Ich hoffe einfach mal, dass ich hier thematisch richtig bin und fange gleich an ;D
Harry Potter ist nicht für seine sprachliche Brillanz berühmt geworden, Herr der Ringe nicht wegen seinen glänzenden Plot verfilmt worden und jeden Game of Thrones Leser den ich kenne höre ich über die wenig aufregenden Kapitel von Bran und Brienne klagen.
Zu Berühmtheit gelangten alle drei Geschichten-komplexe wohl vor allem, weil sie dem Leser etwas boten das er bis dato noch gar nicht gesehen hatte, etwas vollkommen Neues.
Nun muss man kein Genie sein um sich das zusammenzureimen.
Allerdings habe ich aus diversen Schriftstellerblogs auch Phrasen wie: ,Ideen sind billig' im Kopf.
Und tatsächlich ist eine Idee ja am schnellsten da und verursacht den geringsten Aufwand im Prozess des Schreibens. Der Rest erfordert viel mehr Aufwand, Biss und Durchhaltevermögen – letztlich kann ja jeder Ideen haben. Ohne Ideen würde man auf der anderen Seite aber auch gar keinen Roman anfangen...
Meine Frage(n) an euch wären nun:
1. Was ist für euch beim lesen/schreiben am wichtigsten und warum - die Idee dahinter oder eher die sprachliche Formulierung oder die spannende Handlung?
2. Entschädigt eine gute Idee eher für ein ,schwaches' Buch oder würdet ihr umgekehrt lieber ein gut geschriebenes Buch mit wenig (innovativen/interessanten) Ideen lesen?
3. Nun gibt es das ganze Fantasy-Genre schon eine Weile und viel wurde schon getan und geschrieben – fällt es euch da schwer mit neuen Ideen aufzuwarten? Orientiert ihr euch lieber an bekanntem?
Ich frage einfach mal aus Interesse in die Runde und warte gespannt auf eure Antworten. :)
Ich bin gerade schon zu müde, um auf alles ausführlich einzugehen, aber mein erster Gedanke fasst 1. und 2. schon einigermaßen zusammen: Mir geht es tatsächlich so, dass ich doppelt enttäuscht bin, wenn ich eine Geschichte lese (oder als Film sehe), hinter der eine total tolle Idee steht, die aber schwach umgesetzt wurde (sei es jetzt sprachlich, insgesamt handwerklich oder wie auch immer). Vielleicht, weil es bei so etwas für mich ganz besonders deutlich wird, dass da jemand seiner Ausgangsidee nicht gerecht wurde. Verschenktes Potenzial finde ich total ärgerlich.
Umgekehrt passiert es mir eher mal, dass ich von einer Story sage: Okay, die Idee dahinter ist nicht wirklich neu, aber sie ist so charmant/poetisch/innovativ erzählt, dass ich darüber hinwegsehen kann.
Heißt nun nicht, dass schöne Verpackung bei mir alles rettet, aber wenn dramaturgisch alles stimmig ist, die Charaktere liebenswert oder zumindest mit Tiefgang, die Welt atmosphärisch, dann bin ich mit dem Endergebnis meist doch eher zufrieden, als wenn es an all diesen Dingen hakt, aber eine tolle Grundidee dahintersteckt.
Zu 3. dann vielleicht noch was, sobald ich ausgeschlafen bin. ;)
Darüber habe ich mir auch schon öfter Gedanken gamacht.
Punk 1 und 2 beantworte ich einfach mal zusammen: Für mich ist Umsetzung wichtiger. Mein Lieblingsbeispiel ist hier "Der Name des Windes". Das Buch hat nun wirklich wenig Neues zu bieten.
Spoiler
Ein sehr begabter Junge lebt als Bettler auf der Straße, will eine Zaubererschule besuchen, lernt bei einem fremden Volk das Kämpfen, und so weiter.
Trotzdem haben die Romane voll eingeschlagen und sind meine persönlichen Lieblingsbücher. Für mich ist hier eben die Erzählweise nicht nur innovativ, sondern auch mehr als nur gut. Sie ist überragend. Woran genau das liegt, ist eine andere Frage. In dem Fall stört die wenig überraschende Handlung allerdings kein bisschen.
Andersherum gilt das in meinen Augen nur sehr begrenzt. Ein lesbarer Schreibstil ohne Schnörkel + super Handlung kann funkionieren. Brandon Sandersons "Kinder des Nebels" war so ein Kandidat und hat mich umgehauen. Die Handlung, die Verstrickungen und Geheimnisse liegen an der Grenze zur Genialität, seine philosophischen Ideen liebe ich ohnehin. Der Stil allerdings ist wirklich eher dürftig. Was für mich gar nicht geht, ist eine miese Umsetzung einer guten Idee - und dafür gibt es genug Beispiele. Eine Geschichte kann noch so gut durchdacht sein, wenn der Autor nicht schreiben kann, dann ist das Buch schlecht. Punkt.
Bei deinen Beispielen muss ich allerdings sagen: Du nennst große Autoren, die genau wissen, was sie tun. Rowling hat vielleicht keinen Wortschatz wie Shakespeare, aber das war ja auch nicht ihre Absicht. Harry Potter ist letztendlich auch für Kinder geschrieben. Der Stil ist einfach, leicht zu lesen, aber keinesfalls holprig. Das ist eine hohe Kunst.
Und zu Punkt 3: Nein, das fällt mir tatsächlich nicht schwer. Zumindest nicht in Phasen, in denen das Schreiben gut läuft und ich ohnehin Ideen habe. Gegen Klischees hege ich eine tiefe Abneigung, so etwas könnte ich überhaupt nicht schreiben. Klischees und Bekanntes hingegen zu verdrehen, zu hinterfragen, umzukehren, kann schon wirklich hilfreich sein, um etwas Neues zu schaffen. Nicht völlig neu natürlich, gewisse Grundsysteme kann man wohl einfach nicht umgehen. Aber doch abseits der Geschichten, die nur mit neuen Namen immer wieder erzählt werden oder allzu durchschaubar sind.
Ich mache es mir einfach und stimme Malinche einfach in den zwei ersten Punkten zu. Für mich hat sie die Fragen kurz aber ausreichend beantwortet. ;D
Was drittens anbelangt, so spielt sich die Frage/ "das Problem"^TM, meiner Meinung nach, auf einer anderen Ebene ab. (Vielleicht komme ich Malinche damit zuvor. ;D) Aktuell lese ich Mario Vargas Llosas Briefe an einen jungen Schriftsteller und in diesem Büchlein hat er etwas sehr Schönes gesagt (gut, er sagt viele schöne Dinge in diesem Büchlein), das sich sinngemäß so zusammen fassen lässt: Der Schriftsteller lehnt sich gegen die Realität auf und kritisiert sie und wählt dabei die Themen aus sich selbst heraus. (Er vergleicht das mit einem Catoblepas, ein Viech, das sich selbst verschlingt.) Was ich damit sagen will, ist: Die Ideen entspringen meinem eigenen Verdruss über die Welt, insofern kann ich gar nicht sagen, ob sie sonderlich neu sind. Schließlich bin ich auch nur ein Mensch und mich bewegt vermutlich auch das, was viele andere bewegt. Trotzdem sind sie ja selbst motiviert. Einen Liebesroman mit einem Krebspatienten zu schreiben, nur weil da gerade eine Schwemme kommt, käme mir nicht in den Sinn. Nicht, weil es nicht mitreißend und an unseren "Ur-Gefühlen" zupfen würde. Es ist halt nur nicht mein Thema.
Das Nächste ist, dass ich mit dem Thread-Titel nicht überein stimme. Die Idee ist nicht das Wichtigste. Eine Idee ist universell wie ein Masterplot*. Wichtig ist, was man daraus macht -- und wie man das macht, sollte sehr individuell sein. Wie gesagt, wir sind Menschen und da kommen Ideen/Themen-Dopplungen vor -- aber einen zweiten Markus Heitz braucht keiner. (Terry Pratchett schon eher ;D, aber erreichen wird ihn nie jemand.) Für den Anfang kann man sich an anderen Autoren/ Werken orientieren, aber irgendwann sollte einem der/ ein Rhythmus der Literatur in Fleisch und Blut übergegangen sein -- und sich daraus schließlich ein ganz neuer Beat bilden.
* Eine Deutschlehrerin meinte immer, Genreliteratur ist Schemen-/ Schemata-Literatur. Da hat sie völlig recht und so verkehrt ist es ja nicht, die Dinge so zu erzählen, dass viele Leute es verstehen können, weil sich gewisse Konventionen (u.a. auch eben Masterplots) entwickelt haben.
PS: Am Ende orientiere ich mich nur an der einfachen Dreiteilung Einleitung - Hauptteil - Ende. Alles andere gibt nur Hirnknoten. ;D
Ich muss zu einem Punkt da kurz was sagen: Die mangelnde "sprachliche Brillianz" von Harry Potter. Ich habe die Bücher nie gelesen und mag Harry&co allgemein nicht (ist einfach nicht meins), aber ich habe zumindest mal in eines der Bücher, das bei einem Freund lag, reingelesen um mir ein Urteil bilden zu können.
Und ich musste zugeben, dass es gut geschrieben ist. "gut" bedeutet nicht zwingend, hervorragende Metaphern zu haben, eine blumige, farbenfrohe Sprache zu nutzen die Ohr und Geist erfreut oder einer unglaublichen Vielfalt der Worte zu huldigen. "gut" kann auch sein, mit einfachen Worten eine Geschichte sauber zu zeichnen und eben mit wenigen, einfachen Worten, großartige Dinge auszudrücken. Wie gesagt: Ich mag Harry Potter nach wie vor nicht, trotzdem gibt es für die Schreibe (zumindest den Teil den ich gelesen habe) Respekt.
Da schließe ich mich also Siara an.
Zitat von: Schneerabe am 12. März 2016, 00:48:51
Meine Frage(n) an euch wären nun:
1. Was ist für euch beim lesen/schreiben am wichtigsten und warum - die Idee dahinter oder eher die sprachliche Formulierung oder die spannende Handlung?
2. Entschädigt eine gute Idee eher für ein ,schwaches' Buch oder würdet ihr umgekehrt lieber ein gut geschriebenes Buch mit wenig (innovativen/interessanten) Ideen lesen?
3. Nun gibt es das ganze Fantasy-Genre schon eine Weile und viel wurde schon getan und geschrieben – fällt es euch da schwer mit neuen Ideen aufzuwarten? Orientiert ihr euch lieber an bekanntem?
Ich frage einfach mal aus Interesse in die Runde und warte gespannt auf eure Antworten. :)
Hier scheint ein Missverständnis vergraben zu liegen. Aber sicher bin ich mir da nicht. Die eine, die zentrale Idee eines Buches ist relativ unwichtig. Eine der besten Ideen ist immer noch: Ein Mann liebt eine Frau! (Oder Frau-Mann, Mann-Mann, Frau-Frau etc.) Aber ich kenne kein gutes Buch, in dem ich nicht eine Fülle überragender Ideen finde. Und die auf allen Ebenen: In den Figuren, im plott, im setting bis runter aufeine einzelne Metapher. Und weil das so ist, habe ich allergrößte Schwierigkeiten mit den drei Fragen. Ich versuche es trotzdem einmal.
1. Sprache und Handlung, wenn sie voller Ideen sind
2. Es gibt kein gut geschriebenes Buch mit nur wenig innovatoven Ideen, wohl aber welche mit einer wenig innovativen zentralen Idee wie z.B. Gut gegen Böse oder Frau liebt Mann.
3. Ich habe keine Probleme mit neuen Ideen, aber es kann schon sein, dass der Leser sie nicht findet.
Liebe Grüße
Trippelschritt
@Trippelschritt - Gut formuliert. Würde ich unterschreiben.
Auch just zu Harry Potter vorneweg - vielleicht war das nur mein flüchtiger Eindruck, aber ich hatte mal etwas zumindest für mich sehr interessantes festgestellt, als ich den Halbblutprinzen auf Englisch in die Finger bekam, als der deutsche noch nicht draußen war. Mir schien und scheint es immer noch so, dass Rowlings im Englischen eine sehr viel größere "Rafinesse" in Sachen Wortschatz und Formulierung auf das Papier bringt, als die deutsche Übersetzung transportiert. Die deutsche HP-Bücher lesen sich wie warme Semmel - nicht plump oder groschenromanhaft, aber auch nicht übermäßig "interessant" oder außerordentlich vom Schreibstil her. Weiß aber wie gesagt nicht, ob nur mir das so ging.
Auch bei "The Casual Vacany" von Rowlings habe ich ob ihres - subjektiv - komplexen Schreibstils und enormen Wortschatzes gestaunt - allerdings habe ich davon auch nicht die deutsche Version gelesen und ich muss zugeben, dass mein Englisch vor etwa zwei Jahren noch nicht so ausgereift war, wie es das heute ist - das spielte wohl durchaus mit in meinen Eindruck hinein : P
Zu den drei Punkten aber:
1) & 2) Ich für meinen Teil, insbesondere direkt beim Schreiben oder Plotten denke, dass das eine ohne das andere nicht geht. Ich halte mich für halbwegs wortgewandt, bei dem was ich schreibe - käme aber nicht weit, ohne die entsprechende Idee, die dem ganzen einen Sinn gibt, gewissermaßen. Insofern würde ich vielleicht in einer Hierarchie der Idee einen minimalen Vorsprung vor der "Formulierung" geben - aber um ehrlich zu sein sind meiner Meinung nach beides zwei so verschiedene Dinge, die eine gleichermaßen tragende Rolle für mich beim schreiben spielen, dass hier keines das andere ausstechen kann.
Die Idee, in allen Entwicklungsstadien, ist die Blaupause für das Gebäude, das ich mit meiner Sprache errichten will. Das eine kann ein Stück weit Makel des anderen ausgleichen, so es denn wirklich "Makel" sind und nicht Eigenheiten. Wenn es aber am einen eklatant mangelt, kommt bei mir auch das andere nicht zustande. Es ist nichts wert, wenn ich eine geniale Idee habe, dann aber keine Worte dafür finde. Oder mir lauter geniale Phrasen und Formulierungen für eine Szene einfallen, wenn die Szene keinen Sinn ergibt und man sich nach einer Seite nur fragt...schön und gut, aber was soll das jetzt?
Entsprechend sehe ich das auch so in dem, was man an veröffentlichter und bestsellerischen Literatur so hat. Das eine bedingt nur zu einem Teil das andere. Harry Potter hat nicht den mega-genialsten Plot - gleichzeitig ist der Plot meiner Meinung nach aber auch nicht übel, und das über sieben Bände hinweg. Gepaart mit einem mehr als ordentlichen Schreibstil, der im Englischen und Deutschen seine nicht ganz identischen, aber gleichwohl attraktiven Reize und Effekte hat. Dass man für Bestseller dann so oder so wie bei allen Künsten auch etwas Glück haben muss, schätze ich, um damit groß heraus zu kommen, das steht auf einem anderen Blatt.
3) Teils teils, denke ich. Ich bin teils zwangsläufig inspiriert von dem, was ich konsumiere. Sei es in Buchform oder sei es von diversen Videospielen oder FIlmen. Was man einmal im Kopf hat erweitert irgendwie ja automatisch das eigene Ideen-Repertoire. Ich sehe aber auch keine absolute Notwändigkeit, sich selbst und den Lesern etwas 100% Neues zu liefern. Einmal ganz zu schweigen davon, ob das überhaupt möglich wäre. Und selbst WENN es möglich wäre, dann wäre es glaube ich fraglich, wie die Leute mit etwas völlig neuem zurecht kämen, selbst wenn man etwa die Möglichkeit hätte, es sofort einer großen Zahl von Leuten unterzujubeln.
Ich persönlich verfolge schon immer ein wenig das Ziel, insbesondere beim Plot, nicht dieselbe Kamelle noch einmal zu bringen, einmal mehr vom strahlenden Ritter die Prinzessin vor dem Drachen zu retten. Allein schon, weil mich das nicht reizen und nicht interessieren würde, etwas quasi zu kopieren. Ich hätte keinen Spaß und kein Interesse daran, das Harry-Potter-Szenario oder das Herr-der-Ringe-Prinzip zu kopieren. Selbst wenn man so kopiert, dass es keine "direkte" Kopie mehr ist, aber eben, wenn man sehr dicht solchen Schemata folgt.
Da finde ich es ohnehin immer sehr reizvoll, zu schauen, was schon einmal gemacht wurde, bzw. was man selbst schon einmal gelesen oder gesehen hat und sich daran orientierend dann ein eigenes Konstrukt zu zimmern. Neu erfinden kann man kaum etwas, weil man etwas in irgendeiner Form wohl fast immer irgendwie irgendwo wieder findet, insbesondere im weiteren Sinne. Und nicht nur beim Fantasy und nicht nur bei Buch und Film. Das kann man aber ohnehin wohl auch kaum vermeiden.
Sonst wäre letztlich auch jedes Fantasy-Buch mit einem Drachen wie das andere. Hätte man eines gelesen, hätte man alles gelesen. Ist ja dankenswerterweise aber ja eben just nicht so.
Ich muss auch just an etwa James Bond denken - in jedem Film rettet der Agent quasi die Welt vor einem Übel. Und dennoch unterscheiden sich viele der Filme in solchem Maße in Detail und Plot, Charakterdesign etc. dass man einen neuen James Bond wieder anschaut (sofern man JB natürlich etwas abgewinnen kann). Gleichzeitig verlässt man sich aber auch darauf und schätzt es an den James Bond-Filmen, dass sie zwar immer mal wieder neue Facetten, neue Details bringen - gleichzeitig aber das Schema-F "Agent-beseitigt-Böses" sich nicht nennenswert verändert. James Bond hört nicht plötzlich auf, das Böse zu beseitigen und wird Teil eines Desperate-Housewifes-Szenario.
Aber man kann eben sein bestes tun, bei dem ganzen seinen eigenen Weg zu finden. Man orientiert sich zwangsläufig daran, was rechts und links des Weges liegt, schlägt aber trotzdem seinen eigenen ein. Die Mischung aus eigener Sprache und eigenen Ideen mischen aus dem Ganzen dann ohnehin einen ganz eigenen Cocktail. So gut oder schlecht der am Ende auch sein mag : P Und das Maß, in dem man selbst das ganze Ideen-Repertoire interpretiert, verwendet oder stumpf kopiert, das macht dann denke ich auch zu einem guten Teil aus, wie interessant und gut das ist, was dabei herauskommt am Ende.
Wie James Bond mit seinem Schema und zahllose andere Beispiele auch, ist ja etwa auch der Herr der Ringe letztlich ja nur ein "Rette-die-Welt-Gegen-das-Überböse"-Plot. Und Tolkien schreibt ja auch, was ihn alles inspiriert hat, grade an alten Sagen etc.. Aber das ist wohl just auch der Trick, dass man
inspiriert wird und dann dabei etwa wie die ganze "Ring"-Geschichte etc. dabei heraus kommt und eben nicht nur einfach ein weiterer, banaler "Rette-die-Welt-Gegen-das-Überböse"-Plot, wie man ihn schon etliche Male sonst wo gelesen oder gesehen hat...
Hmm, das ist schwierig. Auf jeden Fall spielt da der persönliche, individuelle Geschmack eine Rolle. :hmmm:
1. Was ist für euch beim lesen/schreiben am wichtigsten und warum - die Idee dahinter oder eher die sprachliche Formulierung oder die spannende Handlung?
Mich langweilt ein Buch, wenn es "einfach nur" schön geschrieben ist. Ich mag zum Beispiel "Der Name des Windes" wegen dem für mich wenig spannenden Plot nicht, so gut die Geschichte an sich auch erzählt ist. Ich habe mich beim Lesen gelangweilt. Andererseits würde es mich auch enttäuschen, eine tolle Idee sprachlich schlecht umgesetzt zu sehen. Und nochmal andererseits fand ich Harry Potter sprachlich schon immer unterdurchschnittlich und mag die Bücher trotzdem sehr. Idee oder Sprache oder spannender Plot? Ich denke, dass ein Roman für mich ein guter Roman ist, wenn er von allem etwas hat oder zumindest eines davon so positiv hervorsticht, dass man über etwas, das man als Mangel empfindet, hinwegsehen und das Buch so trotzdem mögen kann.
2. Entschädigt eine gute Idee eher für ein ,schwaches' Buch oder würdet ihr umgekehrt lieber ein gut geschriebenes Buch mit wenig (innovativen/interessanten) Ideen lesen?
Wenn ich hier eine Entscheidung treffen müsste, würde ich vermutlich sagen, dass ich lieber eine gute Idee schwach umgesetzt lesen würde, als ein gut geschriebenes, aber langweiliges Buch ohne irgendetwas, das interessant oder packend ist.
3. Nun gibt es das ganze Fantasy-Genre schon eine Weile und viel wurde schon getan und geschrieben – fällt es euch da schwer mit neuen Ideen aufzuwarten? Orientiert ihr euch lieber an bekanntem?
Ich habe schon immer gern - in jedem Genre - Klischees und Übliches und Bekanntes vermieden. Ich wollte schon immer lieber etwas Neues schreiben. :hmmm: Ob man das immer so umsetzen kann, wie man sich das vorstellt, ist eine andere Frage. ;D
Zitat von: Schneerabe am 12. März 2016, 00:48:51
Zu Berühmtheit gelangten alle drei Geschichten-komplexe wohl vor allem, weil sie dem Leser etwas boten das er bis dato noch gar nicht gesehen hatte, etwas vollkommen Neues.
Dem kann ich irgendwie nicht zustimmen. Diese Werke bieten für mich allesamt nichts, was großartig neu wäre. Ja, sogar Herr der Ringe war nichts neues. Allerdings waren sie mit ihrem Szenario zur rechten Zeit am richtigen Fleck und wurden deshalb zu einem solchen Erfolg. Das ist es, was eigentlich den kommerziellen Erfolg ausmacht. Eine gute Idee, halbwegs geschickt verpackt, stillt ein gesellschaftliches Bedürfnis zur entsprechenden Zeit.
1. Was ist für euch beim lesen/schreiben am wichtigsten und warum - die Idee dahinter oder eher die sprachliche Formulierung oder die spannende Handlung?Eine geniale Geschichte hat für mich spannende Charaktere, in die ich mich reinfühlen kann, eine interessante Welt und einen tollen Spannungsbogen. Je weniger davon vorhanden ist, desto weniger macht mir das Spaß. Von diesen Aspekten sind mir die Charaktere der wichtigste Punkt. Ich habe schon Bücher gesehen mit faszinierenden Welten und dann war der Held so zahnlos und lahm, dass ich das Buch beiseite gelegt habe.
2. Entschädigt eine gute Idee eher für ein ,schwaches' Buch oder würdet ihr umgekehrt lieber ein gut geschriebenes Buch mit wenig (innovativen/interessanten) Ideen lesen?Eigentlich oben schon beantwortet. Innovative Ideen halte ich für einen absoluten Mythos. Gibt es nicht. Was es stattdessen gibt sind Evolutionen von bestehenden Ideen, Weiterentwicklungen. Geschichten und Ideen entstehen nicht im Vakuum. Dementsprechend ist die Frage für mich recht schwierig zu beantworten. Ein Buch das krampfhaft versucht anders zu sein, ist für mich wie die einmalige Schneeflocke. Jede ist hach so anders und speziell - und am Ende gibt es Matsch. ;D
Ich will gute Charaktere, die glaubwürdig handeln, in einer Welt die ihnen Reibungspunkte bietet. Idee, Innovation, etc kommt da garnicht rein.
3. Nun gibt es das ganze Fantasy-Genre schon eine Weile und viel wurde schon getan und geschrieben – fällt es euch da schwer mit neuen Ideen aufzuwarten? Orientiert ihr euch lieber an bekanntem?Wenn man danach geht, sollte es seit hunderten Jahren keine Geschichten mehr geben. Man kann keine Geschichte schreiben ohne zwangsläufig Muster zu verwenden, die bereits unzählige Male benutzt worden. Also doch, man kann. Nennt sich (post-)moderner Roman, die Handlung springt hier von links nach hinten und plumpst in ein Café wo der Held mit Albert Einstein über Jesus redet, bevor er auf einem Raumschiff den großen Detektiv Julius Cäsar mit einer Schreibmaschine im Schach besiegt. Sinnloses Gebrabbel im Fesselturm des Spektakels (damit möchte ich keinem (post-) modernem Romanschreiber auf die Füße treten, dass ist rein meine Meinung).
Aber die Muster sind vor unzähligen Jahren entstanden, es gibt einfach nur eine begrenzte Anzahl an Möglichkeiten wie etwas ablaufen kann. Ehrlich, das wurde in tausenden Jahren Geschichten erzählen professionell ausgelotet. Beispiel:
Charakter Bupfel ist der Antagonist.
Variante a) Bupfel bleibt das komplette Buch über Böse. - Gab es schon hundertmal.
Variante b) Bupfel wird zum Guten - Gab es schon hundertmal.
Variante c) Bupfel ist nur Böse, weil es noch etwas Böseres gibt - Gab es schon hundertmal.
Variante d) Bupfel ist eigentlich nicht Böse, weil gut und böse relationale Standpunkte sind - Gab es schon hundertmal.
Variante e) Bupfel ... - hundertmal.
Alle denkbaren Varianten sind in irgendeiner Form schon einmal erzählt worden. Die Muster sind immer die Gleichen. Die geschickte Verwendung der Muster ist dabei für mich die Qualität beim Schreiben, weshalb ich oben auch ein wenig verschnupft auf den Mythos der Idee reagiert habe. Spannung und Faszination in einem Buch, rühren für mich daher, dass man als Leser versucht rauszufinden welches der Muster es ist. Das beste Buch schafft es die Muster offen ausliegen zu haben und mich trotzdem damit zu überraschen. Wenn ich nach dem Lesen danke "wow, das war offensichtlich, aber ich hab es nicht kommen sehen", dann ist das ein gutes Buch oder ich bin blöd. Geht auch. ;D
Dementsprechend ignorier ich den ganzen Wust an Mustern beim Schreiben, ich blende einfach aus, dass es die Handlung mit ihren jeweiligen Mustern in Teilen so schon gab. Ich kombinier das zu einer Geschichte, die für meine Charaktere passt. Und wenn die Charaktere sich damit wohlfühlen, dann bin ich auch als Schreiber zufrieden.
Das ist jetzt nur meine ganz persönliche Meinung und ich schreibe es nicht um jemandem auf die Füße zu latschen, aber: Wer sich beim Schreiben von dem beeinflussen lässt, was andere für Klischees oder ausgelutscht halten, schießt sich in den eigenen Fuß. Wo kommen wir denn hin, wenn der Mechaniker die Hälfte von seinem Werkzeugkasten wegschüttet, weil der Schraubschlüssel überbenutzt wurde und dann den Reifen nicht mehr wechseln kann.
Ideen sind nicht nur für Schriftstellerblogs billig. Ich teile diese Meinung voll und ganz.
Eis und Feuer ist jetzt nicht gerade neu in seiner Idee von harter, realistischerFantasy (https://en.wikipedia.org/wiki/Hard_fantasy). Fritz Leiber, Robert E. Howard, selbst Tad Williams haben alle ziemlich ähnliche Sachen gemacht.
Die Grundidee von Harry Potter gab es auch schon ein paar Mal. Von Terry Pratchet, Grandmaster of the Unseen University, hat es hier einen sehr netten Brief (http://www.beyondhogwarts.com/story.20050802.html) über diese Umstände, dass er z.B. als Epigone von JKR bezeichnet wurde, obwohl er...eins, zwei, acht Bücher mit seiner Zaubererakademie veröffentlich hatte, bevor Rowling ihr erste überhaupt fertig geschrieben hatte.
Ich weiß in Kürze nicht, wo du die Idee hernimmst, diese Bücher hätten fantastische und neue Ideen gehabt. Jedenfalls erschließt sich mir nicht, was diese Ideen denn sein sollten?
Was neu ist, ist der Fokus. Die Stärke bestimmter Themen bei diesen Montagen von Ideen. Weder Howard noch Williams haben z.B. so sehr die Verwundbarkeit der Helden in den Vordergrund gerückt, wenn ich mich nicht irre. Bei Tolkien stehen nicht die internen Streitigkeiten der Menschen im Vordergrund - obwohl es mit Sicherheit nicht schwer wäre, aus dem Krieg im Norden, dem Fall von Arnor usw. ein solches Buch zu stricken.
Zu den Fragen aber, die ich trotzdem interessant finde. :)
1. Was ist für euch beim lesen/schreiben am wichtigsten und warum - die Idee dahinter oder eher die sprachliche Formulierung oder die spannende Handlung?
Der Stil. Ideen sind Dutzendware. Einige meiner liebsten Bücher sind völlig fad in der Hinsicht. Eine spannende Handlung ist für mich Blendwerk und ein Irrtum: Handlung und Stil lassen sich kaum trennen. Es gibt eine ganze Reihe sehr, sehr spannender Bücher und Geschichten, in denen wenig passiert, in denen die ganze Handlung im Kopf des Protagonisten stattfindet - Borges ist ein Meister dessen - die aber allein durch ihren Stil mitreißen.
Wenn ein Buch mich nicht anspricht sondern langweilt, lese ich es nicht.
2. Entschädigt eine gute Idee eher für ein ,schwaches' Buch oder würdet ihr umgekehrt lieber ein gut geschriebenes Buch mit wenig (innovativen/interessanten) Ideen lesen?
Nein. Es gibt wenig verdammenswerteres als ein langweiliges Buch.
Wenn ein Buch schlecht geschrieben ist, ist es langweilig im besten und ein Verbrechen im schlimmsten Fall, Punkt. Dann ist es meine Zeit nicht wert. Egal wie toll die Idee ist, egal wie grandios und neuartig - ich finde unter Garantie eine sehr ähnliche oder sogar identische Idee besser umgesetzt. Warum sollte ich meine Zeit mit etwas vergeuden, das mich nur wütend macht?
Kurzum: Wenn das handwerkliche Geschick fehlt, hilft auch die beste Idee nicht. Kaum eines Menschen Gedanken sind so einzigartig.
3. Nun gibt es das ganze Fantasy-Genre schon eine Weile und viel wurde schon getan und geschrieben – fällt es euch da schwer mit neuen Ideen aufzuwarten? Orientiert ihr euch lieber an bekanntem?
Nein zum ersten. Es ist nicht wirklich schwer, mit neuen Ideen für Charaktere, Konflikte und Welten um die Ecke zu kommen, wenn man sich von diesem Standard-Fantasy-Tolkien-Blödsinn löst. Das Genre der Tragödie gibt es jetzt seit dreitausend Jahren und es produziert immer noch einige der besten Werke überhaupt - in einer völlig bekannten und weitgehend erforschten Welt, die sich an einige klare Regeln hält. Insofern sehe ich da den Zusammenhang nicht. Für mich würde es ja von kreativer Armut zeugen, in einem Genre, das sich nach Einbildungskraft benennt, nichts Neues erfinden zu können.
Bei weniger aufgeladenen, bloß phantastischen Genres, bei denen man sich ohnehin an gewisse Vorstellungen von Realität halten muss - also sagen wir einmal Urban Fantasy, realismo mágico oder in unserer Welt angesiedelter Horror - oder bei denen man sich ohnehin in bestimmte Traditionen stellt - Vampirfiction z.B. - halte ich mich natürlich an gewisse bekannte Dinge.
Wenn meine Vampire kein Blut trinken - dann sind es keine Vampire. Und natürlich muss ich mich dann an gewisse Regeln halten - wenn ich eine Vampirgeschichte schreiben will. Wenn nicht, hab ich natürlich freie Hand.
Ich klink mich auch mal ein :)
Zu 1&2
Bei mir ist es wichtig, dass mich das Buch irgendwie packt, die Art und Weisen sind dabei sehr unterschiedlich.
Ich glaube ich lese überwiegend eher mittelmäßig gut geschriebene, bis schlecht geschriebene Bücher. Einfach, weil ich die runterschnurbse wie ne Möhre. Bei manchen Büchern mag ich es einfach nur zu lesen, wie sie geschrieben sind, frisch auf gedreht, witzig, auch wenn die Story oder Idee grotten schlecht ist, wenn mich das Lesen an sich unterhält, tu ich es. Das Gegenteil ist Fifty Shades (ja ich beichte, ich hab sie gelesen) nicht unbedingt toll oder interessant geschrieben die Charakter auch eher mau, aber da hat mich Story zwischen den beiden gepackt und ich war irgendwann echt gespannt, wie die beiden ihre Geschichte gewuppt bekommen.
Ich lese Bücher auf zwei Arten, einemal die, die ich einfach nur runterlesen und die Bücher, die ich nebenbei lese (meist mit meinem Freund gemeinsam), das sind dann die meist die - aus meiner Sicht - richtig Guten. Momentan zum Beispiel: Rafik Schami's "Erzähler der Nacht", das muss ich mir einfach vorlesend auf der Zunge zergehen lassen und genießen, das könnte ich garnicht am Stück runterlesen, da fasziniert einfach nur die Erzählung und Erzählweise an sich und die "Karawanen der Nacht" von James A. Michener (irgendwie hab ich es mit Nächten fällt mir grad auf), einfach erfrischend ehrlich, politisch unkorrekt (nach heutigen Maßstäben, ist ja schon was älter) und auch von der Art und Weise so faszinierend geschrieben, dass ich es auch nur Etappenweise lese.
Das heißt, ich lese und mag prinzipiell fast alles, Hauptsache irgendwas packt mich, ich war schon von so vielen Autoren so überrascht, da hab ich zu Beginn der Bücher nur die Augen verdreht so platt und vorhersehbar waren sie geschrieben und dann hat man beim Lesen des Buches so richtig gemerkt, wie es von Kapitel zu Kapitel besser wurde, oder ich wurde einfach von der Story oder der Idee dahinter eingenommen. Ich bin da echt offen und lass mich nur schwer abschrecken ;D
Zu 3:
Ich glaube, ich orientiere mich garnicht. Für mich steht die Frage im Mittelpunkt, was will ich erzählen? Und lass denn eher unterschiedliche Ideen einfließen, alles was mir so gefällt, egal, ob es das schon gab oder nicht. Ich wollte zum Beispiel eine Selbstfindungsgeschichte schreiben, auf eine zweites Eat, Pray, Love hatte ich keine Lust, also hab ich das gemacht, worauf ich am meisten Lust habe und das ganze in eine Fantasysetting gepackt. Mir ist es vollkommen egal, ob es die Idee schon gab/gibt oder nicht. Mir geht es ausschließlich, um das, was ich erzählen will. Gibt es eine Message, die unbedingt in Welt hinaus schreien will? Will ich mit meinen Sätzen und Ideen Kinder zum kichern bringen? Will ich Kitsch schreiben und ganz viele Schmetterlinge in den Bäuchen flattern lassen? Will ich mit Sprache in fremde Welten entführen und faszinieren? Einfach nur träumen ... und dann leg ich los. Ich glaube, wenn ein Buch packt, dann packt es, egal, ob es die Idee schon tausend mal gab oder nicht. Ich glaube die "neue" Idee ist garnicht wichtig, sondern nur die Idee an sich. Ein Buch besteht aus so vielen Facetten, für mich ist die Idee da nur eine von vielen.
Man kommt an den PC und wird überflutet mit Antworten :D
@ Zitkalasa
ZitatDer Schriftsteller lehnt sich gegen die Realität auf und kritisiert sie und wählt dabei die Themen aus sich selbst heraus. (Er vergleicht das mit einem Catoblepas, ein Viech, das sich selbst verschlingt.) Was ich damit sagen will, ist: Die Ideen entspringen meinem eigenen Verdruss über die Welt
Das ist eine interessante Perspektive, habe ich bisher nie so drüber gedacht aber im Grunde ziemlich logisch. So wird man an Erkenntnis reicher. :omn:
@ Denamio
ZitatWo kommen wir denn hin, wenn der Mechaniker die Hälfte von seinem Werkzeugkasten wegschüttet, weil der Schraubschlüssel überbenutzt wurde und dann den Reifen nicht mehr wechseln kann.
Schön gesagt. Aus Prinzip Szenarien auszuschließen welche die handelnden Charaktere später aber bedingen würden, nur weil sie Klischees sind, kann einen wohl in üble Erklärungsnot bringen und sich um zehn Ecken zu verbiegen, um eine ach so exquisite Lösung oder Erklärung zu finden kann auch Frust auslösen - wenn es an den Haaren herbeigezogen wirkt oder Kopfschmerzen auslösen wenn es so kompliziert ist. ;D
@ Mailor
ZitatDas Gegenteil ist Fifty Shades (ja ich beichte, ich hab sie gelesen) nicht unbedingt toll oder interessant geschrieben die Charackter auch eher mau, aber da hat mich Story zwischen den beiden gepackt und ich war irgendwann echt gespannt, wie die beiden ihre Geschichte gewuppt bekommen.
Kann ich gut nachvollziehen, hatte dasselbe vor vier Jahren mit der Twilight-Serie, wir sind also gemeinsame Sünder. ;D
Ich habe früher viel Bücher von Edgar Wallace gelesen. Im Prinzip immer das gleiche Schema. Dennoch fand ich jedes Buch wieder aufs Neue spannend. Dafür habe ich vor kurzem Whisper-Island von Elizabeth George gelesen. Ich liebe normalerweise ihre Romane, aber den fand ich nur langweilig, obwohl die Idee sicherlich gut ist.
Von daher würde ich bei mir sagen, es ist mir wichtiger, dass ein Buch spannend geschrieben ist, als mit wirklich guten Ideen aufwartet. Beides zusammen ist natürlich super.
Was neue Ideen angeht, stimme ich Denamio zu: Grundsätzlich neue Ideen gibt es wohl gar nicht mehr. Irgendwer hatte schon mal die gleiche Grundidee. Trotzdem kann das Buch dann mit anderen "Begleiterscheinungen" vollkommen anders sein. Es ist auch sehr gut möglich, dass zwei Bücher, die die gleiche Grundidee beinhalten, so unterschiedlich sind, dass das eine langweilig und das andere hochspannend ist.
Dann will ich auch mal, wenn auch kurz, denn ich glaube, die meisten hier teilen in etwa die gleichen Ansichten.
1+2: Handwerk geht bei mir ganz klar vor Innovation. Zumal ich der Meinung bin, dass alles im Grunde schon irgendwann und irgendwie erzählt wurde.
3: Was neue Ideen angeht, sowohl als auch. Ich habe sogar die Erfahrung gemacht, dass zu viel Innovation bei der Mehrheit der Leser nicht unbedingt gut ankommt. Denn erstaunlicherweise scheint die Leser eine Art von Kollektivbewusstsein zu verbinden, was mit einer gewissen Erwartungshaltung einhergeht (Stichwort Krimi, gilt aber auch für Fantasy Subgenres)
Zitat von: Klecks am 12. März 2016, 11:38:08
Mich langweilt ein Buch, wenn es "einfach nur" schön geschrieben ist. Ich mag zum Beispiel "Der Name des Windes" wegen dem für mich wenig spannenden Plot nicht, so gut die Geschichte an sich auch erzählt ist. Ich habe mich beim Lesen gelangweilt.
Hier wird dauernd von "(gut) erzählt" mit Erläuterungen zur Sprache und Stil vs. "Idee" gesprochen.
Aber da gehört doch soviel mehr zu.
Ich habe gestern eine Trilogie verschenkt, obwohl ich die Idee dahinter sehr gut fand. Sprachlich war es auch ordentlich bis gut umgesetzt. Gestört haben mich am meisten perspektivische Fehler und Infodump. Beispielsweise: ein sehr pragmatischer Charakter (in meinen Augen so ein bisschen Low Fantasy und für mich die interessanteste Figur), der auch eher strategisch/militärisch denkt, bekommt fast 3 Seiten Infodump aufgedrückt mit den einleitenden Worten "Er dachte zurück an... (wo ihm irgendwas erzählt wurde)."
Für die Situation vollkommen unnötig und was auch immer man für Infodump halten mag und was nicht: zu dem Charakter hat es absolut nicht gepasst, der ist sehr zielorientiert und es ist vollkommen unstimmig, über ihn dem Leser Informationen zu verabreichen, die er teilweise auch schon doppelt im Vorgängerband bekommen hat.
Oder die Charaktere waren teilweise überzeichnet dargestellt und/oder wurden später umgedeutet, was mit diesen neuen Infos in der Rückschau zu weiteren perspektivischen Fehlern führte
(und bei einem, den ich so toll fand, ist der Autorin irgendwann vorne im 3. Band aufgefallen, was für ein Potential der doch bietet und hat ihn komplexer und von der Grundhaltung recht anders dargestellt - leider war er vorher in seiner eigenen Perspektive so platt dargestellt worden, da kommt eine Umdeutung später immer ein bisschen doof rüber.)Zu Sprache/Stil passt das ja schon mal nicht.
Früher hätte ich immer gesagt, dass ich der Idee den Vorzug vor der Sprache gebe, wenn die jetzt nicht super schlecht gemacht ist.
Inzwischen habe ich aber mit perspektivischen Fehlern oder schlechter Charakterentwicklung oder -zeichnung oder undurchdachter (und urplötzlich, wenn eine neue Idee dazu kommt, wechselnder) Motivation einen dritten Aspekt gefunden, den ich als so schwerwiegend empfinde, dass er (wenn das Buch bei Idee und Sprache nicht perfekt ist) das Buch aus meinem Regal verbannt.
Wahrscheinlich liegt es daran, dass die meisten Ideen nicht neu sind; man kann kaum etwas Neues erfinden, und Ideen werden vor allem durch ihre Umsetzung (also Charaktere, die diese Idee tragen, mit ihren Konflikten, Motivationen und so weiter) einzigartig. Die von mir angesprochene "dritte Säule" torpediert also eigentlich genau das, was ich in der hier gestellten Frage als das Wichtigere erachte, deswegen steht und fällt damit für mich ein Buch.
Zitat von: Siara am 12. März 2016, 01:30:59
Andersherum gilt das in meinen Augen nur sehr begrenzt. Ein lesbarer Schreibstil ohne Schnörkel + super Handlung kann funkionieren. Brandon Sandersons "Kinder des Nebels" war so ein Kandidat und hat mich umgehauen. Die Handlung, die Verstrickungen und Geheimnisse liegen an der Grenze zur Genialität, seine philosophischen Ideen liebe ich ohnehin. Der Stil allerdings ist wirklich eher dürftig.
Echt? Könnte vielleicht am Übersetzer liegen, ich habe viele Bücher von Sanderson auf Englisch gelesen und mir ist nie aufgefallen, dass sein Stil zu simpel oder dürftig wäre. Bei den meisten seiner Bücher kann ich mich noch gut erinnern, wie ich mir die Welten und Charaktere vorgestellt hatte, da ist vieles an meinem geistigen Auge hängengeblieben.
Kann natürlich auch sein, dass es nicht am Übersetzer liegt und sein Stil tatsächlich eher dürftig ist und mir das nie aufgefallen ist, weil seine Welten, Charaktere und Plots einfach so toll sind. Bei Sanderson kommt nie Langeweile auf, seine Bücher sind echte "page turner" für mich! :)
Er ist ein gutes Beispiel für einen Autor, der interessante Ideen hat und sie mit spannenden Plots und tollen Charakteren verbindet.
Zu den drei Fragen:
1. Ich würde sagen, die Umsetzung der Idee. Wie ich schon zu Sanderson gesagt hab: seine Bücher gefallen mir so gut, weil er tolle Ideen hat und sie in einen spannenden Plot packt. Generell mag ich Fantasy, die etwas neues wagt und auch mal über den Tellerrand blickt. "Perdido Street Station" und "The Scar" von China Mieville gehören zu meinen Lieblingsbüchern, weil sie vor guten Ideen nur so strotzen: "The Scar" spielt auf einer schwimmenden Piratenstadt, die aus mehreren aneinandergeketteten Hausbooten besteht und ständig in Bewegung ist. Die Bewohner planen, ein riesiges Seeungeheuer zu fangen und es als Antrieb zu benutzen, da es sich viel schneller fortbewegen kann als die Segel und Motoren der Hausboote. Das Setting ist echt spitze, und das Buch scheut sich nicht davor, mal ein paar neue Dinge auszuprobieren. Aber ohne den Plot und die Charaktere wäre die Idee wertlos. Die Charaktere sind gut geschrieben und ich fieberte beim Lesen mit ihnen mit, der Plot ist spannend und ich wollte immer wissen, wie es weitergeht.
Wenn der Plot aber langweilig ist und die Charaktere flach, dann reizt selbst die ungewöhnlichste Idee nicht mehr zum weiterlesen. Für mich ist der Plot am wichtigsten, gefolgt von Charakteren und Idee auf etwa derselben Stufe.
2. Ein wirklich gut geschriebenes Klischee-Fantasybuch mit einem Helden der als Bauernsohn aufwächst und irgendwann erfährt dass er der prophezeite Weltenretter ist ist besser, als ein richtig innovatives Buch das schlecht geschrieben ist. Wenn der Plot spannend ist und die Charaktere vielschichtig, dann macht das Buch Spaß. Wenn der Plot langweilig ist, dann wurde die gute Idee leider verschwendet und alles, was beim Lesen bleibt, ist das Gefühl dass hier eine gute Idee vorhanden war, die Potential gehabt hätte...
Wenn ich jetzt zwei Bücher vor mir hätte, eins voll mit tollen Ideen und eins voller Klischees, und beide sind eher mittelmäßig geschrieben, würde ich natürlich das mit den tollen Ideen nehmen. Wenn die Ideen gut genug sind, dann können sie eine mittelmäßige Geschichte etwas aufwerten. Aber insgesamt ist die Umsetzung wichtiger als die Ideen dahinter!
3. Kommt drauf an. Es macht Spaß, mit bekannten Klischees zu spielen, und wenn ich was mit Humor schreibe bediene ich mich auch an den Klischees. Bei seriöserer Fantasy versuche ich lieber, alten Ideen einen neuen Twist zu geben, oder ein Setting zu kreieren, das einen einzigartigen Touch hat. Es wurde in der Fantasy zwar schon verdammt viel gemacht, nicht nur in der Literatur sondern auch im Film, in Rollenspiel-Regelwerken, in Computerspielen... aber viele der interessanten Ideen wurden später gar nicht oder nur selten aufgegriffen, während sich die bekannten Klischees hatnäckig halten.
Aber auch wenn ich versuche innovativ zu sein ist mir völlig klar, dass ich von dem beeinflusst bin, was ich in meinem Leben bisher gelesen habe. Ideen entstehen nicht aus einem Vakuum. Innovative Fantasy ist innovativ weil sie sich aus verschiedenen Sachen bedient, die vorher noch nicht kombiniert worden sind, oder weil sie sich mit Bekanntem auf neue Art und Weise auseinandersetzt. Ich bin mit Computerspielen aus den 90ern aufgewachsen und habe in meiner Jugend viele Romane mit interessanten und unkonventionellen Ideen gelesen. Die haben mich alle als Autor beeinflusst, und irgendwo im Hinterkopf werden die immer verbleiben. Wenn ich mir eine neue Geschichte oder ein neues Setting ausdenke, dann fließen die Einflüsse unbewusst mit hinein.
Ich würde sagen dass so ein unbewusster Einfluss von schon gelesenem bei jedem Autor mit dabei ist.
Ohne jetzt alle anderen Antworten genau durchgelesen zu haben, hier meine Meinung:
1. Was ist für euch beim lesen/schreiben am wichtigsten und warum - die Idee dahinter oder eher die sprachliche Formulierung oder die spannende Handlung?
Weder noch. Wichtig ist für mich, dass mich die Geschichte berührt. Die Charaktere, die Botschaft, irgendetwas daran. Damit das funktioniert, muss es glaubwürdig wirken und das hat wiederum mit der Umsetzung zu tun (nicht nur sprachlich, auch ob die Charaktere nachvollziehbar sind etc.). Die Idee an sich ist aber eigentlich egal. Deine drei Beispiele finde ich besonders gut, um das festzumachen. Was diese Bücher erfolgreich macht, ist meiner Ansicht nach nicht die Einzigartigkeit des Plots.
In "Herr der Ringe" und "Game Of Thrones (oder Song Of Ice And Fire ;))" geht es um zutiefst menschliche Gefühle. Freundschaft, Loyalität, Verrat, Liebe, Machtgier, Cleverness, Intrigen, Unterdrückung, Freiheit. Das sind alles Dinge, die die meisten Menschen irgendwann in ihrem Leben in irgendeiner Form betreffen. Gerade bei "Game Of Thrones" wird das deutlich. Wer z.B. niemals mit dem Thema Macht in Berührung kommt, kann sich immer noch mit den vielen anderen Themen identifizieren. In "Harry Potter" geht es um Dinge, die jeder Teenager in seinem Leben durchmacht. Alles andere bildet nur einen Rahmen dafür, einen Aufhänger sozusagen. Warum verschlingen die Leute King-Bücher wie warme Brötchen? Etwa weil sie brutal, schrecklich, abstrakt und schwer zugänglich sind? Bestimmt nicht. Zwei Dinge: Menschliche Abgründe (1), glaubwürdig und spannend umgesetzt (2).
Langer Rede kruzer Sinn: Was ein Buch in meinen Augen gut oder schlecht macht, ist nicht die Idee im Sinne von Plot, sondern, ob es mich berührt oder nicht. Die meiste erfolgreiche Unterhaltung (seien es Bücher, Filme oder Musik) spricht Themen an, die viele Menschen beschäftigen. In der Musik sind die grössten Charthits immer Love-Songs. Warum? Weil zu dem Thema jeder Mensch einen Zugang hat.
2. Entschädigt eine gute Idee eher für ein ,schwaches' Buch oder würdet ihr umgekehrt lieber ein gut geschriebenes Buch mit wenig (innovativen/interessanten) Ideen lesen?
Ich denke, dass eine gute Umsetzung eine "schwache" Idee retten kann, siehe oben. :)
3. Nun gibt es das ganze Fantasy-Genre schon eine Weile und viel wurde schon getan und geschrieben – fällt es euch da schwer mit neuen Ideen aufzuwarten? Orientiert ihr euch lieber an bekanntem?
Früher wollte ich immer unbedingt originell sein. Wer möchte das nicht? Aber mittlerweile habe ich das aufgegeben, weil a) sowieso kaum eine Idee wirklich neu ist, weil es b) halt nun einmal nur so und so viele menschliche Themen gibt. Ich frage mich bei neuen Ideen schon gar nicht mehr, ob es etwas ähnliches schon einmal gegeben hat. Auf die Umsetzung kommt es an. Ich könnte jetzt mehrere Bücher nennen, in denen ein Vamprivirus die Menschen in die Apokalypse stürzt (da wären z.B. "Der Übergang" von Justin Cronin, "Die Saat" von Guillermo del Torro) und die sind alle völlig unterschiedlich.
Vermutlich gibt es Plots, die mehr Spielraum für Originalität lassen als andere ("Mädchen verliebt sich in Vampir/Werwolf/etc" bietet vermutlich nicht so viel Spielraum), aber letztendlich ist auch das egal, weil siehe oben. :)
Hmmm... im Grunde versuchst du hier, hinter das Rezept des perfekten Buches zu kommen. Das möchte ich natürlich auch gerne kennen. Aber so viele Geschmäcker es gibt, so viele Antworten gibt es wohl auch auf die Frage, ob die Idee oder die Umsetzung wichtiger ist. Ich vermute, je mehr man es schafft, Bedürfnisse, Sehnsüchte und Ansichten von vielen Lesern zu erreichen, desto erfolgreicher wird ein Buch. Und das hat dann mit beidem zu tun: Idee und Umsetzung.
Dass aber eine Idee nur dann gut ist, wenn sie neu ist, glaube ich nicht. Auch Tolkien, den du erwähnst, hat ja vieles nicht erfunden. Sein "Trick" war u.a., dass er sich vieler Mythen und Sagen wie auch anderer Völker (bezüglich Sprache, z.B. Isländisch) bedient, diese aber anders verwendet hat. Er hat aus dem einen "Genre" (Sagen und Mythen) etwas genommen und es in ein anderes transportiert. An sich ist das ja auch was Neues, aber nichts, was aus dem Nichts in seinen Kopf gesprungen ist.
Ein weiteres Beispiel: Shakespeare. Auch er hat seine Werke nicht aus dem Nichts erfunden, sondern die Themen aus der griechischen Mythologie entnommen. Also auch hier wurden Ideen von einer Quelle in eine andere Form gebracht.
Unser Pech ist halt, dass es diese Form der Übertragung nun nicht mehr gibt. Aktuelle Autoren müssen sich damit begnügen, sich zu anderen bereits bestehenden Ideen aus Büchern und Romanen einzureihen und versuchen, diese anders zu interpretieren. Aber so schlimm ist das ja nicht. Als Leserin habe ich auch nicht das Bedürfnis, immer etwas total Neues und noch nie Dagewesenes zu lesen. Oftmals wünschte ich mir sogar, es gäbe von einer Art Geschichte noch mehrere im genau gleichen Stil (nur mit anderen Figuren und Schauplätzen), gerade weil ich es eben mag.
Meine persönliche Präferenz kann ich so nicht konkret benennen. Es muss eine Mischung sein, die auch nicht immer gleich sein muss. Eine banale Idee, die von super interessanten Figuren getragen wird, findet bei mir sicher Anklang. Aber auch eine geniale Idee mit austauschbaren Figuren, jedoch einem verzwickten und komplexen Plot entfacht mein Interesse. Was bei mir auf keinen Fall fehlen darf, ist Spannung. Egal, ob jetzt die Idee oder die Figuren ein Buch tragen, wenn es langweilig und langfädig ist, wandert es bei mir in den Müll. Darum lese ich auch selten hochstehende Literatur. Ich mag es zwar, innerhalb eines Buches auch etwas zu lernen (z.B. in Historienromanen) oder an philosophische Themen herangetragen zu werden, aber wenn keine Spannung da ist, brauche ich dafür keinen Roman zu lesen. Dann wähle ich lieber Sachliteratur, denn dort ist für mich Spannung kein Thema.
Das würde ich so jetzt nicht unterschreiben. Es sind noch beileibe nicht alle Mythen "weg" und wenn man (angesichts Deiner Beispiele) den Punkt mit der Reichweite / Auflagenhöhe berücksigt, sind da noch ganze Kulturkreise "frei".
Und man kann sich ja neben einzelner Mythen auch noch kleinere Bereiche rauspicken. Ich habe einmal als Erklärung für die Kreuzzüge den Satz einer Romanfigur gelesen, dass zwei Parteien Krieg gegeneinander geführt hätten mit Hilfe desselben Heeres (Jasper, "Tod und Teufel, Frank Schätzing).
Diesen Satz habe ich als Grundlage genommen für einen Plot, und durch die Gegebenheiten ist es garantiert etwas, was es so nicht 1:1 gibt.
Beim Beispiel Hintergrund / Weltenbau denke ich sowieso, dass man unverwechselbarere Ergebnisse bekommt, wenn man eine Situation oder ein Problem wählt und dann darauf passend eine Welt entwickelt (oder ein Land), in dem die Gegebenheiten diese Situation begünstigen oder zwingend hervor rufen.
Welten, die zuerst erfunden werden und dann wird eine Geschichte dazu gebaut, überraschen mich als Leser meist nicht so sehr.
Beim frei erfinden ist man dann aber wieder bei dem "Problem", dass in der Menschheitsgeschichte zu irgendeiner Zeit in irgendeiner Kultur schonmal jemand darauf gekommen ist (z.b. Totenmaske/Ahnenkult) und auch wenn der Rest der Welt nicht zu der Kultur passt, aus der der Leser dieses Element kennt, kann es sein, dass er wegen dieser Parallele meint, das wäre ja wie bei Land X, Epoche Y (auch wenn der Rest nicht daraus entnommen ist).
Also bleibt zwar die "Das ist nicht neu"-Reaktion als mögliches Problem, ich sehe es aber nicht so gravierend wie Du. :)
1. Was ist für euch beim lesen/schreiben am wichtigsten und warum - die Idee dahinter oder eher die sprachliche Formulierung oder die spannende Handlung?
Die Idee ist es jedenfalls nicht. Brandon Sanderson hat in einer seine Schreibklassen mal die Geschichte hinter Codex Alera von Jim Butcher erzählt. Butcher wollte beweisen, dass man auch aus einer dämlichen Idee ein gutes Buch machen kann und hat deshalb seinen Diskussionspartner gebeten ihm die schlechteste Idee zu geben die ihm einfällt. Das Ergebnis war "die verlorene römische Legion und Pokemon". Und Codex Alera ist eine ziemlich gute Reihe.
Die Umsetzung ist mir viel wichtiger. Wenn eine Idee schon tausendmal da war, aber ich die Figuren mag, die Handlung glaubwürdig finde und mir das Buch gute Gründe gibt weiterzulesen, dann verzeihe ich auch eine schwache Idee.
Ich denke im Grunde will ich ein Buch, das a) dafür sorgt, dass ich weiterlesen will. Ob das nun wegen einer spannenden Handlung, guten Figuren, einer tollen Sprache oder allen drei Dingen ist nebensächlich.
Und b) darf das Buch mich nicht soweit frustrieren, dass ich nicht weiter lesen kann. Jeder hat da seine eigenen Trigger und reagiert unterschiedlich stark auf Dinge wie Rechtschreibung, Grammatik und unlogische Handlung.
Wenn ein Buch dieses Gleichgewicht hinbekommt, bin ich oft schon zufrieden.
2. Entschädigt eine gute Idee eher für ein ,schwaches' Buch oder würdet ihr umgekehrt lieber ein gut geschriebenes Buch mit wenig (innovativen/interessanten) Ideen lesen?
Eine gute Idee kann für mich nie eine schlechte Umsetzung gutmachen. Andersherum geht das schon viel eher.
3. Nun gibt es das ganze Fantasy-Genre schon eine Weile und viel wurde schon getan und geschrieben – fällt es euch da schwer mit neuen Ideen aufzuwarten? Orientiert ihr euch lieber an bekanntem?
Nicht wirklich. Es gibt immer genug Möglichkeiten um die Ideen zu kombinieren. Manchmal kommt man in die Situation, dass Teile der eigenen Geschichte oder des Settings einem anderen Buch ungemütlich nahe kommen. Aber solange es nicht zu urheberrechtlichen Problemen kommt, konzentriere ich mich einfach weiter auf meine Geschichte und vergesse die Ähnlichkeiten. Oft löst sich das Problem von selbst. Und selbst wenn nicht, ist mein Ziel ein gutes Buch. Ich muss dafür nicht das Rad neu erfinden.
Fianna
Natürlich gibt es noch viele Sagen und Mythen, welche man für Bücher heranziehen kann. Aber dass dies eben überhaupt gemacht wurde, war ja die Neuheit an sich. Wenn dann andere Autoren andere Mythen und Sagen als Inspiration nehmen, ist es ja nicht mehr das gleiche wie beim ersten, der das gemacht hat.
Okay, das habe ich dann anders verstanden als von Dir gemeint... Du hattest doch zwei Beispiele, die nicht zeitgleich waren. Dann dürfte Tolkien nach dieser Logik doch auch kein Positiv-Beispiel sein, er war dann ja nicht mehr der Erste.
~~~
Je nach Mythos (*pst* "The Quarrel of Horus and Seth") ist das so abgedreht, dass man als Leser es als neu und ungewöhnlich empfindet, obwohl das mit dem Mythos so ein alter Hut ist.
(Ein Teil des Mythos ist relativ langweilig, da sich viel wiederholt (spannend sind da die grammatikalischen kleinen Variationen), lest bis zum Kürbis.)
Stimmt, Tolkien war auch nicht der erste, Fianna. Aber dass zwischen Shakespeare und Tolkien ein paar Jahrhunderte verstrichen, ist ihm sicher zugute gekommen. ;D
Zitat von: Schneerabe am 12. März 2016, 00:48:51
1. Was ist für euch beim lesen/schreiben am wichtigsten und warum - die Idee dahinter oder eher die sprachliche Formulierung oder die spannende Handlung?
2. Entschädigt eine gute Idee eher für ein ,schwaches' Buch oder würdet ihr umgekehrt lieber ein gut geschriebenes Buch mit wenig (innovativen/interessanten) Ideen lesen?
3. Nun gibt es das ganze Fantasy-Genre schon eine Weile und viel wurde schon getan und geschrieben – fällt es euch da schwer mit neuen Ideen aufzuwarten? Orientiert ihr euch lieber an bekanntem?
Ich befürchte zwar, mit meiner Antwort ein wenig an dem vorbeizuschrammen, was Sie eigentlich im Sinne haben, aber für mich ist die Idee am wichtigsten, wobei Idee nicht im Sinne von Grundidee im Plot vermittelt, sondern Ideen, die den Leser überraschen, ihn zum Staunen, Lachen, Schmunzeln bringen, die ihm zeigen, dass Fantasie weitaus mehr kann als das übliche Schema F, dessen man sich bedient, weil man einen Abgabetermin hat bzw. sich keine großartige Mühe machen will.
Leider wird das, was ich meine, gar nicht mal selten als Effekthascherei verunglimpft. In meinen Augen ist diese Bezeichnung jedoch mehr als ungerecht; sich solche ungewöhnlichen Situationen und Ideen auszudenken und auszuformulieren ist weitaus schwieriger als es den Anschein hat.
2) ist etwas schwierig zu beantworten. Grundsätzlich ist es erstmal so, dass ich eher bei einer tollen Idee Interesse zeige als am Autorennamen oder Genre. Es kommt dann aber vor, dass ich ein wenig enttäuscht bin, wenn ich den (von mir erwarteten) Knaller nicht zu lesen bekomme. In diesem Fall ist es eine Mischung aus beidem.
3) kann man tatsächlich nicht so wirklich beantworten, da man eigentlich kaum etwas findet, was es nicht schon gab, man dieses aber in ein anderes Gewand kleiden kann (wobei dann wieder 1. als Applikationen dienen soll).
Allerdings teile ich Witchs Meinung, dass Figuren berühren sollen, nur bedingt. Es ist zumindest mir zuwider, wenn Protas soviel Tränen vergießen müssen, dass man damit ganze Seen füllen können. Es widerstrebt mir, dass ein Held soviel Leid erfahren muss, dass selbst der Teufel Mitleid mit ihm hat.
Mich jetzt bitte nicht falsch verstehen. Das soll jetzt nicht heißen, dass der Held keine Schicksalsschläge bekommen soll, die ihm einen Dämpfer versetzen. Aber zumindest mir geht es auf den Keks, wenn es heißt, dass die Figur sich voller Selbstzweifel durch die Geschichte hangeln soll, sich mit Vorwürfen zerfleischen und immer wieder über seine Schuld nachdenkt.
Ein bisschen Drama ist okay, aber mir kommt es vor, dass der moderne Autor dieses Badewannengrößentechnisch über seine(n) Prota(s) auskippt und es keine Menschen mit kleinen Sorgen gibt.
Zitat von: Cailyn am 21. März 2016, 09:13:24
Stimmt, Tolkien war auch nicht der erste, Fianna. Aber dass zwischen Shakespeare und Tolkien ein paar Jahrhunderte verstrichen, ist ihm sicher zugute gekommen. ;D
Dann verstehe ich endlich was Du meinst, aber ich habe ein Problem: ich lebe doch nicht mehrere Jahrhunderte! Verdammt!
Zitat von: Feuertraum am 21. März 2016, 09:55:47
Allerdings teile ich Witchs Meinung, dass Figuren berühren sollen, nur bedingt. Es ist zumindest mir zuwider, wenn Protas soviel Tränen vergießen müssen, dass man damit ganze Seen füllen können. Es widerstrebt mir, dass ein Held soviel Leid erfahren muss, dass selbst der Teufel Mitleid mit ihm hat.
Das meinte ich auch nicht mit "berühren." Ich meinte, dass sie etwas an sich haben sollten bzw. die Geschichte etwas an sich haben sollte, dass die Menschen allgemein "berührt", im Sinne von beschäftigt. Ein Thema, das vielen wichtig ist z.B., wie Liebe. Oder etwas, womit sich Leute identifizieren können, sich selbst wieder finden. Schwierig zu erklären.
Ein Beispiel: In "So ruhet in Frieden" von John Ajvide Lindqvist stehen eines Tages die Toten auf. Soweit nichts, was einen speziell berühren sollte, einfach eine weitere "Zombie"-Story (sind eben keine richtigen Zobmies, aber das führt zu weit). Jedenfalls ist unter diesen Aufgewachten auch ein kleiner Junge. Seine Mutter holt ihn zu sich und möchte ihn auf eine einsame Insel bringen, um ihn nicht wieder zu verlieren. Das brennt sich einem in die Erinnerung ein. Eine Mutter, die die wandelnde Leiche ihres Sohnes entführt, um ihn nicht wieder zu verlieren. Wie viele Menschen können sich vorstellen, wie es ist, einen geliebten Menschen zu verlieren und wie viele fragen sich an dieser Stelle, wie sie sich wohl verhalten würden. Und wie viele würden sich möglicherweise gleich verhalten? So etwas meine ich.
Wie gesagt, "Harry Potter" oder auch "Twilight" beinhalten Dinge, die die meisten Teenager im Verlauf ihres Lebens beschäftigen. Deshalb berühren die Charaktere sie. Bella ist sturzdumm, aber wie viele Mädchen wünschen sich den Mr. Right für's Leben? Bella findet ihren Mr. Right. ;) (Die fragliche Darstellung einer Beziehung jetzt mal aussen vor gelassen).
Ich meine eher solche Dinge, nicht, dass ein Charakter geschlagen und gebeutelt und heulend aus der letzten Seite hervorgehen muss. ;)
Zitat von: Fianna am 21. März 2016, 12:51:52
Zitat von: Cailyn am 21. März 2016, 09:13:24
Stimmt, Tolkien war auch nicht der erste, Fianna. Aber dass zwischen Shakespeare und Tolkien ein paar Jahrhunderte verstrichen, ist ihm sicher zugute gekommen. ;D
Dann verstehe ich endlich was Du meinst, aber ich habe ein Problem: ich lebe doch nicht mehrere Jahrhunderte! Verdammt!
Vielleicht finden wir ja auch noch was zum Abgucken, was irgendwer vor 1000 Jahren gemacht hat.
Feuertraum
Haben Sie denn kein Problem damit, wenn sie sich in keiner Art und Weise mit der Figur identifizieren können oder es einen gemeinsamen Nenner gibt?
Ausserdem denke ich nicht, dass eine Figur nur dann gut ausgearbeitet und "tief" ist, wenn sie unendlich leidet. Das darf ja auch eine Frohnatur oder jemand sehr glückliches sein.
Zitat von: Cailyn am 21. März 2016, 09:13:24
Feuertraum
Haben Sie denn kein Problem damit, wenn sie sich in keiner Art und Weise mit der Figur identifizieren können oder es einen gemeinsamen Nenner gibt?
Ehrlich gesagt: Nein
Zitat
Ausserdem denke ich nicht, dass eine Figur nur dann gut ausgearbeitet und "tief" ist, wenn sie unendlich leidet. Das darf ja auch eine Frohnatur oder jemand sehr glückliches sein.
Bei mir rennen Sie mit dieser Aussage offene Türen ein. Nur ich habe in den letzten Jahren feststellen müssen, dass diese Einstellung blankes Entsetzen hervorruft. Sei es von Autorenseite, seien es gestandene Rollenspieler: kaum eine Hauptperson, die nicht mit ihrem Schicksal hadert, die frei ist von Selbstzweifeln . Ob als Kind die Eltern verloren, eine Behinderung, Vergewaltigung, die Palette ist groß. Natürlich gibt es Ausnahmen. Einmal hat ein Bekannter einen Barbaren gespielt, dessen oberstes Ziel es war, ein Schönling zu werden und im Lexikon sein Bild unter "Höflich und zuvorkommend" zu sehen. Aber das waren wirklich Ausnahmen. Selbst in manchen Actionfilmen findet man Sequenzen, in denen die Seelenpein des jeweiligen Protas gezeigt wird, und das nur, weil ein Charakter dreidimensional sein "muss" und der Leser ja tiefschürfende Probleme "verlangt".
Wie gesagt: Ich kann mich mit dieser 3D-Charakterisierung nicht anfreunden, aber die Masse bevorzugt und zeichnet sie so.
Zitat von: Feuertraum am 21. März 2016, 19:32:36
Selbst in manchen Actionfilmen findet man Sequenzen, in denen die Seelenpein des jeweiligen Protas gezeigt wird, und das nur, weil ein Charakter dreidimensional sein "muss" und der Leser ja tiefschürfende Probleme "verlangt".
Schlimme Kindheit - Check
Vater-Sohn-Konflikt - Check
Trauma - Check
Das ist keine dreidimensionale Figur, das ist ein Armutszeugnis.
Tja, offenbar sind wir ein Volk von Pessimisten und Elendstouristen ::)
Tja, das Thema hier sehe ich heute erst und muss gestehen, ich habe die Antworten bisher nur überflogen.
Was ich dazu sagen kann, ist ,dass diese Frage tägliches Thema in unserem Haus ist. Mein Mann ist Gamedesigner und vertritt den Standpunkt: Eine Idee ist erstmal wertlos.
Ideen haben kann jeder. Sie umsetzen, das ist die Kunst. Soweit gehe ich konform. Und ich bin auch absolut der Meinung, dass man lieber eine zweitklassige Idee erstklassig umsetzt. Etwas Altem einen neune Anstrich verpassen, aber dann muss der auf den Punkt sein. Eben einfach tiptop. Zweitklassige Ideen mit mangelhafter bis schlechter Umsetzung, das genau ist das, was wir auf dem Buchmarkt zur Genüge haben.
Etwas wirklich Neues, noch nie dagewesenes schaffen, das halte ich für schlicht unmöglich. Die Elemente hat es so garantiert schon einmal irgendwo gegeben. Das Genre Fantasy ist so alt, wie die Menschheit selbst. Sagen, Märchen, Mythen, Legenden. Das alles IST Fantasy - in klassische Formen verpackt. Wer weiß, in welche Kategorie in tausend Jahren die Erzählungen unserer Zeit mal fallen?
Wirklich neu, innovativ, originell oder auch einfach nur fesselnd, finde ich, wir ein Buch für mich über seine Charaktere. Dann darf es gerne so Klischee sein, wie es will. Der weiße Ritter, der die Prinzessin befreit? Wenn er charmant, tiefgründig und nicht nur ein oberflächlicher Blender ist, dann ja.
Im übrigen fällt mir irgendwie grade der Film 'Frühstück bei Tiffanys' ein. Ich bin von der Schauspielerin ja einiges gewohnt und finde sie super. Doch da musste ich nach den ersten fünf Minuten des Films ausschalten, weil mir noch nie ein Charakter begegnet ist, der dermaßen übertrieben in eine Klischeeschublade gesteckt wurde. Und das in der ersten Szene des Films. schlechtes Writing können die besten Schauspieler nicht ausgleichen. Genau wie beim Schreiben. Ein guter Autor lässt mich auch bei einer relativ unspektakulären Märchenadaption noch schmunzeln.
Ich bin offen für neue Ideen, doch auch diese müssen spannend ausgearbeitet und sprachlich gut umgesetzt sein. Die Idee ist mir als Leser eigentlich egal, wenn mein Lesefluss durch seltsame Sätze und ständige Formulierungsfehler ist stocken gerät.
Wenn ich an die Bücher denke, die mich wirklich, wirklich umgehauen haben, dann ist es ein Zusammenspiel aus allem. Harry Potter ist da ein ganz gutes Beispiel - wegen der Geschichte um einen Jungen, der Zauberer wird und einen anderen bösen Zauberer besiegen muss, habe ich die Geschichte nicht so geliebt. Da ging es viel mehr um die Atmosphäre - ein neues Harry Potter Buch hat sich jedes Jahr ein wenig angefühlt, als würde ich nach Hause kommen. Es war so eine Mischung aus Vertrautheit, Geborgenheit und Abenteuer, und ich glaube, das hat viel damit zu tun, wann ich angefangen habe, die Bücher zu lesen, und wie wichtig Freundschaft und Familie in den Büchern sind. Weltenbau ist hier also fast genauso wichtig.
Ich bin total begeistert von "Wen der Rabe ruft" von Maggie Stiefvater und finde die Idee dahinter mittlerweile total genial, aber der Grund, weshalb ich den vierten Band kaum erwarten kann, ist nicht die Idee alleine, sondern die starke Bindung, die ich mittlerweile zu den Figuren aufgebaut habe. Die ganzen Bedrohungen und Gefahren wirken in diesem Buch doch nur so bedrohlich und furchteinflößend (ich übertreibe nicht, das Fandom auf Tumblr explodiert gerade, weil schon seit Band I angekündigt ist, dass eine Figur stirbt), weil man die Figuren so wahnsinnig lieb gewonnen hat, weil sie so echt und dreidimensional wirken. Noch dazu ist die schon geniale Idee grandios umgesetzt, und ich glaube, ohne diese Umsetzung wären all die Rätsel nicht halb so spannend.
Maureen Johnsons Shades of London haben eine originelle Grundidee, aber die Umsetzung hat mich zuletzt so geärgert, dass ich die Reihe fast schon nicht mehr mag. Tolle Idee, spannender erster Band, dann aber Band II quasi als Doppelgänger von Band I begonnen, mitten im Buch umgeschwenkt und etwas ganz anderes daraus gemacht, mitten in der Handlung abgebrochen und noch schnell jemanden umgebracht, damit überhaupt jemand Band III kauft (hätte ich nicht, wenn ich mir nicht hätte verraten lassen, was in Band III passiert). Ich war am Ende so frustriert, dass die gute Idee da auch nichts mehr rausreißt. Wie auch, wenn man sie nicht nutzt?
Insofern kommt es wahrscheinlich wirklich mehr auf die Umsetzung an, denn ehrlich gesagt lese ich lieber einen wirklich gut geschriebenes Buch mit tollen Figuren und einer nicht so originellen Geschichte als ein Buch, das zwar eine tolle Idee hat, diese aber schlampig und langweilig umsetzt. Dabei geht es mir nicht einmal wirklich um die Formulierungen, wichtiger ist mir der Aufbau, ob ich mich mit den Figuren identifizieren kann, ob die Spannungskurven stimmen, mit welchem Gefühl mich das Buch zurück lässt.