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Handwerkliches => Auskunft und Recherchen => Autoren helfen Autoren => Archiv: Auskunft und Recherchen => Thema gestartet von: Coehoorn am 25. März 2015, 23:52:20

Titel: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Coehoorn am 25. März 2015, 23:52:20
Mir ist, gerade in der Fantasyliteratur, oft aufgefallen wie viele Autoren sich mit ihren Kampfszenen stark nach Hollywood richten. Deshalb wollte ich einmal ein paar Fakten zusammentragen. Was ich hier erzähle basiert auf fünf Jahren aktivem Schwertkampf mit Vollkontakt und verschiedensten Schwertern unter der Leitung eines Lehrers, der noch von echten Fechtmeistern gelernt und jahrzehntelang europäische und asiatische Schwertkampfkunst studiert und gelehrt hat.

Ich werde mich allerdings auf den mittelalterlichen Schwertkampf beschränken, da ich mich im altertümlichen Degenfechten (nach den Regeln des Ehrengerichts) und im japanischen nur begrenzt auskenne.

Ich denke jeder hat es im Film schon mal gesehen: Der Held zieht das Schwert mit einem metallischen Klirren aus der Scheide auf seinem Rücken, geht auf den Bösewicht los und beide kämpfen, dass die Funken fliegen. Dann klemmt der Bösewicht das Schwert des Helden irgendwie ein, die Klinge fliegt weg und beide ringen auf dem Boden miteinander, bis der Held die Klinge mit bloßen Händen packt, beiseite drückt und dann dem Bösewicht mit einem beherzten Dolchstoß den Rest gibt, bevor er mit seiner holden Maid in den Sonnenuntergang reitet.
Darin sind eine menge Klischees verpackt. Hier die Realität:

Das metallische Klirren beim Ziehen
Zieht man ein Schwert aus der Scheide, die generell aus Leder oder aus Holz besteht, kann es ein solches Klirren nicht geben. Es hat einen tollen Showeffekt im Film, in echt würde man den Schmied jedoch sofort aufhängen. Das Geräusch kommt zustande, wenn Metall auf Metall schabt, d.h. die Klinge wird bei jedem Ziehen mehr beschädigt. Maximal hört man ein *pfump* wenn die Luft in die Scheide gesogen wird.

Die Scheide auf dem Rücken
Es stimmt zwar, dass gerade Zweihänder gerne auf dem Rücken getragen wurden, einfach weil sie zu lang sind um sie an der Seite zu tragen, es ist aber unmöglich ein Schwert vom Rücken zu ziehen, das länger ist als der eigene Arm. Die einzigen Waffen bei denen das funktionieren kann sind die japanischen Wakizashi oder europäische Kurzschwerter und lange Messer. Schon ein Einhandschwert ist jedoch generell zu lang. Schwerter wurden entweder an der linken oder rechten Seite getragen. Gerade bei den römischen Soldaten war es so, dass die Schwerter rechts statt links getragen wurde. Der Grund war simpel. Zieht man das Schwert von links, kann man seinen Schild nicht vor sich halten. Man benötigt den Platz um die Klinge zu ziehen. Trägt man das Schwert jedoch rechts, kann man den Knauf beim Ziehen am Schild vorbeiführen, nachdem man bereits hinter seinem Schild in Deckung gegangen ist.

Funkenflug
Das ist tatsächlich möglich. Prallen die Klingen aufeinander werden gewaltige Kräfte frei die nicht nur Scharten schlagen sondern auch Funken fliegen lassen können, insbesondere wenn die Klingen der Schwerter unterschiedliche Härten haben, was früher nicht ungewöhnlich war. Eher Standart.
Ich habe mehr als einmal selbst erlebt wie beim Kämpfen im wahrsten Sinne des Wortes die Funken flogen.

Gegner durch Einklemmen der Klinge entwaffnen
Das geht ebenfalls. Der sogenannte Schwertbrecher ist jedoch eine extrem schwere Kampftechnik, die nur selten funktioniert und die kein Laie jemals hinkriegen würde.
Dafür stehen sich beide Kontrahenten gegenüber. Der Angreifer attackiert nun von oben herab, der andere fängt den Schlag mit der inneren Klinge und lässt ihn auf die Parierstange abgleiten (beide Schwertspitzen zeigen nach oben). Jetzt sind Winkel und Timing wichtig. Der Verteidiger muss sich leicht nach vorne bewegen und dreht dabei seine Handgelenke leicht zur Seite. Dadurch wird die Klinge des Angreifers zwischen Klinge und Parierstange des Verteidigers eingeklemmt. Wenn der Verteidiger jetzt einen kräftigen Ruck macht, verliert der Angreifer sein Schwert oder es bricht durch die Kraft der Parierstange sogar durch.

Das Schwert mit der Hand packen und wegdrücken
Es ist in der Mittelalterszene stark verbreitet das Schwert des Gegners mit der Hand zu greifen. In einem echten Kampf mit scharfen Klingen würde man sowas genau zweimal machen: Einmal mit der rechten und einmal mit der linken Hand.
Die Anhänger dieser Kampftechniken argumentieren in der Regel damit, dass dies so bei Talhoffer und anderen historischen Fechtbüchern dargestellt wurde. Dagegen sprechen allerdings zwei Dinge:
1. Viele der Bilder sind schlicht und ergreifend falsch. Sie wurden nicht nachträglich gefälscht sondern von den Fechtlehrern selbst falsch dargestellt um rivalisierenden Schulen nicht die eigenen Techniken zu verraten.
2. Manche der Darstellungen zeigen nicht mal Kampfsituationen. Bestes beispiel ist ein Abbild, wo der Fechtmeister die Klinge mit beiden Händen gepackt hält, Griff und Parierstange zum Gegner gerichtet. Mir sind bereits Leute begegnet die ernsthaft glauben, dass das eine Kampftechnik sei und während des Kämpfens ihr eigenes Schwert umdrehen, um dem Gegner eins mit der Parierstange überzubraten. Dabei ist mit diesem Bild schlicht und einfach die Unterwerfungspose dargestellt, wo der Verlierer seinem Gegner das Schwert hinhält.
Auch die eigene Klinge wird gerne mal mit der Hand gegriffen. Hier wird behauptet, dass die Schwerter damals ja nicht so scharf waren. Dazu kann man nur sagen: Wieso sollte man sich mit stumpfen Metallstangen prügeln? Es stimmt, dass ein Schwert direkt über der Parierstange nicht so scharf ist. Das ist jedoch nicht der Fall damit man reingreifen kann (was auch totaler Schwachsinn wäre, da man dann seine Hand hinter der schützenden Parierstange hervor holt und den Gegner einläd einem die Finger abzuhacken), sondern weil das der Bereich ist wo die meisten Paraden vollführt werden. Je schärfer eine Klinge, desto dünner der Stahl, desto tiefer sind die Scharten, desto höher ist die Bruchgefahr. Lediglich schwere Zweihänder haben oft über der eigentlichen Parierstange noch ein Stück Leder und eine zweite kleine Ausbuchtung über dem Leder um auch auf nähere Distanz schnell agieren zu können.


Sonstiges was gerne falsch dargestellt wird:

Ein gepanzerter Ritter fällt vom Pferd, rappelt sich sofort wieder auf und Kämpft weiter
Eine volle Plattenrüstung ist dermaßen schwer, dass ein Ritter, wenn er denn mal auf dem Boden lag, in der Regel nicht mehr rechtzeitig hochkam ohne einen Spieß in eine Lücke zu kriegen. Man kommt zwar hoch, dafür muss man sich jedoch erst auf den Bauch rollen, dann auf alle Viere gehen und dann kann man sich mühselig aufrichten.

An einem Kettenhemd prallen Pfeile und Bolzen ab
Es ist wahrscheinlicher, dass der Krieger einen Pfeil mit dem Schwert abwehrt, als das der Pfeil/Bolzen vom Kettenhemd abprallt. Glücklicherweise sind wir Fantasyautoren und können Legierungen und Metalle erfinden, die diese Wiederstandskraft haben (Glück für Frodo).
Kettenhemden waren in erster Linie Schnittschutz.
Auch eine Plattenrüstung alleine reicht nicht. Schutz gab es durch die Kombination (von innen nach außen): Gambeson (das ist ein dicker Anzug aus Stoff), Kettenhemd (evt. sogar 2x), Plattenrüstung


Sollten mir noch mehr Dinge einfallen, aufallen oder mal als Fragen auftauchen werde ich sie ggf. ergänzen. Ich dachte nur, diese Sachen wären vieleicht mal von Interesse, da wirklich viel Unsinn im Umlauf ist und größtenteils sogar als Wahr verkauft wird.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Pandorah am 26. März 2015, 00:16:05
Das ist spannend. Danke dir!
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Klecks am 26. März 2015, 05:44:54
Das ist echt super zu wissen und total interessant! Vielen Dank fürs Teilen.  :vibes:
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Tokanda am 26. März 2015, 06:54:13
Sehr erhellend! Vielen Dank für die Infos, solche Erfahrungsberichte aus erster Hand sind immer Gold wert!  :jau:
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Guddy am 26. März 2015, 10:12:18
Zu dem Thema kann ich die (englischsprachigen) Kanäle von Matt Easton (https://www.youtube.com/channel/UCt14YOvYhd5FCGCwcjhrOdA) und Lloyd  (https://www.youtube.com/channel/UC9pgQfOXRsp4UKrI8q0zjXQ)empfehlen. Besonders letztgenannter deckt gut einige Mythen in Bezug mittelalterlicher Waffen und Kampfkunst auf bzw. thematisiert diese. Oben von Coehoorn genannte Punkte sind dort auch schön in den Videos dargestellt und erklärt.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Pestillenzia am 26. März 2015, 10:19:10
Klasse, vielen Dank!

Zitat von: Coehoorn am 25. März 2015, 23:52:20
Das metallische Klirren beim Ziehen
Zieht man ein Schwert aus der Scheide, die generell aus Leder oder aus Holz besteht, kann es ein solches Klirren nicht geben. Es hat einen tollen Showeffekt im Film, in echt würde man den Schmied jedoch sofort aufhängen.

Das sind dieselben Geräuschemacher, die Autoreifen auf Sandboden quietschen lassen ...

Zitat von: Coehoorn am 25. März 2015, 23:52:20
Das Schwert mit der Hand packen und wegdrücken
(...)
In einem echten Kampf mit scharfen Klingen würde man sowas genau zweimal machen: Einmal mit der rechten und einmal mit der linken Hand.

:rofl:
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: PinkPuma am 26. März 2015, 10:23:26
Coehoorn, vielen Dank für diesen Threat, den ich wirklich super finde! Auch in meinem Fantasyroman gibt es allerlei Schwert-Szenen und bei so manchen habe ich lange recherchieren müssen.

Zitat von: Coehoorn...es ist aber unmöglich ein Schwert vom Rücken zu ziehen, das länger ist als der eigene Arm. Die einzigen Waffen bei denen das funktionieren kann sind die japanischen Wakizashi oder europäische Kurzschwerter und lange Messer. Schon ein Einhandschwert ist jedoch generell zu lang.

Dazu hätte ich glatt mal eine Frage: Einer meiner Protas trägt sein Schwert ebenfalls auf dem Rücken (zumindest tut er das bisher *lach*). Für das Schwert habe ich mich ganz grob an Katanas orientiert. Ich beschreibe es als ein Einhandschwert mit leicht gebogener Klinge, die etwa 50-60 cm lang ist. Würde das auf dem Rücken tragen und aus einer solchen Scheide ziehen noch funktionieren?
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: FeeamPC am 26. März 2015, 10:50:35
ZitatZieht man ein Schwert aus der Scheide, die generell aus Leder oder aus Holz besteht, kann es ein solches Klirren nicht geben. Es hat einen tollen Showeffekt im Film, in echt würde man den Schmied jedoch sofort aufhängen.


.... und die gleichen Filmemacher lassen die Todesstrahlen bei Kämpfen im Weltall laut dröhnen und zischen - man fragt sich echt, wo die im Physikunterricht gewesen sind.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Churke am 26. März 2015, 11:00:42
Zitat von: Coehoorn am 25. März 2015, 23:52:20
Die Scheide auf dem Rücken
Es stimmt zwar, dass gerade Zweihänder gerne auf dem Rücken getragen wurden, einfach weil sie zu lang sind um sie an der Seite zu tragen, es ist aber unmöglich ein Schwert vom Rücken zu ziehen, das länger ist als der eigene Arm.
Bei einer richtig (= flexibel) befestigten Rückenscheide ist das Ziehen auch langer Klingen absolut kein Problem.
Auf einem anderen Blatt steht, wie man das Schwert dann wieder in die Rückenscheide rein bekommt. Die klassische Methode ist: Rückenschneide ablegen, Schwert reinstecken, Rückenschneide anschnallen.  ;D
Deshalb ist in den Filmen immer ein Schnitt, wenn der Doppelwaffenrückenscheidenträger seine Schwerter wieder einpackt. Achtet mal darauf.

Zitat
Gegner durch Einklemmen der Klinge entwaffnen
Das geht ebenfalls. Der sogenannte Schwertbrecher ist jedoch eine extrem schwere Kampftechnik, die nur selten funktioniert und die kein Laie jemals hinkriegen würde.
Aber: Entwaffnen durch Ringen ist ein Klassiker. Wenn man erst mal im Ringen ist, kann der Gegner mit seinem Schwert nicht mehr viel anfangen. Ins Ringen sollte man nur gehen, wenn man dem Gegner körperlich überlegen ist, aber dann ist es ein vergleichsweise sicheres Blatt.

Zitat
Das Schwert mit der Hand packen und wegdrücken
Packen und wegdrücken geht nicht, aber wenn man zur Flachseite arbeitet, kann man die Bewegungsrichtung (Hieb oder Stich) einer Klinge mit der bloßen Hand zur Seite ablenken. (Nein, das steht nicht bei Talhoffer) Aber das macht man nur, wenn einem die Optionen ausgehen.

Zitat
2. Manche der Darstellungen zeigen nicht mal Kampfsituationen. Bestes beispiel ist ein Abbild, wo der Fechtmeister die Klinge mit beiden Händen gepackt hält, Griff und Parierstange zum Gegner gerichtet.
Meinst du den Mordsschlag? Der Witz dabei ist, dass die Parierstange wie ein Kriegshammer wirkt. Wenn du einen Helm trägst, prallt die Klinge ab, aber das Parier knockt dich aus.

Zitat
Es stimmt, dass ein Schwert direkt über der Parierstange nicht so scharf ist. Das ist jedoch nicht der Fall damit man reingreifen kann (was auch totaler Schwachsinn wäre, da man dann seine Hand hinter der schützenden Parierstange hervor holt und den Gegner einläd einem die Finger abzuhacken)
Kommt aufs Schwert und die Epoche an. Mit einem Finger am Ricasso hat man mehr Kontrolle über die  Klinge. In der Frührenaissance verwendete man einen Ring, der den Finger schützen sollte:
http://fabri-armorum.com/english/foto.php?big=italskydet2.jpg

Mir wäre das zu gefährlich - und ein paar Finger gingen wohl verloren, denn beim Ring blieb es nicht:
http://fabri-armorum.com/english/foto.php?big=ren6.jpg

Das wurde weiter entwickelt:
http://fabri-armorum.com/english/foto.php?big=ren5.jpg

Bis zum Rapiergefäß:
http://fabri-armorum.com/english/foto.php?big=kord-plet3.jpg

Der Punkt ist, dass man solche Waffen tatsächlich mit einem oder 2 Fingern vor der Parierstange führt - weshalb auch der aufwändige Handschutz entwickelt wurde.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Nycra am 26. März 2015, 11:06:09
Hah, ich wollte gerade auf die Punkte verweisen, du uns damals am Frankfurter Mainufer live und in Farbe gezeigt hast, @Churke . Aber ich dachte mir, du kannst das besser erklären und siehe da: Du hast es - und ich bin gerade happy, dass ich mich richtig erinnert habe.  :vibes:
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Blackhat am 26. März 2015, 12:59:17
Noch was zum Gewicht der Schwerter im Mittelalter:

In einem historischen Roman (!) habe ich tatsächlich mal den Blödsinn gelesen, die Ritter hätten deswegen so durchtrainierte Oberkörper gehabt, weil sie ständig mit ihren Schwertern übten, die (Achtung!) um die sieben Kilo wogen. Kompletter Blödsinn. Nachdem was ich gelesen habe (korrigiert mich, wenn ich falsch liege) wogen Einhandschwerter 1 - 1,5 Kilo, Zweihänder entsprechend etwas mehr. Ansonsten hätte man wohl spätestens nach drei Minuten in einer Schlacht wegen Krämpfen aufhören müssen, davon abgesehen musste so eine Waffe leicht zu führen sein.

Und noch ein Mythos:
In der Fantasyliteratur mag es gehen, aber bei historischen Romanen ein no go: Ritter sind nie mit Zweihandschwertern in die Schlacht gezogen, sondern nur mit Schild und Einhandschwert. Ansonsten hätten sie wohl eine Überlebenswahrscheinlichkeit von maximal einer Minute gehabt (Stichwort Pfeile, Bolzen, Speere). Zweihandschwerter wurden im Mittelalter fast ausschließlich bei Schaukämpfen und Duellen benutzt. In der Schlacht nie. 
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Coehoorn am 26. März 2015, 13:32:52
Zitat von: PinkPuma am 26. März 2015, 10:23:26
Dazu hätte ich glatt mal eine Frage: Einer meiner Protas trägt sein Schwert ebenfalls auf dem Rücken (zumindest tut er das bisher *lach*). Für das Schwert habe ich mich ganz grob an Katanas orientiert. Ich beschreibe es als ein Einhandschwert mit leicht gebogener Klinge, die etwa 50-60 cm lang ist. Würde das auf dem Rücken tragen und aus einer solchen Scheide ziehen noch funktionieren?

Die Länge entspricht der eines römischen Gladius. Ich hab das gerade mal ausprobiert und es war kein Problem.
Ist halt ein Kurzschwert. Schon ab 70-80cm wird es aber problematisch. Dann müsste man Arme wie ein Gorilla haben :D
Die Flexibilität der Scheide hat damit nichts zu tun. Wenn die Klinge länger ist als der Arm bleibt das Schwert mit der Spitze in der Scheide stecken. Es sei denn, du meinst, dass man die Scheide mit nach vorne ziehen kann. Das hat mir bei der Hexer-Saga von Sapkowski sehr gut gefallen: Geralt trägt beide Schwerter (Langschwerter!) auf dem Rücken an einem Gürtel, der quer über Rücken und Schulter läuft. Zum ziehen der Klinge wird der Gürtel vor der Brust nach unten gezogen, die Schwerter bewegen sich damit nach oben über die Schulter hinweg und können bequem schräg nach unten gezogen werden. Elegante Lösung.

ZitatAber: Entwaffnen durch Ringen ist ein Klassiker. Wenn man erst mal im Ringen ist, kann der Gegner mit seinem Schwert nicht mehr viel anfangen. Ins Ringen sollte man nur gehen, wenn man dem Gegner körperlich überlegen ist, aber dann ist es ein vergleichsweise sicheres Blatt.
Stimmt. Allerdings ist Ringen auch in der Hinsicht gefährlich, dass der Gegner einen Dolch haben könnte...

ZitatMeinst du den Mordsschlag?
Genau den. Dieser Schlag ist Blödsinn und basiert auf der Unterwerfung und dem Überreichen der eigenen Klinge, wird aber in der "deutschen Fechtschule" massiv propagiert.
1. Man greift mit beiden Händen an die scharfe Klinge, die Kraft des Aufpralls würde auch durch Handschuhe nicht zwingend abgemildert.
2. Man läd seinen Gegner praktisch dazu ein sich das Schwert zu greifen
3. Die Parierstange bietet so ungeahntes Angriffspotenzial für den Gegner, da er nach Parade dieses Schlags einfach nur sein Schwert nach hinten reißen muss um den Gegner zu entwaffnen.
4. Die Klinge bietet nicht genug Griffigkeit um das Schwert vernünftig zu führen.
Mit so einer Technik würde man sich selbst entwaffnen um einen Treffer zu landen, der vom Helm abprallt.

ZitatKommt aufs Schwert und die Epoche an. Mit einem Finger am Ricasso hat man mehr Kontrolle über die  Klinge. In der Frührenaissance verwendete man einen Ring, der den Finger schützen sollte:

Da hast du natürlich recht. Ich bezog mich aber wirklich auf das klassisch Mittelalterliche, dass einfach am bekanntesten ist und wo viele mit der ganzen Hand vor der Parierstange rumgrabbeln  ;D
Mit solchen Waffen wird dann ja auch wieder anders gefochten.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: PinkPuma am 26. März 2015, 13:39:45
Zitat von: CoehoornDie Länge entspricht der eines römischen Gladius. Ich hab das gerade mal ausprobiert und es war kein Problem.
Yeah, du rettest gerade meinen Plot!  :rofl:

Zitat von: CoehoornGeralt trägt beide Schwerter (Langschwerter!) auf dem Rücken an einem Gürtel, der quer über Rücken und Schulter läuft. Zum ziehen der Klinge wird der Gürtel vor der Brust nach unten gezogen, die Schwerter bewegen sich damit nach oben über die Schulter hinweg und können bequem schräg nach unten gezogen werden. Elegante Lösung.
:jau: :jau:
An Gurte, die quer über den Rücken laufen habe ich auch gedacht. Aber die Lösung zum Schwert-Ziehen ist wirklich elegant.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Churke am 26. März 2015, 13:51:11
Ja, 7 Kilo ist schon eine Menge Schwert...  :hmmm:

Man muss aber auch bedenken, dass man beim Gewicht einer Waffe immer einen Kompromiss eingeht zwischen Führbarkeit und Trefferwirkung. Je nach Anwendung, Können und individuellen Vorlieben des Kämpfers kann es tatsächlich sinnvoll sein, einen unmöglichen Klopper zu benutzen. Zum Beispiel gibt es den Oakeshott Typ XIIIa (zweihändiges Hiebschwert) auch mit kurzem Griff. Zum Austeilen vom Pferd aus.
http://www.google.de/imgres?imgurl=http://www.algonet.se/~enda/images/oakeshott2.gif&imgrefurl=http://www.algonet.se/~enda/oakeshott_eng.htm&h=346&w=423&tbnid=qRZQ1BkwgchgOM:&zoom=1&tbnh=90&tbnw=110&usg=__jSkP7GAciGGu_J3oLazGgAdTCC4=&docid=IEbW0mWDY3LxZM&sa=X&ei=f_oTVZz1IIGvPNe2gMAK&ved=0CDkQ9QEwAg

Und was die Zweihänder betrifft... Immerhin bezeichnet man die zweihändigen Typen XIIa und XIIIa als "Great Sword", "War Sword" oder "Kriegsschwert". Ein solches Schwert hat übrigens auch der "Ironclad".
Typ XIIIa ist total geil. Das geht durch dich, deine Rüstung, dein Pferd und deinen Knappen.  ;D
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Sipres am 26. März 2015, 13:53:03
Zitat von: Churke am 26. März 2015, 13:51:11Typ XIIIa ist total geil. Das geht durch dich, deine Rüstung, dein Pferd und deinen Knappen.  ;D

Das ist die wohl beste Beschreibung einer Waffe ever :rofl: Made my day.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Rhiannon am 26. März 2015, 13:53:17
Coehoorn, danke für den Beitrag, aber in einem Punkt muss ich dir widersprechen.

Es ist tatsächlich möglich, in eine scharfe Klinge zu greifen. So lange sich die Schneide auf der Haut nicht bewegt, passiert dabei nichts. Es ist also tatsächlich auch möglich, den Gegner wegzudrücken. Allerdings bitte nicht so, wie es in Hollywood gerne mal gezeigt wird, indem man volle Lotte in beide Schneiden greift. Man kann eine Schwertklinge, auch bei den so genannten Halbschwerttechniken, das sind Techniken, bei denen gezielt eine Hand an der Klinge liegt, entweder so packen, dass die Fingerspitzen in der Mitte des Schwertes, der so genannten Hohlkehle, greifen, dann kommt die Schneide gar nicht an die Haut, oder aber mit angespannter Hand fest außenherum, in dem Fall ist es zwar unangenehm, weil einem eine Kante in die Hand drückt, aber der Hand passiert nichts. Wer es unbedingt ausprobieren will, ein scharfes Küchenmesser hätte auf die Haut auch keine andere Wirkung, als ein Schwert, wenn man in die Klinge greift.

Der so genannte Mordschlag ist in meinen Augen ungefähr die gleiche Verzweiflungstechnik wie der so genannte Doppelblock, das Schwert wird dabei mit beiden Händen waagerecht nach oben gerissen, mit der Konsequenz, dass das Schwert bricht, heruntergezogen wird, oder aber derr Gegner schlicht einen Stich zum ungeschützten Körper setzt. Ich kann den Mordschlag eigentlich nur in einer einzigen Situation einsetzen, unter der Voraussetzung, dass meine Parierstange entweder spitz zuläuft oder aber kleine Metallkugeln an der Seite hat, damit die Schlagwucht in genau diesem Punkt konzentriert wird. Angenommen, ich habe einem voll gepanzerten Gegner die Waffe aus der Hand geprellt, komme aber selbst nicht dran, dann kann ich es versuchen. Der Helm würde tatsächlich durchdrungen werde, wenn ich treffe, das ist genau so wie ein Stoß mit dem SCheibendolch, dem so genannten Gnadegott. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass ich entwaffnet werde, bevor ich treffe, ist verflucht hoch.


Ach und was das Gewicht des Schwertes angeht: Der Anderthalbhänder, mit dem wir in unserer Fechtgruppe zu Gange sind, wiegt und wog wohl auch damals 1,3 kg. Also selbst ein eigentlich zweihändig geführtes Schwert wiegt nicht viel.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Blackhat am 26. März 2015, 13:59:40
ZitatTyp XIIIa ist total geil. Das geht durch dich, deine Rüstung, dein Pferd und deinen Knappen.  ;D

Joah  :jau:

In meinem Fantasyroman rennen die Krieger eines Volkes auch mit Zweihändern in die Schlacht, was soll's ;) Und doch gebe ich nur einigermaßen verlässliche Quellen wieder. Meistens trugen die Kämpfer halt Schild und Schwert. Aber zu "jedem Essen gab es wohl das passende Besteck"  ;D
Allerdings stelle ich mir einen fetten Klopper auf einem schmalen Wehrgang oder einer engen Wendeltreppe ziemlich unpraktisch vor.  :hmhm?:
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Coehoorn am 26. März 2015, 14:06:16
Zitat von: Churke am 26. März 2015, 13:51:11
Und was die Zweihänder betrifft... Immerhin bezeichnet man die zweihändigen Typen XIIa und XIIIa als "Great Sword", "War Sword" oder "Kriegsschwert". Ein solches Schwert hat übrigens auch der "Ironclad".
Typ XIIIa ist total geil. Das geht durch dich, deine Rüstung, dein Pferd und deinen Knappen.  ;D

Wo du das gerade sagst :D Wer wissen will, was für einen "Impact" solcheWaffen haben, dem empfehle ich mal die Videos von Cold Steel.
https://www.youtube.com/watch?v=-SOz9WTpo_U
Diese Verrückten haben ein komplettes Sortiment aufgestellt :D


Von diesen 7-Kilo Schwertern hab ich auch schon mal gehört. So weit ich weiß, waren das Zeremonieschwerter, die den ?Türken? zum Geschenk gemacht wurden und heute in irgendeinem Museum hängen. Wieso denen solche riesigen Oschis geschenkt wurden? Keine Ahnung... Zum Kämpfen aber völlig ungeeignet die Dinger.

Zitat von: Rhiannon am 26. März 2015, 13:53:17
Coehoorn, danke für den Beitrag, aber in einem Punkt muss ich dir widersprechen. [...]

Tut mir leid aber das funktioniert nur in Schaukämpfen, wo dein Gegner auf deine Bewegung eingestellt ist. Es reicht ein kurzer Ruck oder ein Ziehen um die Hand zu zerschneiden.
Würde man sowas in einem echten Kampf machen, wäre das auch zugleich der letzte Kampf, denn selbst wenn man ihn überlebt, ist deine Hand hinterher verkrüppelt.
Ich weiß dass diese Techniken in allen möglichen Schwertkampfgruppen sehr populär sind aber es ist schlicht und ergreifend nur Schaukampf.
Ebenso der Mordsschlag. Ein schneller Angriff braucht keine Sekunde. Die Zeit um die Klinge zum Mordsschlag umzudrehen ist einfach viel zu lang.

Zitat von: Blackhat am 26. März 2015, 13:59:40
Joah  :jau:

In meinem Fantasyroman rennen die Krieger eines Volkes auch mit Zweihändern in die Schlacht, was soll's ;)

Bei mir auch... Ich wollte einfach mal mit ein paar Mythen aufräumen aber das heißt ja nicht, dass man sie nicht verwenden darf  ;D
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Valkyrie Tina am 26. März 2015, 14:07:19
Zitat von: Coehoorn am 26. März 2015, 13:32:52
Genau den. Dieser Schlag ist Blödsinn und basiert auf der Unterwerfung und dem Überreichen der eigenen Klinge, wird aber in der "deutschen Fechtschule" massiv propagiert.
1. Man greift mit beiden Händen an die scharfe Klinge, die Kraft des Aufpralls würde auch durch Handschuhe nicht zwingend abgemildert.
2. Man läd seinen Gegner praktisch dazu ein sich das Schwert zu greifen
3. Die Parierstange bietet so ungeahntes Angriffspotenzial für den Gegner, da er nach Parade dieses Schlags einfach nur sein Schwert nach hinten reißen muss um den Gegner zu entwaffnen.
4. Die Klinge bietet nicht genug Griffigkeit um das Schwert vernünftig zu führen.
Mit so einer Technik würde man sich selbst entwaffnen um einen Treffer zu landen, der vom Helm abprallt.

ich hab mir grad mal die Bilder angesehen. Beide Hände an die Klinge ist wirklich Blödsinn, warum sollte man sowas tun?
1. Es gibt nur ganz wenige Techniken, bei denen du die Schwerthand vom Griff löst. Normalerweise bleibt die immer an derselben Stelle und du bewegst Arm, Gelenk oder den Rest deines Körpers.
2. Wenn der Schlag schief geht, hast du dein Schwert nicht griffbereit, um die nächste Attacke deines Gegners aufzufangen, und bist quasi tot.
3. Warum beide Hände an die Klinge? Das macht keinen Sinn!

Was geht, ist 1 Hand an der Klinge, wie es in diesem (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/3/32/De_Fechtbuch_Talhoffer_067.jpg/800px-De_Fechtbuch_Talhoffer_067.jpg)
Bild zu sehen ist. Die Hand greift aber die Klinge nicht fest, sondern "führt" sie nur (und selbst dann würde man sowas nur mit Handschuh machen). Der Griff und die Kraft kommt wie immer vom Schwertarm. Und der Angrif funktioniert so, dass du einen Schritt auf deinen Gegner zumachst, und ihm deinen Pommel ins Gesicht schlägst (wahlweise Nase oder Kehlkopf)
Bei dem Schlag muss man erst das Schwert des Gegners vom eigenen Körper weghaben (das ist ganz wichtig, wenn derjenige auf dich schlagen kann, funktioniert das nicht. Am besten ist es, wenn er selbst entweder gerade seinen Schlag ausgeführt hat, sein Momentum also von dir wegführt, oder noch besser, dein Schwert zwischen ihm und deinem Körper ist.

Und übrigens: mein Troll trägt natürlich einen Zweihänder auf dem Rücken und nimmt ihn mit in die Schlacht. Was hätte es sonst für eienn Sinn, drei Meter hoch zu sein?  ;D
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Sascha am 26. März 2015, 14:08:04
Zitat von: Churke am 26. März 2015, 13:51:11
Das geht durch dich, deine Rüstung, dein Pferd und deinen Knappen.  ;D
Zur Rechten sieht man wie zur Linken, einen halben Türken hinuntersinken.
http://www.tf.uni-kiel.de/matwis/amat/mw1_ge/kap_4/illustr/t4_1_2.html (http://www.tf.uni-kiel.de/matwis/amat/mw1_ge/kap_4/illustr/t4_1_2.html)
(Ende der 4. Strophe)
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Coehoorn am 26. März 2015, 14:23:27
Zitat von: Valkyrie Tina am 26. März 2015, 14:07:19


Was geht, ist 1 Hand an der Klinge, wie es in diesem (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/3/32/De_Fechtbuch_Talhoffer_067.jpg/800px-De_Fechtbuch_Talhoffer_067.jpg)

Nein, genau das ist es was ich meinte. Diese Darstellungen sind absichtlich falsch.
Schau dir nur mal die Handhaltung der linken Person an. Eine völlig unbequeme Stellung, die einen selbst am agieren hindert. Bei der rechten Person ist die Hand an der Klinge völlig überflüssig, da der Schlag hier mit der rechten Hand erfolgt. Es ist sogar sinnvoller die linke Hand vorne zu halten um als nächstes den taumelnden Gegner mit der Klinge zu treffen.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Valkyrie Tina am 26. März 2015, 14:35:40
Zitat von: Coehoorn am 26. März 2015, 14:23:27
Nein, genau das ist es was ich meinte. Diese Darstellungen sind absichtlich falsch.
Schau dir nur mal die Handhaltung der linken Person an. Eine völlig unbequeme Stellung, die einen selbst am agieren hindert. Bei der rechten Person ist die Hand an der Klinge völlig überflüssig, da der Schlag hier mit der rechten Hand erfolgt. Es ist sogar sinnvoller die linke Hand vorne zu halten um als nächstes den taumelnden Gegner mit der Klinge zu treffen.

Auf den linken habe ich nicht geachtet. Was den rechten betrifft: du brauchst die zweite Hand, um das Schwert zu führen. Du schlägst damit den Gegner als hättest du Fingerringe, aber stattdessen hast du einen Meter Stahl. Den musst du in eine Linie bringen, sonst geht dir zu viel Kraft verloren (ich hab habs grad ausprobiert, das Schwert wobbelt dir andernfalls weg).
Und wozu brauchst du die linke Hand vorne, um den Gegner mit der Klinge zu treffen? Deine Hand sollte am Schwert sein, optimalerweise am Griff.
Ganz wichtig ist hier wirklich dass es kein Angriff ist sondern die Fortführung einer Parade. Du musst den Pommel quasi schon vor der Nase des Gegners haben, sonst bist du nie schnell genug.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Rhiannon am 26. März 2015, 14:50:40
Deswegen sage ich ja, dass das Entwaffnen nicht nach Hollywoodmanier funktionert, so von wegen reingreifen und weg damit. Man hakt in diesem Fall nämlich das eigene Parier unter dem des Gegners ein, sprich man klemmt die Hände des Gegners zwischen den beiden Schwertgriffen ziemlich ein. Fuktioniert nur, wenn man schnell genug ist, aber in diesem Fall kann man einem entsprechenden Ruck mit der Hand folgen, ohne, dass dabei das Schwert über die Haut gezogen wird. Es ist möglich, insbesondere, wenn ich Handschuhe trage, weil ich das Schwert auch bei einem Ruck, der die Haut erwischt, dann nicht sofort durch die Hand habe, aber es ist natürlich riskant.

Was den Mordschlag angeht, habe ich ja schon geschrieben, dass ich das höchstens dann machen würde, wenn mein Gegner seine Waffe verloren hat und ich ihn nur noch umbringen muss, aber anders die Rüstung nicht geknackt kriege.

Die Bilder zeigen in meinen Augen schlecht, sprich perspektivisch falsch gezeichnete Halbschwertkämpfe. Wenn ich den Knauf ohnehin schon vorne habe, kann ich damit auch zuschlagen, oder mit dem Parier, aber ich habe die Hand nur zum genaueren Führen an der Klinge, nicht zum Greifen.

Aber mir ist gerade noch ein weiterer Mythos eingefallen.

Kämpfe zwischen zwei guten Kämpfern dauern stunden- oder gar tagelang: Selbst wenn ich den Kämpfern der damaligen Zeit eine größere Ausdauer zutraue, als dem Durchschnittsbürger von heute, ist ein Kampf von mehr als zehn Minuten doch schon schwer anstrengend. Ganz abgesehen davon, dass es im Regelfall selten mehr als drei Hiebe gerbaucht hat, bis einer tot war, das Kämpfe im Regelfall folgendermaßen ablaufen: Angriff, Angriff wird versetzt und evtl. folgt eine Gegentechnik, die versetzt wird, tödlicher Treffer. Was dauern kann, ist das Vorspiel, wenn sich die Kämpfer noch beschimpfen müssen, etc. aber der eigentliche Kampf dauert eigentlich maximal ein paar Hiebe. Man kann von folgender Regel ausgehen: Die Hiebe drei, fünf und sieben treffen tödlich.
Eine Schlacht kann natürlich einen Tag oder auch länger dauern, aber da sind dann immer einige Kämpfer nicht in einen Kampf verwickelt, sondern ruhen sich aus, lassen sich verbinden, wechseln den Standort oder was auch immer.

Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Pestillenzia am 26. März 2015, 15:27:01
Zitat von: Rhiannon am 26. März 2015, 13:53:17
Wer es unbedingt ausprobieren will, ein scharfes Küchenmesser hätte auf die Haut auch keine andere Wirkung, als ein Schwert, wenn man in die Klinge greift.

Ich habe Bücher über Rechtsmedizin hier, in denen Hände von Personen zu sehen sind, die die Klinge, mit der sie angegriffen wurden, festhalten wollten. Sieht nicht schön aus.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Sternsaphir am 26. März 2015, 16:33:45
Eine sehr schöne Liste.

Ich möchte noch eine Sache hinzufügen:

Held gegen Gruppe oder auch Kreiskampf:
In Filmen als auch in Büchern kämpft der Prota gegen jede Menge Schurken und besiegt sie allesamt ohne große Verletzungen.
In Filmen wird durch gute Kameraführung und dynamische Bewegung der Gruppe optisch davon abgelenkt, dass der Held eigentlich immer nur von einem Gegner angegriffen wird, während der Rest um ihn herum wartet.
In der Realität würden alle Gruppenmitglieder gleichzeitig angreifen und selbst wenn es dem Held gelingt, durch Ausweichbewegungen Gruppenmitglieder zwischen sich und den Angreifern zu bringen und damit die Angreiferzahl zu minimieren, so würde er niemals ohne Blessuren oder starke Verletzungen daraus hervorgehen.


EDIT

Zitat von: Manu am 26. März 2015, 15:27:01
Ich habe Bücher über Rechtsmedizin hier, in denen Hände von Personen zu sehen sind, die die Klinge, mit der sie angegriffen wurden, festhalten wollten. Sieht nicht schön aus.

In der Wikingerausstellung in Berlin gab es ein Massengrab zu sehen, wo die verletzten Körperteile der Gefallenen gezeigt wurden. U.a. hat ein Krieger, der bereits am Boden war, seine Hand gehoben, um seinen Kopf vor dem Schwert des Gegners zu schützen, der auf ihn einhackte. Das sah selbst an den Knochen nicht schön aus.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Churke am 26. März 2015, 18:25:18
Zitat von: Sternsaphir am 26. März 2015, 16:33:45
In der Realität würden alle Gruppenmitglieder gleichzeitig angreifen und selbst wenn es dem Held gelingt, durch Ausweichbewegungen Gruppenmitglieder zwischen sich und den Angreifern zu bringen und damit die Angreiferzahl zu minimieren, so würde er niemals ohne Blessuren oder starke Verletzungen daraus hervorgehen.

Ich sage mal so: Sie würden es versuchen.
In der Realität ist es für eine Gruppe alles andere als einfach und erfordert eine Menge Training, gegen einen trainierten Fechter koordiniert vorzugehen.
In Systema erzählt man immer die Geschichte von dem Kosaken, der sich im Nahkampf gegen 12 deutsche Soldaten durchsetzte.


Aber noch ein paar Legenden:


Coole Typen kämpfen Cobra. (= Schwert im Eispickelgriff)

Tote Typen kämpf(t)en Cobra.

Doppelwaffen sind unbesiegbar.
Klar, deshalb machen es alle.

Damast ist der beste Stahl, den es gibt.
Stimmt - wenn man keinen gescheiten Monostahl herstellen kann.

Mit persischen Krummschwertern (Shamshir) kann man nicht stechen.
Steht in Wikipedia. Und in persischen Fechtbüchern steht die Stichanleitung.

Es gibt kein besseres Schwert als das Katana.
Für Japaner nicht, das ist richtig.

Und der ewige Klassiker unserer britischen Freunde:

Es gibt keine tödlichere Waffe als den englischen Langbogen!
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Rhiannon am 26. März 2015, 18:55:45
Zitat von: Sternsaphir am 26. März 2015, 16:33:45
In der Wikingerausstellung in Berlin gab es ein Massengrab zu sehen, wo die verletzten Körperteile der Gefallenen gezeigt wurden. U.a. hat ein Krieger, der bereits am Boden war, seine Hand gehoben, um seinen Kopf vor dem Schwert des Gegners zu schützen, der auf ihn einhackte. Das sah selbst an den Knochen nicht schön aus.

Jap, das war ein Schwerthieb auf die ungeschützte Hand (der selbst bei einem Schwert komplett ohne Schneide einfach Knochen brechen würde), oder in Manus Fall das Greifen in eine sich bewegende Klinge. Das gibt unschöne Verletzungen. Beim Entwaffnen wird in eine Klinge gegriffen, die zum Stillstand gebracht wurde. Und auch nicht direkt in die Schneide. Ich kann das schlecht erklären, nur so viel, ich habe das Ganze erst Montag mit Küchenmessern gehabt und meine Hände sind weder besonders stabil, noch bin ich eine übermäßig geübte Fechterin, aber meine Hände kamen ohne Blessuren davon.

EDIT:
Noch eine Legende:

Der große, starke Mann ist dem Kleineren, Schwächeren grundsätzlich überlegen, wenn der keine ultimativen Supertechniken kennt

Blödsinn mal zwei. Zum einen ist der körperlich Leichtere schneller und dementsprechend durchaus in der Lage, den Brocken z.B. zu unterlaufen. Zum anderen gibt es keine ultimativen Supertechniken. Ein Kampf wird aus folgenden Gründen verloren: Zu langsam gewesen, zu hektisch gewesen, die Technik des Gegners falsch eingeschätzt, erschöpft und daher langsam, verletzt, falsche Technik angewandt, richtige Technik zur falschen Zeit angewandt. Mehr Gründe gibt es nicht. Und selbst nur mit den Grundtechniken kann ich einen Kampf gewinnen, wenn ich diese richtig anwende.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: KaPunkt am 26. März 2015, 19:17:48
Zitat von: Coehoorn am 25. März 2015, 23:52:20
Ein gepanzerter Ritter fällt vom Pferd, rappelt sich sofort wieder auf und Kämpft weiter
Eine volle Plattenrüstung ist dermaßen schwer, dass ein Ritter, wenn er denn mal auf dem Boden lag, in der Regel nicht mehr rechtzeitig hochkam ohne einen Spieß in eine Lücke zu kriegen. Man kommt zwar hoch, dafür muss man sich jedoch erst auf den Bauch rollen, dann auf alle Viere gehen und dann kann man sich mühselig aufrichten.

Der Trend geht zum Selbst-Zitat:

ZitatAuf folgendes Filmchen bin ich in meinem LARP Forum gestoßen:

https://www.youtube.com/watch?v=U3Rm94QRREI&feature=youtu.be

Die Rüstung ist, soweit ich das beurteilen kann, historisch korrekt und das ganze kein Fake sondern im Rahmen einer SWR Doku entstanden.
Der gute Mann ist laut eigener Aussage um die vierzig und untrainiert.
Das stammt aus einem Thread, den ich vor einem Jahr gestartet hatte ...

Ich sage es nochmal: Bisher hat mir jeder 'Experte' den ich getroffen oder gelesen habe, bestätigt, dass diese Rüstung historisch korrekt ist.

Wenn der vom Pferd gefallene Ritter also Probleme beim Aufstehen hat, dann höchst wahrscheinlich, weil er sich wehgetan hat.
Vielleicht auch, weil sich an der Rüstung was verbogen oder sonst wie beschädigt hat.

Liebe Grüße,
KaPunkt
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Rhiannon am 26. März 2015, 19:38:53
Zitat von: KaPunkt am 26. März 2015, 19:17:48
Ich sage es nochmal: Bisher hat mir jeder 'Experte' den ich getroffen oder gelesen habe, bestätigt, dass diese Rüstung historisch korrekt ist.

Wenn der vom Pferd gefallene Ritter also Probleme beim Aufstehen hat, dann höchst wahrscheinlich, weil er sich wehgetan hat.
Vielleicht auch, weil sich an der Rüstung was verbogen oder sonst wie beschädigt hat.

Ich kann aufgrund schlechter Internetverbindung das Video nicht anschauen, aber was ich dazu sagen kann, ist Folgendes: Plattenrüstung ist nicht gleich Plattenrüstung.
Es gibt Plattenrüstungen, in denen kann man so ziemlich alles tun, was man sich vorstellen kann, also auch problemlos ohne Hilfe aufstehen. Es gibt aber so ein paar verrückte Konstruktionen wie z.B. die französischen Chevaliers zum Teil, die dermaßen schwer sind, dass Ritter nicht umsonst ein Kaltblutpferd brauchten, um den Gepanzerten tragen zu können. In dem Fall kracht Blechbüchse mit einer solchen Wucht zu Boden, dass sie definitiv nicht schnell genug wieder hochkommt, um dem Nachsetzen des Gegners zu entgehen. Da muss die Rüstung noch nicht einmal verbogen oder sonstwie beschädigt sein.
Und dann kommt es noch auf die Rüstung an. Trägt der Ritter beispielsweise eine Halsberge und fällt rückwärts vom Pferd, muss er schon zehn Schutzengel haben, wenn er sich dabei nicht das Genick bricht. Kann je nach Helm auch beim Helm passieren.
Und dann muss man auch noch bedenken, dass vom Pferd fallen nicht gleich vom Pferd fallen ist.
Bricht mein Pferd zum Beispiel aus vollem Galopp zusammen, weil es von einem Pfeil getroffen wurde, krache ich sogar als Ungepanzerter dermaßen heftig auf den Boden, dass ich vermutlich erstmal betäubt bin, wenn ich mich nicht richtig abgerollt kriege, rutscht es weg und kracht auf die Seite, werde ich vielleicht sogar eingeklemmt, vor allem wenn mich eine Rüstung irgendwie in akrobatischen Manövern einschränkt.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Pestillenzia am 26. März 2015, 19:43:37
Zitat von: Rhiannon am 26. März 2015, 18:55:45
Beim Entwaffnen wird in eine Klinge gegriffen, die zum Stillstand gebracht wurde. Und auch nicht direkt in die Schneide.

Ah, dann hab ich das falsch verstanden. Für mich las sich das so, als würde das alles in Bewegung passieren.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Churke am 26. März 2015, 20:14:43
Zitat von: Rhiannon am 26. März 2015, 18:55:45
Der große, starke Mann ist dem Kleineren, Schwächeren grundsätzlich überlegen, wenn der keine ultimativen Supertechniken kennt

Aber sowas von:
https://www.youtube.com/watch?v=KMtMbbyUNkk

Er versucht es mit Anlauf.
Er zieht ihm eins über die Rübe, dass das Schwert bricht.
Und der Oger macht sich nicht mal die Mühe zu blocken...  :rofl:

Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Sternsaphir am 26. März 2015, 20:26:34
Zitat von: Rhiannon am 26. März 2015, 18:55:45
Beim Entwaffnen wird in eine Klinge gegriffen, die zum Stillstand gebracht wurde. Und auch nicht direkt in die Schneide. Ich kann das schlecht erklären, nur so viel, ich habe das Ganze erst Montag mit Küchenmessern gehabt und meine Hände sind weder besonders stabil, noch bin ich eine übermäßig geübte Fechterin, aber meine Hände kamen ohne Blessuren davon.



Jupp,
so machen wir das auch beim Escrima. Obwohl wir mit Stöcken trainieren, ist das auch auf Schwerter oder Macheten anwendbar. Zuerst wird die Klinge gestoppt, dann wird an der Schneide vorbei um oder an die Klinge gegriffen (bzw. der Arm gewickelt) und mittels Hebel aus dem Griff des Gegners gewunden.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Pestillenzia am 26. März 2015, 20:46:12
Nehmt es mir nicht übel, aber ich kann mir das einfach nicht vorstellen, wie man eine Klinge umfasst , ohne die Schneide zu berühren. Oder reden wir hier nur von einseitig geschliffenen Klingen?
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Christopher am 26. März 2015, 20:55:26
Zitat von: Coehoorn am 25. März 2015, 23:52:20
Ein gepanzerter Ritter fällt vom Pferd, rappelt sich sofort wieder auf und Kämpft weiter
Eine volle Plattenrüstung ist dermaßen schwer, dass ein Ritter, wenn er denn mal auf dem Boden lag, in der Regel nicht mehr rechtzeitig hochkam ohne einen Spieß in eine Lücke zu kriegen. Man kommt zwar hoch, dafür muss man sich jedoch erst auf den Bauch rollen, dann auf alle Viere gehen und dann kann man sich mühselig aufrichten.

Ich hab nun nicht alles gelesen, aber dazu fällt mir ein Video ein, was hier glaube ich vor einiger Zeit gepostet wurde. Geht eben um den Kampf in Rüstung, die Beweglichkeit dabei etc.
https://www.youtube.com/watch?v=5hlIUrd7d1Q&index=15&list=LLy0MYvTUtVwRudEgIta9_OQ

Wie viel schwerer nun ein Reiter gepanzert war, weiß ich nicht. Diverse Behauptungen, dass 30-40 kg Rüstung alleine vom Gewicht her ausreichen, jemanden so unbeweglich zu machen, kann ich auch dementieren. Das schleppt der Soldat von heute auch mal bei 30°+ den ganzen Tag durch die Gegend.

Dass es ein gefallener Gegner aber nicht schafft, sich aufzurappeln, wenn ein anderer ihn zeitgleich daran hindern will, das unterschreib ich ungesehen ;)
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Sternsaphir am 26. März 2015, 20:56:26
Zitat von: Manu am 26. März 2015, 20:46:12
Nehmt es mir nicht übel, aber ich kann mir das einfach nicht vorstellen, wie man eine Klinge umfasst , ohne die Schneide zu berühren. Oder reden wir hier nur von einseitig geschliffenen Klingen?

Also, es gibt z.B. die Methode, dass Du das Schwert auf der flachen Seite dem Gegner aus der Hand drehst. Dabei musst Du nicht einmal die Klinge umgreifen, sondern nutzt den Hebel über seine Hand. Sorry, das ist schwierig zu beschreiben. Jede menschliche Hand ist nur bis zu einem gewissen Punkt verdrehbar und kann einen Griff nur bis zu einem gewissen Punkt umklammert halten. Gelingt es Dir, seine Hand in diese Position zu dirigieren, reicht wenig Kraft aus, um den Griff zu lösen und den Gegner zu entwaffnen.

Eine weitere Methode ist es, den Arm um die (stillstehende) Klinge zu legen. Dabei kommt höchstens Dein Bizeps an die scharfe Klinge, ansonsten liegt Dein Arm und Deine Hand auf der flachen Seite auf. Da Du die Klinge mit diesem Griff auch fixierst, hast Du bis auf einen oberflächlichen Schnitt in der Haut eigentlich keine großen Verletzungen. Es sei Denn, Dein Gegner kommt mit nem Skalpell oder so an.
Einseitig geschliffene Klingen sind dabei natürlich schmerzfreier als beidseitig geschliffene Schwerter.

Zu jeder Entwaffnungstechnik gehören natürlich nicht nur der Entwaffnungsgriff allein, sondern auch das Ablenken oder Schocken des Gegners (oder Lockermachen, wie mein Trainer so schön sagt).
Sprich: Angriff blocken, Waffenarm mit einer Hand kurz fixieren, dem Gegner mit der anderen Hand ins Gesicht schlagen (oder zwischen die Beine treten oder oder oder), und dann seinen Schockmoment nutzen, um zu entwaffnen. Das alles geschieht dann in einer flüssigen Bewegung, sodass der Gegner keine Zeit für ein Konter hat.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Pestillenzia am 26. März 2015, 21:09:54
Danke, Sternsaphir, jetzt wird's klarer.
Was Hebeltechniken, blocken und schocken etc. angeht, hab ich noch rudimentäre Erinnerungen an meine Ausbildung. Ju Jutsu bis zum Gelbgurt (jahaaaa ... Gelbgurt! Wow!  :rofl: ) war Pflicht. Insofern kann ich mir das jetzt ein bisschen besser vorstellen.

Auch wenn ich mir das verdammt schwer vorstelle, diese Techniken in einem Schwertkampf auf Leben und Tod einzusetzen und selbst (nahezu) unverletzt oder zumindest ohne gravierenden Verletzungen davonzukommen.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Reman Akarak am 26. März 2015, 22:05:06
N´abend und vielen Dank an all die lieben Leute für diesen aufschlussreichen Thread.

Nachdem man Neues gelernt und für Altes Bestätigung erhalten hat, würde ich gerne einmal
die fachmännische Meinung zu der Möglichkeit von "perfekten Schnitten" einholen.

Vor allem im japanischen Schwertkampf gilt die Meisterschaft ja erst erreicht, wenn man hier die
Perfektion des Schnittes ebenso sein eigen nennt.(natürlich gehört noch einiges mehr dazu, aber ich hatte mir
es als einen Anforderungspunkt für die Perfektion dieser Schwertkunst gemerkt) 
Also nach einem Tameshigiri wäre das ein Schnitt im 45 Grad Winkel ohne Grat und Kanten durchgeführt mit "angemessener" Kraft und Beherrschung.
Bei einem Menschen (oder sonstigem Lebewesen mit Schmerzempfinden) sollte das wie u.A.
im Hagakure bei verschiedenen Erzählungen berichtet ja zum "schmerzfreien" Verletzen/Ende des
Geschädigten führen.
Allerdings bezieht sich das nach dem Yamamoto ja überwiegend auf Hinrichtungen. Also auf Momente, wo
der Schwertträger volle Konzentration und Kraft für seine Klinge aufbringen kann.

Meine Frage hierbei:
Bestünde die Möglichkeit eines "perfekten Schnittes" auch in Kampfsituationen?

Sich zu schneiden ohne erst einmal den Schnitt zu bemerken, kennt der ein oder andere sicherlich schon.
Aber auch wenn man sich selbst schon unzählige mal mit scharfen Messern in der Küche verstümmelt und ähnliche anfängliche "Schmerzlosigkeit"
erlebt hat, würde ich gerne einmal die Erfahrung bzw. Meinung von Leuten einholen, die doch praktischere Erlebnisse aus Kampfsituationen
vorweisen können.

Schon einmal vielen Dank und einen schönen Abend wünsche ich noch.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Churke am 26. März 2015, 23:32:47
Was meinst du mit perfektem Schnitt?
Bei den Japanern muss alles perfekt sein, aber dort muss man auch 7 Jahre in die Lehre gehen, damit man Schwerter polieren darf.

Wenn es um Trefferwirkung geht: Ja, natürlich, die versucht man immer zu maximieren.


Zitat von: Reman Akarak am 26. März 2015, 22:05:06
Sich zu schneiden ohne erst einmal den Schnitt zu bemerken, kennt der ein oder andere sicherlich schon.
Aber auch wenn man sich selbst schon unzählige mal mit scharfen Messern in der Küche verstümmelt und ähnliche anfängliche "Schmerzlosigkeit"
erlebt hat, würde ich gerne einmal die Erfahrung bzw. Meinung von Leuten einholen, die doch praktischere Erlebnisse aus Kampfsituationen
vorweisen können.
Ein Schwerthieb fühlt sich an wie ein Eisenrohr. Dass du geschnitten wurdest, merkst du erst hinterher, wenn die Haut in Fetzen runter hängt. Dann kommt das Blut und DANN fängt's auch langsam an, so nen bisschen weh zu tun.  ;)
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Alana am 27. März 2015, 00:01:54
Wir denn da wirklich mit geschliffenen Schwertern gekämpft? Ich hab selbst ziemlich auführlich recherchiert, für eine Geschichte, in der Schwertkampf vorkommt, aber eben heutzutage, im Vollkontaktkampf mit Breitschwertern wie auf einem Mittelaltermarkt. Ich habe auch Kampfschulen besucht und so weiter. Dabei werden die Schwerter stumpf gehalten, es werden sogar nach jedem Kampf Scharten glattgeschliffen, damit sich niemand verletzt. Ein solches Schwert kann man sicher auch mit der Hand umfassen. Mir wurde damals gesagt, dass die meisten Verletzungen an der Hand passieren, wenn die Schwerter zu nah am Griff aufeinandertreffen und auf die Finger knallen.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Coehoorn am 27. März 2015, 11:03:36
Zitat von: Christopher am 26. März 2015, 20:55:26
Ich hab nun nicht alles gelesen, aber dazu fällt mir ein Video ein, was hier glaube ich vor einiger Zeit gepostet wurde. Geht eben um den Kampf in Rüstung, die Beweglichkeit dabei etc.
https://www.youtube.com/watch?v=5hlIUrd7d1Q&index=15&list=LLy0MYvTUtVwRudEgIta9_OQ

Hey, danke. Tolles Video  :)
Immerhin 4-5 Sekunden. Im Schlachtgetümmel zu viel aber immer noch weniger als ich dachte.
Wenn ich das richtig sehe ist da eine Rüstung und ein Kettenhemd ohne Gambeson....
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Churke am 27. März 2015, 11:22:11
Es gibt übrigens Beispiele, in denen man die Rüstungen vor der Schlacht auszog. Die Dithmarscher setzen das Schlachtfeld unter Wasser und kämpften auf dem verschlammten Boden barfuß. Für die schwer gepanzerten dänischen Söldner ging das nicht so gut aus.  ::)

Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Sternsaphir am 27. März 2015, 12:14:39
Es kommt auch auf die Rüstung an. Aus was für einem Material besteht sie, wie gut ist sie gefertigt, kann man sich gut in ihr bewegen. . . Und letztendlich kommt es auch auf die Kondition ihres Trägers an.
Ich kenne vom LARP Plattenrüstungsträger, die im Sprint über 500m einen ungerüsteten und leicht gekleideten Späher eingeholt und niedergekämpft haben.
Ich persönlich kämpfe auchlieber ungerüstet, weil ich gemerkt habe, dass ich mich dadurch besser und schneller bewegen kann.

Die Rüstung wird ja auch nach Art des Kämpfers gewählt.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Christopher am 27. März 2015, 13:26:04
Zitat von: Sternsaphir am 27. März 2015, 12:14:39
Ich kenne vom LARP Plattenrüstungsträger, die im Sprint über 500m einen ungerüsteten und leicht gekleideten Späher eingeholt und niedergekämpft haben.

Wie gesagt: 30 kg Zusatzgewicht ist heutzutage ziemlich normal als Soldat im Gefecht. Wenn die Rüstung die Bewegung nicht allzusehr behindert, kann man sich durchaus daran gewöhnen, den ganzen Tag mit dem Gewicht herumzulaufen.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Sternsaphir am 27. März 2015, 17:13:21
Zitat von: Christopher am 27. März 2015, 13:26:04
Wie gesagt: 30 kg Zusatzgewicht ist heutzutage ziemlich normal als Soldat im Gefecht. Wenn die Rüstung die Bewegung nicht allzusehr behindert, kann man sich durchaus daran gewöhnen, den ganzen Tag mit dem Gewicht herumzulaufen.

Das glaub ich auch. Normalerweise kenne ich aber Plattenträger als eher *ähem* immobil oder nur kurzfristig agil und ich selbst habe mein altes Kettenhemd auch abgelegt, weil es mir zu sehr die Kondition raubte und später auf die Bandscheiben und Schultern ging. Daher habe ich vollen Respekt vor Leuten, die das ohne Probleme buckeln können.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: canis lupus niger am 31. März 2015, 00:20:47
Zitat von: Manu am 26. März 2015, 20:46:12
Nehmt es mir nicht übel, aber ich kann mir das einfach nicht vorstellen, wie man eine Klinge umfasst , ohne die Schneide zu berühren. Oder reden wir hier nur von einseitig geschliffenen Klingen?

Soweit ich weiß, hatten einige historische Schwerter eine so genannte 'Unschärfe', d.h. ein Teil der Klinge (gleich oben an der Parierstange,) hatte keine Schneide. Dieser Teil konnte ganz schön lang sein, ohne Weiteres ein Viertel der gesamten Klingenlänge.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Simara am 05. April 2015, 17:30:14
Zitat von: Reman Akarak am 26. März 2015, 22:05:06
Sich zu schneiden ohne erst einmal den Schnitt zu bemerken, kennt der ein oder andere sicherlich schon.
Aber auch wenn man sich selbst schon unzählige mal mit scharfen Messern in der Küche verstümmelt und ähnliche anfängliche "Schmerzlosigkeit"
erlebt hat, würde ich gerne einmal die Erfahrung bzw. Meinung von Leuten einholen, die doch praktischere Erlebnisse aus Kampfsituationen
vorweisen können.

Also mein Sensei erzählt immer wieder gerne eine Anekdote darüber, wie er einmal mit dem Schwert gekämpft/trainiert hat und sein Gegner es ihm versehentlich ins Bein gestoßen hat, ohne das er es gemerkt hat. Er dachte es wäre nur gestriffen gewesen und erst als er nachsehen wollte, wie kaputt die Hose ist, fiel ihm das Blut auf. Ich denke das solche Dinge weniger mit einem "perfekten Schnitt" zu tun haben als mit der Tatsache, das man im Kampf randvoll mit Adrenalin ist und dadurch gerade gut geschliffene Klingen nicht immer gleich spürt. Mit stumpfen Verletzungen ist das in Kampfsituationen ähnlich, da stehst du im Training auch wieder auf und machst die nächsten Stunden weiter als wäre nichts und sobald du Zuhause auf der Couch sitzt kommen die Schmerzen und du glaubst nie wieder aufstehen zu können. Auf der anderen Seite gibt es natürlich- wenn talentiert genug- die Möglichkeit, gezielt Nerven zu durchtrennen und das letztendliche Schmerzempfinden damit einzuschränken.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Sascha am 05. April 2015, 19:52:02
Zitat von: Simara am 05. April 2015, 17:30:14
Auf der anderen Seite gibt es natürlich- wenn talentiert genug- die Möglichkeit, gezielt Nerven zu durchtrennen und das letztendliche Schmerzempfinden damit einzuschränken.
Ich frage mich gerade, welchen Sinn es in einem echten Kapmf hätte, den Gegner möglichst schmerzlos oder zumindest schmerzarm zu verletzen. Ein Gegner, der sich nach einem Treffer vor Schmerzen am Boden windet, ist ab dem Moment keine Gefahr mehr oder doch zumindest im weitere Verlauf sehr eingeschränkt. Einer, der zwar auf lange Sicht auch tödlich getroffen ist, aber momentan noch weiterkämpft, weil er nix merkt, kann mich noch ins Jenseits befördern, bevor mein Treffer wirkt.
Gibt's einen besonderen Grund für solche Techniken? Denk ich zu kurz?
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Simara am 06. April 2015, 14:20:32
Zitat von: Sascha am 05. April 2015, 19:52:02
Ich frage mich gerade, welchen Sinn es in einem echten Kapmf hätte, den Gegner möglichst schmerzlos oder zumindest schmerzarm zu verletzen. Ein Gegner, der sich nach einem Treffer vor Schmerzen am Boden windet, ist ab dem Moment keine Gefahr mehr oder doch zumindest im weitere Verlauf sehr eingeschränkt. Einer, der zwar auf lange Sicht auch tödlich getroffen ist, aber momentan noch weiterkämpft, weil er nix merkt, kann mich noch ins Jenseits befördern, bevor mein Treffer wirkt.
Gibt's einen besonderen Grund für solche Techniken? Denk ich zu kurz?

Es gibt einige Techniken, bei denen man sich zu nutze macht, dass der Gegner den ersten Treffer nicht gespürt hat, seine neue Einschränkung nicht bemerkt (denn auch wenn der Schmerz nicht verarbeitet wird besteht ja trotzdem ein Nerven und Muskelschaden der einige Bewegungen be- oder verhindert) und dadurch beim Nächsten Angriff leicht ausgeschaltet werden kann. Sollte sich die Möglichkeit bieten ihn gleich auszuschalten, sollte man das jedoch auch möglichst tun und nicht irgendwelche Kunstgriffe ausprobieren- so was bräuchte man eben weniger in einem "ganz normalen" Kampf als in einem Duell mit Jemandem, dessen Deckung zu gut ist um ohne Trick an die lebenswichtigen Dinge heran zu kommen.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Sternsaphir am 06. April 2015, 14:54:56
Im echten Kampf unter Adrenalin ist die Schmerzwahrnehmung vermindert, was wirklich dazu führen kann, dass derjenige die ersten Treffer nicht bemerkt. (Umsicht, logisches Denken und Koordination sind auch nur noch auf das Minimum reduziert, wenn es sich um untrainierte Kämpfer handelt)
Kommen dann noch Drogen dazu, kann sich dieser Effekt verstärken. Das sieht man z.B. gerne bei Schlägereien unter Betrunkenen, die trotz Schlägen ins Gesicht ihr Gegenüber weiter würgen.

Darum ist es vor allem beim Kampf wichtig, Stellen zu treffen, die entweder besonders empfindlich sind oder den Gegner sofort einschränken oder zumindest so lange schocken, dass man noch eine weiteren Hieb oder Griff hinterhersetzen kann.
Der Schmerz allein kann im übrigen den Gegner auch in eine Art Raserei versetzen (haben wir mal beim Escrima geübt), was dazu führen kann, dass derjenige dann erst recht auf einen zugesprungen kommt.
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Sascha am 06. April 2015, 18:24:19
OK. Again what learned. :)
Titel: Re: [Kampf] Schwertkampf - Mythen und Realität
Beitrag von: Churke am 06. April 2015, 19:31:40
Schmerzempfinden ist indivudell und kann durch, äh, Abhärtung vermindert werden. Ich hatte mal einen Cut im Schienbein, der bis runter auf den Knochen ging. Wahrscheinlich ein Schwert.  ;) Woher? Wieso? Keine Ahnung, ich hatte anderes zu tun. Und ich hab's auch erst Stunden später gemerkt, als ich die Hose auszog.
Bei einem Kumpel dagegen reichte ein einfacher Fußtritt gegen das Schienbein. Platzwunde, aus vorbei. Game over.

In Systema gibt es übrigens auch die Technik, sich einem Hieb durch Körperbewegung anzupassen und die Verletzung dadurch erheblich abzumildern.