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Ich will Schriftsteller sein! Jetzt!

Begonnen von Alaun, 24. Juni 2010, 16:11:07

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Waldhex

Zitat von: Witch am 10. März 2016, 13:11:15
Genau das:

Zitat von: Denamio am 10. März 2016, 12:07:34
Da geht man los und sucht nach Agenturen und Verlagen, dabei stolpert man leider über diesen furchtbar unsäglichen Post in Google. Es ist der Beitrag eines bekannten Manuskriptprüfers, der sich süffisant brüstet in 5 Minuten ein Manuskript zu zersägen.
Schon erhält die ohnehin angeschlagene Motivation einen Tritt in die Magengrube. Oder man liest Beiträge wo jemand von einem Verlag erklärt warum amerikanische Bücher so ultimativ viel besser sind als deutscher "Nachwuchs-Dreck". Aber man probiert es trotzdem, sucht weiter, sieht Erfahrungsberichte voll Frustration und Verbitterung. Man klappert trotzdem Agenturen ab und erhält nicht einmal eine Antwort. Garnichts. Wehe man fragt nach drei Monaten mal an, da wirds dann schon einmal pampig oder man steht erst recht auf der Ignoreliste.

Dieser ganze Kampf, diese Boxerei, diese ständigen Schläge ins Gesicht und in die Magengrube. Deshalb habe ich jetzt mit Selfpublishing angefangen. Vielleicht verkaufe ich dann nur noch 5 Exemplare statt 50 und schon wieder erscheint mir das wie eine Horrorvorstellung und die Gedanken fangen schon wieder an... Aber ich habe jetzt beschlossen, dass das keine Rolle spielen darf (zumindest nicht so eine grosse) und es einfach als teures Hobby zu betrachten. Dann kann ich mir jetzt nämlich sagen, lass diesen Gedanken sein, noch falle ich weich, wenn ich aus diesem Ring hüpfe. Es ist egal, ob es 2 oder 10 Leute lesen, es macht mein Leben immer noch besser, auch jetzt mit der Arbeit im Verein. :)

Ich zitiere das mal, weil es für mich selbst irgendwie stimmig ist. Ich hatte mich hingesetzt und einen Roman geschrieben. Dann wollte ich den unbedingt veröffentlicht wissen. Ich hatte damals einfach keine Lust, jetzt groß auf die Suche nach einem Verlag oder Agenten zu gehen. Als ich dann die Möglichkeit gefunden hatte, den Roman über KDP/Create Space zu veröffentlichen habe ich das einfach gemacht. Genau genommen ohne großartig darüber nachzudenken. Dann kam schon so die Frage: und jetzt?
Der Roman hat zwar bis heute nur eine handvoll  Leser, aber jeder zweite fragte gleich: wann kommt die Fortsetzung. "Welche Fortsetzung? Das ist ein Enzelroman." "Wirklich?" Ich bin in mich gegangen und habe festgestellt, dass es tatsächlich noch eine Fortsetzung gibt. Auch hier wieder SP, meine paar Leser wollten schließlich die Fortsetzung haben und nicht ewig warten.  :D
Was soll ich sagen - Erfolg würde wohl kaum jemand die kleine Leserschaft nennen, aber: Ich bin unheimlich happy, dass ich es tatsächlich geschafft habe, etwas fertig zu bekommen und sogar zu veröffentlichen (und noch rechtzeitig, bevor mein Vater gestorben ist, so konnte er das noch miterleben). Die überwiegend positiven Rückmeldungen haben meinem Ego verdammt gut getan. Und jetzt? Bei meinem jetzigen Projekt hatte ich echt große Zweifel, ob sich nicht alles viel zu lange hinzieht und langweilig sein könnte, aber mein Mann hat die bisherigen 50 Din-A-4 Seiten an drei Abenden fertig gelesen und schon mit korrigieren anrgefangen, obwohl er eher ein langsamer Leser ist - ist dann wohl doch spannend und für mich Ansporn genug weiterzuschreiben.
Natürlich habe auch ich den Traum mal einen Bestseller zu landen, richtig viel Geld zu haben und einfach meine Zeit auf meine Hobbys, zu dem ich auch das Schreiben zähle, aufteilen zu können; ohne auf meinen Gehalt vom Job angewiesen zu sein.  Bis es soweit ist, schreibe ich aus Spaß an der Freude. Vielleicht versuche ich irgendwann die Verlagsschiene, vielleicht bleibe ich beim SP, obwohl ich überhaupt keine Netzwerkerin bin und auch nichts von Marketing etc. verstehe. Wenn ich dann irgendwann sterbe kann ich wenigstens sagen: ich hab ein paar Bücher geschrieben und zufrieden meine Augen schließen. Letzteres dauert aber hoffentlich noch einige Jahrzehnte.  :vibes:

Blackhat

@Witch
Ich wollte gar nicht so eingeschnappt klingen wie es vielleicht rübergekommen ist. Hach, das verdämmte geschriebene Wort   ;D. Nee, ich bin nur fasziniert von der Diskussion, die sich hier entwickelt und den Gedanken und Gefühlen, die hier alle einbringen. Ich glaube auch, dass wir am Ende alle gar nicht so weit auseinanderliegen.  :knuddel:

Cailyn

#272
Gibt es unter euch welche, die es nicht so mögen, Vorträge/Referate zu halten? Ihr müsst mir diese Frage nicht beantworten, denn es ist wohl jedem klar, wie die Mehrheit dazu steht: Man mag das nicht, da vorne zu stehen, sich die Blösse zu geben, angeschaut zu werden? Warum? Weil wir Angst haben, dass man uns bewertet. Warum haben wir Angst?
Es ist ganz einfach: Weil wir uns selbst zu wichtig nehmen. Wer vor einem Referat bibbert, konzentriert sich nicht auf den Inhalt des Vortrags, sondern auf die Gedanken, was andere von einem halten mögen, wenn man den Vortrag hält. Es wäre also ganz einfach: Der Vortrag steht im Zentrum. Es geht nur um den Vortrag. Die Leute kommen nicht her und wollen sehen, ob man sich verhaspelt oder Worte verschluckt. Sie kommen her, weil sie sich für das interessieren, was man erzählt.

Und ich habe mir vorgenommen, es bei meinen Manuskripten genau so zu handhaben. Solange ich an etwas schreibe, geht es um das Buch und mich. Nicht um Mode-Genres, nicht um Deadlines oder sonstige äussere Faktoren. Da versuche ich, eins zu sein mit diesem Buch. Damit bin ich verbunden wie ein Fötus mit der Nabelschnur. Aber wenn das Buch dann mal fertig ist, ist es ein eigenständiges Wesen, das allerdings noch viel Zeit beansprucht. Für das Bewerben und Anpreisen werde ich dafür versuchen, mich für dieses Kind mit all meinen Kräften einzusetzen. Aber da geht es nur noch um das Buch, nicht mehr um mich. Die Haltung, "Buch abgelehnt = ich kann nicht schreiben" werde ich dann nicht gelten lassen. Sobald ich in dieser Phase nämlich Rückschlüsse auf meinen Wert mache, verbinde ich automatisch das Produkt mit mir selber. Und das hilft niemandem etwas. Es soll nur um das Produkt gehen, und ich bin sein Anwalt, der es mit bestem Willen und Wissen vertritt. Das ist nicht einfach, weil wenn man sein Selbst da raushalten will, muss man wohl einiges an sich aufarbeiten. Bei mir war das konkret der Unwille meiner Mutter, mein Schreiben als etwas Gutes anzuerkennen. Das war ein sauharter Brocken, denn der Satz aus meiner Pubertät ("Schreiben ist was für unrealistische Träumer") hat mich ungewollt auf eine lange Reise geringen Selbstbewusstseins und Zweifeln gebracht. Sobald ich das aber in jüngster Zeit losgeworden bin, muss ich sagen: Geiles Leben! Und siehe da, ich habe auf die letzten Absagen von Verlagen gelassen reagiert. Die kennen nämlich weder mich noch das Buch, und es kann zig Gründe haben, warum die das halt jetzt nicht wollen. Keine Interpretation, keine Rückschlüsse auf mich selbst. Und das Produkt hat für mich deshalb nicht weniger wert und ich preise es einfach weiter an, bis jemand deren Potential erkennt. Natürlich bleibe ich dabei selbstkritisch. Ich nehme Rückmeldungen ernst und möchte mich immerzu weiter verbessern, aber Verlage - wie Slenderella schon sagte - verlieben sich in eine Idee und nicht in das perfekt geschriebene Buch.

Womit ich noch Mühe habe, ist die Entscheidung, wie weit ich für das Schreiben gehen will. Will ich es bis zum Excess treiben? Nur noch schreiben? Verbaue ich mich andere Chancen? Will ich es auf mich nehmen, noch einmal zehn Jahre knapp bei Kasse zu sein oder verwende ich doch wieder mehr Zeit mit anderen Dingen, die mir einen gewissen Lebensstandard zugestehen?

Christian
Auch wenn du in diesen zwei Jahren noch so intensiv geschrieben hast: Zwei Jahre sind wirklich nichts. Mit jedem Werk, das du schreibst, kommst du in einen intensiven Prozess des Lernens hinein. Die meisten, die gerne schreiben, haben ein wenig Talent (oder auch noch mehr), aber das Handwerk lernen, das muss fast jeder. Aber in zwei intensiven Jahren... sehr unwahrscheinlich. Ich habe bislang vier Manuskripte geschrieben. Schon beim zweiten habe ich gedacht: So, jetzt habe ich den Dreh raus. Beim Dritten habe ich das auch wieder gedacht. Und nun beim vierten, war ich überzeugt: Jetzt habe ich mein Potential ausgeschöpft. Aber nein! Mit jedem Projekt wird man besser. Du veränderst dich auf eine Weise, die du dir vorher vielleicht gar nicht vorstellen konntest, weil es noch ausserhalb deiner Wahrnehmung liegt.
Auch wenn ich deine Entscheidung total respektiere, damit aufzuhören, würde ich es aber nicht aufgrund von zwei Jahren tun, von welchen du denkst, sie seien Grund genug, um dir selbst zu beweisen, dass du es nicht genügend drauf hast. Sorry für den umständlichen Satz... ;D Bin noch halb im Schlaf.

Feuertraum

@ Christian: Sorry, dass ich mal wieder den Spielverderber rauskehren muss, aber irgendwie verstehe ich Ihre Argumentation nicht. Sie schreiben, dass Sie nicht schreiben können und begründen dies mit "Es ist Ihre Meinung!".
Woran machen Sie diese fest? Was ist der wirkliche Grund, der Sie zu dieser Meinung bewegt?
Ist zwar nur eine Ferndiagnose, aber ich schätze, das Sie andere Vorstellungen haben, wie Ihr Schreibstil auszusehen hat, dass Sie unzufrieden sind mit dem, was Sie "produzieren".
In diesem Fall sehe ich zwei Möglichkeiten: Entweder Sie ziehen Ihren Entschluss durch und schreiben tatsächlich nicht mehr, weil Sie - wie Sie behaupten - kein Autor sind. Oder Sie schrauben Ihre Erwartungshaltung zurück. Warum den Mount Everest besteigen müssen, wenn die Zugspitze eine ebenfalls atemberaubende Aussicht bietet?
Ich denke auch manchmal, dass meine Comedy deshalb grottenschlecht ist, weil es soviele Comedians gibt, die die Erwartungen des Publikums in die Höhe geschraubt haben, die es dahingehend erzogen haben, dass es Perlen des Humors erwartet, spritzige Bonmonts, Gags, die die ausverkauften Hallen zum Brüllen bringen.
Und dennoch habe ich erfahren dürfen, dass ich auch mit meinen (müden?) Witzen hin und wieder meine Zuschauer zum Lachen bringe, einfach, weil ich einen anderen Stil habe als andere Comedians. Und da habe ich gelernt, dass die meisten Menschen gar nicht die Erwartungen haben, die ich ihnen "andichte".
Ein Bekannter von mir liebt Bier so sehr - ich bekam als Schutzimpfung gegen Corona Astra Zenica, er Astra Pilsener ...

HauntingWitch

ZitatAuf dem Papier bin ich ein Niemand, ein völliger Versager. Aber was interessiert mich dieses Papier?  Papier ist nach meiner Ansicht zum Schreiben von Büchern, nicht zum Schreiben von Lebensläufen. Nicht das Papier entscheidet wer ich bin, ich entscheide was auf dem Papier steht. Und was steht durch meine Augen gesehen drauf? Da steht: Lina ist glücklich.

@Lina Franken: Ich glaube, damit bist du eine grössere Siegerin als die meisten, die dich als Versagerin bezeichnen. ;) Und genau das will ich auch. Sagen können: Hey, ich bin glücklich. Das ist doch das Wichtigste, darum geht es doch. Immer dieses Gefühl, erfolgreich sein zu müssen, immer dieses Statistiken checken und die Zweifel, ob man wirklich auch gut genug ist. Was Cailyn sagt. Wir machen uns viel zu viele Gedanken darüber, was andere über uns denken.
Aber letztendlich schreiben wir doch (und ich bin sicher, das gilt für uns alle), für dieses Hochgefühl, dass ein Flow bewirkt und damit es uns besser geht. Damit wir die ganzen Eindrücke, die im Alltag auf uns einprasseln und die ganzen unschönen Dinge in der Welt verarbeiten und besser damit umgehen können, damit wir, wie du sagst, Lina, unsere eigene Welt haben können. Und sollte das nicht genug sein? Sollte es nicht reichen, dass wir unsere Geschichten und unsere Protas mögen? Ich möchte jetzt keine Weltkrisendiskussion auslösen, aber ich habe gestern in der Zeitung ein Bild gesehen, auf dem eine Frau einigen Flüchtlingen gezeigt hat, wie eine Waschmaschine funktioniert. Und ich kann in meiner gemütlichen, geheizten Stube hocken, an meinem Computer mit Internetanschluss, Kekse futtern und schreiben und glücklich sein. Das sollte doch reichen. *Sorry, Philosophie-Modus aus*.

Siara

#275
@Witch und @Lina Franken: Da sagt ihr etwas sehr Wahres. Gerade musste ich an das Zitat von John Lennon denken:
ZitatAls ich 5 Jahre alt war, hat meine Mutter immer zu mir gesagt: "Glücklich sein ist der Schlüssel zum Leben". Als ich zur Schule ging, fragten sie mich, was ich später werden will, wenn ich groß bin. Ich schrieb "Glücklich sein". Sie sagten mir, dass ich die Aufgabe nicht verstanden habe. Darauf antwortete ich Ihnen, dass sie das Leben nicht verstanden haben.
Manchmal will man gewisse Dinge wie den Erfolg vielleicht einfach nur, weil das Unterbewusstsein irgendwie aufgesaugt hat, dass so etwas erstrebenswert ist und glücklich macht. Aber Glück hängt nicht in Universalgröße im Laden, jeder braucht seine eigene Ausgabe davon. Und wenn das Schreiben an sich dich glücklch macht, Witch, dann ist das Loslassen vielleicht wirklich der richtige Weg. Nicht weil du den Erfolg nicht erlangen könntest, nicht indem du aufgibst. Sondern weil es dein Glück bedeutet.

Allerdings glaube ich auch, dass Glück für uns in verschiedenen Phasen des Lebens etwas anderes bedeutet. Dass das Loslassen dieses krampfhaften Wunsches schwerfällt, ist keine Frage. Und vielleicht hilft es, wenn du daran denkst, dass es nicht für immer sein muss. In zehn Jahren bist du eine andere als heute. Momentan ist dieses Streben nach äußerlichem Erfolg ungesund, und eine Balance ist einfach nicht möglich. Aber es spricht nichts dagegen, den Gedanken nicht wegzuwerfen, sondern nur in einen Karton auf den Dachboden zu schieben. Denn wie so viele immer sagen: Träume sind wichtig. Aber manchmal braucht man den Traum vielleicht gar nicht als konkreten und bald erreichbaren Punkt in der Nähe. Sondern mehr wie einen Stern am Himmel: Man arbeitet nicht darauf hin, aber der Anblick lässt einen immer wieder lächeln.
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

HauntingWitch

@Siara: Danke auch dir.  :knuddel: Aw, das Lennon-Zitat ist total schön. :wolke: Ja, ich glaube, so sollte ich es handhaben. Den Traum nicht als Ziel, das ums Verrecken erreicht werden muss, betrachten, sondern als eine Art Leitstern. Der Gedanke gefällt mir. Ich habe immer noch Angst, dass das wie ein Rückschritt ist, aber da fängt es schon wieder an. Ich schreibe jetzt erst einmal an meinem Herzens-Lebens-Projekt weiter.

Cailyn

#277
Witch
Ich denke, dein Entschluss, den Druck mal aussen vor zu lassen und die Möglichkeit, doch was zu publizieren, schliessen sich ja nicht aus.
Auch wenn du jetzt mal für dich schreibst, kann es ja gut sein, dass wenn du ein Werk mal mit vollster Zufriedenheit beendet hast, auf einmal richtig Bock bekommst, dein Werk intensiv anzupreisen. Könnte es bei dir vielleicht auch um eine Verschiebung der Prioritäten gehen? So dass du das Ziel nicht mit dem Schaffen gleichsetzt? Irgendwie höre ich das ein wenig raus aus deinen Gedanken. Mir hilft es sehr, ein Buch wie ein Lebewesen zu sehen, das erst einmal fertig werden will, bevor ich überlege, was ich damit mache. Habe ich das Ziel damit immer im Hinterkopf, drückt es mir in den Nacken und ich entferne mich von dem Buch, hin zu der Vermarktung. Darum wäre es doch viel einfacher, beide Seiten dieses Prozesses in eine klare Reihenfolge zu bringen: erst Schreiben, dann weiterüberlegen, was damit wird. Natürlich ist das auch nicht einfach. Vor allem wenn man so viele Stunden in seinem Kämmerchen sitzt und sich fragt, ob sich das überhaupt lohnt, kommen oft die Gedanken daran, was man daraus machen könnte. Jedoch denke ich, dass man diese unterschwelligen Gedanken sicherlich etwas bändigen kann.

Vielleicht sollte man sich von den Kindern eine tolle Eigenschaft abgucken. Die leben den Moment, das Hier und Jetzt. Auf unser Schreiben bezogen: Wenn ich schreibe, dann schreibe ich, wenn ich Marketing mache, dann "marketinge" ich  ;D Oder so...

Coppelia

#278
@ Christian
Da kann ich den anderen nur zustimmen. Zwei Jahre sind wirklich absolut nichts. Schreiben ist kein Job wie andere. Von "normalen" Jobs kenne ich den Gedanken "Wenn ich in 2 Jahren keine Festanstellung habe, kündige ich" bzw. ich kenne auch die Umsetzung. :P Aber man kann noch mit 40 oder 60 Debütautor werden.
Ich schreibe, seit ich 9 bin, ab 16 ernsthaft, und selbst mit Agentur habe ich mehrere Jahre gebraucht, um die erste Veröffentlichung zu bekommen, ich glaube, 5 oder 6. Jetzt bin ich 35 und absolut erfolglos. Aber ich gebe noch immer nicht auf.

Bei mir ist der Wunsch, Schriftstellerin zu werden, ja seit zwei Jahren wieder sehr groß, auch wenn ich eigentlich weiß, dass es mich hauptberuflich komplett fertig machen würde. Aber gestern habe ich mich bei Gedanken ertappt, die so ähnlich sind wie die von Witch. Mein bestern Freund war da, und wir haben Computer gespielt und hatten einfach einen schönen Tag. Ich war ziemlich glücklich (vielleicht auch, weil ich es geschafft hatte, am Vormittag trotz allem mal wieder zu schreiben). Und da dachte ich auch: Warum den Traum nicht einfach aufgeben? Es einfach nicht mehr versuchen? Solange ich es versuche, macht es mich kreuzunglücklich. In den wenigen Monaten, wo es etwas besser lief, war ich allerdings auch nicht so zufrieden - wenn auch einigermaßen.

Ich glaube aber, dass das bei mir einfach nicht geht, weil der Traum sehr stark ein Teil von mir ist, schon mein Leben lang. Hauptberuflich Schriftstellerin möchte ich nicht sein, aber Schriftstellerin schon. Und ich glaube auch, dass das Schreiben und damit irgendwie auch der Traum vom Schriftstellerin-Sein zu den wichtigsten und wertvollsten Dingen in meinem Leben gehört. Ich wäre nicht mehr ich selbst, wenn ich das aufgeben würde.

Es ist schwierig.

HauntingWitch

#279
@Cailyn: Ja, genau das. Gestern Abend als ich das eine Bücherregal angeschaut habe, ist mir etwas in den Sinn gekommen. Da steht nämlich ein kluges Buch über eines meiner Idole drin und der Journalist hat ihn gefragt, was der beste Rat sei, den er jemals bekommen hätte. Und er sagte: "Wir machen die Show und wir machen das Business, aber wir sind nicht im Showbusiness." :rofl: Ich glaube, das kann man eins zu eins aufs Schreiben übertragen. Ich habe angefangen in "Schreiben-Business" zu denken und nicht in "ich schreibe und dann schaue ich, was ich damit mache." Ich möchte das jetzt aber wieder und ich habe jetzt angefangen. Es ist ja nicht nur dieses Business-Denken, es ist auch das schlechte Gewissen, wenn ich dann ein vermeintlich wichtiges Business-Move nicht machen möchte (z.B. Lovelybooks-Leserunden)... Das dreht sich ewig im Kreis. Es entsteht eine Art Zwangsgefühl und dann schreibe ich logischerweise auch nicht mehr so gut. Du hast es völlig richtig erfasst, ich möchte auch nicht ganz aufhören, zu veröffentlichen, aber ich möchte diesen Erfolgsdrang und Marketingzwang ablegen.

@Coppelia: Ich glaube, was unglücklich macht, ist nicht der Versuch an sich, sondern der Frust, wenn das gewünschte Ergebnis nicht gleich eintritt. Immer am Start schon am Ziel sein wollen. Ich schätze, das ist so eine Art schlechte Angewohnheit, zumindest von mir. Aber gerade deshalb versuche ich jetzt, mich auf das Glück zu konzentrieren, das ich während dem Schreiben empfinde, und nicht über irgendwelche Ergebnisse in Zahlen nachzudenken. Ich sollte auch aufhören, dauernd meine Statistiken zu checken, dadurch ändert sich nämlich nichts. Ich wünsche dir, dass du für dich einen Weg findest, mit all dem ins Reine zu kommen.

Coppelia

#280
ZitatIch glaube, was unglücklich macht, ist nicht der Versuch an sich, sondern der Frust, wenn das gewünschte Ergebnis nicht gleich eintritt. Immer am Start schon am Ziel sein wollen.

Bei dem ersten stimme ich dir absolut zu. :) Dinge zu versuchen, kann sogar glücklich machen, finde ich.

Bei dem zweiten habe ich mich gefragt, wie weit vom Ziel entfernt ich eigentlich bin. Ich weiß es letzten Endes nicht. Inzwischen arbeite ich an meiner Schreiberei seit 20 Jahren. Seit ca. 10 Jahren bin ich der Ansicht, dass es zum Veröffentlichen reicht. Womit ich nicht meine, dass es super ist, aber es wird ja auch viel Schrott auf den Markt gebracht. ;) Natürlich versuche ich mich weiterhin zu verbessern, aber seit einigen Jahren weiß ich irgendwie nicht mehr, wie. Ich habe den Eindruck, dass ich es nicht besser hinbekomme und die Fehler und negativen Dinge, die in meiner Schreiberei noch drinstecken, nicht mehr rausbekomme. Oder versuche ich es nicht genug? An sich sind ja die meisten Rückmeldungen von Verlag, Agentur usw. auch positiv, niemand sagt mir "Arbeiten Sie da und da dran, dann geben wir Ihnen eine Chance". Ich halte meine Plots für ein Problem, aber auch dazu bekomme ich keine konkrete Hilfe und oft sogar auch positive Rückmeldung. Was fehlt mir also? Nur noch Glück, oder ist es etwas Handwerkliches, was ich mit Fleiß und harter Arbeit ändern könnte? Fehlt mir am Ende Talent, wogegen ich ohnehin nichts tun könnte? Oder ist es der Wille, für den Markt angepasst zu schreiben? Aber viele hier tun das nicht und sind trotzdem erfolgreich.
Manchmal wollte ich, ich könnte meine ganze Schreib-Geschichte hinter mir lassen und noch mal komplett bei Null anfangen, mit der Hoffnung, irgendwann gut genug zu sein. Denn solange ich wusste, woran ich arbeiten konnte, war es immer beruhigend. Mir war klar, dass ich mich dadurch verbessere. Jetzt habe ich irgendwie ein schlechtes Gewissen - die Fakten zeigen mir, dass es nicht reicht, aber ich habe keine Ahnung, was ich dagegen tun soll. Und so tue ich nichts und weiß, dass das Problem bestehen bleibt.

Cailyn

#281
Witch
Ich finde es super, was du dir vorgenommen hast!  :) Und wenn das so nicht funktioniert, kannst du jederzeit deine Strategie wieder ändern. Aber ich denke schon, dass die neu gewonnene Entspannung wieder kreativer macht (wonach du ja suchst). Toi toi toi!  :jau:

Coppelia
Wir stehen eigentlich in ganz anderen Phasen, was das Schreiben angeht. Ich habe noch viel zu lernen und das ohne Zweifel. Aber ich kann dich trotzdem sehr gut verstehen. Ich bin ja sehr "faul", was das Bewerben angeht. Ich habe es bei Verlagen versucht, aber das war im Grunde kein nennenswerter Aufwand. Hinter dieser Faulheit verbirgt sich allerdings auch die Angst, dass mir durch ganz viele Absagen irgendwann die Illusion genommen würde, dass Schreiben mein Ding ist. Die Kritik an sich fände ich gar nicht so schlimm, nur die Tatsache, dass mein Traum kein Traum mehr wäre, würde mich wohl sehr enttäuschen. Bei all meinen anderen Pleiten im beruflichen Leben war Schreiben immer mein Heiligtum, das ganz mir alleine gehörte. So wie eine Fatamorgana, die mir immer wieder Kraft gab. So wie ich es verstanden habe, ist Schreiben für dich auch etwas ähnliches.

Was ich mich frecherweise gefragt habe: Ist denn deine Agentur auch wirklich gut für dich? Ich habe keine Ahnung, bei welcher du bist, und auch wenn diese total lieb und nett sind - you never know... Vielleicht täte dir ja auch eine andere Agentur gut? Ich will dieser Agentur nicht unterstellen, sich nicht genügend für dich einzusetzen, aber vielleicht gäbe es eine andere, welche einfach bessere Kontakte für deine Manuskripte hätte.

Abgesehen davon finde ich es doch auch irgendwie spannend, wie sehr die Ansichten auseinandergehen. Ich habe ja dein Buch "Flügel aus Asche" (ich hoffe, ich habe den Titel noch richtig im Kopf) bei Amazon bestellt und gelesen und dachte mir dabei: So krass, die ist aus dem Tintenzirkel-Forum und ich bestelle ein Buch von der! Für mich bist du also jemand, der mir meilenweit voraus ist, ein Vorbild ist... und von sich behauptet, sie sei erfolglos. Es ist halt alles eine Frage der Perspektive  ;) Ich kann mir schon vorstellen, dass es am Ende halt doch um Verkaufszahlen geht, und wenn die nicht stimmen, kannst du dir mit den Verkäufen auch keine Zeit kaufen, um neue Bücher zu schreiben. Aber schon nur die Tatsache, dass du veröffentlichen konntest, finde ich dennoch genial. Hilft dir jetzt gar nicht weiter, ich weiss, aber ich musste es trotzdem loswerden.

Ausserdem weisst du ja nicht, ob du dich noch in etwas verbessern kannst. Du schreibst wirklich gut, weisst, wie man plottet und Spannung reinbringt. Ja. Aber vielleicht gäbe es doch Anreize für andere Texte, andere Arten von Dramaturgie, Stilmittel etc., die du noch gar nicht in Betracht gezogen hast. Womöglich täte dir ein Creative Workshop gut. Vielleicht im Ausland? Einfach als Anregung, um zu schauen, wie weit du noch gehen kannst oder willst.

An alle
Mich würde noch interessieren, wie in eurer Fantasie euer perfektes Schriftstellerleben aussieht?


Mein perfektes Schriftstellerleben sähe so aus: Ich arbeite 3-4 Vormittage die Woche an meinen Manuskripten. Dazwischen würde ich irgendwelche anderen Dinge erledigen, die sich aus dem Autorendasein ergeben. Und ein Mal jährlich würde ich für 2-3 Monate das Weite suchen und entweder dort in der Ferne schreiben oder gar nicht schreiben, sondern nur reisen. Schreiben wäre meine einzige Beschäftigung, gleich wie die letzten Jahre im Journalismus, als ich auch immer Teilzeit gearbeitet habe (was ja einfacher geht, wenn man Miete und andere Fixkosten nicht alleine tragen muss). Ich wäre dann also eine Teilzeit-Schriftstellerin ohne anderen Job, und das Geld würde reichen, um meinen Anteil an die Familienkasse zu leisten. Natürlich wäre es schön, wenn ich dann bei Anbruch des Rentenalters zufällig einen Beststeller lande, um meine Altersvorsorge etwas zu pushen.  ;D

Grey

Zitat von: Tintenteufel am 14. März 2016, 10:06:12
Zitat von: Cailyn am 14. März 2016, 09:39:45Witch
An alle
Mich würde noch interessieren wie in eurer Fantasie euer perfektes Schriftstellerleben aussieht?


Mein perfektes Schriftstellerleben sähe so aus: Ich arbeite 3-4 Vormittage die Woche an meinen Manuskripten. Dazwischen würde ich irgendwelche anderen Dinge erledigen, die sich aus dem Autorendasein ergeben. Und ein Mal jährlich würde ich für 2-3 Monate das Weite suchen und entweder dort in der Ferne schreiben oder gar nicht schreiben, sondern nur reisen. Schreiben wäre meine einzige Beschäftigung, gleich wie die letzten Jahre im Journalismus, als ich auch immer Teilzeit gearbeitet habe (was ja einfacher geht, wenn man Miete und andere Fixkosten nicht alleine tragen muss). Ich wäre dann also eine Teilzeit-Schriftstellerin ohne anderen Job, und das Geld würde reichen, um meinen Anteil an die Familienkasse zu leisten. Natürlich wäre es schön, wenn ich dann bei Anbruch des Rentenalters zufällig einen Beststeller lande, um meine Altersvorsorge etwas zu pushen.  ;D

Ich finde eigentlich, das verdient einen eigenen Thread! ;D

:wache!:

Ja, genau! Wenn euch so spannende Themen einfallen, macht doch bitte einen Thread dafür auf, sonst findet man die sich daraus ergebende Diskussion niemals wieder, und der ursprüngliche Thread muss mühsam zum eigentlichen Thema zurückgeführt werden. Ich übernehme das mit dem neuen Thread jetzt mal und verschiebe auch die entsprechenden Antworten. Aber fürs nächste Mal: Traut euch! :) Wir freuen uns immer über neue interessante Themen.

Coppelia

#283
@ Cailyn

Aww. :knuddel: Ja, es stimmt schon, die Perspektiven unterscheiden sich, je nachdem in welcher Situation man sich befindet. Alana hat mir dazu mal einen guten Comic gezeigt. Wobei ich ja dazu neige, mich etwas über die Leute zu ärgern, die schon viel weiter gekommen sind und über "Luxusprobleme" jammern, aber ich mache dasselbe ja auch in gewisser Weise - nur auf "meiner" Stufe der Leiter. Und ich weiß selbst, dass die Probleme, die man sich sozusagen selbst wünscht, für andere sehr schlimm sein können. Mir ist also klar, dass ich, wenn ich schon weiter wäre, wahrscheinlich aus anderen Gründen auch unzufrieden wäre.
Ich habe tatsächlich den Eindruck, dass Verkaufszahlen alles sind, leider.

Ja, mir geht oder ging es wohl ein bisschen wie dir - Schreiben als Fata Morgana, die einem Kraft gibt, das ist ein schönes Bild. :)

Creative Workshops zu besuchen, ist eine gute Idee. Wo kann man sowas buchen? Vielleicht hab ich nach dem Ref irgendwann mal die Möglichkeit dazu.

Cailyn

Hm... also in der Schweiz kann man auch an der Uni oder an Fachhochschulen solche Workshops besuchen. In Deutschland kenne ich mich aber zu wenig aus. Wenn ich es mir aussuchen würde, dann wohl am liebsten in den USA. Eben darum, weil die Amis eine recht andere Auffassung von Dramaturgie haben. Nicht dass ich schreiben wollte sie ein Ami ;), aber so als Anregung fände ich das wohl schon recht cool. Wenn ich mal genügend Geld habe (also so in 30 Jahren  :rofl:) und meine Tochter etwas älter ist, werde ich mir sicher mal einen Urlaub z.B. in Dan Diego oder an der Berkeley University gönnen. Wichtig ist wohl einfach, dass das es kein Anfängerkurs nach dem Motto "Wie beginne ich, wenn ich Autorin werden will" ist. Ich glaube, das findet sich hier in Europa eher schwerer.

Sorry, ich glaube, das war wieder Off-Topic, aber ich wollte trotzdem kurz Coppelia antworten.

Grey,
Merci für den neuen Thread wegen der Frage, wie man sich das Schriftstellerleben optimal vorstellt!  :)