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Wie steht ihr zu Piraten, die eure Werke illegal runterladen?

Begonnen von JarlFrank, 28. Juni 2016, 17:18:04

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Steffi

Dass Raubkopien Diebstahl sind, steht außer Frage.

Trotzdem verfolge ich die immer wieder aufbrennende "Mein Buch ist schon wieder auf Plattform XY!" Empörung ... schmunzelnd. Denn m.E. nach ist es Irrsinn zu glauben, als Autor hätte man da wirkliche Verluste. Das ist wie mit der Debatte um Film- und Musikdownloads: Glaubt die Industrie denn wirklich, dass an jeder Raubkopie eine legal erworbene Kinokarte verloren geht? Die Filme werden geschaut, weil sie eben da und verfügbar sind, nicht zwangsläufig, weil jemand kein Geld für eine DVD ausgeben möchte.

Die Leute, die auf Plattformen Bücher ziehen, sind zu geizig, sich Bücher zu kaufen. Das würden sie auch bleiben, wenn es die Plattform nicht gäbe. Ich sehe das daher pragmatisch. Natürlich ärgert es mich, natürlich bleibt es Diebstahl, aber ich glaube nicht, dass die Verluste für mich als Autor wirklich spürbar werden.
Sic parvis magna

Alana

@Steffi: grundsätzlich hast du recht. Das Problem ist dieses hier, ich zitiere mich noch mal:

Zitat@Es ist Werbung: Nein. Denn die Leute, die geklaute Bücher weitergeben, geben damit auch die Adresse des Online-Portals und ihre kriminelle Einstellung weiter. Man wird durch solche Leute eher noch ehrliche Leser verlieren, weil der Gruppendruck von solchen Leuten sehr stark ist. "Du bist ja dumm, wenn du dafür bezahlst, ich kanns dir doch geben.
Alhambrana

Steffi

Zitat von: Alana am 28. Juni 2016, 19:53:45
@Steffi: grundsätzlich hast du recht. Das Problem ist dieses hier, ich zitiere mich noch mal:

Zitat@Es ist Werbung: Nein. Denn die Leute, die geklaute Bücher weitergeben, geben damit auch die Adresse des Online-Portals und ihre kriminelle Einstellung weiter. Man wird durch solche Leute eher noch ehrliche Leser verlieren, weil der Gruppendruck von solchen Leuten sehr stark ist. "Du bist ja dumm, wenn du dafür bezahlst, ich kanns dir doch geben.

Stimmt, so eine Freundin habe ich tatsächlich auch.
Sic parvis magna

Kati

Zitat von: Alana@Es ist ja nur eine digitale Kopie: Man kann auch andersrum argumentieren. Diese Diebe haben hinterher ein Exemplar von etwas auf ihrer Festplatte, das ihnen nicht gehört. Sie können es nutzen, obwohl sie das Nutzungsrecht nicht erworben haben. Das IST Diebstahl.

Ich bin da bei dir, Alana. Das ist genau das, was viele Leute nicht verstehen. "Ich habe doch aber nichts weggenommen." Doch, hast du. Wenn du wirklich nichts weggenommen hättest, dann hättest du ja jetzt kein Buch auf der Festplatte, das du umsonst lesen kannst. Es geht doch bei Unterhaltungsmedien nicht um das Papier mit Tinte drauf, das man klaut oder die CD, auf die Musik gepresst ist. Es geht um den Inhalt, und ob ich den digital oder "zum anfassen" klaue ist da für mich kein großer Unterschied. Es ist Diebstahl des Inhalts, den ich mir aneigne und konsumiere, ohne dafür zu bezahlen. Deshalb passt der Vergleich, auch der von Malinche mit dem Kuchen vom Bäcker, für mich auf jeden Fall. Wenn man nämlich davon ausgeht, dass man nur physische Dinge, die man anfassen kann, klauen kann, denkt man meiner Meinung nach nicht weit genug. Natürlich erstellt man beim Klauen von digitalen Inhalten eine Kopie, aber das ist irgendwie auch Haarspalterei. Darüber kann man streiten, aber es ändert im Endeffekt nichts am Sachverhalt: Man eignet sich etwas an, ohne dafür zu bezahlen. Und das ist die Definition von Diebstahl. Man kann das meiner Meinung nach ruhig so nennen. Wer sich dagegen wehrt als Dieb bezeichnet zu werden, weil er der Meinung ist das illegale Downloaden ist ja gar kein Diebstahl, wird diese Meinung auch nicht ändern, wenn man es anders nennt.

Inwieweit Raubkopien Schaden anrichten, kann ich nicht beurteilen, da ich noch nichts veröffentlicht habe und es mir deshalb auch noch nicht passiert ist. Da vertraue ich lieber auf die Berichte von den Leuten hier, denen es schon selbst passiert ist oder die sich damit auskennen.  :)

EDIT: Hat sich mit Alana und Steffi überschnitten.

Sprotte

Bei KabelTV wird es "Erschleichen von Leistungen" genannt, wenn jemand die Plombe am Übergabepunkt entfernt und sich ankabelt, ohne dafür zu bezahlen. Weil es ja auch etwas ist, was nicht "fehlt", aber eben widerrechtlich genutzt wird.

Mondfräulein

Die Definition von Sprotte passt für mich viel eher, denn es ist für mich immer noch kein Diebstahl, nur weil ich etwas habe, was mir nicht gehören sollte. Dafür fehlt mir eben einfach, dass jemandem dieser Gegenstand genauso fehlt. Meine Erfahrung ist auch eher, dass Leute einem dann eher weniger zuhören, weil sie genau so argumentieren: Sie nehmen niemandem etwas weg, sie haben nur zusätzlich etwas. Wenn ich darauf beharre, dass es ein Diebstahl ist, besteht die Gefahr, dass ich für andere das Problem künstlich hochpushe und sie mich nicht mehr ernst nehmen. Ist mir oft passiert.

Alana

#21
Dieser Begriff erfüllt aber absolut den Tatbestand der Verharmlosung. ;) (Damit meine ich nicht, dass Sprotte das verharmlosen will.)
Alhambrana

Sprotte

Tut er. Und trifft auch nicht wirklich zu:
Zitat§ 265a
Erschleichen von Leistungen

(1) Wer die Leistung eines Automaten oder eines öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationsnetzes, die Beförderung durch ein Verkehrsmittel oder den Zutritt zu einer Veranstaltung oder einer Einrichtung in der Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.
https://dejure.org/gesetze/StGB/265a.html

Im Prinzip braucht es ein neues Gesetz, um digitalen Diebstahl wirklich zu benennen. Immerhin sprechen wir von einer Raubkopie. Raub ist noch ein wenig schwergewichtiger als Diebstahl. *blättert im StGB* Das Problem am Diebstahlsparagraphen ist, daß er von einer "fremden, beweglichen Sache" spricht.

Alana

Ich finde auch, dass es eigentlich schlimmer ist als Diebstahl, denn meistens geht damit auch Anstiftung zur Straftat und Weitergabe von illegal beschafftem Material einher. Ist das nicht Hehlerei? ;D :P Und ja, da müsste dringend ein neues Gesetz her.
Alhambrana

Tintenteufel

#24
[ALANA]
Diskriminierendes Vokabular gesternt.
[/ALANA]

Womit wir dann aber wieder bei der Frage sind:
Sollte alles in der Sache als Diebstahl gelten?
Was passiert, wenn das Buch losgelöst vom Autoren ist. Wenn ein Verlag die Rechte an einem alten Buch hat und das gerät außer Druck - sagen wir mal sogar aus berechtigten Gründen, weil niemand mehr einen Charakter namens "N***** Jim" lesen möchte - und jemand macht diese alte Kopie massenhaft verfügbar. Ist das noch Diebstahl?
Ich finde nicht, dass es schlimmer ist als Diebstahl - es entsteht immerhin selten nachweislicher ökonomischer Schaden. Höchstens ein moralischer.

Alana

#25
Es entsteht sehr wohl materieller Schaden, und nicht zu knapp, einfach dadurch, dass immer mehr Leute auf die illegalen Portale wechseln und die Jugendlichen schon mit der Einstellung aufwachsen, dass es kein Diebstahl ist. Klar kannst du nicht alle zu Käufern machen, aber die Nutzer solcher Portale sind schon lange nicht mehr nur die, die sich Tausende Ebooks auf einmal runterladen und dann nie anschauen. Der große Schaden entsteht durch die Geisteshaltung, die bei den Menschen entsteht, die ansonsten vielleicht für die Sachen bezahlen würden. Hier wächst eine weitere Generation heran, der digitales Eigentum egal ist. Das ist ein riesiger materieller Schaden, selbst wenn nur 1% von denen potentielle Käufer für digitale Inhalte sind.
Alhambrana

Mondfräulein

Was man meiner Meinung nach braucht sind nicht härtere Gesetze sondern eine breite Debatte darüber, wie man in Zeiten des Internets mit digitalem Eigentum umgehen will. Über welche Plattformen soll man Produkte herunterladen oder konsumieren dürfen? Zu welchem Preis? Was davon bekommt der Künstler? Wieviel Mitspracherecht hat der Künstler? Der Markt wird sich zwangsläufig ändern, die Musikbranche macht das vor. Es ist ja schon voll im Gange.

Tintenteufel

#27
Die am meisten geklauten Serien, Filme und Videospiele überhaupt sind zufälligerweise auch die am meisten gekauften mit dem größten Profit. Hm...
Das ist kein Schaden, das ist nicht erfülltes Potential. Und du wirst leider nie beweisen können, dass auch nur einer der Leute, die das illegal herunter geladen haben, das auch so gekauft hätten.
Klar ist die Geisteshaltung schlecht. Die führt unter anderem zu der Haltung, Künstler als Tanzäffchen zu betrachten - weswegen ich es so seltsam finde, dass Neil Gaiman Piraterie okay findet. Aber das ist halt kein materieller Schaden. Weil wir über immaterielle Güter mit immateriellem Wert reden, die immateriell vervielfältigt werden und niemand kann zuverlässig nachweisen, ob diese Leute das Buch andernfalls gekauft hätten oder nicht. Das ist eine reine Ideologiefrage, ob nicht-erfülltes Potential tatsächlicher Schaden ist. Im Übrigen die gleiche Frage, die bei TTIP so gerne hochgeholt wird, wo große Firmen wegen nicht erfülltem Verkaufspotential klagen dürfen. Nur, um das mal im größeren Maßstab zu sehen.
Definitiv ist es kein materieller Schaden, der entsteht. Der Verlag sitzt nicht auf hunderttausenden ungedruckten eBooks, die jetzt plötzlich keiner haben will.

Die Argumentation mit dem "immer mehr Leute gehen auf die illegalen Portale und Jugendliche haben keine Vorstellung von Wert mehr" sollte dir irgendwie bekannt vorkommen. Die Nummer hat die Musikindustrie schon vor Jahrzehnten abgezogen, damals ging es um Kasettenrekorder und Radiosendungen, glaube ich. Du weißt schon, die Musikindustrie? Dieser bitterarme Kleinbetrieb, der allein in Deutschland jedes Jahr ein paar hundert Millionen Umsatz macht mit CD Verkäufen und sich seine persönlichen Braunhemden hält?
Die Argumentation gab's dann nochmal bei Videorekordern. Dann nochmal bei DvD Brennern. Dann nochmal bei Napster. Ich glaub der aktuelle Sargnagel für die Multimilliarden Dollar Großindustrie ist iTunes, dieses kommunistische Diebesportal.
Womit ich sagen will:
Diese Generation hat genau so eine Vorstellung von Wert und eine Einstellung zu Besitz und Preis, wie die Kommunen-Hippie-Generation mit ihren Kasettenrekordern. Anderes zu behaupten ist Schwarzmalerei und Milennial-Bashing. Man braucht sich nur nicht konventionelle Kunst-/Unterhaltungsmodelle und ihren riesigen Erfolg bei Leuten unter 25 angucken, um das zu verstehen.

FeeamPC

Meine Meinung zu Piraten: Teeren, Federn und Kielholen.

Aber mal im Ernst:
JarlFrank schreibt :
ZitatDiebstahl beinhaltet, dass ich jemandem was wegnehme, was er danach nicht mehr hat.
Okaaaaay ...

Und jetzt stellt euch vor, Ihr habt einen tollen Plot, schreibt den hier im Tintenzirkel in den Roman-Thread, und ein Dutzend Zirkler stürzen sich darauf und nehmen exakt den Plot und machen daraus ihr eigenes Buch (so etwas die die etwas ausgeschmückte Version eines Plagiats).  Euer Buch, wenn ihr es denn endlich fertigstellt, kauft kaum noch einer, weil, die Story haben ja schon so viele geschrieben und gelesen.  Ist kein Diebstahl, weil euch ja nichts materielles weggenommen wurde, oder?
ODER?

Seit wann muss Diebstahl materiell sein? Ideenklau ist ein anerkannter Begriff der deutschen Sprache, es gibt den Begriff des geistigen Eigentums, und, ganz strenggenommen, ist auch das Urheberrecht überhaupt nicht materiell. Überlegt das mal zu Ende.

Wenn ihr Piraten befürwortet und ihre Diebstähle für "normal" erklärt, dann solltet ihr konsequent sein und alle eure Ideen und Werke unter public domain ins Internet stellen.

Fynja

#29
Ich weiß, dass niemand mich spezifisch angesprochen hat, aber ich wollte nur nochmal klarstellen, dass nur, weil ich persönlich einen Unterschied zwischen Diebstahl und Kopien sehe, das nicht bedeutet, dass ich selber illegal herunterlade oder Piraterie gleich gutheiße. Auch habe ich mit meinem Posting nur die Frage des Threads beantwortet - wie ich selber zu Piraten stehen würde, die meine Werke illegal herunterladen würden, und nur, weil ich mich weniger an den Downloadern an sich stören würde, bedeutet dass nicht, dass ich kein Problem dabei sehe.

Was den Begriff selbst angeht, habe ich wie Mondfräulein das Gefühl, dass es wenig bringt, die Piraten, Downloader oder wie man sie nennen will, gleich als Diebe darzustellen, weil ich auch eher denke, dass sie dann gleich auf Abwehrhaltung gehen und Aufklärungsversuche nur noch mehr an ihnen abprallen. Und nur, weil ich zwischen den Begriffen distanziere, nehme ich auch noch keine Wertung vor, was jetzt schlimmer oder weniger schlimm ist. Das kann man so pauschal meiner Meinung nach ohnehin nicht sagen, selbst beim "reellen" Diebstahl kommt es letztendlich auf den Kontext und den Gegenstand bzw. die Anzahl der Gegenstände selbst an. Und ein Plagiat ist für mich eigentlich noch einmal etwas ganz anderes (für mich wesentlich Gravierenderes).

(Ich spreche hier auch keinen bestimmten Beitrag an, ich habe nur das Gefühl, klarstellen zu müssen, wie mein eigenes Posting gemeint war. Letztlich kann die Ausgangsfrage doch ohnehin nur jeder für sich beantworten, wenn es um die eigenen Werke geht, und ich weiß ja auch, dass ich niemandem vorschreiben kann, wie er das zu sehen hat und wollte das auch gar nicht.)