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Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: Kati am 08. Juni 2014, 21:58:04

Titel: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: Kati am 08. Juni 2014, 21:58:04
Hallo, ihr Lieben.  :winke: Ich hoffe wirklich, wir hatten einen solchen Thread noch nicht, es lässt sich leider nicht besonders gut zu der Thematik suchen. Ich habe ein bisschen was zu Reihen an sich gefunden, aber nicht genau etwas zu der Frage, die ich mir seit ein paar Tagen stelle. Ich habe es in letzter Zeit relativ oft, dass ich eine Reihe zu lesen beginne, den ersten Band sehr gut finde und den zweiten leider bescheiden. Und das sind oft Geschichten, die unnütz aufgeplustert wurden und in einem Band gut abgeschlossen hätten werden können. Jetzt frage ich mich, wie man sinnvoll entscheidet, ob eine Geschichte zum Mehrteiler taugt, oder als Einzelband besser aufgehoben ist. Ich habe zum Beispiel im Moment das Problem, dass ich für ein Buch eigentlich zu viel Plot habe, für zwei aber zu wenig.

Ein anderes Szenario wäre, dass die Figurenentwicklung zum Helden vielleicht 1000 Seiten braucht, aber man nur Plot für ein Buch mit höchstens 400 Seiten hat. Was tut man? Kann man eurer Meinung nach eine überzeugende Heldenentwicklung auch auf 400 Seiten schreiben? Ist es sinnvoll, sich irgendwelche Handlung dazu auszudenken, obwohl die Geschichte eigentlich abgeschlossen ist, nur, um mehrere Bände schreiben zu können? Von Füllmaterial halten wir glaube ich alle nicht so viel, aber wie geht ihr in dem Fall daran, sinnvolle Handlung hinzuzuplotten, damit es sich auch lohnt mehrere Bände aus der Geschichte zu machen? Ist das überhaupt sinnvoll? An sich würde ich gern wissen, wie ihr mit solchen Situationen umgeht, lieber Mehrteiler oder lieber Einzelband, und worauf kommt das an? Was macht eine gute Reihe aus, wann sollte man lieber darauf verzichten mehr als einen Band zu schreiben? Und habt ihr dazu Beispiele?

Jetzt bin ich mal gespannt, was ihr dazu zu sagen habt.  :)
Titel: Re: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: Klecks am 09. Juni 2014, 09:27:45
Hallo Kati, das ist wirklich ein tolles Thema!  :vibes:

Zitat von: Kati am 08. Juni 2014, 21:58:04Ein anderes Szenario wäre, dass die Figurenentwicklung zum Helden vielleicht 1000 Seiten braucht, aber man nur Plot für ein Buch mit höchstens 400 Seiten hat. Was tut man?

Wenn ich einen Helden habe, der sich entwickeln muss, dann würde ich versuchen, auch einen Plot für 1.000 Seiten zu bekommen. Wenn das nicht klappt, würde ich ein einziges, ihn schockierendes Ereignis stattfinden lassen, das ihn radikal verändert - eben zum Helden macht.

ZitatKann man eurer Meinung nach eine überzeugende Heldenentwicklung auch auf 400 Seiten schreiben?

Ich finde, das kommt darauf an, wie groß das Ausmaß seines Heldentums ist. Muss er eine Handvoll Menschenleben retten, wie zum Beispiel ein Kriminalkommissar, der einen Serientäter jagt? Da sind 400 Seiten meines Erachtens ausreichend. Muss er wie Harry Potter eine ganze Zauberergemeinschaft retten? Da wäre es schwieriger, etwas so Wichtiges und Schwerwiegendes in 400 Seiten zu pressen.

ZitatIst es sinnvoll, sich irgendwelche Handlung dazu auszudenken, obwohl die Geschichte eigentlich abgeschlossen ist, nur, um mehrere Bände schreiben zu können?

Wenn die Geschichte abgeschlossen ist, dann erscheint es mir nicht sinnvoll, nein. Dann wird es eben auch mal ein dicker Einteiler.

ZitatVon Füllmaterial halten wir glaube ich alle nicht so viel, aber wie geht ihr in dem Fall daran, sinnvolle Handlung hinzuzuplotten, damit es sich auch lohnt mehrere Bände aus der Geschichte zu machen?

Ich würde es generell nicht erzwingen und deshalb auch nicht hinzuplotten, aber angenommen, ich würde es tun, weil der Verlag es möchte: Dann würde ich mich in Recherche für das Thema stürzen, um irgendwo den zündenden Funken Inspiration zu finden. Wenn es nicht recherchierbare Fantasy ist, würde ich mich daransetzen, die Geschichte der Fantasy-Welt, in der die Bände spielen, aufzuschreiben - und zwar alle Ereignisse, die vorher stattgefunden haben. Aus irgendeinem dieser Ereignisse entsteht dann bestimmt Inspiration für einen Nachfolgeband, da jedes Ereignis in der Vergangenheit die Zukunft beeinflusst. Andere Möglichkeit: Ich denke mir nicht Plot hinzu, dehne den Plot des eigentlichen Einteilers aber so geschickt aus, dass keine Langweile aufkommt und ich Stoff für mehr als einen Band habe, zum Beispiel, indem ich mehr Beschreibungen und Dialoge einfüge. Allerdings lasse ich persönlich die Finger von dieser Möglichkeit des Ausdehnens. Man merkt das Büchern sehr schnell an.

ZitatIst das überhaupt sinnvoll?

Es ist sinnvoll, wenn es ein Auftrag ist, statt einem Roman mehrere zu schreiben. Ansonsten mag ich dieses erzwungene Mehrteilerschreiben nicht. Wenn Plot für nur einen Roman da ist, zwinge ich mich nicht dem Mehrteilerschreiben willen zu Fortsetzungen.

ZitatAn sich würde ich gern wissen, wie ihr mit solchen Situationen umgeht, lieber Mehrteiler oder lieber Einzelband, und worauf kommt das an?

Es kommt auf den Plot an. Reicht er für mehr als einen Band? Dann schreibe ich auch mehr als einen Band. Reicht er für höchstens zwei? Ich mache einen dicken Einteiler daraus, weil ich sonst das Gefühl hätte, jeder würde auf einen dritten Teil warten und eine Trilogie erwarten. Reicht er für nur einen Band? Dann schreibe ich auch nur einen Band. Als Leserin sage ich dasselbe: Wenn mich die Handlung in jedem Band mitreißen kann, lese ich sogar sehr gern Mehrteiler. Der Vorteil ist, dass man wieder neu in die Welt eintauchen und die Figuren wiedersehen kann. Der Nachteil ist das ständige Warten auf den nächsten Teil, der manchmal wirklich die Lust am Lesen und auch die Fähigkeit nimmt, in die Welt und die Figuren einzutauchen. Vorteil eines Einteilers ist eben das Gefühl der Abgeschlossenheit und dass man nicht ständig darauf wartet, dass es weitergeht, während der Nachteil ist, dass man nie wieder in die Welt und die Figuren eintauchen kann, was jedoch nach jedem guten Roman, ob Einteiler oder nicht, ohnehin schmerzen sollte.

ZitatWas macht eine gute Reihe aus, wann sollte man lieber darauf verzichten mehr als einen Band zu schreiben? Und habt ihr dazu Beispiele?

Eine Reihe ist für mich gut, wenn die Rahmenhandlung in sich geschlossen ist, der rote Faden aber - zum Beispiel die Heldenentwicklung oder das Bekämpfen des Antas - noch weiterlaufen kann. Wenn man sich alles aus der Nase ziehen muss, ist das für mich hingegen ein Zeichen, es lieber bei einem Teil zu belassen. Ein Beispiel für eine gut gelungene Reihe - auch, wenn nicht jeder diese Reihe mag - ist auf jeden Fall Harry Potter. Das Ziel ist es, Voldemort auszuschalten, aber in jedem Buch erlebt Harry ein anderes Abenteuer, das irgendwie mit Voldemort verbunden ist. Meines Erachtens die perfekte Reihe. Ein Beispiel für eine schlechter gelungene Reihe ist leider gleichzeitig eine meiner Lieblinge: die Mortal Instruments von Cassandra Clare. Geplant war eine Trilogie, die war richtig toll, aber dann kam noch eine zweite hinterher, und dieser zweiten merkt man, obwohl sie spannend ist und ordentlich Plot hat, leider an, dass sie lange nicht geplant war. Ich mag die Bücher wirklich sehr, aber die zweite Trilogie - so sehr es mir auch gefallen hat, meine Lieblingsfiguren wiederzusehen und so sehr es jetzt schmerzt, sie nach dem letzten Teil loszulassen - wirkt besonders episch und besonders reißerisch. Der Vermarktung der englischen Bücher hat man angemerkt, dass es nur noch darum ging, den Erfolg bloß nicht abreißen zu lassen. Das hat man den Büchern leider angemerkt, obwohl sie trotzdem gut waren.

Uups, das war jetzt viel Gelaber.  ;D
Titel: Re: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: Arcor am 09. Juni 2014, 11:26:19
Mir persönlich fällt es immer schwer, im Einzelroman-Modus zu denken, gerade bei den Fantasy-Geschichten. Es passiert über kurz oder lang, dass ich einfach zu viele Ideen für einen Band von vernünftiger Länge anhäufe - und Schwups, bin ich beim Mehrteiler.

Wobei ich das tendenziell auch als mein Problem ansehe, weil
a) ein Mehrteiler einfach viel mehr Plotten braucht und viel mehr Zeit zum Schreiben, Korrigieren etc.
und b) ein Mehrteiler nicht unbedingt leicht zu vermarkten ist, wenn man denn veröffentlichen will.

Ich bin in jeden Fall heilfroh, wenn sich ein Prota kurz und knapp vorstellt und eine Geschichte mitbringt, die sich gut auf 400-500 Seiten erzählen lässt. Reihenprotas verfluche ich bereits, wann immer sie auftauchen - auch wenn ich das breite Erzählen sehr mag.

Für einen Mehrteiler muss aber in meinen Augen sowohl die Charakterentwicklung (mindestens des Protas, besser aber auch mehrerer Nebenfiguren) wie der Plot alle Teile der Reihe umspannen. Eines alleine trägt keinen Roman. Und am besten sollte man bereits im ersten Band der Reihe dem Leser deutlich machen, dass es ein Mehrteiler wird. Ich habe einmal ein Fantasy-Roman gelesen (hießglaube ich Quicksilver Rising) und erst als ich das Buch aushatte, wurde mir bewusst, dass es ein Mehrteiler wird und nur den Auftakt bildete. Der Band diente zu nichts anderem, als die Figuren zusamemnzuführen. Das fand ich zum einen nicht gut kommuniziert und zum anderen als Plot des ersten Bandes zu dürftig.

ZitatKann man eurer Meinung nach eine überzeugende Heldenentwicklung auch auf 400 Seiten schreiben?
Klar, das kommt ja nur auf die Größe der Geschichte und des "Helden" an. Jugendromane sind selten viel dicker als 400 Seiten und da gibt es auch eine überzeugene Heldenentwicklung. Es hängt nur davon ab, was du als "Held" definiert und ob er unbedingt die Welt retten muss. Heldentum im Kleinen kann manchmal richtig schön sein und braucht keinen riesen Rahmen.

ZitatIst es sinnvoll, sich irgendwelche Handlung dazu auszudenken, obwohl die Geschichte eigentlich abgeschlossen ist, nur, um mehrere Bände schreiben zu können?
Wie Klecks schon schrieb, nein. Auf keinen Fall. Gib der Handlung und den Protas so viel Raum, wie sie brauchen, und nicht mehr. Etwas künstlich aufzublähen funktioniert nur ganz selten gut, meistens merkt man das als Leser und ist enttäuscht.

ZitatVon Füllmaterial halten wir glaube ich alle nicht so viel, aber wie geht ihr in dem Fall daran, sinnvolle Handlung hinzuzuplotten, damit es sich auch lohnt mehrere Bände aus der Geschichte zu machen?
Auch hier bin ich bei Klecks. Es passiert, wenn es passiert. Ich plotte nie so lange an etwas herum, bis ich sage "Juhu, jetzt habe ich drei Bände, die sollten es ja schon sein". Meist kommt die Figur oder das Setting (oder noch besser beides zusammmen) als erstes und dann sammel ich im Laufe der Zeit Ideen für diese Figur an, wie ihre Geschichte aussehen könnte. Sobald ich feststelle, dass es mehr wird als nur ein Roman, ergebe ich mich seufzend in mein Schicksal.   :omn:
Titel: Re: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: Siara am 09. Juni 2014, 12:03:15
Ehrlich gesagt habe ich mir über die Frage Einzelband/Reihe nie wirklich Gedanken gemacht. Es passiert eben, wie es passiert. Normalerweise beginne ich mit einer Idee und forme daraus einen Plot, sodass ich Anfang und Ende festlege. Da ich nie sehr detailreich plotte, passt diese Geschichte in einen Band. (Allerdings für gewöhnlich nicht in 400 Seiten. ::) ) Es kann aber passieren, dass ich feststelle, dass noch nicht alles erzählt ist. Während des Schreibens kommen neue Handlungsstränge auf, die sich über den Band hinaus entwickeln, ich erkenne eine Folge, der Ausgang des ersten Bandes hat, etc. Dann wird diese Folge und weitere Handlung in einem weiteren Band verarbeitet. So hat der erste Band auf jeden Fall einen Bruch an einer halbwegs passenden Stelle, da es ja ursprünglich als Ende geplant war.

Denn das finde ich wichtig: Wenn man tatsächlich doch von Anfang an Plot für drei Teile hat, ist das in der Regel so oder so ein sehr starker Bruch in der Handlung. Schließlich sind dann keine oder nur sehr wenige Handlungsstränge abgeschlossen. Das finde ich beim Lesen wirklich nervig. Deshalb gibt es für mich auch einen Unterschied zwischen Reihe und unterbrochener Riesenroman, der besser in einen Band gepasst hätte. Das soll nicht heißen, dass man jeden Band einer Reihe auch einzeln lesen können muss. Aber dass sie in sich "rund" sind, ist mir wichtig. Wenn das einfach nicht passt, schreibe ich keine Reihe.

ZitatEin anderes Szenario wäre, dass die Figurenentwicklung zum Helden vielleicht 1000 Seiten braucht, aber man nur Plot für ein Buch mit höchstens 400 Seiten hat.
Kann ich so nicht ganz nachvollziehen. Der Held "entwickelt" sich doch durch die Geschehnisse, durch die Handlung. Wenn also seine Entwicklung 1000 Seiten beansprucht, dann doch auch die Handlung, die für seine Entwicklung sorgt. Oder?

ZitatKann man eurer Meinung nach eine überzeugende Heldenentwicklung auch auf 400 Seiten schreiben?
Ein klares Ja. Es ist schwieriger, wenn weniger Platz zur Verfügung steht, aber es kommt immer drauf an, wie es gemacht ist. Überzeugend ist eine Heldenentwicklung für mich dann, wenn sie dem Plot angepasst ist, wie oben schon erwähnt. Sie sollte weder aus dem Nichts kommen noch von den Geschehnissen unbeeinflusst bleiben. Wenn also die Handlung in 400 Seiten passt, dann auch die Entwicklung. Es kommt natürlich, wie Klecks sagte, auch darauf an, welches Ausmaß die Entwicklung hat. Bei 180° Charakterwenden und dem Aufstieg vom Niemand zum Gott wird es schwer, es auf so wenigen Seiten vernünftig unterzubringen. Aber dass es unmöglich ist, würde ich nicht sagen.

ZitatVon Füllmaterial halten wir glaube ich alle nicht so viel, aber wie geht ihr in dem Fall daran, sinnvolle Handlung hinzuzuplotten, damit es sich auch lohnt mehrere Bände aus der Geschichte zu machen?
Das kommt ganz darauf an. Macht der zugedachte Stoff die Geschichte tiefgründiger und festigt sie in ihrem Gerüst? Dann ja. Macht er sie nur komplizierter, und sie könnte ohne Probleme auch ohne funktionieren? In dem Fall nicht. Beim Plotten gehe ich meistens von logischen Entwicklungen aus. Weil dies passiert ist, muss ich jenes bedenken. Daraus ergibt sich wiederum Weiteres. Wenn ich unbedingt eine Reihe schreiben will, suche ich nach Folgen des bisherigen Plots oder vorausgegangenen Ereignissen, deren Folge mein Plot ist. Eine Möglichkeit ist auch, einen Ansatz weiterzuverfolgen, die innerhalb des Plots liegt. So hat alles einen Zusammenhang und stützt sich gegenseitig. Wenn es einfach keine passende und interessanten Folgen, Vorgeschichte oder verknüpfende Parallelhandlung gibt, weil der Band ohne bestens funktioniert, dann lasse ich es. Kein Füllmaterial, nichts "Künstliches", sondern nur, was sich logisch und wie von allein entwickelt.

Oder eben in einem Satz gesagt ;D :
Zitat von: Arcor am 09. Juni 2014, 11:26:19
Sobald ich feststelle, dass es mehr wird als nur ein Roman, ergebe ich mich seufzend in mein Schicksal.
Titel: Re: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: Kadeius am 09. Juni 2014, 12:54:42
Hallo, liebe Kati  :winke:

Schön, dass du das mal auf den Punkt bringen willst, du hast interessante Fragen gestellt, die - denke ich - das Hauptproblem ausmachen, muss man sich zwischen Ein- oder Mehrteiler "entscheiden".

ZitatEin anderes Szenario wäre, dass die Figurenentwicklung zum Helden vielleicht 1000 Seiten braucht, aber man nur Plot für ein Buch mit höchstens 400 Seiten hat. Was tut man?

Ich will freilich nicht wiederholen, was meine Vorredner geschrieben haben, die meisten Antworten sind ja auch wirklich unstrittig, aber diese Frage fand ich besonders gut:
Ganz klar, du hast eine scheinbare Lücke aufzufüllen und das machst du in dem Moment zum Problem. Wenn du Spaß daran haben willst, die Geschichte weiterzuspinnen, dann lass es nicht zum Problem werden, sondern lös es direkt im Kern. Mit anderen Worten: Triff dich auf der Mitte, lass den Held interessante Leute treffen, Dinge erleben, die ihn reifer, heldenhafter, ambivalenter oder was auch immer machen. Oder es gelingt dir, interessantes und wichtiges "Füllmaterial" zu finden, das dir so gut gefällt, dass es kein "Füllmaterial" im eigentlichen Sinne mehr ist.

Doch auch ein 400-seitiges Werk will gut durchdacht und beschrieben sein, es ist sogar manchmal schwieriger, die Geschichte kurz und knackig zu halten, ich weiß genau, was du meinst. Mein Tipp: Nimm dir auch für eine 400-Seiten-Entwicklung so viel Zeit, um dir Ereignisse und Wendungen zu überlegen, die eine 400-Seiten-Entwicklung plausibel machen. Vielleicht ist dein Charakter so besonders, dass auch scheinbar weniger nachvollziehbare Gründe zu seiner Entwicklung beitragen. Das liegt bei dir. Und wer weiß, vielleicht gelingt es dir von ganz allein durch das Nachdenken über die Ereignisse und Wendungen, die die Handlung und die Entwicklung erfahren sollen, die 400 Seiten auszudehnen. So manch ein Plot hat bei >200 angefangen und daraus ist ein <5000-Epos geworden. Du setzt die Grenze und du entscheidest, was in deiner Welt geschieht.

Lieben Gruß,
Kadeius  :)
Titel: Re: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: Zit am 09. Juni 2014, 13:04:16
In erster Linie würde ich einen Unterschied zwischen Reihe und Serie machen. Zumindest bei den Groschenromanen gibt es den. Reihe ist alles, bei der die einzelnen Hefte nicht untereinander verbunden sind (Bsp: Gaslicht); wohingegen sie es bei Serien sind (Perry Rhodan). Das verbindende Element sind dabei nicht die Figuren, so ist Jerry Cotton auch eine Reihe (oder die Simpsons, um ein TV-Bsp. zu bringen). Criminal Minds oder Navy CIS, etc. sind imho auch Reihen, wenngleich auch immer wieder Serienelemente auftauchen (die große Bedrohung im Hintergrund, die durch Szenen zum Ausdruck kommt, die gerade nichts mit dem aktuellen Fall zu tun haben).

Ich denke, wenn man einen Einzelteiler plant, der dann aber so gut läuft, dass der Verlag sagt: "Hast du da noch was von in der Schublade?", lässt sich der als Reihe leichter fortsetzen, denn als Serie. Gerade weil der Einzelteiler von seinem Plot her ja abgeschlossen ist. Serien hingegen, denke ich, drängen sich meistens von Anfang an auf, einfach weil der Plot sich halt so entfalten will.

ZitatEin anderes Szenario wäre, dass die Figurenentwicklung zum Helden vielleicht 1000 Seiten braucht, aber man nur Plot für ein Buch mit höchstens 400 Seiten hat. Was tut man?

Ich denke, du meinst den typischen Bauersjungen, der erstmal einen ewigen Weg zum Ritter durchmachen muss bevor er den Drachen köpfen kann? Da würde ich mal frech behaupten, dass es diese 1k Seiten nicht braucht. ;D
Die Frage ist doch: Welche Szenen sind plotrelevant? Klar kann man eine Geschichte nicht nur auf solchen Szenen aufbauen und braucht auch welche, die die Charakterentwicklung voran bringen. Aber bei tausend Seiten Schwert schwingen ist diese Entwicklung erstens nicht so großartig zu erkennen (der Held entwickelt sich ja erst signifikant über die gesamte Geschichte, die dann ihren Höhepunkt im Drachentöten findet) und zweitens verschiebt sie den Fokus ganz stark auf einen Teilaspekt der Handlung, der eigentlich nur Voraussetzungen schaffen soll und nicht die eigentliche Geschichte ist. Die wäre ja, was der Held insgesamt alles erlebt oder erleben muss bis er beim Drachen ankommt.

Aber mir kommt noch ein anderes Gefühl wie du es meinen könntest, aber so sicher bin ich mir nicht, dass ich es in Worte fassen könnte. In erster Linie denke ich, kommt es darauf an, ob du character driven oder plot driven schreibst. Wenn du 400 Seiten Beziehungstamtam hast und nur 100 Seiten "sie klauen einen Diamanten", dann ist das eben charaktergetrieben und ist halt so. Dann liegt der Fokus nicht auf dem Klau des Diamanten sondern auf den Figuren.

ZitatVon Füllmaterial halten wir glaube ich alle nicht so viel, aber wie geht ihr in dem Fall daran, sinnvolle Handlung hinzuzuplotten, damit es sich auch lohnt mehrere Bände aus der Geschichte zu machen?

Bin der Meinung, dass du anderswo geschrieben hast, dass du gerade das Problem hast, dein Plot wäre für zwei Bände zu wenig und für einen jedoch zu viel. Ich nehme mal an, die Frage hat darin ihren Ursprung?
Ehrlicherweise würde ich dann runter plotten und nicht noch etwas hinzufügen wollen. Mann kann sich ja auch Szenen ausdenken, die mehrere Handlungspunkte zugleich voran bringen. Mir fällt gerade kein Beispiel ein, aber ich denke doch mal, du weißt, was ich meine. Eine Szene kann ja nicht nur die Charakterentwicklung voran treiben sondern auch den Plot.

Ansonsten würde ich es als Reihe weiter führen wollen. Die Charakterentwicklung kann sich ja auf mehrere Bände erstrecken, aber das Problem sollte in einem Band abgearbeitet sein. Auf diese Weise kann man die Reihe schön ausbauen.
Genauso kann man aber auch die große Bedrohung™ als Serie (Voldemort) über mehrere Bände aufbauen, die aber wieder in sich abgeschlossen sind, zumindest Teilprobleme behandeln. Wobei ich gerade das schwierig finde, dazu muss man sich von Anfang an entscheiden. Das lässt sich nicht im Nachhinein künstlich hinzu fügen.

ZitatMuss er eine Handvoll Menschenleben retten, wie zum Beispiel ein Kriminalkommissar, der einen Serientäter jagt? Da sind 400 Seiten meines Erachtens ausreichend. Muss er wie Harry Potter eine ganze Zauberergemeinschaft retten? Da wäre es schwieriger, etwas so Wichtiges und Schwerwiegendes in 400 Seiten zu pressen.

Woran machst du das fest? Wohl kaum an der Größe der zu rettenden Personengruppe? Man kann beides sowohl auf 400 als auch auf 4k Seiten darstellen. Es sind z.T. aber auch einfach Genrekonventionen, dass Serientäter keine 4k Seiten haben. Wo bleibt denn da der Thrill? ;D Wobei es gerade bei Fernsehserien ja auch oft diese Kriminellen gibt, die folgenübergreifend auftauchen und der Heldentruppe das Leben schwer machen (erinnere mich gerade an CSI mit dem Puppenmachertypen oder Profiler mit dem Stalker, bei Crossing Jordan gab es, glaube ich, auch mal einen).
Titel: Re: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: Guddy am 09. Juni 2014, 16:27:55
Ich antworte mal allgemeiner:

ich bin ein absoluter Serienfan, was sowohl bei bewegten Bildern, Comics, als auch Büchern zutrifft. Ich liebe es, die Protagonisten lange zu begleiten, langfristig in eine Welt einzutauchen undundund. Den bekannten Griff ins Klo kann man natürlich dennoch erleiden. Allerdings ist mir das bei Serien noch nie wirklich passiert. Ausnahmen bilden kleine Serien wie etwa die ersten X-Men-Verfilmungen.
Dass eine Serie von Band zu Band, Film zu Film oder Staffel zu Staffel schwächer wird, ist natürlich schon etwas häufiger. Manchmal krepiert die betroffene Serie an diesem "Jumping the Shark"-Moment (dann breche ich sie ab) oder sie erholt sich wieder. Bislang habe ich jeder Serie gerne eine Chance gegeben und wurde nur äußerst selten (Akte X) enttäuscht.

Als Möchtegernautorin möchte ich mich absolut nicht auf einen Einzelband beschränken. Zu sehr bin ich auf Serien getrimmt, meine Ideen basieren auf großen, mannigfaltigen Storylines. Mir ist es egal, wie ungünstig das für einen Erstling ist.
Über's Knie brechen würde ich es allerdings auf keinen Fall. Wenn ein Autor eine Serie macht, einzig aus dem Grund, mehrere Teile zu haben, dann merkt man das idR.
Titel: Re: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: Klecks am 09. Juni 2014, 17:19:59
@Zitkalasa: Wie gesagt, es kommt immer auf den Plot an. Passt der nicht auf 400 Seiten, sind es eben mehr, egal in welchem Genre.  ;D
Titel: Re: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: FeeamPC am 09. Juni 2014, 19:59:40
Man weiß nie, was aus einem Plot wird. Mein noch unfertiger Dreiteiler hat als einbändiges Werk angefangen, das viel zu dünn ausfiel. Ich suchte Füllstoff, fand den in Form eines zweiten Handlungssstranges, und der wuchs und wuchs und wuchs und verlangte anschließend noch zwei weitere Bände.
Die usprüngliche Hauptgeschichte ist jetzt der Nebenstrang. Und es zeichnen sich ausreichend Möglichkeiten entweder die Serie fortzuführen oder Spin-offs zu machen.
Wenn ich die ersten drei Bände denn erst einmal fertig habe.

An Serien ärgert mich höchstens, dass man meist lange auf die nächsten Bände warten muss. Deshalb lese ich solche am liebsten, von denen bereits mehrere Bände auf dem Markt sind.
Und deshalb kommt mein Mehrteiler erst raus, wenn die Trilogie komplett fertig ist.
Titel: Re: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: Cairiel am 09. Juni 2014, 20:13:34
ZitatIst es sinnvoll, sich irgendwelche Handlung dazu auszudenken, obwohl die Geschichte eigentlich abgeschlossen ist, nur, um mehrere Bände schreiben zu können?
Das halte ich nicht für sinnvoll, da das Leser durchaus merken können, wie du schon schreibst. Selbst wenn es "sinnvolles" Füllmaterial ist ... Man muss den Leser damit schon sehr zu packen wissen, damit er es nicht als künstliche Aufplusterung empfindet, denke ich.

ZitatAn sich würde ich gern wissen, wie ihr mit solchen Situationen umgeht, lieber Mehrteiler oder lieber Einzelband, und worauf kommt das an? Was macht eine gute Reihe aus, wann sollte man lieber darauf verzichten mehr als einen Band zu schreiben? Und habt ihr dazu Beispiele?
Ich denke da auch nicht viel darüber nach. Bei meinen Geschichten gehe ich grundsätzlich davon aus, dass es Einzelbänder werden, aber da ich so ein schlechter Enden-Schreiber bin wird dann manchmal ein Mehrteiler draus. Bei meinen Winterchroniken z. B. war der erste Band als Einzelband gedacht, aber das Ende war einfach so offen, dass ich es kurzerhand mit einer anderen Idee fusioniert und eine Trilogie daraus gemacht habe. Ich bevorzuge es aber ganz klar, Einzelbänder zu schreiben (und auch zu lesen). Grund dafür ist, dass ich es nicht so lange mit einer Geschichte aushalte (wenn ich sie selbst schreibe) und von Mehrteilern anderer Autoren fast schon genervt bin. Ich bin froh, wenn ich mit der Geschichte nach einem Band durch bin und nicht den zweiten besorgen oder gar darauf warten muss.

Ich persönlich habe irgendwie höhere Anforderungen an Mehrteiler als an Einzelbände. Wenn renommierte Autoren einen Mehrteiler schreiben (Rowling, Rothfuss, Martin, ...), kaufe ich ihn mit Freuden. Bei anderen Autoren bin ich da vorsichtig. Ich frage mich, ob der Autor es wirklich schafft, mich mit der Geschichte über mehrere Bände mitzureißen, während ich bei einem Einzelband diese Bedenken nicht habe. Es fällt mir schwer, das zu erklären, ich hoffe, ihr versteht ungefähr, wie ich das meine.  :versteck:
Titel: Re: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: Moni am 09. Juni 2014, 20:42:52
Ich persönlich bin ein Fan von mehrteiligen, durchaus episch erzählten Geschichten. Aber dann muß der Plot auch reichen und sollte nicht künstlich aufgeplustert werden.
Wenn ich schreibe, kommt es ganz drauf an, was ich erzählen will. Ich habe zb mein Opus magnum, die Schattenhüter, von Anfang geplanten 3 Bänden auf 2 heruntergedrückt, als ich merkte, dass die Handlung des ersten Bandes eigentlich maximal für einen halben reichte. Und die des zweiten dafür eigentlich zu viel für einen ist. Darum habe ich alles neu konzipiert und arbeite jetzt mit drei Büchern, verteilt auf zwei Bände. Bei den Flüsternden Steinen habe ich nach dem Durchplotten gemerkt, dass ich mir ein wunderbar offenes Ende lassen kann und damit Raum für einen zweiten Band gebe, für den ich auch noch genug Plot haben werde. Und Underdark hat sich sehr schnell als Reihe herausgestellt, weil das Ganze ja auch auf dem Serienkonzept basiert.
Gerade aber schreibe ich etwas definitiv in einem Band abgehandeltes, bei dem ich auch keine Fortsetzung plane.

Es kommt immer darauf an, wieviel sich während des Schreibens an Handlung und Charakterentwicklung ergibt. Gerade letzteres muß passen, aber bei mir läuft die Plotentwickung mit der Charakterentwicklung in der Geschichte Hand in Hand. So habe ich zb nicht das Problem, dass mein 500 Seiten Plot auf 1000 Seiten Charakterentwicklung gestreckt werden muß.
Titel: Re: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: Cailyn am 10. Juni 2014, 10:47:40
Wenn du zu wenig Handlung hast, um die Entwicklung der Person darzustellen, dann bist du - meiner Meinung nach - einfach noch nicht fertig mit dem Plotten.
Ich gehe jetzt mal davon aus, dass dein Buch charakterbezogen ist bzw. die Persönlichkeit im Fokus ist. Dadurch ist es sicherlich so, dass die Handlung auch ein bisschen weniger wichtig ist. Trotzdem finde ich, sollte für die innere Entwicklung des Protas eine äusserlich stimmige Handlung gefunden werden. Und das scheint bei dir noch nicht der Fall zu sein, zumindest nicht bis zum Schluss. Also demzufolge würde ich nicht kürzen, sondern eine wirklich gute Handlung austüfteln (keine proforma-Handlung, damit einfach was dasteht), die zum Charakter und ihrer Entwicklung passt.
Titel: Re: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: Vic am 10. Juni 2014, 11:58:12
Ich finde das ist wirklich eine Einzelfall-Entscheidung.
Der Hauptgrund für weitere Bände ist, meiner Ansicht nach, wenn man im ersten Band vor allem "World building" betrieben hat und vielleicht eine komplette Gesellschaft und ganz viele tolle Charas eingeführt hat - und es gab zwar einen Plot und der ist auch zu  Ende, aber die ganze Welt und ihre Probleme und die Charaktere und ihre Ziele sind ja immer noch da. Und dann ist es ja oft spannend die weiter auszubauen.
Mir geht es oft umgekehrt so, dass mich viele Buchwelten erst richtig ab dem zweiten, dritten Band reizen wenn man richtig tief eintauchen kann und nicht kapitelllang damit beschäftigt ist zu erklären wie was funktioniert in der Welt. 

Das Ding ist, wenn man das macht, braucht man natürlich eine übergreifende Handlung PLUS Einzelhandlungen in jedem einzelnen Band.
Siehe Harry Potter zum Beispiel. Da ist der bandübergreifende Handlungsfaden immer die Harry vs. Voldemort Kiste und dass es auf einen Krieg mit Voldemort hinausläuft. Jeder Band hat aber auch eine in sich geschlossene Geschichte, die gleichzeitig für sich selbst steht und den übergreifenden roten Faden weiterspinnt.

Doof finde ich es, wenn die Bände untereinander nur durch das gemeinsame Universum verbunden sind.
Also wenn die Helden im ersten Band Drachen jagen und im zweiten Band einen Schatz suchen und im dritten Band auf Einhörner stoßen - schön und gut, aber dann muss  auch ein roter Faden da sein, WARUM sie das alles machen. Sind das alles Schritte damit der Held am Ende der mächtigste Magier des Landes sein kann und gegen  seinen Erfeind antreten? Sind das alles Versuche der Heldin endlich ihre tote Mutter zu rächen.
Whatever. Es muss ja nicht viel sein, aber Fortsetzungsreihen brauchen halt einen roten Faden sonst funktionieren sie nicht.

Demnach würde ich das auch entscheiden.
Wenn am Ende des ersten Bandes das Böse endgültig vernichtet ist und die Guten alles bekommen haben was sie wollen, braucht man mMn keinen zweiten  Band mehr.
Titel: Re: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: Churke am 10. Juni 2014, 13:44:20
Zitat von: Kati am 08. Juni 2014, 21:58:04
Kann man eurer Meinung nach eine überzeugende Heldenentwicklung auch auf 400 Seiten schreiben?

Also wenn jemand meint, er brauche über 400 Seiten, um eine Figur zu entwickeln, dann finde ich das seltsam.
Eine Figur entwickelt sich, weil die Handung Spuren im Charakter hinterlässt. Das sollte wie von selbst geschehen, im Gegenteil: Wenn man es nicht will, muss man es aktiv verhindern.
Tyrion Lannister z.B. bleibt immer so, wie er ist, weil ihn sein Vater immer wieder auf seinen Platz verweist.

Zitat von: Kati am 08. Juni 2014, 21:58:04
Ist es sinnvoll, sich irgendwelche Handlung dazu auszudenken, obwohl die Geschichte eigentlich abgeschlossen ist, nur, um mehrere Bände schreiben zu können?
Wenn im Klappentext von Bd. wasweißichnicht steht "... zieht eine neue, noch finsterere Bedrohung auf", lege ich das Buch gleich wieder zurück auf den Wühltisch. Reihen - ja, gerne. Aber auch wenn man sich selbst kopiert, ist es immer noch eine Kopie.


Titel: Re: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: Aphelion am 10. Juni 2014, 16:07:22
Zitat von: Kati am 08. Juni 2014, 21:58:04
Ein anderes Szenario wäre, dass die Figurenentwicklung zum Helden vielleicht 1000 Seiten braucht, aber man nur Plot für ein Buch mit höchstens 400 Seiten hat.
Hier stelle ich mir unweigerlich die Frage, wie die Figur sich zum Helden entwickeln soll, wenn nicht über die Handlung? Ein "Held" wächst nicht von allein. Durch irgendwas muss die Entwicklung vorangetrieben werden - und die treibende Kraft ist nunmal die Handlung, wie auch immer sie aussieht.

Ich denke ebenfalls, dass sich das Problem löst, wenn du in die Geschichte tiefer einsteigst - sei es durch genaueres Plotten oder durch den Beginn des Schreibens. :)
Titel: Re: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: Debbie am 10. Juni 2014, 18:17:51
Zitat von: Vic am 10. Juni 2014, 11:58:12
Das Ding ist, wenn man das macht, braucht man natürlich eine übergreifende Handlung PLUS Einzelhandlungen in jedem einzelnen Band.
Siehe Harry Potter zum Beispiel. Da ist der bandübergreifende Handlungsfaden immer die Harry vs. Voldemort Kiste und dass es auf einen Krieg mit Voldemort hinausläuft. Jeder Band hat aber auch eine in sich geschlossene Geschichte, die gleichzeitig für sich selbst steht und den übergreifenden roten Faden weiterspinnt.

Das fasst sehr schön zusammen, wie ich über Mehrteiler denke.  :jau:  Bei Serien ist das natürlich wieder was anderes, aber wenn man Mehrteiler schreibt, ist v. a. wichtig, dass genug Plot vorhanden ist; dass sich das Kernthema zeitlich oder vom Umfang her schlecht in einem Buch behandeln lässt und dass bei einem Mehrteiler genug Subplots vorhanden sind, die pro Buch zumindest ein Ende ermöglichen.

Ansonsten bin ich der Meinung: 1000 Seiten oder ein Mehrteiler, weil sich der Plot nicht auf 400 Seiten unterbringen lässt -> JA. 1000 Seiten oder ein Mehrteiler, weil sich die Charakterentwicklung nicht auf 400 Seiten unterbringen lässt -> NEIN.

Aber natürlich kann das abhängig von der Leserpräferenz und dem Genre sein - wobei mir jetzt kein Buch einfällt, bei dem sich dieses Empfinden für mich widerlegen lässt ...
Titel: Re: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: Kati am 10. Juni 2014, 19:11:45
Hier ist ja was zusammengekommen, danke dafür.  :) Ich persönlich mag auch lieber Reihen, in denen jeder einzelne Band der übergeordneten Handlung folgt, aber auch eine für sich abgeschlossene Handlung hat und das fällt mir immer sehr schwer. Ich konnte jetzt die Geschichte, von der ich gesprochen habe, aufteilen und während der eigentliche Plot so Sinn ergibt und genau richtig viel Platz einnimmt, fallen mir jetzt keine passenden Handlungsstränge für die einzelnen Bände ein, weshalb ich überlege, ob ich nicht doch lieber ein sehr dickes Buch draus mache. Dann wiederum mag ich selbst keine 800 + Seiten am Stück lesen, also sollte ich das vielleicht auch nicht schreiben.  :-X Damit werde ich mich wohl nochmal genau auseinandersetzen müssen.

Das Szenario mit der Heldenentwicklung habe ich übrigens persönlich nicht, es fiel mir bloß so ein und dann habe ich mich gefragt, wie ihr das seht, weil einige Leute ja tatsächlich Reihen schreiben, damit XY mehr Zeit bekommt sich zu entwickeln. Ich denke, damit ist aber nicht mal der Umfang gemeint, sondern auch diese Trennung zwischen den Büchern. Man kann ja zwischen den Bänden Zeit vergehen lassen, was innerhalb eines einigen Romans eher unschön wirkt. Aber ihr habt Recht, ohne Plot gibt es auch keine Heldenentwicklung. Was mich zu der Frage bringt, ob jeder Plot auch zur Heldenentwicklung beitragen muss. Und noch viel wichtiger: Müssen die einzelnen Plots am Ende für die große Handlung eine Bewandtnis haben? Ich finde eigentlich schon, aber ich sehe oft genug, dass es anders gemacht wird. Wenn in Band 2 eine runde, in sich abgeschlossene Geschichte erzählt wird, die aber am Ende nichts beiträgt um die Geschichte voranzubringen ärgert mich das, weil ich dann das Gefühl habe, die Geschichte war unnötig und hätte auch weggelassen werden können. Hierzu noch Ideen?

Ich finde schon mal schön, dass hier so viel zusammenkommt, über einiges hatte ich so noch gar nicht nachgedacht.
Titel: Re: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: Debbie am 10. Juni 2014, 20:17:06
Zitat von: Kati am 10. Juni 2014, 19:11:45
Ich konnte jetzt die Geschichte, von der ich gesprochen habe, aufteilen und während der eigentliche Plot so Sinn ergibt und genau richtig viel Platz einnimmt, fallen mir jetzt keine passenden Handlungsstränge für die einzelnen Bände ein [...]

Dabei hilft mir meist die Rechercheliteratur. Wenn ich zu seinem bestimmten Thema recherchiere (einer Zeit, einem Bauwerk, einer Mythologie, einem Fabelwesen, etc.) bekomme ich immer soviel Input, dass die Plotbunnies wahre Feste feiern. Davon nehme man die spannendste und passendste Idee, die sich am besten in den übergeordneten Plot einfügt und baue ihn aus. Mit viel Glück hat der Subplot dann bereits Bedeutung für die Haupthandlung - und was nicht passt, wird passend gemacht.  ;)

ZitatWas mich zu der Frage bringt, ob jeder Plot auch zur Heldenentwicklung beitragen muss.

Naja, es ist schon sehr elegant, wenn die Lösung jeden Subplots sich am Ende wie ein Puzzle-Teil in die Lösung des eigentlichen Problems einfügt - aber zumindest sollte das, was in den Subplots passiert, erklären, warum sich der Held am Ende wie verhält und woher er welche Fähigkeiten hat, die zum Schluss entscheidend sind. Hätte er die Fähigkeiten und die richtige mentale Einstellung von Anfang an, bräuchte es keine Entwicklung und das Buch würde nur aus der finalen Konfrontation/Problemlösung bestehen.

ZitatUnd noch viel wichtiger: Müssen die einzelnen Plots am Ende für die große Handlung eine Bewandtnis haben?

Müssen nicht, aber wie gesagt: Ich finde es ist eleganter. Natürlich kann der Subplot eines einzelnen Bandes auch einfach nur relevant für die Charakterentwicklung des Protas sein, oder das Buch kann sich mal direkt mit dem Hauptproblem beschäftigen, während der Subplot hauptsächlich persönliches behandelt, aber am Ende muss es irgendwie eine Rolle spielen; es muss ein Teil der Reise sein, der vielleicht am Ende keine große Bedeutung mehr hat, aber ohne den man nicht zum nächsten Teil des Weges gelangt wäre.
Titel: Re: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: Vic am 12. Juni 2014, 19:23:12
Zitat von: Kati am 10. Juni 2014, 19:11:45
Müssen die einzelnen Plots am Ende für die große Handlung eine Bewandtnis haben?

Ich kann nur persönlich von mir bestätigen, dass ich es sehr frustrierend finde, wenn ich 800 Seiten gespannt mitverfolge wie die Heldin auf der Jagd nach der ultimativen Geheimwaffe gegen X ist und am Ende entpuppt sich das ganze als "red herring" und sie ist praktisch keinen Schritt weitergekommen.  ::)

Also ich find es völlig okay, wenn es mal stagniert oder wenn Helden in die falsche Richtung laufen und das erst nachträglich merken - oder wenn es Szenen gibt, die zur übergreifenden Handlung wenig beitragen, aber dafür schöne Charakterentwicklung sind oder sowas. Aber in einer langen Reihe bitte kein kompletter Band, der rein gar nichts zur übergreifenden Handlung beiträgt. Ich bin ziemlich sicher, dass 90% aller Leser am Ende dieses Bandes (zu Recht) sehr enttäuscht und frustriert sein werden. 
Titel: Re: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: Siara am 12. Juni 2014, 19:32:38
Zitat von: Kati am 10. Juni 2014, 19:11:45
Was mich zu der Frage bringt, ob jeder Plot auch zur Heldenentwicklung beitragen muss. Und noch viel wichtiger: Müssen die einzelnen Plots am Ende für die große Handlung eine Bewandtnis haben?
Für eine wirklich gelungene Reihe in meinen Augen schon. Wenn das Ganze unterhaltsam ist, sehe ich darüber auch mal hinweg, denn schließlich geht es in erster Linie darum, beim Lesen Spaß zu haben. Aber damit die Bücher als wirklich rund im Gedächtnis bleiben, müssen alle Stränge zusammengeführt werden und gemeinsam auf das Ende hinwirken. Andernfalls fehlt mir die Festigkeit der Geschichte. Es fühlt sich dann an, als hätte der Autor einfach geschrieben, was ihm einfiel, ohne darauf zu achten, ob es überhaupt relevant ist. Oder es liegt eben die Vermutung nach Füllmaterial nahe. Deswegen hatte ich im ersten Beitrag angemerkt, dass diese "zusätzliche Handlung", um eine Reihe daraus zu machen, für mich nur sinnvoll ist, wenn das Hinzugefügte eine der beiden Funktionen erfüllt:
1. Bisherigen Plot vertiefen/festigen
2. Den bisherigen Plot so verändern, dass die neuen Inhalte bedeutsam werden

Andernfalls besteht die Gefahr, dass es unstrukturiert erscheint.
Titel: Re: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: Vic am 19. Juni 2014, 12:27:40
Zitat von: Siara am 12. Juni 2014, 19:32:38
Deswegen hatte ich im ersten Beitrag angemerkt, dass diese "zusätzliche Handlung", um eine Reihe daraus zu machen, für mich nur sinnvoll ist, wenn das Hinzugefügte eine der beiden Funktionen erfüllt:
1. Bisherigen Plot vertiefen/festigen
2. Den bisherigen Plot so verändern, dass die neuen Inhalte bedeutsam werden

Andernfalls besteht die Gefahr, dass es unstrukturiert erscheint.

Dem kann ich nur absolut zustimmen.
Man muss sich immer vor Augen halten, dass man als Autor ja auch die absolute Allmacht hat und jeden Seitenstrang-Plot auch wichtig machen kann - oder den übergreifenden Plot eben dazu anpassen kann. Also eigentlich ist es nicht so schwer alle Handlungsstränge unter einen Plot-Hut zu bekommen.

Wenn das nicht der Fall ist, sind es leider oft nur aneinandergereihte Handlungstränge und damit geht viel von übergreifendem Drama verloren.
Titel: Re: Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
Beitrag von: Eluin am 31. Juli 2014, 22:38:16
Ich bin Bauchschreiberin und plotte meistens nicht viel (vielleicht zwei bis drei A4 Seiten). Deshalb schaue ich, was der Roman ergibt. Oft passt mein Gefühl, dass die Grundidee für einen Roman oder eine Reihe reicht. Meistens schreibe ich dann aber zunächst und Unterteile erst, wenn es fertig ist. Häufig entwickeln sich beim Schreiben noch zahlreiche andere Ideen, die über weitere Romane tragen können. Anders ist es bei mir, wenn ich eine Reihe im Kopf habe, die aus unterschiedlichen Hauptcharakteren besteht. Also z.B. in unterschiedlichen Zeitabschnitten der Welt spielt.
Bei meinem SciFi-Projekt Phönixfedern merke ich, dass die Hintergründe womöglich auch für mehrere Bände passen könnten. Wobei ich mich mittlerweile von meiner Idee für einen Vorband verabschiede und überlege diese Informationen nun in Phönixfedern zu integrieren. Möglicherweise folgt aber noch ein weiterer Band, in dem Charaktere aus Phönixfedern wiederkehren. Allerdings wechseln die Hauptcharaktere. Mein Plan ist auf jeden Fall, dass die dort begonnene Handlung weiter geführt wird.

ZitatEin anderes Szenario wäre, dass die Figurenentwicklung zum Helden vielleicht 1000 Seiten braucht, aber man nur Plot für ein Buch mit höchstens 400 Seiten hat. Was tut man?
Ich bin mir nicht sicher, ob das für mich funktioniert. Bei mir entsteht die Heldenentwicklung aus dem Plot und der Plot ist abhängig von der Heldenentwicklung. Ich bekomme das nicht voneinander getrennt, weil es sehr eng miteinander verzahnt ist. Für mich entwickelt sich ein Charakter mit dem Plot. Aber dies hast du in deinem zweiten Beitrag ja so ähnlich geschrieben.

Für mich ist es passend, wenn du sagst, dass nicht jeder Bestandteil des Plots zur Heldenentwicklung beitragen muss. Genauso wie Nebenplots in meinen Augen auch zur Heldenentwicklung beitragen können. Für mich persönlich als Leser ist auf jeden Fall wichtig, dass jeder Bestandteil auch seine Daseinsberechtigung hat.
ZitatMüssen die einzelnen Plots am Ende für die große Handlung eine Bewandtnis haben?
Genau bei dieser Frage denke ich nämlich an die Nebenplots. Da muss nicht jeder für den Hauptplot eine Bewandtnis haben. Aber gerade Nebenplots können für mich zur Charakterentwicklung beitragen. - Hierbei gehe ich aber davon aus, dass die Nebenplots innerhalb eines Romans / Bandes vorkommen und nicht ein gesamtes Buch füllen sollen. Ansonsten würde es bei mir, wie Vic beschreibt, zur Frustration führen. Diese Nebenplots müssen ausreichend relevant sein, damit alles am Ende im großen Plot münden kann.

Künstliche Aufplusterung mag ich überhaupt nicht. Infodump, uninteressante Nebenhandlungen - oder Nebenhandlungen die merkbar nur für die Länge eingefügt wurden, oder überflüssige Beschreibungen finde ich einfach nur zum Gähnen. Ich denke, wie bei Kinder- und Jugendbüchern sollte auch für Romane gelten, dass jede Information sitzen sollte. Bei Kinder- und Jugendbüchern ist diese Informationsdichte allein auf Grund der Länge notwendig.

Dies führt mich zu einer anderen Frage: Warum muss ein Fantasy-Roman zwingend eine bestimmte Seitenlänge haben? Es gibt doch auch Kurzromane? Und gerade in letzter Zeit merke ich immer wieder, dass auf dem EBook-Markt die Länge sehr stark variiert. Zwischen kürzeren Mehrteilern und langen Epen habe ich da schon vieles gesehen und gerade das finde ich nicht nur interessant, sondern auch als Leser angenehm. So kann ich mir die passende Länge aussuchen. Beispielsweise wenn ich gerade auf eine Fortsetzung warte und weiß, oh ich habe noch so und so viele Tage zum Lesen, da schaffe ich ein x Seiten Buch... Wenn entsprechend die Vielfalt da ist, kann ich gezielt suchen.

Grundsätzlich mag ich aber sowohl Einzelbände, Serien und Reihen. Es kommt immer darauf an, wie die jeweiligen Werke gemacht sind, ob sie neue Aspekte für mich als Leser bringen oder einfach nur aus kommerziellen Gründen auf den Markt geworfen wurden. Hier geht es mir aber ähnlich wie Cairiel. Wenn ich den Autor kenne, lasse ich mich lieber auf eine Reihe / Serie ein, als wenn ich den Autor nicht kenne. Dann probiere ich es häufig mit einem Einzelband (soweit vorhanden) oder verlasse mich auf entsprechende Rezensionen und probiere es aus.
An Reihen (ich mag z.B. auch die Darkover-Reihe von MZB sehr) reizt mich vor allem, dass man immer tiefer in Welten abtauchen kann und sich damit immer mehr zu Hause fühlt. Einen roten Faden zwischen den einzelnen Bänden brauche ich nicht zwingend. Häufig reicht mir einfach das Setting der Welt als Bindeglied aus.