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"Hobbyschreiber" und Professionalität?

Begonnen von Fianna, 03. September 2012, 12:35:36

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Runaway

#15
Kaum macht man mal kurz Mittagspause, flammt hier die interessanteste Diskussion des Tages auf und man weiß von nix ;D

Ich kann Malinches detaillierten Ausführungen in vielen Punkten nur zustimmen, denn ich sehe das genauso. Es gibt viele Zwischenstufen. Es gibt auch die unbelehrbaren Schreibgötter, die würde ich generell in irgendeine Sonderecke stecken.

Also mir würde man schon auf die Füße treten, wenn man mich als Hobbyschreiber bezeichnen würde. Ich definiere das nämlich anders. Hobbyschreiber sind für mich Leute, die halt ab und zu mal aus Spaß schreiben und sich mit keinerlei oder keinen großen Veröffentlichungsabsichten tragen. Die es halt wirklich nur für sich als Hobby machen.
Ich würde Hobbyschreiber nie als jemanden definieren, der kein Geld mit seiner Schreiberei verdient. Es gibt da halt zuviele Zwischenstufen. Genauso würde ich nicht nur die Leute als Profischreiber bezeichnen, die schon veröffentlicht sind.
Es gibt auch unveröffentlichte Profis!

Aber ich wär bei der Bezeichnung Hobbyschreiber stinkbeleidigt, denn es ist nicht mein Hobby, sondern meine ... Leidenschaft? Berufung? Auf jeden Fall etwas, dem ich seit meinem achten Lebensjahr ziemlich nonstop täglich nachgehen muss, weil ich sonst nicht glücklich bin und mich auch nicht gut fühle. Es gehört zu mir.
Ich mach das hier nicht zum Spaß!! ;D

Auf jeden Fall kannst du sicher sein, daß niemand hier in despektierlicher Weise zwischen Hobbyschreibern und Profis unterscheiden würde. Das ist hier eigentlich nur eine Unterscheidung, die ausdrücken will, welche Ziele derjenige hat. So hab ich das bislang aufgefaßt. Wertend ist das nicht gemeint.

Erdbeere

Vielen von euch kann ich in fast allen Punkten voll und ganz zustimmen.

Ich persönlich habe mich nie als Hobbyautor bezeichnet. Früher vielleicht, so mit 12 oder 13, sah ich das Schreiben als Hobby, aber es hatte nie den selben Stellenwert wie zeichnen oder schwimmen. Schreiben war immer schon mehr, meine Leidenschaft, etwas, das ich einfach tun musste. Heute sage ich einfach, dass ich schreibe. Ich bin entweder Autorin oder publizierte Autorin. Punkt.

Ich vergleiche Schreiben gerne mit Sport. Bei beidem fängt man klein an, sei es bereits in der Kindheit oder als Erwachsener. Erst betreibt man es in der Freizeit, als Ausgleich und aus Spass. Man merkt, dass man besser wird, bekommt Unterstützung vom Team (in unserem Fall vom Team TZ) oder vom Trainer. Vielleicht schnuppert man Turnierluft, feiert kleine Erfolge, will mehr. Im Leben jedes Sportlers gibt es einen Zeitpunkt, an dem er Entscheiden muss, ob Sport ein Hobby bleibt oder eben mehr. Manche wollen zu Olympia. Manche wollen zu einem Publikumsverlag und Bestseller schreiben. Für beides muss man hart arbeiten, sich weiter entwickeln und vor allem Zeit investieren.

Warum muss man immer alles in "Amateur" und "Profi" unterteilen? Bin ich weniger gut in etwas, nur weil ich keinen Sponsor habe? Kann ich weniger gut arbeiten, nur weil ich Quereinsteiger bin und täglich neues lernen muss? Sind meine Texte schlechter, weil ich keinen Publikumsverlag hinter mir habe?

Einem Maler, der ein paar Bilder an einer kleinen Kunstausstellung aufhängen darf, sagt man ja auch nicht, dass er ja bloss Hobbymaler sei. Ich kenne viele Künstler. Die wenigsten haben Erfolg mit ihren Werken, doch kein einziger hat sein Schaffen jemals als Hobby bezeichnet, kein einziger. Also warum tun es Autoren?

Fianna

Zu den Autorenbiographien bzw. Hintergründen: irgendwie bin ich wohl darauf als erstes Beispiel gekommen, weil eine Amazon-Rezi mal die vielen historischen Schlampereien anprangerte.
Mir kam es gar nicht so abwegig vor, aber das Mittelalter ist nicht meine Zeit (die liegt eher weit davor), also hab ich keine Ahnung, ob gewisse Dinge schon 1100, 1300 oder erst später vorhanden waren.
In den Kommis wurde dann von wissenderen Menschen belegt, dass die angeblichen Fehler tatsächlich korrekt sind.
Daraufhin habe ich mich gefragt, ob der inkorrekt-kritisierende Rezensent da auf Teufel komm raus Fehler sehen wollte und seltsam klingende Sachen daher direkt als erfunden anprangerte - oder ob er umgekehrt im Falle eines Geschichtsstudiums in der Autorenbio wohlwollender / gläubiger gewesen wäre (er hat nur einige Beispiele gebracht, aber die haben ziemliche Unkenntnis von seiber Seite offenbart).

Natürlich sagt ein Geschichtsstudium nichts aus, da liegen Tausende von Jahren und x Regionen drin. Aber ich dachte, das hätte evt ne andere Rezension hervorgerufen (die Autorin konnte kein Geschichtsstudium zum Beeindrucken vorweisen, hatte aber  wohl anständig recherchiert)...

Runaway

Zitat von: Fianna am 03. September 2012, 16:35:18
Daraufhin habe ich mich gefragt, ob der inkorrekt-kritisierende Rezensent da auf Teufel komm raus Fehler sehen wollte und seltsam klingende Sachen daher direkt als erfunden anprangerte - oder ob er umgekehrt im Falle eines Geschichtsstudiums in der Autorenbio wohlwollender / gläubiger gewesen wäre (er hat nur einige Beispiele gebracht, aber die haben ziemliche Unkenntnis von seiber Seite offenbart).
Davon kannst du wohl ausgehen. Es gibt Leute, die müssen einfach an allem etwas auszusetzen haben. Und an Autoren besteht natürlich der Anspruch, daß die gefälligst zu wissen haben, wovon sie reden. Es ist wahrscheinlich auch eine Mentalitätsfrage, daß "offiziell studierten" Menschen eher geglaubt wird als denen, die "nur" recherchiert haben, was natürlich ziemlicher Quatsch ist.

Erdbeere

Ganz ehrlich? Man kann es nie allen recht machen. Du kannst als Autorin nicht ein Geschichtsstudium, einen Doktor in Medizin und am besten noch einen in Quantenphysik vorweisen. Ich weiss, welche Rezension du meinst und ich habe auch die Diskussionen dazu mitverfolgt damals.

ZitatDaraufhin habe ich mich gefragt, ob der inkorrekt-kritisierende Rezensent da auf Teufel komm raus Fehler sehen wollte und seltsam klingende Sachen daher direkt als erfunden anprangerte - oder ob er umgekehrt im Falle eines Geschichtsstudiums in der Autorenbio wohlwollender / gläubiger gewesen wäre

Beispiel meine alte Deutschlehrerin: Sie wusste genau, wie gut ich schreibe. Aufsätze habe ich geliebt wie sonst nichts. Nicht ein einziges Mal habe ich von ihr jedoch eine 1 gekriegt, weil sie mir keine geben wollte. Sie hat regelrecht nach Fehlern gesucht und konnte mir nicht erklären, was an diesem oder jedem Satz falsch war, obwohl ich ihr beweisen konnte, dass der Satz grammatikalisch zu 100% korrekt war.

Es gibt immer solche Menschen. Also mach dir deswegen keinen Kopf. Sollen sie doch! Wenn du weisst, dass du richtig recherchiert hast und dir die Ergebnisse deiner Recherche von anderen Quellen hast bestätigen lassen (am besten von jemandem, der sich in dem Themenbereich auskennt), dann ist gut.

Immortal

Ich bin glaube ich eine der Wenigen, die sich Hobbyschreiberin nennt.

Für mich ist das Schreiben seit jeher die Flucht aus dem Alltag. Die Flucht vor dem perfekt sein Müssens. Die Flucht vor bösen Gedanken. Die Flucht vor schlechten Gefühlen und ja, auch die Flucht vor meinen Depressionen vor 4 Jahren. Es ist etwas das mich schützt und deswegen tue ich es. Aber natürlich auch weil es Spaß macht. Aus dem selben Grund aus dem ich einmal die Woche mich auf den Pferderücken schwinge oder einmal die Woche mit meinem Hund trainieren gehe: Weil es Spaß macht. Natürlich sage ich nicht nein, wenn es im Sport an Turniere mit Hund oder Pferd geht. Aber das tue ich dann auch nur mit dem Wissen, dass dabei sein alles ist. Ebenso würde es mich freuen wenn meine Romane veröffentlich werden würde, aber ich würde mich niemals quälen und etwas schreiben, dass gerade "in" ist nur weil der Buchmarkt danach verlangt. Ich will das schreiben, das mir Spaß macht. Ich würde ebenso wenig mir später ein Turnierpferd zulegen nur damit ich auf Turniere gehen kann. Lieber kaufe ich mir ein Islandpferd mit dem ich gemütlich ausreiten kann und mir die Welt schön vom Pferderücken aus ohne Hast und Pflicht ansehen kann.

Ich verspüre nicht einmal den Wunsch hauptberuflich Autorin zu werden. Nebenher als zweites Standbein wäre schon schön, aber ich wollte schon immer Lehrerin werden und diesen Wunsch erfülle ich mir jetzt mit meinem Studium. Ich glaube sogar soweit zu gehen, dass ich lieber Lehrerin anstatt gefeierte Autorin sein möchte. Versteht mich nicht falsch, ich liebe das schreiben, aber es gibt bei mir im Vergleich zu vielen anderen noch einige Dinge in meinem Leben die mindestens genauso wichtig sind.

Hier im Tintenzirkel ist mir das noch nicht so aufgefallen, dass hier unterschieden wird. Natürlich ist der TZ schon darauf ausgelegt eben auch bei Problemen zu helfen, die nicht direkt etwas mit dem Schreiben zu tun haben, wie die Verlage o.ä. . Es gibt auch immer Ausschreibungen für Schreibwettbewerbe. Dies ist allerdings genau die Mischung, die ich mag. Ich finde es toll, dass hier hauptberufliche Autoren, Autoren, deren Nebenverdienst das Schreiben ist, ehrgeizigen Autoren, die auf Teufel komm raus veröffentlichen wollen und Autoren, die einfach nur für sich schreiben so toll nebeneinander existieren können. Man merkt die Unterschiede schon. Aber ich habe noch nie gelesen, dass irgendjemand deswegen herabgesetzt wurde.
Zahme Vögel träumen von der Freiheit, wilde fliegen.

Linda

#21
Ah, ich glaube, jetzt habe ich das Problem erkannt. Es geht nur um einen Ausdruck.

Ich hätte nicht gedacht, das sich an einem Begriff eine solche Diskussion entzündet. Hobbyautor / Hobbyschreiber verwende ich synonym. In der entsprechenden Diskussion war das natürlich zugespitzt, als Gegenpol zur behaupteten Demokratisierung des Buchmarktes.

Und auch wenn es wenig bringt, das hier zu sagen: es kam auf den Kontext an. Ich stehe aber dazu. Wenn echte Verlage nach und nach dazu übergehen, keine Vorschüsse mehr zu zahlen, wird das die Autoren, die von der Arbeit haupt- oder nebenberuflich leben, in Schwierigkeiten bringen. Nicht die 5 oder 15 Titanen in Deutschland, die wirklich alleine davon existieren. Aber die restlichen 97 % oder so.

Gute Arbeit sollte gutes Geld wert sein. Wenn das nicht so ist, wird meiner Erfahrung nach, irgendwann die Qualität leiden (das gilt für alle Bereiche).
Da es ein Überangebot an Kreativen gibt, springen dann die Hobbyisten, Amateure und Selbstverleger in die Lücke (oder besser gesagt, diejnigen, die bereit sind, für schlechtere Konditionen zu arbeiten.) Alle drei Begriffe kann man beleidigend sehen, sie sind aber einfach nüchtern so gemeint, wie das, was sie bedeuten.

Chris

Um mal eine ganz andere Richtung einzuschlagen: aus meiner Sicht vermischen sich in diesen Zuschreibungen um "Hobby / Amateur" und Beruf / Profi" drei Ebenen:

Einmal die Unterstellung, dass Menschen, die etwas als Hobby betreiben, dies nicht ernsthaft tun, was ich - persönlich, eigene Meinung - gelinde gesagt für Blödsinn halte, weil man sowohl Hobby als auch Beruf mit 50, 90, 100 oder 120 % betreiben kann.

Zum zweiten - und da rollen sich auch meine Fußnägel auf, gibt es eine Gruppe von Schreibenden,  die sich kaum mit dem Handwerk und dem Markt etc. beschäftigen, sondern für sich schreiben und Kritik als Frechheit empfinden, aber gern auf andere herabsehen, die so etwas Langweiliges wie Schreibtechniken lernen wollen und eben keine Genies sind ... Mein Lieblingsbeispiel ist die Frau, die nach einer Lesung auf mich zukam und sagte: "Ich habe ja einen postmodernen Roman veröffentlicht." Woraufhin ich sofort im Boden versinken wollte, weil ja "nur" Genre-Unterhaltungsliteratur ... bis sie fragte: "Wie viel haben Sie denn für Ihre Veröffentlichung bezahlt?"

Und drittens die Frage, ob Profi-Autor/innen nur die sind, die vom "reinen" Schreiben leben können (J. K. Rowling étc.) und alle, die daneben noch einen Brotberuf haben, "nur" Hobby-Autor/innen sind. Selbst Julia Cameron, deren Schreiblehrbücher ich sehr mag und die bestimmt nicht wenig verkauft, hat nebenbei noch einen Beruf.
So wie die Prozente gestaffelt sind und der Markt ist, können vom Schreiben nur wenige überhaupt leben und richtig gut leben die allerwenigsten.

Hier finde ich es manchmal schwierig, wenn Menschen sagen, dass sie ohne Vorschuss veröffentlichen oder wenige Prozente hinnehmen, einfach weil das dazu führt, dass Verlagen mehr Stellschrauben bleiben, Verträge zu gestalten. Andererseits war ich bei meinen ersten Veröffentlichungen auch so glücklich, dass jemand meine Geschichten lesen will, dass Geld keine Rolle spielte. Inzwischen denke ich da marktförmiger, aber es hat eine Weile gedauert, was ein Stück auch daran liegt, dass Autor/in eben kein Beruf ist. Soll heißen: Beruf im klassischen Sinne des Berufsbildungsgesetzes, mit definierter Ausbildung, definierten Inhalten und Zertifikaten, sondern mit Talent und Durchhaltevermögen und Glück zu tun hat (und der Bereitschaft, sich mit dem Handwerk und dem Markt auseinanderzusetzen).

Langer Rede kurzer Sinn: Für mich ist es egal, ob jemand als Hobby- oder Berufsautor/in schreibt, solange sie oder er sich ernsthaft mit dem Handwerk, den Voraussetzungen und den Techniken beschäftigt.

Aber: schön wäre es, wenn Hobby- und Berufsschreiber/innen sich zusammen fänden und gemeinsam für bessere Verträge kämpften und sich nicht gegeneinander ausspielen lassen.

Ich habe fertig  ;).

Liebe Grüße
Chris 

Pestillenzia

Ich muss zugeben, ich nenne mich selbst auch nicht gern Hobbyautor, weil dieser Begriff in meinen Augen tatsächlich so einen Anklang von "ein bisserl schreiben nebenbei" hat. Aus demselben Grund sage ich von mir auch nie, dass ich "jogge", sondern ich "laufe". Jogger sind die, die hin und wieder mal die Joggingschuhe anziehen, aber die das Joggen nicht brauchen. Die zuhause bleiben, wenn das Wetter zu warm/kalt/nass/trocken ist. Läufer finden Mittel und Wege, laufen morgens um vier, wenn es abends nach der Arbeit zu heiß ist, werden nervös, wenn sie nicht laufen können.

Ganz so weit bin ich beim Schreiben noch nicht, aber dennoch über die Stufe "Hobby" hinaus. Für mich selbst nenne ich mich "Freizeitautor", weil ich Vollzeit arbeite und nur in meiner Freizeit schreiben kann. Aber dennoch habe ich an mich selbst den Anspruch, so professionell wie möglich an die Sache heranzugehen. Ob es nun Formulierungen oder Recherchen sind - ich möchte im Rahmen meiner Fähigkeiten möglichst gute Arbeit abliefern, egal ob es irgendwann irgendwer lesen wird oder alles in der Schublade verschwindet.

Anderen gegenüber sage ich einfach, dass ich schreibe. Das Wort "Autor" lasse ich außen vor. 

Nachtblick

Ich freunde mich inzwischen vorsichtig damit an, mich in Vitas als das hinzustellen, was ich auch durch das Studium hauptberuflich tue: schreiben. Als Autor. Punktaus. Und das trotz aller Zweifel und Phasen und Rückschläge, die sicherlich jeder kennt, anständig.
Ich bin kein Profi, aber ich bin auch kein Amateur mehr, und langsam ärgere ich mich, dass die Leute automatisch annehmen, man sei Amateur, wenn man über Schreiben als sein Hobby redet. Das verhält sich, wie Pestillenzia da ganz richtig sagt, wie mit Joggern und Läufern. Ich schreibe jetzt seit acht Jahren, und die Leute neigen dazu, mich noch weniger ernst zu nehmen, weil ich 19 bin. Meist hilft es, dann zu sagen: Hey, ich studiere übrigens Kreatives Schreiben, und es ist ein offizieller Studiengang mit Eignungsprüfung. ;D
Was das Geschichtsstudium angeht: mir ist es ehrlich gesagt wurscht. Ich nehme bei studierten Leuten sogar unverschämterweise gern an, dass sie mich infodumpen, weil sie mir ihr Wissen weitergeben wollen. Dass das natürlich und zum Glück meist Quark ist, hält mich vom Vorurteilen aber nicht ab. Mich inspiriert die Hausfrau, die immer nur Krimis gelesen und dann selbst einen geschrieben hat, eher, vorausgesetzt, dass er gut ist. Das hat doch noch die alte Alles-ist-möglich-Mentalität. Und das finde ich ja gerade an Kunst so toll, frei nach Gusteau in Ratatouille: "Jeder kann kochen. Nicht jeder ist zum großen Künstler geboren, aber große Künstler werden überall geboren." ("Anyone can cook. Not everyone can become a great artist, but a great artist can come from anywhere.")

Fianna

#25
Des mit dem Historiker war jetz nur a Beispiel ;)

Ich fand aber den Vita-Text zu einem historischen Krimi über Dechiffrierung faszinierend... Er hat da wohl jahre dran geforscht, also als hauptberuf. (Das Buch ist noch in einem Umzugskarton).

Wobei ich zugeben muss, dass ich da einige Absätze übersprungen habe im Buch. Was aber nur daran liegt, dass ich zu doof bin. Ich hätte auch niemals vor über hundert Jahren eine Sprachwissenschaft mitbegründen können; ich kann nur Dinge lernen, allenfalls noch Ideen oder Fakten analysieren und Theorien kritisieren, aber kein Rätsel raten...
... daher werde ich dies in einer Rezension auch nicht als Infodump bezeichnen. Soviel wars dann doch nicht (da dumpt Follett mehr) und der Autor kann nichts dafür, dass ich die komplizierteren Dinge gar nicht begreifen wollte.

Lomax

Zitat von: Fianna am 03. September 2012, 12:35:36Mir kommt es so vor, als wäre mir in den letzten Tagen dieses Wort überproportional begegnet. Vielleicht ist es ja nur Einbildung. Wenn ich es bemerkte, kam immer noch hinterher geschoben "(das ist keine Wertung)" - wirkte aber irgendwie nach pc (political correctness,  das muss man jetzt eben sagen).
Nun ja, ich würde das mit der "keinen Wertung" auch schreiben - und ich hoffe mal, ich hab hier oft genug bewiesen, dass ich nicht zu p.C. neige. ;)
  Ich würde "Hobbyautoren" zunächst einmal als ganz formalen Begriff gebrauchen, bezogen auf "erwerbsmäßiges/geschäftsmäßiges" Schreiben ... oder eben Schreiben als Hobby. Und, ganz un-politisch korrekt (äh, politisch un-korrekt ???) ausgedrück: Was der Schreiber erreichen will, hat für mich da erst mal gar keine Bedeutung. Sobald man anfängt, subjektive "Motivationen" etc. zu hinterfragen, wird automatisch ein wertender, vager Begriff daraus, und eben kein nüchternes, nicht-wertendes, objektivierbares und "messbares" Unterscheidungskriterium.
  Professionell im Sinne von "berufsmäßig" schreibt für mich ein Autor, der ummittelbar gezwungen ist, sich mit der geschäftsmäßigen Seite auseinanderzusetzen, sei es, weil er selbst davon lebt, weil er ein Einkommen damit erzielt (und sei es auch nur einen Teil seines Einkommens) - oder weil er so gut im Geschäft ist, dass andere Geld mit seiner Schreiberei verdienen und er also blöd wäre, sich darum nicht zu kümmern, ganz egal ob das Schreiben um Geld nun seiner "Motivation" entspricht oder nicht. Professionell nenne ich also einen Autor, der im Geschäft ist, auf welche Weise auch immer.
  Und für die anderen ist es (erst einmal) ein Hobby.
  Dass es innerhalb dieser Gruppen noch einmal zahllose Unterscheidungsmöglichkeiten gibt, ist unbenommen. Man kann unterscheiden nach "professionellem Arbeiten" - da gibt es ohne Zweifel Hobbyschreiber, die in ihrer Arbeitsweise sehr "professionell" auftreten, genau wie ich professionelle Autoren nennen könnte, die im Grunde recht chaotisch arbeiten. Als "Hobbyschreiber" kann man sich eine "unprofessionelle Arbeitsweise" vielleicht leichter erlauben als als "Profi" - aber prinzipiell ist das eine nicht an das andere gebunden. Was auch für die Qualität gilt. Und die Intention macht auch einen Unterschied - ob man nun sein "Hobbyschreibertum" nur als Durchgangsstation, als Lern- und Erfahrungs- und Bewerbungsphase sieht, oder ob man gar nicht mehr möchte. Und natürlich gibt es auch eine Menge Graustufen im Übergang zwischen Hobby- und professionellem Autor. Für die meisten Autoren hat das Schreiben wohl irgendwann als Hobby angefangen, das ab einem gewissen Punkt zu einem Beruf wurde, vielleicht auch nur zu einem Nebenberuf oder einem Zusatzeinkommen. Und ich persönlich würde sagen, dass ich neben den Dingen, die ich als "professionelles Schreiben" betrachte, immer noch Projekte habe, die ich eher als "Hobby" schreiben möchte. Man kann also durchaus auch als beruflicher Autor nebenbei in seiner Freizeit auch noch Hobbyautor sein ... schon darum glaube ich nicht, dass mit dem Begriff eine Abwertung gemeint ist.
  Nur eines kann man wohl feststellen:
Zitat von: Fianna am 03. September 2012, 12:35:36Einige grandiose qualitätsvolle Bestseller aus meinem Regal sind von "Hobbyschreibern" geschrieben worden. Die Autoren gehen einem richtigen, anderen Beruf nach und zwar auch beim 3. erfolgreichen Buch oder mehr.
... nämlich dass die von dir genannten "qualitätsvollen Bestseller" nicht von "Hobbyschreibern" geschrieben wurden. Weil das Wort Bestseller zwangsläufig einen Zugang zum kommerziellen Markt im Sinne der oben genannten Definition professionellen Schreibens impliziert und damit ganz automatisch einen "professionellen Autor" generiert. Strikt formal und ohne Wertung. Egal, was er sonst noch so treibt; aber ein Bestseller generiert nun mal Gewinn ... und, um es auf den Punkt zu bringen: Meine Vorstellung von "Hobbyautor" und "professionellem Schreiber" ist so ziemlich deckungsgleich mit dem und so nüchtern wie das, was auch das Finanzamt zum Thema "Hobby" und "erwerbsmäßige Tätigkeit" sagen würde und hat darüber hinaus, vor allem zu literarischen Aspekten, wenig Aussagekraft.

Wer sich nun (literarisch) zurückgesetzt oder "heruntergemacht" fühlt, wenn ihm das Finanzamt beispielsweise die Vorsteuer für schreibbezogene Ausgaben streicht mit der Begründung, das wären "Hobbykosten", der mag also dasselbe empfinden, wenn hier von "Hobbyautoren" die Rede ist. Ich vermute mal, dass sogar die meisten bei solchen Worten vom Finanzamt einen Stich empfinden würden, einfach deswegen, weil vermutlich schon bei den meisten "Hobbyautoren" so viel Leidenschaft und Erwartungen mit diesem Bereich ihres Lebens verbunden sind, dass sich der Begriff "Hobby" dafür einfach nicht richtig anfühlen will.
  Aber ich denke doch, die Zurücksetzung und das Problem liegt hier im Auge des Betrachters, in dessen Empfindungen, Vorstellungen und Erwartungen, und nicht bei dem, der den Begriff einfach "geschäftsmäßig" gebraucht und dabei nicht einmal an irgendwelche künstlerischen/literarischen oder persönlich-biographischen Kategorien denkt. Das Finanzamt denkt gar nicht an all die Dinge, in denen ein Autor sich zurückgesetzt fühlt, wenn er das Wort "Hobby" hört.
  Ein Mit-Autor, der den Begriff im selben Sinne benutzt wie das Finanzamt, denkt immerhin daran und setzt deswegen mitfühlend ein "(das ist keine Wertung)" dahinter. Falsche p.C. wäre es allerdings, auf die Verwendung dieses so klaren und nüchternen Begriffes gleich ganz zu verzichten, nur weil irgendwer irgendwelche Befindlichkeiten damit verbinden könnte, die gar nicht darin stecken.
Zitat von: Fianna am 03. September 2012, 12:35:36Dieser Eindruck ist bei mir über mehrere Wochen entstanden, und ich kann nicht jetzt 2 oder 3 Diskussionen raussuchen, die das hervorgerufen haben.
Ich denke, man muss nicht lange forsten, um zumindest die letzte Diskussion zu finden, in der der "Hobbyschreiber" auftauchte. Und die will ich dann gleich auch noch mal aufgreifen, um konkret zu werden - ehe noch der Eindruck entsteht, ich würde mich aus reiner p.C. und um nur niemandem auf die Füße zu treten auf abstrakte Definitionsfragen beschränken.
  Aber ich persönlich würde zum Thema "Hobbyschreiber" den Zusatz "das ist keine Wertung" beschränken: "... der literarischen/handwerklichen/wie auch immer gearteten Qualität der Texte oder der Arbeitsweise". Eine Wertung verbinde ich nämlich durchaus mit dem Begriff, in Bezug auf das Thema, um das es ging: Gewisse Ansichten, wie das "Geschäft nun mal läuft"/"Was man als Selbstständiger nun mal hinnehmen muss"/"Was alte Zöpfe sind, auf die man getrost verzichten kann", hört man immer nur von "Hobbyautoren" (also solchen Autoren, die bisher noch so gut wie keine Berührung mit den geschäftlichen Teilen der Schreiberei hatten).
  Ich denke, da könnte ein bisschen persönliches Erleben die Einschätzung der Dinge auf ein ganz anderes Niveau heben, besser, als es alle Erklärungen und Diskussionen zu den Themen hier im Forum können.

Lomax

Zitat von: Fianna am 03. September 2012, 16:35:18Daraufhin habe ich mich gefragt, ob der inkorrekt-kritisierende Rezensent da auf Teufel komm raus Fehler sehen wollte und seltsam klingende Sachen daher direkt als erfunden anprangerte ...
Das mag sein. Es kann auch an etwas anderem liegen: Auch der historische Roman ist schlichtweg ein Genre mit einer recht festen Zielgruppe, und was dort als "historisch korrekt" angesehen wird, ist oft weniger der historischen Wissenschaft verpflichtet, als vielmehr den Genrekonventionen - Dingen, die als korrekt angesehen werden, weil sie einfach regelmäßig in historischen Romanen auftauchen und so dargestellt werden.
  Das hat auch seinen Sinn, denn die wissenschaftliche Historie ist oft nicht freundlich zu dem Autor oder Leser, der Gewissheiten sucht. Ich erinnere mich beispielsweise an ein Hauptseminar zur Karolingerzeit, wo ich mein Referat schön nach dem letzten Stand der Fachliteratur gehalten habe und mir dann das ganze Thema unter den Fingern zerbröselte, als ich für die schriftliche Ausarbeitung den Forschungsstand anhand der Quellen überprüfte. Und als ich mich bei meinem Professor beklagte, dass irgendwie 90% dessen, was in der Fachliteratur zu dem Thema steht, nur mehr oder minder wahrscheinliche Annahmen oder zweifelhafte Interpretationen von Quellen sind, die man auch anders verstehen könnte, kam nur die lapidare Antwort, "Jo, das ist nun mal so für die Zeit; daran müssen Sie sich gewöhnen" :o.
  Und gerade das Mittelalter war eine sehr regionalisierte Zeit. Viel von dem, was "damals" so war, war nur an manchen Orten so und anderswo ganz anders. Viele Waffen/Bautechniken/etc., die erst zu einer "bestimmten Zeit aufkamen", existierten in irgendeiner Region schon länger und wurden in Wahrheit zu der Zeit, die dafür bekannt ist, nur weiter verbreitet - oder in Regionen verbreitet, die mehr im Fokus der Geschichte standen. Ich erinnere mich da beispielsweise an eine Übersetzung, für die ich prüfen wollte, ob zu der angegebenen Zeit in dieser Region Englands die Glasfenster, die im Original erwähnt waren, dort schon existiert haben können. Da konnte ich wirklich eine Menge darüber erfahren, wie assymetrisch sich welche Fensterarten verbreitet haben und wo man überall Fenster belegt findet, die es da eigentlich gar nicht geben dürfte. Oder nur die Namen, die in einer anderen Gegend eine ganz andere Form bezeichnen und einen vollends verwirren :wums:.

Für solche "fluiden Phänomene" gibt es in der Genreliteratur wenig Verständnis, und man tut gut daran, sie in historischen Romanen zu vermeiden. Oder die Dinge, über die erfahrene Genreleser stolpern würden, rechtzeitig zu identifizieren und sie so einzuführen, dass sie akzeptiert werden - was aber eine große Vertrautheit mit den genreüblichen Befindlichkeiten voraussetzt.
  Historische Romane so zu schreiben, dass sie von den (meisten) Lesern "geglaubt werden", erfordert also eine Menge mehr als "historisch Recht zu haben" oder "Geschichte studiert zu haben". Ein Phänomen, das mich ehrlich gesagt trotz Geschichtsstudium ein wenig einschüchtert, wenn ich sehe, über welche "Fehler" die Leser sich aufregen und welche Klöpse dafür immer wieder glatt durchgehen und niemanden stören. Da weiß ich nicht, ob ich mich je in dieses Haifischbecken trauen würde, um einen historischen Roman zu schreiben  :versteck:. Da braucht man wirklich ein wahnsinniges Gespür und Fingerspitzengefühl.

Zanoni

Hm ... einer der bekanntestens "Hobbyautoren" ist, glaube ich, J. R. R. Tolkien gewesen, oder?

Das nur mal als kleine Relativierung dieses Begriffs am Rande ...

Aphelion

"Hobby" oder "Laientum"  imliziert, dass man damit kein Geld verdient. Man muss aber nicht hauptberuflich schreiben, um beruflich (=professionell) zu schreiben. Deshalb finde ich, dass hier der Begriff "Hobby" zu stark (und fälschlich) gedehnt wird, gleichzeitig aber auch zu stark dichotom gedacht wird. Denn es gibt nun einmal sehr viele Abstufungen zwischen "nichts verdienen" und "Millionen verdienen". :)

Oder man betrachtet "professionell" als "gut gemacht" - dann ergeben sich ganz andere Dimensionen, die sich letztlich kaum objektivieren lassen. (Es schließen sich Fragen an wie: Kann ein Buch voller falscher Behauptungen schlecht (gemacht) sein, obwohl es sich gut verkauft und damit den Zweck erfüllt, für den der Verlag es angenommen hat? - Aber das ist denke ich ein Thema für sich und wurde auch hier im Forum immer wieder diskutiert, wenn ich mich richtig erinnere.)