Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Allgemeines => Tintenzirkel => Thema gestartet von: MarkOh am 18. September 2006, 06:47:19

Titel: Der Große Anspruch...
Beitrag von: MarkOh am 18. September 2006, 06:47:19
Nur mal so nebenher eine Frage...

Wie haltet Ihr es mit dem "Anspruch" in Euern Geschichten?
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Hr. Kürbis am 18. September 2006, 07:55:52
Anspruch? Was ist das? ;D

Nee, also ich würde mal sagen, das Fantasy ja Unterhaltungsliteratur ist und darauf kommt es mir auch an. Da liegt es mir eigentlich fern, irgendwo den Zeigefinger zu heben und (m)eine Botschaft zu verbreiten...

Sichererlich gibt es auch Fantasy mit Anspruch, aber selbst HdR würde ich nicht dazu zählen, mal abgesehen vom Sprachstil und der Erzählweise.
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Manja_Bindig am 18. September 2006, 09:52:26
Ich schreibe, weil es mir Spaß macht. Mein Anspruch an mich selbst besteht immer darin, eine logische Geschiche gut zu erzählen, gute Charas zu haben, lebendig zu schreiben.

Gut.
Muss meine Story anspruchsvoll sein?
Ich zähl hier mal einige Sachen von mir entstehungschronologisch geordnet auf.


Elfenblut:
Grundhandlung Schema F wie Fantasy. An sich nix wirklich neues. Was mcih gereizt hat, war die Entwicklung meiner Figuren innerhalb der Handlung. Ich hab quasi extra eine simple Grundhandlung gewählt um mich voll und ganz auf die Charas und ihre Beziehungen untereinander konzentrieren zu können. Und ich denke, teilweise ist das sogar gelungen.

"Seelensuche", eine Art "Fortsetzung" funktioniert ähnlich, allerdings habe ich hier auch mehr WErt auf den Handlungsablauf gelegt. Anders als bei "Elfenblut" liegt nicht alles in der Hand der Charas, einige Male sind sie gezwungen, so zu handeln, wie sie sollen(in Elfenblut hatten die Charas über die Story bestimmt).
Wieder innere Konflikte, vor allem um die Frage, wie weit man für ein Ziel gehen darf und ob man es mit sich vereinbaren kann, ein Leben für ein anderes zu opfern.

Bei "Spiegelbilder"... hm, die Handlung besteht aus dem Treiben an einer Magier-Akademie. Mit Zentrum auf ein Zwillingspaar, das... nun ja, keine wirklich schöne Kindheit hatte. Ziemlich viele lose Fäden, die zusammen- udn auseinanderlaufen. Und hier hatte ich die Frage im Hinterkopf wie viel Schuldman an manchen Dingen haben kann. (pikanterweise liefern die "Spiegelbilder" die Vorgeschichte zu "Elfenblut")

Gehen wir mal kurz aus dem Elfenblut-Universum raus und besuchen die Hauptfigur meienr "Verlorenen Worte".
Schrifstellerin in extremer Schreibkrise, von Selbstzweifelnb zerfressen. Außerdem latentes "Ich-bin-schuld-dass-meine-Schwester-starb-ohne-dass-wir-uns-versöhnt-haben"-Syndrom.
Darunter leidet ihre Welt. Und im Zuge dessen werden erst andere Bücherwelten angegriffen und schließlich auch die Relaität. Wer das wohl ausbügln darf...
Frage: Wie überwinde ich mich selbst?
Die Idee dazu kam mir, als ich gelesen hab: "Dein größter Gegner ist deine Angst. Und da deine Angst ein Teil von dir ist, ist dein Größter Gegner du selbst."


Flügelzyklus.
Arme Shia... *tätschel*
Wie wahnsinnig kann man durch seine Umgebung werden? Und was ist dann noch erlaubt?


Ich denke schon, dass ich einen gewissen, geringen Anspruch in meinen Geschihcten habe. Die Grundideen sind ein bisschen philosophisch angehaucht... und ich geb mir Mühe, dem Leser keine Antworten zu servieren.
Es macht allerdings viel mehr Spaß, etwas mit Anspruch zu schreiben, als eine sinnfreie Blödelei. Was dann auch der Grund sein wird, warum meine Parodie niemals fertig werden wird.
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Elena am 18. September 2006, 10:09:11
Hm, ich beginne eine Geschichte nicht mit dem Anspruch, Anspruch zu haben.  ;D Aber da für mich das Schreiben eine Auseinandersetzung mit mir selbst ist, kommen die Frage, die mich (gerade) beschäftigen, natürlich mit rein. Dadurch entsteht dann schon so etwas wie eine Botschaft, aber ähnlich wie mein Schwesterchen lege ich es weniger darauf an, eine vorgefasste Antwort zu präsentieren, als Fragen von verschiedenen Standpunkten aus zu diskutieren und das Denken dann dem Leser zu überlassen.
Ich mag auch Bücher lieber, die den Tiefgang "nebenher" erfüllen, als sich in philosophischen Ausschweifungen zu verlieren. Wer philosophische/gesellschaftskritische Abhandlungen schreiben will, der braucht Das nicht in eine Geschichte zu zwingen, sondern kann das so tun.

Ganz ohne etwas Tiefe mag ich es allerdings auch nicht...

Liebe Grüße,

Elena
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Manja_Bindig am 18. September 2006, 10:10:35
;D
Man kan mir vieles vorwerfen, aber den anspruchsvollen Teil meines Grundplots löse ich nicht ni seitenlangen Monologen. Meine Charas heißen ja nicht Hamlet. ;)
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Rei am 18. September 2006, 14:04:53
Hmm... Anspruch... Mir kommt es darauf an, daß mir die Geschichte Spaß macht, daß meine Charakter Spaß haben und nicht nach zwanzig Seiten alles hinschmeißen, weil sie keinen Bock mehr haben (oder ich, je nachdem...  ;D).

Ob ich jetzt DEN literarischen Anspruch habe, um einmal von Marcel himself auseinandergenommen zu werden...? Nein, ich glaube nicht. Ich mag Spaß haben, darum gehts mir. Die Geschichte muß funktionieren und die Charaktere glaubhaft sein. Das ist der einzige Anspruch, den ich an meine Geschichten habe.

Bis jetzt natürlich... Es kann ja sein, daß ich irgendwann mal anders denke oder anders schreibe, aber bisher reicht mir das vollkommen.
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Lastalda am 18. September 2006, 14:26:46
Ich finde es schön, wenn Geschichten neben der Unterhaltung auch mit ernsten Gedanken spielen. Soetwas lese ich sehr gern, und ich versuche es auch selbst umzusetzen. Das sollte natürlich nicht in Zeigefinger-Form passieren, da macht der Leser ja automatisch dicht. Aber für mich macht das lesen eben mehr Spaß, wenn ich nicht (nur) abschalte, sondern auch zum nachdenken angeregt werde. Und für Leser mit ähnlichen Vorlieben schreibe ich.

Eines meiner Lieblingsthemen ist die subjektive Natur von Gut und Böse (ich HASSE Schwarzweißmalerei und den klassischen "ewigen kampf zwischen Gut und Böse", was einer der Hauptgründe dafür ist, warum ich in Buchläden irgendwie keine interessanten Bücher mehr finde), das Spiel mit Perspektiven.

Ich finde es durchaus nicht schlimm oder [/i]falsch[/i], wenn ein Buch "nur" unterhalten will. Es gibt ja auch genug Leser, die "nur" unterhalten werden wollen.
Welchen Anspruch man an sich selbst und seine Texte stellt, muss eben jeder selber wissen (und "Anspruch" ist hier NICHT wertend gemeint!). Genau wie einige für sich selbst und andere für Veröffentlichung schreiben, was ja auch nicht bedeutet, dass die Qualität der Texte, die um ihrer selbst willen geschrieben werden, zwangsweise schlechter sein muss.
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Steffi am 18. September 2006, 14:30:42
Ich stimme Lastalda zu.

Ich finde es schön, wenn man beim Lesen merkt, dass der Auto nicht bloß eine Geschichte erzählen will sondern gleichzeitig auch noch was zu sagen hat. Anspruch sollte nicht mit "erhobener Zeigefinger" verwechselt werden.
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Kalderon am 18. September 2006, 18:16:17
Anspruch kann man ja jetzt vielfach deuten.

Ich habe sowohl den Anspruch an mich selbst, dass meine Geschichten nicht gewöhnlich sein sollen. Und ich habe den Anspruch, gut zu schreiben. Das alles muss ich mir jedoch erarbeiten.

Ich schreibe auch gerne "anspruchsvolle" Geschichten, was lediglich bedeutet, dass sie nicht völlig banal sein sollen. Das Gute kämpft gegen das Böse ist mir zu langweilig und zu banal. Ich schreibe gerne philosophisch oder gesellschaftskritisch, weil das auch meine wirklichen Interessen sind. Ich beschäftige mich viel mit Ausgrenzungen, Ideologien, Folter - Krieg - Mord, philosophische Fragen. Das gibt mir mehr. Selbst wenn ich selbst keine Antwort auf eine Frage finden kann, um sie dem Leser zu geben, so habe ich ihm doch zumindest eine Richtung gezeigt, die ihm vielleicht hilft, mit einem bestimmten Thema besser zurechtzukommen.
Und bitte sagt mir nicht, ich erhebe den moralischen Zeigefinger. ;) Das mache ich nämlich nicht. Ich versuche teilweise sogar den leser zu verführen und halte ihm dann den Spiegel vor. Das wird mich nicht beliebt machen. :)

Und "anspruchsvoll" zu schreiben bedeutet nicht, toternst zu sein. Man kann auch mit Humor viel transportieren. Das gehört allerdings nicht zu meinem Repertoire. ;D

Liebe Grüße: Kalderon
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Manja_Bindig am 18. September 2006, 18:30:05
Für den Humor sorgen meine Charaktere selbst.
Wenn Malenka in ihrer neugiereigen, um nciht zu sagen unverschämten art bemerkt: "Sag, was ich wissen will und ich lass dich in Ruhe", nachdem sie dir ewig auf den Keks geht - für mich und ihc schätze, auch für den Leser ist das dieser alltagshumor, den man immer und überall findet.
Oder wenn sich zwei Elfenmänner zoffen, weil der andere eifersüchtig ist - der ander ist der Bruder seiner Freundin.
Oder wenn meine Mädels zusammenhocken und hemmungslos über die Männer ablästern. Da sitze ich gern kichernd da...

Und hin und wieder baue ich tatsächlich auch Slapstik ein, einfach weil es passt.
Aber lustig sind meine Geschichten deswegen nicht - dazu gehe ich zu sehr den Leitfragen im Plot nach.
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Aarmaan am 18. September 2006, 18:34:23
ich persönlich lese auch gerne bücher, wo man merkt, dass der autor im wesentlichen spass am schreiben hat. solchen büchern spreche ich aber keinen hohen anspruch zu, sondern bezeichne sie eher als "unterhaltsam"
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Moni am 18. September 2006, 19:53:02
Zitat von: MarkOh am 18. September 2006, 06:47:19
Wie haltet Ihr es mit dem "Anspruch" in Euern Geschichten?

Gegenfrage: was genau verstehst du unter "Anspruch"? Eher in Bezug auf den sprachlichen Stil? Oder eine komplexe Handlung, die gewisse Ansprüche an den Leser stellt?  Oder verstehst du unter Anspruch den moralisch erhobenen Zeigefinger? Letzteres hat meiner Ansicht nach eher wenig mit wirklichem Anspruch zu tun.
Sowohl Stil als auch Inhalt dürfen/sollen/können selbstverständlich auch in der Fantasy anspruchsvoll sein. Ein Buch kann Humor haben, unterhaltend sein und trotzdem Ansprüche an den Leser stellen. Ein gutes Beispiel dafür ist z.B. ein verwickelter Krimiplot, bei dem der Leser zum mitraten angehalten wird und nicht bereits auf Seite 3 weiß, wer der Mörder ist.
Man muß Anspruch nicht mit dem literarischen Quartett und einer Besprechung durch Marcel gleichsetzen...  ;)

Wenn ich ein Buch lese, bevorzuge ich eines, welches mich geistig anregt, meine Fantasie beflügelt und mich anspornt, selbst eine solche Wirkung bei meinen Lesern hervorzurufen.
In diesem Sinne ist Anspruch doch absolut wünschenswert und sollte nicht mit den abgehobenen Wortdrechseleien einer Brigitte Kronauer und Konsorten (die man meistens einfach nicht lesen kann) in einen Topf geworfen werden.

Lg
Moni

P.S. Ich verschiebe mal, denn m.E. ist das TOPIC!!

Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: MarkOh am 18. September 2006, 20:57:13
Also was mich selbst betrifft, so würde ich sagen, dass ich da jetzt auf die Schnelle auch nicht so recht eine Antwort darauf wüsste. Aus diesem Grund solltet Ihr auch meine Frage selbst nicht überthematisieren...
;D
Anspruch? Bücher mit dem "Großen Zeigefinger"? Nee, solche mag ich nicht. Was wären für mich Bücher mit Anspruch? Mhmmm, nun ja, in allererster Linie Bücher die fesseln, die so gut geschrieben sind, dass sie mich nicht loslassen, dass ich abends beim zu Bett gehen in Gedanken noch an der Geschichte hänge. Wie bei einem "guten" Computerspiel, welches bis zum Schluss vor Spannung trotzt.
Ob ich selbst Geschichten mit Anspruch schreibe? Nun ja, gute Frage. Nimmt man sich meiner Beurteilung von Anspruch an, so bleibt es noch immer eine Geschmacksfrage. Ich hatte Leser des ersten Teils von D&C, die mir zusicherten absolut gefesselt von der Geschichte gewesen zu sein, und wirklich das Buch bis zur letzten Seite verschlungen zu haben. Andererseits waren aber auch 1 oder 2 dabei, die mir schon ganz ehrlich zu verstehen gegeben haben... "Naja, sei net bös, die Geschichte an sich mag zwar nett sein, ist aber net so ganz mei Ding."

Andererseits verstehen viele unter "Anspruch" vielmehr das Aufgreifen gesellschaftspolitische Sachen, was ich durchaus auch nachvollziehen kann. Hin und wieder schmöker ich schon auch mal in solchen Büchern. Doch ob ich die Abhandlung gesellschaftspolitzischer Themen unbedingt in einer Fantasygeschichte haben oder verbauen muss? Nee, wohl doch eher nicht. Ich denke, da gibt es andere Genres, in denen solche besser aufgehoben sind. Natürlich hat man auch einen Anspruch gegen sich selbst. Sei es, was den Stil des Schreibens angeht, die Umsetzung einer Idee oder so etwas in der Richtung.

Andererseits...  Eine gut recherchierte Geschichte zu König Artus mit geschichtlichem Anspruch ist mir bei weitem lieber, als der fünfundzwanzigste Abklatsch von "Die Ritter der Tafelrunde", die vielleicht thematisch kreuzen, aber nicht verbinden.

Oder Monis Ausführungen. In meinen Augen durchaus in vollem Umfang nachvollziehbar ( ...wie die der anderen auch ) Was ist "Anspruch"? Oder was unterscheidet den eigenen, an sich selbst gestellten Anspruch, mit dem Anspruch, den der Leser erwartet? Ich kann mich diesen Ausführungen durchaus anschließen... Guten Gewissens.
:engel:

Mhmmm... Doch was sagt mir das abschließend? Einfach, dass wohl jeder eine andere Vorstellung von Anspruch hat, und einen eigenen Anspruch auch nach eigen Vorstellungen versucht weiterzugeben. Oder?
:pfanne:
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Coppelia am 19. September 2006, 15:54:53
Für Anspruch fällt mir vieles ein ...

- Dialoge: Etwas bleibt ungesagt. Vom Leser wird erwartet, dass er es zwischen den Zeilen herausliest. Für das weitere Verständnis der Handlung wird dieses Wissen vorausgesetzt.
- Figuren: Figuren differenziert charakterisieren, keine Weiß- und Schwarzmalerei
- Wertung: Keine Bewertung der Handlung; die Leser sollen sich selbst ein Bild machen, sie erhalten aber nur wenige Anhaltspunkte
- Reihenfolge: Etwas wird nicht sofort erklärt, sondern erst später.
- Symbolik: Originelle Symbolik verwenden, die nur im jeweiligen Text eine eigene Bedeutung besitzt.
- Sprache: Eine bildhafte Sprache ohne Klischees, die den Leser herausfordert.

Ich arbeite in fast jeder Geschichte mit diesen Elementen - mal mehr, mal weniger. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass einige Leser damit nicht gut klarkommen. Die meisten mögen aber ein Buch, wenn es ordentlich geschrieben ist, und kümmern sich nicht um die Symbolik usw.
Viele Fantasyleser mögen es aber nicht besonders, wenn keine Schwarzweißmalerei stattfindet und Handlungen nicht bewertet werden.

Ich könnte natürlich auch schreiben: "Heinz war ein böser Magier mit schlechtem Charakter. Er prügelte abends häufig seinen Hund. Das war schlecht, denn so etwas tut man nicht! usw."  ;D Aber das mag ich nicht so gern - ich stehe dazu, ein bisschen anspruchsvoll zu schreiben. Mein Pech. ;)

Und der ganz harte Anspruch ist das noch nicht, es ist nur Anspruch im Fantasy-Bereich. Sonstige anspruchsvolle Bücher sind etwas anderes. Ich bin aber ziemlich sicher, dass die oben genannten Dinge Grundlage für Anspruch in jedem Genre sind.
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Arielen am 20. September 2006, 22:31:36
Anspruch? Ich versuche den Geschichten keinen aufzuzwingewn. Was sich ergibt, das ergibt sich.

Ansonsten versuche ich nicht an Anspruch zu denken, denn sonst schreibe ich nichts zu Ende.
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Silvia am 21. September 2006, 00:39:48
Bei mir beißt sich gerade der nach diversen Jahren Fantasy-Lesens gewachsene Anspruch an eine selbstverfaßte Geschichte mit dem letzten Stand meines Könnens/Stils *gg*. Ist halt schon ein paar Jährchen her, daß ich eine längere Story verfasst habe. Ich versuche mich gerade an meinen eigenen Anspruch heranzuarbeiten. Ein paar Versuche habe ich in den letzten Wochen schon in die Tonne getreten, aber ich kann zumindest sagen, jede neue Version war besser als die vorige.  ;D
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Coppelia am 21. September 2006, 15:06:50
Ich stimme dir da im Großen und Ganzen zu.

Meine Kriterien für Anspruch sind nichts für Kinderbücher, da würde ich auch anders rangehen. Obwohl Symbole auch in Kinderbüchern ihre Berechtigung haben. Kinder kriegen vieles mit, auch wenn sie es noch nicht analysieren können, und haben ein ganz intuitives Verständnis dafür, was eine Geschichte "rund" macht.

Die ganze Problemliteratur geht mir auch echt auf den Senkel - obwohl ich finde, dass sich das gebessert hat! Als ich klein war, gab es sowas nur, jetzt hat sich doch wenigstens Harry Potter etabliert.

Man kann Probleme aber auch fantastisch und lustig bearbeiten. Eigentlich macht das Bücher sogar spannender, finde ich. Nur ob die Jury das anerkennt, weiß man nie. Bücher, die nur lustig sind, sind wirklich häufig auch flach. Etwas kann durchaus zu 90% lustig sein, aber wenn es zu 100 % lustig ist, ist es Klamauk und hat keine Botschaft - dann ist es gut, um zu lachen, aber anspruchsvoll ist es nicht.
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Arielen am 21. September 2006, 16:13:26
Zitat von: Schelmin am 21. September 2006, 12:55:00
Willst du einen Preis, schreib ein Buch darüber. Aber kaum ein Buch, das einen ganz normalen Helden hat,  ein Kind, mit dem man sich vielleicht sogar identifizieren kann, und das ein Abenteuer besteht, hat eine Chance, einen Preis zu gewinnen. Oder wenigstens hoch gelobt zu werden. Ein Buch das einfach nur lustig ist, bekommt gleich den Stempel: flach. Das halte ich für eine sehr makabere Entwicklung.
Klar haben auch solche problembezogenen Themen eine Berechtigung in der Literatur. Aber eben nicht nur. Und solche Themen mit Anspruch gleichzusetzen halte ich für falsch.

Das Denken existiert aber leider schon seit langem in der deutschen "Literaturszene und wird fröhlich weiter getragen, das sieht man ja an Elke Heidenreich, die Fantasy und Krimi grundsätzlich gleich ausschließt. Heute wird eben ganz krass nach E-Literatur (mit Anspruch) und U-Literatur (ohne augenscheinlichen Anspruch) unterschieden. Mich ärgert das auch.
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Manja_Bindig am 21. September 2006, 17:37:57
Und U-Literatur ist Fantasy.
Und bei Fantasy wird folgerichtig ausgeschlossen, dass sich der Autor eine Frage stellt und diese Frage in seiner Geschichte die Grundlage bildet(Beispiel meine "Seelensuche": Darf ich einen Menschen für einen anderen opfern? KANN ich einen geliebten Menschen für einen anderen geliebten Menschen opfern? )
Aber nein, das ist Fantasy, das KANN sich nciht mit solchen Dingen beschäftigen. (Dass mir die Fantasy GERADE die Möglichkeit bietet, solche Fragen auf meine Art und Weise zu überdenken - das klammern wir hier mal aus)
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Linda am 21. September 2006, 17:52:56
Tja, liebe Leute - ich habe einen hohen Anspruch. Und zwar an meine Leser ;-)

Von dieser Warte her haben wir das noch gar nicht so beleuchtet, aber da liegt für mich tatsächlich der Hund begraben. Anspruch ist immer auch eine Frage der Zielgruppe und Stilmittel, die nicht als solche erkannt werden, sind quasi verschenkt.

E-Literatur darf wer weiß wie verquast daherkommen, weil es eine Leserschaft gibt, die bsp. die Form über den Inhalt stellt, weil es Rezensionen in großen Zeitschriften und Literaturkreisen gibt, die die Interpretation für den Leser schon mal vorsorglich vornehmen, oder zumindest Ansätze in den Raum stellen. Weil der Leser den Gebrauch von Symbolen und Metaphern erwartet und gutheißt.

Die Rezeption von U-Literatur ist da ganz anders. Je nachdem (also nach Genre oder Autor oder auch nur Werk), ist alles gut, was beim Konsumieren weder inhaltlich noch sprachlich aneckt, noch zum Nachdenken herausfordert und immer eindeutige Antworten gibt. Genau das ist so und so passiert, Interpretationsspielraum gegen Null, viele erklärende Passagen, für alle, die die Sachen zwischen den Zeilen beim (flüchtigen oder extrem langgezogenem) Lesen nicht mitbekommen haben. Figuren ohne Brüche, moralische Eindeutigkeit und ein sauberes Happy End.

Oder eben etwas dazwischen.  - Da sehe ich mich. Ich möchte für Leser schreiben, nicht für Literaturkritiker. Je nach Zielgruppe und Thema schraube ich entsprechende Stilmittel zurecht und hoffe, dass so ein breiter Korridor entsteht, wo sich nur wenige überfordert fühlen, aber auch nur wenige unterfordert werden.
Genaugenommen versuche ich immer die Gratwanderung, für verschiedene Leserschichten auf verschiedenen Ebenen innerhalb eines Textes zu schreiben. Es ist wie mit Ironie: wer sie versteht, kann sich freuen, wer sie nicht versteht, dem fehlt dann i. d. R. auch nichts Essentielles. (Obwohl man sich natürlich darüber auch schon wieder streiten könnte.)

Mehrdeutigkeit von Literatur ist für mich ein unbedingtes Qualitätsmerkmal. Fast food ist zuweilen toll, aber ein leckeres Drei Gänge Menü muss eben auch mal sein.

Gruß,

Linda
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Feuertraum am 21. September 2006, 19:00:41
Habe ich Anspruch?
Die Antwort ist ein ganz klares NEIN! Ich will nur eines: unterhalten. Und bin ich damit der ganz große Außenseiter? Klar, bin ich, wenn es nach Heidenreich & Co geht. Geht es aber nicht, denn unabhängig davon ob Fantasy nur ein Mauerblümchendasein fristet oder nicht: noch immer gibt es sehr sehr viel an Unterhaltungsliteratur, die verlegt wird. Und gekauft!!
Filme, die Spaß und Spannung und Action versprechen sind auch nichts anderes als Unterhaltung. Und werden von Millionen Fernsehzuschauern/Kinobesuchern konsumiert.
Zwar findet man manchmal - meistens in amerikanischen Sitcoms - einen moralischen Zeigefinger, aber wirklich anspruchsvoll?
Nö, nicht wirklich.
Sie wollen unterhalten, ich will unterhalten.
Nicht mehr.
Und dazu stehe ich!!

LG

Feuertraum
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Lakos am 21. September 2006, 19:24:54
Also ich finde Anspruch in Büchern oder Geschichten schon wichtig. Immerhin will ich beim Lesen eines Buches, und sei es auch nur ein "plumper" Fantasy-Schmöker, nicht nur unterhalten werden. Ein Buch bringt mich immer eine Erfahrung weiter, es erzählt mir eine neue Geschichte. Eine Geschichte, die es vielleicht wert ist, wieder erzählt zu werden. Und am längsten bleiben meiner Meinung nach die Geschichten im Gedächtnis, die Fragen aufwerfen, die den Leser zwar nicht hoffnungslos überfordern, aber eben auch zum Denken anregen. Ich versuche immer ein gesundes Mittelmaß zwischen Unterhaltungsliteratur und E-Literatur zu halten. Denn zuviel vom Guten...

Wobei ich zugeben muss, dass ich nur die Fragen stellen kann, die mich zu diesem Zeitpunkt selber beschäftigen. Aber es gibt ja immer irgendetwas und zur Not fragt man halt nach dem Sinn des Lebens. ;)
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Kalderon am 21. September 2006, 19:37:12
Ich brauche auch etwas Bestimmtes in Büchern oder Filmen, dass es wert ist, sie zu konsumieren. Von den meisten Büchern, die ich bisher gelesen habe, kann ich mit Fug und Recht sagen: sie waren es nicht wert, gelesen zu werden. Sie waren unterhaltsam. Aber das genügt mir nicht. Ich hätte genausogut einen Actionfilm schauen können, nur hätte ich dafür nicht so lange gebraucht. Im Grunde ist es Zeitverschwendung. Ich frage mich momentan wieder, ob ich eine Bücherreihe nicht zu Ende lese, einfach weil es nicht mehr als Unterhaltung ist. Lediglich das Interesse daran, was mit den Charakteren geschieht, hält mich am Ball. Soweit hat die Autorin gute Arbeit geleistet.
Ich bin anspruchsvoll. Man muss mir schon etwas bieten. Etwas Unkonventionelles oder etwas, das Fragen aufwirft und sie beantwortet. Aber Fragen, die einen größeren Sinn haben. Denn viele Menschen sind auch einfach nur auf der Suche nach einem Lebenssinn.
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Manja_Bindig am 22. September 2006, 11:22:29
Du stellst dir DOCH einen Anspruch, Feuertraum. Du willst unterhalten.

Und das wollen wir hier alle.
Ich hab den Anspruch, ein paar grundlegende Fragen in meine Geschichten einzubauen, ohne sie direkt im Text zu stellen, so dass der Leser nicht gelangweilt abwinkt. Aber die Frage ist eben doch offensichtlich. Wenn ich es schaffe, dem Leser ne Nuss zu knacken zu geben, hat er self-entertainment, lange nachdem die Geschichte zu Ende ist. Und wenn es eine unterhaltsame Geschichte ist, bin ich zufrieden.
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Lastalda am 24. September 2006, 18:31:35
Ich finde es gar nicht schlimm, dass es Literatur gibt, die ausschließlich unterhalten will, und solche die Botschaften vermitteln oder zum Denken anregen will.
Was mich anstinkt, ist die Abwertung des Einen oder Anderen. Es gibt verschiedene Geschmäcker und verschiedene Leseransprüche, also sollte es auch bitteschön verschiedene Literatur geben. Wie Linda schon sagte - es ist alles eine Frage der Zielgruppe.

Schwarz-Weiß-Unterteilungen a la "E- und U-Literatur" sind an dieser Stelle eigentlich sowieso sinnlos, weil die meisten Bücher doch beides enthalten, nur in verschiedener Gewichtung. Ganz davon abgesehen, dass sich "Anspruch" im Sinne von Botschaften/zum Denken anregen und Unterhaltung kein bisschen ausschließen.
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Manja_Bindig am 24. September 2006, 19:13:33
Ich hab sogar das dumpfe Gefühl, dass ich Denkanstöße besser aufschnappe, wenn sie mir unterhaltsam und ohne Zeigefinger und Neopfeil serviert werden... da ist mir Lynn Flewelling tatsächlich lieber als Heinrich Mann(gut - das ist auch keine Kunst, der Heinrich ist mir zu... langweilig)
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Manja_Bindig am 25. September 2006, 16:50:13
Hm.. im Endeffekt sind das dann immer die Geschichten, die ich als "nicht gelungen" empfinde.
Beispiel "Teleny": Davon abgesehen, dass kein Kapitel ohne Betszenen auskam(und die waren mit einer BLÜHENDSTEN Fantasie geschrieben) und es SEHR blumig geschrieben war... da war kein wirklicher Sinn dahinter. der "Plot" war nur dazu da, um den Zwischenraum zwischen dem Matratzensport zu überbrücken. Mehr nicht. (und deswegen glaub ich auch nciht, dass das von Oscar Wilde ist)

Und von dieser Sinnfreiheit sind meine Geschcihten auch nciht verschont.
Mein Erstling ist so ein Sorgenkind... am Ende hab ich es geschafft, noch was reinzubasteln, aber mit dem Rest hadere ich sehr.
Von "Traumwächter"(ich hab beschlossen, es jetzt endgültig zu den Akten zu legen) und diesem unsäglichen, Fanfiction-artigen Ding ganz zu schweigen... bei letzterem schäm ich mich heute noch.  :pfanne:
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Linda am 25. September 2006, 16:53:53
Zitat von: Manja am 25. September 2006, 16:50:13
Davon abgesehen, dass kein Kapitel ohne Betszenen auskam(und die waren mit einer BLÜHENDSTEN Fantasie geschrieben) und es SEHR blumig geschrieben war... da war kein wirklicher Sinn dahinter. der "Plot" war nur dazu da, um den Zwischenraum zwischen dem Matratzensport zu überbrücken.

;)

also, was manche Leute unter "beten" verstehen :-)

Ja, ist schon klar, nur ein Vertipper. Aber ein guter.
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Manja_Bindig am 25. September 2006, 17:04:29
Der perfekte Tintenklecks. ^^
Titel: Re: Der Große Anspruch...
Beitrag von: Firerain am 19. August 2007, 11:45:30
Flache Texte sind mir zuwider.

Allerdings birgt zu viel (gewollte) Tiefe die Gefahr, dass am Ende der Unterhaltungswert darunter leidet.
Die Kunst ist es, Anspruch und Unterhaltung miteinander in Einklang zu bringen.