Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Das Sprachbastelboard => Thema gestartet von: Ary am 05. Dezember 2007, 16:34:15

Titel: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Ary am 05. Dezember 2007, 16:34:15
Hi Leuts,

da dieses Thema gerade mal wieder im Federfeuer diskutiert wird, würde es mich auch interessieren, wie der Tintenzirkel darüber denkt.
"Füllwörteritis" und "Adjektivitis" - die dem (Hobby)-Autoren mit am häufigsten diagnostizierten Stilkrankheiten.
Wie denkt ihr darüber? Ist jedes Füllwort ein "Bloß nicht!" und jedes Adjektiv gleich eine Todsünde?
Wie haltet ihr es, wenn ihr etwas aus was auch immer für Gründen sehr detailliert beschreiben/darstellen/zeigen wollt oder müsst?

Auf in den Kampf! :)
Aryana
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Felsenkatze am 05. Dezember 2007, 16:48:05
Na ja, ich bin kein völliger Adjektivgegner. Ich glaube aber auch nicht, dass jedes Hauptwort eine nähere Beschreibung braucht. Meistens versuche ich, ein ausgewogenes Gleichgewicht in meinen Texten zu halten, wobei ich zugeben muss, dass ich gerade in der Fantasy dazu neige, etwas tiefer in die Adjektivkiste zu greifen. Man hat eben diese schicken bunten Welten, die man ja irgendwie illustrieren muss.
Einen Fantasytext mit Minimalbeschreibungen fände ich - glaube ich - langweilig und trocken zu lesen. Wenn ich aber bei jedem Hauptwort mindestens ein Adjektiv finde, fällt mir das auch unangenehm auf. Dann habe ich den Eindruck, der Autor hat entweder nicht viel zu sagen und muss Worte schinden, oder er möchte mich mit seiner Schilderung in eine bestimmte Denkrichtung zwingen, was ich nicht gerne habe. Vor allem wertende Adjektive mag ich nicht so gerne. Es ist ja ein Unterschied, ob ich schreibe:

"Der große, unsympathische Mann wartete am Ende der finsteren und beängstigenden Gasse"

oder

"Der große Mann wartete am Ende der finsteren Gasse".

Ich möchte beim Lesen einfach gerne selber entscheiden, ob ich den Mann sympathisch finde, oder nicht. Ein guter Autor kann ja auch auf andere Weise zeigen, wie der Charakter so drauf ist.

Wenn ich etwas sehr genau beschrieben brauche, frage ich mich oft zuvor, ob es wirklich WICHTIG ist, dass der Leser bis ins Kleinste weiß wie das Ding/die Situation/die Person aussieht. Wenn ja, dann spare ich auch nicht mit Adjektiven.

Bei Füllwörtern versuche ich spätestens beim Überarbeiten mindestens auf ein Viertel einzudampfen. Ganz verzichten geht nicht, manchmal ist ein richtig gesetztes "nur" entscheidend für einen Satz, aber spätestens wenn mehrere hintereinander auftauchen, sollte man sich fragen, ob man da nicht was weglassen kann.
In Dialogen dürfen sie allerdings etwas häufiger vorkommen, finde ich.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lavendel am 05. Dezember 2007, 17:21:35
Jaja, kenn ich. Hat Maja mir schon bescheinigt, die Adjektivitis oder Adverbatose ::). In manchen Passagen muss ich beim Überarbeiten noch mal kräftig streichen.

Ich will aber auch nicht auf mein flackerndes Fackelzwielicht verzichen, also werde ich wohl ein paar drin lassen^^.

Ein bisschen kommt es natürlich auch auf den Stil an. Aber übertreiben sollte man es nicht. Drei Adektive in einem Satz sind zuviel, denk ich.
Was (in den meisten Fällen, Ausnahmen gibts es immer) gar nicht geht, sind Aufzählungen von Adjektiven "Der große, schwarzhaarige Mann" oder so. Das finde ich echt furchtbar. Je mehr Adjektive, desto schlimmer.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lomax am 05. Dezember 2007, 18:19:43
Zu diesem Thema wurde auch hier im Zirkel schon mal eine Webseite vorgestellt, die "Füllwörter" zählt. Interessant dabei waren besonders die Beispiele, was für Texte was für eine "Füllwortquote" erzielt haben. Dabei lagen erfolgreiche Romane keineswegs in einem niedrigen, sondern eher in einem mittleren Bereich. Die niedrigste Quote hatte der Text einer Nachrichtenagentur - also ein knochentrockener, reduzierter Sachartikel, den jeder Lektor sofort angewidert von seiner Türschwelle fegen würde, wenn er so was als Literatur angeboten bekäme.
  So sinnfrei das Progrämmchen selbst auch war - ich denke die Beispiele sagen sehr deutlich, worauf es bei "Füllwörtern" ankommt: Nicht auf das "möglichst wenig", sondern auf das "richtige Maß".

Bei Adjektiven ist es ähnlich. Wobei das "richtige Maß" je nach Zielgruppe recht unterschiedlich sein kann - was einer der Hauptgründe für Streitgespräche zum Thema ist, wenn nämlich die Diskussionspartner unterschiedliche "Idealleser" vor Augen haben und damit durchaus beide Recht haben können - wenn auch nicht beide in Bezug auf denselben Text ;) Im Zweifel ist es also wieder mal wichtiger zu wissen, für wen man schreiben will, als was von einem gewissen abstrakten Standpunkt her "gut" oder "böse" ... pardon, "schlecht" ist.
  Hinzufügen kann man noch, dass die Markterfahrung lehrt, dass der durchschnittliche Fantasyleser einen im Vergleich zur Hochliteratur eher "adjektivreichen" Stil bevorzugt. Es ist auf jeden Fall nicht "gut" für die Verkäufe, das zu ignorieren ... wobei die genauen Grenzen natürlich schwer in absoluten Zahlen zu quantifizieren sind und es im Zweifel am hilfreichsten ist, wenn man sich irgendwo zwischen seinen Mitbewerbern positionieren kann und diese dann als Maßstab nimmt, wenn man entscheidet, wie weit man persönlich den Gewürzstreuer aufdreht.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Antigone am 05. Dezember 2007, 21:22:47
Ich glaube, es ist richtig und wichtig, jedes Adjektiv zu streichen, das man nur irgendwie erwischen kann. Glaubt mir, auch so bleiben immer noch genügend drinnen... ;D Und ganz ähnlich ist es mit Füllwörtern, ich denke, die schleichen sich hinten wieder rein, wo man sie vorne gestrichen hat. Heimtückische kleine Biester...

Lg, A.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Coppelia am 05. Dezember 2007, 21:43:17
Ich glaube nicht, dass es darum geht, alle Adjektive und Füllwörter zu streichen, sondern überflüssige Wörter und auch Satzteile oder Sätze loszuwerden. Und da habe ich mir im Lauf der Zeit angewöhnt, die Sätze schon während des Schreibens daraufhin abzuchecken. Überflüssig sind nicht nur Adjektive und Füllwörter, sondern häufig auch Adverbien oder adverbiale Bestimmungen (ich sag nur: "Er drückte mit dem Finger auf den Knopf." "Er trug Lederstiefel an den Füßen.").
Wenn Adjektive nötig sind, um bestimmte Aspekte herauszuheben, die der Leser sonst nicht vor Augen hätte, sind sie auf keinen Fall überflüssig. Überflüssig sind sie da, wo das Beschriebene sowieso schon mit dem Adjektiv in Verbindung gebracht wird: "Ich kaufte Tomaten. Sobald ich zu Hause war, nahm ich die leuchtend roten Früchte aus meinem Einkaufskorb und schnitt sie in Scheiben." Oder wenn man schon x-mal betont hat, dass jemand schlank und schön ist ... ich les da ja immer wieder gern ein Buch, das Sätze verwendet wie: "Die schlanke schwarzhaarige Frau sah auf ihre kräftigen, wohlgeformten Finger." Das ist nicht nur überladen, sondern auch überflüssig, da der Leser längst weiß, dass die Frau schlank und schwarzhaarig ist. ;D

Als was definiert ihr denn Füllwörter?
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: DarkDreamer am 05. Dezember 2007, 21:59:30
Adjektive habe ich eine Zeit lang ebenfalls mehr als zu viel eingebaut, um ein möglichst genaues Bild abzuliefern. Nur lesen ließ es sich nicht mehr wirklich^^
Das richtige Maß zu finden ist da wirklich schwierig, zumal es auch darauf ankommt, was man gerade schreibt. Wenn die richtige Atmosphäre nötig ist, braucht es eben mehr Adjektive. Dann kommt es noch drauf an, wie der Chara die Atmosphäre aufnimmt. Nimmt er sie in allen Einzelheiten war oder bemerkt er sie nur am Rande. Wo der eine Leser sagt, dass ist zu viel, mag ein anderer vielleicht sagen, dass das so genau richtig ist.
Nur zu viele Adjektive sollten es dann wirklich nicht in einem Satz werden. Es muss auf ein erträgliches Niveau mit vielen Faktoren beschränkt werden, was wohl ein jeder anders empfindet. Von daher finde ich es sehr schwierig zu sagen, so und so muss das sein. Grob sagen könnte man vielleicht: Der Leser muss noch genug Raum für seine Fantasie haben und gleichzeitig muss auch alles wichtige enthalten sein (+ die einzelnen Faktoren), dass das (annähernd) richtige Bild entsteht. Eine Schablone ist da kaum möglich, wenn nicht sogar unmöglich.
Füllwörter sind Wörter, die meiner Meinung nach überflüssig sind. Wobei sich das im Laufe der Zeit natürlich verändern kann ;)
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Julia am 05. Dezember 2007, 22:04:07
Ich muss die Füllwörter jetzt einmal in Schutz nehmen, denn oft genug geben sie einem Satz erst seine Melodie und bringen die Geschichte "zum Klingen" (gerade wenn man den Text laut liest).
Ich habe jetzt spontan kein konkretes Beispiel, aber mir ist es beim Überarbeiten meiner Geschichte mehrfach passiert, dass ich ein Füllwort gestrichen hatte, weil es im Grunde an dieser Stelle überhaupt nicht notwendig war, und es beim nächsten Durchlesen sofort wieder reingenommen habe, weil der Satz ohne das Füllwort einfach nur langweilig und seelenlos geworden war.
Deshalb bin ich für mich inzwischen davon abgekommen, auf Teufel komm raus alle Füllwörter zu streichen. Zuviel ist allerdings auch lästig - ich denke, auch hier macht die Dosis das Gift.

Liebe Grüße,

Julia
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: gefion am 06. Dezember 2007, 09:22:55
Eigentlich ist in diesem Thread schon so viel Gutes gesagt worden, da kann ich mich fast nur anschließen.
Zu den Füllwörtern: manchmal haben sie eine interessante Funktion. Sie können Sätze, Satzteile verbinden bzw. ermöglichen einen abwechslungsreicheren Stil. Es ist ein Unterschied, ob ich schreibe: Er ging spazieren. Er ging nach Hause. Oder Er ging spazieren, dann ging er nach Hause.
Mit den Adjektiven kann man ebenso spielen, sie aktiv benutzen.
Aber man muss eben aufpassen, um das rechte Maß zu finden - das letztlich mit der eigenen momentanen Seelenlage übereinstimmen wird. Früher liebte ich Bandwurmsätze, heute mag ich es auch mal knackig kurz.
Und noch eine Kleinigkeit: Coppelias Tomaten: erst als du sie leuchtend rote Früchte nanntest, sprang bei mir der Funke über. Da war für mein Empfinden gerade die Adjektivitis nötig.
LG
Gefion 
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Pandorah am 06. Dezember 2007, 10:43:55
Ich stimme Lomax zu. Es ist auch ein großes Stück Geschmack und eigener Stil dabei, was man als "gut" und als "schlecht" empfindet. Ich vermute mal, dass jeder sich einig ist, dass man ein Buch kaum lesen kann, das in dieser Art geschrieben wird:

Der große, blauäugige, dunkelhaarige, narbenübersähte, hinkende, rauchende Mann ging schweren, aber dennoch schnellen, vielleicht auch eiligen Schrittes in die finstere, von wenigen düsteren Lampen kaum ausreichend erleuchtete und zudem auch noch sehr schmale Gasse, deren überhängende, schiefe Hausdächer außerdem das wenige schale Licht des schmalen, blassen Sichelmondes abschirmten, um dort... (kommt ihr überhaupt noch mit? *g*)

Ich habe mal ein Buch von Guy Gavriel Kay gelesen, der mit Sprache doch recht verspielt sein kann und direkt im Anschluss eines, dass sehr knapp und karg gehalten war und bei dem ich sowohl Autor wie auch Titel vergessen habe... War aber auch Fantasy. Es war eine gewaltige Umstellung, aber mir haben beide Bücher gefallen. Wirklich reglementieren lässt sich der Umgang mit der Adjektivmenge nicht, und das ist auch gut so. ;D
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Ary am 06. Dezember 2007, 10:53:51
Uaaaaahhh, Pan, was für ein Beispiel! *lol*
Sowas ist natürlich vollkommen übertrieben, und es muss auch nicht zu jedem hauptwort ein Adjektiv und in jeden Satz hundert Füllwörter. Aber ich finde auch, dass Texte ganz ohne Füllwörter "seelenlos" sind, und dass sie in Dialoge hereingehören, um die  Charaktere wirklich sprechen zu lassen, wie man eben spricht. Okay, ein geschriebener Dialog ist nie wie ein wirklicher, man verzichtet ja doch eher auf Umgangssprache oder ist vorsichtig damit.
Ich bekenne mich zuu einem Adjektivliebhaber. Es fällt mir schwer, etwas ohne Adjektive lebendig zu beschreiben. Einige fliegen bei der Überarbeitung dann aber tatsächlich wieder raus. Und doch tut jede Trennung weh. :)
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lennard am 07. Dezember 2007, 21:04:49
Ich möchte aber auch ein schönes Gegenbeispiel zitieren:

Raketen stiegen auf wie ein Schwarm bunt glitzernder Vögel mit lieblichen Singstimmen. Grüne Bäume wuchsen aus Stämmen von dunklem Rauch; ihre Knospen öffneten sich, wie wenn ein ganzer Frühling in einem Moment aufbräche, und von ihren schimmernden Zweigen regneten glimmende Blüten auf die erstaunten Hobbits herab und lösten sich in einem süßen Duft auf, kurz bevor sie die nach oben gewandten Gesichter berührten.

(aus "Herr der Ringe - Die Gefährten" von J.R.R. Tolkien)


Die von mir zitierte Textpassage zeigt m.E. auf eindrucksvolle Weise, das Adjektive dann sinnvoll, ja sogar notwendig sind, wenn der Autor im Kopf des Lesers ein Bild entstehen lassen will, das der Szenerie entspricht. Oder andersrum gesagt: Wenn der Leser ohne Adjektive wahrscheinlich nicht das Bild vor Augen hat, das der Autor beabsichtigt, dann sind Adjektive sehr hilfreich.

Wie schon treffend gesagt wurde, es kommt gewiss auf das richtige Maß an.
Wenn Adjektive nicht zwingend notwendig sind, kann man sie getrost weglassen. Z.B. "Ein kleiner Zwerg..." oder "Ein häßlicher Ork..."  ;D

Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Kerimaya am 07. Dezember 2007, 23:13:10
Also ich bin NICHT der Meinung, daß zuviel Adjektive oder Füllworte eine Frage des Geschmacks sind. Mit Adjektiven überladene Texte lesen sich einfach schwerer. Pandorahs Beispiel ist da natürlich der krasseste Fall;)
Adjektive sind wie Sahne-wenn man einen ganzen Bottich davon hat wird einem schlecht, man bekommt Durchfall und will lange Zeit nichts mehr davon wissen. Man sollte sie also sparsam einsetzen.
Wenn ein Autor es nötig hat, nahezu jedes Wort mit einem Adjektiv oder Adverb auszustatten, hat er das Prinzip von Show don't tell entweder vollkommen vergessen oder befindet sich auf einem persönlichen Rachefeldzug.
Einen guten Autor macht für mich jemand aus, dem es gelingt, mir etwas bildlich vor Augen zu führen, ohne mir gleich Beschreibungen wie "die tiefblauen Augen" etc. um die Ohren zu hauen.
Was Füllwörter angeht... Ja, Füllwörter sind die liebste Affaire des Autors, solange er schreibt. Allerdings sollte er sich spätestens bei der Überarbeitung wieder von diese Affaire trennen ;)
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Antigone am 07. Dezember 2007, 23:14:58
Ich möchte vorwegnehmen, dass ich ein ganz großer HdR-Fan bin. Aber dennoch frage ich mich manchmal ganz ketzerisch, ob Tolkien  auch so erfolgreich wäre, wenn er erstmalig in der heutigen Zeit veröffentlichen müsste....

Lg, A.

Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Kerimaya am 07. Dezember 2007, 23:20:18
Zitat von: Antigone am 07. Dezember 2007, 23:14:58
Ich möchte vorwegnehmen, dass ich ein ganz großer HdR-Fan bin. Aber dennoch frage ich mich manchmal ganz ketzerisch, ob Tolkien  auch so erfolgreich wäre, wenn er erstmalig in der heutigen Zeit veröffentlichen müsste....

Lg, A.



Nope. Da wette ich drauf ;)
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Julia am 07. Dezember 2007, 23:32:36
Mal als kleines Experiment:
Wie empfindet ihr (ganz unvoreingenommen) den folgenden Text (es geht mir jetzt nicht um richtig oder falsch, sondern nur, wie das Zitat auf Euch wirkt):

"So kam es denn, dass außer von Möwen und den anderen Vögeln, die am Strand fliegen, und etwa einmal von einem Fischadler, dort kein Besuch mehr stattfand; und an mondhellen Abenden sah man vom Deiche aus nur die Nebeldünste leichter oder schwerer darüber hinziehen. Ein paar weißgebleichte Knochengerüste ertrunkener Schafe und das Gerippe eines Pferdes, von dem freilich niemand begriff, wie es dahin gekommen sei ..."

Liebe Grüße,

Julia

Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Coppelia am 08. Dezember 2007, 00:24:10
Vor allem der vordere Teil des Satzes ist mir vom Zusammenhang her erst beim 4. Durchlesen klar geworden.
Klingt nach Theodor Storm, ein bisschen ... aber meines Erachtens viel zu kompliziert, zu verschachtelt, zusammengehörige Satzteile sind unnötigerweise getrennt, außerdem Tempusfehler? Viel verständlicher müsste es heißen:

"So kam es, dass dort kein Besuch mehr stattfand, außer von Möwen und anderen Strandvögeln/Vögeln, die am Strand flogen, und vielleicht einmal von einem Fischadler."

Außerdem ist unklar, ob sich "leichter/schwerer" auf die Dünste bezieht oder ob es ein Adverb ist (d. h. manchmal sieht man die Dünste besser und manchmal schlechter  ???). Dativ auf e ist veraltet, daher wohl meine Assoziation mit Theodor Storm. Und beim letzten Satz fehlt das Prädikat und es müsste "war" statt "sei" heißen ...

Bei meinem momentanen Romanprojekt verwende ich öfter so etwas wie Füllwörter, weil ich einen sarkastischen Ich-Erzähler habe, der gern untertreibt oder ironisch spricht. Ich bin auch nicht sicher, ob es echte Füllwörter sind oder ob die Wörter nötig sind, um Distanz zu schaffen. Ich glaube fast, das letzte.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Hr. Kürbis am 08. Dezember 2007, 08:33:56
Jau, das Zitat ist wohl nicht ganz neu, aber ich mag den Rhythmus und auch die Stimmung, die der Text erzeugt. Für mich durchaus im grünen Bereich.

Ich bekenne mich nebenbei auch zum Füllwortnutzer, allerdings kann ich mich hier von den meisten trennen, nur meine Adjektive gebe ich schweren Herzens wieder aus der Hand. Aber ich hab ja genug davon! ;D
Ganz auf beides verzichten geht jedoch für mich überhaupt nicht!
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Linda am 08. Dezember 2007, 12:40:31
Hi,

mir gefällt das maritime Beispiel, den Stil von Tolkien im anderen Beispiel mag ich auch. Find' beides auch nicht schwierig zu lesen, ist allerdings etwas literarischer als die übliche Feld-, Wald- und Wiesenfantasy (viele erfolgreiche Bücher verwenden heute quasi Heftromanstil. Ganz neutral beobachtet von einer, die auch mal in der Heftromansparte veröffentlicht hat und die Kriterien dafür kennt.)
Zum Thema kann ich sonst nicht viel beitragen, ich habe gemeinhin eine recht schlanke Prosa und auch das kann ein Problem sein, wenn Leser sich ohne Wälder von Adjektiven nichts (mehr) vorstellen mögen.

Gruß,

Linda
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: saraneth am 08. Dezember 2007, 12:50:45
Also Tolkien fand ich zwar nicht schwer zu lesen, bin sogar teils Anhänger seiner seitenlangen Beschreibungen eines Baums ;D, aber an manchen (zumeist spannenden Stellen) hat mich das Beschreiben unwichtiger Details mit unwichtigen Füllwörtern schon sehr gestört.

Ich bin also dafür zwar welche zu verwenden, dies aber auch nicht ausarten zu lassen. Wobei ich selbst dazu neige alles ein wenig farbiger zu illustrieren und dazu benutze ich gerne überflüssige Adjektive und Füllwörter.
Meine Betaleser korrigieren dies allerdings immer und dafür bin ich auch dankbar. ;)
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lomax am 08. Dezember 2007, 13:00:06
Zitat von: Linda am 08. Dezember 2007, 12:40:31... auch das kann ein Problem sein, wenn Leser sich ohne Wälder von Adjektiven nichts (mehr) vorstellen mögen.
Oh ja. Man sollte nicht meinen, ein adjektivreicher Stil wäre "nicht mehr zeitgemäß", oder so. Die Ablehnung von Adjektiven, vor allem von wertenden Adjektiven, ist unter Laien in Internet-Schreibwerkstätten, und auch unter Profischreibern, die gern was "Besseres" schreiben würden, deutlich verbreiteter als unter Lesern und in verkauften Büchern ;)

Mir ist, ehrlich gesagt, in meinem ganzen Berufsleben noch nie ein Leser untergekommen, der sich über zu viele Adjektive beschwert hätte - es sei denn, dieser "Leser" schrieb auch selbst oder hatte eine wie auch immer geartete literarische Ausbildung.
  Dafür habe ich eine Menge Leser erlebt, die sich beschwert haben, dass "zu wenig beschrieben wird", "dass sie sich etwas nicht vorstellen konnten" etc. - auch wenn diese Leser in der Regel nicht genau sagen können, woran es liegt.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: saraneth am 08. Dezember 2007, 15:32:53
@ Lomax: Ja, da stellt sich dann die Frage, wen man beeindrucken will: Den Verlag oder die Leser.

Schwieriger Zwist, wobei ich eher an Letztere denke... immerhin soll meine Geschichte ja spannend sein und vor allem denjenigen gefallen, die sie lesen. Das Problem dabei besteht dann nur darin, dass man ja erstmal veröffentlichen muss, bevor man überhaupt eine höhere Anzahl an Lesern besitzt...
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lomax am 08. Dezember 2007, 16:04:05
Zitat von: saraneth am 08. Dezember 2007, 15:32:53Schwieriger Zwist, wobei ich eher an Letztere denke... immerhin soll meine Geschichte ja spannend sein und vor allem denjenigen gefallen, die sie lesen. Das Problem dabei besteht dann nur darin, dass man ja erstmal veröffentlichen muss, bevor man überhaupt eine höhere Anzahl an Lesern besitzt...
Oh, keine Sorge. Da gibt es keinen Zwist. Verlage kaufen bevorzugt das, von dem sie denken, dass es genug zahlende Leser dafür gibt. Und wenn man sich einfach an den Büchern orientiert, die bei den Lesern erfolgreich sind, kann man auch in Bezug auf die Verlage nichts falsch machen - immerhin sind all diese Bücher zuvor ja auch von den Verlagen genommen worden ;)
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: saraneth am 08. Dezember 2007, 16:18:23
Na gut, das stimmt auch wieder. :) Wobei hinter vorgehaltener Hand aber doch noch über schlechten Stil getuschelt wird, oder nicht?
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Grey am 08. Dezember 2007, 16:21:37
Vermutlich, aber hauptsächlich wahrscheinlich von Leuten, die selbst schreiben und es *natürlich* besser gekonnt hätten ;)
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: saraneth am 08. Dezember 2007, 16:25:08
Nach wie vor bin ich immer noch dafür zwar Füllwörter zu benutzen, aber nicht unbedingt so viele, dass man erschlagen wird. Ein gutes Mittelding sollte es tun, denke ich.

Wobei ich aber auch gerade bei der Beschreibung einer neuen Stadt ziemlich viele Adjektive verwende, wie mir auffällt... :hmmm:
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lomax am 08. Dezember 2007, 16:57:33
Zitat von: saraneth am 08. Dezember 2007, 16:18:23Wobei hinter vorgehaltener Hand aber doch noch über schlechten Stil getuschelt wird, oder nicht?
... und manchmal auch hinter gar nicht mal so vorgehaltener Hand ;D Am besten ist es also natürlich, wenn man es allen gleichermaßen Recht machen kann. Wenn man es kann.
  Aber ansonsten, wenn ich mich entscheiden müsste, ob mein Manuskript gelobt oder gekauft werden soll, dann wüsste ich, was ich wähle ;)
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Julia am 08. Dezember 2007, 19:12:36
Macht noch jemand mit?

Ich habe jetzt aus meinem Beispiel oben mal alles rausgeschmissen, was nach unnötigen Füllwörtern/Adjektiven oder unnötigen Wiederholungen aussieht:

"So kam es, dass außer von Möwen und anderen Vögeln, und einmal von einem Fischadler, dort kein Besuch mehr stattfand; an mondhellen Abenden sah man vom Deich aus die Nebeldünste darüber hinziehen. Ein paar Knochengerüste ertrunkener Schafe und das Gerippe eines Pferdes, von dem niemand begriff, wie es dahin gekommen sei ..."

Wie wirkt das jetzt? Okay, moderner - aber ist es immer noch dieselbe Atmosphäre? (Wie gesagt, es geht nicht um richtig oder falsch, sondern um den subjektiven Eindruck)

Liebe Grüße,

Julia
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Hr. Kürbis am 08. Dezember 2007, 19:19:03
Ich würde sagen "nüchterner", aber nicht unbedingt besser. Die Nebeldünste fand ich vorher stimmungsvoller.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lord Bane am 08. Dezember 2007, 19:32:43
Meiner Ansicht nach kommt es gar nicht mal auf die Quantität der Adjektive an, sondern auf ihren richtigen und sinnvollen Einsatz. Von einer "finsteren" Dunkelheit zu schreiben erzeugt nur Gelächter, unter einem "rostigen" Schwert kann man sich aber natürlich etwas vorstellen.

Übrigens können Geschehnisse oder Landschaften ja nicht nur über Adjektive beschrieben werden. So ist es, denke ich, besser zu schildern, warum ein Wald unheimlich ist, als dass der Autor einfach nur schreibt "Und sie gingen durch einen unheimlichen Wald".

Mir gefällt übrigens das modernere Beispiel besser, rein subjektiv.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lennard am 08. Dezember 2007, 21:18:52
@Julia

Wenn der Text von dir ist, dann habe ich noch folgende Verbesserungsvorschläge:

Anstatt "Nebeldünsten" würde ich "Nebelschwaden" schreiben.
Anstatt "...darüber hinziehen" würde ich nur "...darüber ziehen" schreiben.

In jedem Fall finde ich die letztere Version deutlich besser, rein subjektiv natürlich.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: DarkDreamer am 09. Dezember 2007, 00:00:59
@Lennard: Wenn ich mich nicht irre, ist das Zitat aus "Der Schimmelreiter". Lässt mich zumindest sehr stark daran denken!
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Linda am 09. Dezember 2007, 01:04:30
Zitat von: DarkDreamer am 09. Dezember 2007, 00:00:59
@Lennard: Wenn ich mich nicht irre, ist das Zitat aus "Der Schimmelreiter". Lässt mich zumindest sehr stark daran denken!

yup - ist es.

Gruß,

Linda
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lennard am 09. Dezember 2007, 09:48:34
ups...naja mit der hohen Literatur hab ich´s nich so...
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Julia am 09. Dezember 2007, 10:28:45
Hoppla, entschuldige Lennard, ich wollte hier niemanden vorführen, aber DarkDreamer und Linda haben natürlich recht.
Wie gesagt, es ging mir bei dem Experiment auch nicht um Richtig oder Falsch, sondern darum, inwieweit Füllwörter und Adjektive eine atmosphärisch dichtere Stimmung erzeugen können, als es ein "nackter" Text allein vermag. Und Theodor Storm schien mir hierfür bestens geeignet zu sein: er schreibt altmodisch (aus unserer heutigen Sicht), kompliziert und verschachtelt - und schafft es trotzdem wie kaum ein anderer, mit seiner Geschichte eine Stimmung aufzubauen, die den Leser selbst in einer lauen Sommernacht glauben läßt, bei Sturmflut auf dem Deich zu stehen, während der Wind die Wellen in die Marsch peitscht ...

Natürlich schreibt so inzwischen keiner mehr. Allerdings gefällt mir die heutige Tendenz, aus Geschichten zunehmend kurze technische Beschreibungen zu machen, bei dem jedes unnötige Wort weggestrichen wird (überspitzt formuliert), auch nicht besonders. Für mich sind solche Bücher zwar unterhaltsam, aber ohne Zauber.
Das ist jetzt natürlich mein subjektiver Eindruck, aber ich wollte die Diskusion dazu einfach mal ins Rollen bringen.

Liebe Grüße,

Julia
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lord Bane am 09. Dezember 2007, 10:47:46
@Julia

Ich glaube, dass auch das bewusste Weglassen von Füllwörtern und Adjektiven eine ganz bestimmte Atmonsphäe erzeugen kann. Ich habe in meinem Manuskript eine Sexzene (wirklich keine Liebeszene und auch keine Erotikszene), die ich so knapp und schnörkellos wie nur möglich geschrieben habe, um herauszustellen wie gelangweilt und gleichgültig mein Prota ist.

Umgekehrt habe ich Szenen (die jetzt nicht unbedingt etwas mit Sex zu tun haben), in denen ich absichtlich "schnörkeliger" schreibe, einfach weil der Prota an diesen Erlebnissen emotional sehr intensiv teilnimmt.

Grüße,

seine Lordschaft.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Julia am 09. Dezember 2007, 15:18:03
Zitat von: Lord Bane am 09. Dezember 2007, 10:47:46
Ich glaube, dass auch das bewusste Weglassen von Füllwörtern und Adjektiven eine ganz bestimmte Atmonsphäe erzeugen kann.

Selbstverständlich. Und je besser man sein Handwerk beherrscht, umso überzeugender kann man mit solchen Stilmitteln spielen.
Allerdings bekomme ich inzwischen (als Leser) bei vielen Büchern den Eindruck, mehr eine Beschreibung denn eine Geschichte zu lesen. Dann zieht sich ein bestimmtes Stilelement nicht mehr als Szenenuntermalung, sondern als roter Faden durch das Buch. An vieles gewöhnt man sich ja mit der Zeit, aber irgendwann fragt man sich als Leser: wollte der Autor das so schreiben, oder konnte er es einfach nicht besser?

Und wenn man selbst schreibt, stellt sich irgendwann die Frage: reicht es mir als Autor, wenn ich einfach mit dem Mainstream mitschwimme, egal wie durchschnittlich das im Moment sein mag? Möchte ich wirklich nur ein Fantasy-Epos nach dem anderen schreiben (wahlweise den dreihundertsten Schottlandroman), bei denen ich meine Elfen, Trolle, was-auch-immer durch meine Welt schicke, obwohl ich zumindest im Unterbewußtsein weiß, dass sich meine Bücher in nichts, aber auch in gar nicht von den vielen tausend anderen Büchern unterscheidet, die schon auf dem Markt sind?
Möchte ich wirklich Bücher schreiben, die andere Leute lesen - und sofort wieder vergessen?
Und möchte ich selbst solche Bücher lesen?

Natürlich kann nicht jeder ein Tolkien sein, aber gerade im Genre der Fantasy fände ich es sehr schade, wenn die Fantasie, die Stimmung und der Zauber in den Geschichten nur noch auf reines Handwerk reduziert wird. Wie seht ihr das?

Philosophische Grüße,

Julia
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lord Bane am 09. Dezember 2007, 19:39:25
@Julia

Naja, die Sprache ist ja, grob gesagt, das einzige Werkzeug das ein Autor hat. Worüber soll er also sonst eine bestimmte Stimmung erzeugen? Natürlich sollte die Geschichte nicht in lauter sprachlichen Tricks untergehen.

Oder habe ich dich da falsch verstanden?

(Ich halte Stilfragen übrigens für überbewertet, Stil kann eine Geschichte nur unterstützen, er schafft selbst keine.)

Viele Grüße,
Lord Bane
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Coppelia am 10. Dezember 2007, 07:50:29
Meiner Meinung nach ist es nutzlos, die Art, wie man schreibt, aufgrund von Modeerscheinungen so sehr sehr zu ändern, dass man seine eigenen Texte nicht mehr mag.
Das trifft auf die Leute zu, die meinen, viele Adjektive seien out (und gern viele verwenden) sowie auf diejenigen, die meinen, viele Adjektive seien in (und ungern viele verwenden, so wie ich). ;) Ich vermute, letzten Endes findet jeder von beiden Schreibern einen Weg, seinen Stil so weit zu verbessern, dass er seine Leser mit der Geschichte erreichen kann.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lord Bane am 10. Dezember 2007, 19:18:37
Zitat von: Coppelia am 10. Dezember 2007, 07:50:29
Meiner Meinung nach ist es nutzlos, die Art, wie man schreibt, aufgrund von Modeerscheinungen so sehr sehr zu ändern, dass man seine eigenen Texte nicht mehr mag. 

Amen Schwester  :jau:
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Julia am 11. Dezember 2007, 19:10:02
@ Coppelia und Lord Bane:

Grundsätzlich sehe ich das genauso. Allerdings bin ich mir noch nicht so ganz sicher, inwieweit man "Stil" und "Stimmung" voneinander trennen sollte, und inwieweit Adjektive und Füllwörter tatsächlich zum eigenen Stil gehören, oder eben "nur" zur Stimmung, die man als Autor erzeugen möchte.
Im schriftstellerischem Bereich finde ich es schwierig zu erklären, aber vielleicht kann man das Ganze auch auf die Musikbranche übertragen. Beispiel: Metallica klingt immer wie Metallica (der eigene Stil, in dem Fall vermutlich die Stimme des Sängers), egal ob sie Heavy oder eine Ballade spielen. Bei Ritchie Blackmore ist es dasselbe (hier ist es allerdings mehr die Gitarre  :) ).
Ein Negativbeispiel aus diesem Bereich wäre dann übrigens Ace of Base (kennt die noch jemand  8) ?). Das erste Lied war damals noch gut (weil etwas anders als damals üblich), der Rest war nur noch langweilig. Da klang dann alles gleich, es gab keinen Stil und keine Stimmung.
Ich weiß nur nicht, inwieweit man das auf die Schreiberei übertragen kann ... ?

Liebe Grüße,

Julia
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lord Bane am 11. Dezember 2007, 21:33:42
@ Julia

Der Stil erzeugt natürlich eine bestimmte Stimmung. Ich vertrete jedoch die Ansicht, dass man seinen Stil und die Stimmung, die man unter anderem damit erzeugt, nur zum Teil bewusst wählen kann. Das hängt meiner Ansicht nach auch von der Persönlichkeit des Autors ab.


Viele Grüße,
Lord Bane
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Coppelia am 11. Dezember 2007, 21:50:20
Von Musik verstehe ich leider nichts. ;)

Aber Stimmung, Atmosphäre und Wirkunge definiert sich für mich nicht (nur) durch Adjektive und Füllwörter in dem Sinn, dass ohne sie gar keine Atmosphäre vermittelt werden kann - jedes Wort im Satz sollte seinen Teil dazu beitragen. Z. B. finde ich, dass Verben häufig als Vermittler starker Bilder nicht genutzt werden. Dann heißt es relativ lasch "ging", "lag", "war", und es wird mit Adjektiven beschrieben, wie etwas ging, lag und war, aber das Bild bleibt trotzdem undeutlich.

Es gibt auch recht viele Adjektive, die sind süßlich, schwülstig und abgedroschen und tragen nichts zur Atmosphäre bei. Die lese ich nicht gerade selten. Ein Beispiel ist "rasiermesserscharf". Ständig ist irgendwas "rasiermesserscharf", wenn eine Waffe oder dergleichen auftaucht. Bei einer Schwertklinge würde man ja wohl erwarten, dass sie scharf ist, und ist sie nicht etwas gefährlicher als ein Rasiermesser? Die Klaue eines Werwolfs mag auch scharf sein, aber wer denkt dabei ans Rasieren? Von dieser Sorte Adjektive gibt es noch viel mehr (vor allem in Sexszenen springen die fröhlich herum), und die haben mich gelehrt, lieber sorgfältig nachzudenken, ehe ich ein Adjektiv zu viel verwende.

Übrigens: Ich habe nichts gegen Adjektive. Ich liebe sie. :) Meine Lieblingswortart. Ich möchte nur auch sicher sein, das richtige zu haben, und nicht vorsichtshalber mit ein paar mehr um mich werfen. ;)
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Julia am 11. Dezember 2007, 23:28:21
Zitat von: Coppelia am 11. Dezember 2007, 21:50:20
Aber Stimmung, Atmosphäre und Wirkunge definiert sich für mich nicht (nur) durch Adjektive und Füllwörter in dem Sinn, dass ohne sie gar keine Atmosphäre vermittelt werden kann - jedes Wort im Satz sollte seinen Teil dazu beitragen.

Hm, ja, das würde ich sofort unterschreiben. Allerdings finde ich es auch so schon verdammt schwierig, die Begriffe wie "Stimmung" und "eigener Stil" in Worte zu fassen - nicht zuletzt, weil eben Emotionen mitspielen. Von daher war es für mich ein Ansatz, das Ganze erst einmal auf die "Anhängselwörter" zu reduzieren, um der Thematik etwas näher zu kommen. Können wohlplatzierte und -dosierte Adjektive und Füllwörter also Stimmung erzeugen?
Ich meine ja.

@ Lord Bane:
Ich glaube, ich würde Dir doch widersprechen wollen, zumindest, was die Stimmung betrifft. Bestimmte Stimmungen bei anderen Menschen hervorzurufen kann man lernen - sei es jetzt sprachlich oder beim geschriebenen Wort. Die Persönlichkeit des Autors (oder Redners) spielt dabei mit Sicherheit eine große Rolle, aber gerade der Schriftsteller hat dort im Vergleich zum Redner einen riesengroßen Vorteil: er kann so lange an seinem Text feilen, bis er ihn für perfekt hält und gibt ihm dann nur noch seinem Leser - der Redner braucht, abgesehen von dem perfekten Text für seine Rede auch noch das Talent, diese Rede mitreißend vorzutragen.
Aber lernen läßt sich sicherlich beides - bestes Beispiel sind unsere Politiker (okay, über das "mitreißen" kann man sich streiten  ;D )

Liebe Grüße,

Julia
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lennard am 12. Dezember 2007, 23:16:27
Jeder Autor hat seinen ureigenen Schreibstil bzw. muss ihn finden. Hierzu zählt u.a. auch die Verwendung von Adjektiven. Es gibt Autoren – in der Vergangenheit und auch heute – die in ihren Werken sehr gerne und häufig Adjektive verwenden. Ganz nüchtern betrachtet, mag die Verwendung von Adjektiven in einem Roman unter Autorenkreisen womöglich zu häufig sein, trotzdem kann das Werk einen positiven Eindruck hinterlassen. Ebenso ist es möglich, das ein Autor mit seinem Schreibstil nur mit einem Minimum an Adjektiven auskommt und dennoch fasziniert.
Es mag viele Dinge geben, die unter Autorenkreisen verpönt sind. Das ,,Schreibhandwerk" in allen Ehren, aber ich denke, so manches wird in Autorenkreisen ein wenig überbewertet. Es wurde schon richtig festgestellt, das z.B. in Tolkiens Romanen unter heutigen Gesichtspunkten wahrscheinlich viele Textpassagen, wenn nicht gar ganze Kapitel, weggestrichen würden (Welch ein Frevel  ;D).
Auch das Beispiel von Julia zeigt deutlich, das ein Text unter strengen Autorenmaßstäben (Adjektive, Füllwörter etc.) eigentlich ein "No Go" sein kann, aber auf seine eigene Art trotzdem gelungen.
Ich halte es für einen Fehler, wenn man versucht, sich einen Schreibstil zuzulegen, der einem nicht liegt, nur um in einem Regelkorsett hineinzupassen. Es ist der Schreibstil des Autors, der den Text auf gewisse Weise einzigartig macht, wie ein unsichtbares Siegel des Autors auf jeder einzelnen Seite. Hat der Autor seinen Schreibstil gefunden und ist sich dessen bewusst, dann kann er ihn weder umkrempeln, noch einen anderen kopieren. Aber er kann daran feilen. Wenn also ein Roman schön und spannend geschrieben ist und dabei z.B. die häufige Verwendung von Adjektiven zum Schreibstil des Autors gehört, dann ist es gut so.

Wenn ein Roman mit vielen Adjektiven und Füllwörtern von einem Großteil der Leser als schlecht beurteilt wird, dann liegt das m.E. nicht an den Adjektiven und Füllwörtern, sondern daran, das der Autor sie nicht optimal eingesetzt hat. Nicht das ,,Wie oft" ist entscheidend, sondern das ,,Wie".

Am Ende zählt das Urteil des Lesers. Und der Leser wird einen Roman gewiss nicht nach der Häufigkeit der Adjektive bewerten. Der Roman muss einfach nur fesselnd geschrieben sein – Adjektive hin, Adjektive her.  ;)


Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: zDatze am 13. Dezember 2007, 00:01:13
Ich hoffe ich drifte jetzt nicht allzuweit vom Thema ab!

Wie jemand seinen Roman schreibt - mit Adjektiven und Füllwörtern oder ohne -, ist jedem selber überlassen, wobei man ja natürlich (wenn man erfolgreich sein will) sich den Lesern gewisserweise "anpassen" sollte bzw die Leser sich dem Stil anpassen.

Ein Beispiel: Früher als ich 13 Jahre alt war, verschlang ich regelrecht jedes Hohlbein Buch  und jetzt empfinde ich es als Zumutung soetwas zu lesen. Der Stil der mir einst so gefiel, kommt mir jetzt plump vor - veraussehbar und überhaupt nicht fesselnd. Die Stimmung ist (für mich) einfach verloren gegangen. (Freunde von mir vergöttern die Bücher.)
Was mich am meisten störte, waren einfach die überflüssigen Wörter und Beschreibungen. Also die Adjektive und Füllwörter.

Ich erklär mir das irgendwie damit, dass ich einfach durch das Lesen anderer Literatur anspruchsvoller geworden bin. Wobei ich aber andererseits Der Herr der Ringe alles andere als umwerfend fand, obwohl die Bücher anspruchsvoll sind.

Also, was ich damit sagen will ist, dass sich der Leser genauso wie der Schriftsteller weiterentwickelt. Der Stil ändert sich und somit auch die Stimmung, die dadurch übermittelt wird (für mich hängen diese beiden Begriffe einfach zusammen).
Einen guten Stil definiere ich nicht als ein fortwährend gleiches Muster, bei dem ich die Adjektive und Füllwörter zähle, sondern als "Melodie" die sich weiterentwickelt. Da dürfen dann auch mal einige Adjektive mehr ausgepackt werden.  ;D
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Grey am 13. Dezember 2007, 09:27:43
Zitat von: Lennard am 12. Dezember 2007, 23:16:27
Der Roman muss einfach nur fesselnd geschrieben sein – Adjektive hin, Adjektive her.  ;)


Einfach nur? Na du bist ja ein Spaßvogel ... :)

Nein mal im Ernst. Ich denke auch nicht, dass der Satz "Das Adjektiv ist böse" als Dogma zu betrachten ist, sondern vielmehr als Warnung. Sicher gibt es gute Autoren, die viele Adjektive verwenden, und sicher gibt es auch Leser, denen das gefällt. Allerdings macht es sehr wohl einen Unterschied, ob ich Adjektive einfach zu beschreibenden Zwecken einsetze oder ob ich sie wirklich bewusst und in einem vielleicht völlig neuen Kontext verwende, um meinem Stil ein bisschen Pfiff zu verleihen.

Wenn Goldman in seiner "Brautprinzessin" also schreibt

Die Nacht war sehr lang und sehr grün.,

dann macht das ungleich mehr her als wenn er formulieren würde

Butterblume konnte vor Eifersucht die ganze Nacht nicht schlafen.,

und das trotz der zwei Adjektive im ersten Beispiel.

Natürlich macht das nur Sinn, nachdem er vorher erklärt hat, warum grün die Farbe der Eifersucht ist, aber für solche Definitionen sind uns als Autoren ja keine Grenzen gesetzt ;)

Was ich damit sagen will: Man kann sich hier groß über Stil unterhalten, um damit seine geliebten Adjektive zu rechtfertigen, aber man sollte dabei eines nicht vergessen: Die Verwendung oder Nicht-Verwendung von Adjektiven macht noch lange keinen Stil. Weder einen guten noch einen schlechten.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lord Bane am 13. Dezember 2007, 09:59:38
Ich frage mich langsam, woher eigentlich die Ansicht kommt, dass Adjektive schlecht sind. Steht das in irgendeinem Schreibratgeber, den ich nicht kenne  ???

@ Lennard
Du hast selbstverständlich völlig Recht. Kein Leser, der noch alle Tassen im Schrank hat, wird einen Roman nach der Anzahl der Adjektive bewerten, das machen wohl nur verhinderte Möchtegernschriftsteller.

Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Grey am 13. Dezember 2007, 10:19:40
Da möchte ich jetzt mal tatsächlich widersprechen.

Wenn einem Leser der Schreibstil eines Buches nicht gefällt, dann kann das sehr wohl daran liegen, dass zu viele Adjektive drin sind. Da Adjektive nämlich durchaus die Gefahr mit sich bringen, Sätze unnötig aufzublähen und ordentlich Tempo aus dem Erzählfluss zu nehmen (merke: ich habe gerade *nicht* gesagt, dass das immer der Fall ist, wenn ein Adjektiv auftaucht!). Dieser Leser hat dann natürlich nicht akribisch die Adjektive gezählt, aber er hat sie irgendwie wahrgenommen. Auch wenn er nicht benennen kann, was ihn am Stil gestört hat, können es immer noch genau diese Adjektive sein, die unbewusst zu dem Urteil geführt haben. Und wir sind wieder beim gleichen Ergebnis.

Wie schon gesagt, das Adjektiv an sich ist sicher nicht schlecht, an vielen Stellen sogar notwendig, sonst hätte es sich ja auch in der Sprache nicht durchgesetzt. Aber ein Berg von Adjektiven ist nun mal meist nicht die eleganteste Lösung, und ich finde es für einen Autor auch nicht zu viel verlangt, sich mal über Alternativen den Kopf zu zerbrechen.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Ary am 13. Dezember 2007, 10:40:33
*zustimmendes Nicken zu Grey*
Mit den Adjektiven ist es wohl wie mit Metaphern und vergleichen - wenn sie zu ausgelutscht und zu häufig verwendet worden sind, dann wirken sie klischeehaft und öde. Coppelias "rasiermesserscharf" ist so ein Beispiel. Oder die typischen "goldblonden Locken" und "veilchen-bzw. himmelblauen Augen" der Heldin oder Geliebten des Helden. Argh!
Das "grün"-Beispiel ist dagegen sehr originell und witzig, da wirken die Adjektive nicht aufblähend oder störend.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lord Bane am 13. Dezember 2007, 11:34:22
Eigentlich sollte der Autor überhaupt keine sinnlosen Wörter verwenden, egal ob es Adjektive, Verben, Adverbien, Substantive usw. sind  ;D. Meiner Ansicht nach ist ein Wort dann sinnvoll, wenn der Satz ohne es, nicht verständlich wäre oder einen ganz anderen Sinn ergäbe.

Und ich bleibe dabei: Die Anzahl der Adjektive alleine sagt nichts über die Qualität eines Textes aus.


Viele Grüße,
Lord Bane
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Grey am 13. Dezember 2007, 11:40:03
Zitat von: Lord Bane am 13. Dezember 2007, 11:34:22
Und ich bleibe dabei: Die Anzahl der Adjektive alleine sagt nichts über die Qualität eines Textes aus.

Da widersprichst du dir aber gerade selbst ;)
Denn wenn man zu viele Adjektive verwendet, sind zwangsläufig auch sinnlose dabei ... ::)
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lord Bane am 13. Dezember 2007, 11:55:00
Fragt sich nur, wer festlegt, wann ein Text zu viele, zu wenige oder genau die richtige Anzahl Adjektive enthält. Ich als Leser habe noch nie einen Text wegen Adjektiven gut oder schlecht gefunden. Frei nach dem Motto "Hach ja, Story ist zwar Mist, aber das mit den Adjektiven macht der Autor ja ganz gut."

Viele Grüße,
Lord Bane
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Linda am 13. Dezember 2007, 12:57:01
Leute, Leute, jetzt muss ich mich wohl doch von meinem Krankenlager erheben und mich zu Wort melden.

Es geht nicht um Adjektive, nicht um eine mathematische Menge an zuviel, um eine Formel oder eine goldene Regel, sondern um überflüssige Adjektive. Also das, was der Lektor wegstreichen würde, weil es den Text weder inhaltlich noch stilistisch weiterbringt, sondern beim Lesen (auf Dauer) einfach nur nervt.

"Die Nacht war dunkel und finster und es wehte ein eisiger, frostklirrender Wind durch das kleine Tal, das wegen der hoch aufragenden Felswände sehr beengt und lichtlos war."

So, ich als Lektorin würde jetzt die aussagekräftigeren Adjektive stehenlassen und die doppelten Worte streichen. Allerdings kann man das ein oder andere durchaus als verstärkendes Element gedoppelt stehen lassen. Es ist ein Text und kein Abzählreim.* Manches fließt trotzdem gut und je nach gewählter Stilebene, nach Genre und nach Zielpublikum ist das dann und wann, also gelegentlich und in einigen Fällen  ;) ok. Aber nicht zwei Adjektive vor jedem Hauptwort in jedem Satz und immer. Es ist nicht schlimm, wenn Dinge beschrieben werden (wie umfangreich, darüber darf es geteilte Meinungen geben, so wie es auch verschiedene Autoren- und Leserpersönlichkeiten gibt). Schlimm ist es, wenn Dinge doppelt und dreifach mit verschiedenen, nicht ganz passenden, also knapp daneben liegenden Worten (klar soweit?)beschrieben werden. Wenn der Pfeil also einmalig die Mitte der Zielscheibe trifft und sie nicht bloß bei mehreren fast erfolgreichen Versuchen einkreist.

Gruß,

Linda


* (ja ein Sprachgefühl kann und muss ein (angehender) Autor tatsächlich erarbeiten, wenn er es sich nicht schon von Kindesbeinen an erlesen hat. Aus Schreibbibeln lässt sich eben nicht alles einfach herausziehen).
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lord Bane am 13. Dezember 2007, 13:02:57
@ Linda

Danke, genau mein Reden  :jau:


Viele Grüße,
Lord Bane
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Grey am 13. Dezember 2007, 13:37:14
Hmm ... genau das habe ich ja versucht zu sagen ... ich frage mich, wo du mich dann falsch verstanden hast ...? ???
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lomax am 13. Dezember 2007, 14:24:07
Hier wurden ja einige Beispiele angeführt, die aber sämtlich berühmt & bewährt waren, was es schwierig macht, damit zu arbeiten - und es leicht peinlich wirken lässt, zu behaupten, wenn sie anders geschrieben wären, hätten sie (heute) (noch) mehr Erfolg (gehabt). Also werfe ich mal ein ganz zweckfreies Beispiel in den Raum, oder vielmehr ein Beispiel, das ich einfach zum Zweck der Adjektivbetrachtung geschrieben habe ... und stell danach mal ein paar provokante Fragen, damit nicht alle im luftleeren Raum diskutieren müssen, sondern am konkreten Beispiel zeigen können, wo die Grenze zwischen viel/zu viel/zu wenig liegt, zwischen persönlichen Stil und unmöglichem Stil, zwischen ... was auch immer.
  Im ersten Textbeispiel habe ich einfach mal jedes Adjektiv reingesetzt, dass mir einfiel und noch irgendeinen Sinn haben könnte. Im zweiten habe ich alles weggelassen, was man weglassen konnte, ohne dass eine völlig sinnloser Satzteil entsteht. Dann und wann habe ichs auch umformuliert, damit's auch ohne Adjektiv noch passend klingt - aber der Fokus der Formulierungsunterschiede liegt stets nur auf den Adjektiven:

Beispiel 1: "Aus dunklen, lichtlosen Tiefen kroch er langsam empor, Neraleth, der grässliche Dämon der Schmerzen. Sein machtvolles Haupt war geziert von einem Kranz nadelspitzer und messerscharfer Dornen, deren goldene Spitzen im rötlichen Widerschein von oben blutig schimmerten, seine grauenerregende Fratze starrte vor Raubtierzähnen, und die schwarzen, unergründlichen Augen hielt er aufwärts gerichtet. Er stieß die gewaltigen Klauen in den bröckeligen, losen Grund und zog sich Zoll um Zoll höher, dem Schein der flackernden Feuer entgegen und den eindringlichen, beschwörenden Gesängen, die ihn riefen und ihm den Weg aus dem bodenlosen, doch sengenden Kerker wiesen, in den er seit ungezählten Äonen gebannt gewesen war."

Beispiel 2: "Aus dunklen Tiefen kroch er empor, Neraleth, der Dämon der Schmerzen. Sein Haupt war geziert von einem Kranz von Dornen, deren Spitzen rötlich schimmerten, seine Fratze starrte vor Zähnen, und er schaute seinem Ziel entgegen. Er stieß die Klauen in den Grund und zog sich Zoll um Zoll höher, dem Schein der Feuer entgegen und den Gesängen, die ihn riefen und ihm den Weg aus dem Kerker wiesen, in den er seit Äonen gebannt gewesen war."

Welches dieser Beispiele ist nun "besser"?
  Welches ließe sich besser verkaufen?
  Je nachdem, wie die Antwort zur ersten Frage ausfällt - lässt sich der Qualitätsunterschied oder ein nicht vorhandener Qualitätsunterschied überhaupt an den Adjektiven festmachen?
  Drücken die Adjektive hier Stimmung aus? Kann man daraus eine Frage des persönlichen Stils machen? Oder ist es eher eine allgemeine Stil- und Handwerksfrage?
 
Wer Lektor spielen will, mag fröhlich daran herumbasteln. Ähnlichkeiten zu anderen Textbeispielen, die der ein oder andere womöglich schon gehört hat, sind rein zufällig ;) Aber dieses "Basteln" und die Fragen in dem Zusammenhang sind tatsächlich Dinge, die eine Lektoratsrelevanz haben und nicht immer so leicht und ideologisch zu beantworten sind, wie es auf den ersten Blick den Anschein haben mag.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lord Bane am 13. Dezember 2007, 15:22:50
Tja, ich finde beide Texte auf ihre Weise misslungen. Der eine hat zu viele Adjektive, der andere zu wenige. Wie Linda schrieb, macht es eben die richtige Mischung, wobei es dafür keine Regeln gibt. Was sich besser verkaufen ließe, kann ich nicht beantworten.
Lektor spielen werde ich mit diesen Absätzen garantiert nicht, hab mit meinen eigenen Sachen genug zu tun ;D.

Viele Grüße,
Lord Bane
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lomax am 13. Dezember 2007, 15:36:45
Zitat von: Lord Bane am 13. Dezember 2007, 15:22:50Tja, ich finde beide Texte auf ihre Weise misslungen. Der eine hat zu viele Adjektive, der andere zu wenige.
Aber du würdest auf jeden Fall davon ausgehen, dass die Adjektive das zentrale Problem sind? Also, sagen wir, mit der Hälfte der Adjektive würde ein gelungener Text daraus?
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Coppelia am 13. Dezember 2007, 16:35:15
Ich mag das Wort "geziert" nicht, wenn wirklich nicht die Rede davon sein kann, dass etwas dekorativ oder schön wirkt. ;D Das stört mich in beiden Texten eigentlich am meisten.
Was am oberen Text auf jeden Fall anschaulicher ist, ist das "blutig", allein "rötlich" bringt das feuchte Aussehen dieser Dornendinger nicht rüber ...
Viele der von dir verwendeten Adjektive sind jetzt vermutlich absichtlich klischeebelastet: nadespitz, messerscharf, grauenerregend, unergründliche Augen usw. Aber das Textbeispiel ist schon sehr lustig. *amüsier* Der Inhalt ist ja auch schon so klischeebelastet, dass es schwierig ist, von einem "Qualitätsunterschied" zu sprechen. Das würde ja mal wieder die Frage nach der Qualität von Kunst, Literatur und Fantasy aufwerfen, und da gibt es bekanntlich so viele Meinungen, wie es Leute gibt.
Wobei ich manchmal glaube, dass Klischees dem Verkauf nicht schaden - vielleicht sogar im Gegenteil. Weiß ich nicht genau. Finde ich vielleicht auch nie heraus.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Kalderon am 13. Dezember 2007, 16:40:39
Zitat von: Lomax am 13. Dezember 2007, 14:24:07
Wer Lektor spielen will, mag fröhlich daran herumbasteln.

Ich will Lektor spielen.

Zitat von: Lomax am 13. Dezember 2007, 14:24:07
Beispiel 1: "Aus dunklen, lichtlosen Tiefen kroch er langsam empor, Neraleth, der grässliche Dämon der Schmerzen. Sein machtvolles Haupt war geziert von einem Kranz nadelspitzer und messerscharfer Dornen, deren goldene Spitzen im rötlichen Widerschein von oben blutig schimmerten, seine grauenerregende Fratze starrte vor Raubtierzähnen, und die schwarzen, unergründlichen Augen hielt er aufwärts gerichtet. Er stieß die gewaltigen Klauen in den bröckeligen, losen Grund und zog sich Zoll um Zoll höher, dem Schein der flackernden Feuer entgegen und den eindringlichen, beschwörenden Gesängen, die ihn riefen und ihm den Weg aus dem bodenlosen, doch sengenden Kerker wiesen, in den er seit ungezählten Äonen gebannt gewesen war."

Meist reicht ein Adjektiv aus. Zwei hintereinander, die eine ähnliche Bedeutung haben, wirken oft unnötig aufgeblähend. Zudem sollte man abgegriffene und oft verwendete Adjektive vermeiden. "Dunkel" ist eines davon. "lichtlos" ist weit interessanter.

Adjektivreiche Texten können schön sein, wenn die Adjektive schön sind. ;)

So, hier der ganze Text noch einmal ohne die durchgestrichenen Adjektive:

Zitat von: Lomax am 13. Dezember 2007, 14:24:07
Beispiel 1: "Aus lichtlosen Tiefen kroch er empor, Neraleth, der Dämon der Schmerzen. Sein machtvolles Haupt war geziert von einem Kranz nadelspitzer Dornen, deren goldene Spitzen im rötlichen Widerschein blutig schimmerten, seine Fratze starrte vor Raubtierzähnen, und die schwarzen, unergründlichen Augen hielt er aufwärts gerichtet. Er stieß die Klauen in den bröckeligen, losen Grund und zog sich Zoll um Zoll höher, dem Schein der flackernden Feuer entgegen und den beschwörenden Gesängen, die ihn riefen und ihm den Weg aus dem bodenlosen, doch sengenden Kerker wiesen, in den er seit Äonen gebannt gewesen war."


Liebe Grüße: Kalderon
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lord Bane am 13. Dezember 2007, 16:47:46
Zitat von: Lomax am 13. Dezember 2007, 15:36:45
Aber du würdest auf jeden Fall davon ausgehen, dass die Adjektive das zentrale Problem sind? Also, sagen wir, mit der Hälfte der Adjektive würde ein gelungener Text daraus?

Nein, aber ich dachte, wir diskutieren hier über den Gebrauch der Adjektive. Bei so einem zusammenhangslosen Textschnipsel kann man ohnehin kein vernünftiges Urteil fällen.


Viele Grüße,
Lord Bane
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: felis am 13. Dezember 2007, 17:20:08
Kalderonf Fassung finde ich besser als beide lomax - Fassungen, weil sie für meine Gefühl mehr Athmosphäre hat: und zwar deswegen, weil er die Adjektive, die mehr Athmosphäre vermitteln, drin gelassen hat - im Gegensatz zu Lomax: Z. B. im 1. Satz:

ZitatAus dunklen, lichtlosen Tiefen kroch er langsam empor, Neraleth, der grässliche Dämon der Schmerzen.

Klingt einfach besser als:

ZitatAus dunklen Tiefen kroch er empor, Neraleth, der Dämon der Schmerzen.

Zu radikales kürzern geht zwanfgsläufig auf KLosten der Atmo - an diesem Bsp. eigentlich schön ablesbar....

(Sollte ich mir vielleicht selber mal hinter die Ohren schreiben?)
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lomax am 13. Dezember 2007, 18:08:07
Zitat von: Lord Bane am 13. Dezember 2007, 16:47:46Nein, aber ich dachte, wir diskutieren hier über den Gebrauch der Adjektive.
Wir diskutieren ja auch darüber, ob die Adjektivmenge überhaupt einen grundsätzlichen Einfluss auf die Textqualität hat. In deiner Antwort auf Linda hattest du ja schon eingeräumt, dass es auf "das richtige Maß" ankommt - aber deine Einwände vorher klangen eher danach, als würdest du grundsätzlich einen abstrakten Einfluss der Adjektivmenge auf die Textqualität ablehnen, als wäre die Menge an Adjektiven nur eine Frage des persönlichen Stils oder Geschmacks und würde so oder so vom Leser geschluckt - der anhand anderer Kriterien entscheidet, ob der Text ihm gefällt.
  Diskussionstechnisch wäre deine Stellungnahme also schon interessant, denn wenn du beispielsweise Kalderon zustimmen könntest und sagen würdest, dass Beispiel 1 und 2 zwar schlecht sind, aber ein Beispiel, bei dem man nur die Menge der Adjektive richtig dosiert, gut ist, dann würde das zeigen, dass auch deine Position nicht so fundamental anders ist als die der "Adjektivgegner", sondern es womöglich nur darum geht, wo genau man die Schmerzgrenze zieht, oder welche Art Adjektive "schlecht" sind.
  Solche konkreten Beispiele eignen sich auch gut, um zu testen, ob zwei Positionen wirklich unvereinbar sind, oder ob man fast dasselbe meint und nur aneinander vorbeiredet. Wenn man ein paar Sätze hat, auf die man zeigen kann, damit jeder sieht, wie man es meint, kann man bloße Missverständnisse womöglich vermeiden. Manchmal ist es nützlich, eine abstrakte Diskussion sozusagen zu "erden" ;)
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Grey am 13. Dezember 2007, 18:11:33
Also ich ... ich würde diese ewig lange Beschreibung einfach ganz weglassen. Schuss nach dem ersten Satz. Wenn ich eins nicht mag, dann sind es zu lange Personenbeschreibungen. :ätsch:
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lomax am 13. Dezember 2007, 18:16:53
Zitat von: Kalderon am 13. Dezember 2007, 16:40:39So, hier der ganze Text noch einmal ohne die durchgestrichenen Adjektive:
Viele Adjektive sind ja immer noch drin :) Da würde mich doch die Meinung der Anti-Adjektivfraktion interessieren.
Gibt es vielleicht adjektivfreie oder -arme Varianten, die trotzdem auf andere Weise die Atmosphäre bewahren? Oder, anders gesagt: Schaffen Adjektive Atmosphäre? Das könnte dann zwar immer noch bedeuten, dass man's übertreiben oder schlecht machen kann. Aber wenn Adjektive mit einem eindeutig positiven Effekt konnotiert wären, wäre auch die Regel "je weniger Adjektive, umso besser" widerlegt.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lomax am 13. Dezember 2007, 18:24:54
Zitat von: Grey am 13. Dezember 2007, 18:11:33Also ich ... ich würde diese ewig lange Beschreibung einfach ganz weglassen.
... und würdest den Leser wie sonst in eine solche Beschwörungsszene ziehen? Oder lehnst du den mit diesem Stilelement verbundenen Effekt grundsätzlich ab? Das wäre dann aber keine einfache Ablehnung beschreibender Adjektive mehr, sondern schon die Ablehnung einer bestimmten Art von Geschichte - also inhaltliche, nicht mehr nur formelle Kritik.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lord Bane am 13. Dezember 2007, 18:28:10
@ Lomax

Also ich bin weder Adjektivbefürworter noch Gegner. Wie bei allen anderen Dingen (Drogen und Alkohol inklusive  ;) ) kommt es auf die richtige Dosierung an. Im Allgemeinen halte ich die Bedeutung der Adjektivmenge als Maßstab für die Qualität eines Textes für überschätzt.


Viele Grüße,
Lord Bane
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Grey am 13. Dezember 2007, 18:41:06
Nein nein, ich lehne Adjektive nicht ab. Tatsächlich verwende ich sie oft und gern, aber gerade weil ich das weiß, versuche ich mich so streng zu mäßigen wie möglich. Eben damit es (hoffentlich) am Ende auf eine verträgliche Menge rauskommt. Naja und die Anzahl der Adjektive schwankt tatsächlich auch mit der Perspektive meiner Protagonisten ...

Es geht mir bei deinem Beispiel tatsächlich um die detaillierte Personenbeschreibung als solche, die ich nicht mag - aber das ist ein anderes Thema und vor allem eine persönliche Vorliebe/Abneigung.
Wie es der Zufall will habe ich ganz kürzlich erst auch über eine Beschwörung geschrieben. Aus der Sicht des Dämons allerdings (der übrigens immer ein bisschen schwülstig redet und daher auch ganz gerne mal ein paar Adjektive in den Raum schmeißt... ;D )
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Kalderon am 13. Dezember 2007, 18:43:32
Ich sehe das wie Lord Bane... bis auf die Drogensache. ;D

Es kommt nie darauf an, an irgendetwas zu sparen, sondern immer etwas einigermaßen Originelles rauszusuchen. Ich lese gerade "Lolita" von Vladimir Nabokov und der Roman strotzt nur so von Adjektiven, aber was für welche! Schön spezifisch, zusammenhängend und bildhaft. Das ist Sinn und Zweck jedes Wortes, egal ob Adjektiv, Verb oder Substantiv: Das Wort soll etwas aussagen und nicht nur als Lückenfüller dienen (Wo wir wieder bei den Füllwörtern wären).


Liebe Grüße: Kalderon
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: gefion am 13. Dezember 2007, 19:10:08
Adjektive sind wie Sahne - das ist eine gute Erkenntnis. Oder wie Schokolade. Und genau wie kleine Kinder, die von Süßem nicht genug kriegen können, sind viele junge Autoren. Wenn wir zu schreiben beginnen, schwelgen wir in dieser Fülle an Süßkram. Mit den Jahren wird uns das Süße widerlich, wir werden zu Puristen. (der eine mehr, der andere weniger.)
Ich würde in Kalderons gekürztem Lomax-Test z.B. noch mehr Adjektive rauswerfen. Etwa flackernd.
Sicher beginnt hier irgendwo das, was jeder für sich als Geschmack oder notwendig für sein Genre verbuchen kann - aber ich denke, bei jedem Adjektiv sollte man sich fragen, ob es eine Zusatzinformation enthält, die sein Vorhandensein an dieser Stelle rechtfertigt.
Bei flackernden Feuern frage ich mich, was sagt dies mehr aus als Feuer? In einer anderen Szene würde das evtl. eine besondere Note setzen, hier hat man bereits genug andere Informationen, um das Flackern automatisch zu assoziieren.
Auch für den Satzbau hat flackernd keine Bedeutung, außer, dass es den Satz länger und damit langwieriger zu lesen macht. Würde flackernd hingegen als Baustein genutzt, um eine abwechslungsreiche (Ab-)Satzmelodie zu errreichen, wäre es sinnvoll.

Gegen den Gebrauch von Adjektiven bin ich jedoch mitnichten. Sie erfüllen ihren Zweck. Unkenntnis über ihr Vorhandensein und ihren Wert wird oft bei Lehrern beklagt (O-Ton einer mir bekannten Deutschlehrerin: die Sprache der Schüler verarmt, wenn sie keine Adjektive zu gebrauchen wissen) - darum sollten wir Autoren darauf achten, dass dieses Stilelement nicht ausstirbt.
Aber eben in Maßen.
Und wo das Idealmaß liegt, sollte jeder Autor für sich herausfinden. Sein Stil sollte möglichst zum Inhalt passen. Blumige Romantik versus kaltes Thrillerambiente.
Doch für alle gilt: In einem Bereich eng am Mittelmaß des jeweilig fürs Genre Typischen gibt es Spielräume, die entscheidend sind für den Stil des Individuums.
meine Meinung,
Gefion
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lavendel am 13. Dezember 2007, 20:37:10
Also, ich würde ja mal behaupten, das Problem in beiden Beispielen, die Lomax gebracht hat ist (hat Coppelia glaub ich auch schon bemerkt), dass die Adjektive allesamt nichtssagend sind.
Der Dämon ist grässlich, grauenerregend und gewaltig. Jaja und irgendwie blutbeschmiert ist er auch. Aha. Das ist nicht gerade eine besonders lebendige Beschreibung. Da entsteht kein Bild vor meinem inneren Auge. Da kann man noch so viele Adjektive streichen, es wird nicht besser. Man müsste sie ersetzen durch stärkere Wörter. Wörter, die etwas aussagen.
Was bei mir bisher hängen bleibt ist: Da klettert so ein grausiges Monster aus irgendeinem Abgrund heraus. *gähn* Wie spannend.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Grey am 13. Dezember 2007, 21:05:14
Mir fehlt tatsächlich auch die Geräuschkulisse, fällt mir grad auf.

Und was noch ganz wichtig ist - ich mag keine Adjektive, die mir vorschreiben, wie ich etwas zu finden habe.
So wie "furchteinflößend" oder "wunderschön" zum Beispiel. Ich möchte bitteschön eine Szene in meinen Kopf gepflanzt bekommen, vor der ich mich gruseln kann, oder einen Ort, an den ich *sofort* hinmöchte - und nicht gesagt bekommen, dass ich mich jetzt gefälligst vor etwas zu fürchten habe, weil das doch so da steht.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lavendel am 13. Dezember 2007, 21:13:45
Aber Grey, da sind doch die beschwörenden Gesänge, die so eindringlich sind^^. Wie kann man denn die überhören? Müssten da jetzt nicht eigentlich noch übelriechende Dämpfe rein, Lomax? :hmmm:
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Grey am 13. Dezember 2007, 21:44:00
Öhm ... vielleiht weil sie erst ganz am Ende erwähnt werden? ^^"

Aber ich meinte auch eher so dumpfes Grollen und das zischende Fauchen (ui, das ist aber eine schöne Ad-Sub-Kombi, was? ;D ) mit dem deine übelriechenden Dämpfe aus den finsteren Abgründen unheimlich emporwabern ;)
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lennard am 13. Dezember 2007, 23:29:51
@Grey

ZitatDie Verwendung oder Nicht-Verwendung von Adjektiven macht noch lange keinen Stil. Weder einen guten noch einen schlechten.

Du sagst es und ich stimme dir zu. Deine Ausführungen stehen nicht im Widerspruch zu meinem Beitrag – ganz im Gegenteil.

Wenn ich die obigen Beiträge lese, stelle ich fest, das wir im Grunde alle einer Meinung sind. Für wahr, der unbedachte Gebrauch von Adjektiven kann sehr schädlich sein. Um beim Leser mit Hilfe von Adjektiven ein bestimmtes Feeling zu erwirken, muss der Autor diese auch ,,mit Gefühl" einsetzen. Da stimmen wir vollkommen überein. Oder wie ich bereits schrieb: das ,,Wie" ist entscheidend.
Ich bin weder ein Adjektivbefürworter, noch ein kategorischer Adjektivhasser. Ich halte es nur für falsch, die Verwendung von Adjektiven grundsätzlich zu verteufeln. Wenn sie ,,gekonnt" eingesetzt werden (unabhängig von ihrer Anzahl), dann sind sie eine Bereicherung.

@Lomax

Selbst die erste Textfassung finde ich nicht schlecht. Wenn das ein Text ist, den du dir mal eben so, ganz spontan, aus den Fingern gesogen hast, kann ich nur sagen: Respekt. Natürlich würde auch ich das etwas anders schreiben, einige Adjektive streichen, hier und da etwas umstellen etc. Ich möchte mich gerne an dem besagten ,,Mittelmaß" versuchen. Ob meine Fassung besser ist, mögen andere beurteilen, aber es ist auf jeden Fall anders:

,,Aus dem tiefen Dunkel kroch er langsam hervor, dem Schein des wild lodernden Feuers entgegen. Er war gestaltgewordene Pein. Sein Haupt zierte ein Kranz aus spitzen Dornen, gülden und blutbetaut. Seine grässliche Fratze starrte vor Zähnen, die jedem Raubtier Ehrfurcht gebietete und seine aufwärts gerichteten Augen waren schwarzer Schlund. Stets wurde sein Name, wenn überhaupt, nur flüsternd ausgesprochen, doch der beschwörende Gesang war nun unüberhörbar, selbst in seinem bodenlosen Kerker, in dem er seit unzähligen Äonen gebannt gewesen war, und der Dämon folgte dem Ruf. Als seine gewaltigen Klauen in den Boden stiessen und er sich Zoll um Zoll höher zog, wurde es fürchterliche Gewissheit – Neraleth, der Fürst der Schmerzen, war los."

Lomax, ich hoffe, du verzeihst, das ich einige Sätze umgebaut und hier und da andere Wörter verwendet habe. Eigentlich interessiert mich nur, ob die Verwendung der Adjektive bei dieser Version ein erträgliches Maß darstellen.

@zDatze

ZitatEinen guten Stil definiere ich nicht als ein fortwährend gleiches Muster, bei dem ich die Adjektive und Füllwörter zähle, sondern als "Melodie" die sich weiterentwickelt. Da dürfen dann auch mal einige Adjektive mehr ausgepackt werden.

Wirklich schön und treffend formuliert.  :jau:
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lomax am 14. Dezember 2007, 00:56:38
So, wie die Diskussion sich jetzt entwickelt hat, scheinen doch alle Anwesenden einen Grundkonsens gefunden zu haben: Adjektive an sich sind nicht schlecht, sondern grundsätzlich positiv. Man kann nur einiges dabei falsch machen. Daher sollte man nicht darauf achten, wie viele von ihnen es gibt, sondern was für Arten, was sie also aussagen, wie sie klingen, wie gut sie passen ... wie diese Adjektive also beschaffen sind; und womöglich noch, wofür und wo man sie verwendet.
  Ich habe in den letzten Aussagen nichts mehr gehört, was nicht irgendwie zu dieser Zusammenfassung passen würde - nur womöglich unterschiedliche Ansichten, wo man jeweils die Grenzen zieht.
  Ich frage mich, ob man das als Konsens aus der Adjektivdiskussion mitnehmen kann, oder ob die Leute, die eine radikale Gegenposition vertreten würden, seither einfach nicht mehr mitgelesen haben ???

Immerhin findet man in vielen Schreibwerkstätten im Internet ja noch die radikale und undifferenzierte Position: "Wenn du ein Adjektiv siehst, schlag es tot" (wörtliches Zitat, das ich in dem Zusammenhang mal gelesen habe). Und ich denke, diese Position war es auch, die Aryana bei ihrem ersten Post hier im Hinterkopf hatte.
  Und damit hätte Aryanas Frage dann doch eine einhellige, wenn auch sehr allgemeine Antwort gefunden - die ich jetzt wie folgt formulieren würde: Ein Adjektiv ist per se nicht bis zum Beweis des Gegenteils gut oder schlecht. Wenn ein Kritiker es gestrichen haben will, muss er das auch im konkreten Einzelfall begründen können - und er kann nicht automatisch vom Autor verlangen, dass er vor ihm die Verwendung des Adjektivs rechtfertigt.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Lennard am 15. Dezember 2007, 00:16:13
Yepp, das unterschreibe ich so  :)
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Ary am 15. Dezember 2007, 20:12:19
ZitatImmerhin findet man in vielen Schreibwerkstätten im Internet ja noch die radikale und undifferenzierte Position: "Wenn du ein Adjektiv siehst, schlag es tot" (wörtliches Zitat, das ich in dem Zusammenhang mal gelesen habe). Und ich denke, diese Position war es auch, die Aryana bei ihrem ersten Post hier im Hinterkopf hatte.
Ja, ganz genau. Und irgendwie hat mich das immer geärgert, darum wollte ich wissen, wie der Tintenzirkel zu diesem Thema so denkt.

Sonst habe ich zu Lomax' Beitrag eigentlich nur noch eins zu sagen: Amen!  ;D
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Julia am 16. Dezember 2007, 11:41:46
Ich überlege schon seit einiger Zeit, ob das Bedürfnis einiger Autoren, ihre Texte komplett mit Adjektiven zu überladen, ein Phänomen der heutigen Zeit ist. Ein möglicher Grund könnte dabei unser Fernsehzeitalter sein - es werden keine Geschichten mehr erzählt, sondern Filmsequenzen beschrieben, und zwar in allen (unwichtigen) Einzelheiten.
Wie seht ihr das?

Liebe Grüße,

Julia
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Linda am 16. Dezember 2007, 13:14:08
Zitat von: Julia am 16. Dezember 2007, 11:41:46
Ich überlege schon seit einiger Zeit, ob das Bedürfnis einiger Autoren, ihre Texte komplett mit Adjektiven zu überladen, ein Phänomen der heutigen Zeit ist. Ein möglicher Grund könnte dabei unser Fernsehzeitalter sein - es werden keine Geschichten mehr erzählt, sondern Filmsequenzen beschrieben, und zwar in allen (unwichtigen) Einzelheiten.
Wie seht ihr das?

Liebe Grüße,

Julia

Hallo,

Ja, genauso ist das, sehe ich ähnlich. Viele Schreiber sind ja auch vom Typ her Autoren, die einen inneren Film ablaufen sehen und den mit dem Leser teilen möchten. Ich will das nicht abwerten, mir geht es aber eben nicht so, weil ich keine Bilder sehen, sondern das mit einem anderen äh Autorensinn wahrnehme, der die Worte quasi gleich ins Hirn pustet (auch beim Lesen übrigens). 
Die Filmtechnik hat viele Duftmarken hinterlassen. Bei den Schreibschulen wird häufig auf Drehbuchtechniken oder für diesen Bereich maßgebliche Leute wie Campbell verwiesen. Thriller haben eine ähnliche Schnittfolge wie Actionfilme.
Tatsächlich sehen auch viele Leser ein Buch als "billige und transportable" Alternative zum Filmgucken und es ist für sie das höchste Lob, wenn sie ein Buch preisen, das wie ein Film funktioniert.
Ich sehe diese Entwicklung zumindest zwiespältig. Einerseits kann man sich den Gewohnheiten der Leser nicht verschließen, andererseits bietet ein Buch doch viel mehr (vor allem Innensicht und die Möglichkeit auf einen eigenen Film im Kopf, wenn die Phantasie angeregt, aber nicht zugekleistert wird)

Gruß,

Linda
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Cailyn am 05. Februar 2014, 11:20:04
Aus der Versenkung geholt...

In meiner letzten Überarbeitungswut mache ich gerade einen Schlenker in das Thema Adjektive. Ein....ähm schwieriges Thema, bei dem ich dazu neige, etwas trotzig zu werden. Ich verstehe, dass es Leute gibt, die es lieber puristisch mögen. Das ist vollkommen ok. Aber ich gehöre nicht dazu. Ich liebe blumige Formulierungen (solange sie nicht abgedroschen sind), und ich mag lange Sätze. Aber Adjektive und lange Sätze ist heutzutage schon fast eine Beleidigung für die Leserschaft.  :seufz:

Nichtsdestotrotz versuche ich immer, Argumente gegen Adjektive zu verstehen. Aber es gelingt mir nicht.

Wenn ich hier in diesem alten Thread jene Beispiele durchlese, die aufzeigen, wie man es nicht machen soll, dann bejahe ich diese sofort. Stimmt. Ihr habt Recht. Klingt furchtbar. Aber seien wir ehrlich, Lektoren sind da viel, viel strenger. Ihnen geht es nicht um diese ganz grausamen Beispiele wie ,,In einem finsteren dunklen Tal zwischen den düster dunklen Bergen", sondern es geht um viel subtilere Satzstellungen.

Mark Twain ist ja z.B. der Meinung, jegliche Arten von Adjektiven könne man skrupellos streichen. Seine Worte: ,,Wenn du ein Adjektiv siehst, dann erschieß es!"

Doch was sind denn nun die guten Argumente dafür? Ich halte es für reine Geschmacksache. Ich bin bestrebt, viele meiner Adjektive dem Bedürfnis der Mehrheit zu opfern, die sich offenbar von zu vielen Adjektiven belästigt fühlt. Aber ich opfere sie mit zusammengepresstem Kiefer. Es widerstrebt mir, weil ich dann etwas tue und den Grund dafür gar nicht kenne.

Ich mache einen grossen Unterschied, wann ich Adjektive benutze und wann nicht.  Vor allem um Landschaften, körperliche Empfindungen und Gefühle zu beschreiben, sind Adjektive doch ein wunderbares Instrument, sofern dazwischen auch noch eine Menge andere Worte stehen. 

Und oftmals benutze ich Adjektive auch vom Klang her, um eine Aussage noch zu unterstreichen. ,,Ein zischelndes Flüstern" (einmal sch und einmal s) hat doch schon mal eine ganz andere Wirkung, als wenn ich nur schreibe ,,ein Flüstern"? Solche Wortklänge sind doch schliesslich auch kohärent mit der Atmosphäre, die ich hier schaffen will.

Mich stören dann dafür andere Sachen, die kaum irgendwo angesprochen werden. Zum Beispiel finde ich es nicht so schön, wenn man zu viele Substantive benutzt. Vor allem dann nicht, wenn es um emotionale Szenen geht. Zu viele Substantive schaffen eine unerwünschte Distanz. Und in einem Buch kann Distanz zum Leser kein Ziel sein.
Worauf ich damit hinauswill? Wenn man Adjektive streicht, ist man dafür gezwungen, mehr Substantive oder Verben zu benutzen. Verben sind gut. Immer. Aber Substantive gefallen mir in erhöhter Quantität noch viel weniger als Adjektive. Dennoch opfern viele ihre Adjektive für mehr Substantive. Ist das Mode? Findet das jemand gut? Mögen das Leser/-innen?

Und noch etwas, was ich hier im Thread gelesen habe. Adjektive sollen dem Leser zu viel vorkauen.  ??? Auch da bin ich komplett anderer Meinung. Natürlich soll den Lesenden das eigene Denken überlassen werden. Es gibt doch nichts Schöneres, als dem Leser die Möglichkeit zu geben, zwischen den Zeilen etwas zu entdecken, eigene Schlüsse zu ziehen und vielleicht über den Inhalt zu philosophieren. Aber doch nicht die Atmosphäre in einem Buch! Ich darf und soll doch eine Atmosphäre schaffen, diese aufbauen und in bunten Farben schildern, um damit indirekt die Handlung zu unterstreichen, oder nicht? Ich meine, wenn das nicht so wäre, warum schreiben wir denn überhaupt? Soll dem Lesenden einfach alles offen gelassen werden, damit er sich Setting, Aussehen der Protas und Atmosphäre selber aussuchen kann? Klar, das ist jetzt ein wenig überspitzt. Aber eine schöne Beschreibung eines Wetterzustandes oder einer Bergspitze ist doch jetzt nichts, was den Leser entmündigt, selber zu denken? Das ist doch ein Service, den ich dem Leser biete, damit er sich in der Geschichte einleben und wohler fühlen kann. Meine Meinung. Natürlich erwarte ich als Leserin, dass das Beschreibende wirklich originell rüberkommt. Floskeln und bekannte Metaphern gehören da nicht hin. Aber wenn jemand mit ein paar gut ausgewählten Adjektiven den Tau im ersten Sonnenstrahl wohlklingend beschreiben kann, dann holt mich der Schreibende doch genau dort ab.

Habe fertig. Wenn jemand mir also ein wirklich plausibles Argument gegen Adjektive geben kann (nicht die gängigen mit Horrorbeispielen), dann freue ich mich auf diesen Input.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Christian Svensson am 05. Februar 2014, 11:43:33
Ich denke, ohne Adjektive geht es nicht. Das Problem, dass ich aber in vielen Büchern, die ich lese, immer wieder sehe, ist ihre Unspezifik. Genau wie bei Verben gibt es spezifische und unspezifische Adjektive und während ich oftmals bemerke, dass Autoren sich bei den Verben Mühe geben und ein starkes, passendes verwenden (also z. Bsp. Schreiten statt Gehen), wird die gleiche Mühe bei Adjektiven nur selten aufgewendet.
Vielleicht liegt es auch an den Berührungsängsten auf Grund der Vorgabe im Hinterkopf, keine Adjektive zu verwenden. Aber wie will ich zum Beispiel eine Farbe nenen, ohne ein Adjektiv zu verwenden? Es substantivieren? Wirkt oftmals gekünstelt.
Beispiel: "Sie trug ein grünes Kleid."
"grün" ist hier wie gehen. Es gibt olivgrün. moosgrün, resedagrün.

,,In einem finsteren dunklen Tal ..."

Wie finster? rabenschwarz, stockfinster, nachtdunkel.

Es gibt Synonymwörterbücher und z. Bsp. in Papyrus Autor ist es nur ein Klick mit der rechten Taste. Ich denke, dass die Verwendung von Adjektiven mit Verstand UND mit Mühe durchaus erlaubt ist. Ist halt mit Arbeit verbunden.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Thaliope am 05. Februar 2014, 11:55:10
Ich habe in einem Stilratgeber die für mich recht einleuchtende Richtlinie gelesen, dass man Adjektive nur dann verwenden soll, wenn sie wirklich eine zusätzliche Information übermitteln. Sonst nehmen sie dem Wort, das sie näher beschreiben sollen, oft die eigene Kraft.

Beim "grünen Kleid" ist das Adjektiv gerechtfertigt. Bei einer grünen Wiese wird es schon fraglich. Klar kann sie auch von der Sonne braungebrannt sein, die Wiese. Dann wäre es erwähnenswert. Aber das "grün" denkt man sich bei Wiese ja eigentlich schon mit, wenn nichts anderes dabeisteht.
Jeder hat ein Bild von einer Wiese im Kopf, jeder kann sie sich vorstellen, ohne dass man ihm dazu sagen muss, dass sie grün ist. Schreibt man das Adjektiv aber dazu, wird das Bild eher noch eingeschränkt, auf die Farbe fokussiert, und somit verliert das Wort Wiese selbst seine Blümchen, die Kaninchenlöcher, die einzelnen Grashalme, die sich im Wind wiegen.

Oft kann man das, was man mit Adjektiven sagen will, auch anders ausdrücken, was die Sprache weniger statisch und damit lebendiger und Variantenreicher macht. Das Flüstern muss nicht zischend sein, es kann selbst zischen :) Was hat mehr Kraft, ein wütender Schrei, oder ein Wutschrei? Adjektive sind oft die einfachste Lösung, eine Suche nach Alternativen kann die Sprache und den eigenen Stil bereichern. Aber wo sie hingehören, da sollen sie natürlich auch stehen. Meine Meinung :)

LG
Thali
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Cailyn am 05. Februar 2014, 12:10:09
Bardo,
Ja, damit kann ich schon mal was anfangen. Danke.

Thaliope,
Ja, die grüne Wiese ist ja klar. Das ist häufig wirklich überflüssig, es sei denn, man schreibt von einer Wüste und plötzlich kommt da eine grüne Wiese. Da kann man das grün wählen, um den Kontrast zur Wüste (oder die Unlogik?) hervorzuheben.
Allerdings: Beim wütenden Schrei und Wutschrei bin ich schon wieder ganz anderer Meinung. Was soll an einem Wutschrei stärker oder besser sein als an einem wütenden Schrei? Mir ist das nicht klar. Für mich klingt Wutschrei viel plumper, so vom Klang her, und das Wort gefällt mir auch nicht so. Auch klingt es nicht stärker. Nur anders und weniger nach meinem Geschmack. Wie gesagt, ich bin dagegen, Adjektive mit Substantiven zu ersetzen, denn ich halte das für weniger elegant. Wenn schon, dann sowas wie: Er schrie, bis ihm die Kehle brannte (wenn man schon das Adjektiv weglassen will). Aber gerade in Dialogen ist das nicht so zutreffend. Was will man denn schreiben bei ",schrie er wütend" ? Würdest du da dann schreiben ",antwortete er mit einem Wutschrei" ?  :hmmm:
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Sunflower am 05. Februar 2014, 12:16:03
Gerade dieses "Er schrie, bis ihm die Kehle brannte" finde ich persönlich besser als jeder Schrei+Adjektiv. Denn mit so einer Beschreibung hast du nicht nur drin, dass er laut und wütend, sondern auch laut schreit und dass er offenbar so wütend ist, dass er seine ganze Kraft und Ausdauer in diesen Schrei legt.
Das Wort "Wutschrei" hat meiner Meinung nach mehr Kraft, ist kompakter und es schwingt gerade dieses "Rohe" mit, das Wut eben auch ist. Aber wie ich das jetzt in den Text integrieren würde, ist eine ganz andere Frage ...

Ich denke, man sollte Adjektive nicht grundsätzlich aus dem Text verbannen, aber so wenige wie mögliche verwenden. Lieber viel so beschreiben wie das Schreien, bis die Kehle brennt. Zum Beispiel. Ich finde solche Sätze oft anschaulicher, aber wenn die sich häufen, ist der Text auch irgendwie ...
Wahrscheinlich muss jeder für sich seine Balance finden. Früher habe ich andauernd Adjektive verwendet, das wurde bei mir auch kritisiert und jetzt überlege ich vor jedem Adjektiv: Brauche ich das wirklich? Und erst, wenn ich keinen anderen Ersatz finde, nehme ich das Adjektiv. Ich glaube, man muss sich einfach bewusst werden, wann man ein Adjektiv verwenden will und nicht einfach so munter welche in den Text schreiben. Aber dann ist es schon okay, ab und zu ein Adjektiv fallen zu lassen.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Thaliope am 05. Februar 2014, 12:17:39
Zitat von: Cailyn am 05. Februar 2014, 12:10:09
Was soll an einem Wutschrei stärker oder besser sein als an einem wütenden Schrei? Mir ist das nicht klar. Für mich klingt Wutschrei viel plumper, so vom Klang her, und das Wort gefällt mir auch nicht so. Auch klingt es nicht stärker. Nur anders und weniger nach meinem Geschmack. Wie gesagt, ich bin dagegen, Adjektive mit Substantiven zu ersetzen, denn ich halte das für weniger elegant. Wenn schon, dann sowas wie: Er schrie, bis ihm die Kehle brannte (wenn man schon das Adjektiv weglassen will). Aber gerade in Dialogen ist das nicht so zutreffend. Was will man denn schreiben bei ",schrie er wütend" ? Würdest du da dann schreiben ",antwortete er mit einem Wutschrei" ?  :hmmm:


Nö, würde ich nicht. Das wäre ja auch eine ganz andere Aussage. Nur statt "Er stieß einen wütenden Schrei aus" würde ich schreiben, "Er stieß einen Wutschrei aus." oder auch "Er schrie vor Wut." Das ist für mein Empfinden kürzer und geballter und verläuft sich nicht so. Es gibt Leute, die sagen, dass aus der wörtlichen Rede selbst hervorgehen sollte, wie derjenige etwas schreit. Aber gegen ein gelegentliches "schrie er wütend" hätte ich persönlich auch nichts einzuwenden.

Aber das soll ja auch nur ein konkretes Beispiel dafür sein, dass es oft andere Wege gibt, die man in Erwägung ziehen kann. Wenn man dann trotzdem zu dem Schluss kommt, dass das Adjektiv immer die bessere Wahl ist, muss man es wohl so machen, wie man es für richtig hält :)

LG
Thali
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Alana am 05. Februar 2014, 12:32:10
Adjektive sind nicht böse, aber der Autor drückt sich damit oft um die Mühe, ein aussagekräftiges anderes Wort (z.B. Verb) zu finden, oder wiederholt nur etwas, was eh schon im Satz steht. Inquitformeln an sich sollte man ja schon vermeiden, diese auch noch kombiniert mit Adjektiv sollte man möglichst sparsam verwenden. Ich verwende Inquitformeln eigentlich fast nur noch dann, wenn ich möglichst unauffällig zeigen muss, wer gerade spricht, oder wenn ich einen langen Satz in direkter Rede unterbrechen will, um den Text aufzulockern.

Beispiel:

"Ich hab dich gesehen", sagte er leise. (Leeres Verb + Adjektiv, nicht schön, kann man aber machen, wenn man flüstern schon oft verwendet hat, oder so, aber besser ist, es zu vermeiden.)
"Ich hab dich gesehen", flüsterte er. (Aussagekräftigeres Verb, aber die Info kommt halt erst, nachdem der Satz gesagt wurde.
Er senkte die Stimme. "Ich habe dich gesehen." (Möglichkeit, ohne Inquitformeln zu arbeiten.)

Das Ziel bei der Löschung der Adjektive ist, den Text direkter zu machen, und Gefühle und Stimmungen schon in der Handlung auszudrücken, anstatt sie zusätzlich zu erklären. Wenn man aussagekräftigere Wörter benutzt, braucht man oft einfach keine Adjektive mehr. Der Text kann dadurch schneller beim Leser ankommen.

Dazu kommt, dass für einen Perspektivjunkie wie mich ein "Du ast sie ja nicht mehr alle", schrie er wütend. schon ein Perspektivbruch sein kann.

Wenn man in seinem Kopf steckt, dann kann man das doch besser zeigen:

Wut ballte sich in seinem Magen zusammen. "Du hast sie ja nicht mehr alle!"

Wenn man findet, dass die Inquitformel besser wirkt, fände ich schöner:

"Du hast sie ja nicht mehr alle!", brüllte er. (Ich finde schreien an sich einfach kein schönes Verb und die Wut braucht man dann nicht mehr zu erwähnen.)







Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Cailyn am 05. Februar 2014, 12:48:32
Zitat von: Alana am 05. Februar 2014, 12:32:10
Das Ziel bei der Löschung der Adjektive ist, den Text direkter zu machen, und Gefühle und Stimmungen schon in der Handlung auszudrücken, anstatt sie zusätzlich zu erklären. Wenn man aussagekräftigere Wörter benutzt, braucht man oft einfach keine Adjektive mehr. Der Text kann dadurch schneller beim Leser ankommen.
Ich bin ganz deiner Meinung, dass ein Text direkt sein soll. Aber Adjektive in Substantive umzuwandeln bewirkt genau das Gegenteil. Es wirkt viel distanzierter, wenn ein Substantiv benutzt wird. Diese Aussage hab ich jetzt nicht erfunden. Das ist aus der Kommunikationspsychologie bekannt. Wenn z.B. jemand verbal angegriffen wird, ist es nur eine natürliche Reaktion, dass der Angegriffene vermehrt Substantive benutzt, um sich von der Aussage des Senders zu distanzieren. Hier ein Beispiel:
Angreifer: "Sie haben diese Präsentation absolut unreif präsentiert, Herr Kollege."
Der Angegriffene: "Das ist Blödsinn. Die Präsentation war einwandfrei." (...viel distanzierter, als wenn er entgegnen würde: "Das macht mit wütend. Ich habe es einwandfrei präsentiert.")
Auch ganz typisch ist es doch bei Politikern. Die Reden ja auch sehr Substantiv-lastig, um alles zu generalisieren, pauschalisieren - es schafft eine Distanz, damit man nicht nur ein einzelnes Individuum erreicht, sondern eine grosse Masse. Man hört ja oft so Parolen wie "Die Wirtschaft wird an Auftrieb gewinnen, liebe Bürger!" oder sowas in der Art. Man will da bewusst nicht auf einen einzelnen zeigen, sondern das Gros ansprechen. Dadurch wirkt ein Politiker auf der sachlichen Ebene und hält sich selber als Mensch zurück. Das hat zur Folge, dass man auch unverbindlich bleibt. Sprich, man macht Versprechungen, vage Aussagen, "weite" Begriffe. Für die Politik also ganz geeignet. Aber nicht für ein Buch. Da will ich dem Leser doch das Messer zwischen die Rippen schieben!  ;D

Wie gesagt, ich bin immer dafür, lieber ein Verb anstatt ein Adjektiv zu wählen. Aber bei Substantiven bin ich wirklich abgeneigt. Cryphos hat das sehr treffend gesagt: Das ist die Beamtisierung unserer Sprache. I do not like... :-\
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Alana am 05. Februar 2014, 12:52:34
Es geht dabei auch nicht um Substantivierung, denn die ist meist auch sehr unschön, da stimme ich zu. Es geht nicht mal um Kürzung, der Text kann sogar länger werden, wenn man ein Adjektiv streicht und die Qualität anders beschreibt. Eigentlich sind Adjektive einfach nur Telling. Telling kann auch sinnvoll sein, genauso wie Adjektive sinnvoll sein können. Aber Showing ist meistens besser. Ich bin dafür, lieber zu zeigen, was man mit einem hingeklatschten Adjektiv sagen will.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Thaliope am 05. Februar 2014, 12:57:13
Dass eine zu substantivlastige Sprache starr und unschön ist, da sind wir uns sicher einig :) Und ich wollte natürlich auch nicth vorschlagen, jedes Adjektiv durch ein Substantiv zu ersetzen. Beim Wutschrei gab es ja kein zusätzliches Substantiv. Das Substantiv ist ja eh da ... aber wenn man das passendere Substantiv findet, kann man sich oft das Adjektiv davor sparen, wie Alana und Sunflower auch schon gesagt haben. Gleiches gilt für Verben und Adverbien.

Es kommt auf die richtige Balance zwischen Substantiven, Adjektiven und Verben an. Und auf den richtigen Rhtythmus an. Und wenn vor jedem Substantiv ein oder zwei Adjetive stehen, wird, neben den anderen beschriebenen Wirkungen, der Rhythmus leicht einschläfernd.

Der harte Kurs, der seitens Stilratgebern gegen Adjektive gefahren wird,  liegt daran, dass Schreibanfänger sie einfach viel zu häufig einsetzen und oft nicht einsehen wollen, dass ein Wort ohne Adjektivbegleitung oft wirksamer, direkter, bildhafter ist. Da hilft nur, Texte von Autoren zu analysieren, die man selbst gut findet und/oder die viele andere Leute gut finden, um dann zu sehen, welche Technik welche Wirkung hat.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Cailyn am 05. Februar 2014, 13:03:28
Thaliope,
Das mit dem Rhythmus ist ein guter Punkt. Ich glaube, häufig entscheide ich "rhythmisch", wie ein Satz formuliert wird und ich überlege nicht, wie viele Adjektive oder Substantive ich gebrauche. Das hat dann aber leider zur Folge, dass es auch etwas lyrisch anmuten kann, was dann wieder eine Todsünde unter den modernen Autoren ist.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Alana am 05. Februar 2014, 13:23:38
Ah, genau, den Wutschrei hatte ich vergessen. Ich finde ihn auch wesentlich besser als den wütenden Schrei. Der Wutschrei ist ja auch keine Substantivierung, sondern ein normales Substantiv und dagegen ist gar nichts einzuwenden. Der Schrei ist halt ein nicht besonders aussagekräftiges Wort, der Wutschrei hingegen schon. Deswegen finde ich ihn besser als den wütenden Schrei.

Und natürlich ist der Rhythmus auch ganz wichtig! Ich würde auch nie sagen, dass man irgendwas nicht darf. Wenn der Rhythmus einfach ein ",sagte er leise" verlangt, dann ist das völlig in Ordnung.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Churke am 05. Februar 2014, 13:28:06
Ich denke, dass Adjektive Distanz schaffen. Sie führen von Figuren und Szenen weg, sind beinahe Kommentare.
Ich setzte sie gerne als Stilmitteln ein, weil ich diese Distanz will.


Zum Beispiel die Kriegsberichtvolontärin im Einsatz:

Das bauchfreie Top sah man fast nicht, da sie darüber eine überdimensionierte blaue Panzerweste mit der Aufschrift ,,Journalist" trug.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: cryphos am 05. Februar 2014, 13:40:45
Synthesie, dich liebt ich innig süß, doch trag dich nun zu Grabe, der Adjektive wegen. Dort wird sich zu dir gesellen, das einst geliebte Oxymeron mein, sanft gebettet auf harter Erde. Ach, Rethorik unser, bald wirst du gestorben sein. Posie ist out, Prosa in, wo will der deutsche Autor hin?
Zum Substantiv, zum Substantiv – dem Beamtentum. Damit bring ich nun die Sprache um.
:ätsch:
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Cailyn am 05. Februar 2014, 14:16:28
Zitat von: Churke am 05. Februar 2014, 13:28:06
Das bauchfreie Top sah man fast nicht, da sie darüber eine überdimensionierte blaue Panzerweste mit der Aufschrift ,,Journalist" trug.
Hmmm :hmmm: Aber das "überdimensionierte" schafft doch gerade Nähe zum Bild. Das ist doch wie ein Lockvogel fürs Auge. Da guckt der Leser dann drauf und denkt sich, wie ausgenfällig diese Panzerweste ist. Warum schafft das für dich jetzt Distanz? Verstehe ich nicht.

Cryphos
ZitatSynthesie, dich liebt ich innig süß, doch trag dich nun zu Grabe, der Adjektive wegen. Dort wird sich zu dir gesellen, das einst geliebte Oxymeron mein, sanft gebettet auf harter Erde. Ach, Rethorik unser, bald wirst du gestorben sein. Posie ist out, Prosa in, wo will der deutsche Autor hin?
Zum Substantiv, zum Substantiv – dem Beamtentum. Damit bring ich nun die Sprache um.
:jau:
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: traumfängerin am 05. Februar 2014, 17:21:34
Zitat von: Alana am 05. Februar 2014, 12:52:34
Eigentlich sind Adjektive einfach nur Telling. Telling kann auch sinnvoll sein, genauso wie Adjektive sinnvoll sein können. Aber Showing ist meistens besser. Ich bin dafür, lieber zu zeigen, was man mit einem hingeklatschten Adjektiv sagen will.

Diese Aussage finde ich ein wenig zu generalisierend. Natürlich gibt es Adjektive, auf die das zutrifft. Besonders häufig fällt mir das bei den Adjektiven auf, die an irgendwelche Inquit-Formeln gehängt werden: "sagte er lächelnd", "... traurig", "... laut", "... leise" usw. Das sind die Adjektive, die ich bei einer Überarbeitung auch immer versuche zu finden und zu streichen oder zu ersetzen. Solche lauern natürlich auch bei Beschreibungen zuhauf.

Aber dann gibt es auch die anderen Adjektive, die dabei helfen ein Bild plastisch vor meinen Augen entstehen lassen, z.B.: "Die Händler trieben ihre Gänse über die durch die Hitze rissig gewordene Straße zum Markt." Das ist für mich ein Adjektiv, das definitiv Showing ist. Auch bei Churkes Zitat gefällt mir das "überdimensioniert" richtig gut, weil es für mich das Bild einer kleinen zierlichen Frau entstehen lässt, die unter dieser Panzerweste fast verschwindet - ein Bild, das ich ohne das "überdimensioniert" nicht bekommen hätte.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Christian Svensson am 05. Februar 2014, 19:58:37
Mir ist gerade etwas Nettes unter die Augen gekommen:

"Die Konsulin Buddenbrook, neben ihrer Schwiegermutter auf dem geradlinigen, weißlackierten und mit einem goldenen Löwenkopf verzierten Sofa, dessen Polster hellgelb überzogen waren, warf einen Blick auf ihren Gatten, der in einem Armsessel bei ihr saß, und kam ihrer kleinen Tochter zu Hilfe, die der Großvater am Fenster auf den Knien hielt.
...
Und die kleine Antonie, achtjährig und zartgebaut, in einem Kleidchen aus ganz leichter changierender Seide, den hübschen Blondkopf ein wenig vom Gesichte des Großvaters abgewandt, blickte aus ihren graublauen Augen angestrengt ... "

(aus: Thomas Mann, Buddenbrooks, S.5)
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: traumfängerin am 05. Februar 2014, 20:47:29
Das ist der Grund, warum ich Buddenbrooks so langweilig fand, dass ich es fast nicht zu Ende gelesen hätte - und ein Beispiel für die schlechte Verwendung von Adjektiven. Denn die Hälfte der Adjektive könnte man sicherlich streichen.

Und dennoch hat Thomas Mann dafür den Nobelpreis bekommen.  :hmmm: Sehr amüsant fand ich dazu einen Kommentar der sich in dem Buch "50 Werkzeuge für gutes Schreiben" fand. Der Autor sprach sich dafür aus, keine Adjektive bei Inquit-Formeln zu verwenden - und sagte gleichzeitig, dass eine Autorin, die dies ständig und ständig tue Joanna K. Rowling sei. Wenn wir mit unseren Büchern also Millionen verdienen wollten, sollten wir es vielleicht ebenso machen.  ;D
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Christian Svensson am 05. Februar 2014, 20:59:55
Nun ja, ich denke, dass es ein himmelweiter Unterschied, ob man für Lektoren, Kritiker und Literaturwissenschaftler schreibt - oder für das "gemeine Volk" - wie ich einer bin.
Wieviel sehr kluge, sehr sachkundige und sehr viel wissende Lektoren wurden wegen Harry Potter gefeuert?
Apropos - ich hatte letzte woche in einer privaten Pokerrunde gegen eine junge Dame gespielt, die wirklich perfektes Poker nach dem Lehrbuch gespielt hatte. sie ist als erste ausgeschieden ...
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Valkyrie Tina am 05. Februar 2014, 21:39:58
Thomas Mann war aber auch eine andere Zeit. Genauso wie Mark Twain eine andere Zeit war. Außerdem, wenn ich mich richtig erinnere, war der gute Mark zu Lebzeiten bei Kritikern nicht eben beliebt. Das kam erst später. Mal ganz abgesehen davon, daß die alle keine Fantasy geschrieben haben.
ich glaub, es ist verschiedentlich schon gesagt worden: Adjektive und Füllwörter an sich sind nicht böse, sondern nur, wenn man sie zu viel benutzt. Und speziell Füllwörter benutzt man viele, wenn man Anfänger ist. Ich hab mal einen Text auf einer Seite prüfen lassen, die einfach nur alle Füllwörter entfernt, und war überrascht, wie viel stärker der Text ohne Füllwörter wurde (Wens intressiert : http://www.philognosie.net/index.php/tests/testsview/135/ )

Mein Fazit: so viele Adjektive benutzen, wie der Text braucht, um richtig zu wirken (Im Zweifelsfall an nichtsahnenden Beta-versuchskaninchen ausprobieren) und wenn die Kritiker meckern- hej, wir schreiben Fantasy! Die Kritiker hassen uns eh  :prost:
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Rynn am 05. Februar 2014, 21:50:46
Zitat von: Valkyrie Tina am 05. Februar 2014, 21:39:58
Thomas Mann war aber auch eine andere Zeit.
Das würde ich auch noch mal unterstreichen wollen. Meiner Meinung nach hilft es der Diskussion nur wenig, aus Romanen zu zitieren, die vor über 110 Jahren geschrieben wurden. Die von uns, die veröffentlichen wollen, wollen das ja in unserem Jahrhundert tun. ;D Und selbst dann müsste man wieder unterscheiden zwischen "literarisch" und "massentauglich" ...

Und mir geht es wie Alana. Mein Problem mit Adjektiven ist meistens, dass sie mir so oft überflüssige Dinge sagen oder Dinge, die besser anders gesagt worden wären. "Die gruselige Atmosphäre des Raumes"; da frage ich mich, was ist denn bitte daran gruselig? Ich will das sehen, nicht vorgesetzt bekommen. "Das grüne Kleid"; interessiert mich die Farbe des Kleides? Wenn die Farbe grün nicht eine besondere symbolhafte Bedeutung hat oder der Protagonist grün hasst und es heute nur für seine Mama trägt, dann nicht. Und das Paradebeispiel "sagt er wütend/spöttisch/fröhlich"; wieso sehe ich das nicht an dem, was er sagt? Bis ich bei dem Adjektiv angekommen bin, habe ich die wörtliche Rede in meinem Kopf sowieso schon gelesen. Chance vertan.

Ich verteufele Adjektive nicht, ich benutze sie auch (natürlich). Ich glaube, dass gut gesetzte Adjektive (sogar mal am Ende einer Inquit-Formel ;)) schön klingen können, eine Pointe setzen können. Aber gerade bei Adjektiven ist der Ratschlag "Bitte in Maßen" oft doch ein guter Weg. Denn, wie eben schon mal bemerkt wurde, vor allem Schreibanfänger greifen häufig viel zu tief in die Adjektivkiste. Und in dem Fall denke ich: lieber zu wenige als zu viele.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Cailyn am 07. Februar 2014, 13:57:47
Also in punkto publizierte Romane, die auch viele Adjektive enthalten, habe ich mir neulich Abend mal die Mühe gemacht, die erste Seite einiger Bücher zu testen (wohlverstanden alles Bestseller aus den letzten 30 Jahren und nicht alte Bücher aus einer anderen Epoche). Da der Anfang nahezu die wichtigste Stelle für einen Autor ist, um ein Buch verkaufen zu können, gehe ich mal davon aus, dass jede dieser Autoren und Autorinnen sein Bestes rausgeholt hat. Also sollte ja die 1. Seite sicher die sprachliche Höchstqualität wiederspiegeln.

Bei folgenden bekannten Gegenwartsautoren habe ich eine "Adjektivitis" gefunden, die kaum mehr relativierbar ist: Tad Williams (Spitzenreiter, da hat man den Eindruck, er züchtet Adjektive geradezu), Diana Gabaldon, Rebecca Gablé, George R.R. Martin, T.C. Boyle, Tom Robbins, Frank Schätzing, Ken Follet, Andrew Davidson, Jo Nesbo, ...

Ich habe jetzt extra Autoren aus ganz verschiedenen Genres genommen, so dass man auch nicht auf den Gedanken kommen kann, nur Fantasy-Autoren bedienen sicher sehr vieler Adjektive, um ihre bunte Welt noch schillernder darzustellen.
Man kann sich da schon fragen, wie das denn sein kann, dass es in so vielen modernen Büchern von Adjektiven wimmelt, wenn sie so "anrüchig" geworden sind, dass Lektoren sie als rotes Tuch betrachten und gleichzeitig feiern andere Riesenerfolge (trotz der Adjektive).

Als Schreibübung habe ich übrigens versucht, ein Kapitel aus meinem Buch komplett ohne Adjektive zu schreiben. Das war schwierig, aber nicht unmöglich. Und in einem muss ich den Adjektiv-Kritikern Recht geben: häufig wählt man Adjektive aus Bequemlichkeit. Man muss schon die kreativeren Winkel des Gehirns aktivieren, damit man ohne Adjektive die gleiche Wirkung erzielen kann. Daher werde ich künftig immer ein paar Adjektive umgehen. Aber nur teilweise, denn warum sollte man etwas nicht benutzten, nur weil es bequem ist? Bequem heisst ja noch nicht, dass es unmotiviert daherkommt.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Sascha am 07. Februar 2014, 16:54:58
Von Schätzing hab ich inzwischen auch schon ein paar Bücher gelesen, da ist es mir aber nie besonders aufgefallen.
Aber ich hatte mal ein Buch ausgeliehen, das hab ich nach ein paar Dutzend Seiten (so viel Chance gebe ich immer) absolut entnervt wieder zurückgebracht.
Gesa Schwartz: "Nephilim"

An sich hat die Frau die Szenen schön "gemalt", man konnte sich richtig die Stimmung vorstellen, wie ein alter Dämonenjäger in der verregneten Nacht mit dem Dämon kämpft. Aber der Stil war unglaublich! Es wimmelte von ganzen Ketten von Adjektiven, und dann Vergleiche, die müssen vor Schmerz schreien, so brutal sind sie an den Haaren herbeigezogen. Nein, nicht Vergleiche, Metaphern trifft's eher.
Echt, da konnte ich einfach nimmer, das war für mich nicht mehr lesbar. Obwohl es mich von der Geschichte her schon interessiert hätte, so weit ich die eben kennengelernt hatte.

Ich muß allerdings sagen, daß ich sogar mal einen Stephen King abgebrochen hab. Da hab ich einfach zu lange drauf gewartet, daß endlich irgendwas relevantes passiert. Ist aber was anderes als ein so anstrengender Stil.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: absinthefreund am 12. März 2014, 19:26:05
Um mal von den Adjektiven wegzukommen und auf Füllwörter im Allgemeinen zurückzukommen:

Wie handhabt ihr es mit Begriffen wie "plötzlich", "mit einem Mal", "ja", "so", "nun" etc.? Das sind Wörter, bei denen ich immer stocke, weil ich Angst habe, eine Sünde zu begehen, aber ohne sie fehlt mir etwas. Benutzt ihr diese Begriffe bedenkenlos oder habt ihr Tricks, wie man z.B. etwas, das "plötzlich passiert" einen Knalleffekt verleiht ohne das Wort zu gebrauchen?
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Fynja am 12. März 2014, 20:19:07
Wörter wie "plötzlich" und "mit einem Mal" würde ich nicht als Sünde bezeichnen, versuche ich aber dennoch zu vermeiden, einfach weil die Wörter eigentlich ein Hilfsmittel darstellen, um eben zu verdeutlichen, dass etwas unerwartet und schnell passiert - besser aber ist eigentlich immer, dies mit dem Schreibstil selbst zu verdeutlichen, das Tempo des Textes zu ändern, zum Beispiel indem man kürzere Sätze bildet, eventuell abgehackte, und gerne (zu gerne) benutze ich auch Gedankenstriche dazu.
"Ja", "So" und "nun" streiche ich auch meistens aus dem Erzähltext selbst. In Dialogen find ich diese Wörter eigentlich völlig okay, so lange man es nicht übertreibt, ansonsten würde ich sie bloß in einem umgangssprachlichen Text verwenden. Die Grundregel ist für mich hier die gleiche wie bei allen übrigen Füllwörtern, nur dann, wenn der Satz mit dem Wort eine andere Bedeutung hat, bleibt es stehen, meistens ist dies bei mir zumindest nicht der Fall.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: absinthefreund am 12. März 2014, 20:58:55
Zitat von: Fynja am 12. März 2014, 20:19:07
Wörter wie "plötzlich" und "mit einem Mal" würde ich nicht als Sünde bezeichnen, versuche ich aber dennoch zu vermeiden, einfach weil die Wörter eigentlich ein Hilfsmittel darstellen, um eben zu verdeutlichen, dass etwas unerwartet und schnell passiert - besser aber ist eigentlich immer, dies mit dem Schreibstil selbst zu verdeutlichen, das Tempo des Textes zu ändern, zum Beispiel indem man kürzere Sätze bildet, eventuell abgehackte, und gerne (zu gerne) benutze ich auch Gedankenstriche dazu.
Gedankenstriche sind nicht so mein Fall, die kommen mir ein bisschen geschummelt vor Meistens könnte da nämlich auch ein Komma stehen, also sitzt der Strich den Satz noch länger (in meinen Augen). An sich nutze ich auch gern die Möglichkeit abgehackte Sätze in schnellen Szenen, aber dann habe ich oft das Gefühl, dass ich den Lesefluss störe. Vielleicht mache ich es noch nicht richtig. :hmmm: Ich tendiere auch zu Sätzen ohne Verb, eine Art Bild, vor allem, wenn es um die plötzliche Sinneseindrücke geht, aber ich habe das Gefühl, so was ist nicht besonders beliebt oder zumindest gängig.

Zitat von: Fynja am 12. März 2014, 20:19:07"Ja", "So" und "nun" streiche ich auch meistens aus dem Erzähltext selbst.
Ich muss mal nach Beispielen forsten, bei denen ich denke, dass ein "so" oder "nun" unvermeidlich ist. Das Gleiche passiert mir mit diesem doofen "wohl" ...
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Fynja am 12. März 2014, 21:11:48
Zitat von: absinthefreund am 12. März 2014, 20:58:55
Gedankenstriche sind nicht so mein Fall, die kommen mir ein bisschen geschummelt vor Meistens könnte da nämlich auch ein Komma stehen, also sitzt der Strich den Satz noch länger (in meinen Augen). An sich nutze ich auch gern die Möglichkeit abgehackte Sätze in schnellen Szenen, aber dann habe ich oft das Gefühl, dass ich den Lesefluss störe. Vielleicht mache ich es noch nicht richtig. :hmmm: Ich tendiere auch zu Sätzen ohne Verb, eine Art Bild, vor allem, wenn es um die plötzliche Sinneseindrücke geht, aber ich habe das Gefühl, so was ist nicht besonders beliebt oder zumindest gängig.
Ich muss mal nach Beispielen forsten, bei denen ich denke, dass ein "so" oder "nun" unvermeidlich ist. Das Gleiche passiert mir mit diesem doofen "wohl" ...

Gerade, wenn es um plötzliche Sinneseindrücke oder dergleichen geht, finde ich diese Methode eigentlich gut. Sowohl bei mir selbst als auch bei Büchern, die ich lese, weil es dem Erleben des Protas nahekommt und eben wirklich diese Abruptheit vermittelt. Ob das beliebt ist oder nicht, kann ich eigentlich gar nicht beurteilen, ich selbst empfinde es aber als passend.
Ja, Gedankenstriche sind wohl auch Geschmackssache. Für mich persönlich wirken sie nochmal ganz anders als Kommata, eben wie ein wirklich plötzlicher Einschub, aber dass du es genau gegenteilig emfindest ist interessant. Ich selbst hab eine zu stark ausgeprägte Vorliebe für sie, und muss wirklich damit aufpassen, dass ich damit nicht übertreibe, aber wenn noch mehr Leute es so empfinden wie du, wär es gut zu wissen, dann muss ich deren Gebrauch an einigen Stellen wohl doch überdenken.

Huch, das "wohl"... Gerade ist mir aufgefallen, dass ich dieses Wort auch in meinem Posting zu oft benutze.  ;D Vorhin habe ich ja gesagt, die Wörter haben dann einen Zweck, wenn sie dem Satz eine andere Bedeutung verleihen, ich glaub, das präzisiere ich mal und behaupte, dass ihr Gebrauch dem Leser auch ein anderes Gefühl vermitteln kann, aber man sollte eben immer prüfen, ob der Satz nicht ohne die Wörter prägnanter ist, ob sie den Text eher aufblähen oder ihm eine persönlichere Note  verleihen. Wenn du da Beispiele hättest, wäre es interessant, das mal zu analysieren.  ;)
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Siara am 12. März 2014, 23:25:01
Zitat von: Fynja am 12. März 2014, 21:11:48
Ja, Gedankenstriche sind wohl auch Geschmackssache. Für mich persönlich wirken sie nochmal ganz anders als Kommata, eben wie ein wirklich plötzlicher Einschub, aber dass du es genau gegenteilig emfindest ist interessant. Ich selbst hab eine zu stark ausgeprägte Vorliebe für sie, und muss wirklich damit aufpassen, dass ich damit nicht übertreibe, aber wenn noch mehr Leute es so empfinden wie du, wär es gut zu wissen, dann muss ich deren Gebrauch an einigen Stellen wohl doch überdenken.
Also ich mag die auch  ;D

Bei abgehackten Sätzen ergibt sich mir oft das Problem, dass ich zu der Struktur Subjekt-Prädikat-Objekt komme, hin und wieder natürlich auch ohne das Objekt. Viel anders kann man kurze Sätze schließlich auch nicht aufbauen, wenn sie mindestens Subjekt und Prädikat enthalten sollen. Wenn sich dadurch die immer gleiche Satzstruktur ergibt, stört das den Lesefluss schon. Deshalb finde ich eine Kombi aus allen Teilen, also abgehackte Sätze, Satzfragmente und Trennung durch Gedankenstriche, oft die beste Lösung.

Aber um mal auf das eigentlich Thema zurückzukommen: "plötzlich" finde ich bei den meisten Gelegenheiten ein unschönes Wort. Ist ein bisschen wie die Lacher im Hintergrund bei Sitcoms - Achtung, hier wird es lustig. Oder eben: Achtung, hier geschieht etwas Überraschendes.

"Mit einem Mal" ist weniger aufdringlich, aber dafür finde ich es auch nur in weniger extremen Situationen angebracht.
Zitat"Mit einem Mal stieß er das Schwert nach vorn..."
:no:

Das hat eher psychologischen Wert, um Reaktionen mehr Bedeutung zu verleihen (jedenfall verwende ich es so).
ZitatIch wollte mich umbringen, sagte sie. Mit einem Mal wurde es still um uns.

Aber am Ende vertraue ich doch immer meinem Sprachgefühl. Manchen Sätze, da stimme ich absinthefreund zu, fehlt ohne Füllwörter einfach etwas.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Anj am 13. März 2014, 07:17:46
Das Wörtchen "Plötzlich" ist für mich ein eyecatcher, der mich komplett aus dem Lesefluss reißt. In meinem ersten Projekt hatte ich das zuhauf im Text und habe jedes einzelne rigoros gestrichen. Als Synonym benutze ich normalerweise "unvermittelt", wenn es gar nicht anders geht. Ansonsten lege ich den Fokus auf das Erleben des plötzlich eintretenden. Sprich, show, don't tell. Woran merke ich, dass es etwas unerwartet und überraschend kommt? Das stelle ich dann meist in den Vordergrung, was in diesem Fall meist bedeutet, es an den Satzbeginn zu setzen. Kurze Sätze benutze ich dafür eher selten, einfach, weil ich als Leser nicht so empfinde, wie die Regel es sagt und mich deswegen bemühe Alternativen zu finden, die ich selbst auch mag. Gedankenstriche kommen bei mir eigentlich nur vor, wenn ich einen Gedanken/ Kommentar einschiebe oder wenn jemand beim sprechen unterbrochen wird.
Als Indikator für etwas Plötzliches, ist es mir bisher noch nie untergekommen. Ich weiß nicht mal, ob ich das richtig interpretieren würde.

Bei den Füllwörtern geht es mir aber auch so, dass mir oft ohne sie etwas im Satz fehlt. Trotzdem streiche ich sie in der Überarbeitung ausserhalb des Dialoges fast zu 100%, weil ich weiß, dass ich die wieder einfügen werde, die mir wirklich wichtig für die Satzmelodie sind. Meist, weil sie eine bestimmte Stimmung transportieren, die ohne sie verloren geht. Alle anderen bleiben draußen, weil sie dem "Erzählgefühl" geschuldet, aber letztlich doch nur Füllwörter waren. Dass sie fehlen, fällt mir dann beim durchlesen aber auch gar nicht mehr auf. Manchen Lesern sind dann zwar auch diese Füllwörter noch zu viel, aber letztlich ist das für mich dann ein Frage von Vorliebe, bzw. des Textes. In manche Texte können mehr Füllwörter hinein, in anderen sollten sie lieber vermieden werden. Je nachdem, in welcher Sprache (salopp, gehoben usw) der Text als Grundtenor verfasst sein soll.
Bei den Dialogen bin ich etwas lascher, da streiche ich nicht alle wieder raus, aber ebenfalls einen Teil. Auch wenn dort mehr stehen können, ohne negativ aufzufallen, gilt für mich, je sparsamer ich auch hier bin, desto eher kann auch eines im Fließtext stehen.
Sprich, ich habe mir bei den Füllwörtern angewöhnt, mich eher auf mein Lesegefühl, als auf mein Schreibgefühl zu verlassen und folge dem Motto "So viel wie nötig, so wenig wie möglich".
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: HauntingWitch am 13. März 2014, 08:16:35
Das mit dem "plötzlich" sehe ich wie Fynja. Oft braucht es das gar nicht. Wenn ich z.B. eine Gruppe von drei Leuten habe, die gerade etwas bereden und dann schreibe: "Plötzlich erschien eine weitere Gestalt auf dem Platz." Die Person kommt ja so oder so unerwartet, da der Leser bis dahin nur von den dreien weiss. Es ist viel verwirrender (was in diesem Moment das Ziel dieses Satzes ist), wenn ich sage: "Eine weitere Gestalt erschien auf dem Platz." Was? Wie? Woher kommt der denn jetzt? Dieses "plötzlich" davor nimmt eigentlich nur die Plötzlichkeit weg. Es gibt aber auch Sätze, bei denen ich es nicht als störend empfinde, da lasse ich es drin (habe jetzt gerade kein Beispiel zur Hand). Ich mache das weitgehend nach Gefühl, immer mit der Überlegung: Was möchte ich mit diesem Satz erreichen? 

So, nun ja, die komischen Umgangssprache- und Floskel-Wörter. Bei denen überlege ich mir immer, wer gerade spricht. In einem Dialog zweier Grosstädter in der Gegenwart ist das sicher in Ordnung. In einem personalen Erzähler eines ebensolchen, auch. Nicht aber bei einem Jahrtausende alten Engel, der noch nicht einmal von dieser Welt ist. Als Fan von "stay in character" versuche ich, die Sprache des jeweiligen Perspektivträgers zu benutzen, so wie er im Alltag auch reden würde. Und wenn er halt nun einmal so tickt, dass er in Sätzen mit "und" am Anfang denkt, weil das ja keinen stört, dann schreibe ich das auch so.  ;D
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Ary am 13. März 2014, 09:21:05
"Plötzlich" klingt für mich immer so ein bisschen nach Grundschulkinder-Aufsatz, ich schreibe es nie - und wenn doch, dann fliegt es bei nächster Gelegenheit. Auch Formulierungen wie "Als sie das blutverschmierte Messer auf dem Tisch bemerkte, überfiel sie ein plötzliches Gefühl von Übelkeit". In dem "überfiel" ist das "plötzliche" ja schon impliziert, da muss man es nicht doppelt und dreifach beschreiben.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Churke am 13. März 2014, 12:11:28
Abschreckende Beispiele für "plötzlich": immer wieder R.A. Salvatore
Da werden Ereignisse als "plötzlich" oder "urplötzlich" bezeichnet, um Dramatik und Tempo zu erzeugen. Besonders daneben ist "plötzlich" im Zusammenhang mit Kampfszenen.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Siara am 13. März 2014, 12:27:09
Zitat von: Churke am 13. März 2014, 12:11:28
Besonders daneben ist "plötzlich" im Zusammenhang mit Kampfszenen.
Das möchte ich gerne noch mal unterstreichen. In solchen Situationen nimmt das Wort nicht nur jede Spannung - für mich verzerrt es die Szene sogar komplett ins Lächerliche.

Was haltet ihr von Szenen, in denen durch das "plötzlich" keine Geschwindigkeit, sondern eine neue Erkenntnis oder Wahrnehmung verdeutlicht wird? Ein Beispiel: "Plötzlich wirkte er beinahe geschäftlich und diese neue Seite an ihm trug nicht gerade zu meinem Vertrauen in ihn bei."

In so einem Fall hebt es für mich den Gegensatz zum bisherigen Verhalten hervor, da verwende ich es schon. Diese ganze Diskussion hat mich allerdings ein wenig ins Grübeln gebracht  :hmmm:
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Coppelia am 13. März 2014, 13:23:03
Ich kann wie bei vielen solchen Diskussionen im Forum nur schlecht nachvollziehen, was an dem Wort "plötzlich" so schlimm sein soll. Oft ist es hier so, dass jemand eine Sache anspricht und dann viele dazu schreiben, dass so etwas in ihren Augen gar nicht ginge. Es ist natürlich auch jedermanns gutes Recht, das so zu sehen. Aber ich bin dann immer etwas verdutzt, weil ich offenbar schon jahrelang mit Wörtern und mit Methoden arbeite, die jenseits von Gut und Böse sind oder von anderen als Grundschul-Niveau empfunden werden. ;)

Wie gesagt: Das trifft für mich auch auf "plötzlich" zu. Wenn etwas plötzlich passiert, dann sehe ich kein Problem darin, das als Autor auch so zu schreiben. Wenn es generell nicht in Ordnung wäre, zu schreiben, dass etwas plötzlich passiert, müsste man auch entsprechende Synonyme vermeiden (auf einmal, von einem Moment auf den anderen, unvermittelt ...). Aber was sollte daran der Vorteil sein, außer dass man als Autor in seinen Möglichkeiten eingeschränkt wird?

Was genau ist an "plötzlich" speziell bei Kampfszenen das Problem? Warum wird die Szene dadurch sogar unfreiwillig komisch? ??? Könnt ihr ein Beispiel nennen? Dann kann ich vielleicht besser verstehen, was ihr meint.

Ich muss aber sagen: "plötzlich" hat nicht sehr viel Biss für mich - wenn etwas wirklich wahnsinnig verblüffend unvermittelt passiert, versuche ich es schmissiger zu formulieren. ("Franz blinzelte. Eben hatte diese verhüllte Gestalt doch noch nicht in der Raumecke gestanden, oder?")

Überflüssige Wörter sollte man generell vermeiden. Aber dazu gehört "plötzlich" für mich nur dann, wenn das Plötzliche aus dem Satz sonst schon deutlich wird.
Viele Wörter sind aber noch nicht unbedingt viele überflüssige Wörter, auch wenn ich als Cicero-Schülerin manchmal in der Hinsicht aufpassen muss. ;) Generell denke ich: Kann man ein Wort streichen, ohne dass der Satz leidet, sollte man es auch.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Siara am 13. März 2014, 13:52:07
@Coppelia: Es ist tatsächlich persönliches Empfinden, schätze ich. Von Verboten beim Schreiben halte ich ohnehin nichts, denn allen recht machen kann man es schließlich sowieso nicht.

Mit dem "plötzlich" habe ich persönlich wirklich ein Problem. Es klingt nicht unbedingt nach Grundschulniveau, aber es erzielt einfach bei mir während des Lesens nicht den gewünschten Effekt. Ich hatte oben einen Vergleich mit Sitcoms und den eingeschnittenen Lachern gestellt, den ich eigentlich ganz passend finde: Man findet einen Witz nicht lustig, weil die Lacher im Hintergrund sind. Und eine Handlung gewinnt nicht an Überraschung, wenn ein "plötzlich" davor steht. Daraus würde ich auf keinen Fall eine universale Regel formulieren (auch wenn meine Zustimmung zu Churkes Beitrag so klang - Entschuldigung dafür :versteck: ). Am Ende ist es doch immer am besten, von Situation zu Situation zu entscheiden.

Ein Beispiel, das ich wirklich schlecht finden würde: "Plötzlich schlug er ihn nieder." Wenn das "plötzlich" das einzige Instrument ist, um Geschwindigkeit oder Überraschung zu erzeugen, und sich ansonsten herzlich wenig um Stilmittel gekümmert wird, klingt das für mich lieblos. So etwas lese ich nicht gern. Wenn auch der Rest abgestimmt ist, ist das "plötzlich" meistens aber gar nicht mehr nötig. Wenn es doch einmal passt, habe ich absolut nichts dagegen.

Ich hatte mich da ein wenig falsch ausgedrückt. Also: Als ergänzendes Stilmittel in Ordnung, wenn es den extra Pfeffer gibt. Aber nicht, um einen vollkommen lahmen Satz aufzupeppen.   
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Coppelia am 13. März 2014, 14:29:28
"Plötzlich schlug er ihn nieder" wäre in einer Kampfsituation wirklich merkwürdig - da müsste man ja ohnehin damit rechnen, dass das passiert, und vermutlich spielt sich alles schnell ab. Der Hinweis wäre also fehl am Platz, da kein Gegensatz zu dem vorigen Kampf besteht - falls es das ist, was du meinst.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Siara am 13. März 2014, 14:53:30
Ohne größeren Zusammenhang finde ich das gerade ein bisschen schwierig. Was ich mit dem Beispiel eigentlich ausdrücken wollte, war, dass es ohne das "plötzlich" vollkommen plump wäre. "Er schlug ihn nieder." ist für mich ein trockener, langweiliger Satz, der in einer eigentlich spannendes Szene nichts zu suchen hat. An einem einzelnen Satz finde ich es gerade wirklich schwer festzumachen, es geht mir mehr ums Ganze. Was mich in Kampfszenen stört, ist, wenn der Autor sich vollkommen auf die Wirkung von Formulierungen wie plötzlich, mit einem Mal oder Ähnlichem verlässt. Die Spannung und Geschwindigkeit des Textes sollte im Großen und Ganzen für sich selbst sprechen, und dann können diese Wörter als kleine Unterstützung verwendet werden.

Kannst du vielleicht ein Beispiel geben, wo du ein "plötzlich" während eines Kampfes angebracht findest? Sonst fangen wir glaube ich an, aneinander vorbei zu reden  ;)
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Churke am 13. März 2014, 15:28:10
Zitat von: Coppelia am 13. März 2014, 13:23:03
Wenn etwas plötzlich passiert, dann sehe ich kein Problem darin, das als Autor auch so zu schreiben.
Nicht das Wort ist schlimm, sondern die Art und Weise, wie es häufig verwendet wird. "Plötzlich" ist ein Klassiker aus der Reihe "tell, don't show". Wenn der Autor aus Denkfaulheit und Bequemlichkeit ein deskriptives "plötzlich" in den Text klatscht, dann kommt das nicht immer gut an.

Zitat
Was genau ist an "plötzlich" speziell bei Kampfszenen das Problem? Warum wird die Szene dadurch sogar unfreiwillig komisch? ??? Könnt ihr ein Beispiel nennen? Dann kann ich vielleicht besser verstehen, was ihr meint.
Da müsste ich nach Hause und R.A. Salvatore raus kramen.  ;D

Aber im Prinzip geht das in die Richtung "plötzlich schlug er ihn nieder."
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Coppelia am 13. März 2014, 16:16:44
Ich muss noch mal länger nach einem Beispiel suchen - mein kurzer Check hat mir verraten, dass ich eine ganze Menge "plötzlich"-Wortwiederholungen streichen muss. Wozu so ein Thread manchmal gut sein kann. :d'oh:
In meinen Kampfszenen - wovon es allerdings nur wenige gibt - habe ich das Wort gar nicht, soweit ich sehen kann, aber sonst könnte ich es etwas weniger inflationär benutzen. Vielleicht brauche ich doch mal die Stilprüfung von Papyrus Autor.

Ich melde mich noch mal, wenn ich eine passende Stelle finde. ;D
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Cailyn am 13. März 2014, 16:20:00
Ich glaube, das mit dem Grundschulniveau "könnte" einem deshalb in den Sinn kommen, weil es der erste Begriff ist, den man in der Schule lernt, um ein unerwartetes Ereignis anzukündigen. Deshalb gebe ich auch zu, dass ich als Teenager vermutlich sehr oft "plötzlich" geschrieben habe, weil ich kein anderes Wort dafür kannte. Heute reiht sich "plötzlich" zu den anderen Möglichkeiten, und ich verwende die Synonyme abwechselnd.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: et cetera am 13. März 2014, 19:31:56
Ehrlich gesagt verstehe ich bei den meisten Diskussionen hier nicht, was das Problem ist. Alles, was man beim Schreiben tun kann, wirkt unschön, wenn man es zu häufig oder an unpassenden Stellen macht. Das heißt aber nicht, dass man manche Wendungen nie verwenden sollte. Es gibt sicher Kampfszenen, bei denen ein "plötzlich" passt, und man darf auch mal ein Adjektiv mehr verwenden oder einen Satz mit "Und" beginnen. Man sollte sich natürlich immer überlegen, ob man das, was man geschrieben hat, nicht anders machen könnte (ich werde bei meiner nächsten Überarbeitung einige meiner zahlreichen "Blicke" rauswerfen), aber von vorneherein verbieten sollte man sich meiner Ansicht nach gar nichts.

Im Übrigen gilt das meiner Meinung nach auch beim "show, don't tell". Ich habe schon einige Geschichten gelesen, bei denen der Autor so bemüht darum war, alles nur indirekt zu zeigen, dass man keine Ahnung hatte, worum es überhaupt geht.

Also: Man sollte die Regeln kennen und sich ihrer bewusst sein, aber sklavisch dran halten würde ich mich nicht daran.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Coppelia am 14. März 2014, 04:54:46
Ich finde, das hast du sehr schön zusammengefasst. Auch, was mich an vielen Diskussionen hier irritiert.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Exilfranke am 25. März 2014, 15:02:57
Besonders im Bereich Fantasy nehmen Beschreibungen von Orten, Landschaften und Personen eine sehr wichtige Rolle ein. Eine fremde Welt sollte im besten Fall im Kopf des Lesers Gestalt gewinnen und sich gerade in ihrer Fremdartigkeit von Büchern mit realer Szenerie unterscheiden. Sicher: Eine stimmungsvolle Beschreibung ist immer der Atmosphäre zuträglich, doch sollte es wenig verwundern, dass die Beschreibung eines Kugelschreibers weniger Zeilen in Anspruch nimmt, als die eines exotischen Kulturgegenstands unbekannter Herkunft. In welchem Umfang das geschieht, ist natürlich Geschmackssache. Es gibt viele Grauzonen zwischen der Detailversessenheit eines Tolkien, dem parodistischen Stil eines Pratchett, der adjetivreichen Umschreibung eines Lovecraft und der sprachliche Nüchternheit (manche meinen Einfachheit) eines Dan Brown − um auch ein Beispiel aus einem anderen Genre zu nennen.  Zwei fiktive Textbausteine zur Verdeutlichung:

Beispiel 1: "Langsam stieg die rubinrote Scheibe der Sonne über den zerklüfteten und schneebedeckten Rand des gewaltigen Mommur-Gebirges, welches durch alte Schriften und geflüsterte Gerüchte für seine uralten, verlorenen Zwergenminen bekannt war, die noch immer Schätze von unglaublicher Pracht in ihren altehrwürdigen, jedoch jetzt von bösen und unheiligen Kreaturen heimgesuchten Hallen beherbergen sollten. Von Süden her trieb ein leiser Wind die fremdartigen und doch vertrauten Gerüche des nahen Waldes an die Nasen der müden Reisenden, ein Geruch von harzigen Tannennadeln, altem Holz und den moosbewachsenen Geheimnissen, die im Inneren des Forst schlummerten und von denen nur noch halbvergessene Sagen am Lagerfeuer kündeten." 

Beispiel 2: "Die Sonne ging über den Bergen auf. Man erzählte sich von alten Zwergenminen im Gebirge, und den Kreaturen, die jetzt dort wohnten. Dann kam ein Wind von Süden auf brachte den Geruch des nahen Waldes mit sich.

Detailreiche Beschreibungen haben ihre Daseinsberechtigung, sind sogar wichtig, wenn sie als Stilmittel bedacht eingesetzt werden. Sie sollen stimmungsfördernd, niemals Selbstzweck sein. Wenn sie dann auch noch dem Plot dienen, kann nur noch wenig schief gehen. Seitenlange Landschafts-Onanie kann schnell ermüdend und das Interesse des Lesers schmälern. Im schlimmsten Fall ist das Buch bereits beiseite gelegt, wenn der Plot  wieder an Fahrt aufnimmt.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Guddy am 25. März 2014, 15:12:12
Ganz davon abgesehen, dass ich et cetera zustimme, ist mir auch aufgefallen, dass die Texte, die besonders viele Adjektive enthalten, hier im Forum besonders ausgiebig gelobt werden. Bei einem Text stand sogar zu jedem Substantiv mindestens (!) ein Adjektiv, was ich persönlich zu viel fand. Aber offensichtlich findet Adjektivitis trotz der lauter Kritiker hier viele Fans. Und das kann ich durchaus nachvollziehen, denn ich mag Adjektive ;)
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Sunflower am 25. März 2014, 15:15:19
Ich finde, bei Landschaftsbeschreibungen usw. braucht man Adjektive. Im laufenden Text auch - aber nicht immer. Und wenn man auf eins verzichten kann, kann das auch weg. Ich mag Show don't Tell und versuche auch, es umzusetzen, weil es oft lebendiger beschreibt. Nicht immer.
Aber als ich vor zwei Jahren mal einen Text korrigiert bekommen habe, war ein großer Kritikpunkt "zu viele Adjektive". Ich denke, man muss schon auf ein gutes Gleichgewicht achten. Aber gerade bei Beschreibungen geht es einfach nicht ohne Adjektive.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Exilfranke am 25. März 2014, 15:19:07
Ich glaube, dass das die Adjekivarmut in der zeitgenössischen Unterhaltungsliteratur zum Teil eine Modeerscheinung oder eine Strömung im Literaturbetrieb ist, die sich "durchgesetzt" hat, oder zumindest suggeriert, sich durchgesetzt zu haben. Geht man nur 70 Jahre zurück in die Vergangenheit, sieht das schon ganz anders aus. Lest mal Arthur Machen, Robert E. Howard oder Lord Dunsany. Oder - um ein Beispiel aus noch weiter zurückliegender Vergangenheit anzuführen - Effi Briest von Theodor Fontane. Da wird man ja geradezu erschlagen von Adjektiven.

ZitatIn Front des schon seit Kurfürst Georg Wilhelm von der Familie von Briest bewohnten Herrenhauses zu Hohen-Cremmen fiel heller Sonnenschein auf die mittagsstille Dorfstraße, während nach der Park- und Gartenseite hin ein rechtwinklig angebauter Seitenflügel einen breiten Schatten erst auf einen weiß und grün quadrierten Fliesengang und dann über diesen hinaus auf ein großes, in seiner Mitte mit einer Sonnenuhr und an seinem Rande mit Canna indica und Rhabarberstauden besetzten Rondell warf. Einige zwanzig Schritte weiter, in Richtung und Lage genau dem Seitenflügel entsprechend, lief eine ganz in kleinblättrigem Efeu stehende, nur an einer Stelle von einer kleinen weißgestrichenen Eisentür unterbrochene Kirchhofsmauer, hinter der der Hohen-Cremmener Schindelturm mit seinem blitzenden, weil neuerdings erst wieder vergoldeten Wetterhahn aufragte.

Und wer würde wagen, Theodor Fontane schlechten Autor zu schimpfen? Jedenfalls ist festzuhalten, dass wir es hier mit keiner historisch legitimierten Gesetzmäßigkeit zu tun haben und vermute, dass es vielmehr mit den veränderten Lesegewohnheiten der Menschen zu tun hat. Ein Text muss heute leicht zugänglich und verdaulich sein, siehe Dan Brown. Es gibt auch gegenwärtige Autoren, die sich nicht an daran halten, wie Patrick Süßkind oder ganz extrem Walter Moers.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Siara am 25. März 2014, 15:32:20
Zitat von: Guddy am 25. März 2014, 15:12:12
Aber offensichtlich findet Adjektivitis trotz der lauter Kritiker hier viele Fans. Und das kann ich durchaus nachvollziehen, denn ich mag Adjektive ;)
Ich auch ;D Aber nur dort, wo sie neue Informationen bringen. Ich kann es zum Beispiel überhaupt nicht ausstehen, wenn eine Figur, die schon seit hunderten Seiten bekannt ist, immer wieder so beschrieben wird. "Der Blick aus seinen blauen Augen streifte ruhelos umher, während er sich unablässig durch das dunkle Haar fuhr." Ja, die Augen sind blau. Weiß ich. Und das Haar dunkel. Hält der Autor mich für so vergesslich? Das klingt für mich ganz klar nach Füllwörtern, die zwar schon eine Aussage haben, aber nebenbei absolut keinen Zweck erfüllen.

Und manchmal kann es eben auch zu detailreich werden, nämlich dann, wenn unter den ganzen Adjektiven die Aussage des Satzes untergeht. Aber dort, wo Adjektive ein besseres Bild vermitteln und eine bestimmte Atmosphäre stärken, dürfen sie für meinen Geschmack gerne vorkommen. Nicht unbedingt vor jedem Substantiv, aber doch häufiger, als so mancher "Schreibratgeber" rät.

Dein Beispielzitat, Exilfranke, wäre mir auf jeden Fall zu heftig. Da muss man sich beim Lesen beinahe anstrengen, um den eigentlichen Satz zu erkennen. Aber gut, das war wohl schlich eine andere Zeit, da lag Umständlichkeit eben noch im Trend. Schön zu lesen ist es. Aber als Roman hätte ich daran keine Freude.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Exilfranke am 25. März 2014, 15:34:37
Das Beispiel stammt von Fontane, das andere von mir. Ich wollte nur verdeutlichen, wie unterschiedlich man einen Absatz mit gleichem Inhalt darstellen kann. Die Grundaussage ändert sich nicht, nur der Umfang der Beschreibung. Das sind zwei Extreme, ich glaube fest daran, dass es eine goldene Mitte gibt.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Siara am 25. März 2014, 15:42:25
Zitat von: Exilfranke am 25. März 2014, 15:34:37
Das Beispiel stammt von mir.
Nein, ich meinte das im letzten Post. Das ist doch von Fontane, oder?  ???

Was deine beiden Beispiele betrifft, finde ich das erste auch besser. Viel besser. Denn da steigt man ja trotz allem noch ohne Probleme durch. Rarheit wie in der zweiten Version ist vielleicht hier und da auch ein interessantes Stilmittel, aber mir gefallen im Regelfall detailreichere Beschreibungen - wenn auch nicht dauernd und auf jeder Seite, man will ja auch vorankommen.

Edit: Hast du deinen letzten Beitrag geändert, Exilfranke? Oder habe ich mich einfach verlesen und mal wieder Unsinn geschrieben? Und natürlich, die goldene Mitte ist wohl in jeder Hinsicht das Ziel, nicht nur bei Adjektiven.  :)
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Coppelia am 25. März 2014, 16:03:09
Ich war ja nie ein Feind von Adjektiven im Text, aber ich wollte noch mal erwähnen: Bei meinem momentanen Lektorat (professionell) werde ich z. T. dazu angehalten, Adjektive im Text zu ergänzen.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Exilfranke am 25. März 2014, 16:06:44
Zitat von: Coppelia am 25. März 2014, 16:03:09
Ich war ja nie ein Feind von Adjektiven im Text, aber ich wollte noch mal erwähnen: Bei meinem momentanen Lektorat (professionell) werde ich z. T. dazu angehalten, Adjektive im Text zu ergänzen.

Das ist dann wohl sowas wie der Rückkopplungseffekt, was? In den seltenen Fällen, wo ich mal in aktuelle Bücher reingucke, habe ich mir angewöhnt, willkürlich eine Seite aufzuschlagen und diese zu lesen. Wenn es der Autor nicht schafft, auf dieser Seite ein Bild zu erzeugen oder eine Atmossphäre zu vermitteln, dann landet das Buch ungekauft zurück im Regal.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Coppelia am 25. März 2014, 16:18:41
Ich behaupte mal, dass das nicht auf mich zutrifft und nicht der Grund für die Ergänzung der Adjektive war. Na ja, jedenfalls will ich das hoffen. ::) Wie dieser Thread verrät, kann man Atmosphäre auch sehr gut auf andere Art erzeugen.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Christian Svensson am 25. März 2014, 17:19:36
Die als "Adjektivitis" bezeichnete Krankheit ist wohl eher eine Modeerscheinung. Natürlich hat auch ein Mark Twain mal gesagt "Wenn sie ein Adjektiv finden, erschlagen Sie es." Nur zu sagen - ich verzichte auf Adjektive - funktioniert nicht. Es gibt sie nicht ohne Grund in der deutschen Sprache. Aber genau wie bei Verben, gibt es passende und weniger passende, bzw. Adjektive, deren Bedeutung so allgemein ist, dass sie kein Bild erzeugen. "schön", "unglaublich" usw. . Am liebsten ist mir die Kombination "unglaublich schön"  ;D
Hinzu kommt noch ein paar andere Punkte. In welchem Kontext stehen sie? In einer Liebesszene oder in einer Actionszene? Frauen und Männer lesen/schreiben anders.
Dann haben wir noch das Problem der Perspektive. Die heutige Modeperspektive ist die personale. Sie verlangt meines Erachtens einen ganz anderen Umganmg mit Adjektiven als die Auktoriale bzw. Auktorial Neutrale, die früher in Mode war.
Generell - es muss passen. Für den Satz, für das zu erzeugende Bild, für die Perspektive, für den Lektor, für das Genre, für den Leserkreis, für das Geschlecht. Habe ich etwas vergessen? Ja - dass es nicht möglich ist, eine generelle Aussage zu treffen. Höchstens, dass die Tendenz dahin geht, auf Adjektive nach Möglichkeit zu verzichten ...
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Nandriel am 25. März 2014, 23:03:45
Zitat von: Exilfranke am 25. März 2014, 15:02:57
[...]
Beispiel 1: "Langsam stieg die rubinrote Scheibe der Sonne über den zerklüfteten und schneebedeckten Rand des gewaltigen Mommur-Gebirges, welches durch alte Schriften und geflüsterte Gerüchte für seine uralten, verlorenen Zwergenminen bekannt war, die noch immer Schätze von unglaublicher Pracht in ihren altehrwürdigen, jedoch jetzt von bösen und unheiligen Kreaturen heimgesuchten Hallen beherbergen sollten. Von Süden her trieb ein leiser Wind die fremdartigen und doch vertrauten Gerüche des nahen Waldes an die Nasen der müden Reisenden, ein Geruch von harzigen Tannennadeln, altem Holz und den moosbewachsenen Geheimnissen, die im Inneren des Forst schlummerten und von denen nur noch halbvergessene Sagen am Lagerfeuer kündeten." 
[...]

Ich muss gestehen, dass mir dieses Beispiel persönlich überhaupt nicht zusagt, denn ich empfinde es als überladen, auf mich wirkt es, als wäre mutwillig so viel wie nur irgend möglich in einen einzigen Satz gequetscht worden (Stichwort Mammutsatz - bin ich Expertin für, könnt ich dauernd schreiben, mag nur keiner lesen ;D). Klar, das war jetzt nur ein fiktives Beispiel, aber wenn ich dich richtig verstanden habe eines dafür, dass Adjektive gerade in Landschaftsbeschreibungen die Atmosphäre verdichten und entsprechend transportieren sollen. Wie gehabt - auf mich wirkt das eher kontraproduktiv.


Zitat von: Exilfranke am 25. März 2014, 15:19:07
Ich glaube, dass das die Adjekivarmut in der zeitgenössischen Unterhaltungsliteratur zum Teil eine Modeerscheinung oder eine Strömung im Literaturbetrieb ist, die sich "durchgesetzt" hat, oder zumindest suggeriert, sich durchgesetzt zu haben. Geht man nur 70 Jahre zurück in die Vergangenheit, sieht das schon ganz anders aus. Lest mal Arthur Machen, Robert E. Howard oder Lord Dunsany. Oder - um ein Beispiel aus noch weiter zurückliegender Vergangenheit anzuführen - Effi Briest von Theodor Fontane. Da wird man ja geradezu erschlagen von Adjektiven.

Und wer würde wagen, Theodor Fontane schlechten Autor zu schimpfen? Jedenfalls ist festzuhalten, dass wir es hier mit keiner historisch legitimierten Gesetzmäßigkeit zu tun haben und vermute, dass es vielmehr mit den veränderten Lesegewohnheiten der Menschen zu tun hat. Ein Text muss heute leicht zugänglich und verdaulich sein, siehe Dan Brown. Es gibt auch gegenwärtige Autoren, die sich nicht an daran halten, wie Patrick Süßkind oder ganz extrem Walter Moers.

Tja, und nun weiß ich auch, was genau mich oben gestört hat ;)
Es würde tatsächlich kaum jemand Fontane als schlechten Autor bezeichnen (wobei, meine Schüler vielleicht schon, zumindest tun sie das zum Teil gerade bei E.T.A. Hoffmann...), aber das heißt noch lange nicht, dass jemand, der heute diesen Schreibstil imitiert, ebenfalls für gut befunden würde bzw. werden müsste. Du hast ja auch schon selbst erkannt, dass die Art und Weise, wie geschrieben wird, sehr stark vom Zeitgeist abhängig ist. Wenn ich also Fontane lese, tue ich das immer auch vor dem Hintergrund seiner Zeit. Sein Schreibstil in der heutigen Zeit wirkt jedoch, freundlich ausgedrückt, fehl am Platz.
Ja, Sprache unterliegt einem stetigen Wandel. Das kann man nun mögen oder nicht, aufhalten lässt es sich aber niemals. Ich bin manchmal ehrlich geschockt über die heutige Jugendsprache, und auch Anglizismen mag ich nicht. Ich würde aber dennoch nicht in der Sprache meiner Oma formulieren, nur weil ich die "schöner" finde (es sei denn ganz bewusst als Kontrast oder mit Omas als Zielpublikum).

Anders ausgedrückt: Ich lese sehr gerne Goethes Werke - komm du mir allerdings mit seiner Sprache an, und ich pfeffere dein Buch nach spätestens zwei Seiten in die Ecke ;D
Ich. Für mich. Ganz subjektiv.

Übrigens mag ich starke Adjektive (also eben gerade nicht "unglaublich schön", wie Bardo schon angemerkt hat) wirklich gerne! Ich behaupte aber: Einige (viele?) Autoren sind schlichtweg überfordert mit der präzisen Handhabung dieser äußerst effektiven Wortwaffe. [Mei, wasn Bild...]
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Exilfranke am 25. März 2014, 23:21:09
ZitatIch muss gestehen, dass mir dieses Beispiel persönlich überhaupt nicht zusagt, denn ich empfinde es als überladen, auf mich wirkt es, als wäre mutwillig so viel wie nur irgend möglich in einen einzigen Satz gequetscht worden.

Keine Sorge wegen des Geständnisses. Wie richtig erkannt von dir, habe ich diesen Satz nur entworfen, um das eine Extrem zu verdeutlichen. Der Satz entspricht auch nicht meinem Ideal. Wenn ich wollte, könnte ich zwar so schreiben, aber lesen würde ich es nicht wollen. Es ist einfach ein Overkill an Informationen. Der Autor möchte - ganz hibbelig - seinem Leser am Liebsten so viel wie möglich von seiner Welt zeigen, und verliert sich dabei in Nebensächlichkeiten.

Ich würde gerne noch ein weiteres Beispiel diskutieren, und zwar aus meiner momentanen Abendlektüre, Elric von Melniboné von Michael Moorcock:

ZitatIn einer dunklen Nacht erreichten sie die Grenzen der Stillen Landen markiert durch den Sumpf, und schlugen ihr Lager auf; sie errichteten das Seidenzelt auf einem Hügel, der das nebelverhangene Ödland überschaute.
Die Wolken lagen wie schwarze Kissen vor dem Horizont und wirkten bedrohlich. Der Mond lauerte dahinter und vermochte sie ab und zu soweit zu durchdringen, dass sich ein zögernder, bleicher Finger auf den schimmernden Sumpf oder seinen ungleichmäßigen Grasrand senkte. Einmal spiegelte sich ein Mondstrahl auf Silber und erhellte Elrics dunkle Silhouette, doch als widere ihn der Anblick eines Lebewesens auf dem öden Hügel an, bezog sich der Mond hinter seinem Wolkenschild und ließ Elric tief in Gedanken versunken zurück. Und in Der Dunkelheit, die er sich wünschte.
Donner grollte über fernen Bergen und hörte sich an wie das Lachen entfernter Götter. Elric erschauderte, zog den blauen Mantel enger um sich und starrte über die nebelbedeckte Senke.

Ist das jetzt guter Stil oder schlechte Form? Immerhin hat Michael Moorcock mehr Bücher veröffentlicht, als wir zu träumen wagen. Sein Elric gehört zur Pop-Kultur und er selbst wir als einer der besten und einflussreichsten Fantasy-Autoren gefeiert. Ich komme immer mehr zum Schluss, dass es hier keine Gesetzmäßigkeiten gibt, und alles andere nur scheinbar marktorientiertes Modegewäsch ist. Und selbst mir fällt auf, dass die Doppelung ferne Berge und entfernte Götter nicht gerade glücklich ist. Vielleicht wird um diese Adjektivits einfach ein zu großes Gewäsch gemacht?
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Nandriel am 26. März 2014, 00:19:05
Ha, interessant...

Die Adjektive wären mir hier weit weniger aufgefallen als die vielen Personifikationen, Metaphern und Vergleiche, die hier zusätzlich geballt präsentiert werden. Mir kommt es so vor, als wolle der Autor hierdurch eine sehr plastische Beschreibung liefern, wobei er sprachanalytisch gesehen (gibt's das Wort?) tatsächlich wirklich viele Stilmittel auf engstem Raum zusammenpresst. Ich persönlich finde die ein oder andere Umschreibung bzw. das ein oder andere erzeugte Bild dabei wirklich gelungen... nur in dieser Fülle reißt es mich aus dem Lesefluss. Warum? Weil es mir auffällt. Ergo: Für mich zu viel. Für andere aber eben nicht.

Hat aber in diesem speziellen Beispiel wirklich wenig mit den Adjektiven zu tun.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Klecks am 26. März 2014, 05:20:26
Das ist wohl eine der großen Fragen des Schriftstellertums: Wie beschreibt man etwas, das man beschreiben muss, ohne zu viele Adjektive zu verwenden? Ich benutze gerne Adjektive und weiß, dass es manchmal ein paar zu viele sind, weshalb ich sie bei einer Überarbeitung streiche. Es ist die komplizierte Kunst des Schreibens, zu beschreiben, ohne zu beschreiben - sprich, show, don't tell hinzubekommen. Ich schätze, anders als durch Erfahrung wird man das auch nie lernen. Ich schreibe jedenfalls lieber mehr Adjektive als zu wenige, und streiche sie dann bei der Überarbeitung.  :hmmm:
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Exilfranke am 26. März 2014, 18:31:12
Aber ist dieses show, don't tell nicht auch eine Modeerscheinung? Die dazu auch noch recht dehnbar interpretiert werden kann? Ich bin nicht so recht zufrieden mit dieser Methodik. Ich habe neulich erst auf Black Gate einen tollen Blog-Eintrag zu unserer Debatte gelesen. Der Autor beschreibt, wie er als Kind das erste mal Conan las und sofort von der farbenfrohen und blumigen Prosa Robert E. Howards fasziniert war:

ZitatWhat enchanted me most throughout these adventures was the prose; it just had its own nature and flavor, its own distinguished way of presenting things. I'd never encountered anything like it before; it was poetic, haunting, powerful. It lent every blow a sort of impact, made every monster tangible. Even the heroes — too powerful, too fast, too smart to ever be real — it made them come alive.

Und dann, bezugnehmend auf moderne Fantasy-Literatur:

ZitatUnfortunately, modern fantasy seems, for the most part, to neglect prose. And that's a shame, because it means all those distinct literary personalities — the whimsy of Leiber, the melancholy of Moorcock, and the fury of Howard — are a thing of the past.
Everyone seems to have adopted the same bland, middle ground style that isn't really anything above functional. That's even the case with recent books I've enjoyed, like James Barclay's Dawnthief and the novels of David Gemmell.
Don't get me wrong — there are a few standouts. I love Jason E. Thummel's prose and I found the Saga of Beowulf by R. Scot Johns (whom no one seems to have heard of but me) really drew me into the fiction.
And don't misunderstand, I love David Gemmell. His characters are excellently done, with believable flaws and sympathetic motivations (yes, even Druss) and I really enjoyed Barclay's Dawnthief.
But I just miss that passion fantasy and prose once shared. For me, at least, that passion is gone.
Now all that's left between them is a bit of fumbling in the dark.

Da ist etwas Wahres dran!

http://www.blackgate.com/2013/09/18/who-took-the-flowers-out-of-my-prose/ (http://www.blackgate.com/2013/09/18/who-took-the-flowers-out-of-my-prose/)
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Klecks am 26. März 2014, 18:51:45
Ich finde das zweite Zitat toll, Exilfranke, vor allem der letzte Teil, dass die Leidenschaft fehlt. Adererseits müssen weniger Adjektive - wie es gerade der Trend zu sein scheint - nicht gleich weniger Leidenschaft bedeuten.   :hmmm:
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Exilfranke am 26. März 2014, 20:50:40
Zitat von: Klecks am 26. März 2014, 18:51:45
Ich finde das zweite Zitat toll, Exilfranke, vor allem der letzte Teil, dass die Leidenschaft fehlt. Adererseits müssen weniger Adjektive - wie es gerade der Trend zu sein scheint - nicht gleich weniger Leidenschaft bedeuten.   :hmmm:

Glaube ich auch nicht, es geht wohl um eine gewisse Blumig- bzw Lebendigkeit der Sprache.
Titel: Re: Füllwörter und Adjektive
Beitrag von: Siara am 26. März 2014, 22:17:04
Zitat von: Exilfranke am 26. März 2014, 20:50:40
Glaube ich auch nicht, es geht wohl um eine gewisse Blumig- bzw Lebendigkeit der Sprache.
Vielleicht gar nicht unbedingt so genau definiert, sondern er könnte schlicht davon sprechen, dass Autoren heute seltener einen eigenen Stil haben. Das ist mir auch schon hin und wieder mal in den Sinn gekommen: Ich habe das Gefühl, als ob ein Stil dann als gut angesehen wird, wenn er unauffällig ist. Und unterscheiden tun sich viele Stile nur noch dadurch, wie gut dieses Unterfangen gelingt. Mich persönlich stört das nicht. Ein unauffälliger Stil ist immer noch besser als einer, bei dem man alle paar Zeilen über eine holprige Formulierung die Stirn kraus zieht. Aber ältere Werke sind oft doch markanter geschrieben, und das auch auf eine Weise, die positiv auffallen kann. Ob die Sprache da blumiger war, ob es mehr Adjektive gab, etc. ist vielleicht nur ein kleiner Aspekt.