Bisher haben meine handelnden Personen nur szenenweise mit Angst und Panikgefühlen gekämpft, nun behandel ich das über einen längeren Zeitraum (ca 100 Seiten).
Wie geht man am besten damit um, wenn man einen Ausnahmezustand als Normalzustand definiert?
Leider bin ich es gewohnt, Schockzustände oder Angst sehr über körperliche Reaktionen zu beschreiben. Das wird ja schnell langweilig und ermüdend wiederholend.
Ich nutze noch 2 andere Sachen, die aber nicht recht zur Situation passen - und damit bin ich wieder bei demselben Punkt.
@Lothen hatte die Idee, das mal in den Workshop zu verlagern. Wie beschreibt ihr denn bei euren personalen Erzählern Angst und Panik, und habt ihr auch schon einmal so einen länger andauernden Zustand gehabt? Wie habt ihr das bei der Darstellung gelöst?
Wie viel Zeit vergeht denn innerhalb der Geschichte?
Bei zu viel Angst und Panik kann es ja auch sein, dass manche einfach wegklappen, weil sie es nicht mehr ertragen können, andere werden abhärten, vermutlich auch zynisch werden, und andere werden eher aggressiv und haben eine kurze Zündschnur, vielleicht auch gepaart mit extremer Kontrolle der anderen Gruppenmitglieder (um sich unterbewusst daran zu klammern, wenn um sie herum alles zerfällt).
@Fianna Ich habe deinen Betreff dezent angepasst. Sonst klingt es, als hättest du Angst und Panik angesichts wiederholender Beschreibungen, und das wäre dann doch ein wenig drastisch.
Jetzt musste ich tatsächlich nachgrübeln und stutzen. Ich beschreibe solche Zustände auch primär über die körperlichen Symptome: Schockstarre, rasender Puls, trockener Mund, Schweißausbrüche, zitternde Hände, Schnappatmung. etc.
Meine Charaktere gewöhnen sich dann meistens daran (in ein zwei Fällen war es auch zu viel und sie sind wortwörtlich zusammengeklappt). Der Puls wird wieder ruhiger, die Atmung wieder gleichmäßiger und die Gedanken (endlich mal was nicht körperliches!) wieder klarer und zusammenhängender. Oft ist es so, dass meine Protas dann in sehr kurzen Sätzen denken bzw. nur noch knappen, instinktiven Befehlen folgen (z.B. wegrennen, ausweichen, wieder atmen usw.)
Aber ich finde es ebenfalls schwer, es nicht über das körperliche zu beschreiben. Andererseits gibt es sehr viele Symptome und man muss ja nicht in jeder Schockszene die ganze Palette abarbeiten. In der einen Situation kann XY vor Schock erstarren, in der anderen kann der Fluchtreflex einsetzen und der Prota die Beine in die Hand nehmen.
Ansonsten muss ich Zitkalasa zustimmen. Viele härten ab oder werden noch nervöser.
Mhm spontan fallen mir zum einen Panikattacken ein - was sich darin äußern könnte das der Chara zum Beispiel beginnt hysterisch und unkontrolliert zu weinen, aber das ist ja auch eher körperlich.
Da es so ein langer Zeitraum ist, werden die Charaktere wohl auch anderes zutun haben als nonstop über ihre Angst nachzudenken. Was ich persönlich sinnvoll fände, ist das Gefühl zu beschreiben wenn die Angst und Panik dann weggeht. Also quasi die Erleichterung als Kontrast und als ersten Punkt an dem man so wirklich 'realisiert' wie anstrengend/erschreckend etc. alles war. Wenn man ständig Angst hat sind ja alle Sinne zum zerreißen gespannt, man selbst bemerkt das aber nicht oder nicht sosehr bis es aufhört - würde ich sagen. Und natürlich kann man die Spannung der Figuren an ihrem (veränderten) Verhalten ablesen, wie Zitkalasa schon sagte.
Ich bin gerade gar nicht sicher, ob es überhaupt möglich ist, Panik über einen so langanhaltenden Zeitraum zu empfinden. Viele Therapieformen, die bei Angststörungen helfen sollen, basieren ja darauf, dass man den Patienten mit dem Reiz konfrontiert, der die Angstreaktion auslöst, gerade weil der Organismus Angst und Panik nur über einen begrenzten Zeitraum hinweg aufrechterhalten kann. Genauer weiß ich das aber auch nicht. Ich weiß natürlich nicht, wie genau das in deinem Buch aussieht, aber meines Empfindens nach wäre eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber potenziell als bedrohlich wahrgenommenden und angstauslösenden Reizen wahrscheinlicher als einfach durchgehende Panik über so einen langen Zeitraum.
Davon abgesehen beschreibe ich Angst (wie alles andere) gerne über die Umgebung. Meine Protagonisten haben erst einmal alle unterschiedlich Angst und zeigen unterschiedliche Reaktionen darauf - der eine will wegrennen, der andere ein Messer in die Hand nehmen, noch jemand anderes scherzt vielleicht einfach nur blöd herum. Und dann nimmt man Dinge durch die Angst hinweg natürlich anders wahr. Bestimmte Reize, die sonst nicht als bedrohlich wahrgenommen werden, sind auf einmal furchteinflößend, eine Hütte im Wald, die man sonst nicht beachtet hätte, ist auf einmal ein mögliches Versteck. Ich zeige auch gerne, was meine Figuren tun, wenn sie Angst haben, um es dem Leser deutlich zu machen, zum Beispiel, wenn sich eine Figur an seinem Stock festklammert, obwohl sie schon schweißnasse Hände hat, eine andere trommelt nervös mit den Fingern auf dem Tisch und wieder eine andere zählt die Fliesen an den Wänden um sich zu beruhigen.
Was aber meiner Meinung nach immer noch am besten funktioniert, ist den Leser einfach die Angst selbst spüren zu lassen. Dafür muss ich als Leser nicht wissen, dass die Figur Angst hat, sondern wovor. Ich finde eine Figur, die in einem Zimmer sitzt und Angst hat, dass sich die Tür öffnet, ehrlich gesagt wirklich nicht spannend, egal wie gut die Szene beschrieben ist. Wenn ich als Leser aber weiß, dass die Figur, die ich gerne habe, gerade einem gefährlichen Gangsterboss die Brieftasche geklaut hat, dass der Gangsterboss gerade in der Bar unten drunter einem Kerl zwei Finger abgeschnitten hat, weil er ihm Bier über das Hemd geschüttet hat, wenn ich weiß, dass der Gangsterboss den Diebstahl bemerkt hat und seine Leute gerade das Gebäude durchsuchen, dann kann ich mit der Figur nervös werden, weil ich Bedrohung (Gangsterboss) und Konsequenzen, falls diese die Figur findet (wahrscheinlich mehr als ein paar Finger weniger) kenne. Dann brauche ich wirklich nur noch kleine Andeutungen, um dem Leser wirklich deutlich zu machen, dass die Figur gerade wirklich Panik hat. Die Angst muss dafür nicht einmal real sein, denn für die Figur ist sie auf jeden Fall real und bedrohlich, sonst hätte sie keine Angst. Das muss man den Leser dann nur noch spüren lassen.
Es ist schon richtig, dass Angst vor einer bestimmten Sache über längere Dauer eher ungewöhnlich ist, da eine Gewöhnung einsetzt. Kommt es jedoch zu einer Flucht vor dem Angst machenden Objekt bzw zu einer Vermeidung kann sie persistieren.
Auf Dauer gibt es viele Mechanismen des Geistes, um mit nicht aushaltbarer Angst umzugehen: Verdrängung, Vermeidung, Entwicklung psychosomatischer Beschwerden, etc...
Oder besteht schon eine richtige Angststörung?
Aber die Frage war ja eigentlich, wie man die Angst am besten beschreibt...
Irgendwann wird der Leser begriffen haben, dass die Person Angst hat. Von daher würde ich es nicht mehr ständig explizit beschreiben, sondern vlt mal das Fehlen von Angst erwähnen (bspw dass es der Person nach dem Aufwachen erstaunlich gut geht oder so) oder durch Andeutung körperlicher Symptome (Schweiß, Blässe, Herzrasen, Atemnot, Beklemmungsgefühl, Harndrang, Muskelanspannung). Man könnte den Wunsch äußern endlich kämpfen/etwas tun zu können, statt einfach nur herumzusitzen...
Der Punkt ist, wenn du nicht mehr weißt was du noch schreiben sollst, weiß der Leser bestimmt nicht mehr was er lesen will. An dem Punkt würde ich nur noch leise andeuten, dass sich nicht viel geändert hat.
Ach ja: psychische Symptome sind derealisation, depersonalisation, Schwindel, Schwäche, Benommenheit, Gefühl in Ohnmacht zu fallen oder zu sterben, Angst verrückt zu werden.
Körperlich: Übelkeit, kribbeln, taubheitsgefühl, mundtrockenheit, zittern und s.o.
Keine Ahnung, ob das jetzt weiterhilft, aber aus Sicht einer Betroffenen:
Als Kind hatte ich Angstzustände und letztes Jahr aufgrund eines Unfalls Panikattacken. Was beide gemein hatten, war das plötzliche Anspringen (zumindest von mir so empfunden). Außerdem legte ich eine gewisse Bewegungsunfähigkeit/Starre an den Tag und bei den Panikattacken sogar zusätzlich ,,Fehlverhalten"( sprich Verhalten, dass die Situation verschlimmerte, obwohl ich rational wusste, dass es so ist und es bewusst nicht wollte!). Es ist ziemlich anstrengend dagegen anzukämpfen.
Bei den Panikattacken gab es meist einen externen Auslöser, es folgte das Gefühl und eine Reaktion darauf.
Körperlich: Herzrasen, zittrig, flache Atmung, Anspannung. Außerdem habe ich Ewigkeiten mit der Verletzung (Prellung) rumgemacht. Das erwähne ich deshalb, weil ich diesen zu Beginn noch realen Schmerz auch später noch gespürt habe und ich mir heute ziemlich sicher bin, das das ,,Einbildung" war bzw. im Zusammenhang mit der Angst stand. Der ,,Pseudoschmerz" trat nämlich nur dann auf.
Gefühl: Die Angst saß mir im Nacken und kam mehr durch einen nicht realen Schrecken. Damit meine ich einen unterbewussten, tiefergreifenderen. Das mag doof klingen, aber er fühlt sich einfach anders an. Mag vielleicht daran liegen, dass das Gehirn einen z.B. optischen oder akustischen Reiz noch zusätzlich verarbeiten muss und entsprechend beurteilen kann. Informationen werden verarbeitet. In meinem Fall war da aber nichts zu verarbeiten und rational wusste ich dass es Blödsinn war, was das Gefühl nicht besser, im Gegenteil schlimmer, machte. Womit wir bei Gedanken wären: Das Schlimme daran war eigentlich, dass man rational wusste, dass alles in Ordnung ist, dass einem aber nichts geholfen hat. Es war wirklich ein Ankämpfen gegen ein Gefühl, dass viel zu tief verankert war.
Das Verschwinden der Panik war auch nicht wirklich so erleichternd, wie man vielleicht annehmen mag. Danach war ich ziemlich fertig (was nicht verwunderlich ist) und frustriert! Ich würde unterstellen, dass es sehr auf den ganzen Zusammenhang ankommt, wie und ob es erleichternd ist oder nicht.
Über Gewöhnung wäre ich Dankbar gewesen, die kam leider nicht, also keine Gewöhnung an den Reiz/Auslöser. Es war sogar so, dass es immer schlimmer und schlimmer wurde, je öfter ich in der Situation war/kam. Am Ende reagierte ich sogar auf die Erinnerung/den Gedanken, wobei natürlich bei Weitem nicht so extrem (beispielsweise das Zittern, es reichte schon das Wissen ,,gleich wirst du" und es fing an).
Durch Gegenkonditionierung habe ich es wieder in den Griff bekommen, wobei ich immer noch die Nachwehen spüre.
Und um jetzt vielleicht doch noch den Bogen zum Thema zu bekommen: Realistisch ist es (leider) nun einmal, dass es sich immer wiederholt. Und wieder und wieder und wieder. Der Unterschied ist nur das Wie. Jeder reagiert anders, aber innerhalb dessen, sind die Muster gleich.
Vielleicht wäre es eine Idee (ohne zu wissen, wie deine Geschichte verläuft), die Situation einmal (zu Beginn) auszuführen. Wenn der Auslöser, sprich die Situation immer wieder kehrt, brauchst du vermutlich nicht mehr viel, um dem Leser das Problem vor Augen zu führen, dass dein Prota damit hat und musst nicht alles erneut benennen.
Zitat von: Fianna am 12. April 2016, 19:34:40
Wie geht man am besten damit um, wenn man einen Ausnahmezustand als Normalzustand definiert?
Wodurch wird die Angst denn ausgelöst?
Hat der Perspektivträger die Angst oder ist der POV nur Beobachter?
So was hatte ich mal mit Honorius. Während Rom untergeht, hat sich Honorius in Ravenna verschanzt und wartet auf das (=sein) Ende. Er ist völlig fertig, kreidebleich, eingefallen, appetitlos. Er drückt sich durch die Korridore seines Palastes und fürchtet in jedem Schatten einen Attentäter. Nachts findet er keinen Schlaf, tagsüber übermannt ihn die Müdigkeit. Dann nickt er ein, schreckt plötzlich hoch.
Und so weiter.
Ich glaube die Antwort liegt in der Frage: es geht ja um einen anhaltenden Zustand. Der menschliche Organismus ist ja darauf ausgelegt so etwas zu kompensieren und sich zu gewöhnen. Daher denke ich dass die schlimmsten körperlichen Reaktionen mit der Zeit wegfallen werden, die psychologischen hingegen zunehmen. Womöglich entwickeln deine Figuren Klaustrophobie oder Verhaltensstörungen, bei denen man zum Beispiel dann die veränderte Wahrnehmung beschreiben kann.
Allgemein gehe ich persönlich bei solchen Beschreibungen ziemlich schnell von körperlichen Erscheinungen weg und arbeite auch mehr mit Metaphern. Das kann auch daran liegen dass ich selbst in solche Situationen oft versuche mir mit abstrakten Bildern und Erklärungen meines Zustandes zu helfen ("wie eine Mauer, die unüberwindbar vor mir aufragte" oder "ich war wie ein eine Wolke aus schwarzem Nebel gefangen, der sich immer dichter um mich drängte"). Ist vielleicht auch ein Henne-Ei-Probnlem und ich denke solche Dinge, weil ich gewohnt bin sie zu schreiben.
Auf jeden Fall setzt nach einiger Zeit eine Art Lethragie ein. Wer vielleicht die Stelle in Walter Moers' "Rumo und die Wunder im Dunkeln" kennt, wird wissen, dass einem, nachdem man von einem Vrahok (fast) verschlungen worden währe, nichts mehr schocken kann. ;D
Die Charaktere fallen also in eine Trance (oder wie man dies denn beschreiben will), ähnlich den Zustand, den man nach einem Unfall verspürt. (Zum Beispiel mir, als mir vor ein paar Wochen ein halbes Kilo Eisen mit 50 km/h an die Birne gerast ist und ich einige Tage darauf beschloss, mich im Tintenzirkel anzumelden. Wahre Geschichte.) Man reagiert auf "Dauerangst" und sich wiederholende Schockmomente anders als auf plötzliche Schrecksekunden. Der Charakter wird quasi "abgehärtet" gegen einen bestimmten Zustand des Entsetzens. (Ähnlich wie bei mir, nachdem ich vor zwei Jahren in eine Hillinggrube gefallen bin. Am Anfang wollte ich einfach nur sterben, aber nach einer halben Stunde war es mir schlichtweg egal- Und wer jetzt nicht weiß, was eine Hillinggrube ist, seit einfach froh!)
Was jedoch anders ist: Sollte der Zustand der Angst schwinden, entwickelt die Person vielleicht eine spezielle Abneigung, wenn nicht sogar eine Art Trauma, gegen was auch immer die Situation damals auslöste. Große Höhen, bodenlose Wassertiefen, fliegende Eisentrümmer oder Hillinggruben, je nachdem. Sollte es also wieder zu einer ähnlichen Situation kommen, sollte also einer rein hypothetischen Person rein hypothetisch ein rein hypothetisches Eisenteil entgegen schwirren, ist die Reaktion um so angsterfüllter, da die (hypothetische) Person ja schon "vorgeschädigt" ist.
(PS: Hilling ist Gülle) ;D
Ich hatte wirklich noch nicht die Muße, das Thema genauer zu recherchieren, deshalb meine Aussagen unter Vorbehalt. Ich denke, es kommt hier stark auf die Situation an. Wenn der Protagonist zum Beispiel Angst vor Spinnen hat und sich durch ein dunkles Gewölbe voller Spinnen kämpfen muss, dann wird er, sobald er eine Spinne sieht (oder etwas, das er dafür hält) eine wirkliche Panik- und Fluchtreaktion entwickeln, klassische Angst mit körperlichen Symptomen. Die Angst nimmt schnell zu und dann kommt es darauf an, was der Protagonist tut: Läuft er weg oder bleibt er dort? Wenn er wegläuft, wird die Angstkurve sinken, er schiebt das darauf, dass die Spinne ja jetzt außer Sichtweite ist und reagiert bei der nächsten Spinne vielleicht noch panischer und rennt noch schneller weg. Bleibt er aber da, kann der Körper diesen Zustand der extremen Panik überhaupt nicht längere Zeit aufrecht erhalten, denn der Zustand ist für den Körper extrem belastend und energieraubend. Die Angstkurve nimmt also auch hier ab, und es kommt zu einer Habituation, der Protagonist hat bei der nächsten Spinne vielleicht schon viel weniger Angst.
Was aber durchaus über einen längeren Zeitraum als diese Panikreaktion aufrecht erhalten werden kann ist eine gewisse Anspannung. Der Protagonist schleicht durch das Gewölbe, ist angespannt und ängstlich, weil hinter jeder Ecke eine Spinne lauern könnte, erschrickt leicht. Es gibt ja durchaus auch Patienten, die zum Beispiel an so etwas wie einer Sozialphobie leiden, zur Arbeit gehen, dort den ganzen Tag über extrem angespannt sind, ohne die ganze Zeit eine Panikattacke zu haben, dann nach Hause gehen und wirklich Schmerzen haben, weil der ganze Körper so lange so extrem angespannt war. Also vielleicht kann es sein, dass so etwas eher in die Richtung des "neuen Normalzustandes" geht, den Fianna meinte. In diesem Zustand der Anspannung ist es ja durchaus auch möglich (vielleicht sogar auch eher möglich) in einer konkreten Bedrohungssituation Panik zu bekommen, aber es ist wie gesagt eben keine dauerhafte Angst-Flucht-Reaktion. Das müsste ich aber, wie gesagt, selbst noch ausführlicher recherchieren, also ist das hier wirklich nur meine reine Vermutung.
Zitat von: DämmerungshexeDer menschliche Organismus ist ja darauf ausgelegt so etwas zu kompensieren und sich zu gewöhnen. Daher denke ich dass die schlimmsten körperlichen Reaktionen mit der Zeit wegfallen werden, die psychologischen hingegen zunehmen.
Mit der Aussage wäre ich äußerst vorsichtig. Das beispielsweise Dauerstress ungesund ist, auch langfristig, ist mittlerweile durchaus bewiesen. Angst und Panik ist Stress für den Körper.
Die Idee mit den Metaphern finde ich aber sehr gelungen.
Zitat von: MondfräuleinIch denke, es kommt hier stark auf die Situation an.
Das sehe ich genauso. Ebenso das es von Person zu Person unterschiedlich ist.
Zitat von: MondfräuleinBleibt er aber da, kann der Körper diesen Zustand der extremen Panik überhaupt nicht längere Zeit aufrecht erhalten, denn der Zustand ist für den Körper extrem belastend und energieraubend. Die Angstkurve nimmt also auch hier ab, und es kommt zu einer Habituation,
Kann so sein, muss aber nicht. Da ich meinen Zustand loswerden wollte, rieten mir das auch alle. Funktioniert hat es bloß nicht, sondern das Problem noch ausgeweitet.
Vermutlich liegt hier:
Zitat von: VoiteiSollte es also wieder zu einer ähnlichen Situation kommen, sollte also einer rein hypothetischen Person rein hypothetisch ein rein hypothetisches Eisenteil entgegen schwirren, ist die Reaktion um so angsterfüllter, da die (hypothetische) Person ja schon "vorgeschädigt" ist.
der Kern. Zumindest ist das meine Erfahrung und hat sich sogar von mal zu mal verstärkt (obwohl kein weiterer Grund hinzukam).
Vermutlich liegt es an der Tiefe des vorangegangenen Schocks und dem krampfhaften überwinden Wollens.
OT:
@Voitei Was treibst du?! :o
Obwohl es mit dem viel schlimmeren Zustand, in dem Geschichtenfiguren stecken, wohl zum Glück nicht wirklich vergleichbar ist, kenne ich so etwas aus meiner momentanen Ausbildungssituation. ;)
Das meiste wurde schon genannt, aber auch noch mal von mir ...
Ich finde es typisch, dass einem die Anspannung und Angst gar nicht immer bewusst sind. Sie können sich auf jeden Fall körperlich durch Verspannung auswirken. Man beißt unwillkürlich die Zähne zusammen, um durchzuhalten, und hat dadurch einen ständig verspannten Nacken, oft Kopfschmerzen. Es kann auch sein, dass man nicht richtig atmen kann und sich fühlt, als würde man nicht genug Luft kriegen. Typisch ist auch, dass man nicht schlafen kann, entweder gar nicht einschläft oder mitten in der Nacht wieder aufwacht. Deswegen ist man oft müde. Außerdem kreisen die Gedanken häufig um den Gegenstand der Angst, sodass es schwierig ist, sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Man fühlt sich einfach unglücklich, vielleicht ist einem auch übel. Weil die Nerven blank liegen, kochen die Emotionen eher hoch. Man fängt schneller Streit an oder weint bei unbedeutenden Gelegenheiten.
Es kann also sogar sein, dass man gar nicht die ganze Zeit bewusst ängstlich ist, sondern "nur" an körperlichen Symptomen merkt, dass etwas nicht stimmt, weil man z. B. die Angst beiseite gedrängt hat. Um die Abwechlung zu bewahren, könntest du dann verschiedene Symptome anführen, denn sie können sich ja auch durchaus abwechseln.
Oder man knirscht nachts, was sich so äußern kann:
- Kopfschmerzen, Muskelschmerzen bis in Hals und Rücken, Zahnschmerzen und Taubheitsgefühle speziell im Bereich der Front
- auf längere Dauer hin abradierte Zähne; es kann durch das Knirschen auch in Einzelfällen passieren, dass kariöse oder tote und dadurch poröse Zähne im Schlaf brechen - oder sich ein eigentlich gesunder Zahn entzündet und/oder aufgrund des ständigen Drucks abstirbt
- Es nervt Mitschlafende ;)
Ist auch ein körperliches Symptom, aber das kann man gut nebenher oder durch mitreisende Charaktere einflechten, ohne dass es zu aufdringlich auf die Angst hinweist. Ebenso Haarverlust und unreine Haut.
Entschuldigung, ich war auf der Arbeit und konnte nicht weiter erklären.
Im Eingangsbeitrag war ich nicht so detailliert auf meine Situation eingegangen, da hier ja Workshop (und nicht 'Autoren helfen Autoren') ist.
Also meine konkrete Situation ist ein permanenter beängstigender Zustand, im Prinzip die Entführung einer nützlichen Person (nautisch: "to press" / in den Dienst pressen).
Diese Person hat zusätzlich zu der ständigen beängstigenden Situation immer wieder akute Gefahrensituationen (real oder teilweise auch eingebildet), in der sie sich bedroht fühlt und den Körper in diesen akuten Angst-Modus setzt.
Da ich recht häufig akute Situationen habe (sowohl plotbedingt als auch Einbildung wegen der ständigen Bedrohungssituation), hatte ich eben das Problem der Wiederholungen.
Neben Körperlichkeit nutze ich am meisten scheinbar negative Feststellungen, die eine Person macht, oder eben die wertende Beschreibung der Umgebung; das ist hier jedoch statisch (eben immer dasselbe Schiff).
Daher hatte ich speziell für die akuten Situationen, in denen der Körper ins Überlebensprogramm schaltet, Alternativen gesucht - ausser Körperlichkeit und tell fällt mir recht wenig ein.
Vielleicht muss ich einfach gelegentlich auf beides verzichten und einige der von euch in erster Linie für Dauerprobleme vorgeschlagene Methoden einsetzen.
Die gehen doch auch ganz gut für akute Situationen.
Morgen vom Laptop antworte ich nochmal mit Zitaten etc zu den anderen Beiträgen.
Vielen Dank auf jeden Fall schon einmal für die vielen guten Anregungen :)
Für mich hast Du die Antwort selbst schon gegeben. Wiederholungen sind langweilig. Also würde ich es nicht wiederholen. Den Weg der Beschreibung über körperliche Symptome würde ich auch gehen, die Sache aber nur ein- oder zweimal beschreiben. Wenn der Zustand über eine längere Zeit anhält, muss der Leser nur daran erinnert werden. Oftmals reicht dazu auch ein zustandtypisches Verhalten. Dauerzustände verkommen zu einer Hintergrundsstimmung und immer wiederkehrende Panickattacken brauchen nur noch erwähnt zu werden.
Liebe Grüße
Trippelschritt
Zitat von: Trippelschritt am 14. April 2016, 08:01:43
Für mich hast Du die Antwort selbst schon gegeben. Wiederholungen sind langweilig. Also würde ich es nicht wiederholen.
Tja, irgendwas muss man aber machen. "Zustandstypisches Verhalten" finde ich nicht so ganz passend, da es ja immer eine akute Reaktion ist. Das ist mit "zustandstypischem Verhalten" ein bisschen mager abgespeist. Hast Du schonmal Todesangst oder eine Panikattacke gehabt? Das ist nicht einfach ein "Na, jetzt hat der mal wieder Angst"-Larifari.
Ok ... ich bin zwar gerade etwas verwirrt, weil ich eigentlich dachte, es geht darum, wie man Angst beschreiben kann, ohne sich zu wiederholen und zu langweilen O_o zu einer Diskussion über Angstzustände und die Auswirkungen in welcher Hinsicht auch immer, kann ich nicht wirklich was beitragen. Aber: Ich denke zum Beschreiben ;)
Mein Ausweg, mich nicht ständig wiederholen zu müssen, sind Metaphern und Vergleiche. Z.B. hat einer meiner Protas bei seiner ersten aufregenden Tat »einen Schlagzeuger in der Brust«. Und im Laufe der Szene spielt der Schlagzeuger auf verschiedene Art und Weise und zeigt so im Grunde immer das gleiche: das Herzklopfen bei der Aufregung.
Da kann man sich natürlich zu allen Symptomen etwas zu ausdenken und die vielleicht später auch wieder aufnehmen.
Eine spontane Metapher für flache Atmung wäre zum Beispiel, dass »sich die Angst um den Brustkorb windet und mit ihren Tentakeln den Brustkorb zu zerquetschen droht«. Und »die Tentakel der Angst schlangen sich seine Beine hinab und krallten sich in den Boden« oder so was in der Richtung für eine Angststarre und die Unfähigkeit wegzulaufen.
Zitat von: Drachenelfe am 14. April 2016, 12:34:03
Ok ... ich bin zwar gerade etwas verwirrt, weil ich eigentlich dachte, es geht darum, wie man Angst beschreiben kann, ohne sich zu wiederholen und zu langweilen O_o
Genau darum geht es ja auch.
Wenn ich aber eine Situation beschreibe, in der der Protagonist wegen einer akuten Bedrohung um sein Leben fürchtet, und wenn man häufig solche Situationen in einem Manuskript hat - dann sind das viele starke Momente, die man irgendwie darstellen muss.
Ein Bezug nehmen auf voriges (Na, jetzt hat der wieder Angst, nur dass Du Bescheid weisst, Leser) passt da nach meinem Empfinden überhaupt nicht rein.
Also suche ich Alternativen, um ein und denselben akuten (für den Protagonisten immer gleich intensiven und neuen bedrohlichen) Zustand unterschiedlich zu umschreiben.
Und weil Lothen meinte, das wäre sicher eine Frage, die für mehrere interessant ist, habe ich es mal allgemeiner im Workshop eingestellt. Nichts desto trotz meine ich keine "normale" Angst oder Dauerzustände, sondern das Auftreten mehrerer akuter und für den Charakter gleich intensive Situationen.
Ok, das Eingangsposting klang für mich, als sei Angst für den Protagonisten ein "Dauerrauschen", während es nun so klingt wie ein handelsüblicher Thriller, in dem der Held eben immer wieder in angsteinflößende Situationen gerät?
Wenn es um "mehrere akute und für den Charakter gleich intensive Situationen" geht, kommt es doch auf die Situation an sich an, die man stets etwas anders beschreibt und darauf dann die Emotionen des Charakters aufbaut?
Da kann man die Angst "ganz einfach" in die Handlung mit einflechten und die Situation für sich sprechen lassen.
Zitat von: Fianna am 14. April 2016, 12:55:07
Nichts desto trotz meine ich keine "normale" Angst oder Dauerzustände, sondern das Auftreten mehrerer akuter und für den Charakter gleich intensive Situationen.
Gut, dann habe ich das doch nicht völlig falsch verstanden ;) Dazu finde ich Metaphern nämlich wirklich gut geeignet.
Zitat von: Fianna am 14. April 2016, 10:04:08
Zitat von: Trippelschritt am 14. April 2016, 08:01:43
Für mich hast Du die Antwort selbst schon gegeben. Wiederholungen sind langweilig. Also würde ich es nicht wiederholen.
Tja, irgendwas muss man aber machen. "Zustandstypisches Verhalten" finde ich nicht so ganz passend, da es ja immer eine akute Reaktion ist. Das ist mit "zustandstypischem Verhalten" ein bisschen mager abgespeist. Hast Du schonmal Todesangst oder eine Panikattacke gehabt? Das ist nicht einfach ein "Na, jetzt hat der mal wieder Angst"-Larifari.
Über diese Antwort bin ich jetzt nicht so ganz glücklich, weil Du einen meiner Meinung nach guten Rat mit der letzten Formulierung lächerlich machst. Auf diese Art und Weise kann man alles ruinieren. Ich versuche es also noch einmal.
Ja, ich kenne Todesangst zur genüge und Panikattacken reichlich, aber das hat nichts mit dem zu tun, was ich schreibe. Dein Problem ist im Grunde genommen einfach. Etwas Wichtiges taucht auf, wird von Dir adäquat beschrieben und taucht ein weiters Mal auf. Der Leser wird eine erneute Beschreibung wahrscheinlich nicht kritisieren und schon gar nicht, wenn die zweite Beschreibung von der ersten in einigen Kleinigkeiten abweicht. So weit so gut. Aber was ist mit der dritten, fünften zehnten Attacke? Der Leser wird etwas vorgesetzt bekommen, das er bald auswendig aufsagen kann.
Die einzige Lösung, die ich sehe, ist auf die Wiederholungen der Beschreibung zu verzichten und auf Triggerbemerkungen zu setzen. Dazu können ganz kurze Bemerkungen reichen. Schließlich wiedererkennt die jeweilige Figur ihre Situation. Ich glaube auch nicht, dass es einen grundsätzlichen Unterschied zwischen Dauerrauschen (Ängsten) oder Events (Panikattacken) gibt. Lediglich die kurzen Hinweise sehen etwas anders aus.
Es gibt noch ein paar andere Optionen als diesen Vorschlag wie beispielsweise Perspektivwechsel, aber das sind Einzelfälle für einzelne Situation und entschärfen das Grundproblem nicht.
Ich hoffe, ich konnte dieses Mal hilfreich sein.
Freundliche Grüße
Trippelschritt
Entschuldigung. :)
Was meinst Du mit Triggerbemerkungen?
Das Stichwort "Angstkurve" finde ich hilfreich. Vielleicht (obwohl nicht so gemeint) male ich mir wirklich eine "Kurve" für den Plot und nehme verschiedene Methoden, um unterschiedliche "Intensitäten" darzustellen. Beispielsweise: Grundängstlichkeit, beruhigender Fakt/Ereignis, Alarmbereitschaft, Angst, blinde Panik.
Möglicherweise registriert der Leser das ja bewusst oder unbewusst. Die Arten der Beschreibung den Intensitätsstufen anzupassen, das scheint mir eine gute Idee.
Ich habe da schon eine Idee, für die restliche Stufen suche ich auch was.
Triggerbemerkung? Du hast etwas ausführlich abgehandelt, vielleicht sogar so richtig gut, dass es dem Leser unter die Haut ging und er sich später (hoffentlich) daran erinnern wird. Wenn auch nicht an die Worte, dann doch zumindest an die Stimmung. Vielleicht hast du es auch zweimal gemacht. Doppelt hält besser. Dann brauchst Du beim dritten Mal nur noch einen kurzen Satz, der, wenn er fällt, die Erinnerungen beim Leser wieder abruft. So ein Satz könnte beispielsweise sein: Aus dem Herzklopfen wurde ein Hämmern. "Nein, nicht schon wieder", dachte er und stand erneut gelähmt mit zuckenden Füßen vor dem Zaun. Beim nächsten Anfall geht es dann noch kürzer.
Viel Erfolg
Trippelschritt
Hallo zusammen,
Angst ist ein so vielfältiges Phänomen, ich glaube nicht, dass man sich da wiederholen muss. Aus meiner Sicht geht es nicht ums sture Beschreiben, sondern darum, wie die Angst sich in einer Situation entwickelt. Ich weiß nicht, ob man da eine Angststörung als Vergleich hernehmen kann, v. a. keine, wo die Menschen Angst vor Dingen haben, vor denen man eigentlich keine Angst hat. In diesem Fall wissen die nämlich ganz genau, dass es absurd ist, sich vor z. B. dem U-Bahn-Fahren zu fürchten, aber sie fürchten sich trotzdem. Wenn man aber in einer echten Gefahr ist, glaube ich, dass das sehr unterschiedlich sein kann. Hier wurden ja schon Beispiele genannt. Es kann sein, dass man irgendwann abstumpft und sich denkt, ist egal, weil ich eh nicht entfliehen kann. Es kann aber auch sein, dass man von der Angst mehr ins Tun und in die Wut kommt, weil man vielleicht einen Hoffnungsschimmer gefunden hat. Oder vielleicht entfernt man sich ja auch innerlich von der eigenen Angst und bildet eine Art inneren Beobachter aus, der einfach sagt: Ach, jetzt kommt wieder das Herzklopfen und das Zittern oder so. Oder man wird starr und flieht gedanklich in eine andere Zeit oder an einen anderen Ort, weil man nicht erträgt, was einem angetan wird usw.
Generell ist es aber schon so, dass wir nicht dazu gemacht sind, ewig Angst zu haben. Das ist physiologisch nicht möglich. Irgendwann ist ein Platteau erreicht und dann nehmen die körperlichen Symptome ab und es bleibt einfach nur ein Erschöpfungszustand. Ob man den als erleichternd wahrnimmt, keine Ahnung. Bei Angststörungen ist ja oft genau das Problem, dass die Leute versuchen, dagegen anzukämpfen, sich abzulenken, gedanklich vermeiden (man muss nicht immer körperlich weglaufen) und dadurch die Angst nie an ihrem Höhepunkt ankommt. Das therapeutische Ziel ist es, die Angst in allen Facetten zuzulassen und dann tritt in der Regel eine Habituation ein.
Anspannung herrscht sicher immer, wenn man in einer Gefahr ist, und das kann man ja auch unterschiedlich beschreiben. Körperliche Symptome nehmen viele Menschen oft wahr, aber man kann auch über Gedanken viel machen. Man wird sich ja sicher mit dem Angstauslösenden Reiz beschäftigen. Ein generell hohes Anspannungsniveau sorgt übrigens durchaus dafür, dass man schneller Panik bekommt. Man kann sich z. B. leichter erschrecken und bekommt dann Herzklopfen oder irgendwelche anderen Angstsymptome (wurden ja hier schon viele genannt), aber das Anspannungsniveau kann dann ja vielleicht auch rasch wieder etwas absinken, wenn man feststellt, dass der Täter doch nicht zu einem ins Zimmer gekommen ist usw.
Wenn die Situationen sich wirklich wiederholen, ohne dass keine Entwicklung drin ist, stimmt m. E. am Plot was nicht. Ich finde, das sieht man ja auch oft in Thrillern. Die Angst ist nie genau gleich.
Das mal mein Senf dazu.
VG Sanjani
Ich habe ja auch eine Prota mit Panikattacken. Von daher kann ich dir nachfühlen.
Ich habe mir überlegt, die Attacken nicht immer mit allen Symptomen gleichzeitig zu umschreiben. Einmal wähle ich die Körpertemperatur, ein andermal der verschwommene Blick, wieder ein andermal die Kehle, die sich zusammenzieht.
Man kann Symptome auch ganz weglassen, und nur das innere Gedankenkarussel beschreiben. Oder man konzentriert sich nicht auf den Ablauf, sondern einmal auf den Moment kurz vor der Attacke oder den Moment danach.
Je nachdem kannst du einen Anfall ja auch einmal aus der Beobachterposition einer anderen Figur wählen.
Ein guter Tipp zuletzt: Frage Betroffene, was sie so erleben während einer Panikattacke. Da erweitert es die Symptom-Palette nochmals um ein Vielfaches.
Als potenzieller Leser gesprochen finde ich den letzten Satz von Sanjani besonders wichtig. Ich würde mir auf jeden Fall eine Entwicklung der Hauptfigur wünschen, wenn ein Problem wie Panikattacken immer wieder auftritt - findet sie eine Methode, um den Herzschlag zu beruhigen und dagegen anzukämpfen? Stumpft sie ab?
Vielleicht möchtest du natürlich nicht, dass eine Lösung (schnell) gefunden wird. In dem Fall schließe ich mich Trippelschritt/Drachenelfe an, wiederkehrende Metaphern machen sich da meistens gut.
Was mir allerdings NOCH wichtiger wäre ist, auf keinen Fall 100 verschiedene Panikreaktionen zu vermischen zum Wohle der Abwechslung. Auch wenn es alle diese Reaktionen erwiesenermaßen gibt, halte ich es für absolut unrealistisch, wenn eine einzelne Figur mehr als 1-2 maßgebliche Symptome bewusst erlebt (vielleicht hat man 8 Symptome gleichzeitig, aber es gibt doch immer die, die einem auffallen weil sie besonders drastisch oder störend sind).
Beispiel: Im Self-Defense Bereich sprechen wir im Fall einer bedrohlichen Situation von 3 Reaktionstypen: Flucht / Kampf / "Einfrieren". Wenn ich Charaktere in bedrohliche Situationen (=Angst/Panik) bringe, entscheide ich erst was ihr Reaktionstyp ist. Natürlich kann man mit tauben Armen und kaltschweißig oder abgebrüht kämpfen, genauso kann man buchstäblich mit Tunnelblick oder mit schlotternden, einknickenden Knien fliehen.
Vielleicht könnte es dir helfen, auf das Angstgefühl und die Symptome bei der x-ten Wiederholung gar nicht mehr groß einzugehen sondern mehr Augenmerk auf die Reaktion zu legen. Sprich, selbst wenn dein Prota jedes einzelne Mal einen Kaltschweiß-Ausbruch und Brechreiz bekommt kann es passieren dass er in Situation 1 und 2 "einfriert", aber beim dritten Mal gegen die Bedrohung kämpft und du nur andeutest, dass er sich zB danach "den kalten Schweiß abwischt" oder "Galle herunterschlucken muss".
Catlord
Das sehe ich anders. Menschen, die an Panikstörung leiden erleben ganz oft mehr als 1-2 Symptome und sind sich dieser sogar extrem bewusst. Gerade weil die Aufmerksamkeit, der Fokus auf Körperreaktionen so stark ist, registriert ein Betroffener jedes winzige Detail. Sehr präzise. Klar, auf dem Höhepunkt einer Attacke ist vielleicht dann alles verworren und nur noch schlimm, aber während der Steigerung werden alle Details sehr genau registriert. Darauf baut die Steigerung nämlich auch auf. Ein Betroffener fühlt etwas, registriert, wertet und dadurch steigert sich das Gefühlte noch mehr. Dann kommt ihm in den Sinn, dass ja letztes Mal auch noch etwas anderes hinzu kam. Er wartet quasi drauf, dass das jetzt auch noch eintreffen wird und nimmt jede Veränderung wahr. Und so passiert es auch. Eine Panikstörung ist eine Angst vor der Angst. Der Betroffene weiss genau, was geschehen wird, und darum geschieht es auch. Im Kampf- und Fluchtmodus hat ein Mensch geschärfte Sinne und eine gesteigerte Wahrnehmung.
Hier noch der Kreislauf der Angst, falls das von Interesse ist (es gibt sicher verschiedene Schemata, dies ist nur eines davon):
1. Äusseres Geschehnis (Stresssituation, Emotion, Empfindung), welches den Betroffenen in irgend einer Weise an eine letzte Paniksituation erinnert (z.B. enge Räume, Geräusche, Gerüche, Visuelles etc.)
2. Empfindungen stellen sich ein (erste Symptome, die Körperchemie reagiert auf dieses Geschehnis = Konditionierung)
3. Empfindungen werden registriert (Gedankenkarusell, Angst vor der Angst verstärkt sich), weitere Empfindungen erwartet
4. Weitere Empfindungen kommen hinzu (Erwartung wird erfüllt = Konditionierung verstärkt sich ein weiteres Mal)
Dies steigert sich, bis nach zirka 15 - 20 Minuten (ist individuell) der Höhepunkt kommt und danach die Angst nachlässt.
Möglich, dass wir von unterschiedlichen Arten "Angst" reden. "Panikstörung" ist etwas womit ich mich zugegeben nicht auskenne. Aber was ich sicher weiß ist, dass das
ZitatIm Kampf- und Fluchtmodus hat ein Mensch geschärfte Sinne und eine gesteigerte Wahrnehmung.
definitiv nicht pauschal so ist. Im Gegenteil, selbst geschultes Personal leidet in 90% der Fälle an Tunnelblick, verschätzt sich bei der Nähe der Angreifer um mehrere Meter, Gehör setzt aus, etc. - und jeder hat Angst.
Das ist zumindest die erwiesen normale Reaktion eines normalen Menschen im Fall von plötzlicher körperlicher Gewalt oder deren glaubwürdiger Androhung. Jetzt ist die Frage, in welchen Situationen sich der Prota vom OP befindet.
Jemand mit Klaustrophobie reagiert vermutlich, wie du beschreibst, komplett anders auf enge Räume als jemand reagiert, der plötzlich von etwas bedroht wird. Vielleicht war ich 'n bisschen Offtopic :)
Ja, du redest von der Wahrnehmung gegen aussen und ich von der Selbstwahrnehmung ;) Das sind natürlich zwei paar Schuhe. Missverständnis gelöst :).
Also, bei mir persönlich gehts in erster um akute Situationen, von denen die Figur die Bedrohlichkeit einiger übersteigert wahrnimmt und darauf schon so reagiert, als wäre die (erst mal nur befürchtete) Eskalation zu einer tatsächlich lebensbedrohlichen Situation schon eingetreten.
Aber diese angesprochen Modelle, Tunnelblick vs. übersteigerte Wahrnehmung, und diesen Fight-Freeze-Flee-Gedanken, die finde ich interessant. Ich glaube, ich werde zukünftig sehen, ob ich Figuren in eine davon einteile.