Hallo!
Ich habe im Archiv noch nichts zu dem Thema gefunden, aber das mag nichts heißen. Meine Frage ist wie ihr zu den Thema Monolog steht. Vielleicht habe ich zu viele Musicals gehört, aber für mich ist es quasi Pflicht, die Geschichte immer mal wieder zu unterbrechen, den Atem anzuhalten und in Form eines inneren Monologs darüber zu reflektieren, wo der Charakter steht. Was ist zuletzt geschehen? Was bedeutet das für ihn? Was sind deine Hoffnungen und Ängste? Wie geht's weiter? Wie fühlt er sich?
Der Charakter sitzt bspw am See und beobachtet, wie die Sonne im rotgoldenen Wasser versinkt, während er sich Gedanken macht. Das ist für mich wichtig, um einerseits das Tempo zu drosseln und außerdem ganz nah an die Figur heranzugehen und sie noch mal plastischer zu machen.
Ist das veraltet? Macht ihr das anders? Über Dialoge mit Freunden bspw? Eure Meinungen würden mich sehr interessieren!
Zunächst einmal Danke für diese Thema. Ein ganz heißes Eisen, weil es glühende Verfechter des Monologs gibt und andere, die so gar nichts damit anfangen können.
Das erste, was mir spontan einfiel war: Immer wieder eine gute Idee, die Geschichte (oder einen Thread) zu unterbrechen. Auch eine gute Idee, eine Szene so spannend zu schreiben, dass man den Atem anhalten muss. Aber was hat das mit einem Monolog zu tun? Es ist meines Erachtens eine Frage von Tempowechsel und Dynamik, von Erzähltempo vom manchmal sogar als regelmäßig empfohlenen Wechsel von schnell und langsam oder der Platzierung von erzählerischen Ruhephasen zum alleinigen Zweck einen Höhepunkt herauszuarbeiten. Es ist kurzum Plotgestaltung. Man kann innerhalb dieses Themenkreises selbstverständlich auch mit Monologen arbeiten, mit Rückblenden, mit Beschreibungen, mit allem was das Handwerk anbietet.
Wäre es nicht interessanter zu diskutieren, was man mit einem Monolog so alles anstellen kann? Aber ich will Dein Thema hier nicht okkupieren. Klar ist für mich, dass kaum etwas so langweilig ist wie ein überlanger Monolog. Aber auch, dass es Situationen gibt, in denen sich ein Autor klugerweise in den Kopf einer Figur begibt und die Figur denken lässt.
Liebe Grüße
Trippelschritt
Von mir aus können wir hier über alles diskutieren. Natürlich gibt es andere Möglichkeiten das Tempo zu variieren als den Monolog. Aber ich liebe den Monolog, weil er noch mal eine besondere Möglichkeit darstellt Nähe zu bringen und Einsichten zu liefern. Aber ewige Dialoge sind eine Qual. Da fällt mir meine Lieblingspassage aus "Die Brautprinzessin" ein: "An dieser Stelle stand Wesley an der Klippe und hielt einen sechsseitigen Monolog über die Ungerechtigkeit des Schicksals" oder so ähnlich... Wie auch immer: ich benutze den Monolog, um das Geschehene einzuordnen, ins rechte Licht zu rücken und vielleicht auch noch mal über verstorbene Freunde nachzudenken, etc. In der Geschichte passieren oft erschütternde Dinge und in manchen Büchern leben die Figuren weiter, als wenn nichts geschehen wäre. Der Monolog bietet die Chance hier die Geschichte zusammenzuhalten. Zumindest ich benutze ihn so...
Ich muss zugeben, ich gehöre da wohl eher zur "show don't tell"-Fraktion und bin daher kein besonders glühender Verfechter des Monologs, zumindest dann nicht, wenn er extreme Ausmaße annimmt und sich über längere Passagen oder Seiten erstreckt.
Ich für meinen Teil möchte das Innenleben, die Gefühle und Gedanken einer Figur lieber erleben und spüren als sie im Rahmen eines Monologs präsentiert zu bekommen. Natürlich kommt man trotzdem nicht darum herum, die Figuren auch gelegentlich über sich und die Welt reflektieren zu lassen, gerade wenn es um die Fragen geht "Was tue ich jetzt?" oder "Wohin will ich?". Auch da versuche ich aber, das Äußere und das Innere in Einklang zu bringen. Um @Culhams Beispiel aufzugreifen: Es käme mir komisch vor, wenn der/die Prota aus dem Nichts heraus plötzlich über den verstorbenen Freund nachdenkt. Aber wenn es einen externen Auslöser dafür gibt ist das sicher legitim. Klappt aber auch nicht immer so elegant. ;)
Die Kernfrage für mich ist immer: Wozu brauche ich diesen Monolog? Ist er sinnvoll, um dem Leser das Innenleben der Person näher zu bringen (gerade bei komplexen oder ungewöhnlichen Gedankengängen kann das wirklich sinnvoll sein!) oder brauche ich diesen Monolog als Autor, um mir selbst bewusst zu werden, was meine Figur gerade denkt, fühlt oder wie sie handeln wird. Letzteres kann man dann spätestens im Überarbeitungsdurchgang gut streichen, wobei es nicht so einfach ist, diese Stellen zu finden. ;)
Letztlich ist der Einsatz eines Monologs sicher auch eine Typ-, Perspektiv- und Stilfrage. Für manche Perspektivträger oder Erzählweisen mag das gut passen (bei manchen Ich-Erzählern beispielsweise), bei anderen mag es eher unnötiger Balast sein.
Ich denke ein ganz wichtiges Kriterium dabei ist, dass das Reflektierte nicht einfach wiederholt wird. Es muss irgendwie anders präsentiert werden als bisher. Und am Schluss einer solchen Sequenz muss ein Wandel stattgefunden haben, der Monolog muss im Innern des Protas etwas bewegt haben. Am besten ist er zu einem Entschluss gekommen.
In Feuergabe habe ich so eine Szene, in der mein Held über das Geschehene und seine Situation nachdenkt, und am Ende entscheidet, was er tun will.
An sich finde ich solche inneren Monologe allerdings die unnatürliche Form einer "Handlung" (mir fehlt gerade ein besseres Wort dafür). Niemand setzt sich wirklich hin um über etwas zu reflektieren. Und wenn man es doch tut Rennen für Gedanken normalerweise im Kreis.
Bei mir selbst kommen solche entscheidenden Gedankenwendungen im Normalfall wenn ich arbeite oder mich zumindest bewege.
Wenn man das Thema noch erweitern wollte gäbe es ja nicht nur den inneren Monologe, sondern auch einen gesprochenen. Der kann sich auch als Vortrag gestalten, oder wie ich es in Königskinder gemacht habe: eine saftige Standpauke. Hier kann man auch einen Charakter sich mal alles vom Herz reden lassen.
Wenn man es kann, kann man alles machen. :) Ich mag lange innere Monologe ohne äußere Handlung nicht so und wenn ich sie in meinen eigenen Manuskripten habe, bedeutet das meistens, dass etwas mit der Dramaturgie der Szene nicht stimmt. Reflektion ist sehr wichtig, aber das kann man auch zeigen oder in die Handlung einbauen. Es gibt aber durchaus Autoren, die könnten ganze Bücher voll innerem Monolog schreiben und man würde sie gerne lesen.
Ich weiß nicht, ob Monologe in einem Roman nicht in Richtung schlechter Stil gehen.
Da hätten wir den Erklärbär-Monolog, wo der Held über alte Zeiten und was bisher geschah reflektiert.
Dann haben wird den Dilemma-Monolog, wo der Held vor einer schweren Entscheidung steht.
Weiterhin der Sensibelchen-Monolog, in welchem der Held seine Seelenqualen offenbart.
Außerdem der Träumchen-Monolog, in dem der Held seine Pläne für die Zukunft ausbreitet.
Der Monolog geschieht im Kopf des POV. Ein personaler Erzähler wird niemals ganz ohne innere Einsichten auskommen, da er die Handlung kommentiert und sich seine Gedanken dazu macht. Aber das ist was anderes als 2 Seiten Erklärbär-Monolog. Ist es nicht gerade Zeichen von Erzählkunst, den Leser unterschwellig permamente mit Informationen zu versorgen, anstatt irgendwann mal alles mit dem Holzhammmer breit zu klopfen?
Hängt immer von der Szene ab, würde ich sagen. Wenn der Erzähler im Kerker sitzt und auf seine Hinrichtung wartet, kann er schon mal ins Überlegen kommen und irgendwann bei Gott und der Welt landen ...
Zitat von: Culham am 26. Juli 2016, 12:44:31
Vielleicht habe ich zu viele Musicals gehört, aber für mich ist es quasi Pflicht, die Geschichte immer mal wieder zu unterbrechen, den Atem anzuhalten und in Form eines inneren Monologs darüber zu reflektieren, wo der Charakter steht. Was ist zuletzt geschehen? Was bedeutet das für ihn? Was sind deine Hoffnungen und Ängste? Wie geht's weiter? Wie fühlt er sich?
Der Charakter sitzt bspw am See und beobachtet, wie die Sonne im rotgoldenen Wasser versinkt, während er sich Gedanken macht. Das ist für mich wichtig, um einerseits das Tempo zu drosseln und außerdem ganz nah an die Figur heranzugehen und sie noch mal plastischer zu machen.
Ich bin ganz ehrlich: Ich hasse lange Monologe. Ich kann "Tempo drosseln" nicht haben (bitte nicht angegriffen fühlen, finde den Begriff nur sehr geeignet, um ihn aufzugreifen). Es gibt für mich keine schlimmeren Bücher als diese alten Klassiker, die nur aus Monologen und Stream Of Conciousness zu bestehen scheinen und sozusagen nichts passiert. Natürlich passiert etwas, aber man merkt kaum etwas davon. "Narziss und Goldmund" von Hesse habe ich abgebrochen deswegen, ich fand das so langweilig. Und "Jane Eyre" von Bronte auch, nachdem ich den Film gesehen habe. Das besteht zwar aus Dialogen und gute noch dazu, es ist ein wunderschönes Buch. Aber die sind die ganze Zeit nur am Reflektieren. Zumindest kommt es mir so vor, ich sehe ja auch die Gründe, warum das Klassiker sind. Aber mein Geschmack ist einfach anders.
Ich habe es am liebsten, wenn es abgeht. Es muss nicht auf jeder Seite eine Verfolgungsjagd, Schlacht, Explosion oder etwas in der Art sein, aber es muss treibend sein, ich muss dauernd das Gefühl haben, es geht voran. "Schwarz" von King ist ein gutes Beispiel. Vierhundert Seiten One-Man-Show, vierhundert Seiten mit relativ wenig Dialog oder Action im erwähnten Stil, aber ich habe diese vierhundert Seiten in Rekordzeit verschlungen. Weil ich immer das Gefühl hatte, es geht etwas, es läuft, es geht vorwärts, da kommt noch etwas. Und es kommt dann auch wirklich. Das ist ebenfalls wichtig.
Diese Dinge, die du genannt hast, wie der Protagonist sich fühlt, was er denkt und so weiter, versuche ich immer möglichst direkt in die Handlung einfliessen zu lassen. Also z.B. dass er denkt, während etwas passiert. Reflexionsszenen braucht es sicher auch, aber ich versuche immer, die möglichst kurz und gering zu halten, weil ich das selber auch lieber habe. Ich finde, man kann eine Figur auch anders plastischer machen, z.B. mit kleinen Details. (Ich habe in irgendeinem anderen Thread mal eine Vase genommen, die zerbricht. Wenn es nicht irgendeine Vase ist, sondern exakt die eine bestimmte Vase im Haus der Protagonistin, die einen emotionalen Wert für sie hat, weil z.B. Erbstück, bekommt die Figur gleich mehr Tiefe).
Ich denke, man kann aber nicht pauschal sagen, das eine ist richtiger als das andere, wie gesagt, die beiden Klassiker sind ja sehr beliebt. ;) Ich denke, jeder muss für sich entscheiden, wie er es halten möchte.
Zitatder Sensibelchen-Monolog
:rofl: :rofl:
Den nenne ich gerne den "Mimosen-Monolog" ;)
Ich gehöre auch ehrlich gesagt zu den Monolog-Gegnern. Nichts ist für mich schlimmer als mitten in einer spannenden Handlung mit einem Monolog gequält zu werden, in dem der Held oder die Heldin darüber referiert, was sie möglicherweise für Fehler gemacht hat, ob der andere sie doch noch liebt oder wer denn nun der Mörder sein könnte.
Am Meisten stört mich der Monolog in krimis, wenn der Ermittler seitenweise darüber nachdenkt, was dieser neue Fingerabdruck oder das blutige T-Shirt im Müll bedeuten könnte. Ich bin ganz ehrlich: Das überlese ich dann oft.
Wo ich Monologe durchaus passend finde (ähnlich wie FreeamPC) ist in Überlebens-Geschichten. Sprich: Die Heldin gerät in eine lebensbedrohliche Situation (Gefangenschaft, Gletscherspalte, Lebendig begraben) und im Monolog wird ihre innere Stimmung dargestellt, die Angst Unsicherheit, aber auch Stärke, Überlebenswille und Möglichkeiten, der Situation zu entkommen. Das erhöht an einer solchen Stelle in meinen Augen die Spannung noch.
Viele Grüße
Tanja
Zitat von: Tanja am 29. Juli 2016, 11:50:22
Am Meisten stört mich der Monolog in krimis, wenn der Ermittler seitenweise darüber nachdenkt, was dieser neue Fingerabdruck oder das blutige T-Shirt im Müll bedeuten könnte. Ich bin ganz ehrlich: Das überlese ich dann oft.
Aber ist das nicht der Moment, wo der Ermittler die Beweise kombiniert, um auf den Täter zu kommen – also eine der wichtigsten Szenen in einem Krimi? Jetzt hast du mich verwirrt ???
Ich glaube Witch hat ein wichtiges Stichwort geliefert: Klassiker
Früher war es normal Monologe und Gedankengänge nieder zu schreiben. Auktorialen Erzählen war Standard. Seitenweise Beschreibungen gehörten zum guten Ton. Das Erzähltempo war ein ganz anderes, ebenso die Techniken.
Das hat sich mit der Zeit verändert, wahrscheinlich nicht zuletzt mit dem Aufkommen des Films. Selbst dort merkt man, dass alte Werke ganz anders aufgebaut sind - die Original StarTrek Folgen kann ich kaum ansehen, weil die Erzählweise unglaublich langsam und über dramatisiert ist. Zeichentrickserien haben inzwischen viel mehr Schnitte und viel kürzere Sequenzen.
Alles ist schneller geworden und wir Rezipienten haben uns daran gewöhnt.
Also würde ich Monologe und Beschreibungen, weniger Action, mehr tell als Show nicht per se als schlechten Stil bezeichnen, eher als Anachronismus. Damit kann nicht jeder was anfangen, muss auch nicht sein.
Was ich am angenehmsten finde ist der gekonnte Wechsel im Erzähltempo, der schon erwähnt wurde: Monologe und dergleichen an Stellen an denen Prota und Leser eine Verschnaufpause brauchen und auch die Gelegenheit dazu haben.
Zitat von: Tanja am 29. Juli 2016, 11:50:22
Zitatder Sensibelchen-Monolog
:rofl: :rofl:
Den nenne ich gerne den "Mimosen-Monolog" ;)
Ich gehöre auch ehrlich gesagt zu den Monolog-Gegnern. Nichts ist für mich schlimmer als mitten in einer spannenden Handlung mit einem Monolog gequält zu werden, in dem der Held oder die Heldin darüber referiert, was sie möglicherweise für Fehler gemacht hat, ob der andere sie doch noch liebt oder wer denn nun der Mörder sein könnte.
Am Meisten stört mich der Monolog in krimis, wenn der Ermittler seitenweise darüber nachdenkt, was dieser neue Fingerabdruck oder das blutige T-Shirt im Müll bedeuten könnte. Ich bin ganz ehrlich: Das überlese ich dann oft.
Wo ich Monologe durchaus passend finde (ähnlich wie FreeamPC) ist in Überlebens-Geschichten. Sprich: Die Heldin gerät in eine lebensbedrohliche Situation (Gefangenschaft, Gletscherspalte, Lebendig begraben) und im Monolog wird ihre innere Stimmung dargestellt, die Angst Unsicherheit, aber auch Stärke, Überlebenswille und Möglichkeiten, der Situation zu entkommen. Das erhöht an einer solchen Stelle in meinen Augen die Spannung noch.
Viele Grüße
Tanja
Das kann ich nur 100% unterschreiben. Und die Geschichte zu unterbrechen, gehört für mich zu den Todsünden eines Autors. Aber bitte nicht verwechseln mit dem Unterbrechen eines Einzelfadens. Gekonnte Wechsel und gelegentliche Cliffhanger gehören durchaus dazu, obwohl es auch anders geht. Und auch nicht verwechseln mit der Frage des Tempos. Um ein Bild des Autofahrens zu bemühen. Da gibt es die schnelle Gerade, aber auch die enge Kurve. Der Wechsel macht es. Hauptsache es geht vorwärts und man muss nicht anhalten um zu tanken.
Liebe Grüße
Trippelschritt
Vielen Dank schon mal an die vielen Rückmeldungen. Ich nehme für mich erst mal mit: wenn schon Monolog, dann sehr kurz und pointiert. Überlegen, ob ein Dialog nicht den gleichen Zweck erfüllt...
Trotzallem: ich finde es immer noch sehr wichtig, manchmal das Tempo zu reduzieren und halte den Monolog immer noch für ein gutes Mittel, welches allerdings sehr bewusst und sparsam eingesetzt werden sollte. Manche Erlebnisse brauchen Zeit sich zu setzen, manche Entscheidungen müssen reflektiert werden. Es kommt aber sicherlich auch auf den Protagonisten an, ob dies in Form eines Monologs erfolgen muss.
Eine meiner Hauptfiguren hat halt keine Freunde, mit der sie sprechen kann. Er ist introvertiert und nachdenklich. Irgendwie fühlt es sich da falsch an, ihn nicht hin und wieder mal was nachdenken zu lassen...
Zitat von: Trippelschritt am 29. Juli 2016, 14:29:29
Um ein Bild des Autofahrens zu bemühen. Da gibt es die schnelle Gerade, aber auch die enge Kurve. Der Wechsel macht es. Hauptsache es geht vorwärts und man muss nicht anhalten um zu tanken.
Richtig, getankt wird vor der Fahrt oder bei der Rückkehr und nicht zwischendurch! ;D (Sorry, der musste jetzt sein). Aber es gibt schon Situationen, in denen zwischendurch tanken angebracht ist, z.B. wenn man es vor der Fahrt vergessen oder sich verschätzt hat. Auf den Roman übertragen soll das heissen: Wenn der Plot sich so sehr überschlägt, das man nicht mehr mitkommt, stimme ich euch zu, sind Verschnaufpausen angebracht. Aber bitte nicht zu lange. ;) Und wenn man als Autor nicht mehr weiss, wo es denn hingehen soll, kann man schon mal kurz anhalten, um die richtige Bahn wieder zu finden. Also eine langsame oder nachdenkliche Stelle einbauen, die einem hilft, wieder einen Überblick zu erlangen. Umstellen kann man ja hinterher bei der Überarbeitung immer noch.
Zitat von: Churke am 26. Juli 2016, 13:54:45
Ich weiß nicht, ob Monologe in einem Roman nicht in Richtung schlechter Stil gehen.
Da hätten wir den Erklärbär-Monolog, wo der Held über alte Zeiten und was bisher geschah reflektiert.
Dann haben wird den Dilemma-Monolog, wo der Held vor einer schweren Entscheidung steht.
Weiterhin der Sensibelchen-Monolog, in welchem der Held seine Seelenqualen offenbart.
Außerdem der Träumchen-Monolog, in dem der Held seine Pläne für die Zukunft ausbreitet.
Der Monolog geschieht im Kopf des POV. Ein personaler Erzähler wird niemals ganz ohne innere Einsichten auskommen, da er die Handlung kommentiert und sich seine Gedanken dazu macht. Aber das ist was anderes als 2 Seiten Erklärbär-Monolog. Ist es nicht gerade Zeichen von Erzählkunst, den Leser unterschwellig permamente mit Informationen zu versorgen, anstatt irgendwann mal alles mit dem Holzhammmer breit zu klopfen?
Lieber Churke, eigentlich mag ich Deine leicht zynisch klingenden Beiträge immer sehr. Aber hier hier möchte ich Dir doch teilweise widersprechen.
Ein Monolog findet nicht immer ausschließlich im Kopf des POV statt. Das ist nur der innere Monolog.
Der Molog kann jedoch auch jeder andere längere Abschnitt wörtlicher Rede von einem Charakter an einen oder mehrere andere sein, z.B. ein Plädoyer vor Gericht, oder eine Rede. Das ist dann absolut kein Zeichen schlechten Stils, sondern kann geistreich, spritzig, unterhaltsam und dem Plot zuträglich sein.
Deine Erklärbär- und anderen Benennungen halte ich für vorschnell negativ gewählt. Eine Erklärung muss ja nicht zwingend oberlehrer- oder märchenonkelhaft sein. Wenn jemand seine Zukunftspläne darlegt, muss das nicht verträumt sein, sondern kann inspirierend und mitreißend sein, wie jede andere Rede auch. Was ein Monolog grundsätzlich nicht ist, das ist eine (Ruhe-)Pause im Fluss der Ereignisse. Es kann durchaus sein, dass ein Charakter jemanden anschreit und aufrüttelt, er solle seinen Ar*** gefälligst in Bewegung zu kriegen, jetzt wäre nicht die Zeit zum Herumtrödeln, dass er durch seinen Monolog den Fluss der Ereignisse also sogar beschleunigt.
Im Gegensatz dazu kann es sehr mühsam sein, aus zahlreichen Andeutungen und Ereignissen das herauszulesen, was der Autor über die Vorgeschichte, den seelischen Zustand oder die Pläne des POV vermitteln möchte. Weil jeder Mensch eine eigene Denk- und Verständnisweise hat, kann dem einen oder anderen Leser sogar entgehen, was ihm da vermittelt werden soll. Deshalb KANN ein guter innerer Monolog durchaus knapp, kernig und unterhaltsam das vermitteln, was sonst mit vielen Worten im Text versteckt und (manchmal nur mit Glück) wieder gefunden werden muss. Nicht jeder Autor ist so geschickt in "show, don´t tell", dass die hintergründig gegebenen Informationen eindeutig und unterhaltsam beim Leser ankommen. Und ich habe schon an anderer Stelle meine persönliche Meinung dargelegt, wonach ich "show, don´t tell" als durchgängig und allein angewandte Erzählweise für zu umständlich halte. Manchmal ist eine direkte Beschreibung besser.
Ich halte eine gesunde Mischung verschiedener Elemente -soweit sie zur Art der Erzählung und zum Charakter passen - für das beste.
Zitat von: canis lupus niger am 29. Juli 2016, 19:40:21
Der Molog kann jedoch auch jeder andere längere Abschnitt wörtlicher Rede von einem Charakter an einen oder mehrere andere sein, z.B. ein Plädoyer vor Gericht, oder eine Rede. Das ist dann absolut kein Zeichen schlechten Stils, sondern kann geistreich, spritzig, unterhaltsam und dem Plot zuträglich sein.
Dabei sollte man aber bedenken, dass eine Rede sich an ein fest definiertes Publikum richtet und den Zweck hat, die Meinung dieses Publikums zu beeinflussen. Rhetorik, Lügen, Demagogie, Entertainment, Emotionen schüren. Da gelten auch für Schriftsteller andere Regeln, möchte ich meinen.
Zitat von: Churke am 29. Juli 2016, 22:11:42
[...] die Meinung dieses Publikums zu beeinflussen. Rhetorik, Lügen, Demagogie, Entertainment, Emotionen schüren. [...]
Und ist das nicht ein geiles Potential für einen Autoren, das sich zu nutzen lohnt?
ZitatAber ist das nicht der Moment, wo der Ermittler die Beweise kombiniert, um auf den Täter zu kommen – also eine der wichtigsten Szenen in einem Krimi?
Ja richtig - wenn er dann tatsächlich etwas kombiniert, ist es spannend. Leider kenne ich viele Krimis, in denen der Ermittler während eines Monologs vier oder fünf Möglichkeiten durchspielt und es danach in der Handlung aber nicht weitergeht - sprich: Ich bin als Leser entweder genauso schlau wie vorher oder der Ermittler kombiniert Dinge, die ich für eher absurd halte oder meine mögliche Kombination ist nicht dabei.
In solchen Fällen stört mich der Monolog dann.
Aber du hast recht, wenn er wirklich gut kombiniert während des Monologs und ich nach dem Lesen eine Aha-Erkenntnis habe, dann ist es spannend.
Viele Grüße
Tanja
Zitat von: canis lupus niger am 30. Juli 2016, 02:06:17
Und ist das nicht ein geiles Potential für einen Autoren, das sich zu nutzen lohnt?
Lass es mich so ausdrücken: Monolog ist Schiller, Rede ist Goebbels. Das eine ist die moralische Anstalt, das andere Volksverhetzung. Da sehe ich einfach zu wenige Gemeinsamkeiten, um das in die selbe Schublade zu packen.
Oder, um einen Kollegen zu zitieren: "Wir [Anwälte] können nicht aus schwarz weiß machen, aber ein dunkles Grau kriegen wir hin." Aber das gehört halt nicht zur Theorie des Damas, eher zum Drama der Theorie. :engel:
Ich habe gerade eine gewaltige Überzeugungsrede geschrieben. Aber ich habe sie zwischendurch vor zwei Zuhörern kommentieren lassen. Interessante Effekte :darth:
Trippelschritt
Ist nicht gerade der Innere Monolog eigentlich die mitunter beste Variante das Innenleben einer Figur darzustellen? So, wie die Arie in der Oper? Nur, dass der Autor den Luxus hat seine Figuren nciht lautstark in der Gegend herumschreien zu lassen. Es reicht wenn sie den Leser anschreien.
Ich stimme Churke allerdings zu, dass zwischen einer klassischen Rede und einem Monolog ein gewaltiger Unterschied besteht.
Zitat von: Churke am 30. Juli 2016, 10:46:43
Lass es mich so ausdrücken: Monolog ist Schiller, Rede ist Goebbels. Das eine ist die moralische Anstalt, das andere Volksverhetzung. Da sehe ich einfach zu wenige Gemeinsamkeiten, um das in die selbe Schublade zu packen.
Ah, dann ist Martin Luther Kings berühmte "I have a dream"-Ansprache also ein Monolog, keine Rede? Oder ist sie im weitesten Sinne ebenfalls Volksverhetzung? Immerhin wollte ja auch dieser Mann seine Zuhörer beeinflussen, wenn er sie auch zu menschlicherem Verhalten bewegen wollte, nicht zu unmenschlicherem. (Obwohl, jetzt könnte man eine Diskussion darüber anfangen, welches Verhalten real menschlich ist, und welches ein wünschenswertes Ideal ... Aber das führt an dieser stelle zu weit.)
Was ich meine, ist ja bloß, dass ein Stilmittel nichts Verwerfliches ist, nur weil man es für verwerfliche Zwecke benutzen kann. Das geht mit jedem anderen Mittel auch. Ich schätze einfach die moralische Wertung von Stilmitteln nicht.
Und ein Monolog muss keine eine langweilige Unterbrechung des Erzählflusses sein, sondern kann - gut gemacht - durchaus ein Turbolader dafür sein.
Das Plädoyer des Anwalts Jim Garrison (Kevin Costner) im Film "JFK - Tatort Dallas" wird als längster Monolog der Filmgeschichte bezeichnet, und das ist auch kein Selbstgespräch im eigentlichen Sinne.
Ich hab das jetzt mal gewikipediat (https://de.wikipedia.org/wiki/Monolog) und demnach ist ein Monolog eine Erzählform ohne eigentlichen Zuhörer. Die Worte werden an den Leser/Zuschauer adressiert, also an eine im Universum des Protagonisten nicht vorhandene Person/-engruppe. Das wiederum lässt darauf schließen, dass eine Rede kein wirklicher Monolog ist (uumindest nicht im literarischen Sinne), da eine Rede an Menschen innerhalb des Universums des Protagonisten gerichtet wird.
Zitat von: Witch am 27. Juli 2016, 13:02:25
Ich bin ganz ehrlich: Ich hasse lange Monologe. Ich kann "Tempo drosseln" nicht haben (bitte nicht angegriffen fühlen, finde den Begriff nur sehr geeignet, um ihn aufzugreifen). Es gibt für mich keine schlimmeren Bücher als diese alten Klassiker, die nur aus Monologen und Stream Of Conciousness zu bestehen scheinen und sozusagen nichts passiert.
Ich wollte gerade zustimmen, allerdings lese ich gerade The Remains of the Day von Ishiguro, das praktisch nur aus einem endlos langen Monolog besteht (zumindest bisher, aber ich bezweifle, dass sich das noch ändert) und es gefällt mir ganz gut. Allerdings glaube ich, dass das an der Motivation liegt, warum ich es lese, und wie, denn bei meinen regulären Büchern breche ich alles mit langen Monologen auch gleich ab oder überspringe sie komplett. Bei The Remains of the Day lese ich es nicht aus "Spaß", sondern weil es in einem Bibliotherapie-Ratgeber empfohlen würde - ich bin also eher intellektuell neugierig darauf. Bei regulären Büchern will ich auch eher mitgerissen werden und dass die Charaktere alles direkt erleben und ich dabei sein kann.
Zitat von: canis lupus niger am 30. Juli 2016, 16:23:15
Und ein Monolog muss keine eine langweilige Unterbrechung des Erzählflusses sein, sondern kann - gut gemacht - durchaus ein Turbolader dafür sein.
Das Plädoyer des Anwalts Jim Garrison (Kevin Costner) im Film "JFK - Tatort Dallas" wird als längster Monolog der Filmgeschichte bezeichnet, und das ist auch kein Selbstgespräch im eigentlichen Sinne.
Wobei man im Film ja noch mehr als nur den Monolog hat - Atmosphäre, Mimik, Gestik, Umfeld, etc. -, während im Roman ja eigentlich bei sowohl Monolog als Rede wie auch innerem Monolog eher weniger Drumherum existiert. Aber ich glaube auch, dass es auch im Roman spannend gehen kann, wenn man auf etwas hinfiebert, allerdings können (oder machen) das die wenigsten...
Zitat von: canis lupus niger am 30. Juli 2016, 16:23:15
Was ich meine, ist ja bloß, dass ein Stilmittel nichts Verwerfliches ist, nur weil man es für verwerfliche Zwecke benutzen kann. Das geht mit jedem anderen Mittel auch. Ich schätze einfach die moralische Wertung von Stilmitteln nicht.
Darauf wollte ich auch nicht hinaus. Ein Monolog kommt aus dem Inneren der Figur und darum aufrichtig. Die Aufrichtigkeit einer Rede steht hingegen immer unter dem Vorbehalt ihrer Wirkung. Ob Martin Luther King diesen Traum wirklich hatte, wissen wir nicht.
Mein Punkt ist, dass man eine solche Rede nach anderen Regeln schreibt als einen Monolog. Wenn einem Politiker attestiert wird, er halte Monologe, meint man damit, dass er ein lausiger Redner ist.
Ich bin wohl hier eine der wenigen, die innere Monologe in Büchern sehr mögen. Nicht nach der alten Art, wie man sie im 19. Jahrhundert runtergeleiert hat, womöglich auch noch in einem lyrischen Stil. Dies mit Sicherheit nicht. Aber es gibt viele Bücher, die ich gerade wegen supertollen inneren Monolgen schätze. Ein Beispiel sind die Krimis von Michael Robothom. Ein anderes Beispiel Sven Regener. Ich finde es persönlich recht geil, in den Kopf eines Ich-Protagonisten einzutauchen, der so ganz anders ist als ich. Das setzt natürlich voraus, dass derjenige, der die Gedanken denkt, ein intelligenter und interessanter Mensch ist. Das ist wohl auch eine Stolperfalle. Wenn ein Autor eine Figur erfindet und Monologe einbaut, die Figur aber langweilig ist, sind auch die Monologe langweilig, altbacken und einladend zum Überspringen. Jetzt fällt mir noch grad ein: Trainspotting von Irving Welsh hat auch ziemlich coole Monologe. Aus dem Film kennt man ja z.B. den "Sag-Ja-zum-Leben"-Monolog. Solche Dinge finde ich echt cool.
Der Monologerzähler muss entweder Humor haben, zynisch sein oder einfach eine quere Sicht auf die Welt haben und in allen Fällen sollte er/sie intelligent sein. Weniger gut kommt bei mir der dramatische Monolog an, wo ein Leidender seitenweise über seine Qualen lamentiert. Das mag ich gar nicht. Werters Leiden ist irgendwie passée. ;)
Für mich gibt es zwei Hauptarten von (inneren) Monologen, die sich sicherlich teils auch vermischen lassen und die ich unterschiedlich beurteile. Das erste ist ein Monolog, in dem Gefühle, Gedanken und Meinungen deutlich ausgedrückt und reflektiert oder Überlegungen über das Geschehen angestellt werden. Dies macht es leichter, die Motivation eines Charakters nachzuempfinden und Hintergründe aufzudecken. Mit einer Rede hat das meines Erachtens nach nichts gemein, weil man in Gedanken wohl eher weniger auf einen Effekt vor anderen abzielt - sondern nur darauf, Erkenntnisse für sich selbst zu erlangen. Ich stimme meinen Vorredner (hehe) also zu.
Die zweite Art ist das, was man im Englischen "Stream of consciousness" nennt. (Das deutsche "Bewusstseinsstrom" ist mir weniger geläufig). Hier sind es also keine geordneten Gedanken oder Erklärungen, sondern der natürliche Fluss der menschlichen Aufmerksamkeit. Meiner Meinung nach sollte man dies - wenn nicht dringend benötigt - nur sparsam einsetzen. Es kann Authentizität schaffen und bietet sicher auch Möglichkeiten, die Figur trotz Fokus auf innere Vorgänge indirekt zu charakterisieren. Das wäre also die "Show, don't tell"-Variante des inneren Monologs. Allerdings läuft es auch gerne auf Geschwafel und oder Verwirrungen hinaus, die beim Lesen nur langweilen und Anstrengen. Trotzdem: In der richtigen Situation für ein paar Zeilen durchaus interessant.
Im Allgemeinen halte ich Monologe also keinesfalls für schlechten Stil. Man kann sie ebenso pointieren, ebenso spannend aufbauen, ebenso zu einem Höhepunkt hinführen wie einen Dialog oder eine handlungsstarke Szene. Gefährlich wird es, wenn man sie als häufigstes Mittel nutzt, um Informationen zu geben oder zu charakterisieren. Als Hilfmittel können sie toll wirken, aber in meinen Augen sollten sie über diese Funktion auch nicht hinausgehen.
Was Du über Stream of Consciousness sagst, Siara, unterschreibe ich sofort. Und auch seine Wirksamkeit. Aber er ist für mich genau kein Monolog, sondern eher eine Sonderform der Perspektive. Wohingegen ich den Monolog gern zum Dialog gesellen würde. Meine Grenze der Unterscheidung ist, dass man einen Monolog grundsätzlich in Anführungszeichen setzen kann, den stream of consciousness eher nicht. Dieser Form der Abgrenzung muss man sich selbstverständlich nicht anschließen. Aber mir hat sie immer geholfen.
Liebe Grüße
Trippelschritt