Moin.
Wir haben hier so viel Hinweise und Tipps für Autoren, die uns alle helfen, besser zu werden, schönere und mitreißende Bücher zu schreiben. Ein sehr wichtiger Punkt für ein Buch, so denke ich, sind die Betaleser. Nachdem ich jetzt auch meinen zweiten Versuch als Betaleser abbrechen musste - was mich ziemlich getroffen hat - denke ich, dass es vielleicht gut wäre, auch zum Thema ,,Betalesen" einen Thread zu eröffnen.
Als Betaleser kann man einem Autor ,,die Füße weghauen", man kann ihn motivieren und es scheint mir im Moment fast schwerer, ein fremdes Buch zu lesen und zu kommentieren, als selbst eines zu schreiben.
Ich hatte mich gemeldet, weil ich nicht nur nehmen, sondern in diesem Forum auch geben wollte. Aber irgendwie ist es mir nicht gelungen, mich auf einen fremden Schreibstil ,,einzulassen" und statt zu helfen, habe ich, ohne es zu wollen, wahrscheinlich mehr geschadet als genutzt.
Vielleicht wäre es nicht nur für mich hilfreich, wenn hier ein paar Erfahrungen und, wenn möglich, Tipps für Betaleser zusammenkommen. Es würde bestimmt uns allen helfen, noch besser zu schreiben. Was haltet Ihr davon?
Ich habe meine "Betales-Karriere" als Kommentator in einem Textkritikforum begonnen (in meinem Fall schreibwerkstatt.de). Da kann man zu kurzen Textausschnitten direkt seine Kommentare geben, verbessern, anmerken, vorschlagen, und, was sehr wichtig ist, der Autor antwortet direkt darauf. Das hat mir sehr geholfen, um zu sehen, womit ich dem Autor helfe und womit nicht.
Meine ersten Kommentare dort waren nicht sonderlich gut und es wundert mich bis heute, dass sie nicht gelöscht worden sind. Aber sie wurden immer länger und ausführlicher und kritischer, bis ich an einem Punkt gelangt bin, an dem ich zu kritisch geworden bin. Ich habe dann eine Stufe zurückgeschraubt und war perfekt eingependelt.
Beim Testlesen von ganzen Romanen bin ich deutlich weniger ausführlich als in den Kommentaren zu Textausschnitten von höchstens 1000 Wörtern, sonst würde ich ein ganzes Leben für einen Roman brauchen. Dennoch hat das Kommentieren dort mein Auge geschult und mir viel geholfen. Ich merke es auch, dass meine Betalesfähigkeit schlechter wird, weil ich schon lange nicht mehr intensiv einen Text zerpflückt habe. In meinen Augen ist das Kommentieren in Textkritikforen also eine ideale Übung fürs Betalesen. Vielleicht hilft dir das ja was?
Und: Keine Scheu! Auch Betalesen/Kommentieren muss man sich erst erüben. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. :)
Ein genereller Tipp jedoch: Markiere/kommentiere unbedingt immer auch die Stellen, die dir generell besonders gut (oder auch nicht so gut) gefallen haben. Das hat Gwee mal bei mir gemacht, als sie Probegelesen hat, und ich fand es super, weil ich viel besser einschätzen konnte, welcher Absatz klasse auf meinen Leser wirkte und welcher nicht so, ganz ohne dass genaue Gründe angegeben werden müssen. Denn dabei geht es beim Betalesen in meinen Augen ja auch: Die Wirkung des Textes auf den Leser.
Betalesen kann man lernen. Aber es ist - wie Schreiben, Überarbeiten - eine Übungssache.
Zu meinen Betaanfängen habe ich wirklich nur als Korrektorin gearbeitet. Kommatafehler, Tippfehler, vielleicht noch Bezugsfehler, das war es. Mittlerweile habe ich mir angewöhnt, auch lautes Denken als Kommentar einzuarbeiten. Ich denke und hoffe, daß es dem Autor zeigt, wie der Text gerade an der Stelle auf einen Leser wirkt, eine Einschätzung liefert.
Je vertrauter ich mit dem Autor bin, desto frecher fallen diese Anmerkungen auch aus.
Wichtig ist, daß das Genre des Werks mir auch selbst zusagt. Eine Geschichte, die mich nicht reizt, kann ich auch nicht gut betalesen. Da sind die Angaben bei der Betalesersuche zur Zielgruppe extrem wichtig.
Und: Loben nicht vergessen! Wenn eine Formulierung besonders gut gefällt, darf der Autor das gerne erfahren!
Grundsätzlich: Viel ;D
Mal ein paar Erfahrungen meiner Beta-leserei (die nicht alle aus diesem Forum stammen):
1. Vorher abklären, ob dem Betaleser das Thema überhaupt liegt
Ich habe mich bereits durch Texte druchgequält, die zwar nicht schlecht waren, aber einfach nicht dem entsprachen, was ich für gewöhnlich lese. Daraus folgte ein Gefühl des Zwangs. "Ich kann ihm jetzt nicht sagen, dass der Text so gar nicht meines ist! Das könnte er falsch auffassen und es würde ihn deprimieren!" Das hat aber weder ihm noch mir wirklich weitergeholfen.
Heißt:
Als Autor: Wenn man das Betalesen anbietet, gleich darauf hinweisen, dass das Lesen auch nach 4-5 Kapiteln abgebrochen werden darf, wenn der Leser merkt, dass das Thema ihm einfach nicht liegt. Und dann auch verstehen, dass es nicht an mangelnder Qualität liegt, sondern daran, dass der Leser sich einfach nicht für das Thema erwärmen kann.
Als Leser: Ansprechen, wenn es schlicht am Thema liegt, dass man mit dem Buch nicht arbeiten kann. Nicht jeder mag alles, das ist kein Schlag ins Gesicht für den Autor.
2. Kritik lesen und verstehen - aber nicht immer umsetzen
Ich wurde bereits krisitiert und habe auch schon viel kritisiert. Jede Kritik ist wichtig und hat ihren wahren Kern, aber nicht jede muss man auch umsetzen. Im Dialog mit einem Betaleser sollte man sich immer vor Augen halten, dass jeder Mensch einen anderen Geschmack und eine andere Meinung hat. Selbst wenn es um genau dieselben Worte geht. Was einer schlecht findet, finden andere vielleicht hervorragend. Man kann es unmöglich allen recht machen.
Heißt:
Also Autor: Kritik lesen und verstehen, sehen, was berechtigt ist und was nicht, vergleichen und dann vielleicht(!) ändern. Ihr habt das letzte Wort. Vermittelt das aber auch so, warum ihr anderer Meinung seid. Beim Betalesen gibt es kein Recht und Unrecht - nur verschiedene Meinungen.
Als Leser: Kritisiert was immer ihr für Kritikwürdig erachtet, aber behaltet im Hinterkopf, dass das nur eure Meinung ist und niemand unfehlbar ist (auch der Betaleser nicht). Nicht ihr schreibt die Geschichte, jeder ist anders und ihr würdet es vielleicht anders machen - das ist auch gut so, muss aber nicht auf den Autor anwendbar sein.
Das sind zumindest meine beiden bisher wichtigsten Erkenntnisse zur Betaleserei. Da gibt es aber sicher noch einiges mehr zu wissen ;)
Hach, jetzt waren die anderen schon schneller und vieles ist schon gesagt. Trotzdem:
Als Betaleserin habe ich auch schon erlebt, dass es mitunter schwer sein kann, sich auf einen fremden Stil einzulassen. Es hat eben auch jeder ein bestimmtes Lese- und Schreibverhalten, sodass es ganz natürlich ist, wenn man nicht mit allem warm wird. Das dann festzustellen und offen zu sagen halte ich für ganz wichtig. :) (Das kann eben auch passieren, wenn man z.B. das Thema eigentlich spannend findet. Man hat das ja auch mit Büchern, die man sich aufgrund von Klappentext, Genre und Thema holt, die dann aber einfach so geschrieben sind, dass man nicht damit warm wird.)
Ansonsten, wie gehe ich beim Betalesen vor?
Persönlich ziehe ich mir meine Beta-Dateien auf den Kindle, weil ich ungern am Bildschirm und im Schreibtischstuhl lese. Dann markiere ich beim Lesen alles, was mir auffällt – Notizen sind am Kindle umständlich, aber in den allermeisten Fällen erinnere ich mich später beim Übertragen, was mich an dieser Stelle gestört hat. Erst wenn ich den Text einmal gelesen habe, gehe ich ihn im Word-Dokument auf dem Computer durch, immer mit der aktivierten »Änderungen verfolgen«-Funktion, weil das am einfachsten zu handhaben ist, markiere und schreibe Kommentare.
Wichtig bzw. schön finde ich – nicht nur, wenn ich betalese, sondern auch, wenn ich Kommentare von anderen bekomme –, nicht einfach nur Kritteleien an den Rand zu schreiben, sondern auch mal anzumerken, was einem besonders gut gefallen hat, wo man schallend gelacht hat oder ein Tränchen zerdrückt, etc. Das sind oft hilfreiche Hinweise für den Autoren, ob die Story funktioniert und wo man als Leser richtig drin ist. Ich freue mich im Gesamtkontext dann auch über eingestreute Kommentare wie »iiiieh!«, »*grusel*« oder »Was für ein Arschloch, bring ihn um!« – sie sind für sich genommen natürlich nicht die Krone der Konstruktivität, zeigen mir aber, wie es dem Betaleser während des Lesens ergangen ist.
Wenn ich etwas kritisiere, versuche ich es für den Autoren möglichst nachvollziehbar zu schildern, warum ich an dieser Stelle ein Problem habe. Das kann reichen von »Ich empfinde das Wort als zu modern für ein mittelalterliches Setting und werde darum an dieser Stelle aus dem Lesefluss gerissen« bis »Das nehme ich deiner Figur nicht ab, dass sie jetzt den Drachen töten geht, denn im letzten Absatz hatte sie noch Angst vor einem Kaninchen«. Nachvollziehbarkeit empfinde ich als besonders wichtig, auch im Hinblick darauf, wie der Autor mit dem Änderungsvorschlag umgeht und ihn einordnet: Ist das jetzt eine persönliche Befindlichkeit des Betalesers (»Ich mag einfach keine ballettanzenden Vampire, das merke ich immer wieder«), oder ist es eine generelle Schwachstelle im Text/Plot? Für manche Kritikpunkte gilt, dass man es nie allen recht machen kann und drei Betaleser fünf Meinungen ergeben werden. Und bei anderen sollte man wiederum unbedingt aufhorchen. Das einzuordnen ist aber letztlich Aufgabe des Autors (und meiner Meinung und Erfahrung nach auch durchaus etwas, was erlernt werden muss).
Zusätzlich zu den Anmerkungen im Dokument versuche ich, immer noch ein allgemeines Feedback in Textform zu geben. Was hat mir gefallen (Sprache, Stil, Figuren, Setting, etc.), wo hakt es eventuell noch (z.B. beim Spannungsbogen)? Wie erging es mir beim Lesen (bin ich z.B. schwer reingekommen oder habe ich das Buch in einem Rutsch gelesen und darüber das Aussteigen an meiner Bushaltestelle verpasst)? Wenn mir im Plot größere Unstimmigkeiten auffallen, führe ich das normalerweise auch noch mal ausführlicher aus, mache Vorschläge, wie es sich eventuell glätten lässt, arbeite aber eben auf jeden Fall heraus, was konkret mich jetzt gestört hat (mit dem Versuch, es an speziellen Szenen/Kapiteln festzumachen, weil es sich leichter überarbeiten lässt, wenn der Autor es lokalisieren kann). Manchmal kann man natürlich auch einfach nicht den Finger drauflegen.
Wichtig finde ich ansonsten noch, sich und dem Autoren immer vor Augen zu führen, dass es um die gemeinschaftliche Arbeit am Text geht, dass die Vorschläge Vorschläge sind und hinter allen immer der Wunsch steht, den Text zu verbessern. Wie überall gilt auch hier: Der Ton macht die Musik. Ich kommentiere und kritisiere Texte so, wie ich meine auch kommentiert und kritisiert haben möchte: Ehrlich, bei negativen Aspekten sachlich, teilweise aber auch mal mit einem Augenzwinkern, um die Kommentare aufzulockern, und konstruktiv.
Im Grunde ist schon alles gesagt. :)
Wenn ich mir einen Betaleser suche, schreibe ich folgendes immer dazu, denn es erleichtert die Zusammenarbeit:
- Genre, soweit "einkreisbar", und Zielgruppe
- Anzahl Normseiten
- was genau erwarte ich vom Betaleser: Korrektur, grobe Einschätzung, Detailkritik?
- auf was möchte ich den Blick des Test/Betas ganz besonders lenken? - innere Logik, Logikbrüche, Typos, Kommasetzung, Bezug, Adjektive, show don't tell, Perspektive?
- gibt es eine Deadline, wenn ja, wie viel Zeit kann ich dem Beta geben?
Je genauer ich meine Bitten formuliere, umso eher bekomme ich am Ende auch etwas, womit ich arbeiten kann.
Wenn ich selbst Betadienste anbiete:
- gebe ich dem Autor eine grobe Abschätzung, wie schnell ich fertig sein kann
- frage ich, ob es etwas gibt, worauf ich besonders achten soll
- versuche ich, ebenso viel zu loben, wie ich eventuell meckern muss
- versuche ich, den persönlichen Stil des Autors zu sehen und so zu kommentieren, dass ich ihn mit Änderungsvorschlägen nicht zu meinem eigenen mache
- kommentiere ich so, dass der Autor auch mal was zu lachen hat
Das wichtigste ist auf jeden Fall Sachlichkeit, gerade, wenn einem eine Stelle vielleicht mal nicht so gut gefällt.
Ich bin, was das angeht, auch noch sehr grün hinter den Ohren. Vor dem Zirkel wäre ich nie auf die Idee gekommen, einen anderen Text wirklich zu kritisieren, aber im Endeffekt dachte ich mir dann ... ich bin Leser. Ich lese gerne Geschichten und ich weiß, was ich in ihnen mag und was nicht. Genau so lese ich auch Beta. Ich kreide das an, was mir gar nicht gefällt, was unlogisch ist, was meiner Meinung nach nicht passt, und ich lobe das, was mir gut gefällt, was mich fesselt und mir auch manches Mal Tränchen in die Augen treibt. Dabei versuche ich auch oft, zu betonen, dass manche Dinge vor allem mein persönlicher Geschmack sind und nicht per se schlecht sein müssen. Ich mag selbst keine Kritiken, die immer nur heißen "das ist doof, das machst du falsch, das gehört so", weil jeder ein bisschen anders tickt und jedem andere Sachen gefallen oder nicht gefallen.
Überkritisch bin ich sicher nicht, eher zu lasch, meine Toleranzgrenze ist da relativ groß, obwohl ich gerade versuche, das ein bisschen einzudämmen. Mir gefallen so viele Sachen, dass ich nach vielen Seiten oft denke "verdammt, das liest sich so gut, ich finde nichts zu meckern!". ;D Ob ich meinen Job halbwegs vernünftig mache, müssen die entscheiden, denen ich die Geschichten gebetat habe - Selbsteinschätzung finde ich da schwer. Aber meistens bin ich nicht der einzige, der die Geschichte liest, also fließen neben meiner Meinung auch noch andere mit ein. Und ich lese auch nur Sachen, die ich auch privat selbst lesen würde, weil sie mich interessieren - es gibt nichts Schlimmeres, als vor einem Text zu sitzen, mit dem man nichts anfangen kann. Das Problem hatte ich zwar glücklicherweise noch nicht, weil ich doch recht kritisch vorher abschätze, ob es was für mich ist, aber bei Büchern, die einem nicht liegen, beißt man sich ja auch nur durch.
Zum Schluss kann ich noch sagen: Jepp, Sprotte hat recht, das kann man lernen. (Und ich tippe mal wieder zu langsam ;D). Anfangs hatte ich wahnsinnigen Respekt vor der Aufgabe, einen Text zu kritisieren und hab mich kaum getraut, Kommentare zu verfassen. Inzwischen achte ich eigentlich nur noch drauf, sie vernünftig und verständlich zu formulieren, weil es schließlich meine Aufgabe ist, meinen Senf dazu zu geben. Im Guten, wie im Schlechten. Und ich tippe wirklich zu langsam.
Das ist ein wirklich gutes Thema. :pompom:
Ich habe auch schon öfter überlegt, ob ich nicht für den ein oder anderen Roman oder Kurzgeschichte hier im Forum mich als Beta-Leserin zur Verfügung stellen würde, denn Interesse hätte ich an einigen.
Was mich aber bisher immer abgeschreckt hat war ich selbst. Schaffe ich es wirklich so viele Seiten nebenbei zu lesen und zu kommentieren? Kann ich das überhaupt gut? Ich finde kaum Zeit selbst zu schreiben, weiß aber auch wie wichtig Beta-Leser sind. Ich selbst schicke keine Kurzgeschichte weg, ohne sie nicht zumindest einem Betaleser zum probelesen geschickt zu haben. Ich fühle mich einfach sicherer, wenn ich weiß, dass noch einmal jemand darüber gelesen hat.
Ich war schon einmal Betaleser diverser Fanfictions. Lief teilweise gut, teilweise schlecht.
Mich schreckt aber immer noch oft die große Länge der Romane ab. Ich würde wirklich viele davon gerne lesen, aber ich ich bin ein doch eher langsamer Leser und habe immer bedenken, dass ich in der geforderten Zeit fertig werde.
Worauf ich aber bisher beim Betalesen geachtet habe war auf jeden Fall auch anzumerken, wenn mir etwas gefällt. Ich denke, dass das wichtig ist, den Autor selbst noch einmal motiviert und ihm auch zeigt welche Stellen besonders gelungen sind. Außerdem freut sich jeder Autor über Lob. ;D Und jede andere Kritik ist natürlich konstruktiv. Wichtig ist, meiner Meinung nach auch, sowohl als Autor als auch als Betaleser sich bewusst zu sein, dass jegliches Kommentar nur ein Vorschlag ist, den man als Autor übernehmen kann, aber nicht muss.
Meine Betaleserin kann zum Beispiel nicht auf dem PC lesen und druckt sich meine Kurzgeschichten immer aus. Meistens gehen wir dann die Geschichte in einer Skype-Konferenz durch, was bei Kurzgeschichten gar nicht so schlecht ist.
Edit: Irgendwie wurde alles schon irgendwie gesagt. ;D
Ein schönes Thema! Ich lese schon beta, seit ich 17 bin. Von der kleinen Geschichte bis zur Bachelor-Arbeit einer Freundin. Ist natürlich ein Unterschied. ;D Aber sowohl das eine als auch das andere macht Spaß!
Von mir selbst als Betaleser weiß ich (vorallem durch Vergleiche mit anderen Betas und durch Rückmeldung der Autoren), dass ich mich eher auf die Stimmung einlasse, die Gefühle voranstelle und dafür gern mal ein Komma übersehe. Deshalb gebe ich das zB immer mit an, wenn ich gefragt werde oder mich als Beta bewerbe: Ich kommentiere sowohl im Text wenn ich Sätze verändern würde, ich kommentiere an der Seite (von Lob bis Kritik, iiiehs bis *schmilz*) und ich versuche den Autor über jeden Gedanken, den ich zu dem Text, einer Szene, einem Satz, einer Figur o. ä., usw. habe zu informieren.
Und ich breche Projekte ab, wenn ich absolut nicht mit dem Genre/Text/Stil klar komme.
Was ich unglaublich gern mache sind zeitkritische Betaarbeiten. Ich erinnere mich an Greys sagenhafte Vampire :wolke:.
Was mir selbst schon als Autorin passiert ist, sind Betaleser, die den Stil nicht als solchen tollerieren können. Die ständig an Satzstellung oder Wortwahl rummäkeln (Settingunabhängig, einfach, weil sie etwas als nicht passend empfinden). Das kann man machen, ich erwähne als Beta durchaus, wenn mich der Satzbau einmal stört - aber wenn es sich durch den ganzen Text zieht wird es lästig, weil man ja nicht umschreiben möchte, seiner Art und Weise zu schreiben treu sein will. Das muss ein Beta meiner Meinung nach schon mitbringen - Stil erkennen und belassen. Kleine Anmerkungen ausgenommen.
Ich mag als Autorin die Betas, die mir mitteilen, wie sie gefühlt haben. Was sie denken, oder zu welchen Überlegungen der Text sie gebracht hat. Und genauso mag ich die, die mir jedes Komma um die Ohren hauen oder gnadenlos lange Sätze zerhacken. Plotlöcher finden, Charaktere auseinander nehmen, usw. Und ich habe hier im Zirkel immer eine gute Mischung von genau diesen Betas für meine Texte bekommen können. :)
Und mittlerweile hab ich sogar Stamm-Betas, das finde ich absolut großartig! :gruppenknuddel:
Tatsächlich kann ich hier kaum noch mehr anmerken. Alles wurde gesagt, aber einen Punkt möchte ich nochmal besonders hervorheben, der mir mehr als wichtig ist: Der Autor ist Gott.
Ich bin sehr kritisch mit Texten und meine Kommentare sind nicht oft, Balsam für die Autorenseele, auch wenn ich versuche, eine ausgewogene Mischung zwischen Lob und Kritik zu halten. Sie reichen von ironisch über sarkastisch. Trotzdem müssen mich Autoren als Beta nicht fürchten, wenn sie sich eben diesen einen Satz immer wieder vor Augen halten. Ich kann als Beta nur Vorschläge unterbreiten, um den Text zu verbessern. Weder ist mir der Autor Rechenschaft schuldig noch erwarte ich, dass er alles zu 100% umsetzt. Es ist und bleibt sein Roman.
Erst kürzlich habe ich einer Tintenzirklerin, deren Namen ich nicht nennen mag, einen Großteil des Romanes rausgestrichen, weil es nichts anderes als Blabla war. In so einem Fall biete ich tatsächlich auch ein Telefonat oder eine Skype-Konferenz an, um dem Autor begreiflich zu machen, was mich zu diesem krassen Schritt verleitet hat.
Ein Betaleser ist nicht der Freund des Autoren. Er soll helfen, ein Buch zu verbessern. Das ist schwer und oft fürchten sich die Betas davor, ihre Meinung zu sagen und anschlißend den Respekt von dem Autoren zu verlieren. Wenn es jedoch um einen Roman geht, dessen Genre ich sehr gerne lese und das, was man mir präsentiert, taugt nicht, weiß ich auch, wovon ich spreche, wenn ich etwas streiche oder anmerke. Dieses Selbstbewusstsein muss man als Beta erlernen. Ein Ja-und-Amen-Sager als Beta kann ich nicht gebrauchen, also würde ich das auch nicht bei anderen tun. Selbst, wenn es schmerzhaft für beide Seiten ist.
Und vielleicht ist diese Einstellung auch der Grund dafür, dass es mir nie an Nachschub in Sachen Beta-Arbeit mangelt. ;)
Betalesen ist unbedingt was für Anfänger. Dabei lernt man meiner Meinung nach nämlich extrem viel. Ich hab dazu schon lange einen Blogartikel geplant. Ich dachte nur immer, das interessiert eh keinen. Vielleicht sollte ich den doch endlich mal fertig machen.
Oh Bardo, das ist ein wunderbares Thema, und mir geht es im Grunde genau wie dir.
Christopher hat ja schon Erfahrungen mit mir gesammelt, bzw. habe ich bei seinem Prolog erste Gehversuche im Betalesen unternommen. In wiefern das nun hilfreich war, kann nur er sagen; aber da komme ich gleich zu einem wichtigen Punkt: Rückmeldung an (angehende) Betaleser.
Kritik ist etwas, das kein Mensch gerne hört. Niemand. Nicht einmal dann, wenn man selbst um (konstruktive) Kritik gebeten hat, denn im Grunde hofft man ja doch immer darauf, dass die positiven Aspekte die negativen überwiegen und somit unterm Strich das eigene Werk "gut" ist bzw. für "gut" befunden wird.
Hier kommen aber wieder gaaanz viele verschiedene Charaktere zum Tragen, denn der eine steckt Kritik noch relativ gut weg, der andere lässt sich von demselben "Tonfall" völlig aus dem Konzept bringen und demotivieren. Ich kenne das natürlich nicht von Geschichtenschreibern, sondern von Schülerarbeiten, aber ich stelle mal die Behauptung auf, dass die Wirkung der angebrachten Kritik da Ähnliches auslösen dürfte.
In der Schule heißt das vermeintliche Zauberwort "positive Korrektur" - es bedeutet nichts anderes, als dass man nicht nur Fehler (vor allem in Ausdruck und Textaufbau / Logik) anstreicht, sondern gleich auch noch begründet und möglichst Alternativen aufzeigt. Das ist nett gedacht, in der Praxis aber so nicht umsetzbar, da sitze ich dann anstatt 3-4 Stunden gleich mal 5-6 Stunden an einem (Oberstufen-)Aufsatz. Dennoch - und das wurde hier ja bereits mehrfach erwähnt - ist es nicht von der Hand zu weisen, dass Kritik wesentlich eher akzeptiert wird, wenn sie auf diese Art und Weise angebracht wird. Ich gebe allerdings zu bedenken, dass das verdammt viel Arbeit ist, und wenn man möglichst viel "positive Korrektur" von einem Betaleser wünscht weil man z.B. von sich selbst weiß, dass man sonst innerlich abblocken würde, sollte das zuvor kommuniziert werden, da es ungleich mehr Arbeit bedeutet.
Ein weiterer Aspekt bezüglich der Annehmbarkeit von Kritik ist die Frage, für wie kompetent ich den jeweiligen Betaleser halte bzw. wie sehr ich dessen Urteilskraft vertraue. Das ist eine ganz persönliche Frage, aber eine wie ich finde wirklich sehr wichtige.
Meine Schüler vertrauen in der Regel darauf, dass ich ich kompetent genug bin, um ihre jeweiligen Arbeiten einschätzen und auch noch bewerten zu können (hoffe ich jedenfalls; ich weiß, dass dieses Vertrauen nicht allen Lehrer entgegengebracht wird, aber das ist jetzt gar nicht der Punkt).
Von wem aber würde ich am ehesten Kritik annehmen? Fragt euch selbst...
- von Familie und Freunden? --> Sicherlich, aber deren Urteil würde ich wohl eher nicht vertrauen, dazu gibt es in Schreibratgebern ja auch genügend Hinweise.
- von jemandem der selbst schreibt? --> Der oder Diejenige kennt zumindest die dahinter Steckende Arbeit. Aber ist die Anerkennung meiner Arbeitsleistung hier ausreichend?
- von jemandem, der bereits veröffentlicht hat? --> Immerhin, er oder sie hat offenbar den Geschmack eines Verlages getroffen. Reicht das schon aus für Vertrauen und zugesprochene Kompetenz?
- von jemandem, dessen Schreibstil mir selbst gefällt? --> Er oder sie "tickt" wie ich; heißt das aber auch, dass ihm oder ihr auch auffallen würde, was meinem Text nun eigentlich noch fehlt?
Die Liste ließe sich sicherlich noch fortsetzen. Aber hier komme ich an einen Punkt, an dem ich gerne die erfahrenen AutorInnen unter euch etwas fragen würde:
Gebt ihr eure Texte jedem Zirkler zu lesen, der sich meldet? Auch dann, wenn ihr ggf. von dessen Kompetenz nicht überzeugt seid?
Ich frage, weil das ja gewissermaßen für einen Beta, dessen Meinung schlussendlich gar nicht ernst genommen wird, unnötige Arbeit ist aber umgekehrt auch dem Autor/der Autorin absolut nicht hilft, weil man die geäußerte Kritik einfach nicht annehmen kann.
Vielleicht geht das jetzt auch nur mir so, aber ich denke, ich habe einen sehr speziellen Stil, was meine Kritik angeht. Vielleicht auch gar nicht mal so speziell, aber doch wirklich sehr, sehr krittelig (im Gegensatz zu Nirahil z.B., wenn ich sie da richtig verstanden habe), was ja allein schon in meinem Job begründet liegt. Damit müsste also ein Autor erstmal umgehen können und auch mit der Tatsache dass ggf. jemand durchaus konstruktive Kritik äußern kann, ohne die angesprochenen Punkte in eigenen Texten besser bewerkstelligen zu können, denn auch das ist nämlich bei mir der Fall.
Malinche hat auch angemerkt, dass man mit einem fremden Stil ggf. Probleme haben kann - ich denke, auch das dürfte sehr auf mich zutreffen. Vermutlich würde ich es in dem Falle dann halten wie Bardo - nämlich abbrechen. Wobei das ja nun nicht schlimm ist, wie ich finde, sondern einfach nur ehrlich, und beiden Parteien am meisten bringt.
Aber, und auch das ist bereits genannt worden, es sollte wohl wirklich jeder im Auge behalten, dass es dabei um die Verbesserung eines bereits bestehenden Textes geht, dass also Autor und Beta an einem Strang ziehen. Wofür aber wiederum beiderseitiges Vertrauen nötig ist - ich als Beta muss sicher sein können, dass ich meine ehrliche Meinung äußern darf und das auch gewünscht ist, selbst wenn es weh tun sollte (natürlich wohlwollend formuliert), und der Autor muss mir vertrauen können, dass ich genau daran Interesse habe, nämlich den Text voranzubringen, wenigstens weil ich an die Idee glaube.
Oh man. Ich schreibe schon wieder wirr. Sorry, zu wenig Schlaf heute Nacht. Wird klar, was ich meine?
PS:
Evtl. wäre eine Rückmeldung im Sinne von "deine Kommentare haben mir geholfen, weil..." oder "leider hat mir die Kritik an dieser Stelle nicht so viel gebracht, weil..." gerade für "Frischlinge" im Betaen hilfreich... Oder eine "Anleitung für meine Betas" ;D Naja ok, das ist Schmarrn. Aryanas Vorgehen ist da vermutlich am Sinnvollsten.
Nachtrag:
Habe eben gesehen, dass mein Beitrag gar nicht abgeschickt worden ist; --> das was Nycra schreibt. Sie formuliert es nur besser ::)
Zitat von: Nandriel am 03. April 2014, 13:36:23
Vielleicht geht das jetzt auch nur mir so, aber ich denke, ich habe einen sehr speziellen Stil, was meine Kritik angeht. Vielleicht auch gar nicht mal so speziell, aber doch wirklich sehr, sehr krittelig (im Gegensatz zu Nirahil z.B., wenn ich sie da richtig verstanden habe), was ja allein schon in meinem Job begründet liegt.
Da hast du mich richtig verstanden. :) Aber vielleicht sollte ich das auch ein wenig erklären: Ich habe meine Texte immer sehr, sehr rot zurück bekommen, mit vielen zum Teil sehr guten Anmerkungen (das kann natürlich auch daran liegen, dass meine Texte in Rohform einfach grottig waren, kann ich jetzt schlecht beurteilen ;D). Im Vergleich dazu schicke ich Texte, die ich gebetat habe, oft relativ wenig rot zurück, weshalb sich mir immer mehr das Gefühl aufdrängt, dass ich nicht sehr krittelig bin (sorry, ich mag das Wort ;D). Und meist liegt das einfach darin begründet, dass ich einfach nichts zu Meckern finde und gleichzeitig auch nicht jeden zweiten Absatz loben mag, der mir sehr gut gefällt. Mir gefällt das Gesamtprodukt dann halt sehr gut und das sage ich in der Mail zurück auch grundsätzlich dazu. Aber ich glaube auch, es ist manchmal vielleicht nachteilig, dass ich nicht so viel ankreide, weil ein Text ja erst mit konstruktiver Kritik besser werden kann. Keine Ahnung. Bisher hat sich zumindest noch keiner beschwert, ich wäre zu sanft. *Schweiß von Stirn wisch*
Ich nenne es gerne Zuckerbrot und Peitsche. Wenn ich einen Autor nur kritisiere, macht er dicht und wird mich als Beta ablehnen. Deshalb informiere ich ihn vor Betaanahme darüber, dass wie ich arbeite und dass ich, bevor der Beta in die Luft geht, immer für ein persönliches Gespräch bereit bin. Missverständnisse (gerade im Schriftlichen) kennt jeder, der sich in einem Forum tummelt, von daher sollte man einem möglichen "Angriff" schon den Wind aus den Segeln nehmen, indem man die Aussprache gleich mitanbietet. Bisher bin ich damit immer sehr, sehr gut gefahren. Außerdem lassen sich am Telefon manche Dinge tatsächlich besser erklären, wie ich oft genug sehe ;D .
Zitat von: Nandriel am 03. April 2014, 13:36:23Aber hier komme ich an einen Punkt, an dem ich gerne die erfahrenen AutorInnen unter euch etwas fragen würde:
Gebt ihr eure Texte jedem Zirkler zu lesen, der sich meldet? Auch dann, wenn ihr ggf. von dessen Kompetenz nicht überzeugt seid?
Ich verteile meine Texte gerne an Zirkler, ohne eine Referenz zu verlangen. Einzige Ausnahme ist, es gibt ein paar, die sich als Betaleser bei anderen angemeldet haben, aber es kam nie eine Rückmeldung (hatte ich auch schon bei mir), dann ziehe ich daraus die Konsequenz, wenn ich davon erfahre und diese Leute bekommen kein Skript von mir in die Finger. Weil, wer es nur lesen will, soll es sich kaufen, wenn es (vielleicht rauskommt). Ansonsten setze ich viel Vertrauen in unsere Neulinge.
Um mal kurz aus der Erfahrung zu sprechen, für meinen letzten Dhraden-Band und auch für den zweiten Höllenjob hatte ich jeweils Betas gesucht, die den ersten Band nicht kannten, um sicherzustellen, dass alle relevanten Informationen im Folgeband enthalten sind und nicht nur gedacht wird, sie sind drin. Dafür haben sich tatsächlich "Neulinge" in Sachen Beta gemeldet. Im Nachhinein kann ich sagen, dass deren Arbeit absolut in Ordnung waren und mich darin bekräftigt haben, dieses Experiment wieder zu gehen. Natürlich war der eine oder andere darunter, der ein wenig zaghaft mit seiner Kritik war und man durchaus merkte, dass er mich nicht verletzen wollte. Aber in der Quintessenz kam an, was der Beta mir sagen wollte: Das musst du ändern, damit es rund wird. Und nur so soll es sein.
Abgesehen davon sehe ich es wie Alana: Durchs Betalesern lernen gerade Neulinge sehr viel und besonders schön ist es, wenn es zwischen Autor und Beta im Anschluss einen ordentlichen Dialog gibt, in dem man die einzelnen Meinungen ausdiskutiert.
Zitat von: Nandriel am 03. April 2014, 13:36:23Evtl. wäre eine Rückmeldung im Sinne von "deine Kommentare haben mir geholfen, weil..." oder "leider hat mir die Kritik an dieser Stelle nicht so viel gebracht, weil..." gerade für "Frischlinge" im Betaen hilfreich... Oder eine "Anleitung für meine Betas" ;D Naja ok, das ist Schmarrn. Aryanas Vorgehen ist da vermutlich am Sinnvollsten.
Gerade wenn es sich um einen Neuling handelt, gebe ich gerne ein Feedback. Darüber freut sich der Beta und zieht auch gleich Motivation, es beim nächsten Mal wieder zu versuchen bzw. er merkt sich (hoffentlich), was er anders machen sollte.
Zitat von: Nandriel am 03. April 2014, 13:36:23das was Nycra schreibt. Sie formuliert es nur besser ::)
Sagte die Lehrerin. ;D
Zitat von: Nirahil am 03. April 2014, 13:46:35Im Vergleich dazu schicke ich Texte, die ich gebetat habe, oft relativ wenig rot zurück, weshalb sich mir immer mehr das Gefühl aufdrängt, dass ich nicht sehr krittelig bin (sorry, ich mag das Wort ;D). Und meist liegt das einfach darin begründet, dass ich einfach nichts zu Meckern finde und gleichzeitig auch nicht jeden zweiten Absatz loben mag, der mir sehr gut gefällt. Mir gefällt das Gesamtprodukt dann halt sehr gut und das sage ich in der Mail zurück auch grundsätzlich dazu. Aber ich glaube auch, es ist manchmal vielleicht nachteilig, dass ich nicht so viel ankreide, weil ein Text ja erst mit konstruktiver Kritik besser werden kann. Keine Ahnung. Bisher hat sich zumindest noch keiner beschwert, ich wäre zu sanft. *Schweiß von Stirn wisch*
Genau deshalb sollte man ja auch nicht nur eine Beta-Meinung einholen, sondern mindestens zwei. Ich persönlich mag die Mischung aus maximal drei mir fremden Betas und fürs Finale ziehe ich mir meine Hauptbetas (die alles von mir lesen dürfen) noch dazu. (Und OT: Du bist ein sanfter Krittler, aber das, was du angesprichst, hatte durchaus Hand und Fuß.)
Zitat von: Nandriel am 03. April 2014, 13:36:23
Kritik ist etwas, das kein Mensch gerne hört. Niemand. Nicht einmal dann, wenn man selbst um (konstruktive) Kritik gebeten hat, denn im Grunde hofft man ja doch immer darauf, dass die positiven Aspekte die negativen überwiegen und somit unterm Strich das eigene Werk "gut" ist bzw. für "gut" befunden wird.
Doch. Ich. ;D Natürlich tut es weh, wenn man hören muss, dass das, was man schreibt, anderen nicht gefällt. Solange derjenige aber das Beste für Werk und Autor will (und ich gehe mal davon aus, aus einem anderen Grund wird man nicht Betaleser) sehe ich das absolut nicht negativ. Wer schreibt und sich sicher ist, was er tut, wäre perfekt, wie es ist, der ist... nennen wir es mutig. Oder naiv. Wenn ich jemandem etwas von mir zu lesen gebe, gehe ich davon aus, dass derjenige es nicht von vorne bis hinten bejubeln wird. Natürlich freut man sich über positive Rückmeldung. Vor allem aber freue ich mich, wenn sich überhaupt jemand die Mühe und Zeit nimmt, sich anzusehen, woran ich arbeite. Und ja, ich freue mich dabei auch über Negativkritik, auch gern und viel. Gerade als blutiger Anfänger (der ich nunmal bin) fehlt noch besonders die Fähigkeit, das eigene Geschreibsel durch die Augen eines Lesers zu sehen. Negativkritik bedeutet für mich in dem Fall nicht "Du hast es einfach nicht drauf!", sondern zeigt mir, was ich nach zu viel Beschäftigung mit dem eigenen Buch nicht mehr sehen konnte. Daher finde ich beim Beta-Lesen gerade die Eindrücke wichtig, die an bestimmten Stellen entstanden sind.
Zitat von: Nandriel am 03. April 2014, 13:36:23
In der Schule heißt das vermeintliche Zauberwort "positive Korrektur" - es bedeutet nichts anderes, als dass man nicht nur Fehler (vor allem in Ausdruck und Textaufbau / Logik) anstreicht, sondern gleich auch noch begründet und möglichst Alternativen aufzeigt. [...] Dennoch - und das wurde hier ja bereits mehrfach erwähnt - ist es nicht von der Hand zu weisen, dass Kritik wesentlich eher akzeptiert wird, wenn sie auf diese Art und Weise angebracht wird.
Auch das sehe ich etwas anders und weise es doch mal eben von der Hand :ätsch: Wenn mir jemand eine Stelle aufzeigt, die er selbst beim Lesen irgendwie "falsch" fand, bei der irgendetwas nicht stimmt, dann ist das für mich der wichtigste Hinweis, dass ich etwas ändern muss. Was zählt, ist schließlich, wie alles auf den Leser wirkt. Wenn aber jemand sagt "Das geht so nicht, das musst du anders machen, und zwar...", dann fühle ich mich bevormundet. Immerhin ist es mein Stil, mein Werk, etc. Ich möchte wissen, was ich falsch mache, und diskutiere gerne darüber, wie ich es besser machen kann. Aber ich möchte die Lösung gerne selbst finden. Also auch hier wieder: Das Wichtigste sind die Wahrnehmungen während des Lesens.
Zitat von: Nandriel am 03. April 2014, 13:36:23
Ein weiterer Aspekt bezüglich der Annehmbarkeit von Kritik ist die Frage, für wie kompetent ich den jeweiligen Betaleser halte bzw. wie sehr ich dessen Urteilskraft vertraue.
Für mich ist es hier vollkommen egal, wie "kompetent" der Leser ist, solange er keine grundsätzliche Abneigung gegen das Genre hegt. Leser, die selbst schreiben und sich intensiv mit dem Handwerkszeug auseinander setzen, beurteilen den Text vermutlich anders als die reinen Hobby-Leser. Autoren sehen vielleicht eher stilistische Unstimmigkeiten, erkennen Anfängerfehler (die Anfänger wie ich sicherlich machen), etc. Aber der Durchschnittsleser geht viel weniger analytisch an den Text und ist daher eher den Lesern ähnlich, die man am Ende ja erreichen möchte. Damit sind für mich beide gut und wichtig.
Ich habe mich inzwischen hin und wieder mal als Beta versucht, auch wenn ich selbst, was das Schreiben und Veröffentlichen angeht, noch ziemlich farbenfroh bin, also blauäugig und grün hinter den Ohren. In Stile kann ich mich schnell einfinden und mich mit ihnen anfreunden, das Problem damit nicht klarzukommen, hatte ich bisher noch nicht. Deshalb kritisiere ich auch Stil nur sehr wenig, nämlich immer dann, wenn ein Satz oder eine Formulierung auftaucht, die auch innerhalb des Schreibstils des jeweiligen Autors negativ heraussticht. Im Allgemeinen gebe ich Kritik, wie ich sie auch selbst gerne erhalten würde: Immer die Wahrnehmungen während des Lesens anmerken, egal ob positiv oder negativ. Auf alles andere, Plotlöcher, Verständlichkeit, Charakterentwicklung, etc. achte ich aktiv. Außerdem finde ich (das wurde hier auch schon ein oder zweimal angemerkt) ein abschließendes Gesamturteil wichtig. Ich habe auch schon gezweifelt, ob ich nicht zu unkritisch bin. Aber ich bin ehrlich und ich denke, solange ich das behaupten kann, kann es so falsch nicht sein.
Ach Bardo, :knuddel: ich wusste nicht, WIE flügge du schon bist.
Fehler zu machen, das ist nicht schwer.
Die Fehler einzugestehen und hier in dieser Form zu benennen, das zeigt Größe. Ich bin stolz auf dich. :vibes: :jau:
Und wie du siehst, das Thema wird gut angenommen.
Bei mir war es so, dass ich erst Betaleserin war, bevor ich etwas von mir heraus gegeben habe.
Ich weiß noch sehr genau, wie ich mit dem Schreibstil zu kämpfen hatte, das Thema selbst stellte dann auch noch eine kleine Herausforderung dar. Aber das war nicht alles.
Ich habe mich kaum gewagt, überhaupt eine Korrektur vorzunehmen. Wenn ich heute darüber nachdenke, war das sicher auch nicht wirklich heilfreich für die Autorin. :rofl:
Auch ich war Anfangs der Meinung, wenn mir jemand beta liest, bin ich verpflichtet, das Gleiche bei dem Betaleser auch zu tun - quatsch. Du darfst dich gern als Beta melden, bei einem Thema, welches dir liegt. So fällt schon das lesen leichter.
Manchmal ergibt es sich, dass ich betalese und plötzlich wird "mein"Autor zum Betaleser bei mir. Dann kommt das aus Freundschaft, die sich im Laufe der Zeit entwickelt hat und gemeinsame Interessen.
Selbst heute passiert es mir, das ich einfach "nur" lese und nichts korrigieren möchte. Bin ich etwa befangen?
Dann denke ich mir, habe ich von der Autorin/dem Autor schon zuviel gelesen, dass ich die Ecken und Kanten nicht mehr finde? Das sich der Schreibstil so bei mir eingeschmeichelt hat, dass ich die Widersprüche und Plotfehler übersehe?
Oder sind die Autoren inzwischen so gewachsen, dass sie tatsächlich kaum noch einer Korrektur bedürfen?
Ich selbst liebe es, wenn ich Kritik bekomme. Denn ich muss noch viel lernen und mein Schreibstil ist nicht der Beste. Vom Plot keine Ahnung und Perspektiven - wow - da gibt es so viele. ;D
Und wenn ich Lob bekomme, dann kreisel ich schon fast unter der Decke. :vibes:
Da fällt mir ein... ich wollt doch noch wohin... ahh, ja. Betaleser suchen...
Irgendjemand hier meinte, dass man als Betaleser kein Freund des Autors ist. Das mag zwar sein, aber dadurch ist man ja noch lange kein böser Feind... und ehrlich gesagt habe ich als Autor es lieber, wenn ich nicht nur mit negativer Kritik zugekleistert werde, sondern auch mit positiver. Damit stehe ich ja zum Glück nicht allein auf weiter Flur hier :)
ZitatIch gebe allerdings zu bedenken, dass das verdammt viel Arbeit ist, und wenn man möglichst viel "positive Korrektur" von einem Betaleser wünscht weil man z.B. von sich selbst weiß, dass man sonst innerlich abblocken würde, sollte das zuvor kommuniziert werden, da es ungleich mehr Arbeit bedeutet
Naja, dass es Arbeit ist, wird ja auch im Betalesevermittlungsleitfadenthread gesagt, darauf solle man sich so oder so einstelle, finde ich. Wenn man keine Arbeit reinstecken möchte, würde ich es gleich lassen.
Ich habe erst zwei Betarückmeldungen an Autoren hier weitergegeben, die eine war recht kurz, da es meine allererste war, die zweite schon ausführlicher, fundierter und ich taste mich so langsam an das ran, was ich mir selber von meinen Betalesern wünsche. Auch die Rückmeldung, dass es mal länger dauern könnte, aber das habe ich bisher auch vorab gesagt. Hoffe ich. Doch, ich glaube schon *g*
Wovor ich mich jedoch
wirklich scheue, ist die Rückmeldung an den Beta, wenn es wirklich lange (mehr als ein Monat? Ich glaube.) dauert aus Angst, der Beta könnte alles schrecklich finden und sich deshalb nicht trauen, mir die Kritik zu senden. Daher schweige ich das gerade schön aus und fühle mich dezent unwohl dabei *hüstel*
Eigentlich wurde schon alles gesagt im Thread :) Aber ich kann mal die drei Punkte nenne, die mir besonders wichtig sind in Sachen Betalesertum:
*neben der obligatorischen(!) negativen Kritik, heißt das Herauspicken von Dingen, die nicht so gelungen oder schlichtweg schlecht sind, sollte man auch die guten Punkte benennen. Nur so kann ich als Autor meine eigene Schreibe besser einschätzen. Bekäme ich nur negative Kritik,käe ich mir vermutlich etwas verloren vor. Wobei man nichts erfinden oder schönreden sollte. Wenn wirklich alles schlecht ist, sollte man es auch sagen... wobei man sich dann fragen sollte, ob die Zusammenarbeit weiterhin sinnvoll ist, schließlich scheint es in diesem besonderen Fall einfach nicht zu passen?
*Rückmeldungen zwischendurch: wenn's mal wieder länger dauert eben
*und ich liebe es, wenn nicht nur die nüchterne Form kritisiert wird, sondern auch der subtilere Inhalt, Emotionen undundund, die Dinge, die man nur schwer kritisieren kann weil das ehr als anderes auf der eigenen Meinung basiert. Doch gerade die Dinge sind es schließlich, die einen Roman letztlich ausmachen.
Naja ich kann am Wochenende endlich ein bisschen weiter "betaen" und werde zusehen, dass ich einige Punkte hier aus dem Thread realisieren kann!
Zitat von: Guddy am 03. April 2014, 15:22:45Irgendjemand hier meinte, dass man als Betaleser kein Freund des Autors ist. Das mag zwar sein, aber dadurch ist man ja noch lange kein böser Feind... und ehrlich gesagt habe ich als Autor es lieber, wenn ich nicht nur mit negativer Kritik zugekleistert werde, sondern auch mit positiver. Damit stehe ich ja zum Glück nicht allein auf weiter Flur hier :)
Das war ich. ;D Und im Prinzip stimmst du meinen Ausführungen ja auch zu. Neben aller "negativer" Kritik darf das Lob nicht fehlen. Einen Text nur zu loben, halte ich dagegen für gefährlich. Der Autor lernt nichts daraus und - bei aller Liebe - den perfekten Text gibt es einfach nicht. Es muss einen Mittelweg geben und den findet man nur mit Übung heraus.
Die von dir genannten Prinzipien finde ich ansonsten toll.
Was ich nicht verstehe, ist die Rückmeldung an den Beta?
Zitat von: Guddy am 03. April 2014, 15:22:45Wovor ich mich jedoch wirklich scheue, ist die Rückmeldung an den Beta, wenn es wirklich lange (mehr als ein Monat? Ich glaube.) dauert aus Angst, der Beta könnte alles schrecklich finden und sich deshalb nicht trauen, mir die Kritik zu senden. Daher schweige ich das gerade schön aus und fühle mich dezent unwohl dabei *hüstel*
Wenn ich meine Skripte von Betas zurückbekomme, bedanke ich mich und sage, ich sehe mir das in Ruhe an. Ob ich dann noch mehr Kontakt zum Beta brauche, hängt davon ab, ob ich mit seinen Anmerkungen klarkomme.
Oder meintest du, du scheust den Kontakt als Beta zum Autor? Auch hier rate ich einfach: offene Kommunikation. Wenn du länger benötigst, sag es dem Autoren einfach. Die wenigsten werden meckern. Ich habe mal ein Jahr auf ein Feedback gewartet trotz Deadline. Ich mag die Zirklerin immer noch und ihren Kopf hat sie ebenfalls noch. ;D
Wenn es sich um ein zeitkritisches Projekt handelt, dann musst du als Beta eben zurücktreten bzw. darfst dich gar nicht erst anbieten. Im Forum sollte ja auch genau deswegen immer angegeben werden, bis wann eine Beta-Arbeit beendet werden soll.
Stimmt, da habe ich mich wirklich nicht gut ausgedrückt *g*
Szenario: Autor schickt Text zu Beta. Beta antwortet über Wochen, Monate nicht.
Und da traue ich mich einfach nicht, nachzufragen irgendwie. Denn irgendwie frage ich mich langsam doch, ob es überhaupt angekommen ist. Was ich damit eigentlich ausdrücken wollte: ich bin in Sachen "eigene Texte an andere Leute schicken" einfach noch extrem scheu und ängstlich, auch wenn ich Kritik generell gut abkann und natürlich auch brauche.
Mit Betas schreiben habe ich keine Probleme, soziophob bin ich eigentlich nicht ;D
Zitat von: Guddy am 03. April 2014, 16:15:13
Stimmt, da habe ich mich wirklich nicht gut ausgedrückt *g*
Szenario: Autor schickt Text zu Beta. Beta antwortet über Wochen, Monate nicht.
Und da traue ich mich einfach nicht, nachzufragen irgendwie. Denn irgendwie frage ich mich langsam doch, ob es überhaupt angekommen ist. Was ich damit eigentlich ausdrücken wollte: ich bin in Sachen "eigene Texte an andere Leute schicken" einfach noch extrem scheu und ängstlich, auch wenn ich Kritik generell gut abkann und natürlich auch brauche.
Mit Betas schreiben habe ich keine Probleme, soziophob bin ich eigentlich nicht ;D
Mein Vorschlag: Bitte in den Mails die Betas um kurze Rückmeldung, ob das Skript angekommen ist. Hörst du nichts mehr, weißt du, da stimmt irgendetwas nicht. Ich hab auch oft Probleme damit gehabt und kündige daher meine Versendung immer auch via PN im Forum an. Dort oder per Mail bekomme ich dann schon eine Reaktion.
Ich nehme auch immer noch mit auf, dass man mir bitte kurz Bescheid geben soll, falls etwas dazwischen kommt, damit ich selbst auch planen kann. Die meisten Betas machen das dann auch.
Was dann die Rückfrage an Trödler angeht: Tja, das kann dir niemand abnehmen. Auch das musst du lernen. Allerdings wäre das für mich wiederum ein Kriterium diesen Beta bei künftigen Projekten zu meiden.
Aber das ist jetzt nicht mehr zum Thema "Betalesen nichts für Anfänger", sondern "Wie verhalte ich mich als Autor gegenüber Betas?" :psssst:
Beides ist etwas, das man lernen muss, finde ich.
Ich habe jetzt echt schon viele Texte betagelesen und betalesen lassen. Als ich anfange betazulesen war ich auch immer total unsicher, ob mein Feedback den Autoren überhaupt hilft, weil manchmal nichtmal ein "Danke" zurückkam. Das finde ich dann schon unhöflich, immerhin habe ich da viel Zeit reingesteckt, auch wenn ich es gerne mache. Ich habe trotzdem weiter betagelesen und jetzt bekomme ich auch meistens Feedback, dass es geholfen hat.
Was ich auch lernen musste, ist zu sagen, wenn ich mit einem Text gar nichts anfangen kann und gar nicht weiterlesen wollte. Es bringt ja dem Autor auch nichts, wenn ich mich da durchquäle.
Andererseits habe ich am Anfang auch schon mal so ein Feedback bekommen."Du weißt ja sicher selbst, dass da noch viel zu machen ist." Klar, deshalb suche ich mir auch Betaleser. Wichtig ist immer, konkret etwas zu nennen, was man verbessern kann.
Was mich irgendwie noch nie funktioniert hat ist die Paten-Sache. Ich habe es mal als Pate versucht und es fiel mir selbst schwer, über Stilfehler hinwegzusehen. Als ich Paten hatte, haben die eigentlich fast immer Kommafehler etc. verbessert anstatt nur auf den Plot zu achten.
Also, ich kann bis jetzt nur wenige Erfahrungen mit Betalesern beisteuern. Zwei TiZis wühlen sich grad durch mein Machwerk, das dürften die bis jetzt fundiertesten Rückmeldungen werden.
Aber vorher hab ich es schon mal zwei ebenfalls Schreibinteressierten gegeben, die allerdings nur weniges kritisiert haben. Das war lieb, aber wenig hilfreich. Na gut, das enttäuschende Ende haben sie mir ausgeredet, mal sehen, ob das neue Ende Anklang findet. Also, ganz vorsichtig ein paar Kleinigkeiten anmerken und ansonsten "ehrfürchtig knicksen" (so schrieb sie es), weil ich ein ganzes Buch mit ca. 500 Seiten fertig bekommen hab, das bringt doch mir als Autor herzlich wenig.
Dann hatte ich auch schon eine Testleserin, die nach wenigen Seiten abgebrochen hat, weil es einfach so gar nicht ihr Stil war. War doch völlig in Ordnung! Sie hat von Anfang an gesagt, daß sie eher so auf Thriller-Linie ist, und bei mir ist es eben ehr eine Krimi-Komödie mit Fantasy-Anteil. Sie hat's sich mal schicken lassen und dann eben schnell abgebrochen. Vollkommen in Ordnung, da kann man nicht beleidigt sein. Deshalb würde ich mir an Bardos Stelle nicht so einen Kopf drum machen.
Ein Kollege hat vieles angemerkt, und wie hier schon gesagt: Nicht alles muß der Autor auch umsetzen. Das war aber meine erste wirklich nützliche Beta.
Ich umgekehrt als Betaleser? Das müssen letztlich die beurteilen, deren Werke ich schon in der Mangel hatte.
Einmal hatte ich echt Angst, daß diejenige mir richtig böse ist, weil ich ihr den Text quietschbunt zurückgegeben habe. Aber wenn ich mich melde, dann mach ich auch den Job so gut ich kann. Zum Glück war sie dann doch nicht wirklich verletzt.
Ich suche halt die Texte, auf die ich mich melde, so aus, daß sie mir hoffentlich auch zusagen. Zumindest thematisch. Gay Romance oder Teenie-Romane sind halt nun nix für mich, da laß ich halt die Finger weg. Würde ich dann feststellen, daß mir der Schreibstil gar nicht zusagt (und der Stil auch wirklich Absicht ist), würde ich es natürlich auch so machen: Mit der Bemerkung, daß ich rein stilistisch so gar nicht in der Zielgruppe bin, das Ganze beenden.
Übrigens, Bardo: Ich war auch ganz frisch hier, als ich mich zum Testlesen gemeldet habe (Bin eine Woche nach Dir aufgenommen worden.). Einfach auch aus dem Gedanken heraus, daß ich schon erst mal etwas für die Anderen bringen muß, bevor ich selbst nach Betas suche. Davor hatte ich gerade mal das Buch meines Kollegen testgelesen (gleich 2x). Also, sicher habe ich da noch viel zu lernen, aber ich denke schon, daß man auch als Viel-Leser schon einiges beisteuern kann. Und das dürften wohl so ziemlich alle sein, die hier ankommen, oder? Du hattest eben zwei mal das Pech, daß die Bücher nicht zu Dir gepaßt haben. Das sagt wohl aber herzlich wenig über Deine allgemeine Eignung als Beta aus, denke ich.
Also ich beta schon fast genauso lange, wie ich schreibe und mich hat folgende Haltung am meisten überzeugt:
Es geht nicht um gut oder schlecht, oder richtig oder falsch, sondern darum ob ein Text funktioniert, bzw. ob eine Textstelle ihr volles Potential ausschöpft.
Das heißt für mich, ich schaue auf den Text und frage mich was sind die verschiedenen Ebenen, die hier bedient werden und wo fehlt mir was, bzw. wo ist die Gewichtung noch nicht ganz glücklich. Das Resultat ist, dass ich entweder nur theoretisch diese Erkenntnis mitteile, oder (in der Regel auf Nachfrage, was ich damit meine) mehrere Ideen zur Veränderung ziemlich ausführlich aufschreibe. Gerade weniger erfahrene Schreiber haben dieses Ebenen oft überhaupt nicht auf dem Schirm und vernachlässigen sie deswegen gerne. Zu sehen, wie sich dieselbe Textstelle mit minimalen Veränderungen völlig anders lesen lässt, hilft den meisten, die Werkzeuge des Schreibens zu verstehen. (Ich halte nicht viel von Ratgebern, bis auf den von Clark^^)
Meist kommt etwas ganz anderes raus, als ich vorgeschlagen habe, weil der Autor plötzlich selbst das verschenkte Potential sieht. Ich gehe da also völlig mit Siara konform, dass ich möglichst wenige konkrete Einzel-Alternativen bekommen möchte.
Und das ist auch die Form von Kritik, die ich mir am meisten wünsche und die ich am hilfreichsten finde.
Ich bin aber auch jemand, der es liebt, Texte zu analysieren, um für sich selbst Erkenntnisse für die Wirkungsweise zu bekommen.
Den Stil lasse ich inzwischen auch fast komplett aus den Augen, denn erstens sind das in den meisten Fällen subjektive Einschätzungen und zweitens hapert es in der Regel weniger am Stil, als vielmehr an der grundlegender Umsetzung einer Szene. Wenn ich das Gefühl habe, der Autor überwürzt seinen Text mit einer Eigenheit, merke ich das zwei/drei mal an und ignoriere es danach.
Das vielleicht noch Wichtigere ist für mich aber, dass ich den Text nicht so verändern will, dass er mir supergut gefällt, sondern aus dem Text und den Stärken des Autors das objektiv (soweit mir Objektivität möglich ist) Beste zu holen. Daher habe ich mir inzwischen auch angewöhnt, die Stärken des Autors zu finden und ihm dies auch zu sagen. Und wenn ich zehnmal keine Vergleiche mag, werde ich den Autor bestärken, sein Talent für gute Bilder zu nutzen, wenn dort seine Stärke liegt.
Der nächste relativ wichtige Teil ist, dass ich auch gerne mal nur den Anfang kommentiere, gerade wenn sich die Schwäche im Text auf einige grundlegende Dinge beziehen und dann anbiete, den Autor erst noch einmal überarbeiten zu lassen, bevor ich den Rest lese. Bzw. ist das auch die häufigste Form von Textarbeit in meinem eigenen Forum. Klar, kompletter Plot und Spannungsbögen fallen dann erstmal raus, aber das finde ich nicht so dramatisch, denn man kann eh nicht alles in einem Aufwasch korrigieren/verbessern.
Das ist zumindest auch mein Ziel beim Kommentieren, dass der Autor den Mechanismus hinter eine problematischen Stelle erkennt und auf andere Stellen übertragen kann. Und ich lege auch viel Wert auf einen Austausch über die Kritik. Gerade, wenn man Anmerkungen mal einfach nicht nachvollziehen kann, ist das mehr als hilfreich.
Wenn man wirklich unsicher beim kritisieren ist, hilft aber nur Übung. Die Schreibwerkstatt oder der Federfeuernachfolger wären da sicher gute Adressen.
Bei erfahrenen oder befreundeten Autoren bleibt es meist bei der direkten Wiedergabe von Gedanken am Rand und einem Fazit nach jedem Kapitel.
Grundsätzlich würde ich aber sagen, Betalesen, bzw. kommentieren ist auch für Anfänger enorm hilfreich. Man lernt viel, man hat die Chance auf einen Austausch und man bekommt im Idealfall unabhängig vom eigenen Text Feedback zur Einschätzung eines Textes.
Um so Dinge zu vermeiden, dass man irgendwann abbricht, weil es nicht mehr passt, finde ich es auch hilfreich, das erste Kapitel erstmal probeweise zu verschicken oder zu betan und dann gemeinsam zu schauen, ob das funktionieren kann.
Ich bin ziemlich bei Alana, ich finde, dass Betalesen auch und gerade für "Anfänger" wichtig ist, weil man doch einfach Übung bekommt. Im Romanbereich habe ich da noch selbst wenig Erfahrung und auch schon was verbummelt - tut mir übrigens wirklich leid! - aber mit Kurzgeschichten habe ich viel Zeit verbracht und da einerseits hart Textkritik geübt, andererseits auch bekommen.
Natürlich sagt man als Betaleser unter Umständen dem Autor Dinge, die er nicht oder zumindest so nicht hören möchte, da muss man durch. Wenn mich etwas stört, sage ich das auch sehr direkt, selbst wenn der Autor nachher trotzdem beschließt, die Stelle so zu behalten. Es ist mein Eindruck und für mich persönlich ist es auch immer sehr interessant, einfach verschiedene Meinungen zu den Dingen zu haben und damit noch einmal reflektieren zu können, wie was wirkt und ob ich das so will.
Und, wie hier schon oft geschrieben und von Nycra so schön auf den Punkt gebracht: letztendlich behält eben der Autor die Entscheidungsgewalt, damit muss man als Betaleser leben können und das muss einem von Anfang an bewusst sein. Man darf mäkelt und unbequem sein, die endgültige Entscheidung hat man damit aber nicht. Man gibt Hilfestellungen und Ratschläge, Rückmeldungen und Reflektionen. Dabei darf man nicht versuchen, das gebetate Werk zu seinem eigenen umzuarbeiten, sondern muss ein Grundmaß an Flexibilität mitbringen und als Betaleser insofern auch kritikfähig sein, dass man die Meinung des Autors - auch zu eigenen Kommentaren - aufnehmen, verarbeiten und dann objektiv bewerten kann, um auf eine gemeinsame Wellenlänge und Arbeitsebene zu kommen, die für beide Seiten funktioniert.
Du schreibst im Eingangspost, dass du das Gefühl hast, es fiele dir schwer, dich auf fremde Schreibstile einzustellen. Das zum Beispiel ist ein Punkt, an dem man flexibel sein sollte, denn natürlich hat jeder seine eigene Schreibe und nicht denselben Werdegang hinter sich, verschiedene Ansichten (ob jetzt richtig oder nicht sei mal dahingestellt) und natürlich auch die eigene Vorstellung davon, wie ein Text zu funktionieren hat. Auch am Stil darf man als Beta natürlich rumkritisieren, aber ich selbst würde mri nie die Mühe machen, das auf jeden Satz auszuweiten, sondern es stichhaltig belegt aufzeigen und dann ab und an nochmal darauf hinweisen. Als Autor, dessen Text überarbeitet wird, sollte man dann genug Verstand haben, um ein Prinzip zu begreifen, auf das man hingewiesen wird und den Text u.U. nochmal darauf abklopfen zu können.
Allein dass du das Thema hier gestartet hast, zeigt doch, dass du wirklich engagiert arbeitest und eine Hilfe sein möchtest. Die Einstellung ist gut, aber wie auch bei den Diskussionen zum Schreibstil manchmal gesagt wird: Es gibt im Endeffekt keine unumstößliche Maxime, sondern es gibt Handwerkszeug, das man beherrschen kann und sollte, aber das bedeutet nicht, dass man sich stoisch danach zu richten hat. Sowohl als Autor als auch als Betaleser. Ein Spielraum sollte da sein, um den Text in die ein oder andere Form zu bringen, Wirkungen herauszuarbeiten und nachher auch die Geschichte individuell und lebendig erzählen zu können.
Und zuletzt noch ein Punkt, der sicher auch beiden Seiten unnötigen Aufwand erspart: Als Betaleser richte ich mich danach, was der Autor sucht. Wenn Textlektorat gefragt ist, gehe ich anders an den Text heran und kritisiere natürlich mehr am Stil, bin spitzfindiger und konzentriere mich auf solche Dinge. Wenn es eher um die Handlung, den Aufbau etc. geht, dann richte ich mein Augenmerk auch auf das Gefragte. Wenn die Rahmenbedingungen geklärt sind, ist das einer guten Zusammenarbeit immer zuträglich.
Na, da habe ich ja etwas losgetreten :hmmm:
Auch wenn sicher für alle etwas dabei war - ich sage danke für den vielen Stoff zum Nachdenken. Vielleicht noch eine Anmerkung oder besser gesagt etwas, bei dem ich Zweifel habe: Den Abstand zum Text.
Ich habe ungefähr zehn Jahre benötigt, um meine eigenen Texte mit einem gewissen Abstand betrachten zu können, sie nicht mehr zu verteidigen. Steht mir jetzt das Gleiche mit den Texten anderer auch noch bevor? Nun ja, vielleicht geht es beim zweiten Mal etwas schneller ... ;)
Ich denke mal, bei den Texten von anderen hat man diesen Abstand bereits. Man war ja schließlich nie nahe dran ;) Gerade deswegen sind "fremde" Leser ja so gut als Betas ;)
Ich habe auch schon die verschiedensten Erfahrungen gemacht - als Beta und mit Betas. Vor einer ganzen Weile habe ich darüber sogar schon mal gebloggt (http://www.blog-und-stift.de/typologie-der-probeleser/). Es gibt irgendwie wahnsinnig viel zu dem Thema zu sagen. Vieles wurde auch schon gesagt, und zwar sehr gut - ich kann mich als "Selbst-Beta" nur dem Konzept der positiven Kritik anschließen.
Als Beta versuche ich immer, möglichst objektiv zu sein. Klar geht das nur begrenzt, aber mir hat mal jemand etwa betagelesen, das sehr romantik-lastig war - und zwar jemand, der das nicht leiden kann.
Anstatt dann abzubrechen oder die persönliche Vorliebe zu ignorieren, habe ich dann ständig Anmerkungen am Rand gehabt, daß das alles viel zu kitschig sei etc. Wohlgemerkt: Diese Person war damit allein.
So etwas brauche ich als Autor nicht und so etwas liefere ich auch als Beta nicht ab. Ich versuche bei meinen Anmerkungen immer, mir vorzustellen, ob andere das auch so sehen könnten.
Ich finde, man muß als Beta nachvollziehbar kritisieren - und zwar konkret. Textstelle markieren, dranschreiben was doof ist - und, falls vorhanden, gleich einen Verbesserungsvorschlag einbringen. Nur das hilft dem Autor weiter, denke ich, denn hätte er es besser gewußt, hätte er es ja von vornherein besser gemacht.
Bei meinem ersten professionellen Agenturlektorat war das auch so, da wurde mit der Präzision eines Spürhunds all das markiert, von dem ich immer schon gewußt hatte, daß es noch nicht 100%ig ist. Wirklich ändern konnte ich die Stellen manchmal aber nur, wenn auch ein Vorschlag danebenstand, wie ich es denn machen soll.
Das macht richtig viel Arbeit. Aus dem Grunde lese ich nicht oft beta und wenn, dann auch nur Texte, die mir relativ nah liegen, denn sonst wird das ein Heidenaufwand. Für allgemeine Gesamteindrücke lese ich oft, das geht schnell, aber wenn es wirklich um Detailarbeit geht, mache ich das nur in wenigen Fällen.
Umgekehrt bin ich sehr scheu, wenn es darum geht, jemanden um Betakritik zu bitten. Das mache ich viel zu selten.
In den Fällen ärgert es mich dann auch, wenn ich schon eine klare Vorstellung davon habe, was ich brauche, ich aber etwas anderes bekomme. Meine Scheu sinkt, Leute zu bitten, wenn es nur um einen Gesamteindruck geht und das schnell zu bewerkstelligen ist. Ich erlebe es in diesen Fällen aber sehr oft, daß ich gar keine allgemeine Rückmeldung bekomme, sondern Detailanmerkungen am Dokument und eben keinen Gesamteindruck.
Das ist ärgerlich, denn da macht der Beta sich sehr viel Mühe, die mir nicht mal hilft. Man sollte also im Vorfeld drüber sprechen, was gebraucht wird - und sich als Beta dran halten.
Wenn ich Detailkritik mache, mache ich das gern mit einem Augenzwinkern, manchmal auch etwas frech. Ich markiere Stellen, die ich schlecht fand und sage warum.
Ich markiere aber immer auch alles, was besonders toll war. Wenn der Autor den Unterschied zwischen den guten und den schlechten Stellen aufgezeigt bekommt, kann er mehr lernen - und natürlich wird auch jeder gerne gelobt. Das ist wichtig!
Was mich jedoch auch nervt: Leute, die grundsätzlich alles toll finden (Hand aufs Herz: Die gerade frisch niedergeschriebene Version ist bestimmt nicht uneingeschränkt super!) und Leute, auf die man sich nicht verlassen kann.
Ich habe mir einen Textordner nach einem Jahr auch mal zurückgeholt, weil die Person bis dahin nicht mal mit dem Lesen angefangen hatte ... da war sie dann beleidigt und meinte, sie macht das schon noch.
Ja, 2030 bestimmt ;)
Das hilft auch niemandem. Ich habe auch hier schon mal Betaleser gesucht und es war jemand dabei, der mir nach wenigen Wochen eine kleinlaute Mail schrieb und fragte, ob er zurückziehen könne, weil ihm die Zeit fehlt.
Ja, jederzeit! Weniger schön fand ich, daß sich auch Leute gemeldet haben, die sich dann leider nie wieder gemeldet haben.
Zuverlässig sollte man also sein.
Zitat von: Guddy am 03. April 2014, 15:22:45
Irgendjemand hier meinte, dass man als Betaleser kein Freund des Autors ist. Das mag zwar sein, aber dadurch ist man ja noch lange kein böser Feind... und ehrlich gesagt habe ich als Autor es lieber, wenn ich nicht nur mit negativer Kritik zugekleistert werde, sondern auch mit positiver. Damit stehe ich ja zum Glück nicht allein auf weiter Flur hier :)
Also ich denke mal, dass Nycra damit schon recht hat, denn ein Freund kann einfach nicht objektiv sein. Ich weiß, da kommen jetzt sicherlich einige Kommentare zu von wegen "doch, ich kann schon"
*zu Siara schiel* - daher relativiere ich gleich mal dahingehend: meiner Meinung nach.
Sofern man also mit dem Anspruch auf Veröffentlichung seinen Text überprüfen lässt, sollte man sogar darauf aus sein, dass der/die Beta möglichst objektiv und ja, schonungslos konstruktiv (!) kritisiert. Wie gehabt - ob man das dann so umsetzt, steht auf einem ganz anderen Blatt Papier! Das hat absolut nichts mit "böser Feind" zu tun - nicht jeder, der nicht mein Freund ist, ist gleich mein Feind, und wir haben ja schon festgestellt, dass das Ziel grundsätzlich sein muss, einen Text zu verbessern ;)
Für jeden, der nicht gleich veröffentlichen will, ist es vermutlich (!) aber auch völlig okay, nur sanfte, vielleicht sogar eher oberflächliche Kritik zu bekommen. Nochmal: Es muss halt vorher klar sein, was man will.
Zitat von: Guddy am 03. April 2014, 15:22:45
Naja, dass es Arbeit ist, wird ja auch im Betalesevermittlungsleitfadenthread gesagt, darauf solle man sich so oder so einstellen, finde ich. Wenn man keine Arbeit reinstecken möchte, würde ich es gleich lassen.
Da hast du mich nun aber falsch verstanden, glaube ich. Mir geht es nicht darum, keine Arbeit reinstecken zu wollen - im Gegenteil, ich mache mir grundsätzlich mehr Arbeit, als ich müsste. "Positive Korrektur" verursacht aber, wenn sie wirklich durchgezogen wird, nochmal mehr davon.
@Siara: Das hat allerdings nix damit zu tun, dass man vorgekaut bekommt, wie es richtig wäre. Evtl. gäbe es Verbesserungsvorschläge, ja, aber kein "das ist jetzt viel besser". Zumindest sollte es das nicht ;)
Zitat von: Guddy am 03. April 2014, 15:22:45
[...]
*neben der obligatorischen(!) negativen Kritik, heißt das Herauspicken von Dingen, die nicht so gelungen oder schlichtweg schlecht sind, sollte man auch die guten Punkte benennen. Nur so kann ich als Autor meine eigene Schreibe besser einschätzen. Bekäme ich nur negative Kritik,käme ich mir vermutlich etwas verloren vor. Wobei man nichts erfinden oder schönreden sollte.
[...]
Ein wie ich finde sehr wichtiger Punkt. Denn an diesem Punkt kommen (erneut meiner Meinung nach) zwei wichtige Aspekte zum Tragen:
1. Will der Autor veröffentlichen?
2. Ist eine Vertrauensbasis da?
Wenn eine Veröffentlichung gewünscht ist, dann sollte der Autor in der Lage sein, die Kritik anzunehmen. Das bedeutet nicht, dass er/sie alles umsetzen muss, aber gerade was die Grundlagen angeht wäre das unumgänglich. Dafür muss mir der Autor aber erstmal vertrauen, nämlich einerseits dass ich zum einen ausschließlich im Interesse des Textes arbeite und andererseits, dass meine Kritik nicht an den Haaren herbeigezogen ist, sondern begründet ist.
Verloren vorkommen müsste man sich hingegen nur, wenn da nur "das ist schlecht" stünde... derartige Kritik hilft natürlich nicht weiter; ein "das wirkt unlogisch auf mich, weil" (z.B.) müsste es dann schon sein. Und wieder der Hinweis: Auch die Geschmäcker sind verschieden, wie ja schon mehrfach erwähnt worden ist.
Zitat von: Guddy am 03. April 2014, 15:22:45
Wenn wirklich alles schlecht ist, sollte man es auch sagen... wobei man sich dann fragen sollte, ob die Zusammenarbeit weiterhin sinnvoll ist, schließlich scheint es in diesem besonderen Fall einfach nicht zu passen?
Das kann man so sehen. Ich persönlich (!) sehe das anders, was allerdings wiederum jobbedingt ist, das bitte nie vergessen. Wenn ich jemandes Schreibe (nicht Schreibstil!... kann man das so differenzieren?) zerreiße, dann hat das Hand und Fuß, es gibt gewichtige Gründe dafür, die meist in massiven handwerklichen Fehlern begründet liegen. Erneut: Das bedeutet nicht, dass der- oder diejenigen nicht schreiben kann, es bedeutet zunächst einmal nur, dass er/sie noch viel Arbeit vor sich hat, um gewisse Grundlagen zu lernen. Er oder sie schafft es halt nur noch nicht, eine vielleicht sogar geniale Idee auch genial zu vermitteln (wenn's wirklich nur der Schreibstil ist, der mir nicht liegt, ist das was anderes, dann sag ich das auch, das ist dann eben nicht mein Fall --> vgl. Saschas Post).
So, die Klugscheißerin hat gesprochen ;D
Zitat von: Anjana am 03. April 2014, 20:02:01
[...] Es geht nicht um gut oder schlecht, oder richtig oder falsch, sondern darum ob ein Text funktioniert, bzw. ob eine Textstelle ihr volles Potential ausschöpft.[...]
Jap, oder so. Wobei ich denke, dass wir hier alle mehr oder minder dasselbe meinen, denn du schreibst es ja selbst... wenn eine Stelle nicht funktioniert, ist sie falsch bzw. schlecht umgesetzt und kann ihr Potential nicht entfalten. Umgekehrt wird ein stilistisch falsch oder schlecht formulierter Text vielleicht gerade noch funktionieren, aber mit Sicherheit nicht sein volles Potential entfalten.
Zitat von: Anjana am 03. April 2014, 20:02:01
[...]Ich bin aber auch jemand, der es liebt, Texte zu analysieren, um für sich selbst Erkenntnisse für die Wirkungsweise zu bekommen.[...]
Oh ja, das kenn ich...
Zitat von: Anjana am 03. April 2014, 20:02:01
[...] Den Stil lasse ich inzwischen auch fast komplett aus den Augen, denn erstens sind das in den meisten Fällen subjektive Einschätzungen und zweitens hapert es in der Regel weniger am Stil, als vielmehr an der grundlegender Umsetzung einer Szene. Wenn ich das Gefühl habe, der Autor überwürzt seinen Text mit einer Eigenheit, merke ich das zwei/drei mal an und ignoriere es danach. [...]
Ja genau, diesen Unterschied wollte ich oben gerne aufzeigen. Wobei ich gestehen muss, dass ich persönlich den Stil nicht ignorieren kann und auch nicht will, denn dann quäle ich mich durch, empfinde das als Last und helfe vermutlich dem Autor nur wenig. In dem Fall würde ich abbrechen, denke ich. Ich bewundere es aber ehrlich, wenn jemand über sowas hinweglesen kann - das wäre dann ja fast ein(e) "Universal-Beta" - cool! :)
Zitat von: Anjana am 03. April 2014, 20:02:01
Das vielleicht noch Wichtigere ist für mich aber, dass ich den Text nicht so verändern will, dass er mir supergut gefällt, sondern aus dem Text und den Stärken des Autors das objektiv (soweit mir Objektivität möglich ist) Beste zu holen. Daher habe ich mir inzwischen auch angewöhnt, die Stärken des Autors zu finden und ihm dies auch zu sagen. Und wenn ich zehnmal keine Vergleiche mag, werde ich den Autor bestärken, sein Talent für gute Bilder zu nutzen, wenn dort seine Stärke liegt.
Hm, ich merke gerade, dass ich mich oben evtl. nicht klar genug ausgedrückt habe. Ich halte also nochmals fest: Es geht grundsätzlich immer darum, dass der Text nach der Beta besser funktioniert als vorher, dass die Szenen danach mehr Potential entfalten können und dass nach Möglichkeit die Stärken eines Autors den Text dahingehend prägen, dass dieser etwas bestenfalls Unverwechselbares erhält.
Aber: Wenn ich ein Übermaß an Adjektiven z.B. nicht mag, würde es mir vermutlich schwer fallen, den Autor darin zu bestärken, diese weiterhin exzessiv zu nutzen, denn für mich wirken diese ja schlichtweg nicht, ganz im Gegenteil, mich persönlich stören sie, machen die Wirkung einer Szene ggf. sogar zunichte (natürlich nicht generell, siehe anderer Thread).
Es ist ziemlich schwer, hier zu differenzieren, und objektiv zu bleiben sowieso. Ich muss als Beta vermutlich versuchen, mich selbst möglichst weit zurückzunehmen, ohne aber zu vergessen, dass ich ja trotzdem nicht aus meiner Haut kann und daher wirkliche Objektivität nicht möglich sein dürfte. Weshalb man ja auch mehrere Betas hat ;)
Zitat von: Krähe am 03. April 2014, 20:27:04
Dabei darf man nicht versuchen, das gebetate Werk zu seinem eigenen umzuarbeiten, sondern muss ein Grundmaß an Flexibilität mitbringen und als Betaleser insofern auch kritikfähig sein, dass man die Meinung des Autors - auch zu eigenen Kommentaren - aufnehmen, verarbeiten und dann objektiv bewerten kann, um auf eine gemeinsame Wellenlänge und Arbeitsebene zu kommen, die für beide Seiten funktioniert.
Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Punkt gerade für Neulinge der eigentlich schwierige ist... kann das sein?
Bardo geht es gewissermaßen so, dass er in Teilbereichen eher unflexibel ist, und mir persönlich (fürchte ich) geht es da nicht anders. War das bei Erfahrenen zu Beginn auch so? Kann man mit der Zeit lernen, sich selbst zurückzunehmen, flexibler zu werden? Bis zu welchem grad kann das funktionieren?
@ Dani: Toller Blogartikel, danke dafür! Blöd nur, dass ja alle deine aufgezeigten Typen (zumindest in ihrer "Reinform" sicherlich keine Betas wären, die man sich für den eigenen Text wünschen würde, oder? ;)
Ich bin ja noch relativ neu hier und hab noch nicht viel betagelesen und das noch von keinem verlangt.
Leider spüre ich, dass sich bei mir die Tendenz entwickelt, lieber anderen zu helfen, als selber etwas zu schreiben. :wums: Klassische Verdrängungstaktik. Nun ja, das ist hier nicht das Thema.
Auf verschiedene Stile kann ich mich, glaube ich, recht gut einlassen. Manches ist ungewohnt, weil es eben nicht mein Stil wäre, aber da finde ich mich recht schnell rein.
Meine Kommentare sind nie so, dass der Autor etwas anders machen soll. Immerhin ist es nicht mein Baby, das da vor mir liegt. Ich darf es lediglich mal halten und wickeln. ;D
Immerhin würde ich selber auch ein doofes Gefühl haben, wenn mir jemand ständig sagt, wie ich etwas zu machen habe. Befehlsform geht gar nicht - außer bei Rechtschreibfehlern.
Als Beta kann ich jedoch schreiben, wie etwas bei mir ankommt, warum es falsch oder unklar ankommt, wo eine andere oder deutlichere Wortwahl dem Leser etwas verständlicher machen würde.
So etwas finde ich wichtig. Jeder erinnert sich sicher an den Schulunterricht und die tausenden Interpretationen (Was will uns der Künstler damit sagen?) und wenn man selber schreibt, stellt man dann fest, dass man so dermaßen fehlinterpretiert werden kann... Will man sowas nicht, muss man einfach an bestimmten Stellen, an denen es einem wichtig ist, seine Meinung zu vermitteln, eineindeutig schreiben. Zumindest versuche ich das immer, wenn ich selber schreibe, denn ich will verstanden werden und ich gehe davon aus, dass andere Autoren das auch wollen.
Natürlich kann ich mich auch zurückhalten, wenn ein Autor das wünscht. Legt jemand nur Wert auf Korrektur, verkneife ich mir die Kommentare.
Wie hier schon erwähnt, ist es wichtig, dass der Autor klar sagt, was er vom Betaleser erwartet und der Beta das akzeptiert und sich daran orientiert.
Alles andere, also das Manuskript bei Zusage auch zu lesen, dem Autor Lebenszeichen zu geben usw., hat mit dem Betalesen an sich für mich nichts zu tun, sondern betrifft einfach mangelnde Umngangsformen. Aber das Thema möchte ich lieber nicht vertiefen, da reg ich mich nur auf. ;D
Zitat von: Nandriel am 04. April 2014, 09:31:42
Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Punkt gerade für Neulinge der eigentlich schwierige ist... kann das sein?
Kann man mit der Zeit lernen, sich selbst zurückzunehmen, flexibler zu werden? Bis zu welchem grad kann das funktionieren?
Ich glaube, komplett geht das nie, man bringt ja immer eigene Vorstellungen mit, und das ist auch gut so! :) Aber bis zu einem gewissen Grad kann man das vielleicht lernen, vor allem durch den Umgang mit vielen verschiedenen Texten.
Beim Korrigieren den eigenen Stil einzubringen, ist insofern konstruktiv, dass der Autor noch einmal kritisch über sein eigenes Geschriebenes nachdenkt, also per se nichts Schlechtes. Nur müssen nachher beide Seiten kompromissbereit sein. Vielleicht findet der Autor die Kritik gut, vielleicht erst nachdem sie etwas gesackt ist, vielleicht nimmt er sie dann an. Vielleicht auch nur stellenweise und an manchen Stellen nicht, weil er da aus diversen Gründen an seinem eigenen Konzept festhält. Und das versuche ich als Beta immer im Hinterkopf zu behalten, weil ich nunmal keinen Anspruch darauf habe, dass jeder meiner Vorschläge umgesetzt wird. Vielleicht ist Flexibilität an der Stelle wichtiger als bei den eigentlichen Kommentaren ;)
ZitatAlso ich denke mal, dass Nycra damit schon recht hat, denn ein Freund kann einfach nicht objektiv sein. Ich weiß, da kommen jetzt sicherlich einige Kommentare zu von wegen "doch, ich kann schon" *zu Siara schiel* - daher relativiere ich gleich mal dahingehend: meiner Meinung nach.
Ich glaube, hier ist die Frage, was genau versteht man unter Freund und wie gut kann man die Ebene Freundschaft und gemeinsame Textarbeit von einander trennen. Ich denke schon, dass man als Freund genauso objektiv sein kann, wie als reiner Schreibkollege, aber nur wenn beide Parteien die jeweiligen Rollen trennen können und man auf der sachlichen Ebene bleiben kann.
Ich stimme allerdings darin zu, dass es als Freund sehr viel schwieriger ist, das umzusetzen und sich zu trauen.
Andererseits, wieviele Freunde hat man, die erst private Freunde und dann Betaleser wurden? Erst Schreibkollegen und dann Freundschaft dürfte im Bereich der Betaleserei sehr viel häufiger sein.
ZitatWenn eine Veröffentlichung gewünscht ist, dann sollte der Autor in der Lage sein, die Kritik anzunehmen. Das bedeutet nicht, dass er/sie alles umsetzen muss, aber gerade was die Grundlagen angeht wäre das unumgänglich. Dafür muss mir der Autor aber erstmal vertrauen, nämlich einerseits dass ich zum einen ausschließlich im Interesse des Textes arbeite und andererseits, dass meine Kritik nicht an den Haaren herbeigezogen ist, sondern begründet ist.
Das Vertrauen ist eine wichtige Sache, obwohl ich als Autorin auch bei offensichtlichen Rachekommentaren immer noch denke, ich muss die abhängen lassen, bis die Emotionen raus sind und dann noch mal drüber schauen, ob nicht doch was wahres dran ist. Wenn ich das nicht tue, verbaue ich mir vielleicht sogar selbst die Chance auf Verbesserung. Allerdings sind solche Kommentare doch eher selten und eher in den großen Foren zu finden. (Gegenseitige Kritik kann so ein Gefühl aber auch schnell auslösen, weswegen ich auch nicht unbedingt denke, dass man sich gegenseitig kommentieren muss)
ZitatJap, oder so. Wobei ich denke, dass wir hier alle mehr oder minder dasselbe meinen, denn du schreibst es ja selbst... wenn eine Stelle nicht funktioniert, ist sie falsch bzw. schlecht umgesetzt und kann ihr Potential nicht entfalten. Umgekehrt wird ein stilistisch falsch oder schlecht formulierter Text vielleicht gerade noch funktionieren, aber mit Sicherheit nicht sein volles Potential entfalten.
Natürlich kann man das wieder in richtig oder falsch umformulieren, aber normalerweise assoziiert man damit, dass es nur einen richtigen Weg gibt. Und genau das sehe ich anders. Je nachdem, wie die Stelle wirken soll, gibt es eben mehrere "Richtigs". Welches davon nun dem am nächsten kommt, was der Autor will, kann man als Beta oft gar nicht entscheiden, weil einem oft entscheidende Infos fehlen, die der Autor nicht rüberbringen konnte.
Die meisten Hobbykommentatoren sehen aber nur ihre erste Assoziation zur Stelle und bieten dafür einen einzelnen Verbesserungsvorschlag an. Und dann entsteht schnell ein Gefühl von "du hast es falsch (schlecht) gemacht, ich zeig dir wie es richtig (gut) ist".
Das ist in bestimmten Phasen hilfreich, aber birgt eben auch die Gefahr, dass es bevormundend wirken kann oder dazu führt, dass nur die Alternative übernommen wird. Natürlich gilt auch das nicht unumstößlich für jede Textstelle. Das tut es im Schreiben ja nie^^
Meine Art des Kommentierens ist allerdings wirklich verflucht viel Arbeit und ich sitze an einer Textstelle von 2-3 Sätzen schon mal zwischen 30 und 60 Minuten. Deswegen nehme ich auch selten ganze Werke zum betan an.
Aber ich denke auch, grundsätzlich meinen wir dasselbe und ich stehe hier auch deutlich weniger allein damit da, als woanders^^
ZitatIch bewundere es aber ehrlich, wenn jemand über sowas hinweglesen kann - das wäre dann ja fast ein(e) "Universal-Beta" - cool! :)
Naja, es gibt schon Dinge, da steige auch ich aus. Wenn mich etwas beim lesen so nervt, dass ich es am liebsten alle zwei Sätze ändern würde, dann bin ich irgendwann nicht mehr hilfreich, weil ich emotional werde und das schlägt sich dann nieder. Aber in kürzeren Abschnitten kann ich mich mit nahezu allem arrangieren.
Aber dann geht es eben um die Umsetzung der Idee und des stehenden Plots und weniger um den Plot oder die Handlungsstränge. Wenn mich eine Geschichte einfach null interessiert, ist es mir wirklich zuviel Arbeit, mich da reinzufuchsen, wenn es andere gibt, die das mit Begeisterung machen. Und bei hochliterarischen Texten bin ich auch raus, da bin ich nicht sicher genug. ;)
Aber vielleicht kommt mir da auch zu Gute, dass ich nicht nur Texte schreiben will, die ich selbst liebe, sondern auch den Ehrgeiz habe, Vorgaben umsetzen zu können, die mir geschmacklich vielleicht gar nicht so liegen. (Wenn auch eher im KG- und Szenen-Bereich^^)
ZitatAber: Wenn ich ein Übermaß an Adjektiven z.B. nicht mag, würde es mir vermutlich schwer fallen, den Autor darin zu bestärken, diese weiterhin exzessiv zu nutzen, denn für mich wirken diese ja schlichtweg nicht, ganz im Gegenteil, mich persönlich stören sie, machen die Wirkung einer Szene ggf. sogar zunichte (natürlich nicht generell, siehe anderer Thread).
Hier habe ich das vielleicht zu eng gefasst. Natürlich muss es gut umgesetzt sein. Nur weil ein Autor Adjektive liebt, muss dort nicht seine Stärke liegen.;) Aber manchmal kann jemand mit ihnen um sich werfen und es funktioniert. Und ohne, dass ich dann ganz genau benennen kann, warum es funktioniert, bestärke ich ihn dann darin, diesen blumigen Stil zu nutzen und sich nicht von regelbesessenen Hobbyautoren alle Adjektive ausreden zu lassen. Oder ich erkenne, dass er instinktiv Adjektive wählt, die immer einen Mehrwert an Infos bringen und überflüssige dopplungen vermeidet, vielleicht einfach auch die psychologische Wirkung verschiedener Wortgruppen instinktiv richtig nutzt, dann soll er sich das bitte nicht kaputt machen lassen. Und gerade die zweite Sache ist etwas, was man oft erstmal nicht benennen kann, aber eine große Wirkung hat. (Wer Clark gelesen hat, weiß was ich meine)
ZitatWar das bei Erfahrenen zu Beginn auch so? Kann man mit der Zeit lernen, sich selbst zurückzunehmen, flexibler zu werden? Bis zu welchem grad kann das funktionieren?
Ja, das war bei mir auch so. Anfangs bin ich über jede Formulierung gestolpert, die ich anders gemacht hätte. Damals war ich auch noch darin verhaftet, dass es nur eine optimale Version für einen Text geben könnte. Mich hat die Textkritik bei den 42er Autoren davon geheilt. Zu sehen wie unterschiedlich Leute die Texte betrachten, die sich auskennen, war eine Art Offenbarung. Für mich war wirklich der Schlüssel, mich zu fragen: Welche Vorgaben sollen erfüllt werden? Chick-Lit, Hard-boiled oder Romantik? Nähe oder Distanz zu Figur und Situation? Welche Infos lösen welche Erwartungen aus? Weiß ich überhaupt sicher, was die Figur von der ganzen Sache hält oder greife ich automatisch auf meine Interpretation zurück, weil der Text zu nüchtern gehalten ist? Wie verändert unterschiedlicher Subtext die ganze Szene? usw.
Also sprich ich habe plötzlich ganz unterschiedliche Textversionen im Kopf gesehen und mich dadurch stark von meinem Geschmack und meiner eigenen Gewohnheit lösen können.
Aber ich weiß jetzt nicht, ob das für irgendwen hilfreich ist.^^
Zitat von: Anjana am 04. April 2014, 10:15:20
Natürlich kann man das wieder in richtig oder falsch umformulieren, aber normalerweise assoziiert man damit, dass es nur einen richtigen Weg gibt. Und genau das sehe ich anders. Je nachdem, wie die Stelle wirken soll, gibt es eben mehrere "Richtigs". Welches davon nun dem am nächsten kommt, was der Autor will, kann man als Beta oft gar nicht entscheiden, weil einem oft entscheidende Infos fehlen, die der Autor nicht rüberbringen konnte.
Ok, jetzt verstehe ich, was du meinst. Erneut: Volle Zustimmung :)
Zitat von: Anjana am 04. April 2014, 10:15:20
Meine Art des Kommentierens ist allerdings wirklich verflucht viel Arbeit und ich sitze an einer Textstelle von 2-3 Sätzen schon mal zwischen 30 und 60 Minuten. Deswegen nehme ich auch selten ganze Werke zum betan an.
Das kann ich wirklich sehr gut nachempfinden... und es ist ein Grund dafür, dass ich mich auch bisher nicht getraut habe, über ein ganzes Werk drüberzulesen - weil ich es beim Drüberlesen gar nicht bewenden lassen könnte. Als Beta nur dafür wäre ich (derzeit) somit wohl eh untauglich ;)
Zitat von: Anjana am 04. April 2014, 10:15:20
Hier habe ich das vielleicht zu eng gefasst. Natürlich muss es gut umgesetzt sein. Nur weil ein Autor Adjektive liebt, muss dort nicht seine Stärke liegen.;) Aber manchmal kann jemand mit ihnen um sich werfen und es funktioniert. Und ohne, dass ich dann ganz genau benennen kann, warum es funktioniert, bestärke ich ihn dann darin, diesen blumigen Stil zu nutzen und sich nicht von regelbesessenen Hobbyautoren alle Adjektive ausreden zu lassen. Oder ich erkenne, dass er instinktiv Adjektive wählt, die immer einen Mehrwert an Infos bringen und überflüssige dopplungen vermeidet, vielleicht einfach auch die psychologische Wirkung verschiedener Wortgruppen instinktiv richtig nutzt, dann soll er sich das bitte nicht kaputt machen lassen. Und gerade die zweite Sache ist etwas, was man oft erstmal nicht benennen kann, aber eine große Wirkung hat. (Wer Clark gelesen hat, weiß was ich meine)
Okay, nu hab ich's verstanden. Ich stimme dir erneut vollkommen zu. Ob ich das tatsächlich auch so umsetzen kann, weiß ich nicht genau, würde es mir aber (für mich und den Autor, den ich betalese) wünschen. Und würde mir andersrum wünschen, dass dies bei mir, wenn ich denn irgendwann mal so weit bin, auch so gemacht würde. Und diesen Clark muss ich mir anscheinend mal anschauen?! ;)
Zitat von: Anjana am 04. April 2014, 10:15:20
Ja, das war bei mir auch so. Anfangs bin ich über jede Formulierung gestolpert, die ich anders gemacht hätte. Damals war ich auch noch darin verhaftet, dass es nur eine optimale Version für einen Text geben könnte. Mich hat die Textkritik bei den 42er Autoren davon geheilt. Zu sehen wie unterschiedlich Leute die Texte betrachten, die sich auskennen, war eine Art Offenbarung. Für mich war wirklich der Schlüssel, mich zu fragen: Welche Vorgaben sollen erfüllt werden? Chick-Lit, Hard-boiled oder Romantik? Nähe oder Distanz zu Figur und Situation? Welche Infos lösen welche Erwartungen aus? Weiß ich überhaupt sicher, was die Figur von der ganzen Sache hält oder greife ich automatisch auf meine Interpretation zurück, weil der Text zu nüchtern gehalten ist? Wie verändert unterschiedlicher Subtext die ganze Szene? usw.
Also sprich ich habe plötzlich ganz unterschiedliche Textversionen im Kopf gesehen und mich dadurch stark von meinem Geschmack und meiner eigenen Gewohnheit lösen können.
Aber ich weiß jetzt nicht, ob das für irgendwen hilfreich ist.^^
Oh, für mich ist das sehr hilfreich, und ich würde mir ehrlich wünschen, mich darüber auch öfter mal direkt austauschen zu können. Es ist ja schon bei der Korrektur von Schulaufsätzen so, dass zwei Lehrer im Extremfall wirklich ganz unterschiedliche Noten geben würden (wobei die grundlegenden Dinge wie Rechtschreibung, Grammatik etc. natürlich keinen Unterschied machen). Was allerdings, wie ich finde, auch legitim ist - wenn man vorher kommuniziert hat, worauf man den Schwerpunkt legt und wie gewichtet wird... meist ergeben sich nämlich genau daraus die Unterschiede. Nur dass er arme Schüler dann keine zweite Chance hat mir zu erklären, wie er das jetzt eigentlich gemeint hatte, er kann es nicht mehr umformulieren oder präzisieren.
Wenn man sich aber mal vor Augen führt, dass ein und derselbe Text selten von mehreren Leuten auf ein und dieselbe Art und Weise gelesen und auch verstanden wird, dass Lesen ein höchst individueller Vorgang ist und gerade Texte mit vielen Leerstellen mit ganz subjektiven Erlebnissen aufgefüllt und assoziiert werden (sollen), dann kommt man ja auch schnell darauf, dass es oftmals eben nicht nur eine mögliche Interpretation gibt.
Von meinen Schülern verlange ich aber (wieder dieses Beispiel, weil das eben meinen Erfahrungen entspricht), dass sie am und mit dem Text arbeiten, um ihre Interpretationsansätze zu begründen. Und ein "inhaltlicher Fehler" liegt dann nicht daran, dass nicht meine Meinung getroffen, sondern dass da halt nicht intensiv gelesen bzw. der Text einfach missverstanden wurde. Nicht selten kommen dann hanebüchene Ansätze, die einfach mit nichts zu begründen sind, was eigentlich im Text stand.
Damit komme ich zurück auf etwas, was ebenfalls schon genannt wurde, nämlich dass es ja darum geht, dass man eventuell als Autor ganz spezifische Assoziationen auslösen will. Und dass man, wenn das offenbar nicht geklappt hat, eben so lange daran arbeiten muss, bis es klappt. Daher ist wohl der Hinweis darauf, wie eine Szene jetzt gewirkt hat, enorm wichtig - denn wenn da ganz andere als die von mir beabsichtigten (oder sogar gar keine) Emotionen hervorgerufen werden, wenn eine Stelle ganz anders als erwartet interpretiert wird, ist das halt noch nicht das, was ich wollte und ich muss umformulieren.
Aber: Ich glaube es fiele mir unglaublich schwer mich auf den Inhalt zu konzentrieren, wenn die Sprache schon so "verschwurbelt" (tolles Wort ;)) ist, dass ich mich darauf gar nicht erst konzentrieren kann. Daher glaube hätte ich schon ein Problem damit, ein völlig unkorrigiertes Werk (oder eine Szene daraus) zu bekommen mit dem Anspruch, inhaltliche Löcher etc. aufzudecken... nur korrigieren ohne Kommentar geht. Kommentare ohne Korrekturen geht eher weniger. Wenn noch viele Korrekturen nötig wären, gehen Kommentare aber fast gar nicht. Für mich jedenfalls :)
Ich bin auch dafür, dass man beim Betalesen auch besonders Gutes äussern sollte, damit ein einheitliches Bild entsteht, ob das Buch funktioniert oder nicht. Sonst steht man da und hat "nur" das Negative und weiss nicht, wie man das im Gesamteindruck platzieren soll.
Für mich gibt es noch zwei offene Fragen bzw. Probleme beim Betalesen...
1) Die Verzerrung des Texts
Wenn ich als Leserin ein Buch lese, dann mache ich mir schon auch Gedanken, ob das gut gemacht ist. Aber ich lese es nicht so akribisch durch und reflektiere. Dann lese ich einfach und der Rest geschieht mehr so nebenbei. In diesem Fall kann ich ein Buch am Ende beurteilen, zwar nicht im Detail, aber kann sagen, was mir grundsätzlich gefällt und warum.
Beim Betalesen lese ich aber langsamer. Ich verschnaufe, meine Sprachsensoren sind immer "on" und ich komme häufig aus dem normalen Lesefluss. Daraus ergeben sich viele Fragen und Gedanken, und ich gerate in diesen "Kritikmodus", aus dem ich schlecht wieder herausfinde. Das kann dann meinen Überblick trüben. Im Grunde verhält es sich wie mit dem Putzen. Wenn ich als Gast in eine Wohnung komme, fällt mir normalerweise nicht auf, dass da in der Ecke eine Wollmaus ist oder dass das Spülbecken leichte Kalkflecke aufweist, und ich finde, diese Wohnung ist top. Wenn ich aber die gleiche Wohnung besuche, nachdem ich in meiner eigenen sauber gemacht habe (und das Auge auf "Schmutz" fokussiert war), dann springen mir diese Dinge regelrecht ins Auge und ich komme schnell mal auf den unobjektiven Gedanken, diese Wohnung sei echt schmuddelig. Also eine klare Verzerrung, die eigentlich nicht wünschenswert ist.
Aus diesem Grund wäre ein ideales Betalesen, wenn man erst das ganze Buch in einem Ratsch durchliest und erst dann im Detail nach Ungereimtheiten sucht. Aber das wäre ja wohl etwas sehr aufwändig. So mache eich das auch nicht.
2) Das zweite Problem liegt im nicht unterscheiden können, ob der Betaleser etwas für nicht gut hält, weil er im Allgemeinen findet, es sei unzulänglich, oder ob es nur seine subjektive Sichtweise ist.
Wenn ich selber betalese, schreibe ich eine Kritik auch manchmal so hin, als ob es die allgemein gültige Wahrheit wäre, obwohl ich mir bewusst bin, dass ich das jetzt so empfinde, dass es aber auch anders sein könnte.
Hingegen gibt es Stellen in einem Manuskript, wo ich schon sicher bin, dass das allgemein so empfunden wird oder tatsächlich falsch bzw. nicht machbar ist.
Diese beiden dann aber immer als solche Meinungen offen darzulegen, sie quasi zu deklarieren, ist aufwändig. Man müsste dann jeden Kommentar mit "das ist jetzt nur meine Meinung" oder "das erachte ich als absolut notwendig" zu ergänzen. Vielleicht wäre es eine Idee, mit der Autorin etwas zu vereinbaren, z.B. ein Hinweis, "S" heisst subjektiv und "A"=ich halte es für allgemein gültig. Oder so ähnlich ;).
Worüber ich mir nicht mehr so im Klaren bin, ist, ob es wirklich Sinn macht, den genauen Grund einer Kritik stets auszuformulieren. Ich habe es ein paar Mal erlebt, dass meine Betaleser eine Stelle kritisiert haben mit der Begründung "weil....", ich dann aber festgestellt habe, dass dies gar nicht der Knackpunkt war. Sie lagen zwar vollkommen richtig. Da stimmte was nicht. Aber der Grund war ein vollkommen anderer.
Deshalb bezweifle ich manchmal, ob es gut ist, den Autor z.B. "falsche" Zusammenhänge konkret im Detail aufzuzeigen und eine Alternative vorzuschlagen. Wenn ich selber betalese, schreib ich oft bewusst 1:1 , was mir bei einer Stelle eingefallen ist. Ich denke also nicht für den Autor mit und liefere ihm den Grund, sondern schreibe viel eher, wie mir diese Textstelle reingekommen ist. Auf diese Weise nehme ich die Haltung eines stinknormalen Lesers eine und laufe nicht Gefahr, den Schreibenden zu bevormunden. Und so drücke ich auch niemandem meine Art zu schreiben auf. Der Autor weiss so, dass da an dieser Stelle für zumindest eine Leserin etwas nicht stimmig war und dass er was ändern sollte, aber es ist ihm selber überlassen, nach einer besseren Lösung zu suchen. Manche Betaleser erwähnen das ja dann in ihren Rückmeldungen mit dem Vermerk (meine Vorschläge sind nur Vorschläge). Das finde ich ganz vernünftig.
Zitat2) Das zweite Problem liegt im nicht unterscheiden können, ob der Betaleser etwas für nicht gut hält, weil er im Allgemeinen findet, es sei unzulänglich, oder ob es nur seine subjektive Sichtweise ist.
Wenn ich selber betalese, schreibe ich eine Kritik auch manchmal so hin, als ob es die allgemein gültige Wahrheit wäre, obwohl ich mir bewusst bin, dass ich das jetzt so empfinde, dass es aber auch anders sein könnte.
Hingegen gibt es Stellen in einem Manuskript, wo ich schon sicher bin, dass das allgemein so empfunden wird oder tatsächlich falsch bzw. nicht machbar ist.
Diese beiden dann aber immer als solche Meinungen offen darzulegen, sie quasi zu deklarieren, ist aufwändig. Man müsste dann jeden Kommentar mit "das ist jetzt nur meine Meinung" oder "das erachte ich als absolut notwendig" zu ergänzen. Vielleicht wäre es eine Idee, mit der Autorin etwas zu vereinbaren, z.B. ein Hinweis, "S" heisst subjektiv und "A"=ich halte es für allgemein gültig. Oder so ähnlich ;).
Das kenne ich auch ziemlich gut. Inzwischen habe ich mir angewöhnt, die Dinge, bei denen ich wirklich denke, das ist rein subjektiv auch als solche zu deklarieren. Das ist allerdings relativ selten, weil ich meist drüber weglese. Wenn ich aber das Gefühl habe, der Autor ist sich dieser Wirkung nicht unbedingt bewusst, dann merke ich es doch an. Gerne auch mit dem Hinweis "Warte aber vielleicht erst noch mal ab, was andere dazu meinen" oder ich spreche (in Foren) konkret die anderen Kritiker auf, ihre Meinung zu sagen.
Aber dass man natürlich häufig die eigene Wahrnehmung generalisiert, ist klar und mMn nicht komplett vermeidbar. Aber dafür hat ein Autor ja in der Regel mehrere Betas und zweitens erwarte ich auch vom Autor, dass er meine Kritik selbst noch mal hinterfragt und im Hinterkopf hat, dass nicht jeder Leser gleich tickt.
ZitatWorüber ich mir nicht mehr so im Klaren bin, ist, ob es wirklich Sinn macht, den genauen Grund einer Kritik stets auszuformulieren. Ich habe es ein paar Mal erlebt, dass meine Betaleser eine Stelle kritisiert haben mit der Begründung "weil....", ich dann aber festgestellt habe, dass dies gar nicht der Knackpunkt war. Sie lagen zwar vollkommen richtig. Da stimmte was nicht. Aber der Grund war ein vollkommen anderer.
Das ist ebenfalls ein wichtiger Punkt! Bei Autoren, die ich gut kenne, merke ich oft auch nur noch an, dass da was nicht passt. Aber es ist viel häufiger, dass der eigentliche Knackpunkt woanders liegt, bzw. die beste Veränderung woanders liegt, als man beim betalesen gedacht hat. Und deswegen bin ich auch so für den Austausch zwischen Autor und Kritiker, bzw. eben dafür, nicht nur eine Veränderungsmöglichkeit anzubieten, sonderen mehrere. Dann taucht man auch selbst tiefer in den Text ein.
Zur "Verzerrung des Textes" sage ich mal ganz fies: Da muss der Autor mit leben und auch dafür hat er ja normalerweise mehrere Betas. Immerhin muss er nicht jede Kritik umsetzen. ;)
Aber eine bewusste Haltung gegenüber dieser Wahrnehmungsbeeinflussung ist immer sinnvoll. Und oft bemerkt man das auch selbst, wenn man sich beobachtet, oder einfach klar macht, wo stehe ich mit meinem Schreiben eigentlich gerade.
Ich glaube, ein grundlegendes Problem vieler Betaleser ist, dass sie zuviel auf einmal machen (wollen).
Ein Betaleser ist zunächst einmal dazu da, den Gesamteindruck des Textes zu reflektieren.
Daneben kann er den Finger auf die Stellen legen, an denen der Text holpert.
Das ist so etwas wie ein Vor-Lektorat.
Viele Beta-Leser (und da schließe ich mich nicht aus) verfallen aber nahezu automatisch in den "all inklusive"-Modus, das heißt, sie machen gleich noch etwas Korrektorat nebenher. Und das kann, wenn der Autor Pech hat, mit der eigentlichen Aufgabe der Betas clashen. Dann passiert es leider manchmal, dass der Beta vor lauter Bäume abholzen keinen Wald mehr sieht (oder noch schlimmer, ihn gleich komplett abholzt).
Zitat von: Alana am 03. April 2014, 12:42:12
Betalesen ist unbedingt was für Anfänger. Dabei lernt man meiner Meinung nach nämlich extrem viel. Ich hab dazu schon lange einen Blogartikel geplant. Ich dachte nur immer, das interessiert eh keinen. Vielleicht sollte ich den doch endlich mal fertig machen.
Da möchte ich erheblich widersprechen.
Ein Betaleser ist ein Kritiker. Das ist ein Ausbildungsberuf und gute Kritiker sind selten - so selten, dass man am Feuilleton das Niveau einer Tageszeitung erkennt.
Natürlich wird man Betaleser solcher Qualität nicht an die Hand bekommen. Aber es nicht nur so, dass schlechte Kritiker schlechte Kritiken liefern, es ist auch so, dass gute Anfänger nicht unbedingt bei schlechten Fortgteschrittenen in die Lehre gehen sollten... ::)
Zitat von: Churke am 04. April 2014, 15:58:39
Da möchte ich erheblich widersprechen.
Ein Betaleser ist ein Kritiker. Das ist ein Ausbildungsberuf und gute Kritiker sind selten - so selten, dass man am Feuilleton das Niveau einer Tageszeitung erkennt.
Natürlich wird man Betaleser solcher Qualität nicht an die Hand bekommen. Aber es nicht nur so, dass schlechte Kritiker schlechte Kritiken liefern, es ist auch so, dass gute Anfänger nicht unbedingt bei schlechten Fortgteschrittenen in die Lehre gehen sollten... ::)
Hm... also in beiden (von mir hervorgehobenen) Punkten kann ich dir eigentlich nicht widersprechen. Nur ergeben sich hieraus zwei Fragen:
1. In wiefern kann die Tätigkeit des Betalesens mit der eines (Literatur-)Kritikers überhaupt gleichgesetzt werden?
2. Was macht denn einen guten Betaleser nun konkret aus? Kann man das überhaupt verallgemeinern, oder ist das auch vom Autor und dessen Erwartungen selbst abhängig?
Bitte nicht einen Betaleser mit einem Kritiker/Lektor gleichsetzen. Betaleser erfüllen in meinen Augen nicht diese Funktion! Viel wichtiger an meinen Betas ist mir ihre Rückmeldung bezüglich des Eindrucks den sie vom Text gewonnen haben, Sympathie zu Figuren, Anschaulichkeit des Textes etc. Da kann gerade ein "unbedarfter" deutlich besser Rückmeldung geben als jemand mit massiver Fachkompetenz der sich vermutlich eher auf die fachlichen Aspekte stürzen wird und dabei jegliches "Gefühl" für einen Text verliert. Denn seien wir mal ehrlich: Wenn ich einen Text auf Herz und Nieren prüfe, versinke ich wohl kaum darin, lasse mich nicht mitreißen und kann auch kaum mit dem Figuren mitfühlen. Dann bin ich gedanklich ganz wo anders.
Zitat von: Christopher am 04. April 2014, 16:15:02
Bitte nicht einen Betaleser mit einem Kritiker/Lektor gleichsetzen. Betaleser erfüllen in meinen Augen nicht diese Funktion! Viel wichtiger an meinen Betas ist mir ihre Rückmeldung bezüglich des Eindrucks den sie vom Text gewonnen haben, Sympathie zu Figuren, Anschaulichkeit des Textes etc. Da kann gerade ein "unbedarfter" deutlich besser Rückmeldung geben als jemand mit massiver Fachkompetenz der sich vermutlich eher auf die fachlichen Aspekte stürzen wird und dabei jegliches "Gefühl" für einen Text verliert. Denn seien wir mal ehrlich: Wenn ich einen Text auf Herz und Nieren prüfe, versinke ich wohl kaum darin, lasse mich nicht mitreißen und kann auch kaum mit dem Figuren mitfühlen. Dann bin ich gedanklich ganz wo anders.
Danke Christopher, du sprichst gerade genau das aus, was ich dachte.
Es geht beim reinen Betalesen nicht um ein professionelles Lektorat oder Korrektora. Es ist nur die Vorstufe dessen, was später ein richtiger Lektor/Korrektor machen soll. Betaleser können Profis sein, müssen es aber nicht. Ein Betaleser, der hier z.B. innerhalb des Forums gesucht wird, muss nicht einen solchen Anspruch an sich haben noch ist es am Autor, einen solchen Anspruch zu erwarten. Wer ein professionelles Lektorat haben möchte und keinen Verlag hat, soll dafür bei entsprechenden Anbietern dafür zahlen.
ZitatWenn ich einen Text auf Herz und Nieren prüfe, versinke ich wohl kaum darin, lasse mich nicht mitreißen und kann auch kaum mit dem Figuren mitfühlen. Dann bin ich gedanklich ganz wo anders.
Ein klares Jain. Ich durfte schon Endkorrektorate machen, während derer ich mich ertappte, nur fieberhaft zu lesen, ohne meiner Aufgabe nachzukommen, weil der Text mich derart mitriß. Also das letzte Kapitel noch einmal durchgehen! :)
Anjana,
Eigentlich weiss man ja, dass nicht jeder Leser gleich tickt. Aber es ist schon schwierig, ganz klare Signale zu geben, wann man eine Änderung für absolut notwendig hält und wann man selber nicht 100% sicher ist.
FeeamPC,
Wahrscheinlich hast du recht. Ein Betaleser will oft gleich der Lektor sein, natürlich gut gemeint, und schiesst vielleicht übers Ziel hinaus. Gerade die Sache mit dem Korrektorat, da habe ich enorm Mühe. Irgendwie kann ich fast nicht anders, als Fehler anstreichen, die mir beim Lesen auffallen. Aber durch die ständigen, kleinen Unterbrechungen (auch wenn es nur eine Kommasetzung ist) verliere ich schon auch ein kleinwenig den Blick für den Gesamttext oder das Kapitel. Das sind zwar Nuancen, aber sie mehren sich halt.
Churke,
Klingt aber jetzt alles etwas vage. Was ist denn für dich ein guter und ein schlechter Kritiker genau? Darüber ist man sich ja nicht einig, weil Betalesen keinen allgemein gültigen Regeln unterstellt ist. Denkst du nicht, es gibt Kritiker, die für die einen geeignet sind und für andere überhaupt nicht? Klar, es gibt sicherlich ein paar wenige ungeschriebenen Gesetze, die für fast alle wünschenswert sind. Aber man kann diese auch ganz schnell über Bord werfen. Nehmen wir an, jemand kommt daher und zerreisst deinen Text auf ziemlich derbe Weise, beleidigt dich und dein Werk und zerreisst es in der Luft, macht ungenaue Angaben, liefert keine Begründungen etc.. Ist die Kritik dann sofort umsonst? Ich bin mir da nicht mal sicher. Noch wenn der Kritiker in seiner Kritik schlecht ist, kann der Autor was dabei lernen. Entweder findet er in dieser schlechten Kritik das Korn Wahrheit (denn aus irgendeinem Grund hat es ihm ja nicht gepasst) oder du kannst an diesem Kritiker wachsen, indem du deine Position, also deine Überzeugung für dein Buch, stärkst.
Was wohl aber bei Anfängern wichtig ist, ist die Kommunikation untereinander. Wenn man denkt, etwas sei jetzt nicht gut abgelaufen, dann sollte man das zur Sprache bringen. Sonst hat man wirklich nichts gelernt.
Noch was anderes:
Was ich übrigens nicht so gut finde, ist, wenn man sich als Betaleser/-in anmeldet, aber dann keine Rückmeldung mehr gibt, wenn der Autor den Text geschickt hat. Das ist mir schon passiert, und das hinterlässt irgendwie ein komisches Gefühl. Da steht man so da und fragt sich, was denn jetzt mit diesen eigentlich vertraulichen Daten passiert. Es ist ja noch eines, wenn jemand sagt "Hör mal, ich habe keine Zeit mehr" oder "Es ist nicht so mein Geschmack / mein Stil", aber einfach gar nichts mehr rückmelden finde ich beunruhigend.
@Churke:
1. Wer sagt dir, dass jedes Manuskript, was betagelesen wird, von einem schlechten Autor stammt?
2. Jeder, der viel liest, kann ein guter Kritiker sein. Der kann vielleicht nicht immer sagen, wie man den Schaden beheben kann, der weiß aber oft sehr genau, an welcher Stelle es nicht passt.
3. Wie willst du Leuten die Möglichkeit zum lernen geben, wenn du sie nicht üben lässt?
Zitat von: FeeamPC am 04. April 2014, 15:02:19
Ich glaube, ein grundlegendes Problem vieler Betaleser ist, dass sie zuviel auf einmal machen (wollen).
Ein Betaleser ist zunächst einmal dazu da, den Gesamteindruck des Textes zu reflektieren.
Daneben kann er den Finger auf die Stellen legen, an denen der Text holpert.
Guter Punkt!
Was mir hier in der Diskussion auch noch ein bisschen fehlt bzw. ja nur einmal kurz angesprochen wurde, ist, dass Betas sich ja auch spezialisieren können bzw. es doch gar nicht nötig ist, immer alles von allen betazulesen und betalesen zu lassen. Oder als Betaleser-Anfänger sofort mit 100% vom Text einzusteigen. Ich bin selbst großer Fan von Aufgabenteilung, also jemanden zu haben, der mit mir die Charakterisierung durchspricht, jemanden für die Korrektheit der Recherche, jemanden für den Spannungsbogen, für die Sexszenen, für den Stil, für Rechtschreibung und Grammatik, für die Gesamtstimmung...
Das nimmt weniger Zeit der einzelnen Personen und mir selbst in Anspruch, als Autor kann man sich aussuchen, was man jetzt vielleicht nochmal braucht, man kann vielleicht sogar schon während des Schreibprozesses miteinander arbeiten, jeder arbeitet mit kürzeren Abschnitten, etc. und es kann ja trotzdem am Ende nochmal jemand drüberlesen, das ist ja nicht ausgeschlossen. Das hier ist dann mehr eine Puzzle-Herangehensweise, aber halt eine Alternative und ich prsönlich finde es weniger anstrengend, als von x Betalesern jeweils eine Komplettkorrektur zurückzubekommen wenn der Schreibprozess (vor Wochen) schon abgeschlossen war. Und da kann man als Anfänger auch leichter einsteigen, weil man ja meistens was hat, was man gut kann: Spannungsbogen betrachten, Sexszenen verbessern, beschriebene historische Abläufe entwirren. Ich zum Beispiel bin kein guter Betaleser in diesem klassischen Komplettbeta-Sinne, aber Plots und Spannungsbögen durcharbeiten in einem Text oder halt Recheche-Sachen zu meinen Themen oder oder oder, das macht mir Spaß und da kann ich dann auch mitmachen. Und da lenkt man sich dann ja auch mit dem angesprochenen Lektorat nicht mehr ab, weil man ja weiß, dass das jemand anderes macht.
Ist aber, das gebe ich zu, eher mit Freunden/Bekannten oder Leuten, auf die man sich verlassen kann, durchzuziehen. Ich kann mir das nicht vorstellen, hier im Zirkel nach Leuten für irgendwie sieben Spezialaufgaben zu fragen und dann zu erwarten, dass da auch alles am Ende irgendwann wieder bei mir ankommt.
Zitat von: Cailyn am 04. April 2014, 16:23:26
Ein Betaleser will oft gleich der Lektor sein, natürlich gut gemeint, und schießt vielleicht übers Ziel hinaus. Gerade die Sache mit dem Korrektorat, da habe ich enorm Mühe. Irgendwie kann ich fast nicht anders, als Fehler anstreichen, die mir beim Lesen auffallen.
Kommt mir bekannt vor. :)
Ich hatte auch schon überlegt, wie eigentlich die richtige Reihenfolge ist.
Für mein Empfinden muß zuerst ein Korrektorat sein, das den größten Teil der Rechtschreibfehler, Satzumbauruinen und schlechte Grammatik beseitigt, bevor man jemanden auf die größeren, inhaltlichen Sachen ansetzt. Mich zumindest haut sowas (wenn es in nennenswertem Umfang vorkommt) auch derart aus dem Lesefluß, daß ich nur noch den ganzen Kleinkram anmäkeln kann. Die Geschichte selbst geht dabei völlig unter.
Danach eine oder zwei Überarbeitungen, und dann da abschließende Testlesen.
Andererseits könnte man als Autor denken, wenn die Reaktionen der Testleser größere Änderungen auslösen, gibt es ja wieder einen Haufen neuen Text mit vielen Chancen für Rechtschreib- und Grammatik-Fehler. So gesehen könnte man das Korrektorat, das ja an der Geschichte, Spannungsbögen etc. nichts mehr ändert, ans Ende verlegen. Das würde aber Testleser mit einer u.U. extrem hohen Toleranzschwelle erfordern.
Wenn ab und zu noch mal ein Vertipperli oder so drin ist, finde ich es aber völlig in Ordnung, das auch als Testleser anzustreichen. Halt unter der Bedingung, daß die Dinger zu selten sind, um einen wirklich rauszuwerfen.
Wenn ich es schaffe, zeitlich einen oder mehr Betaleser einzubinden, dann stelle ich konkrete Fragen und möchte daneben noch einen allgemeinen Eindruck, ein Stimmungsbild ähnlich einer Rezension über meinen Text.
Ein Lektorat ode Korrektorat erwarte ich nicht.
Eine meiner Novellen (Zwischen den Toren) hat in einem Blog eine wirklich vernichtende Kritik bekommen und zugleich hat sich die Bloggerin die Mühe gemacht, mir eine ganze Liste von Punkten zu schicken, wo ihr Fehler und Verbesserungsmöglichkeiten eingefallen sind.
Daraufhin habe ich sie zur Betaleserin vom ersten Band meiner Erdenweber-Reihe gemacht. Und da bekam ich wirklich fast schon ein Lektorat mit vielen Anmerkungen am Anfang und immer weniger gegen Ende. (Ich bin offenbar die Sorte Autorin, die sich warmschreibt an einer Geschichte). Wenn ich mal Zeit finde, überarbeite ich das ganze nach ihren Tipps, denn bei ihr habe ich das Gefühl, sie hätte wirklich das Zeug als professionelle Lektorin.
Selber schreibt sie auch, aber ich kann ihr im Gegenzug nur immer eine kurze, allgemeine Meinung anbieten, zum genauen Drüberschauen habe ich meist keine Zeit.
Also wenn man als Autor einen Betaleser findet, der genau auf der Zielgruppenwelle schimmt und wirklich super weiterhilft, unbedingt warmhalten!
Zitat von: Nandriel am 04. April 2014, 16:08:59
1. In wiefern kann die Tätigkeit des Betalesens mit der eines (Literatur-)Kritikers überhaupt gleichgesetzt werden?
Ich setze nicht die Tätigkeiten gleich, sondern die Fähigkeiten.
Zitat
2. Was macht denn einen guten Betaleser nun konkret aus?
S. unten. Natürlich hängt das auch etwas mit der Erwartungshaltung des Autors zusammen.
Zitat von: Cailyn am 04. April 2014, 16:23:26
Klingt aber jetzt alles etwas vage. Was ist denn für dich ein guter und ein schlechter Kritiker genau?
Ein guter Kritiker besitzt die Fähigkeit, ein Werk in seiner Struktur zu analysieren. Wo der *normale* Leser nur urteilen kann, ob etwas gefällt oder nicht, kann der gute Kritiker sagen, ob und warum etwas gut oder schlecht. Er kann sagen, warum der Leser so urteilt wie er urteilt. Und das ist auch genau, was den guten vom schlechten Kritiker unterscheidet. Wenn der Feuilletonist sich emotional begeistert zeigt, dann heißt das in der Regel, dass ihm nichts Vernünftiges einfällt und er von der Sache nichts versteht.
Zitat
Denkst du nicht, es gibt Kritiker, die für die einen geeignet sind und für andere überhaupt nicht?
Nein.
Erfahrungswert. Meine Mutter macht den Job seit 35 Jahren.
Zitat von: Alana am 04. April 2014, 16:41:08
@Churke:
1. Wer sagt dir, dass jedes Manuskript, was betagelesen wird, von einem schlechten Autor stammt?
2. Jeder, der viel liest, kann ein guter Kritiker sein. Der kann vielleicht nicht immer sagen, wie man den Schaden beheben kann, der weiß aber oft sehr genau, an welcher Stelle es nicht passt.
3. Wie willst du Leuten die Möglichkeit zum lernen geben, wenn du sie nicht üben lässt?
So habe ich das jetzt nicht gemeint. Aber man muss einfach sehen, dass man als Betaleser wahrscheinlich kein perfektes Meisterwerk auf die Platte bekommt und nun soll man die Fehler suchen.
ZitatWo der *normale* Leser nur urteilen kann, ob etwas gefällt oder nicht, kann der gute Kritiker sagen, ob und warum etwas gut oder schlecht. Er kann sagen, warum der Leser so urteilt wie er urteilt. Und das ist auch genau, was den guten vom schlechten Kritiker unterscheidet.
Auf mich wirkt das konservativ. Gut-schlecht, schwarz-weiss, fertig. Das kann doch jetzt nicht dein Ernst sein. ::)
Das wäre ja nun wirklich extrem einfach, extrem simpel. Da möchte ich gerne mal wissen, wo schwarz auf weiss geschrieben steht, was gut und was schlecht ist. Du vergisst hier, dass Analyse - egal in welchem Gebiet - immer ein subjektives Resultat ergibt. Es ist nämlich nicht messbar, und zwei verschiedene Kritiker sagen kaum je etwas deckungsgleich. Auch wenn es zig Bücher über Literatur gibt, Linguistik, Stilistik... etc., das sind keine Paragraphen und Artikel wie in der Gesetzgebung, sondern Beobachtungen von Menschen, die sich jahrelang mit Literatur befasst haben (wie z.B. deine Mutter). Das ist sicher eine tolle und ehrbare Sache. Aber es ist und bleibt eine Grauzone, wo es im Grunde keine in Stein gemeisselte Regeln gibt. Und wenn es sie gäbe, dann würde mich interessieren, warum wir heute nicht genau gleich schreiben wie noch vor 100 Jahren. Warum entwickeln wir uns in der Literatur weiter? Wenn es Regeln und Gesetze gäbe, die genau sagen könnten, was gut oder schlecht ist, dann wären wir immerzu an derselben Stelle. Aber so ist es nicht. Die Literatur hat sich weiterentwickelt, weil es immer wieder Autoren gab, welche die gerade aktuell laufenden "Modewellen" gebrochen haben. Daraus haben sich neue Stile und auch Genres entwickelt.
Ich bin vollends damit einverstanden, dass gelernte Kritiker generell einen stärkeren Bezug zu Literatur haben. Sie können mehr Vergleiche anstellen, weil sie in den meisten Fällen auch belesener sind. Und natürlich durchschaut ein Profikritiker das Gerüst eines Werkes inklusive eingesetztes Füllmaterial viel besser und auch schneller als ein Laie. Aber das hat noch gar nichts mit einem Urteil zu tun. Das ist Beobachtung. Sicher führt das dazu, dass ein gelernter Kritiker eine Sache effizienter beleuchten kann. Aber es führt ganz sicher nicht zu einer besseren Urteilsfähigkeit. Es wäre viel zu plump, wenn Literatur so funktionieren würde. So wie die Grammatik kein starrer Rahmen ist, sondern sich von der gesprochenen Sprache ableitet (und nicht umgekehrt, wie oft angenommen), ist auch die Literatur kein starr gesetzter Rahmen.
Zitat von: Cailyn am 04. April 2014, 22:43:03
Das wäre ja nun wirklich extrem einfach, extrem simpel. Da möchte ich gerne mal wissen, wo schwarz auf weiss geschrieben steht, was gut und was schlecht ist. Du vergisst hier, dass Analyse - egal in welchem Gebiet - immer ein subjektives Resultat ergibt.
Ersteinmal möchte ich das gerne einmal so unterstreichen.
Vor allem aber gibt es doch einen klaren Unterschied zwischen professionellen (gelernten) Kritikern und Betalesern (um die es hier schließlich eigentlich geht). Die Frage war doch eigentlich, was genau man beim Betalesen zu beachten hat, was sich ein Autor wünscht, oder?
Zitat von: Churke am 04. April 2014, 15:58:39
Da möchte ich erheblich widersprechen.
Ein Betaleser ist ein Kritiker. Das ist ein Ausbildungsberuf und gute Kritiker sind selten - so selten, dass man am Feuilleton das Niveau einer Tageszeitung erkennt.
Natürlich wird man Betaleser solcher Qualität nicht an die Hand bekommen. Aber es nicht nur so, dass schlechte Kritiker schlechte Kritiken liefern, es ist auch so, dass gute Anfänger nicht unbedingt bei schlechten Fortgteschrittenen in die Lehre gehen sollten... ::)
"Schlechte Kritiken". Der Leser, dem man sein Buch anbietet, bildet sich eine Meinung. Er kann sagen, was ihm gefallen hat und was nicht. Und er hat recht damit. Wenn es darum geht, ein Buch nach gekonnt angewandten Stilmitteln zu analysieren, kann sicherlich ein gelernter Kritiker die Aufgabe besser erfüllen.
Betaleser erfüllen für mich eine vollkommen andere Funktion. Sie sind eben das, "Leser", also die Menschen, die man als Autor irgendwann erreichen möchte. Wenn ein Betaleser sagt, eine bestimmte Stelle gefällt ihm nicht, dann ist das so. Ob das nun eine "gute" oder "schlechte" Kritik ist, ist nicht die Frage. Es ist eine Meinung. Danach muss sich der Autor nicht richten, zumal er normalerweise mehr als einen Beta hat. Wenn sie alle an einer bestimmten Stelle meckern, sollte man sich allerdings ernsthaft fragen, woran das liegen kann.
Was ich eigentlich sagen will: Betaleser, die selbst schreiben, lesen vermutlich anders als jemand, der nicht schreibt. Aber es bleiben Beta
leser. Um sich eine Meinung zu bilden, braucht man keine Ausbildung.
Zitat von: Churke am 04. April 2014, 15:58:39Aber es nicht nur so, dass schlechte Kritiker schlechte Kritiken liefern, es ist auch so, dass gute Anfänger nicht unbedingt bei schlechten Fortgteschrittenen in die Lehre gehen sollten... ::)
Beim letzten Teil stimme ich so, wie du es sagst, zu. Allerdings sehe ich Betalesen zwar als Lernprozess, aber nicht als "Lehre" an. Bei anderen festzustellen, was störend ist, ist schließlich tausend mal leichter, als es selbst besser zu machen. Also sollte man sich nicht unbedingt abgucken, wie andere es machen (was natürlich trotzdem möglich ist, wenn es gut gefällt), sondern sich merken, was NICHT gefällt und das bei eigenen Projekten vermeiden. Während man bei anderen auf den "Fehler-such-Modus" eingestellt ist, kann man meiner Meinung nach auch in eigenen Arbeiten leichter Umstimmigkeiten finden.
Also Kritiker und Betaleser sind für mich auch vollkommen unterschiedliche Dinge.
Ein Kritiker fällt ein Urteil über ein fertiges Werk. Er informiert andere (und natürlich den Autor) über seine Einschätzung des Werkes. Er hat aber in keinster Weise das Interesse, dass dieses Werk aufgrund seiner Einschätzung verändert wird.
Ein Betaleser ist aber jemand, dessen Ziel es ist, dem Autor bei der Verbesserung des Textes zu helfen. Er beurteilt ein entstehendes Werk und kein fertiges. (Ausnahmen sind vielleicht finale Testleser, aber selbst die Lesen in dem Wissen, dass der Text noch geändert werden kann.)
Aber Betalesen ist und bleibt immer etwas, dass unterschiedlich ausfällt, weil zuviele Faktoren beeinflussen. Allein hier im Thread zeigt sich schon der große Einfluss der subjektiven Haltung dazu. Dann ist da noch der Stand des Textes. Eine Rohfassung eines Anfängers muss man ganz anders angehen, als die x-mal überarbeitete Fassung eines (Beinahe-)Profis. Vorgaben vom Autor beeinflussen ebenfalls.
Vielleicht spielt auch das Selbstverständnis noch eine große Rolle. Versteht man sich als Lernenden, der mit anderen Schreibern quasi gemeinschaftlich übt oder sieht man sich als Versuchs-Prüfer?
ZitatBei anderen festzustellen, was störend ist, ist schließlich tausend mal leichter, als es selbst besser zu machen. Also sollte man sich nicht unbedingt abgucken, wie andere es machen (was natürlich trotzdem möglich ist, wenn es gut gefällt), sondern sich merken, was NICHT gefällt und das bei eigenen Projekten vermeiden. Während man bei anderen auf den "Fehler-such-Modus" eingestellt ist, kann man meiner Meinung nach auch in eigenen Arbeiten leichter Umstimmigkeiten finden.
Das möchte ich auch noch mal herausstellen.
Vielleicht empfinden unterschiedliche Autoren das auch unterschiedlich. Ich bin jemand, der alles selbst verstehen muss, damit ich es als sinnvoll akzeptieren kann. Wenn jemand sich hinstellt und mir zehn mal sagt "das macht man aber so und so", dann kaufe ich ihm das trotzdem nicht ab. Nicht mal, wenn er ein Bestsellerautor ist. Ich muss diese Erkenntnis für mich selbst gewinnen. Und gerade bei den Dingen, die man als Autor völlig anders empfindet als der Leser, kann ich das nur im Kommentarmdus und nur bei fremden Texten.
Ich streite nicht mal ab, dass ich inzwischen selbst zu den meisten Erkenntnissen der Schreibratgeber gekommen bin. Aber ich verstehe sie oft anders, als die (meiner Meinung nach immer zu kurz gefasste) Aussage in den Ratgebern selbst. Auch das hätte ich nie ohne die Auseinandersetzung mit fremden Texten und die daraus resultierenden Experimente mit meinen eigenen Texten gelernt.
Ich hätte da eine Idee / Frage:
Wäre es nicht evtl. sinnvoll, zusammen mit der Suche nach Betalesern eine Leseprobe mit einzustellen? Dann könnten potentielle Interessierte über den Inhalt hinaus auch schon gucken, ob sie mit dem Stil überhaupt klar kommen und es würde evtl. erst gar nicht dazu kommen, dass man als Beta irgendwann abbricht, weil man eben vorher schon weiß, worauf man sich einlässt.
Hierfür könnte es ja, sofern das überhaupt möglich ist, in einem der zugangsbeschränkten Teile des Forums einen Thread geben, in dem ausschließlich solche Leseproben gepostet werden (vielleicht so 500-1000 Wörter, um auch wirklich einen Eindruck zu bekommen?), aber niemand kommentieren oder sonst irgend etwas schreiben darf. Man könnte dann ja ggf. auf diesen Thread verlinken und eine Diskussion an die entsprechenden Stellen auslagern.
Oder ist sowas gar nicht gewünscht (oder gibt es das etwa schon, und ich als Neuling kann den Bereich nur nicht einsehen)? Jedenfalls wäre das meine Idee, um ggf. potentiellen Betas ihre Entscheidung etwas zu erleichtern.
Ich biete interessierten Betas an, zunächst ein Probekapitel zu schicken. Eine Leseprobe zur Ansicht für alle würde ich ungern einstellen.
Bisher lief es so, dass, wenn sich jemand für den Text interessiert, sich aber wegen Stil etc. nicht sicher ist, erstmal ein Probekapitel bekam, um zu sehen, ob er damit klarkam. Die Beta-Neulinge, die bei mir mitmachen wollten, haben bisher auch immer im Vorhinein gesagt, dass sie zum ersten Mal betalesen und gefragt, ob das für mich okay ist bzw. ich schreibe dann auch dazu, dass diese sich gerne auch anmelden dürfen. Ich denke, so kann man durchaus weiter verfahren.
Maja wollte (soweit ich weiß) hier ja kein Textkritikerforum haben (die gibt es anderen Orts schon genug), sondern uns nur die Möglichkeiten bieten, Betaleser für unsere Projekte zu suchen. Ich für meinen Teil werde hier keine Texte einstellen, damit sie diskutiert werden.
Wer einen Überblick über den Stil einiger Autoren haben mag, kann dazu in den externen Tintenschnipseln lesen, sofern der Autor dort vorhanden ist (Achtung separte Anmeldung erforderlich) oder denjenigen entsprechend auf ein Probekapitel ansprechen.
Aso, na dann schnell wieder vergessen bitte :)
Es stimmt natürlich, vermutlich reicht es tatsächlich, wenn einfach bei generellem Interesse ein Probekapitel verschickt wird. War auch nur eine Idee, um sich diesen Schritt ggf. zu sparen.
(Dass das TiZi kein Textkritikforum sein soll ist mir schon bewusst, darum ja auch der Zusatz, dass die Leseproben nicht kommentiert werden sollten und dass das wenn dann in einem zugangsbeschränkten Bereich stehen müsste)
Zitat von: Nycra am 07. April 2014, 13:04:04
[...] Wer einen Überblick über den Stil einiger Autoren haben mag, kann dazu in den externen Tintenschnipseln lesen, sofern der Autor dort vorhanden ist (Achtung separte Anmeldung erforderlich) oder denjenigen entsprechend auf ein Probekapitel ansprechen.
Was sind denn externe Tintenschnipsel? ???
Ist zwar OT:
Zitat von: Nandriel am 07. April 2014, 13:17:20Was sind denn externe Tintenschnipsel? ???
Tintenzirkler dürfen hier Texstellen posten, die dann ggf. kommentiert/kritisiert werden. Hier (http://tintenschnipsel.livejournal.com/) geht es lang.
Zitat von: Nandriel am 07. April 2014, 13:17:20(Dass das TiZi kein Textkritikforum sein soll ist mir schon bewusst, darum ja auch der Zusatz, dass die Leseproben nicht kommentiert werden sollten und dass das wenn dann in einem zugangsbeschränkten Bereich stehen müsste)
Selten genutzt, aber in der Skriptschmiede ist es durchaus erlaubt und erwünscht, bis zu 10 Normseiten einzustellen und auch zu kommentieren: http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,8987.0.html
Hier geht es um die Begutachtung der gesamten Bewerbung, also nicht zwangsläufig darum, Kleinstkritik zu üben, sondern zu schauehn, ob der Text reif fürs Wegschicken ist. Ein Lektor erkennt ja normalerweise ein Textpotential, selbst wenn nicht jedes Wort an der richtigen Stelle sitzt.
Das ist übirgens auch das, worauf ich mich mittlerweile beim Betalesen fokussiere: Stimmt die Sturktur des Textes? Das Tempo? Sind die Figuren lebendig und konsistent? Und wenn nicht: Mit welchen kleinen Kniffen kann das behoben werden? Stimmt die Struktur insgesamt, reicht es ja meistens, Sätze aktiver zu formulieren, Dialoge mehr auf die Figur zuzuschneidern, ernsthafter oder jugendlicher zu formulieren etc.
*Staubsauger wrum wrum*
Ich wollte mal gerne etwas Senf zu der ursprünglichen Fragestellung loswerden und noch mit paar weiteren Fragen herumwerfen :P
Ich hab e jetzt auch mit meinem ersten Beta-Roman angefangen und habe großen Spaß daran. Was die Technik angeht, da ziehe ich es vor über Handy etc zu arbeiten und meine Notizen und Kommentare später in die Datei am PC zu übertragen. Wie hier auch schon erwähnt wurde, finde ich es gut, wenn man auch zwischendurch Kommentare einfügt, als Ausdruck dessen was einem als Leser gerade bei der besagten Szene durch den Kopf geht und sei es einfach nur "rofl".
Ich finde auch das zwischen Beta und Kritik ein unterschied besteht. Als Kritiker kann ich schon recht herzlos sein und es ist mir egal, was der Autor von meiner Kritik hält. Als Beta möchte ich den Autor unterstützen, dass es zu einer Veröffentlichung kommt, nicht dazu bringen sich auf die Fensterbank zu stellen. Letztendlich macht es einen sicher stolz, wenn etwas veröffentlicht wird und man sagen kann "ich durfte helfen".
Beta-lesen ist auf jedem Fall eine lohnenswerte Arbeit. Zum einen hat man eine frischgebackene Story, die einem im Laden oder online vielleicht gar nicht aufgefallen wäre, obwohl einem das Thema zusagt, zum anderen hilft einem jedes Buch, den eigenen Wortschatz und Stil weiterzuentwickeln.
Ich mache auch gerne alles gleichzeitig, also im selben Zug Grammatik und Inhaltsfehler suchen. Ich empfinde es so, das bei mir einfach automatisch eine Lampe aufleuchtet, wenn in einem Satz irgendetwas nicht fehlerfrei und fliessend ist. Aber es gibt schon einige Dinge, bei denn ich mich frage, ob ich meine Beta-Arbeit gut mache:
-Wenn ich seitenweise keine Fehler finde, war ich dann unaufmerksam, oder hatte der Autor nen guten Tag? ;D
-Wie viel Kritik ist zu viel oder zu wenig?
Hier im Thread haben sich hauptsächlich Beta-Leser mit ihren Erfahrungen gemeldet, was mich aber auch interessieren würde: Wie denken die Autoren über ihre Betas, bzw was stellt sich als besonders hilfreich heraus oder was wird als störend empfunden?
Zitat von: Lina Franken am 22. Januar 2016, 23:24:57
Hier im Thread haben sich hauptsächlich Beta-Leser mit ihren Erfahrungen gemeldet, was mich aber auch interessieren würde: Wie denken die Autoren über ihre Betas, bzw was stellt sich als besonders hilfreich heraus oder was wird als störend empfunden?
Dann will ich diese Frage doch mal aus Autorensicht beantworten. ;)
Ich habe schon ziemlich viele unterschiedliche Betas gehabt und was ich als hilfreich empfunden habe, hat sich im Laufe der Zeit auch geändert. Anfangs fand ich stilistische Hinweise sehr hilfreich, inzwischen nehme ich kaum noch welche an und wenn dann erst im letzten Durchgang, der nur noch für stilistisches gedacht ist. Solange ich weiß, dass ich noch ganze Passagen umschreiben oder streichen werde, sollen sich Betas diese Mühe nicht machen. Außerdem halte ich meinen Stil inzwischen für ausreichend gefestigt, dass ich ihn selbst in den Überarbeitungsdurchgängen schleifen kann (Laut lesen ist da super, am besten aufgenommen und man hört es sich dann noch mal an). Aus diesem Grund brauche ich bei den ersten 2-3 Durchgängen Betas, die den Stil ausblenden können und nur auf Figuren und Plot schauen.
Ganz grundsätzlich finde ich auch die Rückmeldungen über die Figuren, die innere Logik und die Dramaturgie am wichtigsten.
Eine meiner liebsten Betas ist eine reine Leserin, die mir nach jedem Kapitel neben der Rückschau übers Kapitel auch schreibt, was sie in den nächsten erwartet oder befürchtet. Sie binde ich gerne schon in den Schreibprozess ein, eben weil sie überhaupt nicht auf den Stil achtet und nicht von handwerklichen Dingen abgelenkt wird, so wie die schreibenden Betas. Sie legt den Finger immer ganz wunderbar auf grundsätzliche, strukturelle Probleme, die für Autoren meiner Meinung nach oft durch die handwerkliche Ebene verdeckt wird.
Also störend empfinde ich inzwischen fehlenden Austausch und die Unfähigkeit Anmerkungen, die als reine Geschmackssache entlarvt sind, nicht zu unterlassen. Allerdings ist mir das schon lange nicht mehr begegnet, vermutlich, weil ich einen ziemlich festen Stamm an Betas habe und wir uns dank der Textarbeit im Forum bereits sehr gut kennen.
Und dann noch kurz zu den anderen Fragen. ;)
Zitat-Wenn ich seitenweise keine Fehler finde, war ich dann unaufmerksam, oder hatte der Autor nen guten Tag? ;D
Wenn mir das passiert, frage ich mich ob ich zu stark in den Lesemodus geschaltet habe (was ich als Anmerkung dann aber auch ins Dok schreibe, weil ich das wichtig finde) und lese es noch ein zweites Mal. Bleibt es dabei, gibt es für mich dort nichts zu verbessern.
Zitat-Wie viel Kritik ist zu viel oder zu wenig?
Ich finde, das kommt auf den Text an. Wenn es grundlegende Probleme mit der Figurenzeichnung oder der Perspektive oder der Dramaturgie gibt, beschränke ich mich zunächst darauf und merke nicht auch stilistisches oder RS-Fehler an. (Das gilt aber nahezu ausschließlich für Anfängertexte.) Allerdings breche ich dann auch ab, mit dem Hinweis an welcher Stelle der Autor sich (nochmal) das Handwerk anschauen sollte und biete an, die überarbeitete Fassung noch mal zu lesen. Für mich ist die Autor-Beta-Beziehung im Idealfall immer eine längerfristige.
Anders herum, wenn ich für Stilistisches eingesetzt bin und mir fallen grundsätzliche Dinge auf, merke ich sie an. Aber auch hier frage ich dann in der Regel nach, ob das weiterhin so gewünscht wird, falls ich die Antwort nicht ohnehin schon kenne. ;D
Kurz gesagt, Kommunikation ist das wichtigste. Was erwartet der Autor? Was sieht der Beta? Diese beiden Punkte sollten ruhig frühzeitig oder im Vorfeld geklärt werden.
Mein langjähriger Beta findet bei mir, trotzdem ich vorher sehr sorgfältig auf Fehlersuche gehe und jeden Satz auf die Satzmelodie getestet habe, auf jeder Seite zwei bis etwa fünf Fehler/macht Verbesserungsvorschläge. Er beherrscht die deutsche Sprache auf einer Ebene, die mir wohl ewig fremd bleiben wird. Aber auch er macht zwischendurch seitenweise keine Anmerkungen, da hat ihn der Inhalt dann reingezogen, nehme ich an. Auch in Ordnung.
Kritik? Ein reiner Leser wird auf andere Dinge achten als ein Autor.
(Mir fallen als Beta zum Beispiel sofort Perspektivfehler auf, keine Ahnung, ob ein Leser das überhaupt stört, mich schon.)
Ich gebe nur Texte an Beta, die ich selbst nicht mehr besser hinbekomme und nun betriebsblind für bin.
Wenn jemand mir sagt, wo es bei meinem Text hakt, unverständlich und langweilig wird, und das ist eigentlich das, was mir an Feedback am wichtigsten ist, ändere ich das auf jeden Fall.
Was ich nicht möchte: Das mir jemand seinen eigene Vorstellung meines Buchs/seinen Stil aufdrücken möchte. Das habe ich aber zum Glück bisher nie erlebt.
Allgemein finde ich schon wichtig zu wissen, auf welcher Entwicklungsstufe der Text ist und wie erfahren Beta und Autor selbst sind. Das kann schon ein Problem werden, wenn da zwei Welten aufeinander treffen.
Ich selbst merke als Beta grundlegende Dinge an, die mir aufgefallen sind. Dialoge, die nicht auf die Person zugeschnitten sind, unglaubwürdiges Verhalten, solche Dinge halt. Rechtschreibung, Grammatik und schräge Formulierungen nur, wenn mir etwas in einem ansonsten recht fehlerfreien Text auffällt - weshalb ich darauf achte, schon recht endbearbeitete Texte zu bekommen.
Faszinierend. Für mich ist Betalesen ein ständiger Kommunikationsprozess in beide Richtungen. Als Autor habe ich ständig Rückfragen an den Betaleser und umgekehrt frage ich den Autor Löcher in den Bauch. Ich kenne das garnicht anders und bin deshalb fasziniert zu lesen, dass es wohl oft nicht so läuft. Dementsprechend sehen auch meine Ansprüche an das Thema aus:
- Ständige Kommunikation.
- Anderer Blickpunkt notwendig.
- Spätestens nach jedem Kapitel kurz Rücksprache halten.
- Genaue Festlegung was gewünscht ist und erwartet werden kann.
- Handwerkliche Ergänzung.
Gerade der erste Punkt ist für mich der Wichtigste. Es trifft mich immer ein wenig, wenn ich lese das Schreiben ein einsamer Beruf sei. Da werkele der Autor im Kämmerlein und haut brav was in die Tasten rein. Nein, könnte ich glaube ich garnicht. Wie fandest du die Passage? Ist es glaubwürdig, dass xyz an der Stelle vor die Glaswand gesprungen ist? Wo glaubst du geht die Geschichte hin? Durch das ständige vor und zurück lerne ich persönlich am meisten darüber, wo es im Buch hängt. Der erwähnte andere Blickpunkt ist für mich dabei besonders ansprechend.
Einer meiner Betaleser ist theoretischer Informatikdozent. Ich habe manchmal seine Abhandlungen gegengelesen und kein Wort verstanden. Aber das macht ihn so wertvoll für mich, er sieht Lücken in meinen Geschichten, an die ich nicht einmal im Ansatz gedacht hätte. Gut, ich stimme nicht mit allen überein, aber das muß auch nicht. Im Gegenzug ist das Gegenlesen meiner Partnerin gut für moralischen Aufbau, aber inhaltlich kann ich da nichts mit anfangen. Aber auch das ist wertvoll, Moral ist sehr wichtig für mich. Dementsprechend, um auf das Urthema zurückzukommen, die Anfängerperspektive ist genauso wertvoll für mich, wie die eines Profis. Wichtiger scheint mir eine andere Lebensperspektive zu sein. Schlussendlich hat jeder Betaleser seinen Sinn und bringt sich ein, wie er/sie es kann.
Wenn ich gegenlese, kläre ich vorher ab was gewünscht ist und ob ich da helfen kann. Stilistisch bin ich zu eigensinnig, als das ich da oft wo passe und Verbesserungsideen anbieten könnte - also schweige ich dazu lieber, Kommaregeln gehste am Besten weg bei mir (Kommafreunde sind angeblich bei meinen Texten schonmal weinend zusammengebrochen. ;D). Aber wenn es darum geht, ob ein Charakter sich richtig anfühlt, ob Emotionen aufkommen und die Handlung halbwegs Sinn macht, da bin ich gern dabei.
Beim Betalesen selbst gehe ich so vor:
Jedes Kapitel wird ein Sinnabschnitt, nachdem ich kurz auf einer Seite wiedergebe welche Punkte mir wichtig scheinen und wo ich glaube, dass die Reise hingeht. Da kann der Autor für sich selber rauslesen ob die Intention getroffen wurde und ob der Aufbau glaubwürdig ist. Während dem Lesen selbst, notiere ich am Rand Eingebungen, Fragen und Anmerkungen. Mitunter auch direkte Emotionen. Wieder kann der Autor an der Stelle rauslesen, ob die Intention getroffen wurde. Wenn der Bösewicht groß poltert und meine Reaktion eher Lachen ist, sollte die Rede vielleicht nochmal überarbeitet werden.
Am Rand finden sich also die direkten Textanmerkungen beim Lesen und am Ende des Kapitels folgt ein Abschnitt über den Aufbau.
Mir gefällt diese Art des Feedbacks weil es kein pauschales richtig oder falsch wird, aber trotzdem aufzeigt ob Erwartungen erfüllt wurden und Plot und Text so ankamen wie sie sollten. Dazu gehört dann die wichtige Kommunikationsfrage. Idealerweise fragt der Autor dann gezielt nach einzelnen Aspekten. Zum Beispiel wenn er ganz wichtig Chekhovs Sperrfeuerbatterie groß eingebaut hat, ich die aber nicht als wichtig wahrnehme. Dann geht der Prozess weiter und ich lese das Kapitel noch einmal und schaue ganz explizit warum und wieso es für mich nicht funktioniert hat und lege es dann ausführlich dar.
Ich sehe ein, diese Art zu Arbeiten ist nicht für jeden sinnvoll, und da sind wir denke ich am wichtigsten Punkt beim Betalesen wohl:
Jeder Betaleser ist wertvoll, aber nicht jeder passt zu jedem Autor. Man sollte sich die Leute so suchen, dass sie zu einem passen. Die Chemie sollte stimmen. Ich schreibe hier sollte, meine aber insgeheim zumindest für mich selbst ein MUSS. Betaleser sind für mich ein zu wichtiger Teil der Motivation und der Freude am Arbeiten, als das ich es riskieren möchte, dass ein unpassender Betaleser den Spaß an der Sache nimmt.
Gerade die Auswahl ist manchmal menschlich sehr herausfordernd. Es gibt da bei mir eine Betaleserin die aus familiären Gründen immer mal ein Kapitel mitliest. Sie passt überhaupt nicht zu meinem Stil, Anspielungen gehen an ihr flötend vorbei und Wortwitz prallt einfach ab. Zurück kommt ein knallroter Text, für den ich keine Verwendung habe. Das bringt mir nichts und reißt mich jedes Mal in ein Schreibtief, wo ich am liebsten alles hinwerfen will. Solche Leute sollte man nicht ans Werk lassen. Sie meinen es gut, aber selbst die schweigende Steinwand der Verleger ist motivierender, als eine gut gemeinte Textzerfleischung.
Von einigen genannten Aspekten bin ich (als Anfänger) auch schon ziemlich überrascht.
Das hier wohl einige Beta-Leser schon von Anfang an einbinden, kannte ich früher nicht. Ich bin davon ausgegangen, dass man am besten selbst erst in 10 Durchgängen alles ausbessert, was nicht passen könnte, bevor man es jemandem zu einer Abschluss-Meinung (das wäre dann wohl Richtung Test-Leser) vorlegt. Ebenfalls hatte ich bislang ein größeres Augenmerk auf Grammatik, Satzbau etc, während die Meisten hier eine inhaltliche Beurteilung bevorzugen. So wie ich die Aussagen hier verstanden habe, ist es auch eher ein Entwicklungsprozess zwischen Autor und Beta-Leser, der wohl Zeit erfordert.
@Denamio Die Art der engen Zusammenarbeit mit deinem Beta finde ich wirklich sehr schön, aber ich kann auch wiederrum sehr gut nachvollziehen, warum Autoren im stillen Kämmerlein einsam vor sich hin arbeiten: Weil sie zum Beispiel keine andere Option haben. Ich für meinen Teil bewege mich im beruflichen und familiären Umfeld zwischen Menschen, die mit dem Lesen der McDonalds-Speisekarte meist schon geistig überfordert sind und Bücher für die veraltete Version von Handy-Spielen halten... Da bleibt einem sonst nicht viel übrig als sich allein zwischen Büchern zu verkriechen und aus den selbigen auf eigene Faust dazuzulernen.
Betaleser sind für einen Autoren, der ehrlich zu sich selbst ist, extrem wertvoll. Niemand schreibt alles im ersten Durchlauf perfekt. Absolut niemand.
Mich hat mal ein Betaleser darauf aufmerksam gemacht, dass die beiden tragenden Erzählstränge einer Geschichte extrem unterschiedlich verteilt waren und damit für den Leser überhaupt nicht klar wurde, wer überhaupt die Hauptperson war. Ich habe daraufhin der Geschichte einen komplett neuen Anfang verpasst, was ihr mit absoluter Sicherheit gutgetan hat. Aber alleine wäre ich nie auf die Idee gekommen. Ich hatte ja den ganzen Weltenbau im Kopf, für mich war das alles sonnenklar. Nur meine Leser, die hatten das nicht ...
Zitat von: Lina Franken am 26. Januar 2016, 17:54:47
Von einigen genannten Aspekten bin ich (als Anfänger) auch schon ziemlich überrascht.
Das hier wohl einige Beta-Leser schon von Anfang an einbinden, kannte ich früher nicht. Ich bin davon ausgegangen, dass man am besten selbst erst in 10 Durchgängen alles ausbessert, was nicht passen könnte, bevor man es jemandem zu einer Abschluss-Meinung (das wäre dann wohl Richtung Test-Leser) vorlegt.
Ich glaube fast, dass so die gängige Einstellung dazu ist. Zumindest wenn ich mich da an diverse Ratgeberliteratur erinnere. Es hat mich einiges an Überwindung gekostet Texte auch schon in früheren Stadien an Betaleser zu geben. Mein Kopf war voll mit Zweifeln: "Was denken die darüber? Der Text kann ja nur Mist sein. Bestimmt passt nichts und sie langweilen sich." Wie so oft bei selbst eingeredeten Ängsten, war es am Ende garnicht so schlimm wie ich befürchtet hatte. Klar waren Textdreher drin, manche Sätze haben keinen Sinn gegeben und Logikfehler waren auch dabei. Aber schon in dem Stadium wurden Aufbaulücken gefunden, die mir nach zehnmal überarbeiten so richtig auf die Füße getreten hätten, weil sie dann schon fest im Text waren.
Zitat
Die Art der engen Zusammenarbeit mit deinem Beta finde ich wirklich sehr schön, aber ich kann auch wiederrum sehr gut nachvollziehen, warum Autoren im stillen Kämmerlein einsam vor sich hin arbeiten: Weil sie zum Beispiel keine andere Option haben. Ich für meinen Teil bewege mich im beruflichen und familiären Umfeld zwischen Menschen, die mit dem Lesen der McDonalds-Speisekarte meist schon geistig überfordert sind und Bücher für die veraltete Version von Handy-Spielen halten... Da bleibt einem sonst nicht viel übrig als sich allein zwischen Büchern zu verkriechen und aus den selbigen auf eigene Faust dazuzulernen.
Das Internet kann in solchen Fällen helfen. Aber es ist absolut legitim, dass Autoren gerne auch für sich alleine werkeln. Manche arbeiten alleine einfach besser und effizienter, andere haben Schwierigkeiten mit anderen Menschen oder das Umfeld stimmt nicht, wie du erwähnst. Wieder andere haben einfach noch nicht die richtigen Personen dafür gefunden, oder experimentieren noch damit, welche Schreibmethode für sie am Besten klappt. Was auch immer der Grund ist, richtig und falsch gibt es da nicht. Wie auch schon bei den Ratgebern, les 12 Bücher darüber und man hat 27 verschiedene Ansätze, die alle für wen anders funktionieren.
Ich gehe sogar so weit, immer 10k an meine Beta Leserin zu schicken. Die überarbeitet mir das dann in der Zeit, wo ich weiterschreiben kann, ich bekomme es zurück, korrigiere, setze ein, fertig.
Diese 100 Durchgänge mache ich einfach nicht.
Wir sind aber auch schon ein paar Jahre ein eingespieltes Team, ich weiß, dass ich mich auf ihre Sachen echt verlassen kann und wir haben auch schon beruflich miteinander gearbeitet, da sie freiberuflich das Korrektorat bei einem meiner Romane gemacht hat, halt über den Verlag (weil ich ihr gesagt habe, sie soll sich mal bewerben, weil sie es so gut macht).
Sie ist auch die einzige Person, die ungestraft in meinem Text rumlöschen darf, Rechtschreibfehler oder Kommafehler muss sie mir nicht erst aufzeigen, damit ich sie dann verbessere, sie korrigiert das einfach. Oder Folgefehler.
Sie kritisiert und bewertet zwar auch, aber sie kümmert sich im allgemeinen darum, dass alle Logik stimmt und keine Wortwiederholungen drin sind, Rechtschreibung und Grammatik korrekt ist, etc. Wenn ihr mal was nicht gefällt (was nicht sooo wahnsinnig oft vorkommt), dann ist das halt so, ist aber natürlich auch subjektiv.