wahrscheinlich auch sehr geprägt, denn mein Vater ist der festen Überzeugung, dass Frauen nicht schreiben können. Daher liest er nur Bücher von Männern. Netterweise betont er immer, dass ich eine Ausnahme bin. ;) So albern das ist, vielleicht trifft es noch auf mehr Personen zu.

Ich mache mir daher immer ein wenig Sorgen, dass männliche Leser sich nicht für meine Bücher interessieren könnten, weil ich eine Frau bin. Aber ich frage mich auch, ob sie sich vielleicht einfach nicht für meine Themen interessieren. Dabei sind meine Geschichten auf jeden Fall für Männer und Frauen gedacht.
Und ich fürchte auch, dass man mir als Frau z. B. weniger zutraut, Geschichten über Krieg u. ä. zu schreiben. Mit meinem Coautor bin ich meist für "Frauenszenen" zuständig und er für "Männerszenen". Irgendwie muss man sich die Arbeit ja teilen, aber ich hab manchmal schon das Gefühl, wir urteilen da, vielleicht beide, nach Geschlecht und nicht nach Eignung.
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Nitewolf am 07. Januar 2008, 10:01:17
Ich denke auch, es ist ziemlich offensichtlich, dass verschiedene Fantasy-Subgenres sich z.T. erheblich unterscheiden und somit z.T. auch sehr unterschiedliche Leserschaften ansprechen, wobei es da immer Graubereiche und Übergänge gibt, sowie Leute, die sich für ganz verschiedene Dinge interesieren.
(Nur so nebenbei, meine Freundin hat alle Eternal Champion Geschichten gelesen aber, soweit ich weiss noch nie einen einzigen romantic Fantasy Roman.  ;D )

Ob sich allerdings als verkaufsorientierter Autor der psychologische, soziologische und marktanalytische Aufwand lohnt, diese Zusamnmenhänge genau zu untersuchen,  um deinen Roman auf eine Lesergruppe zu optimieren, wage ich zu bezweifeln. Da bringt es wohl wesentlich mehr, ihn auf die Genrekonventionen des speziellen Subgenres hin zu optimieren, das man gerade schreibt. Dann kann man auch davon ausgehen, dass er die entsprechenden Leser ansprechen wird.
Und man sollte gucken, welches Subgenre sich gerade am besten verkauft. Mit klassischem Sword & Sorcery werde ich heutzutage wohl schwerlich einen Bestseller landen, egal wie gut er ist - obwohl, vielleicht wäre es ja einen Versuch wert.  ;)
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lavendel am 07. Januar 2008, 10:32:34
Zitat von: Nitewolf am 07. Januar 2008, 10:01:17
Und man sollte gucken, welches Subgenre sich gerade am besten verkauft. Mit klassischem Sword & Sorcery werde ich heutzutage wohl schwerlich einen Bestseller landen, egal wie gut er ist - obwohl, vielleicht wäre es ja einen Versuch wert.  ;)


Ich denke, man sollte das schreiben, was man auch schreiben will. Ein Buch, das du schreibst, weil du meinst, dass es sich verkauft kann nie so gut sein, wie ein Buch, das dir persönlich wichtig ist. Das führt zwar vom Thema ab, aber das ist meine idealistische Meinung dazu.
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lord Bane am 07. Januar 2008, 10:34:05
@ Nitewolf

Wahrscheinlich hast Du Recht. Man sollte wohl einfach das, was man tut so gut wie möglich tun.  Michael A. Stackpole hatte mit "The Dark Glory War" übrigens gleich eine Reihe von Bestsellern und das ist in meinen Augen klassische Sword & Sorcery.
Mal sehen, wenn 2010 der Elric-Film endlich kommt und gut wird, dann ist Sword & Sorcery der alten Schule der neue Trend  ;D

@ Lavendel

Habe ich schon mal erwähnt, dass ich die Bücher von Anne Rice mag. Die meintest du doch, oder? ;D

Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: felis am 07. Januar 2008, 10:37:07
Zitat von: Lavendel am 07. Januar 2008, 08:19:41
Esoterisch oder neurobiologisch, was vom spekulativen Anteil her sich wahrscheinlich Mädchen, die auf Autos stehen oder sich in Männerberufe trauen, denen klopft man auf die Schulter. Die haben was geschafft, die haben sich durchgesetzt. Toll (in dem Kontext von einem 'Mannsweib' zu sprechen ist da ja schon verpönt und fällt außerdem wahrscheinlich unters 'Antidiskrimminierungsgesetz').
@Lavendel, Tut mir leid, aber aus meiner Praxis heraus als Frau in einem typischen Männerberuf muss ich leider sagen, dein Optimismus ist nicht gerechtfertigt. Ich erlebe beinahe täglich das Gegenteil!
Ich glaube schon, dass heroic Fantasy eine "Männerfantasy" ist, auch dass insbesondere das Avalonzeugs von MZB "Frauenfantasy" ist.
Dass es natürlich immer Ausnahm,en gibt, die die Regel bestätigen, (s. mein "Männerberuf)  ;) bleibt unbenommen.

Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lomax am 07. Januar 2008, 11:02:36
Zitat von: Coppelia am 07. Januar 2008, 08:58:28... mein Vater ist der festen Überzeugung, dass Frauen nicht schreiben können. Daher liest er nur Bücher von Männern.
Ach ne, wie süß! Ich dachte, so was gäb es heute gar nicht mehr ... nach all den Autorinnen, die vor hundert Jahren deswegen unter männlichem Pseudonym geschrieben und gezeigt haben, dass das Geschlecht des Schreibers auf weiten Strecken austauschbar ist. ;D
Zitat von: Coppelia am 07. Januar 2008, 08:58:28Ich mache mir daher immer ein wenig Sorgen, dass männliche Leser sich nicht für meine Bücher interessieren könnten, weil ich eine Frau bin.
Genre- und themenabhängig spielt diese Frage allerdings durchaus noch eine Rolle, auch wenn ich nicht mehr geglaubt hätte, dass es so pauschal vorkommt. Nicht umsonst schreiben im Genre der einfach gestrickten Liebesromane auch viele Autoren unter weiblichem Pseudonym - weil viele Leserinnen da einfach Vorbehalte haben, wenn der Autor ein Mann ist. Bei besonders "geschlechtsgeprägten" Genres kann das also noch eine relevante Frage sein. Allerdings denke ich, dass von solchen Ausnahmen abgesehen das Geschlecht des Autors insgesamt doch eher unter "marginale Verzerrungen" fällt als unter "distinktives Merkmal bei der Zielgruppenansprache".
  Ich beispielsweise habe festgestellt, dass ich bei einem bekannt "männlichen" Thema häufiger Vorbehalte gegen gewisse Autoren entwickle - nämlich immer dann, wenn es um die Darstellung militärischer Strukturen und Szenarien geht. Lustigerweise sind es da selten Autorinnen, bei denen ich stolpere, nach dem Motto "Frauen haben von so was halt keine Ahnung", sondern eher Autoren, bei denen ich den Eindruck habe: "Oh Mann, da tropft der eigene Zivildienst ja aus jeder Zeile".
  Manche Autoren sollten also vermutlich wirklich nicht über gewisse Themen schreiben, weil sie dazu überhaupt keinen Draht haben. Und viele Leser werden gewisse Mängel des Autors stets mit gewissen persönlichen Eigenschaften zu begründen versuchen, die sie dem Autor zuschreiben - sei es das Geschlecht, sei es etwas anderes. Aber diese Zuschreibungen dürften genauso individuell sein, wie Spekulationen über die Beweggründe des Lesers, und ich glaube nicht, dass es sich lohnt, wenn der Autor sich zu viele Gedanken darüber macht, wie sich solche Dinge - also sein Geschlecht, aber auch seine sexuelle Ausrichtung, Krankheiten, biographische Details und was auch immer - auf seine Zielgruppenansprache auswirken.
  Ausgenommen natürlich jeweils einzelne Subgenres mit besonderer Affinität zu gerade einem Detail - da kann es dann durchaus zum Marketing gehören, die Darstellung des Autors zurechtzubiegen.
 
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: felis am 07. Januar 2008, 11:15:43
Ich möchte mal noch einen neuen Aspekt in die Diskussion werfen: Ist euch eigentlich aufgefallen, dass die erfolgreichste Fantasy derzeit ursprünglich für Kinder verfasst wurde? Von Harry Potter über Tintentod + Co. bis Artemis Fowl  - fast alles, was es an Fantasy in die Spiegel - Bestsellerliste schafft, ist Kinderfantasy. (Derzeit übrigends 7! Titel)  ;) Sozusagen ein Zielgruppe verfehlt im Positiven?

Warum eigentlich?
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lisande am 07. Januar 2008, 12:26:29
Zitat von: felis am 07. Januar 2008, 11:15:43
Ich möchte mal noch einen neuen Aspekt in die Diskussion werfen: Ist euch eigentlich aufgefallen, dass die erfolgreichste Fantasy derzeit ursprünglich für Kinder verfasst wurde? Von Harry Potter über Tintentod + Co. bis Artemis Fowl  - fast alles, was es an Fantasy in die Spiegel - Bestsellerliste schafft, ist Kinderfantasy. (Derzeit übrigends 7! Titel)  ;) Sozusagen ein Zielgruppe verfehlt im Positiven?

Warum eigentlich?

Meinst Du die Frage "warum eigentlich", warum die Zielgruppe im Positiven verfehlt wurde? Ich halte Harry Potter - und eigentlich auch die Tintenwelt - nicht wirklich für Kinderbücher. Jugendbücher, ja. Kinderbücher - definitiv nein. Aber sie sind auch für Erwachsene ansprechend, weil sie eben keine heile Welt vorgaukeln und sehr interessante und zum Teil auch sehr tiefe Charaktere haben.
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Linda am 07. Januar 2008, 12:28:28
@felis

dafür gibt es heute die Zielgruppe der "All ager", die von jung bis alt 'alle' anspricht. Harry P. ist dafür das beste Beispiel. Und neben den Völkerromanen ist es tatsächlich das, was im Augenblick recht gut ankommt.
Warum? Vielleicht weil es nicht zu extrem auf nur niedlich setzt oder alles harmlos optimistisch zeichnet, aber ausufernde Brutalitäten auslässt? Offen gesagt habe ich keine Ahnung.

Gruß,

Linda
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Nitewolf am 07. Januar 2008, 12:28:55
Zitat von: Lord Bane am 07. Januar 2008, 10:34:05
Mal sehen, wenn 2010 der Elric-Film endlich kommt und gut wird, dann ist Sword & Sorcery der alten Schule der neue Trend  ;D

Hah! Darauf freu ich mich schon!
Ich bin ja 1000%-ig begeistert davon, dass z.Zt. so viel Fantasy ins Kino kommt, aber wenn's ab und an etwas erwachsener dabei zugehen würde, wär ich schon froh.

@Lavendel
Vom rein ideologischen Standpunkt aus bin ich natürlich vollkommen deiner Meinung. 1. solltem man schreiben um des Schreibens willen, nicht um des Verkaufens willen. 2. wird ein persönlich motiviertes Buch sicher literarisch wertvoller, als ein kommerziell motiviertes.

Aber darum den ging es mir grade nicht, sondern eben um die Publikumswirksamkeit. Und die deckt sich nicht unbedingt mit dem Wert eines Machwerks, sondern hängt vor allem an der handwerklichen Perfektion, mit der Lesererwartungen bedient werden, so traurig das sein mag.
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Linda am 07. Januar 2008, 12:38:07
Zitat von: Lord Bane am 07. Januar 2008, 10:34:05
@ Nitewolf
@ Lavendel

Habe ich schon mal erwähnt, dass ich die Bücher von Anne Rice mag. Die meintest du doch, oder? ;D

ich denke eher, sie meint Stephanie Meyers Reihe "Biss zum Heulkrampf" (äh Morgenrot), die die Liebesgeschichte extrem auswalzt mit kapitellangem Anschmachten (mögen die Mädels von heute das? Ich hab das mit 16 zu lesen gehasst und mag es immer noch nicht) und mit klinisch reinen Vampiren aufwartet. Schade, nen paar gute Ideen sind drin. Aber diese Umsetzung ...

Gruß,

Linda
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Feuertraum am 07. Januar 2008, 12:45:17
@ Linda: Die "Biss zum..."-Reihe ist bei Buchticket eine jener Reihen, die mittlerweile bei Buchticket von an die 65 Suchenden bei Suchaufträge angegeben ist. Tendenz steigend.
Jedes "Produkt" hat so seine Fans - sogar Tokio Hotel...
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Warlock am 07. Januar 2008, 15:11:17
Eine gute Freundin von mir liest NUR Orks, Metzeln, etc. - sie würde sich eher von einer Klippe stürzen, als eine Liebesgeschichte auch nur anzufassen.

Daher bin ich de Meinung das das alles vom Charakter abhängt.
Du bist, was du liest - sagte mal ein berühmter Schriftsteller (ich, habe ich mir ausgedacht ;D ). Ich denke, dass die Bücher die man liest, den Charakter/die Person widerspiegeln. Wenn man gerne Historisches liest, ist man vom Wesen her ein Mensch, der gerne in die Vergangenheit reist. Wenn man lieber Schnuzeln liest, ist man eben ein Sensibelchen oder um es besser auszudrücken, sehr feinfühlig. 
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Antigone am 07. Januar 2008, 15:33:14
Zitat von: Warlock am 07. Januar 2008, 15:11:17
Ich denke, dass die Bücher die man liest, den Charakter/die Person widerspiegeln. Wenn man gerne Historisches liest, ist man vom Wesen her ein Mensch, der gerne in die Vergangenheit reist. Wenn man lieber Schnuzeln liest, ist man eben ein Sensibelchen oder um es besser auszudrücken, sehr feinfühlig. 

Also, soooo einfach kann es ja nun auch nicht sein, oder? Sonst müssten ich mir ernsthafte GEdanken über meine Sicherheit machen, falls mein Partner mal "Hannibal rising" oder sowas liest. Da täten sich doch Abgründe auf, wenn der durchschnittliche Thriller oder Krimi oder auch Fantasy-GEmetzel-Roman den Charakter seines Leser widerspiegelte.

GEnauso gut könnte man ja behaupten, man sucht in seiner Lektüre genau das Gegenteil von dem, was man ist, eben, um seine andere SEite zumindest in seiner Phantasie auszuleben. Aber auch der Ansatz wäre mir zu plump, zu einfach.

Warum überhaupt dieses Schubladendenken? Romanzen für Frauen, GEmetzel für Männer, HP für Kinder....??? Die Abwechslung ist doch das schöne.

Ich jedenfalls könnte mich in keine Zielgruppe einordnen, ich lese absolut querbeet, hatte meine Moorcook-Phase ebenso wie meine MZB-Phase, mag Romanzen, mag Gemetzel (am besten, gleichzeitig), und wer weiß, was ich morgen lesen werde.

Lg, A.
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Warlock am 07. Januar 2008, 16:50:07
Zitat von: Antigone am 07. Januar 2008, 15:33:14
Warum überhaupt dieses Schubladendenken? Romanzen für Frauen, GEmetzel für Männer, HP für Kinder....??? Die Abwechslung ist doch das schöne.

Das will ich doch gerade klar machen. Weil jeder sich für etwas Anderes interessiert, kann man den Menschen nicht in eine Zielgruppe einordnen. Das ist genauso, wie bei den Filmen oder bei den Hobbys.
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Shay am 08. Januar 2008, 07:10:15
Ich denke scho, daß es solche Zielgruppen gibt. Daneben gibt es aber auch irgendwie typische Phasen in der Karriere eines Fantasy-Lesers. Hohlbein und die erwähnten Völker-Romane sind in meinen Augen typische "Einsteiger-Bücher". Harry Potter wird auch viel als Einstieg gelesen, hat aber auch viele Anhänger unter den "Fortgeschrittenen".

Ich meine, es ist schon klar, daß man als blutiger Anfänger in Sachen Fantasy mit dem Zeugs anfängt, was einen größeren Bekanntheitsgrad hat. Aber es fällt eben auf, daß es Bücher gibt, die man später eher als Jugendsünde betrachtet und andere, die zu einer lebenslangen Passion werden, egal wieviel andere Fantasy-Bücher man mittlerweile gelesen hat (Tolkien hat diesen Stellenwert für viele)
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lord Bane am 08. Januar 2008, 17:08:19
Ich habe auch mit Hohlbein angefangen und irgendwann wieder aufgehört. Eigentlich schade, dass der Leser sich weiterentwickelt aber der Autor nicht.  :(

Fassen wir kurz zusammen: Es gibt unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy und die orgenisieren sich nach den Vorlieben der Leute, die bestimmten sozialen Gruppen angehören. Der Autor muss sich also überlegen, welche Zielgruppe er bedienen will oder - da er selbst ja auch irgendeiner Zielgruppe angehört  ;)- schreibt das, was er selbst und damit die Zielgruppe, der er angehört, gerne lesen würde.


Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Moni am 09. Januar 2008, 11:54:20
Zitat von: felis am 06. Januar 2008, 20:38:02
Ich würde mal sagen, wenn übvwrhaupt schreibt M. ausgersprochene Männer - Fantasy. Ich kenne keine einzige Frau, die das Zeug gerne liest (Wahrscheinlich widerspricht mir hier sofoort eine...) ;)

Der Grund weshalb ich Moorcock nicht lese, ist das der Stil einfach grottig ist. Ich habe selten Fantasy gelesen, die so sehr an schlechtem Stil krankt, wie z.B. Elric. Die Charaktere sind eigentlich durchaus interessant und ich würde es gerne lesen, aber nach mehr als 5 Seiten mußte ich das Buch jedesmal beiseite legen.
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: zDatze am 09. Januar 2008, 23:46:43
Von Moorcock hab ich den 3.Band der Elric-Saga gelesen und anscheinend nicht als schlecht empfunden, weil ich mir die ersten beiden Bücher nachbestellt habe. Das ist schon ein Zeitchen her, aber ich kann mich erinnern, dass ich den 1.Band nach ein paar Seiten weggelegt habe weil er mir einfach nicht zugesagt hat.

Zitat
Zitat von: Moni am 09. Januar 2008, 11:54:20
Der Grund weshalb ich Moorcock nicht lese, ist das der Stil einfach grottig ist. Ich habe selten Fantasy gelesen, die so sehr an schlechtem Stil krankt, wie z.B. Elric. Die Charaktere sind eigentlich durchaus interessant und ich würde es gerne lesen, aber nach mehr als 5 Seiten mußte ich das Buch jedesmal beiseite legen.

Bei mir war es auch eindeutig der Stil, wobei ich sagen würde es war mir zu direkt geschreiben. Es hat mir einfach das Erzählerische gefehlt.

Ansonsten lese ich auch nicht nur in eine bestimmte Richtung, wobei ich aber manche Autoren aus stilischen Gründen meide. Was dann aber nicht automatisch mit einer bestimmten Zielgruppe gleichzusetzen ist.
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Antigone am 10. Januar 2008, 09:16:42
Moorcook hab ich nur gelesen, weil es damals (also in grauer Vorzeit  ;D) in der Bücherei einfach nichts anderes zum Thema Fantasy gegeben hat. Eines seiner bücher - keine Ahnung, welches, es war das rund um den Herzog von Köln - hab ich jetzt vor kurzem noch mal gelesen, aber gefallen hats mir nicht. Eine relativ wirre Aneinanderreihung von Gewaltszenen und verschiedensten Existenz-Zeit- und Bewusstseinsebenen.

Lg, A.
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Nitewolf am 10. Januar 2008, 09:27:27
Bei mir ist es ca. 18 Jahre her, dass ich die Etarnal Champion Bücher gelesen habe. Keine Ahnung, wie ich sie damals stilistisch fand, da war ich vielleicht auch noch nich so verwöhnt. Aber ich fand Storrys, Settings und Stimmung extrem geil, vor allem bei Elric.

Was diesen ganzen Kinder- und Jugendfantasy angeht, so ist das ein Phänomen, vor dem ich völlig fassungslos stehe. Ich mochte schon als Jugendlicher keine Jugendbücher und daran hat sich mit dem Erwachsenwerden auch nix geändert - halt - ich bin ja gar nicht erwachsen geworden! Daran liegt's wohl. Mir fehlt einfach die nötige Reife, Jugendbücher zu verstehen  ;D
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lavendel am 10. Januar 2008, 10:37:38
Um damit mal einen Bogen zurück zum Thema zu schlagen: Mit den Jugendbuchtiteln, die Linda als All-ager zusammengefasst hat, ist das so eine Sache. Ich kann jetzt natürlich nur auf Basis meiner eigenen Erfahrungen argumentieren, aber ich habe den Eindruck, dass diese Titel von Jugendlichen zwischen 14 und 18 ziemlich seltener gelesen werden. Von jüngeren Heranwachsenden, wie man so schön sagt, und von Erwachsenen - den habe ich, weil das in meinem eigenen Freundeskreis so war und weil es bei meinen Geschwistern (habe drei in dem Alter) und ihren Freunden ähnlich ist (HP ausgenommen. Das liest ja jede/r). Sollte meine nähere Umgebung wirklich repräsentativ sein, würde das bedeuten, dass viele Titel an ihrer eigenen Zielgruppe 'vorbeigehen'. Mir jedenfalls erscheint das insofern einleuchtend, dass man grob ab 14 immer erwachsener sein will, als man eigentlich ist. Das schlägt sich dann wohlmöglich auch im Leseverhalten nieder. Sprich, man nimmt sich eher Romane für Erwachsene vor. Außerdem sind in dem Alter Liebe und Sexualität ja doch Recht große Themen. Und gerade das wird in Jugendbüchern immer brav ausgeklammert, wenn überhaupt nur ganz verschwommen angedeutet. Mich würde ja mal interessieren, ob ihr ähnliche Beobachtungen gemacht habt.

Die Jugendfantasy, die zurzeit auf dem Markt ist, zeichnet sich dadurch aus, dass sie zum Großteil nicht so einfallslos ist, wie das was im Fantasyregal für 'Große' steht. Darum vielleicht auch die Bestsellerlistenplätze. (?)
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lomax am 10. Januar 2008, 14:45:54
Zitat von: Lavendel am 10. Januar 2008, 10:37:38Mit den Jugendbuchtiteln, die Linda als All-ager zusammengefasst hat, ist das so eine Sache. Ich kann jetzt natürlich nur auf Basis meiner eigenen Erfahrungen argumentieren, aber ich habe den Eindruck, dass diese Titel von Jugendlichen zwischen 14 und 18 ziemlich seltener gelesen werden.
Nein. Echte "All Ager" werden eben nicht als Jugendbuch vermarktet. Ein wesentliches Unterscheidungskriterium ist beispielsweise, dass es im "All Ager" in der Regel eben keine betont "altersgruppenentsprechende" Hauptfiguren gibt. Natürlich gibt es auch Jugendbücher, die vielseitig genug sind, um auch Ältere anzusprechen, aber der klassische "All Ager" ist eigentlich genau das Gegenteil: Ein Buch, das aussieht wie ein Buch für Erwachsene, aber betont alles ausklammert, womit ein jüngere Publikum womöglich nicht zurechtkommt.
  Und das sind genau die Bücher, die man in der Regel ab 14 anfängt zu lesen - wenn man dann überhaupt noch breit liest und nicht wieder in eine andere, altersgerecht zugeschnittene Zielgruppensparte rutscht, beispielsweise in die "Problembücher", die wiederum gezielt "Themen für Heranwachsende" zu bringen versuchen.

Harry Potter ist in dem Zusammenhang schwer einzuordnen, denn die Hauptfiguren sind ja mitgealtert, so dass die letzten Bände eigentlich keine klassischen Kinder-/Jugendbücher mehr sind. An Harry Potter sieht man eigentlich, wie sich der fließende Übergang vom Jugendbuch zum "All Ager" gestaltet ;)
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Cailin am 10. Januar 2008, 15:06:56
Zitat von: Lomax am 10. Januar 2008, 14:45:54
Nein. Echte "All Ager" werden eben nicht als Jugendbuch vermarktet. Ein wesentliches Unterscheidungskriterium ist beispielsweise, dass es im "All Ager" in der Regel eben keine betont "altersgruppenentsprechende" Hauptfiguren gibt. ... der klassische "All Ager" ist eigentlich genau das Gegenteil: Ein Buch, das aussieht wie ein Buch für Erwachsene, aber betont alles ausklammert, womit ein jüngere Publikum womöglich nicht zurechtkommt.
 

hm ... Und welche Titel würden dann Beispielsweise für dich unter die All Ager fallen?
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lomax am 10. Januar 2008, 18:21:15
Zitat von: Cailin am 10. Januar 2008, 15:06:56hm ... Und welche Titel würden dann Beispielsweise für dich unter die All Ager fallen?
Der "All Ager" ist eher ein Ideal als ein fest zu umreißendes "Subgenre". Deshalb zieht, wenn es konkret wird, auch jeder Verlag und jede Agentur die Grenzen ein wenig anders. Als grobe Richtlinie kann man wohl den Vergleich mit den typischen "Hollywood-Familienfilmen" heranziehen - also Bücher, die sich nicht gezielt an eine spezielle Altersschicht wenden, die versuchen, für jeden etwas zu bieten aber nichts in dem Maße, dass es für irgendwen ein Problem darstellen würde.
  Mit aller gebotenen Vorsicht würde ich mal sagen, dass eigentlich ein großer Teil der heute erfolgreichen Fantasy aus "All Agern" besteht, beispielsweise auch Völkerromane wie "Die Zwerge" etc. Um das genau zu beurteilen, müsste ich sie gelesen haben - aber alles, was ich bisher darüber gehört habe (und insbesondere auch Kritiken zu den Punkten, die in den Büchern nicht zu finden sind), deuten darauf hin.
  Klassische "All Ager" wären auch Entwicklungsromane um einen nicht betont jugendlichen/kindlichen Protagonisten - "Die Sieben Zitadellen" würde mir da als charakteristischer Klassiker einfallen; ein "All Ager" im positiven Sinne.
  Alles, was ich bisher geschrieben habe, waren auch "All Ager" - was wohl auf alle DSA-Romane zutrifft (oder zutreffen sollte, denn ich kenne sie natürlich längst nicht alle), und auch so ziemlich alle Media-Romane sind so angelegt (also nicht nur Rollenspielromane, sondern auch die Begleitbücher zu Star Trek, Star Wars etc.).

Damit jetzt nicht der Eindruck entsteht, alle Unterhaltungsbücher, die keine expliziten Jugendbücher sind, wären "All Ager", will ich auch noch ein paar Gegenbeispiele nennen: Unter den von mir schon als Lektor betreuten Titeln und Autoren würde ich u.a. China Mieville, Neal Asher und Justina Robson definitiv nicht als "All Ager" einschätzen - zumindest, was die meisten ihrer Romane betrifft. Wobei es vermutlich kein Zufall ist, dass die beiden letztgenannten Autoren SF-, keine Fantasyschreiber sind, und Mieville auch eher von der SF-Szene adoptiert wurde als von den Fantasylesern.
  In der Fantasy ist es tatsächlich schwer, sich von der Kernzielgruppe eines jungen Publikums fortzubewegen. Und, ja - Harry Potter ab Band drei dürfte wohl tatsächlich das Idealbild eines "All Agers" sein, das dem Verlagsmarketing vor Augen steht. Zumindest, was das Verkaufspotenzial dieser "Buchklasse" angeht ;D
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lord Bane am 10. Januar 2008, 18:43:50
@ Lomax

Und ich hielt Mieville immer für Urban Fantasy  ???, aber solche scharfen Kategorisierungen sind wahrscheinlich ohnehin Blödsinn.

Ich weiß auch nicht, ob Fantasy sich im Kern an ein jüngeres Publikum richtet. Sicher ist das bei Harry Potter und ähnlichem der Fall, aber ich kenne genug Bücher, die, falls sie einmal werkgetreu verfilmt würden, wahrscheinlich den Aufkleber "Ohne Jugendfreigabe" bekämen. Ed Greenwood ist da so ein Kandidat oder Glen Cook und David Gemell. Der von mir so geschätzte Mr. M. zieht manchmal auch recht kräftig vom Leder. (Wenn Elric werkgetreu verfilmt wird, dann sieht das aus wie 300 auf LSD )

Wenn ich allerdings genauer darüber nachdenke, dann weiß ich nicht mehr, was nun als "All Ager" gelten sollte. Als Autor ist es mir schlicht und einfach nicht möglich, eine Sex- oder Gewaltszene zu schreiben, die die Kiddies im Internet nicht schon wesentlich härter gesehen hätten.
Und ich denke auch nicht, dass Jugendliche sich von sogenannten "harten" Szenen in Büchern abschrecken lassen. Da ist, wie bei Filmen, wohl eher das Gegenteil der Fall.
Demnach darf meiner Einschätzung nach alles, was kein explizites Kinderbuch ist alles. Ab 12 kaufen die Kinderschen sich die Bücher ohnehin selbst, so dass die Vermarktung auch keine Rücksicht mehr auf manchmal empfindlichere Elterngeschmäcker nehmen muss  8).
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lomax am 10. Januar 2008, 18:58:46
Zitat von: Lord Bane am 10. Januar 2008, 18:43:50Und ich hielt Mieville immer für Urban Fantasy  ???
Wie gesagt - "All Ager" ist keine Genre- oder auch nur Subgenrebezeichnung (auch wenn beides Einfluss auf die Zielgruppenansprache hat)! Eine Aussage dazu, ob Mieville "All Ager" schreibt, sagt gar nichts darüber aus, was für einem Subgenre seine Geschichten zuzuordnen sind. "Perdido Street Station" könnte "Urban Fantasy" sein und ein "All Ager", es kann aber auch "Urban Fantasy" sein und kein "All Ager".
  Man könnte also sagen, wenn Bücher Tiere wären und das Subgenre die Tierart bezeichnet, dann entspräche die Altersgruppenzuordnung der Farbe des Tiers ;)
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lomax am 10. Januar 2008, 19:12:30
P.S.:
Zitat von: Lord Bane am 10. Januar 2008, 18:43:50Ich weiß auch nicht, ob Fantasy sich im Kern an ein jüngeres Publikum richtet. Sicher ist das bei Harry Potter und ähnlichem der Fall, aber ich kenne genug Bücher, die, falls sie einmal werkgetreu verfilmt würden, wahrscheinlich den Aufkleber "Ohne Jugendfreigabe" bekämen. ... Als Autor ist es mir schlicht und einfach nicht möglich, eine Sex- oder Gewaltszene zu schreiben, die die Kiddies im Internet nicht schon wesentlich härter gesehen hätten.
Du hast natürlich Recht. Mit beiden Aussagen: Natürlich gibt es auch Fantasy, die nicht "familienfreundlich" ist, und natürlich kann es durchaus sein, dass auch ein jüngeres Publikum die Sachen "cool" findet, die eigentlich nicht für sie bestimmt sind - und diese Dinge auch besorgen könnte.
  Trotzdem sieht der Alltag anders aus. Die meiste Fantasy ist ein wenig zurückgenommen und wird für "junge Erwachsene+" gestaltet. Und die meisten Verlage achten darauf, gewisse Dinge nicht zu tun, wenn sie mit einem Buch als Kernzielgruppe junge Erwachsene mit der Option auf ein möglichst breites Zusatzpublikum ansprechen wollen. Und dabei geht es nicht mal unbedingt nur um explizite Sex- und Gewaltdarstellungen, sondern auch um andere Dinge, bei denen man davon ausgehen kann, dass sie bestimmte Altersgruppen überhaupt nicht interessieren. Die "Oma-Verschenkfähigkeit" ist allerdings tatsächlich eher ein Merkmal von Jugendbüchern  ;)
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lord Bane am 10. Januar 2008, 19:32:20
Zitat von: Lomax am 10. Januar 2008, 19:12:30
Und dabei geht es nicht mal unbedingt nur um explizite Sex- und Gewaltdarstellungen, sondern auch um andere Dinge, bei denen man davon ausgehen kann, dass sie bestimmte Altersgruppen überhaupt nicht interessieren.

Das interessiert mich jetzt aber wirklich. Was sind das denn für Dinge? ???
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Shay am 10. Januar 2008, 21:44:58
ZitatDie "Oma-Verschenkfähigkeit" ist allerdings tatsächlich eher ein Merkmal von Jugendbüchern
Hihi, genau dabei haben sich meine Eltern ein paar Mal kräftig vertan. Das Buch mit den übelsten Sex- und Gewaltdarstellungen war ein Geschenk von ihnen und auch dasjenige, mit dem die Aufklärung meines Freundeskreises stattfand. Wir haben uns damals - ganz offiziell - in meinem Baumhaus getroffen, um uns gegenseitig aus Büchern vorzulesen. Das meiste wurde dann aber aus Gary Jennings "Azteke" vorgelesen, das meinen Eltern als vorzüglicher historischer Roman verkauft wurde. War es auch, aber sie hatten eben vergessen, daß der Empfänger noch keine 12 Jahre alt war ;-)
Aber bei dem Tempo, mit dem ich die Buchstaben verschlungen habe, waren wohl einige Fehlgriffe nicht zu vermeiden.

[/OT]
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Lomax am 10. Januar 2008, 21:48:17
Zitat von: Lord Bane am 10. Januar 2008, 19:32:20Das interessiert mich jetzt aber wirklich. Was sind das denn für Dinge? ???
Ganz unspektakulär ;): Typische Pubertätsprobleme wie allgemeiner Weltschmerz, keiner-versteht-mich, erste Liebe etc.; oder, an der anderen Seite des Spektrums: Eheschwierigkeiten, Altersprobleme und Probleme mit dem Älterwerden, Familienkrams ... Es gibt ganze Bücher, die auf genau solchen Fragen aufgebaut sind und darin schwelgen. In einem "All Ager" kommen sie entweder nicht vor, oder sie werden nur angerissenen - in homöopathischen Dosen eingestreut, nett in eine Nebenhandlung verpackt und aus der Distanz dargestellt.
  Oft sind es auch nicht konkrete Themen, die vermieden werden, sondern Arten der Darstellung: Ein gewisser zynischer, trockener Ton passt nicht zum All-Ager; die Darstellung einer Kindheit aus einer klaren erwachsenen Perspektive, als mystifizierender Blick zurück oder aus abgeklärter Distanz; akademische Hintergründe (sei es konkret, wie beispielsweise bei "Wissenschaftsthrillern", oder auch formal durch Sprache und Anspielungen im Text).

Kurz gesagt: Man vermeidet Dinge, die dem Text - sei es durch Erzählton oder Themenwahl - ein bestimmtes "Alter" verleihen. Denn dann würden Leser, die nicht zu diesem Alter passen, sich fremd darin fühlen und ausgeschlossen vorkommen.
Titel: Re: Unterschiedliche Zielgruppen innerhalb der Fantasy?
Beitrag von: Amber am 11. Januar 2008, 13:10:54
Es ist aber schon was dran, dass viele Romane für Jugendliche an ihrer Zielgruppe vorbeigehen. Ich hab da gerade einen Artikel zu im Börsenblatt gelesen. 14-16-jährige sind recht schwer zu erreichen, weil in dem Alter Bücher oft als 'uncool' gelten oder weil sie wie schon hier gesagt lieber Bücher für Ältere lesen, um sich älter vorzukommen oder sich tatsächlich schon älter fühlen (sie kommen ja auch eher in die Pubertät als vor 20 Jahren, und die Verlage müssen sich darauf erstmal einstellen). Die Trennlinie zwischen Jugend- und Erwachsenenbuch wird einfach immer unschärfer.
Angeblich hätte es auch was mit dem Jugendtrend in unserer Gesellschaft zu tun, dass so viele Erwachsenen zu Jugendbüchern greifen.
Ich persönlich hab das schon immer getan und werde es sicher auch weiterhin ;)