Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: Shin am 27. Februar 2014, 18:06:58

Titel: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Shin am 27. Februar 2014, 18:06:58
Wie man Liebe schreibt.

Wie man Liebe schreibt:
Man schreibt Menschen, die sich verlieben. Klingt einfach? Kann kompliziert sein!

Achtung! Dieser Thread befasst sich vor allem mit der Gefühlslage und den Präferenzen, wenn ihr mehr über das Handwerkliche im Sinne vom realistischen Einbauen in eure Geschichten erfahren wollt, dann schaut hier vorbei: LGBT: Diversität in der Fiktion und wie man sie schreibt (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,13390.0.html)

Wenn ich Aussagen lese wie ,,Ich kann als heterosexuelle Frau nicht nachvollziehen, wenn sich meine Protagonistin in eine andere Frau verliebt" oder ,,homosexuelle Liebe ist nicht gleich heterosexuelle Liebe, nur mit dem gleichen Geschlecht", dann ist es wohl doch nicht so einfach.

Dieser Thread ist keine Allgemeinaussage, da ich wohl kaum die Gedanken und Gefühle sämtlicher Menschen auf dieser Welt zusammen fassen kann, aber er bezieht sich auf meine eigenen Erfahrungen, den Erfahrungen von Freunden, Bekannten und Fremden und schließlich meiner getätigten Beobachtungen.

Heterosexuelle Liebe:
Mann und Frau. Frau verliebt sich in Mann, Mann verliebt sich in Frau, Frau und Mann verlieben sich ineinander. Bester Freund verliebt sich in Freundin und ist der 'nette Typ', der keine Chance kriegt. Ihr kennt die ganzen Sachen, oder? Das ,,Standardmodell" in verschiedener Ausführung.

Homosexuelle Liebe und die Unterschiede zu heterosexueller Liebe:
Mann und Mann oder Frau und Frau. So. Liebe ist Liebe. Wenn man sich verliebt, ist es schön und aufregend, kann aber auch nervenaufreibend und fürchterlich sein. Je nachdem, ob die Liebe erwidert wird oder nicht, ob man zusammenkommt, ob es eine Fernbeziehung ist und so weiter. Wo ist nun der Unterschied zwischen hetero und homo? Wie kann ich als heterosexueller Mensch eine homosexuelle Liebe schreiben? Wie kann ich als homosexueller Mensch eine heterosexuelle Liebe schreiben?
Das Coole ist: Liebe ist nicht gleich Sex.
Ihr müsst keine (ihr dürft aber) heißen Sexszene schreiben. Ihr wollt Liebe schreiben. Denkt einfach mal, was eure Bezeichnung von Liebe ist. Wie schon in einigen anderen Threads festgestellt, verabscheuen die meisten User hier das Prinzip ,,Oh mein Gott, ich liebe diesen Menschen, jetzt ist mein Leben komplett, nur jetzt bin ich eine richtige Person, ohne diesen Menschen will ich nicht mehr existieren". Ich will jetzt hier keinem in seine Definition von Liebe reinreden, also nehmen wir einfach mal eine Kurzfassung von meiner: ,,Eine Person, die mich so nimmt, wie ich bin, mich nicht niedermacht, aber auch nicht glorifiziert. Eine Person, mit der ich Freude und Schmerz teilen kann. Ein Mensch, mit dem ich lachen, aber auch ernste Themen besprechen kann." Und so weiter und so fort. ;) Hört sich doch eigentlich ganz gut an. Schreibt einfach das auf, was für euch Liebe ist, alles was dazu gehört, seien es Spitznamen, gemeinsames Kochen oder Streitereien über Kleinigkeiten und schon habt ihr euer Erfolgsrezept. Die Genitalien sollten dabei keine Rolle spielen, oder?

Bisexuelle/Pansexuelle Liebe:
Als bisexuelle Person findet man sowohl Männlein als auch Weiblein anziehend. Als pansexuelle Person ist einem das Geschlecht sogar vollkommen egal (keine Sorge, zu Geschlechtern kommen wir noch).
Ich präsentiere euch nun die schönsten Klopper der Voruteile gegen Bisexuelle. Alles wahre Geschichten.
Stellt euch vor, ihr seid unterwegs auf dem Christopher Street Day. Für dieses Beispiel nehmen wir eine Frau, weil es einer Frau passiert ist. Diese Frau ist bisexuell und läuft wie alle anderen mit. Euer Partner ist dabei, sowie einige Freunde. Auf einmal werdet ihr von zwei Frauen angesprochen. Sie sind ein Paar und unterhalten sich kurz mit euch, fragen nach. Als das Stichwort bisexuell fällt, kommt die Frage, wo denn eure Freundin sei. Ihr erklärt, dass ihr momentan mit einem Mann zusammen seid – zeigt kurz auf ihn – und: werdet beschimpft.
Wie könnt ihr es nur wagen. Auf dem CSD mitlaufen, wenn ihr in einer heterosexuellen Beziehung seid. Das geht ja gar nicht. Eine Schande für alle Bisexuelle! Als Frau mit einem Mann!

Als bisexuelles Wesen hat man es nicht immer leicht. Es ist einengend. Seid ihr mit dem gleichen Geschlecht zusammen, werdet ihr homo genannt, seid ihr mit dem anderen Geschlecht zusammen, heißt es hetero und wollt ihr euch in einer Diskussion über Sexualität beteiligen, werdet ihr erst einmal falsch wahrgenommen und falsch dargestellt. Es fühlt sich einfach nie komplett 'richtig' an. Es ist ein bisschen so, als hätte man andere 'Rechte', je nachdem welches Geschlecht der Partner hat.

Eines der schönsten Voruteile ist, das Bisexuelle untreu sind. Alle Bisexuelle sind untreu. Bisexuelle Frauen, die mit lesbischen Frauen zusammen sind, werden natürlich irgendwann abhauen, wenn sie einen Prachtkerl gefunden haben.
Ihr habt bestimmt oft davon gehört, dass Männer Lesben (ich mag das Wort vom Klang her übrigens nicht) mit dem Spruch ,,Du hattest bisher einfach nicht den Richtigen" umkriegen wollen. Als bisexuelle Person trifft einen das ebenso. Warum sollte man denn auch mit einer Frau zusammen sein, wenn man einen Mann haben könnte?
Meine Erfahrungswerte, wie bisexuelle Männer von Frauen angemacht werden, sind leider so gut wie nicht vorhanden, da ich nur wenige (offen) bisexuelle Männer kenne. Wer das ergänzen kann, ich würde es gerne lesen.

Dann kommen wir zu den pansexuellen Menschen. Als Bisexuelle habt ihr also schon festgestellt, dass ihr Frauen und Männer mögt, als Pansexuelle steht euch alles davor, dazwischen und dahinter offen. Ganz schön große Auswahl, was? Wir haben vorhin schon festgestellt, dass Liebe und Sex nicht das Gleiche sind und wie ein Autor so Gefühlszenen aus verschiedener Sicht schreiben kann. Nun der Knaller: Pansexuelle Menschen finden nicht jeden Menschen sexuell anziehend, obwohl sie theoretisch jedes Geschlecht anziehend finden! Wow!
Ich sehe Pansexualität gerne so: Die Freiheit, sich in eine Seele zu verlieben, ohne sich um die Hülle Sorgen zu machen.
Ich möchte jetzt übrigens nicht über Attraktivität und ,,Man verliebt sich auf den ersten Blick in das Äußere", etc. reden. Das für sich ist noch mal ein großes, eigenes Thema.

Die beste Frage, die ich je gehört habe: ,,Also als Pansexueller will man es dann auch mit Tieren und so tun?"
Nein. Nein, überhaupt nicht.

Asexuelle Liebe:
,,Woas, Asexuelle verlieben sich doch nicht, deshalb heißt es ja auch asexuell?!"
Das Problem ist, dass Asexualität mehrere Bedeutungen hat.
Es gibt asexuelle Menschen, die haben keine sexuellen Neigungen und finden auch niemanden romantisch anziehend. Es gibt aber auch Asexuelle, die sich sehr wohl verlieben und Beziehungen führen, die allerdings kein sexuelles Interesse am Partner haben. Manche Asexuelle haben dennoch Sex mit ihrem Partner. Manche masturbieren 'nur'.
Wenn man asexuell ist, hat man dennoch Gefühle. Man ist keine Maschine, man ist kein Sheldon Cooper (das höre ich echt oft als Beispiel).
Auch hier habe ich nur wenige exemplarische Freunde, also ergänzt auch hier bitte, wenn ihr könnt und wollt.

Transsexuelle Liebe:
Okay. Ich eröffne diese Kategorie nur der Vollständigkeit halber. Liebe ist wie gehabt die Gleiche. Was ich allerdings in meinem Umfeld mitbekomme, ist, dass präoperative Transsexuelle oftmals eine Beziehung ohne Sex haben oder mit einem bisexuellen/pansexuellen Partner zusammen sind.
Ein FtM (Female to Male) Transgender, den ich lange und gut kenne, ist momentan mit einem queergender Mädchen auf rein geistlicher Ebene (nichts Körperliches halt) zusammen, sagt aber, nach der Operation auf jeden Fall mit Jungen sein zu wollen, da eigentlich schwul.

Demisexuelle Liebe:
Demisexuelle Menschen finden andere Menschen nur sexuell anziehend, wenn sie starke Gefühle für diese Personen haben. Sie verlieben sich in ihren Partner und wollen auch Sex mit diesem. Sie können andere Personen schön finden, können die Personen in Filmen als attraktiv erkennen, haben aber rein vom Optischen und ohne eine Bindung zu diesen kein sexuelles Interesse an den Personen.

Polyamore Liebe:
Polyamor bedeutet, dass man Beziehungen mit mehreren Personen pflegt. Das gibt es in verschiedenen Modellen. Was immer man selbst und die anderen gut findet und gemeinsam akzeptiert. Es kann sein, dass 3 Menschen in einer gleichgestellten Beziehung sind und sich gegenseitig lieben, es kann aber auch sein, dass 2 Menschen verheiratet sind, jeder für sich aber noch einen Freun oder eine Freundin hat. (Es kann auch sein, dass der Freund und die Freundin dann wiederum ein verheiratetes Paar sind).
Polyamore Beziehungen mit 'Hauptbeziehungen' sind nicht gleichgesetzt mit offenen Beziehungen. In den meisten Fällen kennen die Partner den Freund oder die Freundin des jeweils anderen und es werden auch gemeinsame Aktivitäten unternommen. Offenheit, Ehrlichkeit und Kommunikation sind hier sehr, sehr wichtig.

Geschlechterfragen und was dazu gehört:
Cisgender: Baby wird geboren. Arzt sagt: Baby ist Mann. Baby wächst auf, wird erwachsen. Mensch sieht sich selbst als Mann.
Transgender: Baby wird geboren. Arzt sagt: Baby ist Mann. Baby wächst auf, wird erwachsen und sieht sich als Frau.
Aber so weit wisst ihr bestimmt schon.

Mein viel größeres Problem: Die anderen Geschlechter zu beschreiben. Es gibt so, so viele Begriffe, die manchmal das gleiche meinen, dann aber wieder nicht. Genderqueer ist der allumfassende. Alles, was nicht Mann oder Frau ist, ist genderqueer. Ich nehme jetzt einfach mal die Begriffe, die ich benutze, auch, wenn es eben viele andere gibt.

Bei allen Geschlechterfragen wichtig zu beachten!
Wie sich ein Mensch benimmt und kleidet, steht nicht immer in direktem Zusammenhang mit der eigenen Identifikation!
Wenn ihr eine Person kennenlernt, die sehr männlich aussieht und benimmt, euch aber bittet, sie mit weiblichen Pronomen anzureden, dann tut das bitte, fragt im besten Fall höflich nach, aber reagiert bitte nicht mit Sätzen wie ,,Du siehst aber nicht aus eine Frau".

Transgender:
Man fragt eine Person nicht nach seinen Genitalien. Wenn man eine transgende Person kennenlernt, fragt man NICHT sofort nach den Genitalien! Man tut es einfach nicht, okay?
Ich kenne übrigens nur FtM Transgender und werde deshalb darüber schreiben. In den Medien wird wenn, dann öfter über MtF Transgender berichtet, also dürftet ihr darüber schon mehr wissen.
Ich habe ja nun einige Freunde, die cosplayen (Cosplay = Costume Play, das Verkleiden als fiktiver Charakter, meistens aus Manga/Anime, aber auch aus Videospielen, Filmen, etc.) und somit wenigstens ab und zu in eine andere Rolle schlüpfen können. Frauen, die Männer cosplayen, binden sich meistens ihre Brüste ab. Am herkömmlichsten sind dafür Bandagen, einige benutzen aber auch ausgefallene Dinge wie Frischhaltefolie (nicht zu empfehlen), aber auch spezielle Abbinder. Das sind je nach Version Hemden, die bis unter die Brust reichen, es gibt auch längere Varianten bis über den Bauch, so dass der Rest des Oberkörpers ebenfalls in Form gebracht wird. Je nach Oberweite helfen diese Abbinder natürlich unterschiedlich gut. Die FtM Transgender, die ich kenne, tragen meistens Binden und darüber den Abbinder, um alles festzuhalten. Nur Binden können nämlich ziemlich verrutschen.
Und sie tragen das Tag für Tag. Nachts werden die Binden meistens abgemacht, der Abbinder aber anbehalten. Nein, das ist nicht gesund. Vor allem, wenn man die Binden so lange trägt, kann das einen sehr einschränken und die Atmung ist beeinträchtigt. Man kann sich an das Gefühl gewöhnen, aber man ist eben nie frei.
Was ich leider auch bei ihnen beobachtet habe (und zwar wirklich bei denen, die ich kenne, ich weiß absolut nicht, wie das allgemein ist), ist nicht nur eine Abscheu des eigenen Geschlechtes, sondern eine Abscheu des ganzen Geschlechts Frau gegenüber. Sie haben viele weibliche Freunde, aber die weiblichen Attribute an sich werden verachtet, vor allem eben Brüste.
Es gibt übrigens auch Boxershorts, in die man Penisnachbildungen stecken kann, um die Beule in der Hose zu erzeugen. Die sehen echt interessant aus!

Agender:
Eine Person, die sich weder als Mann, noch als Frau sieht, sondern geschlechtsneutral. Nehmen wir eine Agender-Person, die nur auf Frauen steht. Das kann kompliziert werden. Ihr bekommt die Frage nach euer Sexualität gestellt. Wie sollt ihr antworten? Heterosexuell oder homosexuell fallen raus, da ihr selbst ja keinem Geschlecht zugehört. Bisexuell und pansexuell stimmen aber auch nicht, da ihr eben nur auf Frauen steht.
Die kurze Antwort ist also, ihr mögt Frauen. Klappt im realen Leben mit fremden Personen aber auch nicht immer. Seht ihr an diesem Tag für den Betrachter weiblich aus und es wird ,,Du bist also lesbisch?" nachgefragt, hat man den Schlamassel. Hey, ihr kennt die Person nicht wirklich und wollt jetzt vielleicht nicht euer ganzes Wesen erklären und im schlimmsten Fall blöd angemacht werden.
Frust baut sich auf. Frust, sich selbst immer wieder erklären zu müssen.

Genderfluid:
Genderfluid bedeutet, dass man zwischen den Geschlechtern Mann und Frau wechselt, bzw. beide einschließt, kann aber auch oft bedeuten, dass ihr ebenso geschlechtsneutral seid. Eben das ganze Spektrum.
Dies kann sich verschieden äußern. Ich kenne genderfluide Personen, die körperlich männlich oder weiblich sind, dies auch durch ihr Äußeres zeigen, aber durch ihre Kleidung, ihre Frisur und dergleichen auch Attribute des anderen Geschlechts zeigen.
Ich kenne auch einige, die sich je nach Tag entweder männlich oder weiblich kleiden, meistens aber in einem Mittelding. Fast alle genderfluide Personen, die ich kenne, sehen sich übrigens nicht 50% weiblich und 50% männlich, die meisten zeigen eine Tendenz zu einer der beiden Seiten.

Genderqueer und Beziehungen:
Auch hier wieder, reiner Erfahrungsbericht. Ich selbst habe mitbekommen, dass genderqueere Personen Beziehungen zu Bisexuellen oder Pansexuellen bevorzugen. Dabei geht es nicht darum, dass sich Hetero- oder Homosexuelle nicht in genderqueere Menschen verlieben könnten. Es geht darum, dass die genderqueere Person sich meistens mehr von jemandem akzeptiert fühlt, der beide Geschlechter schätzt und sich so nicht dazu gedrängt fühlt, für den Partner eine der Seiten mehr zu betonen. Es ist einfach das Gefühl, freier zu sein und in allen Facetten geliebt zu werden.


So, meine lieben Zirkler.
Dieser Thread dient nicht dazu, um vorherige Diskussionen aufzugreifen. Dieser Thread dient nicht dazu, um irgendjemanden anzugreifen, der irgendein Konzept vorher hinterfragt oder nicht verstanden hat. Dieser Thread dient nicht dazu, dass sich irgendjemand gezwungen fühlt, in seinem nächsten Roman eine bisexuelle oder agender Person einzubauen.

Dieser Thread dient der Information. Ihr versteht ein Konzept nicht, euch fehlt eine Erklärung, hier habt ihr sie. Fühlt euch frei, nachzufragen oder zu ergänzen.
Ich betone noch einmal: Die hier beschriebenen Dinge beruhen auf meinen eigenen Erfahrungen. Wenn hier etwas beschrieben wurde und ihr selbst fühlt euch falsch beschrieben, dann sagt dies. Euch wollte ich ebenfalls nicht angreifen.

Am Ende ist jeder Mensch verschieden und das äußert sich nicht nur in Sexualität und Geschlecht. Jeder Mensch hat andere Erfahrungswerte und kann andere Dinge bevorzugen. Kein Mensch sollte sich gezwungen fühlen, sich hier einordnen zu müssen. Eröffnet eure eigene Kategorie. Habt euren eigenen Platz in der Welt und fühlt euch niemals, niemals dazu gezwungen, euch dafür rechtfertigen zu müssen, wer ihr seid.



Ich hab jetzt zwei Stunden an diesem Ding geschrieben und werd jetzt 'frühstücken'. Dankeschön.
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Alaun am 27. Februar 2014, 18:16:19
Wow, vielen lieben Dank für diesen unglaublich umfangreichen und toll strukturierten Beitrag! Das ist klasse :knuddel:

Ich habe noch eine Anmerkung zum Thema Transgender. Ich kenne auch viele FtM-Personen und keiner von ihnen hat sich bisher negativ über weibliche Attribute im Allgemeinen geäußert. Bei sich selbst ja, da z.B. Brüste als "falsch" empfunden werden. Einige der Jungs sind aber nun (nach OPs und Hormonbehandlungen und hastenichtgesehen) mit Frauen zusammen. Andere mit Männern. Auch hier gibt es also keine "Norm".

Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Malinche am 27. Februar 2014, 18:24:27
@Shin: Danke für diesen Thread. :knuddel: Einfach wow.
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Mondfräulein am 27. Februar 2014, 18:28:28
Vielen Dank für diese tollen Erläuterungen :knuddel: Wirklich sehr aufschlussreich, hilfreich und interessant. 
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Ary am 27. Februar 2014, 18:28:37
Shin, danke! Das hast Du toll zusammengefasst!  :knuddel:
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Dahlia am 27. Februar 2014, 18:38:10
Von mir auch ein großes Dankeschön :knuddel: Sehr aufschlussreich und interessant :jau:
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Naudiz am 27. Februar 2014, 18:41:34
Vielen Dank, mein liebstes Shin! :knuddel: Das meiste habe ich schon aus eigenen Recherchen gewusst, hätte es aber niemals nie so schön zusammenfassen können wie du.
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Aidan am 27. Februar 2014, 18:42:04
Ich danke auch sehr. Gibt so einige Begriffe, die ich nicht kannte, obwohl mir der Inhalt schon begegnet ist. Gefällt mir sehr gut, was und wie du geschrieben hast.
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Grummel am 27. Februar 2014, 18:42:34
Shin?!  :knuddel:
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Siara am 27. Februar 2014, 18:46:39
Auch von mir ein dickes Danke für die ganze Mühe, Shin. Viel Neues gehört und ein paar neue Sichtweisen dazugewonnen :)
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Guddy am 27. Februar 2014, 18:47:03
Würde nur den Titel ändern, hatte jetzt etwas ganz anderes (wie du selbst sagst Handwerkliches in Bezug auf Liebe generell) erwartet und erhofft ;D
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Shin am 27. Februar 2014, 18:50:32
Es freut mich sehr, dass es bisher so gut gefällt und angenommen wird.  :knuddel:

@Guddy: Der aktuelle Threadtitel war mein erster Gedanke, vor dem Abschicken habe ich überlegt, es zu erweitern, aber ich wollte meinem Standpunkt treu bleiben, dass Liebe nun einmal Liebe ist und ich nicht extra hinzufügen muss, welche Art davon.
Und weil mir ehrlich gesagt auch nichts Besseres eingefallen ist.  ;D
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Guddy am 27. Februar 2014, 18:57:17
Klar ist Liebe Liebe ;D
Hätte mir unter dem Titel nur Dinge vorgestellt wie: Stimmig Liebesszenen (egaaal welcher sexueller Orientierung) schreiben, Gefühle und Emotionen beschreiben etc.etc., das hier ist ja eine Aufzählung verschiedener sexueller/romantischer Orientierungen :)

(ist ja auch nicht böse gemeint, suche gerade nur nach handwerklichen Tipsps, daher hatte ich mich schon gefreut *g*)
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Lacerta am 27. Februar 2014, 18:58:42
Tolle Übersicht, das war bestimmt viel Arbeit, Danke dafür!  :D   :knuddel:


Das mit den Vorurteilen über Bisexuelle kann ich übrigens bestätigen, aus eigener Erfahrung. :psssst:
Da hatte ich mal eine etwas sinnfreie und letztendlich (zumindest für mich) witzige Konversation darüber mit einem Jungen aus meinem Jahrgang, der einfach nicht begreifen konnte, dass ich sowohl Männer als auch Frauen attraktiv finde.
Ich musste ihm zehnmal erklären, dass ich keine Lesbe bin (ich mag das Wort übrigens auch nicht, klingt irgendwie seltsam in meinen Ohren) und das ich auch Männer anziehend finde. Irgendwie hat man als Bisexuelle nicht die größere Auswahl, sondern man ist irgendwie nicht Fisch und nicht Fleisch, gefangen in einer Art romantischen und sexuellen Grauzone.
Aber hey, mein Freundeskreis hat kein Problem damit und an die (für meinen Gegenüber) etwas peinlichen "Aufklärungsgespräche" habe ich mich auch gewöhnt.
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Christian Svensson am 27. Februar 2014, 19:01:24
Auch von mir ein "Danke" - sehr interessant zu lesen mit vielen Anregungen zum Nachdenken. Vieleicht noch eine Anmerkung von mir, die ich, so hoffe ich zumindest, mir als Mann in fortgeschrittenem Alter erlauben möchte. In vielen Büchern und vor allem auch in dem Mist, der heute oft gesendet wird (nicht immer, gibt Ausnahmen) werden drei Dinge oftmals vermengt:
Liebe - Erotik - Sex. Oder anders gesagt: Liebe ist weder Erotik noch Sex. Sex muss nicht Liebe voraussetzen. Erotik und Sex sind ebenfalls nicht das Gleiche. Gerade Letzteres wird sehr oft vermengt. Es ist aber ein himmelweiter Unterschied, ob ich eine erotische Szene oder eine Sexszene schreibe.
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Grummel am 27. Februar 2014, 19:03:46
Zitat von: Bardo djel Liores am 27. Februar 2014, 19:01:24
Liebe - Erotik - Sex. Oder anders gesagt: Liebe ist weder Erotik noch Sex. Sex muss nicht Liebe voraussetzen. Erotik und Sex sind ebenfalls nicht das Gleiche. Gerade Letzteres wird sehr oft vermengt. Es ist aber ein himmelweiter Unterschied, ob ich eine erotische Szene oder eine Sexszene schreibe.

:jau: Sehr gut formuliert.
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Alessa am 27. Februar 2014, 19:05:24
Eine tolle Zusammenfassung, Shin!  :pompom: Einiges ist mir noch nicht begegnet, jedenfalls nicht unter den Begriffen. Herzlichen Dank für das Einstellen des Threads!
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Valaé am 27. Februar 2014, 20:36:57
Ganz, ganz vielen Dank erst einmal, Shin, eine wundervolle Zusammenstellung, wie man sie sich nur wünschen kann.

Du hast gesagt, wir dürfen ergänzen. Das würde ich gerne tun und zwar in einem Bereich, der selten beachtet, totgeschwiegen und von vielen als krankhaft/nicht existent betrachtet wird, weil es vollkommen außerhalb der Erfahrungs- und Vorstellungswelt der Mehrheit liegt (aber das trifft auf fast alle hier beschriebenen Bereiche zu). Ich bin im Übrigen sehr dankbar, dass es in diesem Thema auftaucht, eben weil es so oft entweder ignoriert oder totgeschwiegen wird: Die Asexualität.

Definition/Wie zeigt sich Asexualität?
Asexualität ist sehr vielfältig und daher schwer in eine Definiton zu packen. Zum Einen kann man nicht sagen, Asexuelle hätten allgemein kein Interesse an sexuellen Handlungen, denn viele masturbieren, was ja auch eine art von sexueller Handlung ist. Es lässt sich auch nicht sagen, asexuelle Menschen finden andere Menschen nicht sexuell anziehend. Sie können sie sexuell anziehend finden, haben aber kein Interesse an dem Vollzug.
Letztenendes lässt sich vielleicht sagen: Asexuelle Menschen haben ein stark vermindertes bis nicht vorhandenes Interesse an Geschlechtsverkehr mit einem anderen Menschen.

Asexualität und...

... Selbstbefriedigung:
Obwohl vielen Asexuellen jeder Art von sexueller Handlung nicht angenehm ist oder sie nicht interessiert, gibt es auch eine Vielzahl von Asexuellen, welche masturbieren. Sie haben zwar an der Selbstbefriedigung Freude (oder sind auch einfach nur neugierig, gerade bei Asexuellen im Teeniealter oder solchen, die es von klein auf sind und einfach wissen wollen, wie sich bei Ihnen eine Stimulation da unten anfühlen würde), möchten aber keine sexuelle Begegnung mit einem anderen Menschen. Das ist weder egoistisch, noch widersprüchlich. Sie haben für sich herausgefunden, dass sie das eine mögen oder ausprobieren wollen, das andere nicht. Es hat ja jeder seine Vorlieben und wenn etwas unangenehm ist, dann muss es nicht getan werden. Wenn man es auf eine andere Art mag, spricht nichts dagegen.

... Sex:
Asexuelle empfinden Sex anders als Sexuelle. Bei manchen von ihnen sind all die Empfindungen, die Sex für einen Sexuellen so angenehm machen, quasi ausgestellt und sie sehen und empfinden nur den reinen, biologischen Akt, empfinden ihn als unangenehm, manche sind eher belustigt, viele verstehen einfach nicht, was daran so toll sein soll. Denn sie haben einfach nicht dasselbe Empfinden wie Sexuelle. Erregung ist oft stark reduziert (geistig wie körperlich, einen asexuellen zu erregen ist oft wirklich schwer). Asexuelle können oft auch mit der Sexualisierung unserer Gesellschaft nichts anfangen, da sie eben nicht nachempfinden können, was an Sex so toll sein soll. Manche ekeln sich vor ihm. Andere haben regelrecht Angst davor. Manche sind ihm gleichgültig gegenüber eingestellt. Wieder andere finden ihn merkwürdig. Aber: Wer asexuell ist hat nicht zwangsläufig eine Abneigung gegen Sex. Er kann ihm wie erwähnt vollkommen gleichgültig gegenüber stehen. Viele Asexuelle beispielsweise empfinden Sex schlicht und ergreifend als Zeitverschwendung.

... körperliche Nähe:
Wer kein Sex will, kuschelt auch bestimmt nicht und scheut jede körperliche Nähe? Asexuelle haben ein gestörtes Körperverhältnis und weichen daher körperlichem Kontakt aus? Hm, genau wie jeder, der mit seinem Partner kuschelt ihn eigentlich nur in die Kiste kriegen will, was?
Körperliche Nähe und Sex sind zwei paar Stiefel. Manche Asexuelle mögen körperliche Nähe tatsächlich nicht, da soll es aber auch einige sexuelle geben, die grundsätzlich Interesse an Sex haben aber keine körperliche Nähe zulassen wollen. Viele Asexuelle mögen körperliche Nähe dennoch. Kuscheln, schmusen, was auch immer ... solange es kein Sex ist, hat das nichts mit Asexualität zu tun.

... Liebe:
Asexuelle lieben einen Partner genauso wie sexuelle. Nur weil man mit jemandem kein Sex haben will, kann man ihn trotzdem lieben. Das ist eine Sache, die Sexuelle oft nicht verstehen. "Aber man möchte doch demjenigen möglichst nah sein!" "Wenn du keinen Sex willst, liebst du ihn/sie nicht wirklich!" Das sind Kommentare, die Asexuelle oft hören. Aber es gibt eben nicht nur jene Form von Liebe, die uns unsere Gesellschaft manchmal gerne weiß machen möchte, in der sexuelle Ansziehung und Liebe untrennbar miteinander verbunden ist (man denke mal an die vielen Lebensentwürfe, die eingestehen, dass es nicht so ist; nicht selten gibt es Konstellationen, dass der Ehepartner geliebt wird, die Affäre aber sexuell anziehender ist, daran scheitern viele Ehen und nicht immer liegt es daran, dass etwas in der Ehe nicht stimmt, manchmal ist es eben so, dass man jemanden liebt, mit dem man keinen Sex haben will. Es ist so. Das gibt es. Und auch wenn sich Sexuelle das oft nicht vorstellen können: Akzeptiert es. Asexuelle können sich dafür oft nicht vorstellen, wie sich sexuelle Anziehungskraft oder Erregung anfühlt - das macht es ihnen dann verdammt schwer, Sexuelle zu verstehen. Aber versuchen müssen sie es auch.
Asexuelle bezeichnen sich manchmal als Homosexuell, Heterosexuell, Bisexuell oder Pansexuell wenn sie damit ausdrücken möchten, an welchem Geschlecht sie für eine Liebesbeziehung und vielleicht Partnerschaft interessiert sind. Eigentlich ist das aber eine nicht ganz zutreffende Bezeichnung, aber noch sind Wörter für "gleichgeschlechtlich liebend" oder "gegengeschlechtlich liebend" in Abgrenzung zu "gleichgeschlechtlich sexuell interessiert" oder "gegengeschlechtlich sexuell interessiert" (ich habe jetzt nur zwei Beispiele aufgegriffen, weil es mir zu viel Text wird alle Versionen durchzuspielen, die Formulierung gilt aber natürlich auch für alle anderen Spielarten) nicht gibt oder mir nicht bekannt sind und daher wohl auch noch nicht so sehr in Gebrauch. Manche bezeichnen sich daher, um Missverständnisse zu vermeiden als pan-asexuell, homo-asexuell, hetero-asexuell oder bi-asexuell. Oder man sagt, asexuell aber an Frauen/Männern/beidem/allem interresiert.

... sexuelle Anziehungskraft: Meistens nicht vorhanden. Viele verstehen unter der Definition asexuell auch, dass man sich einfach zu anderen Menschen nicht sexuell angezogen fühlt, gar nicht weiß, wie das eigentlich ist und sich unter dem Begriff auch gar nichts Wirkliches vorstellen kann. Manche Asexuelle können sich aber angezogen fühlen und haben nur kein Interesse daran, dieser Anziehungskraft auch nachzugehen.

... Beziehungen:
a) asexuell und asexuell: Die unkomplizierteste Variante, in der Sex meistens keine Rolle spielt oder nur als Selbstbefriedigung/gegenseitige Befriedigung mit Fingern oder Sexspielzeug. Auch das gibt es, wenn ein Asexueller Masturbation als angenehm empfindet, empfindet er manchmal (nicht immer) auch die Stimulation über Sexspielzeug oder Finger des Partners angenehm, diese Asexuellen mögen nur den "traditionellen" Sex nicht gerne - hier ist es manchmal streitbar, ob sich diese Person als asexuell empfindet oder nicht. Ansonsten sind diese Beziehungen meistens ganz normal, nur ohne Sex.

b) Asexuell und sexuell: Hier ist es oft schwierig. Es gibt verschiedene Lösungswege. Manchmal verzichtet der sexuelle Partner für den asexuellen auf Sex, was zu großem Frust führen kann. Manchmal willigt der asexuelle Partner in Sex ein, meist unter Bedingungen wie eher selten und nur auf bestimmte Weisen, was auch zu viel Frust führen kann. Manche Asexuell-Sexuell Partnerschaften haben die Vereinbarung, dass der sexuelle Partner seine Sexualität anderweitig auslebt - kann ebenfalls zu Frust führen. Diese Partnerschaften bedürfen einer sehr sehr hohen Toleranz und Kompromissbereitschaft beider Seiten, aber sie können funktionieren.

Zum Schluss: Asexuelle haben weder "vorübergehend keine Lust", noch haben sie "nicht den Richtigen getroffen", noch "lieben sie ihren Partner nicht", noch haben sie "eine Krankheit, die die Lust verringert und vorbei geht. "Man kann da nichts "machen", man sollte einem Asexuellen niemals "zeigen" wollen "wie schön das ist" oder die Hoffnung haben, dass sich das "irgendwann legt". Es ist eine eigene Sexualität und so wenig änderbar wie jede andere auch. Es ist Teil dieser Person. Nichts merkwürdiges, nichts abartiges, nichts unnormales. Meistens gilt die Regel: So wenig, wie sich der Sexuelle vorstellen kann, wie es wäre, kein Interesse an Sex zu haben, kann der Asexuelle nachvollziehen, wie sich Interesse an Sex anfühlt - daher verpasst er auch nichts, er ist nicht unglücklicher und ihm fehlt nichts.
Zu guter Letzt möchte ich noch einen sehr richtigen Satz ergänzen:
ZitatLiebe ist weder Erotik noch Sex. Sex muss nicht Liebe voraussetzen.
Und Liebe nicht Sex.


Und jetzt hoffe ich, nicht zu ausführlich geworden zu sein, aber ich konnte mich bei diesem Thema einfach nicht zurückhalten, weil die Informationen, die vielen Sexuellen bezüglich Asexualität vorliegen, doch sehr spärlich sind und es ein Thema ist, das man oft nur sehr schwer beibringen kann.


Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Mogylein am 27. Februar 2014, 20:48:39
Zitat von: Bardo djel Liores am 27. Februar 2014, 19:01:24
Sex muss nicht Liebe voraussetzen.

Und Liebe auch nicht Sex! ;)

Danke für den Thread, Shin. Da du explizit um Ergänzungen und Anmerkungen gebeten hast, falls man sich falsch repräsentiert fühlt: pansexuell sein bedeutet für mich nicht, dass mir das Geschlecht völlig egal ist. Ich habe mehr Interesse an einem Geschlecht als an anderen, aber auch das kann je nach Tag, Monat, Jahr, wechseln, wie sagt man so schön: "Some days I feel gayer than others" ;) Pansexuell zu sein, bedeutet für mich, dass ich mich sexuell sowohl zu Männern, zu Frauen, als auch zu Menschen hingezogen fühlen kann, die weder Mann noch Frau oder eben beides sind. Nicht, dass es mir egal ist. Ich finde auch bestimmte Attribute nur bei Männern attraktiv, bestimmte Attribute nur bei Frauen und wieder andere nur bei Agendern.

Ausserdem zur Asexualität:
Asexuell ist nicht aromantisch. Man kann niemanden sexuell attraktiv finden und sich trotzdem verlieben - und dann eben auch homoromantisch oder heteroromantisch oder biromantisch oder was auch immer sein.
Gründe dafür, Sex zu haben, können, müssen aber nicht einschließen: Man möchte etwas für den Partner tun, man findet die Nähe schön, man zwingt  sich dazu, etwas "normales" zu tun, Sex macht einem Spaß (Liste nicht erschöpfend).


Am allerwichtigsten finde ich aber: Diese Label sind da, um einander besser verstehen zu können und nicht, um sich davon bestimmen zu lassen. Man selbst entscheidet sich, welches Label man tragen möchte (wenn man denn eins möchte), und man kann es jederzeit wechseln. Ausserdem bestimmt man wie gesagt selbst sein eigenes Label, das heißt, wenn sich jemals als z.B. lesbisch bezeichnet, dann sollte das niemand in Frage stellen. Kein "aber du hast doch gesagt, der eine Typ aus der Serie wäre so heiß!", kein "aber du hattest mal einen Freund", nichts in diese Richtung. Sicherlich sollte sich niemand, der nur am gleichen Geschlecht interessiert ist, heterosexuell nennen, aber das passiert dann wohl eher aus Unwissenheit (freundliche Aufklärung à la Shin ist angebracht) als daran, dass sich die Person wirklich so identifiziert. Persönliche Identifikation ist nicht in  Frage zu stellen.

EDIT: Überschnitt sich zum Teil mit Valae.
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Shin am 27. Februar 2014, 23:15:10
Vielen, vielen Dank für eure Posts!

Woran ich noch gedacht hatte, aber es dann vergessen habe, hat mich Mogy gerade wieder erinnert:
Bei all diesen Bezeichnung gilt natürlich die Unterscheidung zwischen romantischer und sexueller Attraktion. Das kann man schön anhand von Diagrammen darstellen, ich finde nur leider gerade nicht das Gesuchte.

Stimmt, das Geschlecht ist nicht egal, es tut mir Leid, falls das so formuliert war, ich meinte halt eben, dass man alles anziehend finden kann, aber man merkt natürlich schon, ob man es gerade mit Männlein, Weiblein oder Sonstigem zu tun hat.  ;D
Dass dieses Interesse wechseln kann, sehe ich auch so. Ich zum Beispiel habe momentan romantisch gesehen mehr Interesse an Frauen und Genderfluiden, nicht so sehr an Männern, sexuell gesehen sieht das anders aus.
(Über diese Attribute können wir uns dann gerne mal privat unterhalten, das interessiert mich...  ;))
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: HauntingWitch am 28. Februar 2014, 09:31:21
Danke für diesen wunderbaren, ausführlichen Thread, Shin.  :knuddel:

Danke auch Bardo, darauf stosse ich nämlich auch immer wieder und das nervt mich so.  ;)
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: absinthefreund am 28. Februar 2014, 11:42:02
Superidee der Thread, Shin! Und danke auch an Valaé und Mogylein für eure Ergänzungen! Sehr erhellende Informationen.

Wenn ich alles so durchlese, kommt mir mal wieder die Vorstellung in den Sinn, dass Geschlechter und Sexualität fließende Übergänge sind, die an ihren beiden Polen, also als Heterosexualität, wohl am häufigsten vorkommen. (Bei all dem Übel, den diese Häufung durch die Menschheitsgeschichte hinweg verursacht hat, muss man schon fast "leider" sagen.)
Ich stell' mir das so vor: Ein Strahl. An einem Pol sitzen die innerlich wie äußerlich als Frauen zu bezeichnenden, die auf Männer stehen, am anderen Pol die innerlich wie äußerlich als Männer zu bezeichnenden, die auf Frauen stehen. Dann fängt es quasi unmittelbar an, zur Mitte hin von diesen "Extremen" abzuweichen: Da kommen die bisexuellen Frauen und auf der anderen Seite die bisexuellen Männer, dann die Homosexuellen, zwischendurch auch Frauen oder Männer, die sich als Genderfluid bezeichnen, dann Genderqueere, Transgender und in der Mitte Pansexuelle und Demisexuelle und alle, die Liebe und Sexualität weder an ihrem (ein- oder zweideutigen) Geschlecht noch am Geschlecht des Partners festmachen.
Und zwischen diesen Ausprägungen, die eigene Namen haben und zahlenmäßig häufiger als andere vorkommen, sind die Übergänge fließend und flexibel.
Was haltet ihr von dem Strahl? :hmmm: In meinem Kopf stelle ich mir das nicht so schematisch vor, wie ich es hier beschrieben habe, aber mir hat es geholfen, über die Vorstellung der Starrheit der Geschlechter hinwegzukommen.

Übrigens glaube ich nicht, dass die Pole, also hundertprozentige Heterosexualität, in der Natur wirklich vorkommen. Zumindest nicht auf sexueller Ebene. Und auf der Liebesebene kann es auch, wenngleich vermutlich seltener, vorkommen, dass sich eigentliche Heteros in das eigene Geschlecht verlieben.
Also, den bei Mogylein gefallenen Ausspruch "Some days I feel gayer than others" habe ich durchaus schon auf mich selbst anwenden können.

Ich muss sagen, mir drängt sich bei Asexualität auch die Metapher eines Strahls auf, aber vielleicht habe ich die Definition einfach nicht verstanden. ???
Das sexuelle Verlangen ist doch bei jedem Menschen unterschiedlich ausgeprägt, es gibt Leute, für die ist das die größte Erfüllung, andere sehen es nüchterner als nettes Beiwerk und andere empfinden es als mal stärker, mal schwächer, mal gar nicht. Gut, da können natürlich immer externe Faktoren eine Rolle spielen, wie die Partnerschaft, Hemmungen oder Traumata.
Aber so wie Liebe ein individuelles Gefühl ist, kann der Sexualtrieb doch auch individuell ausgeprägt sein, oder? Wenn es bei Asexuellen schon Unterschiede zwischen Sex = absolutes no-go und Sex = manchmal ok gibt, ist Asexualität dann vielleicht auch der eine Pol eines Sexualtriebstrahls? Bitte erleuchtet mich, wenn ich daneben liege!
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Sternsaphir am 28. Februar 2014, 11:53:02
Vielen Dank für den Beitrag Shin. Das ist eine sehr ausführliche Beschreibung  über alle Formen der Liebe und der Beziehungen.

Vor allem die Beschreibungen und auch die Ergänzungen über Asexualität finde ich unglaublich spannend. Ich habe mich mit dem Thema Asexualität noch nie so richtig auseinandergesetzt, sondern es wohl eher als Randnotiz in Sachen Liebe wahrgenommen, dass die sexuelle Anziehungskraft keine Rolle in der Liebe spielt.

Wow. Das regt wirklich zum Nachdenken an.  :jau:
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Mogylein am 28. Februar 2014, 12:08:24
absinthefreund:

Ich glaube, mit einem einfachen Strahl wirst du der Komplexität dieses Themas nicht gerecht. Dafür gibt es einfach zu viele Varianten und Möglichkeiten.

Ich habe mal ein Bild rausgesucht, welches schon eher zur Vereinfachung geeignet ist, doch auch nicht wirklich funktioniert, da es Asexualität nicht so richtig mit einschließt, nur "not defined". Androphillic ist hierbei der Term für "Interesse an männlichen Personen bzw. Attributen, die als männlich gelten" und gynephillic der Term für "Interesse an weiblichen Personen bzw. Attributen, die als weiblich gelten".
Für mich ist es problematisch, solche Vereinfachungen zu machen, weil irgendjemand immer nicht dort hinein passen wird. Und man so oft auch Asexualität und Demisexualität sowie andere Gender schlecht einbinden kann.

[Dateianhang durch Administrator gelöscht]
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: Kati am 28. Februar 2014, 13:20:53
Danke, Shin.  :knuddel: Das ist ein toller Thread, der bestimmt vielen weiterhilft, wenn sie nicht genau wissen, wie sie etwas schreiben sollen.

Wegen der Vereinfachung, gibt es noch ein tolles Youtube-Video von Hank Green: Human Sexuality is Complicated (http://www.youtube.com/watch?v=xXAoG8vAyzI). Er schließt leider auch nicht alles ein und muss einiges wegen der Videolänge sehr kürzen, aber als Anfangspunkt für die Orientierung ist es vielleicht ganz hilfreich. Es ist auf Englisch und leider redet Hank sehr schnell und mit starkem Akzent, aber viele hier sprechen ja sehr gut Englisch.
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: chaosqueen am 01. März 2014, 10:44:04
Danke Shin, Valaé und Mogy für diese wirklich tollen und verständliche Infos! :knuddel:

Wenn ich so darüber nachdenke, habe ich zwei bis drei Bekannte, die in den Bereich "asexuell" fallen und es vermutlich nicht einmal wissen, weil sie im Kopf die klassische Aufteilung "Mann liebt Frau und umgekehrt, Punkt" haben.

Wenn ich mich irgendwo einsortieren sollte ... Schwer. Ich fühle mich als Frau, auch wenn ich männliche Anteile habe - aber da stellt sich ja schon die Frage, ob die nicht einfach nur durch Konventionen in "männlich" und "weiblich" eingeteilt werden. Biologisch bin ich Frau. Sexuell deutlich mehr an Männern als an Frauen interessiert, aber nicht ausschließlich. Liebe? Verteile ich problemlos an alle, völlig unabhängig vom Geschlecht. Wäre das dann panamor mit leichter Bisexualität? Ich hab aufgehört, mich in Schubladen zu legen. Ich mag Menschen, ich bin gerne mit ihnen zusammen, und Sex teile ich halt mit Männern, allerdings küssen Frauen toll ... ;)
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: pyon am 05. März 2014, 09:23:44
Vielen Dank für diese tolle Auflistung.  :knuddel:

Mir hat sie schon sehr geholfen! Ich grüble schon seit Längerem über einen meiner Hauptcharaktere und dessen Neigungen. Deine Aufzählung hat mich sehr geholfen ihn genauer einzugrenzen und vor allem zu sehen, dass er doch gar nicht so abnormal ist, wie ich im ersten Moment gedacht habe!  ;D

Und ich glaube, dass es generell nicht noch Nachteil sein kann, wenn man sich dessen bewusst wird, dass es neben Homo- und Heterosexualität auch noch etliche andere Arten gibt.
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: canis lupus niger am 05. März 2014, 22:09:53
Heute hatte ich eine Premiere: Ich habe für meine Reihe eine Verführungsszene geschrieben. (Soviel zu der Aufforderung meines Mannes : "Schreib doch mal was Erotisches!") War nicht deswegen, sondern weil dadurch eine Menge wichtige Spannungen für den Plot aufgebaut werden. Mal sehen, wie mir die Stelle morgen gefällt. Wenn ich sie dann nicht mehr gut finde, werde ich sie vermutlich schamhaft und schnell wieder löschen.  ;D

Was darin besonders ist? In einem mittelaterlichen Setting verführt die Frau, die aus einem anderen Kulturkreis kommt und als eine Art Amazone bezeichnet werden könnte (Sascha aus meinem Charakterinterview! http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,2869.195.html (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,2869.195.html)), einen tugendhaften Ritter. Ein Spiel mit vertauschten Rollen also. Er fühlt sich hinterher irgendwie benutzt. Aber warum eigentlich? Schließlich machen mittländische Männer das ja auch ständig mit Frauen. Er hat Sorge, dass ihr Bruder, sein Dienstherr, dahinter kommen und ihn zur Schnecke machen könnte. Immerhin hat er die Frau "wie eine Dirne behandelt". Und was, wenn sie schwanger wird? Und ihr Ruf! Er ist ziemlich verstört. Sie dagegen sieht das ziemlich entspannt.

*edit* Doch, ich mag die Szene immer noch, vor allem den Dialog hinterher.  :snicker:


Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: chaosqueen am 17. März 2014, 22:26:45
Canis, das klingt nach einer sehr guten Szene! Vor allem seine Bedenken und ihre Lässigkeit kommen so schon bei mir an! :)
Titel: Re: Wie man Liebe schreibt.
Beitrag von: canis lupus niger am 17. März 2014, 23:07:53
Danke schön!
Ich hoffe, man liest dieses Emotionen später auch aus der Szene heraus. Wenn ein Autor seine Absichten kennt und beschreiben kann, dann heißt das ja noch lange nicht, dass er es in der Geschichte dann auch so rüberbringen kann.