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Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: Adalia am 08. Juni 2011, 13:56:36

Titel: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Adalia am 08. Juni 2011, 13:56:36
Ich habe zu diesem Thema nur einen uralten Thread gefunden, den ich nicht wieder aufwärmen wollte, weil es nicht genau meine Frage trifft. Ich hoffe deshalb, dass es ok ist, wenn ich dafür einen neuen Thread eröffne und ich habe nichts übersehen. Sonst lasse ich mich auch gern verschieben  ;D

Ich bin gerade beim Plotten eines Urban-Fantasy-Romans. Mein erster. Alles vorher war High Fantasy, und damit hat sich mir bisher dieses Problem nicht gestellt. Denn ich bin jetzt an dem Punkt mich zu entscheiden, wo die Geschichte denn eigentlich spielen soll. Da ich hier gerade einfach nicht weiterkomme, hoffe ich, dass mir jemand von euch erfahrenen Schreibern helfen kann.

Es gibt zwar immer mehr Romane, die lokale Settings haben, aber sehr viele Romane deutscher Autoren spielen in den USA bzw. im englischsprachigen Raum (Anwesende Autoren eingeschlossen  ;D). Das widerstrebt mir irgendwie, da ich bisher immer nur wochenweise im Ausland war. Zu wenig um mich dort richtig auszukennen und heimisch zu fühlen. Zudem ist meine Protagonistin Studentin, und ich würde lieber das deutsche Studiensystem zugrunde legen. Da kenn ich mich wenigstens aus.  ;D Dafür gefallen mir englische Namen oft besser. Bei einem Setting in Deutschland habe ich Zweifel, denn es gab schon einige Romane bei denen es mich eher gestört hat, dass ich die Stadt kannte und die Namen der Personen für mich seeeehr bodenständig klangen und mich an Schulfreunde, frühere Lehrer, Vermieter usw. erinnert haben :d'oh: Das hat mich manchmal schon aus dem Lesefluss geworfen. Es sagt aber vielleicht auch mehr über die Fähigkeit des Autors aus? Denn andererseits gibt es Bücher wie ,,Grimm" zum Beispiel, da fand ich die Stadt schön beschrieben und passend zur Geschichte.

Und an dieser Stelle hänge ich jetzt wirklich fest. Ich schränke mich durch eine reale Stadt ja sehr ein: bezüglich der Gebäude, der Straßennamen, der markanten Punkte in der Stadt usw. Viele Schauplätze habe ich schon ziemlich genau im Kopf und müsste sie dann an reale Gegebenheiten anpassen. Ich müsste ständig recherchieren und vergleichen, selbst wenn ich die Stadt gut kenne. Meine Protagonistin geht gern in Kneipen / Clubs. Zumindest am Anfang der Geschichte, als die Umstände es noch zulassen  ;). Irgendwie ist es komisch in eine reale Stadt einen fiktiven Club zu setzen, oder? Außerdem passen die Städte, die ich so gut kenne, dass ich sie ohne große Recherche beschreiben könnte, leider nicht zu 100% zu der Geschichte.

Darum jetzt zu meiner eigentlich Frage: Gibt es irgendeinen ,,Mittelweg"?
Namen der Stadt einfach nicht nennen? Wird es dadurch zum Rätselraten für den Leser, weil er sich bei der Beschreibung der Stadt immer überlegt, wo das sein könnte? Ich meine, dass irgendjemand das so gemacht hat, mir fällt aber nicht mehr ein welches Buch das war.
Eine fiktive Stadt? Aber die Angabe, dass die Stadt in Deutschland ist und eine Uni hat legt doch nahe, dass es eine reale Stadt sein muss, oder? Würde es euch stören, wenn es die Stadt in Deutschland nicht gibt, vieles andere in der Geschichte aber einen realen Bezug hat? Bis auf diese merkwürdigen Wesen natürlich, die meine Protagonistin schließlich trifft... ;D
Oder doch eine reale oder fiktive Stadt in den USA? Dann kann ich englische Namen nehmen, alles ist irgendwie anonymer und das mit dem Studium lässt sich ja sehr einfach recherchieren, bzw. kennen wir ja aus tausend Filmen?  ;)

Kann mir jemand vielleicht Beispiele aus Büchern nennen, in denen diese Frage elegant gelöst wurde? Alles was mir gerade an Urban-Fantasy-Literatur einfällt stammt von englischsprachigen Autoren, die haben das Problem ja nicht im gleichen Maß  ::)

*seufz* Sorry für den langen Post. Aber ich kann den Plot erst fertigstellen, wenn das Setting klar ist, und seit letzter Woche habe ich mich bezüglich des Settings schon dreimal umentschieden. :wums: Hilfe! :rofl: Ich brauche ein bisschen Input als Entscheidungshilfe. Danke schonmal!
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Malinche am 08. Juni 2011, 14:10:25
Mich stört es oft, wenn Geschichten in den USA spielen, ohne dass dafür ein tieferer Grund erkennbar ist. Viele mögen das als Setting einfach cool finden, bei mir ist das nicht so. Natürlich kann eine Geschichte auch im englischsprachigen Kontext spielen, wenn sie von einem deutschsprachigen Autoren verfasst wurde, grundsätzlich hab ich da nichts gegen. Aber oft ist es halt einfach nicht nötig.

Ich denke, dass nichts gegen den Mittelweg spricht, die Geschichte in Deutschland, dann aber in einer fiktiven Stadt spielen zu lassen. Wenn du Anleihen von anderen Städten drin hast, ist das ja ok - meiner Meinung nach. Ich schreibe selbst eher Urban Fantasy im realen Setting, aber ich habe auch hier und da eine erfundene Ortschaft dabei. Schlimm finde ich das nicht.

Carlos Ruiz Zafón lässt seine Bücher in einem realen Barcelona spielen und nennt reale Straßennamen, teilweise sogar die Hausnummern. Würde man aber diese Hausnummern aufsuchen, würde man feststellen, dass sich dort eben keine geheimnisvolle Villa oder kein verträumter Buchladen befindet. Das stört mich in dem Fall auch nicht. Es würde mich auch nicht stören, wenn ein Roman bei mir um die Ecke in Berlin steht und in der Schönhauser Allee 123 plötzlich ein Restaurant seine Pforten öffnet, das es in der Wirklichkeit nicht gibt - wie ich dann sehr genau wüsste.

Persönlich finde ich diesen Mix aus real und fiktiv sehr reizvoll. Und auch mit einem Setting in Deutschland absolut zu vereinbaren.

Wenn das Setting für dich auch außerdem bedeutet, dass du dich sicherer fühlst, weil du eben z.B. das Studiensystem etc. besser kennst, würde ich sowieso noch mal dazu raten.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Farean am 08. Juni 2011, 14:10:49
Ich glaube, du brauchst da wirklich keine Hemmungen zu haben, eine reale Stadt zu nehmen und um ein paar fiktive Orte anzureichern. Das machen Autoren sogenannter "realistischer" Genres dauernd. Jeder Krimi, der in New York, Stockholm oder Frankfurt spielt, führt Unterwelt-Kneipen auf, die du garantiert nicht in den Gelben Seiten findest. Und solange du nicht konkret Straßenname und Hausnummer nennst, bleibst du für meinen Geschmack vage genug.

Tatsächlich würde ich es sogar mögen, eine Geschichte zu lesen, die z.B. in Essen spielt, und ich stelle fest: "Nein, dieses Restaurant gibt es in Wirklichkeit gar nicht. ... aber das könnte es geben, und es würde genau zum Flair der Stadt passen." :)

Außerdem: du denkst dir doch auch ohne Hemmungen Personen aus, die nicht im Telefonbuch stehen, oder? ;)
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Lavendel am 08. Juni 2011, 14:30:42
Nein, es ist kein Problem, eine reale Stadt um ein paar fiktive Orte zu erweitern. Ich finde es sogar ok, sich eine ganz neue Stadt einfallen zu lassen und sie irgendwo in Deutschland zu platzieren. Es muss dann eben nur so klingen, als könnte es diese Stadt wirklich geben.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Luna am 08. Juni 2011, 14:39:06
Mich stört es vielmehr, dass immer alles in Amerika spielen muss und unsere Sprache mehr und mehr durch Anglizismen verwässert wird, denn das in einem Roman eine Stadt in Deutschland vorkommt, die es in Wahrheit nicht gibt. Das ist völlig in Ordnung.
Ich finde auch, wenn Du eine reale Stadt in Deutschland nimmst, kannst Du Dir viele Freiheiten heraus nehmen und  Kneipe, Clubs Straßennamen etc. gerne erfinden, solange Du nicht, wie beim A-Team Film, den Kölner Dom nach Frankfurt verfrachtest ;D.
Ich könnte mir vorstellen, das bei einem Buch, das in Deutschland spielt, es die Leser vielleicht auch ganz spannend finden würden, versuchen herauszufinden, ob es das und jenes wirklich gibt.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Berjosa am 08. Juni 2011, 14:39:49
Es steht dir auch frei, eine Uni-Stadt zu erfinden, z.B. ein einzelnes Institut in einer kleineren Stadt in einiger Entfernung von der Zentrale anzusiedeln.
Andererseits fände ich gerade eine alte Uni-Stadt als Setting für Urban Fantasy ziemlich passend. Die hätte auch weniger den Wanne-Eickel-Effekt, der etliche Leute vor deutschen Schauplätzen zurückschrecken lässt.
Ein Auslandssemester kann deine Studentin ja immer noch einlegen. Dann hast du eine Heldin, die Land und Leute ebenso von außen betrachtet wie du.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Nycra am 08. Juni 2011, 14:40:02
Seh ich auch so, solange die Orte, die es gibt, mit tatsächlichem Wiedererkennungseffekt schreibst oder eigene Orte erfindest, ist das überhaupt kein Problem.

Kleiner Tipp nur von mir:

Als ich für meine Drachen Frankfurt auswählte, kam der Name "Fressgass" oft vor. Jemand der noch nie in Frankfurt war, kann damit nichts anfangen. Auch die Zeil (tatsächlich ein Straßenname) oder der Name eines Museums (Städl) sind mir als "was ist das denn?" angekreidet worden. Ergo muss du, wenn du reale Orte, die derartige Namen haben, verwenden willst, eine umfangreiche Beschreibung dazu abgeben.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Farean am 08. Juni 2011, 14:44:38
Zitat von: Nycra am 08. Juni 2011, 14:40:02
Ergo muss du, wenn du reale Orte, die derartige Namen haben, verwenden willst, eine umfangreiche Beschreibung dazu abgeben.
@Nycra: Was verstehst du in diesem Zusammenhang unter "umfangreich"? Mit dem Begriff "Zeil" hätte ich als Nicht-Frankfurter jetzt auch nicht viel anfangen können, aber mir würde es dann genügen, als Leser kurz aus dem Kontext zu erfahren, daß es sich um eine Straße handelt.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Maja am 08. Juni 2011, 14:55:06
Als ich "Geigenzauber" geschrieben habe, stand ich auch vor der Frage, wo ich es ansiedle. Die Stadt, in der das erste Drittel des Buches spielt, wird nie beim Namen genannt - ich habe aber Straßennamen aus meinem heimischen Aachen verwendet und beschrieben, dass man per Zug in einer Stunde in Köln ist. Weil ich aber einen Park vorkommen lasse, den es in Aachen nicht gibt (hab ich aus Kölbn geklaut!) erwähne ich nie den Namen der Stadt.

Später, wenn die Road-Movie-Handlung einsetzt, arbeite ich dann doch mit realen Orten: Dem Kölner Hauptbahnhof (den ich sehr gut kenne), einer Kölner UBahn-Station (von der ich leider inzwischen erfahren habe, daß sie seit über zwei Jahren wegen Umbauarbeiten geschlossen ist, und der Stadt Schwerte an der Ruhr. Anders als Köln kenne ich Schwerte eigentlich gar nicht, ich habe mich an Google Maps, Benutzerfotos und Satellitenbildern orientiert, um die Sachen da zu plazieren, wo sie auch in Echt sind (ein großer Parkplatz, ein Aldi, ein Schuppen, der Kanal) und erwähne eine Straße, "Im Reiche des Wassers", deren Name mir besonders gut gefallen hat, spielt eine größere Rolle, auch wenn ich da noch nie war.

Ich habe kein Problem mit Urban Fantasy, die in echten Städten spielt, aber dann sollten diese Städte auch stimmen. Wenn ich das Gefühl habe, der Autor hat keine Ahnung von der Stadt, soll er die Pfoten davonlassen und sich was ausdenken.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Nycra am 08. Juni 2011, 15:07:39
Zitat von: Farean am 08. Juni 2011, 14:44:38
@Nycra: Was verstehst du in diesem Zusammenhang unter "umfangreich"? Mit dem Begriff "Zeil" hätte ich als Nicht-Frankfurter jetzt auch nicht viel anfangen können, aber mir würde es dann genügen, als Leser kurz aus dem Kontext zu erfahren, daß es sich um eine Straße handelt.

Ich hatte es als Straße beschrieben, der Leser konnte dennoch nichts damit anfangen, also habe ich die Straße in einen Wegverlauf eingebaut, umso den Bezug zur Straße näher herzustellen, dann ging es. Aber das umfangreich bezog sich auch mehr auf das Museum, also nicht "sie ging ins Städl", sondern sie ging ins Städl-Museum, das sich ... befand", damit bekommt der Leser einen besseren Bezug. Vielleicht hat aber jemand noch eine andere Lösung, ich konnte es jedenfalls so am Besten umsetzen.

@Maja: Deinem letzten Absatz stimme ich zu, aber wie gesagt unter den oben genannten Erkenntnissen. Wenn man sich dort auskennt, verwendet man häufig Begriffe, die "Exerne" nicht kennen, was ebenfalls wieder zu Unverständnis fürhrt.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Drachenfeder am 08. Juni 2011, 15:07:43
Für mein aktuelles Projekt hatte ich mir eigentlich vorgenommen, eine deutsche Stadt zu nehmen. Damit das auch alles stimmig ist, musste es eine Stadt sein, die ich auch gut kenne. So blieben mir meine eigene Stadt, Mainz und Frankfurt.
Doch was denkt ein Leser, wenn er Rüsselsheim liest? Gestrichen!
Mainz ist sehr sehr schön (meine Lieblingsstadt), auch historisch, aber irgendwie war nicht so passend wie ich das gerne hätte. Da fehlte es an sehr düsteren Ecken und einer großen Straße mit Clubs und Bars in Hülle und Fülle. Mainz = gestrichen.
Also doch Frankfurt. Ich fing mit Mainhatten also an und nach einigen Seiten, begann es mich zu nerven. Ich kenne fast alles in Frankfurt, was die Recherche ja einfach machen sollte, aber sobald ich mit meinen Gedanken in einer bestimmten Straße oder vor einem Restaurant stand, wanderten sie ab und ich war dienstlich an Ort und Stelle. Frankfurt = gestrichen. Der Großteil der Story spielt also in einer fiktiven Stadt und ich bin sehr zufrieden mit meiner Entscheidung.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Adalia am 08. Juni 2011, 15:11:07
Vielen Dank für das umfangreiche Feedback!

Im Moment tendiere ich jetzt zu der Variante: Setting in Deutschland, in einer real existierenden Stadt. Jedoch mit einigen kreativen Erweiterungen  ;) Das gibt mir etwas Freiheit, aber es hat einen realen Bezug und - ganz nebenbei - gibt es mir dann einen Grund die betreffende Stadt noch einmal genauer anzuschauen.

Und ihr habt recht, vielleicht ist es sogar reizvoll und spannend ein Buch über seine eigene Stadt zu lesen, in der vieles gleich, aber manches doch verändert ist. Ich weiß auch nicht, warum ich meine Leser automatisch für so kleinlich halte. Es sind ja immerhin Fantasy-Leser, die auch Fantasie haben sollten. Aber irgendwie befürchte ich immer gleich, dass "Ureinwohner" beim Lesen dann sofort denken: "In der Hinz-und-Kunz-Gasse gibt es doch gar kein italienisches Restaurant!!! Unverschämtheit!"  :rofl:

Obwohl auch viel für Majas Variante spricht. Ich glaube ich werde die in Frage kommenden Städte erst einmal auf die Plot-Kompatibilität überprüfen und ansonsten vielleicht auf deinen Vorschlag ausweichen, Maja. Jetzt habe ich doch einigen Stoff zum Nachdenken. Danke  ;)
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Franziska am 08. Juni 2011, 15:26:12
an sich finde ich es als Leser nicht so wichtig, wo etwas spielt. Über Verlage höre ich da wiedersprüchliches. Einerseits soll Urban-Setting in Deutschland gesucht werden, andererseits soll es out sein. Z.B. habe ich glaube ich gelesen, dass Krystyna Kuhns Tal-Serie zuerst in Deutschland spielen sollte, die Bücher sind auf Englisch erschienen, wofür das amerikanische Setting sicher sehr vorteilhaft war.

Aber wenn man eine "deutsche" Geschichte einfach in die USA verpflanzt, ohne groß zu recherchieren, finde ich das nicht so gut. Ich habe manchmal das Gefühl, dass da kulturellen Unterschiede ausgeblendet werden. Ich gucke oft staunend amerikanische Filme und wundere mich,dass da Mädchen nicht ausgehen dürfen zum Beispiel.
Entweder man macht es so allgemein, dass es möglichst viele Leser anspricht, oder man verwendet den besonderen Flair einer bekannten Stadt. Ich glaube, wenn man was in Berlin spielen lässt, fänden das auch englischsprachige Leser interessant. Andererseits scheint amerikanisches Setting für Jugendliche was cooles zu haben, zumal sie das aus zahlreichen Filmen kennen.

Ich selbst habe zwar noch kein Urban-Fantasy geschrieben, aber wenn man kein Fantasy hat, ist es ja ähnlich, man kann auch eine reale Stadt nehmen, oder einer erfinden. Ich wollte es in meinem letzten Roman zuerst offen lassen, habe aber vieles aus Hamburg beschrieben. Irgendwann habe ich die Stadt dann doch genannt, weil es sonst albern wurde. Außerdem kannte ich mich da mit dem Schulsystem und Orten aus. Und es musste eine Großstadt sein. Allerdings habe ich ein paar Kneipen und Clubs dazuerfunden.

Ein Beispiel für Urban-Fantasy in Dtl ist: Fledermausland von Oliver Dierssen.Ich weiß nicht mehr, wo das spielt,ich glaube in Stuttgart. Da paat es auf jeden Fall gut zum deutschen Setting.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Churke am 08. Juni 2011, 15:43:20
Zitat von: Nycra am 08. Juni 2011, 14:40:02
der Name eines Museums (Städl) sind mir als "was ist das denn?" angekreidet worden.

Wem das Städel-Museum nichts sagt, der sollte sich besser an der eigenen Nase fassen!
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Adalia am 08. Juni 2011, 15:51:20
Zitat von: Franziska am 08. Juni 2011, 15:26:12
Ein Beispiel für Urban-Fantasy in Dtl ist: Fledermausland von Oliver Dierssen.Ich weiß nicht mehr, wo das spielt,ich glaube in Stuttgart. Da paat es auf jeden Fall gut zum deutschen Setting.

Ich glaube das war nicht Stuttgart, sonst wüsste ich das noch  ;)

Stuttgart ist nämlich eine der wenigen Städte, die ich sehr gut kenne. Ich habe mich dort zwar einige Jahre lang sehr wohl gefühlt, aber bei aller Liebe (und ich hoffe jetzt es sind keine patriotischen Stuttgarter anwesend): Diesen Talkessel möchte ich dann doch nicht als Setting für ein Buch. No Way. Geht gar nicht.  ;)

Heidelberg wäre jetzt noch in der Auswahl. Aber das ist doch recht klein und beschaulich. Da fällt das, was in meinem Buch erst einmal unentdeckt bleiben soll, zu sehr auf. Obwohl ich das vielleicht noch anders plotten kann. Heidelberg wäre schon ein schöner Schauplatz *grübel*
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Sprotte am 08. Juni 2011, 15:56:24
Ich habe drei Urbans (Geistergeschichten) geschrieben. Erstens "Jörn", dann zwei Kurzromane "Mittwinter" und "Mittsommer". Alle drei Geschichten spielen im fiktiven, sehr norddeutschen Kuhdorf Klaxdonnersbüll. Richtung dänische Grenze gibt es Orte namens Klixbüll und Klanxbüll. Klaxdonnersbüll selbst ist eine gelungene Mischung aus meinem Heimatdorf sowie zwei weiteren (die Kirche aus Westensee, Naturpark Westensee spielt sehr gerne mit).
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: zDatze am 08. Juni 2011, 16:19:10
Das "wo" muss man ganz sicher auch am Plot festmachen. Ich finde es schön, wenn es einen Grund gibt, warum eine Geschichte in einer bestimmten Stadt spielt. (Ich denke da wohl auch sehr auf regionaler Basis inklusive Sagenwesen. ::) ) Mir ist es bisher nie in den Sinn gekommen eine Story an einem Ort anzusiedeln, den ich nicht wirklich kenne. Bisher habe ich viele Szenen in einer Kulisse spielen lassen, die mir vertraut ist. In meiner letzten Geschichte habe ich einige Elemente aus meiner Heimatstadt genommen, den Namen der Stadt allerdings nicht genannt, weil es eben keine Rolle spielt.

Eine fiktive Stadt kommt einer Geschichte natürlich entgegen. Da kannst du bauen wie du willst und wie du es brauchst.
Allerdings hat eine real existierende Stadt auch ihren Reiz. Besonders wenn man die Geschichte so einbauen kann, dass man als Leser nicht das Gefühl hat, einen Reiseführer in Händen zu halten. ;D
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Sorella am 08. Juni 2011, 17:20:23
Zitat von: zDatze am 08. Juni 2011, 16:19:10
Allerdings hat eine real existierende Stadt auch ihren Reiz. Besonders wenn man die Geschichte so einbauen kann, dass man als Leser nicht das Gefühl hat, einen Reiseführer in Händen zu halten. ;D

Das finde ich auch. Ich habe meine Urban-Fantasy "Stadt der Ratten" in München angesiedelt. Ich bin froh über diese Wahl, obwohl ich zuerst meine Lieblingsstadt Berlin nehmen wollte. Eben wegen dem internationalen Flair. Da ich aber aus Bayern komme, nimmt man mir eine Geschichte in München eher ab, als eine, die in Norddeutschland spielt.
Eine Münchner Agentur hat das Manuskript angefordert, ich denke es ist auch wegen dem Setting gewesen.

Ich habe vor allem Orte der Stadt genommen, die eben ein Reiseführer nicht kennt und die man mit Fantasy nicht unbedingt in Verbindung bringen würde. Fiktive Orte habe ich auch eingefügt, aber die U-Bahnen, U-Bahnstationen und Stadtteile habe ich schon versucht, so genau wie möglich zu recherchieren. Ich bin ja schließlich auch keine Münchnerin. :-))
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Mika am 08. Juni 2011, 18:29:52
Momentan spiele ich auch mit dem Gedanken an eine Urban-Fantasy-Geschichte, eigentlich ist die Idee schon da und sie wird wohl auch geschrieben werden, wenn denn irgendwann der Plot komplett steht. Nachdem die Inspiration mich dafür auf dem Müncher Waldfriedhof traf wie ein Vorschlaghammer wird sie auch genau dort angesiedelt werden. Zwar bin ich noch nicht wirklich lange in München, keine zwei Jahre und auch nur unter der Woche, aber ich München ist schön und gefällt mir ziemlich gut, da wird die Recherche die ich noch betreiben muss schon nicht zu schlimm sein, hoff ich.
Aber ohne Recherche geht in einer realen Stadt, auch mit fiktiven Schauplätzen nichts, da muss ich mich einigen hier in der Diskussion anschließen. Aber gerade diese Recherche kann auch ziemlich interessant sein, in meinem Fall lerne ich meinen Studienort besser kennen und irgendwie freue ich mich schon ziemlich drauf. Auf fiktive Schauplätze werde ich allerdings nicht verzichten, hab schon das ein oder andere geplant was hier in München noch eingebaut werden muss, das wird sicher auch ziemlich spannend. Wie schließ ich diese Plätze nur an die Verkehrsverbindungen an?  ;D

Irgendwie würde ich auch gern mal eine Geschichte in meinem Heimatort ansiedeln, so richtig am Ende der Welt in einer kleinen Stadt, die sich nur Stadt nennen darf, weil sie es schon seit dem Mittelalter ist und nicht wegen ausreichender Einwohnerzahl. Nur dafür fehlt mir leider noch die Geschichte, aber es wird sich sicherlich was finden. *vorfroi* Auch wenn einige beim Namen der Stadt und der umlegenden Dörfer sicherlich sterben werden vor lachen. Da sind so Ortsnamen dabei wo gern die Ortsschilder geklaut werden weil sie einfach göttlich klingen (Petting zum Beispiel). Aber das macht denk ich mal nichts.

Zu den im englischen Sprachraum angesiedelten Büchern: Mich stört es eigentlich nicht, aber es ist doch ziemlich auffällig wie selten man tatsächlich ein Fantasybuch in den Händen halten kann dass in Deutschland angesiedelt ist. Aber überhaupt finde ich es schön wenn reale Orte verwendet werden, egal ob im englischen Sprachraum oder in Deutschland. Als ich die Stadt unter der Stadt-Bücher gelesen habe und kurz darauf in London war, war ich ganz begeistert die einzelnen Ubahnstationen abzufahren und die Schauplätze aufzusuchen. So etwas könnte ich mir durchaus bei einem Buch in Deutschland vorstellen.

Und was die fiktiven Orte in Deutschland betrifft: warum nicht? einem Großteil der Leser würde es wahrscheinlich nicht mal auffallen, selbst wenn die Namen noch so abgefahren sind, ortsnamentechnisch gibt das reale Deutschland ja schon ziemlich skurile Sachen her (an Tuntenhausen denken muss... ), da kann man wohl kaum noch jemanden schocken.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Adalia am 08. Juni 2011, 19:33:43
Zitat von: mika am 08. Juni 2011, 18:29:52
Aber gerade diese Recherche kann auch ziemlich interessant sein, in meinem Fall lerne ich meinen Studienort besser kennen und irgendwie freue ich mich schon ziemlich drauf.

So geht es mir gerade auch. Dann habe ich einen Grund mir die Stadt genauer anzuschauen und werde sie sicher auch mit ganz anderen Augen betrachten. Macht sicher viel Spaß.

Ich war ja erst sehr skeptisch bezüglich meiner Urban-Fantasy-Idee, weil ich eigentlich immer High Fantasy schreiben wollte. Aber jetzt freue ich mich schon richtig auf die Herausforderung. Und was sollte ich auch machen: Die Geschichte sprang mich einfach an und ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Bis ich resigniert beschlossen habe, dass ich sie wohl aufschreiben muss, weil sie mich einfach nicht in Ruhe lässt  ;D
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Spinnenkind am 08. Juni 2011, 23:33:55
Eine ähnliche Frage stellt sich mir auch derzeit.

Ich lebe ja seit einiger Zeit in Heidelberg und habe überlegt, ob ich meine neue Idee dorthin versetzen soll. Nicht nur, weil ich die Stadt gut kenne; es geht auch um den Kontext, in dem die Idee entstanden ist. Ich habe auf dem Neckar einen weißen Schwan unter Vollmond schwimmen sehen (Schwäne gibt es hier viele) - und dann war es da. Und wenn es eine solche Entstehungsgeschichte eines Plots gibt, die an einen Ort gebunden ist, dann sollte man sozusagen die Kirche im Dorf lassen, oder?

Dann aber wieder das Problem, was Federchen hatte - vieles passt dann vielleicht doch nicht, und man hat keine Lust, sein Buch mit einer Landkarte daneben schreiben zu müssen. Mich persönlich haben solche Bücher, die sehr detailreich auf Städte eingehen (Wie Christoph Marzi mit London in "Lycidas") eigentlich immer total genervt. Aber trotzdem gehört die Story irgendwie hierhin.

Maja hat eine tolle Idee vorgeschlagen, finde ich. Man kann die Stadt, die man meint, beschreiben, aber ohne sich durch die Nennung des Namens zu binden. Dann kann man unbemerkt noch einige fiktive Orte hinzufügen - und gespannt sein, ob der Leser die Stadt erkennt ;D
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Zit am 09. Juni 2011, 12:32:43
Ich kann dich verstehen, Adalia. Meine Ausgangssituation vor einigen Wochen war ganz genauso: Nie Urban geschrieben und dann kommt da diese Idee und man überlegt, ob man es in Dt. spielen lassen soll. Einige TZ'ler hatten mir dann damals letztlich dazu geraten, weil ich zuerst an Frankreich dachte. (Allerdings greife ich diesen Frankreich-Drang in meinem WoHo-Projekt auf. :ätsch:)
Mittlerweile fühle ich mich ganz gut bei der Idee, dass meine Werfwolfdame durch Dresden schleicht. Letztlich ist es ja auch eine Frage der Bequemlichkeit und des Geldes. Ich wohne in Dresden und kann daher problems quer durch die Stadt tigern auf der Suche nach Schauplätzen. Letztens hatte ich mir mit meinem Freund das Nymphenbad angeschaut, was ich bis dato gar nicht kannte -- und sofort hat sich mir eine Szene aufgedrängt. ;D Dabei muss ich aber sagen, dass DD sowohl alt wie modern in sich vereint und daher auch gut für Urban Fantasy genutzt werden kann. Und die Elbe dürfen wir nicht vergessen. Als Wassermann habe ich so einen Hang zum kühlen Nass. ;D

Zitat von: AdaliaDann habe ich einen Grund mir die Stadt genauer anzuschauen und werde sie sicher auch mit ganz anderen Augen betrachten. Macht sicher viel Spaß.

Ich denke, sobald man sich im Kopf auf "Handlungsort: Deutschland" einlässt, löst sich auch ein Knoten im Hirn und plötzlich bereichert Szene um Szene die heimische Straße. ;D Und warum sollte man nicht ein bisschen Lokalkolorit versprühen, besonders, wenn man "seine" Stadt mag.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Adalia am 09. Juni 2011, 20:52:00
Zitat von: Spinnenkind am 08. Juni 2011, 23:33:55
Ich lebe ja seit einiger Zeit in Heidelberg und habe überlegt, ob ich meine neue Idee dorthin versetzen soll.
Au ja, mach das doch! Für mich kommt ja wenn dann auch nur Heidelberg in Frage  ;D
Dann schreiben wir halt zwei Heidelberg-Romane  ;)
Ich überlege aber auch, wie du, ob ich den Namen überhaupt nennen soll, damit ich mich nicht so festlege. Aber nachdem ich nicht direkt in Heidelberg sondern nur in der Nähe wohne muss ich demnächst auf jeden Fal mal durch die versteckteren Ecken von Heidelberg ziehen.

Danke euch allen für das Feedback. Nachdem ich mich jetzt schon einmal auf Deutschland festgelegt habe komme ich ab nächster Woche (Urlaub!) dann hoffentlich auch endlich beim Plot weiter, so dass ich endlich mit dem Schreiben anfangen kann.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Lila am 09. Juni 2011, 23:04:43
Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Aber unbedingt, ja! :pompom: Meine neueren Projekte spielen nahezu alle in Deutschland. Nixensommer ist in Warnemünde an der mecklenburgischen Ostseeküste angesiedelt, ein weiteres Projekt (habe da noch keinen wirklichen Arbeitstitel für) soll im Neanderthal bei Mettmann in Nordrhein-Westfalen spielen und außerdem spiele ich mit dem Gedanken ein weiteres Projekt in einer kleinen ehemaligen Hansestadt in Sachsen-Anhalt anzusiedeln, sowie ein anderes in Bad Kissingen im schönen Unterfranken. Ich habe das Gefühl, dass deutsche Settings im Bereich Fantasy im kommen sind. Zumindest im generellen Jugendbuchbereich scheint sich so langsam ein Trend abzuzeichnen. Ich bin sehr gespannt wie sich das entwickelt und begrüße es außerordentlich, dass sich jetzt immer mehr deutsche Autoren deutscher Settings bedienen. Unser Land ist so schön und hat so viel zu bieten und zu entdecken! Also scheu dich nicht davor dich an ein deutsches Setting zu wagen. Ich glaube, dass die Verlage es ebenfalls begrüßen, dass sich jetzt mehr Autoren für die deutschen Heimatlande zu interesseiren beginnen.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: moonjunkie am 10. Juni 2011, 09:46:22
Deutsche Settings finde ich auch gut. Auch gerade für Fantasy. Mein erster Roman spielt allerdings zu großen Teilen in England in einer kleinen Stadt, wo ich selbst zur Schule gegangen bin einige Jahre. Aber einige Kapitel spielen in Köln, eine Stadt die ich ebenfalls ganz gut kenne und in der ich schon 10 Jahre arbeite.

Ich finde es hilfreich, wenn man den Ort gut kennt, wo man seine Geschichte ansiedelt. Allerdings dürfen natürlich immer einige Schauplätze durchaus umbenannt oder neu hinzuerfunden werden. Finde ich spannend und unterhaltsam. Und wenn ich einen Fantasyroman sehe, der in meiner Heimatstadt spielt oder dort, wo ich schon öfter war, würde ich auch glaube ich eher zugreifen.

In letzter Zeit habe ich einige Vampirromanreihen ausprobiert und alle spielen in USA. Das fand ich schade, weil ich keinen Bezug zu Amerika habe. Ich fand ohnehin England oder auch Tschechien viel passender für Vampire. Aber auch Deutschland hat da jede Menge zu bieten. Auch hier gibt es so viele Sagen und Mythen, z.B. im Siebengebirge, was nicht so weit weg ist für mich. Damit werde ich mich vermutlich auch mal näher beschäftigen.

Mir gefällt jedenfalls der Trend Deutschland als Setting zu nehmen!
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Judith am 10. Juni 2011, 13:02:13
Bei meinem einen Urban-Fantasy-Projekt hat sich die Frage, wo ich das ansiedeln soll, gar nicht groß gestellt, da mir hier das Setting durch den Antagonisten (der Donaufürst; eine Sagengestalt) und eine Nebenfigur (Wassermännlein in der Wien) sozusagen fix vorgegeben war.
Ich fand es aber auch recht angenehm, einen Roman in Wien anzusiedeln, da ich mich hier auskenne und bei Bedarf vor-Ort-Recherchen durchführen kann.
Grundsätzlich greife ich hier natürlich auf wirklich existierende Straßen, U-Bahnstationen usw. zurück, aber ab und zu hab ich mir auch die Freiheit herausgenommen, Kleinigkeiten dazu zu erfinden.

Bei meinem letzten NaNo-Projekt war ich etwas weniger ortsgebunden. Durch die Sage vom Wilden Jäger und zusätzlich noch Sagen von Versunkenen Orten, war für mich nur ein Setting notwendig, das entsprechende Sagen zu bieten hatte.
Hier hab ich mich letztendlich für eine Gegend entschieden, wo ich früher ab und zu im Urlaub war. Ich fand die Landschaft ideal für leichten Grusel (Moorgebiet), kenne mich dort einigermaßen aus und kann auch nochmal hinfahren, falls das notwendig ist.

Ich muss aber zugeben, dass ich allgemein ein wenig davor zurückschrecke, über Orte zu schreiben, wo ich noch nie war. Ich habe einfach Angst, dass ich dann Blödsinn verzapfe, eine bestimmte Atmosphäre nicht einfangen kann und jeder, der schon mal dort war, beim Lesen merkt, dass ich in Wirklichkeit keine Ahnung habe.
Daher bewege ich mich eher zwischen zwei Extrempolen: Entweder etwas, wo ich mich auskenne oder gleich ab in eine Fantasywelt, wo ich mir alles selbst ausdenken kann.  ;D

Als Leserin bin ich da flexibler als als Schreiberin. Ob Romane nun hierzulande angesiedelt sind oder etwa in Amerika, ist mir nicht so wichtig. Wichtig ist für mich nur, dass das Setting zur Handlung passt, wie das ja auch schon einige andere hier angemerkt haben.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Telas am 10. Juni 2011, 13:17:04
Ich sehe Orte in einer Geschichte immer als sekundären oder tertiären Aspekt an. Die Handlung kommt an erster und die Personen kommen an zweiter Stelle. Meine Settings hatte ich erst zweimal in Deutschland. Einmal im fiktiven Weißenstein, das es aber bestimmt auch als realen Ort irgendwo in der BRD gibt und dann eben bei meinem Heimatkriminalroman. Es macht zwar sehr viel Spaß über einen Ort zu schreiben, den man tatsächlich kennt und der keine drei Kilometer von einem entfernt ist aber man läuft auch Gefahr so sehr ins Detail zu gehen, dass einen die Leser dann doch wieder falsch verstehen. So ging es mir jedenfalls teilweise. Es gibt Orte, die heißen bei den Leuten eben unterschiedlich. Das ging schon beim Tatort, dem Tobel im Wald los. Offiziell heißt er Hotterloch, aber manche nennen ihn auch umgangssprachlich Sandhöhle oder Felsenkeller. Und wenn man dann vom Hotterloch redet und den Leuten weißmachen will, dass es direkt vor deren Haustüre ist und sie haben noch nie davon gehört, weil sie eine andere Bezeichnung dafür haben.... nun, dann wirds schwierig da heißt es gleich, "ist der überhaupt von hier?!"
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Fizz am 10. Juni 2011, 16:43:39
OT:

Zitat von: Tastentänzerin am 09. Juni 2011, 23:04:43
... sowie ein anderes in Bad Kissingen im schönen Unterfranken.

Cool  8). Sag Bescheid, wenn es dazu kommt. Vielleicht kann ich dir dabei helfen, denn zufällig wohnt mein Freund  (und ich eig. mittlerweile auch) in einem Weinort kurz vor Bad Kissingen. ;)


Ansonsten: Interessantes Thema - Ich schlag mich momentan mit demselben Problem herum ^-^.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Lila am 10. Juni 2011, 22:00:58
Zitat von: Fizz am 10. Juni 2011, 16:43:39OT:

Cool  8). Sag Bescheid, wenn es dazu kommt. Vielleicht kann ich dir dabei helfen, denn zufällig wohnt mein Freund  (und ich eig. mittlerweile auch) in einem Weinort kurz vor Bad Kissingen. ;)

Ebenfalls OT:

Ehrlich? Wie cool ist das denn? Ich kenne Bad Kissingen zum Glück ganz gut. Ich war da inzwischen schon ein paar mal und würde behaupten mich da einigermaßen auszukennen (war da mal 7 Wochen zur Kur). Ich find's total schön da! *schwärm*
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Romy am 11. Juni 2011, 02:57:20
Zitat von: Judith am 10. Juni 2011, 13:02:13
Daher bewege ich mich eher zwischen zwei Extrempolen: Entweder etwas, wo ich mich auskenne oder gleich ab in eine Fantasywelt, wo ich mir alles selbst ausdenken kann.  ;D
Ganz genauso geht es mir aber auch und ich finde es gar nicht ungewöhnlich. ;)
Wie soll ich über einen real existierenden Ort schreiben, wo ich noch nie gewesen bin? Okay, dann Google-Earth und Streetview kann man mal vorbeigucken, aber auch da gibt es noch "schwarze Flecken", oder die Karten sind veraltet und auch das kann unterm Strich nicht das hingehen und sich persönlich umsehen ersetzen. Wie soll man die Atmosphäre einfangen? Geht eigentlich nicht, oder ich bin zu perfektionistisch dafür. Wenn ich über einen realen Ort schreibe, dann soll auch alles richtig sein. Fiktive Orte innerhalb einer real existierenden Stadt zu setzen, ist ja dann immer noch möglich, aber der Lokalkolorit muss halt trotzdem passen.
Joa oder ich gehe halt in eine vollkommen fiktive Welt, die allein meiner Fantasie entsprungen ist und wo ich komplett tun und lassen kann was ich will.

Aber deshalb habe ich meinen angefangenen Urban-Fantasy Roman und den sich im frühen Plotstadium befindlichen Steampunk-Roman ganz selbstverständlich in Deutschland und in der Kölner Umgebung angesiedelt.
Köln ist halt die deutsche Großstadt, die ich am besten kenne.
In meiner niedersächsischen Heimat kenne ich mich eher auf den Dörfern aus, das passt nicht so recht zu den beiden Projekten, womit ich nicht ausschließen würde, dass da später noch mal was kommen mag, wo es passen würde. Aber die niedersächsischen Großstädte in meiner heimatlichen Umgebung kenne ich nicht so gründlich wie Köln. In Hannover und Braunschweig finde ich mich ein bißchen zurecht, aber mehr auch nicht. In Wolfsburg kenne ich mich zwar sehr gut aus und könnte wohl auch die Atmosphäre einfangen, aber diese Stadt ist einfach so abgrundtief hässlich, dass ich da wohl nie freiwillig eine Geschichte ansiedeln werde ...  :P
Na gut, man soll niemals nie sagen. ;) Und da fällt mir ein, dass meine Aussage bzgl. Braunschweig auch nur so halb stimmt. Sanne und ich schreiben mit unserer gemeinsamen Schreibgruppe ja einen Lokalkrimi (also keine Fantasy) mit Braunschweig als Handlungsort, bzw. der Krimi befindet sich im ewigen Plotstadium ...  :d'oh: Aber jedenfalls haben wir in der Gruppe auch zwei Braunschweiger, die sich richtig gut auskennen und die bei Fragen zu den Örtlichkeiten immer Antworten wissen. Naja, oder ich könnte wenn es hart auf hart kommt auch hinfahren, aber es liegt halt nicht direkt vor meiner Haustür.

Aber eine Geschichte an einem Ort, wo ich wirklich noch nie gewesen bin und der vollkommen außerhalb meiner Reichweite liegt, könnte ich nicht schreiben und das würde ich auch gar nicht wollen. Wenn man einen Ort gut kennt und ihn mag, fühlt es sich doch auch gut und richtig an, darüber zu erzählen und ihn anderen Menschen nahe zu bringen. :D

Zitat von: Judith
Als Leserin bin ich da flexibler als als Schreiberin. Ob Romane nun hierzulande angesiedelt sind oder etwa in Amerika, ist mir nicht so wichtig. Wichtig ist für mich nur, dass das Setting zur Handlung passt, wie das ja auch schon einige andere hier angemerkt haben.
Und noch etwas, wo ich zustimme. :) Als Leserin bin ich nicht so festgefahren.
Wobei ich ja doch "verlange", dass ein Autor sich an dem Ort, über den er schreibt auskennt und die Beschreibungen dann nicht so 0815 sind, sondern das man auch merkt, dass er sich auskennt. Aber ich finde, dass macht ganz allgemein einen guten Roman aus und trifft ja auch auf High Fantasy zu. Da sollte ein Autor sich ja auch mit dem Ort, über den er schreibt, vertraut gemacht haben, auch wenn dieser seiner bloßen Fantasie entspringt. ;)
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Hr. Kürbis am 11. Juni 2011, 07:55:21
Ich stehe nicht so sehr auf Urban-Fantasy, finde die Verankerung in Deutschland aber ziemlich reizvoll und auch nur logisch. Machen andere Autoren ja auch in ihrer Heimat und werden weltweit gelesen, auch wenn sich für einige Leser dann ein "Aha!"-Erlebnis sicher nicht so leicht einstellt. Da ist es dann eben die Herausforderung an den Autor, die Dinge auch Ortsfremden deutlich vor Augen führen zu können. Gerade deutsche Städte haben ja eine längere Historie als z.Bsp. amerikanische Städte und eignen sich meiner Meinung nach gerade für urbane Fantasy. Da prallen Mythen, Sagen und Legenden auf die moderne Gegenwart und Hexen führen tagsüber Naturkostläden in Straße YXZ und gehen am Abend mit Werwölfen in den Club im Industriegebiet. Da darf auch ordentlich die Realität gebeugt werden, aber man sollte sich eben an der Realität orientieren, wenn man den konkreten Namen einer Stadt nennt.

Alternativ kann man es aber auch auf der "inspired by" Schiene machen, einen realen Ort verwenden aber eben fiktiv interpretieren. Da haben Leser dann auch Spaß dran und werden versuchen, nach dem wahren Vorbild zu forschen. Mein Heimatdorf Kl. Süstedt (ja, so heißt das) könnte man z. Bsp. in Gr. Bitterdorf umtaufen, schon hat man freie Gestaltungsmöglichkeiten und kann trotzdem immer noch ein standortbezogenes Flair erzeugen.

Wo die ganze Sache ziemlich gut geklappt hat, meiner Meinung nach, sieht man bei den "Wächter der ..." Quadrologie von Lukianenko. Russisches Lebensgefühl und die morbide "Schönheit" Moskaus haben sich mir total erschlossen und fasziniert, abseits des ansonsten so dominanten englischsprachigen Raums.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Felsenkatze am 11. Juni 2011, 08:10:51
Um mal kurz eine Bemerkung meiner Agentin in die lebhafte Runde zu werfen: Urban Fantasy, die man mit Hinblick auf Veröffentlichung schreibt, ist besser nicht in Deutschland anzusiedeln. Der Drang, amerikanische Städte zu nehmen, oder solche Metropolen wie Prag oder London rührt daher, dass die Verlage glauben, Leser brauchen den Hauch "Exotik" in ihren städtischen Settings. Es ist nicht nur die - mehr oder weniger coole - Stadt, die die Attraktivität ausmacht, sondern auch das Gefühl der Fremdheit, des Entdeckens und ein Teil auch aus dem normalen Umfeld Wegträumens. Ich habe damals auch Urban in Deutschland angesiedelt - das ging gar nicht auf dem Markt.

Vielleicht geht es inzwischen besser, und ich kann mir vorstellen, dass deutsche/deutsprachige Städte mit einem gewissen Flair auch gut gehen könnten, aber dann muss man wahrscheinlich auf Berlin, Wien, vielleicht noch München oder so etwas zurückgreifen. Ein Punkt ist nämlich auch: je größer die Stadt desto mehr "Urban Flair". Das ist nämlich auch ein Punkt: nicht alles, was in der Gegenwart spielt, ist - vom Verlag definiert - "urban". Zu "Urban" gehört Großstadt und eine gewisse Düsterheit. In dem Sinne sind Twilight oder Splitterherz - obwohl gegenwärtig - alles andere als Urban Fantasy.

Versteht mich nicht falsch: ich fände Urban in Deutschland ganz toll. Aber es ist vom Markt her nicht eben begünstigt. Kann mir vorstellen, dass es im Jugendbuchbereich nicht so krass ist und Settings in Deutschland da eher angesehen sind.

Prinzipiell würde ich auch eher eine Stadt wählen, wo ich mich zumindest ein bisschen auskenne. Die Kritiken zu Lycidas merken teilweise schon an, dass Marzi London - wie seine Leser es kennen - nicht sehr gut getroffen hätte, und ich kann mir vorstellen, dass es Leser wirklich abschreckt, wenn da völliger Bullshit steht.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Zit am 11. Juni 2011, 10:15:06
Zitat von: RomyWobei ich ja doch "verlange", dass ein Autor sich an dem Ort, über den er schreibt auskennt und die Beschreibungen dann nicht so 0815 sind, sondern das man auch merkt, dass er sich auskennt. Aber ich finde, dass macht ganz allgemein einen guten Roman aus und trifft ja auch auf High Fantasy zu. Da sollte ein Autor sich ja auch mit dem Ort, über den er schreibt, vertraut gemacht haben, auch wenn dieser seiner bloßen Fantasie entspringt. ;)

Das ist wohl wahr -- vorteilhaft für Autor ist dann auch, dass der Leser Fantasywelten nicht nachprüfen kann. Wenn ich in Band1 nur die Heilige Kirche der Kroaka erwähne und dann im dritten Band 10 Fußminuten entfernt einen Tempel der Scalaren setze, kann mir keiner was. Jetzt beweise aber mal als Leser, dass der ich schon in Band1 von dem Tempel wusste. ;) Die Menschen lassen sich bei Fantasywelten leichter vorführen und Autoren können Unwissen (bzw. Lücken in der Planung) über ihre eigene Welt auch gut vertuschen.

Auf der anderen Seite kann ich aber auch bei Geschichten, die in der realen Welt spielen, türken. Ich muss nicht durch einen echten Regelwald gestapft sein, um zu wissen, wie sich schwüle Luft anfühlt -- da kann ich auch ins nächste Tropenhaus gehen. Wüstenfeeling lässt sich vll. gut nachvollziehen, wenn man schon mal in ziemlich trockenen und warmen Gegenden war. Da reicht vll. ein Urlaub in Mallorca zur Sommerzeit oder ein Besuch im nächsten Kakteenhaus (besser auch im Sommer). Exotische Tiere kann man in so manchem Zoo bestaunen, sonst muss man eben das Internet durchforsten nach Steckbriefen, Filmen, Hördateien. Wichtig ist dabei immer ein gutes Vorstellungsvermögen und so kann man Illusionen bauen, ohne je an einem Ort gewesen zu sein. Aber natürlich hat jede Illusion ihren Schwachpunkt. Die Frage ist aber nur, wie gut ich den als Autor kaschieren kann.

Aber ich komme ab vom Thema. So, Urban Fantasy in Deutschland verkauft sich nicht gut? Du sagst ja selbst, dass vieles unter Urban Fantasy läuft, was gar nicht Urban ist. Vll. bezieht sich diese Aussage nach dem Verlangen nach exotischen Schauplätzen auch nicht aufs Wurzel-Urban, sondern auf Romantic Fantasy (in urbanem Setting)? RF ist ja letztlich das, was als UF verkauft wird. Und Urban ohne Romantic habe ich in letzter Zeit nicht in den Regalen der Buchläden finden können. Mag vll. auch daran liegen, dass vorallem Vampire romantisiert werden und die restliche Riege der "tatsächlichen" Fabelwesen nachzieht.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Adalia am 11. Juni 2011, 12:06:54
Zitat von: Felsenkatze am 11. Juni 2011, 08:10:51
Ein Punkt ist nämlich auch: je größer die Stadt desto mehr "Urban Flair". Das ist nämlich auch ein Punkt: nicht alles, was in der Gegenwart spielt, ist - vom Verlag definiert - "urban". Zu "Urban" gehört Großstadt und eine gewisse Düsterheit. In dem Sinne sind Twilight oder Splitterherz - obwohl gegenwärtig - alles andere als Urban Fantasy.

Da hast du recht, und ich merke gerade, dass sich bei mir die Definition als "Urban Fantasy" in den letzten Jahren verändert hat. Vermutlich weil ich bisher vorwiegend Leser bin und man dann ja automatisch die Einteilung der Buchhandlungen / Amazon übernimmt. Und da läuft ja - wie Zitkalasa schon angemerkt hat - gerade fast alles unter Urban, solange es in der heutigen Zeit und in unserer Welt spielt.
Meine Geschichte ist dann eigentlich auch keine Urban Fantasy im engeren Sinne  :hmmm: Aber auch keine Romantic Fantasy. Es kommt zwar eine Liebesgeschichte vor, die aber nicht im Mittelpunkt steht. Aber ich bin mir da mit den Genres sowieso oft total unsicher.

Danke für den Bericht einer Agenten-Meinung. Das war ja auch mein persönlicher Eindruck beim Lesen einiger Bücher, dass ein "zu deutsches" Setting wenig exotisch wirkt und mich selber dann beim Lesen oft auf den Boden der Realität zurückholt (wobei man ja eigentlich das Gegenteil erreichen will).
Habe jetzt geplant meine Stadt doch fiktiv zu wählen, aber an mir bekannte Städte anzulehnen. Ich werde auch versuchen, die Namen eher etwas ausgefallen zu wählen, bzw. Personennamen auszusuchen, die nicht typisch deutsch sind, sondern nach Möglichkeit auch international gebräuchlich sind. Für mich ist das jetzt auch ein ganz guter Mittelweg und damit fühle ich mich gerade recht wohl. Ich hoffe nur dass es dann auch beim Schreiben damit klappt noch mehr die Story, und weniger das Setting in den Mittelpunkt zu rücken  ;)

Es kommt mir irgendwie merkwürdig berechnend vor jetzt beim Schreiben schon an eine Veröffentlichung zu denken (wo ich ja auch noch totaler Anfänger bin und sowieso unwahrscheinlich ist, dass es soweit kommt), aber im Hinterkopf habe ich doch den Gedanken, dass man eine fiktive Stadt dann auch eher noch ändern kann. Also auf Wunsch einer Agentur z.B. noch mit relativ wenigen Anpassungen in die USA verlegen kann.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Zit am 11. Juni 2011, 13:13:55
Ich denke, das Problem sind weniger die Stadt an sich oder Namen als vielmehr die Charaktere selbst. Es ist egal, wo sie arbeiten und wie sie aussehen -- wenn sie den deutschen Lebensgeist teilen, dann sind sie Deutsche. Und wenn das bei allen Charakteren auftritt, wird ein exotisches Setting lächerlich (sofern diese Deutsche nicht gerade im Urlaub sind).
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Felsenkatze am 11. Juni 2011, 13:58:26
@Zit: Es gibt schon Urban Fantasy, die nicht Romantic ist, nur nicht allzu viel, und man muss suchen. Die Lycidas-Sachen würde ich da einordnen, die Dresden Files, (ohne es gelesen zu haben) Auf des Teufels Maskerade, Neverwhere, (streckenweise) Bartimäus ...

Gerade die romantischeren Settings, die jetzt so in sind, scheinen die Großstadt im Sinne von Urban Fantasy nicht zu brauchen, und sind - denke ich - problemlos auch in Deutschland anzusiedeln. Da steht dann die Schwärmerei für den Love Interest ohnehin mehr im Mittelpunkt als irgendwelche abgefahrenen Umgebungen.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Romy am 15. Juni 2011, 00:09:34
Also ich glaube, ich bin zu idealistisch, um einfach deshalb ein amerikanisches Setting zu nehmen, damit das bei Agenturen und Verlagen besser ankommt.
Wie gesagt, ich würde bei Urban nur einen Ort/Stadt nehmen, wo ich mich auskenne und in Amerika war ich noch nie selbst und finde Amerika ehrlich gesagt auch nicht so wirklich spannend. Ich frage mich immer, was alle daran finden und warum alle immer unbedingt da hin wollen ... Deshalb fällt das für mich jedenfalls schon raus.
Aber in Deutschland gibt es auch so viele schöne Settings, die man nehmen kann und das wäre m.E. auch mal was WIRKLICH Neues und exotisches in der Fantasywelt. Ich will aber auch keine pure Romantasy schreiben und sie nur deshalb in Deutschland ansiedeln zu dürfen, weil das Setting da unwichtig ist, ginge mir ja dann erst recht gegen den Strich.
Wenn nie jemand meinen Urban-Roman veröffentlichen will, weil er in Deutschland spielt, dann sei es so. Nach Amerika wird der allerdings nicht umgesiedelt. Wär ja noch schöner.  :hmhm?:
Wie gesagt, ich bin da wohl zu idealistisch. ;) Und vielleicht auch zu bockig. ;D Aber bevor ich mich verbiegen lasse, verzichte ich doch lieber auf eine Veröffentlichung.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Franziska am 15. Juni 2011, 01:26:34
ich  versuche gerade was zu schreiben, was in den USA spielt, es ist im Plot angelegt, aber jetzt habe ich gemerkt, dass es da gar nicht so ist, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich habe mir übr google earth und street view angeguckt, wo es spielen konnte. Eigentlich sollte es Florida sein, aber ich brauche für die geschichte ein mehrstöckiges Haus und die Leute scheinen da nur in Bungalows zu wohnen. Aber was mich am meisten gewundert hat: Diese Freistehenden Häuser, ohne jeglichen Garten. Kurz: ich weiß alles wie es da ist nur aus Serien. Aber es sieht wohl nicht überall so aus, wie bei Desperate housewives. Von daher ist es wirklich einfacher, etwas hier spielen zu lassen, wo man es kennt.
Die Frage hieß ja eigentlich, wo in Deutschland. Ich glaube auch, dass vor allem Großsstädte interessant sind, weil es ja eben "urban" ist. Aber eine Geschichte, die in einem Ort mit richtig altem Ortskern spielt, und das vermischt mit modernen Elementen fände ich auch interessant, aber vielleicht eher für eine Story, wo es eine parallele Fantasywelt gibt.
Also ich würde sagen, es sind auf jeden Fall Berlin, Hamburg, München und Köln interessant. Urban Fantasy ihm Ruhrpott könnte ich mir auch vorstellen. Wie das allerdings wirklich bei den Lesern ankommt, und wie die Verlage das beurteilen ist noch mal wieder was anderes.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Adalia am 29. Juni 2011, 18:02:37
Nochmal danke an euch alle für das Feedback. Der Plot ist jetzt fertig und die ersten 60 Seiten habe ich in meinem Urlaub in den letzten beiden Wochen getippt.
Und ich habe mich getraut  ;) Die Geschichte spielt in Heidelberg, mit kleineren Modifikationen, und ohne dass die Stadt dabei plotrelevant im Vordergrund steht. Dennoch mit einem ganz klar deutschen Setting.
Mal sehen, wie das im Gesamten dann wirkt, aber im Moment fühle ich mich dort schon sehr wohl  :) Meine arme Protagonistin wird dann also in Heidelberg erleben, wie ihr Leben komplett auf den Kopf gestellt wird. Und das gleich zweimal  :d'oh:
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Ivy am 24. August 2011, 15:35:47
Auch wenn ich leider viel zu spät für sinnvolle Tipps dran bin - ich finde es klasse, dass du dich traust und deine Geschichte in Heidelberg spielt!

Deutsches Setting, warum denn auch nicht? Es muss nicht immer Amerika sein!
Irgendwann wird das auch langweilig und ich kann auch nicht verstehen, warum da immer alle hin möchten...

Und Heidelberg hat so viel zu bieten.
Ich bin schon gespannt und drücke dir ganz fest die Daumen ! 
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Rika am 24. August 2011, 15:55:03
Ui, Urban Fantasy mit deutchem Setting, bravo!


Mal abgesehen davon, daß ich pesönlich das gerade sehr attraktiv finde - über einen Ort zu schreiben, den mensch kennt macht es sehr viel leichter, den Ort sich im Buch dann auch "echt" anfühlen zu lassen. Wenn mensch den Ort nicht kennt, läuft mensch auch immer Gefahr, daß Leser, die ihn kennen sich an den Kopf fassen bie allem, was ihnen als falsch auffällt...
Wie geht's den der Heidelberger Geschichte inzwischen?
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Adalia am 24. August 2011, 16:27:09
Zitat von: Rika am 24. August 2011, 15:55:03
Wie geht's den der Heidelberger Geschichte inzwischen?

Oh je, ich habe gehofft, das fragt niemand.  :rofl: Ich hing an einer Stelle und kam nicht so richtig in Fluss.
In diesem Moment drängte sich mir - brutal und aufdringlich - ein zweites Projekt dazwischen, das mich sofort so richtig gepackt hat. Die ursprüngliche Idee liegt jetzt also erst einmal auf Eis.

Aber die gute Nachricht für alle Fans von Heidelberg als Setting: Das zweite Projekt fiel mir wohl nur ein, weil ich schon so mit Heidelberg als Schauplatz geliebäugelt habe. Denn das ist jetzt ein "richtiges" Heidelberg-Buch, bei dem das Setting sehr im Vordergrund steht. Wobei es etwas ganz anderes ist als das, was ich bisher geschrieben habe. Eher humoristisch, und ein Jugendbuch. Mal sehen was draus wird  ;) Ich habe jetzt ca. 30.000 Wörter davon geschrieben und komme gut voran.

Es geht um fiese Feen auf dem Heidelberger Heiligenberg. Und dazu noch ein paar ganz und gar wahnsinnige Baumdryaden.  :rofl:
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: chaosqueen am 13. September 2011, 10:22:42
Ha, Heidelberg als Setting? Muss ich lesen! :) Ich liebe diese Stadt, könnte selber aber nichts dort ansiedeln, dafür war ich dann doch zu wenig dort. Ein Freund von mir lebt dort und ich bin mehrfach durch die Altstadt getingelt, kenne den einen oder anderen Vorort und natürlich viel Wald drumherum, außerdem dieses geniale Kneipen/Café-dings im alten Güterbahnhof, von wo aus man einen phantastischen Blick über die Ebene mit Mannheim & Co. hat.

Es gibt meiner Meinung nach noch ein ganz einfaches "Problem", warum deutsche Autoren so oft ihre Romane in Amerika ansiedeln: Amerika ist der größte "Lieferant" für Belletristik (und Filme), die bei uns gelesen (und gesehen) wird. Wir sind als deutsche Leser derart daran gewöhnt, dass Romane und Filme in Amerika spielen, dass wir es nicht mehr bewusst wahrnehmen - und uns aiuch keine Sorgen um den Realitätsbezug des Settings machen, da wir in den wenigsten Fällen schon vor Ort waren.
Ist das Setting in Deutschland angesiedelt, merken wir auf: Huch, das ist aber ungewöhnlich! Manche schreckt das schon ab, das ist dann der genannte Wanne-Eickel-Effekt. Mancher liest es dann ganz bewusst und findet möglicherweise jeden kleinen Fehler (so wie ich im Schwarm in der Kiel-Szene - blöd halt, wenn der Leser zufällig an der Ecke wohnt, an der der Autor ungenau recherchiert hat), was ihm das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit nimmt. Umgekehrt hat man als Autor eben das Problem, dass man sich sehr genau überlegen muss, ob man einen realen deutschen Ort nimmt und verdammt gut recherchiert, oder ob man lieber ein Konglomerat aus verschiedenen Orten nimmt (Klanxdonnerbüll ;D), das beim Leser ein "könnte hier um die Ecke sein"-Gefühl weckt, ohne dass er das Bedürfnis spürt, wirklich hinzugehen und nachzuschauen, ob "Evas Eck" nun auch wirklich an der genannten Kreuzung liegt.

Übrigens scheint das ein fast ausschließlich deutsches Problem zu sein: Ich habe noch nie Romane anderssprachiger Autoren gelesen, die ohne ersichtlichen Grund nicht in deren Heimatland spielten. Entweder lebt der Autor inzwischen in einem anderen Land und lässt seine Romane dort spielen, oder die Handlung erforderte eine Umsiedelung.

Ich finde es sehr schade, dass die Deutschen Autoren und Leser sich anscheinend so wenig mit ihrem Land identifizieren. Ich kenne Ecken in Schleswig-Holstein, die bei mir sofort das Bedürfnis wecken "hier will ich eine Geschichte ansiedeln!", und ich habe mir fest vorgenommen, genau das auch zu tun.
Falls ich am NaNo teilnehme, werde ich entweder meinen Jugendroman nehmen, der seit Ewigkeiten in meinem Kopf herumdümpelt und in Kiel spielen soll, oder aber Schleswig-Holstein mit einem Hauch Phantastik überziehen - wobei mein neuestes Lieblings-Setting eher nach Horror schreit (eine alte Festung, deren Ursprungsgebäude aus dem 17. Jh. stammt, heute sind nur noch die Gebäude aus dem späten 19. Jh. übrig, die teilweise leer stehen und teilweise von Bands und Firmen genutzt werden und irgendwie gruselig aber auch total faszinierend sind. Ich war inzwischen viermal drin und habe so ziemlich jeden Winkel besehen, der zugänglich ist und würde die Verwaltung bitten, mich noch mal mit Kamera reinzulassen, um zum Schreiben dann die genauen Verläufe der Gänge und Treppenhäuser sowie die Lage der Räume vor Augen zu haben).

Und ich persönlich greife eher zu einem Buch, das in Deutschland spielt, als zu einem, das von einem Deutschen geschreiben wurde, aber in Amerika angesiedelt wurde.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Sven am 13. September 2011, 11:21:44
Zitat von: chaosqueen am 13. September 2011, 10:22:42
Es gibt meiner Meinung nach noch ein ganz einfaches "Problem", warum deutsche Autoren so oft ihre Romane in Amerika ansiedeln: Amerika ist der größte "Lieferant" für Belletristik (und Filme), die bei uns gelesen (und gesehen) wird. Wir sind als deutsche Leser derart daran gewöhnt, dass Romane und Filme in Amerika spielen, dass wir es nicht mehr bewusst wahrnehmen

Ich denke, es geht sogar darüber hinaus. Würde ich einen Roman in Heidelberg spielen lassen, hätte ich von der Stadt und den Leuten dort überhaupt keinen Schimmer. New York, obwohl ich noch nie dort war, kenne ich viel besser, eben WEIL dort viele Filme und Romane angesiedelt sind. Denke ich an Heidelberg habe ich nur Bilder im Kopf, die meiner Phantasie entspringen. Denke ich an New York sehe ich nicht nur die verschiedenen Gebäude, ich sehe auch die unterschiedlichsten Szenen, von Katastrophen bis , von teureren Wohnungen und Hotdog-Ständen, von gelben Taxis bis zur U-Bahn.
Wie gesagt, ich war in noch keiner der beiden Städten, und doch kenne ich die amerikanische besser, als die deutsche.
Was wohl auch eine Rolle spielt, ist der deutsche Patriotismus. Die Deutschen zieht es immer wieder von hier weg. Wir machen mehr Urlaub im Ausland, als im Inland. Wie soll man da die wirklich coolen Orte kennenlernen? Ebenfalls eine Rolle spielt der Nationalstolz. Man darf nicht auf sein Land stolz sein (man erinnere sich nur mal an die Fahnendebatte, zur Fußball WM hier im Land). Wie sollte man eine Beziehung zu "seinen" Städten aufbauen. Das ändert sich zur Zeit, aber nur langsam.
Darüber hinaus will man ja mit dem Ort ein bestimmtest Gefühl vermitteln. Städte stehen für etwas. Eine Geschichte in New York hat quasi ihre eigene Stimme. Ebenso in London. Zwei Orte, zwei Gefühle. Welches Gefühl vermittelt Heidelberg. Beim Autor? Und vor allem beim Leser?
Ein internationaler Thriller mit Geheimagenten und Explosionen und Spionagegimmiks kommt in Buxtehude nicht gut.
Aber Urban Fantasy kann ich mir in Deutschland sehr gut vorstellen. Es gibt kaum ein Land, das landschaftlich freundlicher und zugleich düsterer wirken kann, als Deutschland.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Zit am 13. September 2011, 12:07:38
ZitatEin internationaler Thriller mit Geheimagenten und Explosionen und Spionagegimmiks kommt in Buxtehude nicht gut.
Aber Urban Fantasy kann ich mir in Deutschland sehr gut vorstellen. Es gibt kaum ein Land, das landschaftlich freundlicher und zugleich düsterer wirken kann, als Deutschland.

Wg. dem düster: Gestern, nach einer Engebung heraus, entschloss ich mich, mein Dresden doch in die Zukunft zu verlegen. Genre-mäßig wird es wohl in die Nähe von Dark Future gehen, auch wenn sich sicherlich japanische und Comic-Einflüsse nicht verleugnen lassen werden. Multi-Kulti, ganz so wie heute. (Das Urbane kriegt ein bisschen mehr global, sozusagen.) Obs mir gelingt, keine Ahnung.

Was den Thriller angeht: Nebra von Thiemeyer, was ich gerade lese, spielt ja -- zumindest am Anfang -- in Halle und wie es scheint, später auch im Harz (bin irgendwas um Seite 80). Und auf dem Deckel steht eindeutig Thriller. Es geht also auch in Deutschland. Wobei ich ja einräumen muss, dass es ein Wissenschaftsthriller ist und kein Agententhriller. :)
Davon ausgehendend, denke ich, dass in Deutschland, weil wir ja so eine Wissensgesellschaft sind (und gleich vor so vielem Angst haben wie Genmais und weiß der Geier), solche Wiss.-Thr. gerade hier gut anzusiedeln sind, neben Endzeit-Szenarien (aka Postapokalypse). In Deutschland geht es weniger darum, des Deutschen Stolz auf sein Land darzustellen und wie stark wir doch sind, dass wir allem Bösen trotzen (ich sag ma: Captain America) und Deutschland dabei furchtbar zu überhöhen -- sondern des Deutschen Ängste zu beliefern und sie entweder zu bestätigen oder zu widerlegen. In Deutschland funktioniert gut das Was-Wäre-Wenn-Spielchen, nicht das Hau-den-Bösen. :)
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Ivy am 14. September 2011, 18:08:48
Zitat von: Sven am 13. September 2011, 11:21:44
Was wohl auch eine Rolle spielt, ist der deutsche Patriotismus. Die Deutschen zieht es immer wieder von hier weg. Wir machen mehr Urlaub im Ausland, als im Inland. Wie soll man da die wirklich coolen Orte kennenlernen? Ebenfalls eine Rolle spielt der Nationalstolz. Man darf nicht auf sein Land stolz sein (man erinnere sich nur mal an die Fahnendebatte, zur Fußball WM hier im Land). Wie sollte man eine Beziehung zu "seinen" Städten aufbauen. Das ändert sich zur Zeit, aber nur langsam.
Darüber hinaus will man ja mit dem Ort ein bestimmtest Gefühl vermitteln. Städte stehen für etwas. Eine Geschichte in New York hat quasi ihre eigene Stimme. Ebenso in London. Zwei Orte, zwei Gefühle. Welches Gefühl vermittelt Heidelberg. Beim Autor? Und vor allem beim Leser?
Ein internationaler Thriller mit Geheimagenten und Explosionen und Spionagegimmiks kommt in Buxtehude nicht gut.
Aber Urban Fantasy kann ich mir in Deutschland sehr gut vorstellen. Es gibt kaum ein Land, das landschaftlich freundlicher und zugleich düsterer wirken kann, als Deutschland.


Uns hatte es ja vor ein paar Jahren auch aus Deutschland weggezogen, allerdings auf beruflichen Gründen. Das Angebot aus Großbritannien war deutlich besser als die aus Deutschland.

Den Eindruck, dass wir auf unser Land nicht stolz sein dürfen, kann ich nur bestätigen. Zumal meine Generation auch in der Schule noch regelrecht so erzogen wurde, dass wir uns für das schämen müssen, was zwei Generationen vor uns angerichtet und verbrochen hatten.
Mit unseren Erfahrungen aus UK kann ich beifügen, dass die Deutschen auch im Ausland noch oft als N*** gelten. Als wäre die Zeit stehen geblieben und als hätten wir uns nicht weiter entwickelt.

Zur Zeit bin ich noch schwer mit angefangenen Projekten beschäftigt, doch erste Ideen für Fantasygeschichten in Deutschland haben sich mir bereits vor ca. einem Jahr aufgedrängt. Ich habe mir fest vorgenommen, diese auch nieder zu schreiben.
Die Vergangenheit Deutschlands, gespickt mit alten Mythen, Legenden und Sagen bietet sich als Inspirationsquelle doch gerade zu an.


Zitat von: Zitkalasa am 13. September 2011, 12:07:38
Davon ausgehendend, denke ich, dass in Deutschland, weil wir ja so eine Wissensgesellschaft sind (und gleich vor so vielem Angst haben wie Genmais und weiß der Geier), solche Wiss.-Thr. gerade hier gut anzusiedeln sind, neben Endzeit-Szenarien (aka Postapokalypse). In Deutschland geht es weniger darum, des Deutschen Stolz auf sein Land darzustellen und wie stark wir doch sind, dass wir allem Bösen trotzen (ich sag ma: Captain America) und Deutschland dabei furchtbar zu überhöhen -- sondern des Deutschen Ängste zu beliefern und sie entweder zu bestätigen oder zu widerlegen. In Deutschland funktioniert gut das Was-Wäre-Wenn-Spielchen, nicht das Hau-den-Bösen. :)

Genau. Es geht nicht darum, übertriebenen, falschen oder schädlichen Nationalstolz künstlich zu erzeugen und anzuheizen, sondern mit Mythen oder Sagen aus der Vergangenheit und/oder der Zukunft zu 'spielen' und neue phantastische Geschichten festzuhalten. 

 
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Amaretin am 14. September 2011, 20:39:02
@Adalia: Also ich finde es sehr mutig trotz der miesen Prognosen das Heidelbergsetting zu nehmen! ;)

Ich denke, man muss die Lösung raussuchen, die einem selbst und dem Buch gut tut und nicht beim Schreiben schon an das Verkaufen denken. Denke ich zumindest, bin da vielleicht auch etwas zu idealistisch. Aber ich denke, dass ein Buch besser wird, wenn man es mit Herzblut schreibt, als wenn man sich schon bei Details nach Trends bei den aktuellen Bestsellern umhört. Rowling hat zum Beispiel einfach das geschrieben was ihr eingefallen ist und sie hat es so gut gemacht, weil Herzblut drin ist, so wie bei jedem, bei der irgendein gutes Werk zustande bringt.

Im Übrigen denke ich auch, dass ein wenig mehr Settings in Deutschland auch dem Land ganz gut tun würden. Daher überlege ich auch (weil ich in Bulgarien geboren bin), ob ich ein Buch in Bulgarien spielen lasse. Mir spuckt schon seit einiger Zeit ein historischer Roman in Bulgarien im Kopf rum. In Bulgarien gibt es ja dazu auch großartige Kulissen und viel Geschichte.  :)

@Zitkalasa: Ich wohne auch in Dresden. Ich finde es toll, dass du einen Werwolf-Roman hier spielen lässt.  :vibes: Den Roman würde ich gern mal lesen, wenn er fertig ist. :)
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Adalia am 15. September 2011, 18:48:46
Zitat von: Amaretin am 14. September 2011, 20:39:02
@Adalia: Also ich finde es sehr mutig trotz der miesen Prognosen das Heidelbergsetting zu nehmen! ;)

Ich denke, man muss die Lösung raussuchen, die einem selbst und dem Buch gut tut und nicht beim Schreiben schon an das Verkaufen denken.

So mies waren die Prognosen derjenigen, die schon Agentur-/Verlagserfahrungen haben doch gar nicht  ;)

Aber ich bin schon jemand, der immer sehr ehrgeizig ist. Natürlich schreibe ich in erster Linie, weil es mir Spaß macht. Aber ich möchte doch sehr gerne irgendwann auch publizieren. Und bei diesem Manuskript habe ich ein sehr gutes Gefühl  ;D Auch wenn es in Heidelberg spielt  :d'oh:
Ich würde im Exposé aber auf jeden Fall erklären, warum ich ausgerechnet ein deutsches Setting gewählt habe (und warum ausgerechnet Heidelberg).

Ich bin ganz optimistisch, dass das klappen kann. Und wenn nicht, dann liegt es bestimmt eher an meiner Schreibe als am Setting  :rofl: Das Setting ließe sich mit größerem, aber doch noch überschaubarem Aufwand ja auch noch "internationalisieren", wenn eine Agentur darauf bestehen sollte.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Serena Hirano am 19. September 2011, 01:12:02
Zitat von: Ivy am 14. September 2011, 18:08:48
Den Eindruck, dass wir auf unser Land nicht stolz sein dürfen, kann ich nur bestätigen.
Leider sehe ich das gelegentlich auch noch so, es wird weniger, glaube ich...War ja auch lang genug  :-\

Dennoch würd ich mich gerne outen.  :versteck: Ich mag Geschichten mit Setting in "fremden" Ländern. So dämlich es klingen mag, wenn ich mich schon in Fantasy vertiefe und auch wegträumen will, dann stolper ich da durchaus über Deutsche Orte. Es ist mir sozusagen nicht weit genug weg von der doofen Realität  ;D

Allerdings stimme ich zu, dass es letzten Endes auf die Geschichte ankommt und wie sie dargestellt wird. So lange es glaubhaft ist, ist Deutschland ein toller Ort, der auch kulturell, architektonisch und landschaftlich viel zu bieten hat. Hat ja auch nen Grund, warum ganze Busladungen Touris über uns herfallen.  :vibes:

Der Tip, der mich gerade erwischte. Ich hab meine Prota in einer für mich großen Stadt mit 60k Einwohnern (ey, ich bin in nem 1000Seelen Dorf aufgewachsen  :hmhm?:) regelmäßig in düstere Gegenden und Untergrundclubs schleichen lassen und wurde ausgezählt, weil die Stadtgröße ja fast noch als "Dorf" durchgeht und das Geschleiche somit die Hälfte der Einwohner mitbekommen hätte. Also geheimer, erfundener Treffpunkt vielleicht noch ok, aber den Rest seh ich ein. Die Handlung an sich passt dann wohl nicht zu meinem Gedanken, etwas Anonymes zu erzeugen.

Ich hoffe ich hab so etwas ähnliches hier jetzt nicht überlesen, wenn doch sorry!
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: AlpakaAlex am 23. Mai 2019, 12:34:46
Hier schlage ich mal die Staubschichten weg, die sich angesammelt haben. Habe das Thema beim durchgehen des Workshopbereichts entdeckt und liebe es direkt, da es wirklich ein Thema für mich ist.

Ich schreibe ja praktisch ausschließlich Urban Fantasy und habe mich ein wenig mit dem Setting in den USA angefeindet, da es eben so allgegenwärtig und ein wenig ausgelutscht ist - und vor allem auch, da mir hier halt häufig die miese Recherche auffällt. (Was übrigens auch für US-amerikanische Autoren gilt, die nie in der Stadt, über die sie schreiben, waren *hüstel*Jim Butcher*hust*)

Nun spielt meine drei Projekte jeweils in Edinburgh, Kapstadt und halt auf den Straßen Europas. Speziell letztere Geschichte fängt in Deutschland an, hat dann einen Abschnitt, der in Prag spielt und geht zuletzt weiter nach Rumänien. Ich gebe offen zu, dass ich Deutschland allein als Setting ein wenig langweilig finde, jedenfalls für meine Projekte, da ich eben viel mit lokalen Mythen arbeite. Hier ist es nicht so, dass es davon in Deutschland keine gibt, aber leider so, dass viele in Deutschland nicht so wirklich lebendig sind - Ausnahmen, wie der Rattenfänger, bestätigen die Regel. Es gibt in Deutschland relativ wenig lokalen Aberglauben oder lokale Legenden, die bis heute noch regelmäßig erzählt werden. Das ist halt ein wenig schade.

Was die Eingangsfrage angeht muss ich allerdings sagen: Ich bin kein Fan von erfundenen Orten in Urban Fantasy. Also klar, eine magische Akademie, die irgendwie vor normalen Menschen versteckt wird? Ja, sicher. Aber halt als Haupthandlungsort bin ich schon für reale Orte, da es für mich den Reiz der Urban Fantasy ausmacht, eben hinfahren zu können und den Ort sehen zu können. Außerdem gibt es dankbarerweise heute Google Maps, das halt mit Street View auch extrem helfen kann, Orte genau zu beschreiben.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Araluen am 23. Mai 2019, 16:33:40
Google Streetview ist Segen und Fluch zugleich. Einerseits ist es toll mal eben an Handlungsorten vorbei zu flanieren. Blöd nur, wenn einem dabei auffällt, dass einen Erinnerungen täuschen  :omn: Das ist mir vor kurzem passiert und resultierte in dem Umschreiben einer kompletten Szene. Über eine Mauer mag man kommen über einen Gitterzaun mit Eisenspitzen ist das schon schwieriger. Und dabei war ich so fest von meiner Mauer überzeugt  :wums: Normalerweise wäre mir so ein Detail egal. Aber was ich mit zwei Klicks prüfen kann, kann jeder andere auch und dann wurmt mich so ein Fehler doch.

Ich arbeite an einem Projekt rund um die Nibelungensaga. Die Geschichte spielt in Worms. Ansonsten finde ich meine alte Heimatstadt Berlin sehr attraktiv als Setting oder auch Harz und Thüringer Wald.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Silvia am 23. Mai 2019, 17:16:10
Und: Google Streetview ist nicht immer aktuell. ;-) Google Satellit hat eine Aufnahme von 2019 von der Gegend, in die wir umziehen werden. Google Streetview von 2008 ... Da fehlen ganze Gebäudekomplexe, z.B. eine inzwischen neugebaute Kita samt Außengelände.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: canis lupus niger am 24. Mai 2019, 13:28:29
Mir fallen spontan mehrere erfolgreiche Fantasyromane, bzw. Reihen ein, die in Deutschland spielen. Angefangen bei "Mara und der Feuerbringer" von Krappweis und aufgehört bei "Ritus", "Sanktum" und anderen Büchern von Heitz. Warum sollten die nicht funktionieren?

Zitat von: Sven am 13. September 2011, 11:21:44
Darüber hinaus will man ja mit dem Ort ein bestimmtest Gefühl vermitteln. Städte stehen für etwas. Eine Geschichte in New York hat quasi ihre eigene Stimme. Ebenso in London. Zwei Orte, zwei Gefühle. Welches Gefühl vermittelt Heidelberg. Beim Autor? Und vor allem beim Leser?
Meine Tochter studiert in Heidelberg, deshalb war ich schon zwei-, dreimal da. Das ist eine unheimlich internationale, tolerante, lebendige Stadt, weil dort beinahe so viele Studenten wie "Eingeborene" leben. Hinzu kommen die unzähligen Touristen aus aller Welt, die sich in Massen durch die Bilderbuchkulissen wälzen. Das macht die Stadt gleichzeitig teuer und dadurch elitär, modern und gleichzeitig sehr traditionsverbunden. Vergleichbar vielleicht mit Universitätsstädten wie Princeton und Oxford.

Zitat von: Sven am 13. September 2011, 11:21:44Ein internationaler Thriller mit Geheimagenten und Explosionen und Spionagegimmiks kommt in Buxtehude nicht gut.
Vielleicht nicht in Buxtehude, aber in Hamburg, Frankfurt, München oder Berlin?

Wenn man sich aber scheut, eine real existierende Stadt zum Schauplatz zu machen, kann man einfach eine real existierende Stadt umbenennen und mit all ihren Straßen und Orten als fiktive Stadt behandeln. Man hat einen reichhaltigen Hintergrund, den man sich nicht selber ausdenken muss, aber es kann einem niemand vorwerfen, eine nicht existierende Straße oder eine falsche Vorfahrtregelung verwendet zu haben. Und wenn ein Münchner, Hamburger, Kieler, Heidelberger oder Thübinger Student "seine" Stadt zu entdecken glaubt, ... was macht das? Dann ist der Roman halt eine Hommage.

Sogar in meiner langweiligen Heimat-Kreisstadt ist eine Krimireihe angesiedelt. Entscheidend ist, dass die Geschichte gut geschrieben ist und gut vermarktet wird. Die wenigsten Leser recherchieren nach, ob das Setting tatsächlich 1:1 korrekt aus der Realität übernommen wurde.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Amber am 28. Mai 2019, 14:27:23
Zitat von: Araluen am 23. Mai 2019, 16:33:40
Ich arbeite an einem Projekt rund um die Nibelungensaga. Die Geschichte spielt in Worms. Ansonsten finde ich meine alte Heimatstadt Berlin sehr attraktiv als Setting oder auch Harz und Thüringer Wald.

Das ist ja witzig. Ich kenne Worms sehr gut. Falls du Fragen zum Schauplatz haben solltest ;)
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Koboldkind am 26. Juli 2019, 17:44:26
Thema: Urban Fantasy ohne real existierenden Ort?
Also, Urban Fantasy im weitesten Sinne. Genauer Lovestory mit Fantasyteilen. Aber die Frage bleibt, muss ich denn eine existierende Stadt/Region nehmen?

Das ganze spielt in einem reichen Ort in einem Hotel/Ehemaligen Schloss. Ein paar Bahnstationen weiter wohnen die Protas in zwei Dörfern. Folgt man der Bahn, ist man in wenigen Minuten in der Großstadt, wo auch die Berufsschule ist und die Prota früher gewohnt hat.
Nur die Dörfer sind grob benannt in Großheim und Kleinheim (Platzhalter), und die Stadt ist die Stadt. Die Region liegt irgendwo in Mitteldeutschland, zur Reise fahren sie immer nur in den Norden, den Süden, nur Städte zu Besuch wie Berlin, Hamburg oder Paris werden mal genannt, nicht weiter wichtig.
Klar hab ich ein Bild im Kopf. Frankfurt komm ich her, Königstein/Kronberg hat bestimmt ein Hotel, das nur fünfsternig Ausgestattet ist und Dörfer dazwischen gibt es hier genug. Aber ich sträube mich davor, die Orte auch so zu nennen. Weil es mir gar nicht um die Orte geht, das ganze könnte auch bei Nürnberg oder Leipzig oder Hannover spielen.

Aber ist das denn sinnvoll? Würden Leute so eine unverortbare Story lesen?
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Lorelei am 29. Juli 2019, 19:19:54
Mein Jugendbuch spielt in einer etwas veränderten Variante meiner Heimatstadt, die allerdings nicht genannt wird. Berlin wird als Ort genannt, der ein paar Autostunden entfernt ist. In einem Jugendbuch ist es sehr üblich, dort nicht ins Detail zu gehen. Jugendliche und Kinder haben in der Regel nur sehr vage Vorstellungen davon, wo welche Stadt liegt. Selbst wenn sie diese Dinge in der Schule lernen, bringen sie oft keinen Transfer zuwege, wenn der gleiche Ort in einem Buch genannt wird. Das ändert sich oft erst, wenn sie mal da waren - oder wenn der beschriebene Ort aus Film und TV bekannt ist. So traurig es ist: viele jüngere Leser können wahrscheinlich mit New York mehr anfangen, als mit Kaiserslautern oder Worms.

Bei Erwachsenen sieht die Sache anders aus. Wir haben breitere Geschichtskenntnisse und haben viel mehr Orte besucht, also assoziieren wir mit Ortsnamen etwas: München = Schickeria, Oktoberfest, Brezeln, etc.; Berlin = Multikulti, Kreuzberg, Linke, David Bowie, Drogen, arabische Mafia, etc.; Wir haben sogar eine ungefähre Ahnung, wie das Klima aussieht.

Urban Fantasy ist meiner Meinung nach da am effektivsten, wo es einen realen Schauplatz hat. Gerade der Mix von Vertrautem und Fremdem macht den Reiz aus. Das Reale, Historische kann wie ein Anker sein und die "Suspension of Disbelief" also die Bereitschaft, den eigenen Unglauben "abzuschalten" fördern, aber auch die umgekehrte Wirkung haben: wenn ich schlecht recherchiere, reißt es den Leser raus, wenn eine Beschreibung nicht "echt" ist. Er verliert das Vertrauen zum Autoren/zur Autorin. Nicht umsonst gondelt Film-James Bond jedesmal an sämtlichen Städtewahrzeichen vorbei, wenn er um die Welt reist. Wir sollen wenigstens für 2 Stunden glauben, dass er wirklich dort ist.

tldr; in der Urban Fantasy ist das halb-vertraute Setting, in dem die phantastischen Dinge passieren, besonders wichtig. Ich würde echte Orte verwenden, es sei denn ich schreibe nur für Jungvolk.

Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Lorelei am 29. Juli 2019, 19:22:36
Geeignete Settings für Urban Fantasy (persönliche Meinung):

Berlin
München
Das Ruhrgebiet
Hamburg

Ballungszentren halt, denn als Vampir oder sonstwie "anderes" Wesen will ich mich in der Masse verstecken.

Heutige Hexen würde ich eher im Harz, der Lüneburger Heide oder in Waldgebieten verorten.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Yamuri am 29. Juli 2019, 19:53:25
@Koboldkind: Je nachdem welche Themen man behandelt kann Urban Fantasy manchmal besser in alternativen Erdzeitlinien funktionieren oder in Parallelwelten, die eben an unsere Erde angelehnt sind. Nicht nur, weil wir dann manches einfach so festlegen können, wie wir es brauchen, sondern schlichtweg, weil eine gewisse Distanz dadurch erzeugt wird, die bei manchen Themen nicht schlecht ist. Ich habe auch ein Projekt das in Richtung Urban Fantasy geht und ursprünglich eine fiktive Stadt in Bayern war, aber ich werde wohl doch einfach eine eigene Welt machen, die lose an unsere Welt angelehnt ist. Grundsätzlich finde ich persönlich es eigentlich spannender wenn die Orte nicht verortbar sind, weil dadurch ein Geheimnis erschaffen wird und ich mag Geheimnisse, die man lüften kann :)
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Mindi am 29. Juli 2019, 20:31:38
Als wenn es sich Urban Fantasy nennt, dann erwarte ich eine bekannte Stadt (ggf. in einer alternativen Zeitlinie). Da ja Urban allein schon auf die Stadt verweist, würde ich z.b. keine ländliche Region nehmen und auch keine  fiktiven Ort, da stimme ich Lorelei zu. Wobei ich es fast schon interessant fände, wenn die Stadt mal keine Hauptstadt oder Metropole wäre, sondern mal etwas wie ... Lübeck oder so. Okay, vielleicht etwas größer

Aber wenn es quasi eine Lovestory mit Fantasyelementen in einer ländlichen Region, dann ist es ja vermutlich eh kein Urban Fantasy und da würde mir die Einordnung "Kölner Region", "Oberfranken" oder so auch reichen, ohne einen genauen Ort zu nennen.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Slenderella am 29. Juli 2019, 21:18:46
Ich hab Urban Fantasy in Köln, und einmal quasi auf Deutschlandreise (Berlin, Hamburg, Köln, München, usw - sogar mal kurz in Neuss - aber wenn der Herr Hohlbein da einen ganzen Roman hin versetzen kann, kann ich auch mal kurz nach Neuss gucken)

Aber auch mal in einem Kaff zwischen Köln und Aachen - da kenn ich mich aus, warum soll ich da keine Urban Fantasy hinsetzen? Muss ja nicht alles in London spielen.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: KaPunkt am 29. Juli 2019, 21:56:07
ja klar deutet "Urban Fantasy" ein urbanes Setting an. Aber gibt es denn überhaupt ein Genre für Jetztwelt mit Fantasy-Elementen, das nicht urban ist? Rural Fantasy ist mir noch nicht begegnet?
Deshalb nutze ich Urban Fantasy eben als Begriff für Fantasy, die phantastische Elemente mit der Gegenwart verbindet.
(American Gods ist für mich Urban Fatasy, und die treiben sich in den hinterletzten Käffern des Mittleren Westen rum.)
Wo kann Urban Fantasy in Deutschland spielen? Überall. Es kommt darauf an, was du für eine Atmosphäre willst und an welchem Ort zu diese Atmosphäre glaubhaft schildern kannst.
In Bernhard Hennens "Nebenan" findet der Showdown auf dem ... Drachenfelsen, heißt das Ding, glaube ich. Ist ein Ausflugsziel in einer mittleren Kleinstadt am Rhein. Urban ist anders. Funktioniert aber für diese Geschichte.
Also muss man erst entscheiden, welche Stimmung die Geschichte haben soll und sucht sich dann die Orte, an denen es spielen soll.

Liebe Grüße,
KaPunkt


Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Mindi am 29. Juli 2019, 22:11:17
Prinzipiell würde ich alles, was in unserer Jetztzeit spielt, und fantastische Elemente mit der realen Welt verbindet, als Contemporary Fantasy sehen. Spielt es in einer Stadt, ist es eben Urban Fantasy, was aber dennoch zeitgenössisch ist, nur eben in einer definierten Umgebung (Stadt).

Edit:
Ich stimme auch KaPunkt zu: Letztlich erzeugen die Orte ein Stimmung, die zur Geschichte passen muss. Wo es dann spielt, ist nebensächlich, sofern es passt. Ob man es am Ende Urban Fantasy nennt, ist noch mal ein anderer Punkt.

Ich würde nur ein gewisses Setting erwarten, wenn ich gezielt mit einem Genre gelockt werde.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Mondfräulein am 31. Juli 2019, 12:13:03
Ich mag es gerne, wenn Geschichten nicht in irgendeiner anonymen Stadt spielen, die überall in Deutschland sein könnte, aber besonders bei kleineren Städten muss es die Stadt nicht wirklich geben. Ich kann eine Geschichte in einer fiktiven Kleinstadt in einer echten Region ansiedeln und die Eigenheiten der Region einbringen. Leser, die die Region kennen, erkennen die Details wieder, andere lernen etwas über die Stadt. Die Stadt mag fiktiv sein, aber durch das Einbinden in eine reale Region wirkt sie realistisch und echt.

Wenn ein Roman in einer bekannten Stadt spielt, dann finde ich eine Mischung aus fiktiven und bekannten Orten völlig legitim. Wenn ein Roman in Frankfurt spielt und ich die Stadt wiedererkennen kann, weil mir bekannte Orte vorkommen und das Gefühl stimmt, dann ist es für mich gar kein Problem, dass eine fiktive Bar vorkommt, von der ich sofort weiß, dass sie erfunden sein. Die Orte die vorkommen müssen realistisch sein, aber nicht unbedingt real.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: AlpakaAlex am 31. Juli 2019, 12:39:22
Na ja, die englische Enzyklopädie der Phantastik definiert Urban Fantasy vornehmlich als "es spielt in der Jetztzeit und der Aspekt der Jetztzeit hat auch einen Einfluss auf die Handlung", während als Contemporary alles gezählt hat, das einen zeitgenössischen Einfluss hat. (Peter Pan wird ja auch als Contemp Fantasy gezählt.)

Sowohl die Sookie Stackhouse Bücher, die ja in einer amerikanischen Kleinstadt angesiedelt sind, als auch diverse Bücher in der US-amerikanischen Mesa gelten als Urban Fantasy und sind es für mich ehrlich gesagt auch mehr, als Bücher, die zwar eine Großstadt als Setting haben, aber absolut keine Verbindung zur "normalsterblichen" Welt haben.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Wallrabe am 16. August 2019, 23:04:29
Just nach dem, was KaPunkt oben geschrieben hat, sehe ich das ähnlich: Urbanes Fantasy setzt meinem Verständnis nach eine urbane Umgebung voraus, ungeachtet dessen, ob eine Definition des Terminus' das ein- oder ausgrenzt. Ich meine, wenn ich an "Urban exploring" denke, dann geht es dabei ja auch darum, sich verlassene Locations in Ortschaften/Städten anzuschauen z.B.

Entsprechend sehe ich es aber nicht als schwierig, was NICHT-urbanes zu finden. Man denke sich einen Hof in den Alpen etwa.


ZitatLetztlich erzeugen die Orte ein Stimmung, die zur Geschichte passen muss. Wo es dann spielt, ist nebensächlich, sofern es passt.

Würde ich dagegen nur bedingt unterschreiben bzw. ist ja eigentlich widersprüchlich.

Es kann ja durchaus umgekehrt sein. Natürlich besteht immer ein tun-ergehens-Zusammenhang, aber insbesondere dann, wenn man sich nicht 100% akkurat eines ganz bestimmten, realen Ortes bedient, dann steht es einem ja frei. Besagter Hof in den Alpen z.B. kann immerhin der Boden für allerlei verschiedene Stimmungen haben. Da kann im Sonnenschein der Bergdoktor Romanzen schmieden oder aber jemand findet Farbe aus dem All.

So oder so - fragt sich, wie Mindi geschrieben hat - welche Rolle das Schlagwort "Urban Fantasy" spielen soll, wie sehr man sich damit aufhalten will. Ich persönlich halte es nicht für ausschlaggebend, ob man besonders nahe an realen Namen und Orten dran ist. Sobald es im Jetzt spielt und sobald der Leser weiß, dass es z.B. in den Alpen spielt, hat man einen persönlichen Bezug zur Realität. Stellt euch einen Tatort vor,  bei dem ihr keine Ortsschilder seht und nicht wisst, welche Kommissare es grade sind. Wenn die irgendwo raus aus der jeweiligen Hauptstadt fahren, dann hinterfragt man nicht, ob das jetzt echt ist oder ob das verändert wurde für die Fiktion. Ein Grund auch, weshalb ich Conan so großartig finde - weil Howard alle Geschichten und alle Hintergrundinfos von Conan im semi-realen prähistorischen Altertum verankert und dadurch nicht rausreißt aus "unserer" Welt. Es ist eine Menge fantastisches mit drin, gleichzeitig aber vermitteln die vielen Anspielungen und Namen von realen prähistorischen und antiken Völkern, Göttern, Gegenden etc. eine Aura der Glaubwürdigkeit, die in einem Roman fehlen, der seine eigene Fantasy-Welt erschafft.

Ich persönlich denke, dass das eine persönliche Geschmackssache ist, wieviel Realismus man vermitteln will durch das einstreuen von realen Fakten. Da muss ich etwa just auch an die Narrenturm-Triologie von Andrzej Sapkowski (Autor der Hexer-Bücher) denken, der seine Geschichte im historischen Böhmen spielen lässt und eine MENGE historisch akkuraten Input in jeder Hinsicht einbaut und nur eine Prise Fantasy hinzustreut. Mir fühlte sich das Buch so historisch akkurat an, dass es genau so hätte passiert sein können. Und ich habe kaum eine Ahnung, ob das alles so gestimmt hat, was Sapkwoski im Buch geschrieben hat. Ich kenne mich nicht aus in polnischer Geschichte o.ä. Aber es hat den Anschein erweckt und ich hatte nie das Bedürfnis, etwas zu hinterfragen. Und das ist das ausschlaggebende, denke ich.

Das Nennen oder Nicht-Nennen von ein paar Ortsnamen allein macht die Geschichte nicht mehr oder weniger urban-fantasy-mäßiger, denke ich. Das einzige, was eine Rolle spielt, ist Glaubhaftigkeit.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: PrincessEstelle am 05. September 2019, 14:23:19
Ich habe gerade eine Urban Fantasy/Contemporal Fantasy (ich halt mich aus der Debatte mal raus) fertig geschrieben, die im Spessart, in Oberbayern, in der Eifel, im Harz und am Ende wieder im Spessart spielt. Abgesehen von einer kurzen Sequenz in Frankfurt spielt alles auf dem Land, weil es auch um Natur geht.

Es wimmelt in Deutschland nur so von lokalen Legenden und den Einheimischen sind die meist auch bekannt. Dazu kommt das Flair, das macht Spaß sowas einzufangen, allerdings ist es dann hilfreich, wenn man schon mal dortgewesen ist (das war einer der Gründe für die Auswahl der Orte, abgesehen davon, dass ich Deutschland möglichst großräumig abdecken wollte). Ich habe auch Dialekte mit eingebaut, hat echt Spaß gemacht.

Problem: Ich hatte den Roman bei einem Verlag eingereicht und er wurde (u.a.) mit der Begründung abgelehnt, dass er aufgrund der Regionen bei den Vertriebspartnern des Verlages (die in Berlin und irgendwo im Süden, ich glaub Heidelberg oder Freiburg/Br. lagen) keine Chance hätte (Es war ein Crowdfundingverlag, eigentlich nicht mein Ding, aber ich fand die Verlegerin auf der LBM so sympathisch. Und ich hab ja auch super nettes Feedback bekommen). Ich kann mir schon vorstellen, dass ein Buch in einem Laden in Freiburg besser geht, wenn es im Schwarzwald oder der schwäbischen Alb spielt oder zumindest in Baden-Würtemberg. Aber das sollte man bei Settings für Urban Fantasy auch mit beachten, dass Deutschland halt schon sehr heterogen ist und Bücher mit Regionalfokus halt dann auch regional wahrgenommen werden.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Mindi am 05. September 2019, 14:46:30
Da frage ich mich gerade ... Ich habe noch nie in der "Regionalabteilung" nach einem Fantasy/Urban Fanatsy Roman gesucht.
Gibt es das überhaupt: Urban Fanatasy in einer deutschen Region - in der Regionalabteilung im Laden? Habt ihr das schonmal gesehen?
Vielleicht jemand aus einer größeren Stadt bzw. bekannteren Region, die sich dafür anbieen würde?

Zumindest so wie ich unsere Läden bisher gesehen habe, würden die sowas - wenn überhaupt - nur zu den anderen Fantasy oder Jugenbuchabteilungen sortieren und da wäre der reginale Bezug eh hinfällig, außer sie kleben nen Sticker drauf "spielt hier um die Ecke".
Bei uns (Kassel) stehen im Regionalregal hauptsächlich Krimis, Historisches oder Sachbücher mit Bezug zu Kunst oder Architektur und das wars. Vielleicht noch irgendwelche Reiseberichte/-führer, so genau habe ich mir das noch nicht angeschaut.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: FeeamPC am 05. September 2019, 18:32:41
Ich habe eines mit Setting in München (und der Elfenwelt). War bislang bei bookshouse, die es mit einem schrecklichen Cover gründlich versiebt haben. Wir jetzt wohl zum BuCon bei Machandel neu rauskommen.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: canis lupus niger am 08. September 2019, 19:58:26
Zitat von: Koboldkind am 26. Juli 2019, 17:44:26
Thema: Urban Fantasy ohne real existierenden Ort?
Aber ist das denn sinnvoll? Würden Leute so eine unverortbare Story lesen?

Verorte doch in eine mit einem ausgedachten Namen verfremdete Stadt mit ebenso verfremdeten Dörfern. Nur um ein Beispiel aus meiner Region zu nennen:

Aus Hannover mit Lehrte und Aligse wird ... dummdiumm ... Drolsten mit den Dörfern Groß-Weisselsheim und Nieder-Weisselsheim. Alles andere lässt Du so, wie "die Natur es erschaffen hat". Ob in Drolsten nun mehrmals im Jahr eine große Messe stattfindet, musst Du Dir überlegen. Das wäre dann wieder etwas, an dem man Hannover vielleicht erkennt. Statt dessen könntest Du als Wirtschaftsfaktor ein großes Autowerk (klau das einfach aus Wolfsburg) oder eine andere Fabrik erfinden.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Koboldkind am 12. September 2019, 21:14:54
Hm, auf sowas würde es wohl hinauslaufen, danke für dein Beispiel :) Sie große Stadt in der Nachbarschaft hat im Oktober auch eine Buchmesse, die ich aktuell einbauen könnte. Dann brauch ich nur noch hübsche Namen. Ich geh mal suchen ...
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: canis lupus niger am 14. September 2019, 13:25:27
Zitat von: Mindi am 05. September 2019, 14:46:30
Da frage ich mich gerade ... Ich habe noch nie in der "Regionalabteilung" nach einem Fantasy/Urban Fanatsy Roman gesucht.
Gibt es das überhaupt: Urban Fanatasy in einer deutschen Region - in der Regionalabteilung im Laden? Habt ihr das schonmal gesehen?

Tommy Krappweis: Mara und der Feuerbringer
Markus Heitz: Ritus, Sanktum

Mehr fallen mir im Moment nicht ein. Die findet man aber eher nicht in der "Regionalabteilung", sondern in der Genreabteilung.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Sascha am 14. September 2019, 16:22:10
Zitat von: Mindi am 05. September 2019, 14:46:30
Da frage ich mich gerade ... Ich habe noch nie in der "Regionalabteilung" nach einem Fantasy/Urban Fanatsy Roman gesucht.
Gibt es das überhaupt: Urban Fanatasy in einer deutschen Region - in der Regionalabteilung im Laden? Habt ihr das schonmal gesehen?
Meinen Kurt haben sie tatsächlich mal in zu den Regionalkrimis gelegt. War aber schon ein Glück, daß sie überhaupt ein paar davon auf Kommission genommen haben ...
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Lisa Bell am 01. Oktober 2019, 16:06:59
Ich habe erst einmal eine real existierende Stadt genommen, um eine Geschichte zu erzählen. Hatte zwar 0,0 gar keine Elemente aus der Phantastik, aber ich habe zum realen Tram-Netz fleißig Dinge erfunden und mich dabei gar nicht geniert. Von den Bars, Krankenhäusern usw. gibt es kein einziges in echt. Um eine authentische Umgebung zu generieren, ist es oft hilfreich, eine Stadt zu nehmen, die man wirklich gut kennt. Notfalls kann man seine persönlichen Erfahrungen dann in die Stadt der Wahl versetzen und mit ausgewählten, stadttypischen Elementen paaren, die sich recherchieren lassen.

Beispielsweise würde in Göttingen fast niemand abends mit dem Bus nach Hause fahren. Bikes rule! Das Kneipenvorbild ist möglicherweise eines aus Nürnberg, wo keine 20m weiter die U-Bahn hält. Die Göttinger U-Bahn muss noch gebaut werden, aber vielleicht liegt die ominöse Cocktailbar trotzdem an der Unteren Karspüle gegenüber vom botanischen Garten, die in real eher in Nürnberg direkt neben der Burg zu finden ist. Details, die einen Schauplatz lebendig machen, kennt man am besten an Orten, an denen man selbst gewohnt hat. Soll nicht schon Hans Christian Andersen den einen Straßenzug in Kopenhagen in seinen Werken zweckentfremdet haben? Oder das war eine Urban-Legend aus der Stadtführung, wer weiß... Also nur Mut!
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Lorelei am 31. Oktober 2019, 16:33:58
Zitat von: Mindi am 05. September 2019, 14:46:30
Da frage ich mich gerade ... Ich habe noch nie in der "Regionalabteilung" nach einem Fantasy/Urban Fanatsy Roman gesucht.
Gibt es das überhaupt: Urban Fanatasy in einer deutschen Region - in der Regionalabteilung im Laden? Habt ihr das schonmal gesehen?
Vielleicht jemand aus einer größeren Stadt bzw. bekannteren Region, die sich dafür anbieen würde?

Ich bin in einer phantastischen Anthologie mit dem Titel "Okernebel", die in und um Braunschweig spielt. Wir haben die Anthologie in unserer Schreibgruppe gemeinsam veröffentlicht.
Das Buch steht im Braunschweig-Regal des führenden Buchladens der Stadt. Ab und an bestellt die Buchhandlung ein paar Exemplare nach.
In dem Regional-Regal der örtlichen Thalia hab ich schon mal ein paar Harz-Hexen-Romane gesehen - letztere übrigens auch in einem Wellness-Hotel im Harz. (Interessante Vertriebsmöglichkeit - das Hotel hatte einen richtig großen Aufsteller).

Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: canis lupus niger am 09. Dezember 2019, 23:20:52
Eine (namenlose, umbenannte oder fiktive) Kleinstadt in Deutschland kann ein ebenso in sich geschlossenes Setting sein, wie das Städtchen Forks im US-Bundesstaat Washington, überwiegender Schauplatz der Twilight-Reiheoder eine der Kleinstädte in Maine, die Stephen King gerne als Schauplätze wählte (vermutlich, weil Maine als seine heimatliche Region besonders gut kannte). Es kommt halt darauf an, den Ort lebendig und interessant zu (be-)schreiben, ihn vor den Augen des Lesers lebendig werden zu lassen. Dann kann man als Schauplatz eine Megapolis wie Tokio oder New York, Shanghai, Kapstadt oder Berlin wählen, oder ebenso gut kleine Orte wie Forks, Cambridge, Heidelberg, Walkabout Creek in Australien oder Ogunquit in Maine.

Dass ein Schauplatz nur deswegen für eine Vermarktung lohnender ist, weil sein Name exotischer klingt, mag sein, aber interessant für den Leser kann eben auch Heidelberg sein. Das hat der Autor in seiner Hand. :)
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Marta am 12. Dezember 2019, 11:34:16
Ich bin dafür, dass "Regionalfantasy" der nächste große Buchtrend wird. Will ich lesen! ;D

Als Leserin schätze ich es ja sehr, wenn jemand eine Stadt so richtig lebendig werden lässt und auf die Eigenheiten eingeht. So, dass ich mich beim Lesen mittendrin fühle, obwohl ich nie da war. Mir fällt da gerade "Rivers of London" als Beispiel ein.

Meine eigene Urban Fantasy-Serie spielt in Berlin und das war ein Kompromiss. Ich habe zwar neun Jahre in Berlin gewohnt, aber die schwäbische Kleinstadt, in der ich jetzt bin, könnte ich viel besser zum Leben erwecken. Nur will anscheinend keiner schwäbische Fantasy? Stimmt das wirklich? Keine Ahnung. Ich ärgere mich ein wenig, dass ich es nicht einfach ausprobiert habe. Aber ich bin mitten in Band 3, da kann und will ich nicht mehr zurück. Um wirkliche Erfolgschancen auf dem Markt zu haben, müsste die Serie vermutlich in New York oder London spielen, aber darauf habe ich so gar keine Lust. War halt noch nie da. Berlin kenne ich wenigstens grob, auch wenn sich da nach fast zehn Jahren viel verändert hat.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Mondfräulein am 12. Dezember 2019, 15:40:41
Zitat von: Marta am 12. Dezember 2019, 11:34:16
Als Leserin schätze ich es ja sehr, wenn jemand eine Stadt so richtig lebendig werden lässt und auf die Eigenheiten eingeht. So, dass ich mich beim Lesen mittendrin fühle, obwohl ich nie da war. Mir fällt da gerade "Rivers of London" als Beispiel ein.

An die Reihe musste ich tatsächlich letztens in Bezug auf dieses Thema auch denken. Es gibt eine Kurznovelle, die in Deutschland spielt und mir haben all die Details wahnsinnig gut gefallen. Als deutsche Leserin eines Romans eines britischen Autors, das in Deutschland spielt, habe ich natürlich mehr darauf geachtet, aber ich fand viele Details so treffend, dass ich beim Lesen wirklich Freude daran hatte. Zudem mochte ich sehr, dass das Buch nicht in Berlin oder Hamburg spielt, sondern in der Nähe von Trier. Seitdem habe ich das Gefühl, dass ich echt viel Freude an einem Buch hätte, das in Deutschland spielt und viele regionale Details lebendig einfängt und habe Lust bekommen, so etwas zu schreiben. Vielleicht gibt es da im Krimibereich schon mehr Auswahl, aber so etwas eignet sich durchaus auch für Fantasy-Romane.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Volker am 12. Dezember 2019, 16:28:58
Wenn die Stadt "unterschiedlich" genug ist und entsprechend Geschichte hat, dann hat man gleich Ansatzpunkte.

Hameln dürfte fast zu offensichtlich sein.

Berlin ist halt riesig, und hat entsprechend unheimlich viele unterschiedliche und auch alte Ecken, in denen Altes oder Magie schlummern können. Ist aber auch ein wenig abgelutscht.

Meine Heimnatstadt Paderborn wurde im Krieg völlig unnötig fast vollständig dem Erdboden gleich gemacht - aber das Paderquellgebiet unterhalb des Doms blieb wie durch ein Wunder(*) verschont. Auch Versuchen, dort, mitten im Stadtzentrum zu bauen, wehrt sich die Ecke schon immer mit spontan entstehenden Quellen (und das sind dann nicht Rinnsälchen, sondern die machen mit 1-2stelligen Litern pro Sekunde dann auch richtig Stress). Von Quellnymphen spricht im erzkatholischen Paderborn natürlich niemand - aber die Ecke ist schon seltsam. Und die ganze Pader längs hat man eine breite Aue nicht bebaut. Weil... äh... Naherholungsgebiet. Die an jener Aue gebaute Paderhalle (Konzert- und Tagungshalle) musste in ihrem Foyer einer Quelle den ihr zustehenden Platz einräumen - diese fließt nun als Springbrunnen eingefasst mit mehreren m³ pro Minute durch den künstlichen Bach mitten durch's Foyer.

(*) liegt halt in einer Kuhle, umringt von der innerstädtischen Hochebene mit Dom und anderem Gebäude - da sind die Bomben entweder oben eingeschlagen oder dann schlicht 'drüber weg geflogen. Aber diese Erklärung ist bei Weitem nicht so romantisch.

Darmstadt ist eigentlich eher uninteressant - aber da ist dann das Schloss mitten in der seelenlosen Verwaltungs-Systemstadt. Und die Landesbibliothek, die alten kurfürstlichen Universitätsgebäude, die Gruft im Prinzengarten - alle durch unterirdische Tunnel verbunden. Da schleicht bestimmt nichts. Bestimmt - und dass der Frankenstein nicht mal eine Tagesreise weit weg liegt, ist auch bestimmt nur Zufall...

Und so weiter. Man muss nur nach Rissen in der modernen Realität suchen - da lässt sich in jeder "richtigen" Stadt etwas finden.


Zu Bielefeld, Gütersloh oder Hannover will mir gerade nichts magisches einfallen (die kenne ich aber auch nicht gut genug).

Dagegen ist Heidelberg fast wieder "zu" altertümlich (bzw. touristisch), um "urban" zu gelten.

Für Urban Fantasy braucht es beides, magischge Ecken und Urbanität. Und da sollte sich gerade in Deutschland eigentlich genug finden lassen.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Anj am 12. Dezember 2019, 19:20:31
Also mein erstes Projekt spielt in einer fiktiven Kleinstadt in Bayern. Angelehnt an Eichstätt, wo ich während des Studiums gelebt habe. Ich habe versucht ein wenig bayrisches Flair reinzubringen, aber es hält sich in Grenzen, weil der Ort an sich eben fiktiv ist. Und da keine regionalen Geschichten eingeflochten werden, ist der Ort eigentlich auch völlig austauschbar. Nur halt gewisse (Grund-)Nahrungsmittel nicht^^
Das andere Projekt spielt z.T. in Ingolstadt, wo ich ebenfalls mal gelebt habe. Mich persönlich nervt es inzwischen auch eher, wenn deutsche Autoren ihre Geschichte in Amerika spielen lassen. Dafür mochte ich Saschas Kurt in München sehr. Und Valkyrie Tinas Frida in Stockholm.

Ich habe auch den Eindruck, dass es inzwischen häufiger mal heimische Settings gibt. Und das meist von Autoren, die auch schreiben können. Während ich bei amerikanischen Settings von deutschen Autoren häufig eher auf Anfängerniveau treffe. Vielleicht eine ungünstige Trefferquote, aber es wird zunehmend ein Kriterium für mich, wenn ich Kleinverlags- und SP-Bücher anschaue.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Rewa Kasor am 12. Dezember 2019, 21:23:13
Als ich vor zwanzig Jahren nach Hamburg gezogen bin habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, die Stadt wirklich gut kennen zu lernen. Also bin ich mit Bahn und Rad kreuz und quer durch die Stadt und habe jeden Stadtteil besucht. Notizbuch und Stift immer dabei, später auch Diktiergerät und noch später Fotohandy. Wenn ich mal ganz viel Zeit habe, schreibe ich einen ganzen Band Kurzgeschichten "Hamburg spukt"  ;) Material habe ich genug.
Jede Wette, dass das in jeder beliebigen Stadt klappt. Jede Stadt hat ihre Geschichte - und ganz viele Geschichten. Man muss sie nur finden.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Zit am 17. Dezember 2019, 21:36:02
Mir ist mein eigener Wohnort tatsächlich zu alltäglich als dass ich mir wirklich fantastische Geschichten vorstellen könnte. Habs versucht, aber der Funke will nicht überspringen. Dieses "Sense of Wonder" fehlt einfach völlig. Außerdem mach ich mir dann immer so einen Druck, alles super zu recherchieren und möglichst nah an der Realität zu halten. Da ist es schon einfacher, einen fiktiven Ort zu erfinden, der all die Räumlichkeiten und das Flair hat, das ich suche/ für die Geschichte brauche.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Sparks am 25. September 2020, 00:16:30

Zitat von: Rewa am 12. Dezember 2019, 21:23:13
Jede Wette, dass das in jeder beliebigen Stadt klappt. Jede Stadt hat ihre Geschichte - und ganz viele Geschichten. Man muss sie nur finden.

Das sehe ich auch so. In jeder Stadt, ob klein oder groß, in der ich bisher gewohnt habe, liesse sich so etwas finden.

In einer alten Fabrikhalle in einer Kleinstadt, in der ich oft spät noch gearbeitet habe, bin ich einigen merkwürdigen pysikalischen
Phenomenen hinterhergelaufen, bis sie für mich klar waren. Nun ist der Schritt nicht so groß, einerseits über deren Aufdeckung und Eigenschaften zu schreiben, andererseits aber daraus Spukgeschichten zu bauen.

Meine Heimatstadt Duisburg hat eine wahnsinns lange Geschichte mit vielen Wendungen und Veränderungen. Von einer Kaiserpfalz und mittelalterliche Fehden über im Rhein versunkenen Dörfern und Schlössern bis zu Granatwerferduellen zwischen Gangs in den 20er Jahren. Die Industriegeschichte kommt dann noch mal extra dazu. Auch aktuell ist es dort sehr spannend.

Zitat von: Zitkalasa am 17. Dezember 2019, 21:36:02
Mir ist mein eigener Wohnort tatsächlich zu alltäglich als dass ich mir wirklich fantastische Geschichten vorstellen könnte. Habs versucht, aber der Funke will nicht überspringen. Dieses "Sense of Wonder" fehlt einfach völlig.

3. Clarkesche Gesetz: ,,Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden." Zur weiteren Stimulierung könntest Du das ja einmal herumdrehen.

Zitat von: Zitkalasa am 17. Dezember 2019, 21:36:02
Außerdem mach ich mir dann immer so einen Druck, alles super zu recherchieren und möglichst nah an der Realität zu halten. Da ist es schon einfacher, einen fiktiven Ort zu erfinden, der all die Räumlichkeiten und das Flair hat, das ich suche/ für die Geschichte brauche.

Ich vermute, der perfektionistische Druck ist das Hauptproblem dabei. Du wirst aber auf wenig Leute mit genug Detailwissen stossen, die merken können, wo etwas tatsächlich nicht passt. Mich irritierten damals in den 80ern in den Schimanski Tatorten immer die Szenen, wo sie durch eine Stasse fuhren, abbogen, und in einer anderen Strasse waren, und ich hatte genug Ortskenntniss um zu wissen, dass die Strassen in verschiedenen Stadtteilen lagen, und sich auch sonst nirgendwo kreuzten, so dass das nicht passen konnte. Aber ich war auch ein Einzelfall, und einem Kölner oder Hamburger fällt das garantiert nicht auf. Übrigens: Ich fand die Duisburg-Tatorte trozdem gut.
Also: Locker bleiben. Ich weiss, ist leichter gesagt als getan.


Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Roca Teithmore am 27. September 2020, 13:49:27
Also eine der besten Fantasy Genres die ich mir Setting unsere Welt unter gekommen ist, ist Shadow Run. Es mixt zwar noch Cyberpunk mit rein aber ich bin immer wieder baff wieviele Sachen die Jungs damals vorhergesehen haben, was auch tatsächlich passiert ist.
Ich denke um so etwas glaubhaft zu machen muss man immer sehen wie groß der Scale der Geschichte ist. Sprich der oder die Orte, an denen eine Geschichte sich abspielt. Häufig haben Fantasy Settings einen sehr weiten Scale also Reise von A nach B eine Art Mc Guffin finden oder die typische Quest des Helden. Persönlich habe ich in letzter Zeit für mich immer mehr Settings entdeckt, die sich eher im kleinen Rahmen abspielen. Da hat man als Autor nämlich viel mehr Möglichkeiten ins Detail zu gehen mit verschiedenen Aspekten der Kultur und des Worldbuildings. Wenn man die Echte Welt mit einbezieht muss man immer darüber nachdenken, wie sich Magie oder was auch immer für ein Fantasy Element sich auf unsere Kultur ausgewirkt haben könnte (zumindest finde ich das es so sein sollte) Welchepolitischen Themen gibt es, was hat es für einen Einfluss auf die Wirtschaft und das Rechtsystem usw. usw. Je nach dem was man schreiben möchte.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: FeeamPC am 27. September 2020, 18:23:44
Bislang habe ich eine Urban Fantasy geschrieben, die in Münschen spielt, und eine, die in Berlin spielt. Beide fanden wenig Absatz (trotz guter Kritiken), Nicht einmal die Münschner Fantasy-lastigen Buchhandlungen, die ich direkt angeschrieben habe zu diesem Titel, bekundeten Interesse für Leseproben oder Werbematerial. Bei vielen Buchhandlungen ist halt nach wie vor die Vorgabe, dass entweder der Autor oder der Verlag bekannt sein muss, bevor man den Titel näheren Interesses für wert hält. Aber Spaß gemacht haben beide Bücher, insofern bin ich mit dem Ergebnis zufrieden.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Angela am 27. September 2020, 19:04:34
ZitatIch vermute, der perfektionistische Druck ist das Hauptproblem dabei. Du wirst aber auf wenig Leute mit genug Detailwissen stossen, die merken können, wo etwas tatsächlich nicht passt. Mich irritierten damals in den 80ern in den Schimanski Tatorten immer die Szenen, wo sie durch eine Stasse fuhren, abbogen, und in einer anderen Strasse waren, und ich hatte genug Ortskenntniss um zu wissen, dass die Strassen in verschiedenen Stadtteilen lagen, und sich auch sonst nirgendwo kreuzten, so dass das nicht passen konnte.

Das ist wahnsinnig schwer, wenn man nicht ewig dort gewohnt hat. Deshalb würde ich unbedingt dazu schreiben, dass die Stadt verändert wurde und nicht exakt XYZ ist. Meine Freundin hat sich gerade einen neuen Juist Roman besorgt. Die Autorin hat sicher superpenibel recherchiert, aber für uns alte Juister stehen da Dinge, die eben anders sind, bzw heißen, das sind so Kleinigkeiten, da kommt man als Außenstehender nicht drauf.

Eine Story in den USA spielen zu lassen, ist noch eine  andere Sache. Da funktionieren Dinge nach anderen Regeln als bei uns. Für ein deutsches Publikum ist das sicher egal, die merken es vermutlich nicht mal, wenn da Sachen passieren, die dort eher nicht möglich/üblich sind, ob das in Ordnung für einen selbst ist, muss jeder für sich wissen.
Ich kann mir mittlerweile Urban Fantasy in D/Europa sogar sehr gut vorstellen, die USA hat viel von dem Reiz der Freiheit/der Möglichkeiten/des großen Unbekannten verloren, nun suchen wir uns andere Orte, in einer ungewissen Zeit auch durchaus vertrautere Orte, die uns interessieren.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Adiga am 27. September 2020, 20:17:17
In der Kelinstadt in der ich lebe, gabs vor etlichen Jahren Cafes und Gasthäuser wo dann später was anderes drin war und auch umgekehrt. Also auf längere Zeit hat nichts Bestand Dinge ändern sich, und Jahrzehnte später wissen nur noch die älteren Leute davon wo mal irgendwas davor war, oder was es früher gab und nun überhaupt nicht mehr gibt.

Früher hatte ich auch Skrupel etwas an einen Ort anzusiedeln, was es dort nie geben würde. Aber in armerikanischen Filmen und Geschichten aus dem englsichen Sprachraum geschieht das schon immer. Alles ist Fiktion; außer die Geschichte spielt im Weißen Haus oder in der 10 Downing Street, dann stimmen aber meist die Namen nicht außer es soll explizit dokumentarisch sein.

Ich fände es berüßens Wert, wenn sich europäische Autoren für europäische Ort coole Geschichten einfallen ließen. Man muss eben bereit sein mit dem altmodischen Colorit des Heimischen zu spielen. Brüche und Verzerrungen einbauen die ja in Ansetzen sowieso gibt, wenn man Dinge überzeichnet könnte das fast normale durchaus für Urbanfantasy reichen. Wenn es um Verschrobenheit und Widersinniges geht, stehen die Regionen in Festland-Europa anderen Regionen um nichts nach.

Es ist nur die Mentalität im deutschsprachigen Raum die den kreativen Umgang damit im wege steht und dass es sonst nur die anderen machen. Handlungen im englischen Sprachraum anzusiedeln, ist bestefall ein Zeichen von Ideenlosigkeit und die Angst davor, was andere über unsere Fantasy-Kunst denken mögen.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Nikki am 27. September 2020, 21:05:55
Ich finde es witzig, wie Urban und Fantasy scheinbar im Widerspruch zueinander stehen. Da laufen Werwölfe, Vampire, weiß der Teufel, was noch alles durch die Stadt, aber wehe, das Café an der Ecke ist geographisch nicht perfekt verortet. ;D

Ich schreibe österreichische Urban Fantasy, fühle mich aber dennoch von der Fragestellung angesprochen. Es war ein jahrzehntelanger Prozess, damit ich mich dazu durchringen konnte, mich zu Wien als Schauplatz zu bekennen. Wieso? Diese ärgerlichen Minderwertigkeitskomplexe im Hinblick auf die hochgelobten Klassiker haben mich ordentlich verunsichert. Einerseits gibt es den fernen Osten, andererseits den chicken Westen (USA) und dazwischen noch ein paar Weltstädte wie London, Rom oder Paris als Handlungsort. Dann kommt Deutschland und erst dann kommt irgendwann Österreich, aber in erster Linie Alpen und Wiesenlandschaft oder aber der sudernde Wiener, der seine Stadt eher als Geburtsort des Wiener Grants/Schmähs sieht als moderner Handlungsort einer Fantasygeschichte. Mit nichts davon habe ich mich je identifiziert, bis ich schließlich für mich entscheiden habe: Ich schreibe mein Wien, wie ich es empfinde und erlebe. Dazu gehört auch, wenn meine Figuren mal eben Unterschlupf vor dem rauen Wetter suchen, dass ich mal hier und da ein Gebäude einfüge, dass es so nicht gibt, aber zum restlichen Wien passt.

Fun Fact: Details, die wahr sind, wie die sonntäglichen Öffungszeiten der Nationalbibliothek oder ein Umspannwerk mitten in der Stadt, werden mir eher beanstandet als ein Café, das es auf keinem Stadtplan gibt.  ;D

Wieso deutschsprachige Settings vermeintlich weniger attraktiv sind als "fremde" wie in den USA oder in Asien? Weil man sich an einer vermeintlichen Norm orientiert und diese als höchstes Gebot achtet und (oft genug unreflektiert) reproduziert und damit verfestigt. Letztes Jahr auf der Buch Wien wurde doch ernsthaft behauptet, eine deutsche/österreichische Stadt wäre nicht sexy genug, da muss [man füge eine beliebige Stadt mit englischen Namen ein] als Schauplatz her. Wisst ihr, was Geschichten sexy, spannend und phantastisch macht? Die Geschichte selbst. Wenn ich eine Geschichte schreibe, die Leser*innen verzaubert, dann ist es fast egal, wo diese spielt. Eine Norm ist auch nur menschengemacht. Wenn sich mehr Menschen daran orientieren würden, was sich für sie faszinierend gestaltet, dann hätten wir auch ein breiter gefächtertes Spektrum von dem, was faszinierend ist, anstatt immer nur zwischen LA und New York wählen zu müssen.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Pintana am 29. September 2020, 16:26:05
Verstehe ich auch nicht, warum alle Urban Fantasy Geschichten immer in England oder den USA spielen müssen. Da bin ich auch ganz klar für "regional Fantasy". Meine Stories, die nicht in fiktiven Welten spielen verorte ich immer ganz um die Ecke. Auch, wenn ich den Namen der Städte meistens auslasse. Bietet sich auch an, bei uns in der Gegend soll Schneewittchen ursprünglich unterwegs gewesen sein. Die Brüder Grimm waren wohl auch aktiv und eine ausgeprägte Vergangenheit in der Hexenverfolgungskultur hat die nächste Kleinstadt anzubieten. Ein paar alte keltische Überbleibsel gibt's auch. Für ein gutes Fantasy Setting ist also praktisch alles da  ;D
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Volker am 30. September 2020, 10:00:31
Ich denke, das Setting sollte schon von sich aus interessant genug sein, und dann insbesondere einen direkten Bezug zum Ort des Geschehens haben.
Wenn es also um alte Kultstätten geht, die doch gar nicht so unbenutzt sind wie es scheint, dann bieten sich natürlich so Orte wie die Externsteine an. Ähnlich auch eher ländlich: Worpswede und das Teufelsmoor. Orte mit Höhlen. Oder vielleicht ist an der Kyffhäusersage och mehr 'dran. Das Erzgebirge und seine Berggeister und Winselmütter. Material gibt's genug. Bekannteres wie unbekannteres. Gut, bis hierhin eher weniger "urban", sondern eher "modern"  (~ Fantasy).

Oder man konzentriert sich bei "Urban Fantasy" auf "urban". Berlin, München, Hamburg. Ruhrpott. Metropol(region)en.
Oder Städte, von denen "man" weiß, für welche Moderne sie stehen. Frankfurts Bankenviertel (Zentrum & Niederrad), doer Hannovers Messegelände, die nachts menschenleer sind.
Wo kulturell Fantasy und Moderne, unheimliches oder heimeliges/(Über)Natürliches und kalte Industriatlität aufeinanderprallen. Da braucht es den Kontrast.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Azora am 30. September 2020, 18:11:56
Ich würde das total gerne mal lesen, und auch schreiben! Mir geht es genau so wie euch, ich bin total genervt von GB und Amerika als Schauplätzen. Deswegen lese ich gerade auch total gerne Africanfuturism, z.B. von Nnedi Okorafor - einfach mal was anderes!

Ich habe für den "Schwäbischen Literaturpreis" eine KG eingereicht, die in einer dystopischen Zukunft in meiner schwäbisch dörflichen Heimat spielt. Findet das Kommittee bestimmt total irre und bescheuert, aber ich hatte so Lust, das zu schreiben! Und ich würde irre gerne mal ein Buch daraus machen, aus dem Setting... naja, meine Wunsch-Schreib-Liste ist schon lang.

Aber über Empfehlungen aus dem Genre würde ich mich auch SEHR freuen :)
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Sparks am 30. September 2020, 20:15:31
Zitat von: Volker am 30. September 2020, 10:00:31
Ich denke, das Setting sollte schon von sich aus interessant genug sein, und dann insbesondere einen direkten Bezug zum Ort des Geschehens haben.
Wenn es also um alte Kultstätten geht, die doch gar nicht so unbenutzt sind wie es scheint, dann bieten sich natürlich so Orte wie die Externsteine an.

Ähm.....das ist schon einmal ein Punkt, wo ich mir wesentlich mehr Flexibilität denken könnte. Zum einen, weil ich irgendwo im Hinterkopf habe, dass es keinerlei Hinweise gibt, dass die Externsteine irgendeinen alten kultischen Hintergrund haben ausser halt als Einsiedler/Mönchsklause ab dem Mittelalter.


Zitat von: Volker am 30. September 2020, 10:00:31
Ähnlich auch eher ländlich: Worpswede und das Teufelsmoor. Orte mit Höhlen. Oder vielleicht ist an der Kyffhäusersage och mehr 'dran. Das Erzgebirge und seine Berggeister und Winselmütter. Material gibt's genug. Bekannteres wie unbekannteres. Gut, bis hierhin eher weniger "urban", sondern eher "modern"  (~ Fantasy).

Unsere Vorfahren seit der Jungsteinzeit waren im wesentlichen Bauern, und diese verehrten eigentlich dass, was ihnen Nahrung gibt....also die Henges als Kalender zum Bestimmen der Saatzeitpunkte, oder oder später die heiligen Heine der Germanen passt gut dazu.
Und warum solten Henges oder Opferstätten nicht fiktional jüngst in der Gegend, in der der Roman spielt, von Archaeologen gefunden worden sein?

Solche mytisch überhöten Orte wie Böcklins Toteninsel waren auch zu Böcklins Zeit komplette Fiktion.

Du musst also nicht also zwangsweise alte Klippen, Höhlen oder Ruinen in der Nähe haben.
Wenn es jünger sein sollte: Römische Orte sind wohl für aktuelle Gebäude noch in gebrauch. Siehe Haus Bürgel z.B. Die Aussenmauern des rezenten Gutshofes decken sich fast mit denen des ehemaligen römischen Kleinkastells.


Zitat von: Volker am 30. September 2020, 10:00:31
Oder man konzentriert sich bei "Urban Fantasy" auf "urban". Berlin, München, Hamburg. Ruhrpott. Metropol(region)en.
Oder Städte, von denen "man" weiß, für welche Moderne sie stehen. Frankfurts Bankenviertel (Zentrum & Niederrad), doer Hannovers Messegelände, die nachts menschenleer sind.
Wo kulturell Fantasy und Moderne, unheimliches oder heimeliges/(Über)Natürliches und kalte Industriatlität aufeinanderprallen. Da braucht es den Kontrast.

Ich habe in den 1980ern bei Thyssen in Hamborn an der Schienen- und Trägerstrasse gearbeitet. Das waren teils uralte Gebäude vom Anfang des 20 Jhd. Teile der ursprünglichen Installation existierten noch. Wie bei Käptn Nemo auf dem Schiff. ;O) Das ist später modernisiert, im Krieg teilweise zerstört, wieder aufgebaurt und modernisiert worden.

Alte mechanische Umformer riesigen Ausmaßes (Ilgnersätze) die eine Viertelstunde vom Stillstand bis Nenndrehzahl brauchen, und noch eine gute Stunde nachliefen, wenn sie abgeschaltet wurden. Mit zwei großen Schwungrädern und mehreren über Lederflachriemen angetriebene Schmierpumpen. Im Keller Wasserwiderstände mit Sodalösung gefüllt, um die Asynchronmotore in der
Drehzahl zu regulieren. In Nebenräumen Verstärkermachinen und Schaltanlagen in Etagenbauweise und Steigbügelschalter. Dazu ein riesiger Marmorblock mit Stromschienen auf beiden Seiten, wo federnde Bronzebolzen von gut 10cm Durchmesser mit einem Hammer ein- oder Ausgeschlagen werden konnten, um über diesen Kreuzschienenverteiler die Gleichstromerzeuger mit den verschiedenen Walzenantrieben zu verkuppeln.

Aus einer Modernisierung aus den 50er 60er eine Gleichstromerzeugung mit großen Quecksilberdampfgleichrichtern. Große flachrotationselipsoidförmige Gebilde, wo oben große Isolatoren herausragten. Sah zusammen mit den adaequaten Schaltschränken aus wie ein Hangar mit sechs geparkten Ufos im Raumpatruille Orion Stil  Als neuestes eine Tyristorgleichrichtung im schlichten 70er Jahre Stil in orangerot.

Alles total eingestaubt und so funzelig beleuchtet, das man in der 380V und 500V Verteilung von einem Ende der Anlage nicht das andere sehen konnte.

Das was man in Museen zu sehen bekommt, ist nur ein schwacher Abglanz von solchen in Betrieb befindlichen Anlagen. Überall rauschen Lüfter, klackern Schütze, brummen Mototen und trafos und bei Laststößen, wenn die Walze den Block erfasst und die Stromanzeige des Ilgners bei 16kA an den Anschlag geht, erzittert das ganze Gebäude.

Nicht ganz so lange her, gerade mal ein dutzend Jahre, eine Galvanik Anlage am Niederrhein unweit der holländischen Grenze: An einigen Stellen sahen einige der Fertigungsstrassen aus wie eine Map in Doom.

Das sind doch eigentlich tolle Orte für Fantasy.

Zitat von: Azora am 30. September 2020, 18:11:56
Ich würde das total gerne mal lesen, und auch schreiben! Mir geht es genau so wie euch, ich bin total genervt von GB und Amerika als Schauplätzen. Deswegen lese ich gerade auch total gerne Africanfuturism, z.B. von Nnedi Okorafor - einfach mal was anderes!

Das hört sich an wie ein guter Tipp.

Zitat von: Azora am 30. September 2020, 18:11:56
Ich habe für den "Schwäbischen Literaturpreis" eine KG eingereicht, die in einer dystopischen Zukunft in meiner schwäbisch dörflichen Heimat spielt. Findet das Kommittee bestimmt total irre und bescheuert, aber ich hatte so Lust, das zu schreiben! Und ich würde irre gerne mal ein Buch daraus machen, aus dem Setting... naja, meine Wunsch-Schreib-Liste ist schon lang.

Aber über Empfehlungen aus dem Genre würde ich mich auch SEHR freuen :)

Einen Fantasytipp habe ich nicht, aber im Krimigenre ist das eigentlich verbreitet. Ich denke dabei jetzt mal an die Eifelkrimis oder die Niederrheinkrimis.
Tatsächlich habe ich mal einen Niederrheinhorrorroman gelesen. Der war aber eher zum Abgewöhnen. An den Titel kann ich mich nicht mehr erinnern, aber es könnte sein, dass das Wort "Düffel" darin vorkam.

Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Volker am 01. Oktober 2020, 00:59:18
[ROSENTINTE]
Rassistisches Vokabular entfernt (16.2.21)
[/ROSENTINTE]

Danke für die Erklärungen und Beschreibungen!

Was ich ausdrücken wollte: "Modern Fantasy" lebt IMHO vom Gegensatz zwischen aufgeklärter, wunderloser Moderne und dem unerklärlichen Phantastischen.
Ähnlich "Urban Fantasy" bei dem zwischen urbanem, kalten Moloch und dem unbezähmbar Ursprünglichen.
Aber das ist nur was wie ich diese Genres verkürzt definieren würde.

Externsteine - stimmt. Meines Wissens gibt es da keine Nachweise. Aber moderne Paganisten (und Festival-Veranstalter) sehen das anders. Ich habe sie gewählt, weil sie einer der bekannteren "magischen" Orte in Deutschland sind.
Mir geht es nicht darum, was "wirklich" sei - sondern, wo man anknüpfen kann. Alle meine Beispiele sind daher ein wenig sehr offensichtlich gewesen.

Aber: in Deutschland (wie ganz Europa) gibt es sooo viele bekannte und unbekanntere Sagen und Orte mit Geschichte(n).  In den USA habe ich dagegen mal "prehistoric sites" besucht, [Ersetzung: rassistische Fremdbezeichnung für indigene Völker]siedlungen aus prähistorischer Zeit - also 800-1200 n.Chr. (ja, NACHchristlicher Zeitrechnung). Da gibt es "hier" bei uns viel mehr Material, das man nutzen kann.

Dass das nicht gemacht wird, liegt IMHO daran, dass viele US- und UK-Autoren veröffentlicht werden. Was daran liegt, dass deutsche Verlage Übersetzung-Rechte zu bekannten Autoren nur im Bundle mit einem ganzen Stapel an anderen, nicht so bekannten Autoren erhalten. Und wenn man denn schon für das Material bezahlt hat ....

Danke für Deie Beschreibung der elementar.brutalen Maschinerie. Vielleicht ein Ansatz eines wörtlich zu nehmenden Deus Ex Machina, eines aus Maschinen geschaffenen Gottes? Steampunk nicht so sehr im Sinne von magisch angetriebener Technik, sondern im Sinne von durch Technik erzeugter Magie? Da kommen mir gerade so ein zwei echt coole Ideen...
Danke nochmal!
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Azora am 01. Oktober 2020, 17:19:24
Zitat von: Sparks am 30. September 2020, 20:15:31
Ich habe in den 1980ern bei Thyssen in Hamborn an der Schienen- und Trägerstrasse gearbeitet. Das waren teils uralte Gebäude vom Anfang des 20 Jhd. Teile der ursprünglichen Installation existierten noch. Wie bei Käptn Nemo auf dem Schiff. ;O) Das ist später modernisiert, im Krieg teilweise zerstört, wieder aufgebaurt und modernisiert worden.

Alte mechanische Umformer riesigen Ausmaßes (Ilgnersätze) die eine Viertelstunde vom Stillstand bis Nenndrehzahl brauchen, und noch eine gute Stunde nachliefen, wenn sie abgeschaltet wurden. Mit zwei großen Schwungrädern und mehreren über Lederflachriemen angetriebene Schmierpumpen. Im Keller Wasserwiderstände mit Sodalösung gefüllt, um die Asynchronmotore in der
Drehzahl zu regulieren. In Nebenräumen Verstärkermachinen und Schaltanlagen in Etagenbauweise und Steigbügelschalter. Dazu ein riesiger Marmorblock mit Stromschienen auf beiden Seiten, wo federnde Bronzebolzen von gut 10cm Durchmesser mit einem Hammer ein- oder Ausgeschlagen werden konnten, um über diesen Kreuzschienenverteiler die Gleichstromerzeuger mit den verschiedenen Walzenantrieben zu verkuppeln.

Aus einer Modernisierung aus den 50er 60er eine Gleichstromerzeugung mit großen Quecksilberdampfgleichrichtern. Große flachrotationselipsoidförmige Gebilde, wo oben große Isolatoren herausragten. Sah zusammen mit den adaequaten Schaltschränken aus wie ein Hangar mit sechs geparkten Ufos im Raumpatruille Orion Stil  Als neuestes eine Tyristorgleichrichtung im schlichten 70er Jahre Stil in orangerot.

Alles total eingestaubt und so funzelig beleuchtet, das man in der 380V und 500V Verteilung von einem Ende der Anlage nicht das andere sehen konnte.

Das was man in Museen zu sehen bekommt, ist nur ein schwacher Abglanz von solchen in Betrieb befindlichen Anlagen. Überall rauschen Lüfter, klackern Schütze, brummen Mototen und trafos und bei Laststößen, wenn die Walze den Block erfasst und die Stromanzeige des Ilgners bei 16kA an den Anschlag geht, erzittert das ganze Gebäude.

Nicht ganz so lange her, gerade mal ein dutzend Jahre, eine Galvanik Anlage am Niederrhein unweit der holländischen Grenze: An einigen Stellen sahen einige der Fertigungsstrassen aus wie eine Map in Doom.


Bitte schreib einen Fantasy-Roman in dem Setting!!! Das ist Kontext-Wissen, das niemand sonst so hat! Absolut genial!

Vielleicht leiten ein paar Bösewicht_innen dort Energie ab, um eine geheimnisvolle Maschine anzutreiben?
Oder es wird etwas zusammengebraut, was mit Strom eigentlich gar nicht so viel zu tun hat...?

...
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: FeeamPC am 01. Oktober 2020, 17:55:21
Ich nehme das mal als Anregung für mich selbst, meinem Verlag eine Seite zu verpassen für Fantasy, die in Deutschland und/oder den anderen EU-Staaten spielt. Ohne England, wegen Brexit. Könnte interessant sein. Ein paar Buchkandidaten habe ich ja schon dafür.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Nikki am 01. Oktober 2020, 17:57:42
ZitatOhne England, wegen Brexit.

Interessanter Ansatz für ein Verlagsprogramm. :hmmm:
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: AlpakaAlex am 03. Oktober 2020, 00:06:35
[ROSENTINTE]
Rassistisches Vokabular entfernt (16.2.21)
[/ROSENTINTE]

Zitat von: Volker am 01. Oktober 2020, 00:59:18
Was ich ausdrücken wollte: "Modern Fantasy" lebt IMHO vom Gegensatz zwischen aufgeklärter, wunderloser Moderne und dem unerklärlichen Phantastischen.
Ähnlich "Urban Fantasy" bei dem zwischen urbanem, kalten Moloch und dem unbezähmbar Ursprünglichen.
Aber das ist nur was wie ich diese Genres verkürzt definieren würde.
Urban Fantasy wird üblicherweise als Überbegriff verwendet für alles, was Contemporary, also gegenwartsspielend ist. Auch Sachen, die im Wald, auf dem Dorf oder einer Ölbohrinsel spielen.
Dabei kommt es mir hier deutlich so vor, als würdest du recht wenig Urban Fantasy lesen. Während bei Urban Fantasy definitiv ein großer Reiz darin liegt eine "versteckte" Welt zu erkunden, ist diese "versteckte" Welt oftmals weder unerklärbar, noch unbezähmbar, noch ursprünglich. Letzteres vielleicht, wenn es sich um Fae handelt. Viel eher ist die versteckte Welt einfach nur "anders". Sie läuft nach anderen Regeln ab, die oftmals natürlich zentral von der Geheimhaltung beherrscht werden - sofern es Urban Fantasy mit einer geheimen magischen Welt sind (gibt ja auch genug ohne Geheimhaltung).
Man sollte auch nicht vergessen, dass Urban Fantasy ein stark von Frauen beeinflusstes Genre ist, was sicher auch ein Grund für das Setting ist. Während man natürlich technisch gesehen bei einer eigenen Welt eine Welt schaffen kann, die progressiv ist, so war das lange Zeit verpöhnt. Der Ursprung der Urban Fantasy liegt letzten Endes darin, dass sich Autorinnen einen eigenen Platz geschaffen haben, wo weibliche Figuren als Heldinnen existieren dürfen.

Zitat von: Volker am 01. Oktober 2020, 00:59:18
In den USA habe ich dagegen mal "prehistoric sites" besucht, [Ersetzung: rassistische Fremdbezeichnung für indigene Völker]siedlungen aus prähistorischer Zeit - also 800-1200 n.Chr. (ja, NACHchristlicher Zeitrechnung). Da gibt es "hier" bei uns viel mehr Material, das man nutzen kann.
Es heißt First Nation Siedlungen oder indigene Siedlungen. Das andere I-Wort ist ein Slur. Und man sollte auch vielleicht dazu sagen, dass es durchaus einen recht umfassenden oralen und teilweise auch schriftlichen Geschichtsschatz in den indigenen Kulturen gibt, OBWOHL sich die Kolonialmächte wirklich drum bemüht haben, diesen zu vernichten. Allerdings haben weiße Leute davon auch die Finger zu lassen, weil alles andere kulturelle Aneignung ist (und zudem meistens sehr cringy - ich höre mir aktuell bei der Arbeit die Jane Yellowrock Reihe an und boah ist das cringe).
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Volker am 03. Oktober 2020, 02:45:42
[ROSENTINTE]
Rassistisches Vokabular entfernt (16.2.21)
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Zitat von: NelaNequin am 03. Oktober 2020, 00:06:35
Urban Fantasy wird üblicherweise als Überbegriff verwendet für alles, was Contemporary, also gegenwartsspielend ist. Auch Sachen, die im Wald, auf dem Dorf oder einer Ölbohrinsel spielen.

Hm... würde ich anders sehen, also eher "Modern Fantasy" oder "Contemporary Fantasy" - weniger "Urban". Weil eben nicht städtisch. Und damit passt das Label "Urban" nicht.
So spielt Seanan McGuire's "October Daye"-Serie in San Francisco und bildet auch den Kontrast zwischen der Stadt und dem vom Prota neu entdeckten Feenreich zumindest anfangs recht deutlich ab.
Oder Nancy A. Collins "Sonja-Blue"-Serie - vermutlich eher unter "Vampire" einsortiert passt das auch in Urban Fantasy, weil es gerade auch von der Kollision zwischen realer städtischer Welt und den Vampiren und anderen Wesen lebt.
Patricia Briggs "Mercedes Thompson"- oder "Alpha&Omega"-Serien würde ich eher in "Modern Fantasy" oder "Fantasy Romance" (bzw. "Paranormal Romance") einsortieren., oder vielleicht auch unte "Werwölfe". Nicht aber unter "Urban Fantasy", da eben der urbane Teil fehlt.


Zitat von: NelaNequin am 03. Oktober 2020, 00:06:35
Dabei kommt es mir hier deutlich so vor, als würdest du recht wenig Urban Fantasy lesen.

Nope. Leicht daneben ist auch vorbei.   ;-P


Zitat von: NelaNequin am 03. Oktober 2020, 00:06:35
Man sollte auch nicht vergessen, dass Urban Fantasy ein stark von Frauen beeinflusstes Genre ist  [...] Der Ursprung der Urban Fantasy liegt letzten Endes darin, dass sich Autorinnen einen eigenen Platz geschaffen haben, wo weibliche Figuren als Heldinnen existieren dürfen.

Das gilt eigentlich für alle Fantasy-Genres? Auch ganz klassische Fantasy und Phantastik? Oder "gar" Science Fiction?
Spätestens seit den 70ern/80ern: C.J.Cherry, Andre Norton, Ursula K. Le Guin, Mercedes Lackey, Anne McCaffrey, Marion Zimmer-Bradley, ...


Zitat von: NelaNequin am 03. Oktober 2020, 00:06:35
Es heißt First Nation Siedlungen oder indigene Siedlungen.
Ok, sorry. Genauer waren es Siedlungen der Dene'. Also wörtlich: Siedlungen der Menschen. Nur können das in Deutschland nur wenige wirklich zuordnen. Und "indigen" verortet ja nicht einmal den Kontinent. Oder ich hätte Navajo statt "[Ersetzung: rassistische Fremdbezeichnung für indigene Völker]" verwenden können. Wobei: da waren es ja noch nicht die Navajo, sondern die Vorgänger-Völker, die sich erst zu diesen (ode Ute, oder anderen) entwickelten.

Mir ging es darum zu zeigen, dass es auch in Deutschland mindestens so viele Anknüpfungs- und Geschichtspunkte gibt, die man nutzen kann. Dazu muss man nicht mit dem Finger auf der Landkarte in fremde Länder wandern.
Der typische, dazu passende Spruch: "In Europa sind 200km eine weite Strecke, den USA 200 Jahre eine lange Zeit." 

Zurück zum Thema: wenn man sich einen spezifischen Ort für die Handlungen aussucht, dann ist es gut, wenn es dazu einen "realen" Bezug gibt. Geschichten, Sagen, seltsame oder eindrucksvolle Stellen, Artefakte oder Naturdenkmäler. Und davon gibt es viele in Deutschland.
Und auch wer Urban-Fantasy (as in: Urban=städtisch) schreiben will, der ist (IMHO) in fast jeder deutschen oder europäischen Großstadt besser aufgehoben als in den USA, wo die Urbanität außerhalb von Center Downtown ganzganz schnell ins vorörtliche, kaffige abrutscht.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: AlpakaAlex am 03. Oktober 2020, 13:34:39
Zitat von: Volker am 03. Oktober 2020, 02:45:42
Hm... würde ich anders sehen, also eher "Modern Fantasy" oder "Contemporary Fantasy" - weniger "Urban". Weil eben nicht städtisch. Und damit passt das Label "Urban" nicht.
So spielt Seanan McGuire's "October Daye"-Serie in San Francisco und bildet auch den Kontrast zwischen der Stadt und dem vom Prota neu entdeckten Feenreich zumindest anfangs recht deutlich ab.
Oder Nancy A. Collins "Sonja-Blue"-Serie - vermutlich eher unter "Vampire" einsortiert passt das auch in Urban Fantasy, weil es gerade auch von der Kollision zwischen realer städtischer Welt und den Vampiren und anderen Wesen lebt.
Patricia Briggs "Mercedes Thompson"- oder "Alpha&Omega"-Serien würde ich eher in "Modern Fantasy" oder "Fantasy Romance" (bzw. "Paranormal Romance") einsortieren., oder vielleicht auch unte "Werwölfe". Nicht aber unter "Urban Fantasy", da eben der urbane Teil fehlt.
Die "Vampir"-Geschichten sind Urban Fantasy. Das allererste Buch, das den Genrenamen bekommen hat, war Guilty Pleasures, der erste Band der Anita Blake Reihe von Laura K Hamilton - ein Vampirroman.
Genau so sind Mercy Thompson oder die Alpha&Omega Serie Klassiker der Urban Fantasy, die standardmäßig genannt werden, wenn es um das Genre geht.

Ganz ehrlich: Niemand tut irgendwem einen gefallen damit, zig mehr Subgenre zu erfinden. Das macht das ganze unübersichtlicher, statt übersichtlicher. Zumal ich halt auch ganz deutlich sagen muss: Die Neigung neuerdings gerade Vampir- und Werwolfsromanzen als Romantasy, statt als Urban Fantasy zu bezeichnen, hat den sehr üblichen Beigeschmack davon, Frauen aus dem Genre verbannen zu wollen. Weil die ganzen ursprünglichen Urban Fantasy Reihen, die das Genre und seine Konventionen eigentlich begründet haben, waren Vampir- oder Werwolfsromanzen mit ein wenig Detektiv-Flavor (oder etwas vergleichbarem) enthalten. Das aus Urban Fantasy rauszunehmen, ist, wie ein Elves-Fantasy von High Fantasy abzugrenzen.

Das heißt nicht, dass Urban Fantasy zwangsläufig Vampire haben muss, wie halt auch High Fantasy nicht zwangsweise Elfen/Elben braucht, um High Fantasy zu sein, aber dass Vampire und Werwölfe halt Klassiker im Genre sind.

Zitat von: Volker am 03. Oktober 2020, 02:45:42
Das gilt eigentlich für alle Fantasy-Genres? Auch ganz klassische Fantasy und Phantastik? Oder "gar" Science Fiction?
Spätestens seit den 70ern/80ern: C.J.Cherry, Andre Norton, Ursula K. Le Guin, Mercedes Lackey, Anne McCaffrey, Marion Zimmer-Bradley, ...
Natürlich waren Frauen schon immer ein Teil des Genres, aber gleichzeitig wurden gerade SciFi und Fantasy auch immer gegen Frauen gegatekeeped. Lange Zeit (und eigentlich auch noch heute) haben Frauen einen vergleichsweise geringen Anteil von dem gestellt, was im Bereich der Fantasy veröffentlicht wurde und Ansprüche, die an Frauen gestellt wurden, waren häufig deutlich höher, als an männliche Kollegen. Selbst jetzt ist es so, dass zumindest in Deutschland der Schnitt je nach Verlag zwischen 60/40 und 70/30 liegt, was Veröffentlichungen angehen - jedenfalls bei den großen Publikumsverlägen. Und das ist ohne rauszurechnen, wie viel von den Frauenveröffentlichungen rein in der Romantasy sind.

Und das war halt in den 90ern in den US auch so, weshalb Urban Fantasy dort zu einem Ausweich-Subgenre wurde. Ja, auch oftmals mit Romantasy-Elementen drin, aber auch etwas, wo frau epische Schlachten und dergleichen schreiben konnte und ein Publikum hatte.

In den USA hat es sich mittlerweile etwas ausgeglichen, was Veröffentlichungen selbst angeht. Gleichzeitig wird aber in der Fantasy-Szene noch immer massives Gatekeeping betrieben, wie man Beispiel im r/fantasy immer wieder sieht, wo mindestens auch drei Mal im Jahr darüber diskutiert wird. Was leider sehr schade ist.

Zitat von: Volker am 03. Oktober 2020, 02:45:42
Mir ging es darum zu zeigen, dass es auch in Deutschland mindestens so viele Anknüpfungs- und Geschichtspunkte gibt, die man nutzen kann. Dazu muss man nicht mit dem Finger auf der Landkarte in fremde Länder wandern.
Ich denke, dass es den wenigsten bei der Städtewahl um die Anknüpfungs- und Geschichtspunkte geht. Wenn ich mir so anschaue, was ich an Urban Fantasy im Regal stehen habe, ist die eine Reihe, die wirklich mit der Geschichte ihrer Stadt arbeitet, die Rivers of London Reihe von Aaronovich. Gerade die amerikanischen Geschichten sind oftmals recht austauschbar. Und Vampirgeschichten spielen in New Orleans nicht etwa, wegen der spannenden Geschichte von New Orleans, sondern weil Anne Rice ihre Bücher dort einst angesiedelt hatte.

Ich denke auch, dass viele deutsche Autor*innen sich amerikanische Städte, wie New York, als Grundlage nehmen, weil diese ein anderes Flair haben, als viele deutsche Städte. Und es ist dieses Flair, dass sie mit Urban Fantasy verbinden. Finde ich auch schade, aber ich kann in etwa nachvollziehen, woher es kommt.

Ich meine, meine eigenen Geschichten wurden vom Handlungsort her so ausgewählt: Edinburgh, weil es einfach eine verdammt coole Stadt ist und ich die vielen Geistergeschichten dort liebe. Da spielt wirklich die Geschichte eine Rolle. Mosaik dagegen spielt in Kapstadt nicht etwa wegen der Geschichte von Kapstadt, sondern weil es um Söldner*innen geht und Joburg und Kapstadt halt eine höhere Söldner-Population haben, als die meisten anderen Städte der Welt. Plus: Es gibt da genügend Ecken, wo jemand eine Schießerei starten kann und die Polizei nicht reagiert. Und mein neues Projekt spielt in Bielefeld ... nun, weil ich Bielefeld gut kenne und weil es um Werwölfe geht und diese bei Bielefeld in der Senne weniger auffallen werden, als an anderen Orten in NRW.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Nikki am 03. Oktober 2020, 19:14:44
ZitatIch denke auch, dass viele deutsche Autor*innen sich amerikanische Städte, wie New York, als Grundlage nehmen, weil diese ein anderes Flair haben, als viele deutsche Städte.

Ich wollte hier schon länger ein Gedankenstück anbringen und nehme diese Aussage zum Anlass (ich hätte es aber auch schon viel früher weiter oben da lassen können). Flair ist etwas extrem Subjektives und am Beispiel von Handlungsorten eine Art von Stereotyp, der immer wieder reproduziert wird. Wie im deutschsprachigen Bereich Ö, D und CH womöglich als "unsexy" gelten und bspw. Rom als Stadt der Erotik mit flirthungrigen Italiener*innen inszeniert wird, bestehen diese Stereotype andernorts genau andersrum. Ich weiß nicht mehr, wo und wann ich an diese Info gekommen bin, doch sie ist für mich sehr logisch: Es heißt Italiener*innen wollen in "sexy"/"spannenden"/(ergänze plakatives Adjektiv) (Liebes-)Romanen nichts von Pasta, Pizza oder sonst etwas typisch Italienisches lesen; was sie reizt, ist (auf deutschen Lesestoff umgemünzt) Sauerkraut und Bier vom Fass, das macht Lust, sprich, ist atmosphärisch. Was im deutschsprachigen Bereich als "italienisch-sexy" inszeniert wird, ist in Italien das genaue Gegenteil von "geil".

Ich würde das als eine positive Form von Othering bezeichnen. Othering basiert ja darauf, die "eigene Gruppe" von einer andersartigen abzugrenzen, indem man die andere Gruppe auf unterschiedliche Art und Weise erniedrigt. Was hier aber passiert, ist, dass die Prämisse eingesetzt wird, die besagt, gerade weil etwas (Schauplatz) anders/fremd ist, ist es besser (ergänze durch sexy, spannend, etc.). Das, was man selbst kennt, wird als fad (langweilig) abgestempelt. Wenn ich zum Beispiel aus dem Haus gehe, ist Wien eine Stadt, die vor allem durch Beton und Plakatwände auffällt, voll von Tauben und grantigen Autofahrer*innen ist. Wenn jemand aber, der nie in Wien war, von Wien liest, hat die Person wohl eher eine Kaiserstadt mit vielen Renaissancebauten mit namhaften Museen und Musiker*innen im Kopf.

Dieses sogenannte Flair, das einzelne Städte versprühen sollen, ist in meinen Augen ein effektives Werbemittel der Tourismusmachinerie oder auch nationalistischer Ideologie (denn natürlich profitiert der jeweilige Standort davon, wenn er als besonders XXX inszeniert wird), das durch verschiedene Medien (Bücher, Filme etc.) sooft reproduziert wird, bis er zum Stereotyp wird.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: AlpakaAlex am 10. Oktober 2020, 15:53:36
Zitat von: Nikki am 03. Oktober 2020, 19:14:44
Dieses sogenannte Flair, das einzelne Städte versprühen sollen, ist in meinen Augen ein effektives Werbemittel der Tourismusmachinerie oder auch nationalistischer Ideologie (denn natürlich profitiert der jeweilige Standort davon, wenn er als besonders XXX inszeniert wird), das durch verschiedene Medien (Bücher, Filme etc.) sooft reproduziert wird, bis er zum Stereotyp wird.
Da muss ich einfach massiv widersprechen. Verschiedene Städte haben einfach auch unterschiedliche Atmosphären. Selbst innerhalb Deutschlands. Berlin und Frankfurt sind bspw. ganz andere Städte als München und Nürnberg. Düsseldorf und Köln sind anders als Dortmund oder Essen. Selbst bei den kleineren Großstädten in meiner Gegend: Münster hat einen sehr anderen Flair als Bielefeld und das wiederum einen anderen als Paderborn.

Das fängt bei Sachen wie Baustil an und wie viele moderne Gebäude es im Vergleich zu alten gibt. Man merkt auch einfach was für Leute in einer Stadt wohnen. Münster hat bspw. eine sehr posch Atmosphäre, weil hier gefühlt nur Student*innen und ansonsten einfach die superreichen leben, lol. Auch so etwas wie Diversität und durchschnittliches Alter einer Stadt hat Einfluss auf dieses Flair. Genau so, wie die Industrien, die von einer Stadt vornehmlich abgedeckt werden oder aber die Religiösität einer Stadt.

Deutsche Städte haben bspw. ein sehr anderes Flair als amerikanische Städte, weil sie einfach viel, viel älter sind. Hier haben wir regelmäßig tausend Jahre Stadtgeschichte, während die Amis sehr stolz sind, in einer Stadt, die 200 Jahre alt ist, zu leben. Aber auch in den USA gibt es halt unterschiedliches Flair. Baltimore ist nicht Washington. Washington ist nicht New York. New York ist nicht Boston.

Zugegebermaßen ist letzteres auch das, was mir häufiger mal Urban Fantasy verdirbt. Sachen wie die Anita Blake oder Harry Dresden Reihen haben kaum Bezug zu ihrer Stadt und haben einfach ein generisches Großstadtsetting. Ich musste bei Anita Blake gerade erst einmal nachschauen, wo zur Hölle es überhaupt spielt, weil einfach so wenig Bezug zur Stadt da ist. Bei Harry Dresden genau dasselbe. Da merkt man auch richtig heftig, dass Butcher null Ahnung von Chicago hat.

Ich muss allerdings auch sagen, dass ich glaube viele, wenn sie sich für ein amerikanisches Setting entscheiden an dem sie nie waren, die Atmosphäre von New York vorstellen, weil es halt dieses Stereotype "amerikanische Stadt" Feel ist, was wir vor allem durch Filme und so vermittelt bekommen haben. Ich mein, würd ich mal etwas in den US ansetzen, würde ich mich wohl für Baltimore oder Washington entscheiden, einfach weil ich die beiden Städte am besten kenne. In Washington könnte man sicher gut mit der Geschichte arbeiten oder auch was mit den vielen Museen einbringen. In Baltimore kann man dagegen sicher sehr gut eine schöne Noir Geschichte erzählen.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Nikki am 10. Oktober 2020, 18:25:24
Ich finde, Atmosphäre und Flair sind so subjektiv geprägte Begriffe, dass es unmöglich ist, eine allgemeingültige Aussage zu treffen, Stadt XY versprüht dieses oder jenes Flair, ohne auf Stereotype zurückzugreifen. Vor allem, wenn es darum geht, eine Stadt bzw. einen Ort zu beschreiben, der für das Lesepublikum größtenteils fremd ist.

Ich nehme jetzt einfach mal Wien als Beispiel, weil ich mich da am besten auskenne. Ich schätze mal, dass die meisten ausländischen Tourist*innen sofort an den Stephansdom denken werden und somit automatisch altehrwürdige Bauten vor Augen haben.
Je nach dem, wie mein Tag war und ich mich aus einer - wieder mal - überfüllten Straßenbahn zwängen muss, werde ich auf die Frage, woran muss ich bei Wien als Erstes denken, antworten: Die Öffis (Wiener Verkersmittel) können auch nie pünktlich sein, typisch! Jemand, der eben erst nach Wien (aus einer anderen österreichischen Stadt) gezogen ist, wird Wien dagegen für die super öffentliche Verkehrsinfrastruktur loben, da deren 4-Minuten-Intervalle mit 450 Bussen, 500 Straßenbahnzügen und über 150 U-Bahn-Zügen (ich zitiere von der offiziellen Website (https://www.wienerlinien.at/eportal3/ep/channelView.do?pageTypeId=66528&channelId=-47395#67199)) alles bis dahin Gekannte in den Schatten stellen. Für diese Person wird Wien womöglich der Inbegriff von "Modernität" sein, für mich dagegen, als gebürtige Wienerin, ist das gewohnte Alltäglichkeit und ich bin dazu verleitet, eher die Fehler zu sehen und mich darüber aufzuregen.

Schlussendlich sind alle Schauplätze auf Erden auch nur Orte, die man in Kategorien urban/ländlich, hohe/niedrige Bevölkerungsdichte, historisch gewachsen/künstlich geschaffen (Wien bspw. ist eine historische Stadt hat aber einige "Grätzel", also, Bezirksteile, die in den letzten Jahren quasi über Nacht aus dem Boden gestampft wurden und rein gar nichts mit dem restlichen Wien [das auch nicht so homogen ist] zu tun hat) etc. Mit einer solchen Matrix ähneln plötzlich kleine ländliche Ortschaften in Österreich anderen kleinen ähnlichen ländlichen Ortschaften in Japan. Natürlich darf man die kulturellen Aspekte nicht vernachlässigen, aber es würde verwundern, wie viele Ähnlichkeiten es neben den vermeintlich überwiegenden Unterschieden gibt.

Eine Stadt (ein Ort) ist größer als nur ein Quadratmeter, dementsprechend vielfältig gestaltet sie sich. Selbst Leute, die allesamt in ein und derselben Stadt aufgewachsen sind, würden wohl, je nach dem, wie alt sie sind, was für eine Biographie sie haben und aus welchem Stadtteil sie kommen, der besagten Stadt eine andere Atmosphäre attestieren.

Dass Paris als Stadt der Liebe gilt, liegt daran, dass in den Medien wiederholt gewisse Sprach- und Denkmuster reproduziert wurden, die diesen Stereotypen manifestiert haben. Wenn in 9 von 10 Filmen/Büchern/Liedern das romantische Happy End vorm Eiffelturm zelebriert wird, dann nicht, weil Paris so romantisch ist, sondern weil sich die Meinung durchgesetzt hat, der Eiffelturm gäbe die perfekte Kulisse für Flitterwochen/Heiratsantrag/einen anderen romantischen Allgemeinplatz ab. Die Slums, die wohl alles andere als romantisch sind, werden dabei geflissentlich ignoriert, weil sie nicht zum Narrativ passen.

Ich vertrete die Meinung, dass von Haus aus jeder Ort, jedes Dorf, jede Stadt dasselbe Potential hat, romantisch/spannend/fantastisch/etc. zu sein. Manche Orte haben es einfach nur leichter, weil sie durch den gängigen Diskurs als Paradebeispiel einer Kulisse für gewisse Genres etabliert wurden.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Amanita am 10. Oktober 2020, 19:26:06
Ich bin nicht sonderlich weit gereist und kann mich deswegen nur zu den Städten in meiner unmittelbaren Umgebung äußern, aber da finde ich durchaus, dass es jeweils ein eigenes Flair gibt. Manches davon hängt natürlich auch mit persönlichen Erinnerungen und der Bedeutung des jeweiligen Orts in der eigenen Lebensgeschichte zusammen, aber ich wage doch mal zu behaupten, dass das nicht alles ist.
Esslingen fände ich beispielsweise super gut für Urban Fantasy geeignet. Das ist einerseits eine der wenigen Städte, wo der ganze historische Stadtkern mit Mauer und Gässchen noch erhalten ist, andererseits gibt es einfach so viele Kleinigkeiten, um die man Geschichten aufbauen könnte. Unterirdische Gänge, die für die Sektherstellung genutzt wurden, eine Burgruine, Weinberge mitten in der Stadt, daneben dann aber auch moderne Industrie.
Heidelberg wäre natürlich auch super und würde vielleicht auch am ehesten ein internationales Publikum ansprechen, weil die Stadt ja auch im Ausland bekannt und ein beliebtes Reiseziel ist.
Ludwigshafen wäre aber irgendwie auch cool, weil es einfach so ein krasser Kontrast wäre, dort irgendwelche magischen Aktivitäten anzusetzen. Und ich glaube, das Buch würde schon allein wegen des Rufs der Stadt irgendwie Aufmerksamkeit erledigen.

Also: An spannenden Möglichkeiten mangelt es meiner Meinung nach nicht und das jetzt nur innerhalb meines beschränkten Radius.
Allgemein finde ich schon, dass man gerade bei Urban Fantasy die Stadt auch kennen sollte, statt nur New York oder London zu nehmen, weil das alle machen und die halt irgendwie cool sind.
Ich stimme @Nikki aber in soweit zu, dass ich auch davon ausgehe, dass es durchaus typische Strukturen und Phänomene in Dörfern und Städten gibt, die sich international trotz aller Unterschiede wiederholen. Das bedeutet aber nicht, dass es die Unterschiede nicht gibt.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: AlpakaAlex am 10. Oktober 2020, 19:51:19
Zitat von: Nikki am 10. Oktober 2020, 18:25:24
Ich nehme jetzt einfach mal Wien als Beispiel, weil ich mich da am besten auskenne. Ich schätze mal, dass die meisten ausländischen Tourist*innen sofort an den Stephansdom denken werden und somit automatisch altehrwürdige Bauten vor Augen haben.

[...]

Dass Paris als Stadt der Liebe gilt, liegt daran, dass in den Medien wiederholt gewisse Sprach- und Denkmuster reproduziert wurden, die diesen Stereotypen manifestiert haben. Wenn in 9 von 10 Filmen/Büchern/Liedern das romantische Happy End vorm Eiffelturm zelebriert wird, dann nicht, weil Paris so romantisch ist, sondern weil sich die Meinung durchgesetzt hat, der Eiffelturm gäbe die perfekte Kulisse für Flitterwochen/Heiratsantrag/einen anderen romantischen Allgemeinplatz ab. Die Slums, die wohl alles andere als romantisch sind, werden dabei geflissentlich ignoriert, weil sie nicht zum Narrativ passen.
Siehst du, da liegst du bei mir falsch. Denke ich an Wien, denke ich als allererstes daran, dass ich abgesehen von New York noch nie irgendwo war, wo diverse U-Bahn-Stationen so furchtbar nach Pisse gestunken haben. Dann denke ich daran, wie furchtbar schlecht, die Stadt ausgeschildert ist und wie schwer es, wenn man sich nicht auskennt, ist, sich da zu orientieren. Dann denke ich auch daran, dass ich, als ich da war, mich schwer getan habe, einen ordentlichen Buchladen zu finden - auch wenn das zugegebenermaßen vor den Zeiten eines Smartphones war, mit dem das sicher einfacher gewesen wäre. Und ich denke daran, wie verwinkelt die Stadt ist und wie viele Versteckte Ecken es gibt.

Bei Paris denke ich als erstes daran, wie verstopft die verdammten Straßen sind. Dann denke ich daran, dass ich nie in einer Stadt mit so endlos vielen Bäckereien war. Ich denke außerdem an viele gebrauchte Buchhandlungen, teilweise auch Händler, die einfach so auf der Straße mit ein paar Büchern standen.

Genau sowas ist es auch, was ich mit Flair einer Stadt meine. Deswegen finde ich es auch immer von Vorteil, wenn man einmal da war, oder sich ansonsten wirklich tiefergehend mit einer Stadt auseinandersetzt.

Weil genau das ist es, was ich meine, wenn ich die Anita Blake oder Harry Dresden Bücher kritisiere. Gerade bei Harry Dresden merkt man es. Klar, er hat so Sachen, die man im Lexikon findet, wie verschiedene Bauwerke und sowas ... Aber was ist damit, dass in Chicago unglaublich viele slawisch-stämmige Juden leben? Was ist damit, dass es eine Stadt ist, die nicht nur eine große BI_PoC Bevölkerung hat, sondern auch ein ganzes Stadtgebiet, wo vornehmlich reichere schwarze Menschen leben? Was ist damit, dass es daher, dass es eine der ersten Städte war, wo die Anti-Homo Gesetze aufgehoben wurden, eine recht alte und recht große LGBTQ Bevölkerung hat? Zur Hölle, was ist mit den Bezügen zur irischen Kultur, die sogar die meisten deutschen kennen?! Das Chicago das Butcher beschreibt, fühlt sich wie eine sehr generische amerikanische Stadt und vor allem eher eine Stadt in den eher zentralen Gegenden der USA, wo alles ein wenig weißer und konservativer ist. Ich will ja nicht sagen, dass es sich beinahe eher wie ein Independence, Missouri, anfühlt, aber ...

Zitat von: Nikki am 10. Oktober 2020, 18:25:24
Mit einer solchen Matrix ähneln plötzlich kleine ländliche Ortschaften in Österreich anderen kleinen ähnlichen ländlichen Ortschaften in Japan. Natürlich darf man die kulturellen Aspekte nicht vernachlässigen, aber es würde verwundern, wie viele Ähnlichkeiten es neben den vermeintlich überwiegenden Unterschieden gibt.
Aber genau die Kultur ist nun einmal das wichtige, gerade wenn es um das Flair geht. Und Kultur ist durchaus gerade nun einmal auch zwischen Städten sehr unterschiedlich, weil es halt so viele Faktoren dafür gibt.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Nikki am 10. Oktober 2020, 19:59:31
ZitatManches davon hängt natürlich auch mit persönlichen Erinnerungen und der Bedeutung des jeweiligen Orts in der eigenen Lebensgeschichte zusammen, aber ich wage doch mal zu behaupten, dass das nicht alles ist.

Das ist meiner Meinung ein ganz wichtiger Punkt. Es geht ja nicht in erster Linie darum, Erfahrungen und Erinnerungen der Wiener*innen, Esslinger*innen etc. zu reaktivieren, sondern den Schauplatz auf eine Weise zu inszenieren, sodass er auch für Leute greifbar wird, die ihn bestenfalls vom Namen her kennen. Diese Leute haben dann keine Anhaltspunkte und es reicht nicht, einfach zu schreiben "das Flair von XY", man muss es beschreiben, um es fühlbar zu machen. Dh. die eigene Interpretation dieses Flairs verschriftlichen, sodass es für Leute, die noch nie live vor Ort waren, nachvollziehbar ist. Sobald ich aber zu interpretieren beginne, schreibe ich automatisch einen Teil meiner eigenen Person hinein und biete meine eigene Version eines Ortes, den es so vielleicht gar nicht gibt, weil ich mich bspw. anderen Details widme als die, die in der Regel in Zusammenhang mit dem Ort gebracht werden.

Ich könnte Wien als die Mörder*innenstadt, als die Stadt der Morbidität, aber auch der Liebe oder der Hoffnung inszenieren. Je nach dem, wohin ich mein Augenmerk richte. Und damit geht dann auch automatisch ein anderes Flair einher.

ZitatDas bedeutet aber nicht, dass es die Unterschiede nicht gibt.

Nein, keinesfalls. Es gibt Unterschiede, wie es Gemeinsamkeiten gibt. Jeder Ort hat seine ganz spezifischen Merkmale (die sich auf nationaler wie internationaler Ebene sicher in einer anderen oder ähnlichen Disposition wiederfinden) und in meinen Augen schließen jene Merkmale einen Ort als Schauplatz nicht per se für Genre X aus. Einige Orte haben einfach nur ein Setting, das sich für gewisse Autor*innen für Genre X eher anbietet als andere. Ein Setting wie @Sparks es bspw. beschrieben hat, wäre mir persönlich aufgrund meiner fehlenden technischen Affinität zu unattraktiv, um es selbst zu verwenden, Sparks dagegen erscheint mir nicht abgeneigt und sehr qualifiziert dafür, eine Urban Fantasy Geschichte dort zu verorten.

Wenn dieselben Orte von Autor*innen immer wieder als Setting für Genre X präferiert bzw. ausgeschlossen werden, entsteht natürlich der Eindruck, dass Genre X gewisse Ort kategorisch verlangt/ablehnt. Dieses Verhältnis ist aber nicht gottgegeben, sondern einfach Resultat bestimmter Diskurse, die wiederum von vielen (darunter auch ein paar vorherrschende) Teilnehmer*innen geführt werden.


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Ui, @NelaNequin war schnell, während ich geschrieben habe ;D

ZitatSiehst du, da liegst du bei mir falsch. Denke ich an Wien, denke ich als allererstes daran, dass ich abgesehen von New York noch nie irgendwo war, wo diverse U-Bahn-Stationen so furchtbar nach Pisse gestunken haben. Dann denke ich daran, wie furchtbar schlecht, die Stadt ausgeschildert ist und wie schwer es, wenn man sich nicht auskennt, ist, sich da zu orientieren. Dann denke ich auch daran, dass ich, als ich da war, mich schwer getan habe, einen ordentlichen Buchladen zu finden - auch wenn das zugegebenermaßen vor den Zeiten eines Smartphones war, mit dem das sicher einfacher gewesen wäre. Und ich denke daran, wie verwinkelt die Stadt ist und wie viele Versteckte Ecken es gibt.

Das zeigt doch nur, dass es nicht nur das eine Wien gibt, das sich kategorisch besser oder schlechter als ein Genre X Setting eignet als andere Orte. Genau das meine ich: Abhängig von der Geschichte, die ich erzählen möchte, kann ich jeden x-beliebigen Ort als Setting wählen, wenn ich mich auf die entsprechenden Merkmale eines Ortes konzentriere, die sich für die Geschichte in meinem Kopf anbieten.

ZitatAber genau die Kultur ist nun einmal das wichtige, gerade wenn es um das Flair geht. Und Kultur ist durchaus gerade nun einmal auch zwischen Städten sehr unterschiedlich, weil es halt so viele Faktoren dafür gibt.

Nur ist es nicht nur wichtig, welcher Kultur di*er Autor*in angehört, sondern eben auch di*er Leser*in. Auf eine deutsch sozialisierte Person wirkt eine deutsche Stadt nun mal anders als auf eine anderswo sozialisierte Person. Das sind so viele Faktoren, die einander bedingen, dass ich mich dagegen ausspreche, dass ein einziger Ort nur eine einzige Art des Flairs ausstrahlt.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Sparks am 12. Oktober 2020, 01:24:55
Zitat von: Nikki am 10. Oktober 2020, 19:59:31
Nur ist es nicht nur wichtig, welcher Kultur di*er Autor*in angehört, sondern eben auch di*er Leser*in. Auf eine deutsch sozialisierte Person wirkt eine deutsche Stadt nun mal anders als auf eine anderswo sozialisierte Person. Das sind so viele Faktoren, die einander bedingen, dass ich mich dagegen ausspreche, dass ein einziger Ort nur eine einzige Art des Flairs ausstrahlt.

Da liegst Du sehr richtig. Und das ist natürlich vom Betrachter abhängig. Wenn ich jetzt die Stichworte "italienschische Stadt am Meer" in den Raum werfe, erzeuge ich damit Assoziationen. Diese Assoziationen werden in erster Linie Klischhes entsprechen, z.B. die Lagune von Venedig, ein Sandstrand mit vielen Sonnenschirmen oder einen malerischen Fischerhafen. Aber das wird nicht bei allen Leuten so sein. Ich stelle mir z.B. unter einer "italienschische Stadt am Meer" Piombino mit dem Stahlwerk vor, ein Bekannter, Geophysiker, wird wohl eher an die Bucht von Neapel, den Vesuv, den Monte Nuevo und die phlegräischen Felder denken. Oder ein Zollinspektor an irgend ein Containerterminal, mit dem er öfter zu tun hat.....

Das Spielen mit Klischees kann das Schreiben sehr vereinfachen, wenn ich für ein allgemeines Publikum schreibe und selber auch diesem allgemeinen Publikum entspreche und demzufolge eine asoziative Bildersprache benutze, die bei meinem Publikum und mir gleich ist. Es können zwei Probleme auftreten: A) Ich spreche eine andere Bildersprache als mein Publikum und B) ich will von etwas schreiben, wovon es (noch) kein gut verbreitetes Klischee gibt.

In beiden Fällen kann ein Lösungsansatz sein, diese Ebene des Klischees zu wechseln und eine detailiertere Beschreibung des Objektes zu machen. Das ist natürlich mühevoller und auch nicht Narrensicher, führt aber oft nahe genug an das Ziel, um eine gewisse Grundkompatibilität herzustellen. Als ein Beispiel jetzt Lovecrafts Beschreibung von Insmouth. Das funktionierte bei mir als Klischee "neuenglische Hafenstadt" nicht, weil ich selber davon kein Klischee im Kopf habe. Lovecraft beschreibt aber mit allgemeinen anerkannten Begriffen
die Stadt in speziellen Punkten detailierter. Das wesentliche an Insmouth ist aber, das es heruntergekommen ist, das dort merkwürdige Leute und merkwürdige Vorgänge sind. Jetzt muss ich mir nicht unbedingt eine Hafenstadt an der amerikanischen Ostküste vorstellen. Vor meinem inneren Auge erscheint nun z.b. Neuharlingersiel. Vieleicht etwas vergößert, aber total abgeranzt mit merkwürdigen Bewohnern. In Harlingersiel war ich schon einmal, an der amerikanischen Ostküste noch nie. Aber für die Geschichte ist es egal, ob Insmouth wie eine neuengliche Hafenstadt oder wie Neuharlingersiel oder wie ein italienisches Fischerdorf aussieht. Hauptsache es ist heruntergekommen und von zwielichtigen Gestalten besiedelt.

Natürlich bist Du jetzt auf einer anderen Ebene, und ohne Klischees wird es auch hier nicht abgehen, weil wir uns alle unter "heruntergekommen" und "zwielichtigen Gestalten" etwas anderes vorstellen können. Aber es ist wahrscheinlicher, auf einer eher grundlegenderen Ebene kompatible Klischees zu finden als auf einer komplexeren.

Ich kann also Klischees ähnlich verwenden wie Objekte beim objektorientierten Programmieren. Und auch hier funktioniert das nur dann, wenn andere die gleichen Librarys verwenden wie ich und von einem Objekt eine ähnliche Vorstellung haben wie ich. Und auch hier wird das bei einfachen Objekten leichter fuinktionieren als bei sehr komplexen.

Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Nikki am 12. Oktober 2020, 14:37:27
@Sparks hat das in meinen Augen sehr anschaulich beschrieben, was ich mit Folgendem meinte:

ZitatIch vertrete die Meinung, dass von Haus aus jeder Ort, jedes Dorf, jede Stadt dasselbe Potential hat, romantisch/spannend/fantastisch/etc. zu sein. Manche Orte haben es einfach nur leichter, weil sie durch den gängigen Diskurs als Paradebeispiel einer Kulisse für gewisse Genres etabliert wurden.

Danke dafür. :)

Ich plädiere dafür, solche Stereotypen abzuschaffen und stattdessen neue "Codes" zu schaffen, die dem Wesen der eigenen Geschichten und Setting entsprechen, und, bestenfalls, marketingstechnisch gedacht, (bis zu einem gewissen Grad*) der Erwartungshaltung des Zielpublikum.

*Denn man möchte ja auch überraschen und ein paar Twists einstreuen. :)
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: FeeamPC am 12. Oktober 2020, 14:39:41
Der kleine Knackpunkt bei der Sache ist, die Stereotypen lassen sich einfach besser verkaufen.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Nikki am 12. Oktober 2020, 14:47:14
Ganz genau. Man muss sich dessen bewusst sein, wenn man mit gängigen Stereotypen bricht, dass man entweder a) die Leser*innen irritiert oder b) diese gar nicht erst auf dich aufmerksam werden, wenn du dich zu weit weg von den gängigen Stereotypen und Klischees entfernst.

Wenn genügend Leute (Autor*innen und/oder Leser*innen) sich auf neue "Codes" einigen, kann man ruhig davon sprechen, dass sich ein neuer Trend durchgesetzt hat. Ein Trend ist auch nichts anderes als ein neuer Stereotyp (sei es jetzt ein Handlungselement, ein Setting oder ein ganzes Genre).
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Churke am 12. Oktober 2020, 15:42:02
Aber ob man stereotype Schauplätze braucht? Liegt die Würze nicht darin, das bewährte Schema F überraschend zu variieren? Und dann die Wechselbeziehung zwischen Story und Setting. In einem Frankfurter Glasturm dürfte man anderen Kreaturen begegnen als in einem Ludwigshafener Chemielabor.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Nikki am 12. Oktober 2020, 15:46:46
Ich finde, Autor*innen, die für keinerlei Markt schreiben, denen es egal ist, ob sie gelesen werden und/oder dafür Geld bekommen, können diese Frage ziemlich schnell beantworten.

Autor*innen, die aber sehr wohl ein Zielpublikum im Hinterkopf haben, werden diese Frage etwas verhaltener beantworten.

Ich weiß nicht, wo oder wann ich diesen Satz gehört habe, aber er ist für mich schlüssig: Die Leser*innen wollen immer wieder dasselbe Buch lesen, nur in leicht variierter Form. Der Satz erklärt zumindest, wieso es Genres, Stereotype usw. gibt.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Sparks am 12. Oktober 2020, 19:09:39
Zitat von: FeeamPC am 12. Oktober 2020, 14:39:41
Der kleine Knackpunkt bei der Sache ist, die Stereotypen lassen sich einfach besser verkaufen.

Zitat von: Nikki am 12. Oktober 2020, 14:47:14
Ganz genau. Man muss sich dessen bewusst sein, wenn man mit gängigen Stereotypen bricht, dass man entweder a) die Leser*innen irritiert oder b) diese gar nicht erst auf dich aufmerksam werden, wenn du dich zu weit weg von den gängigen Stereotypen und Klischees entfernst.

Das ist die Frage. In meinem Beispiel oben ging ich ja nicht von der kompletten Vermeidung von Klischees aus, sondern vom herunterbrechen dieser Klischees auf Grundlagen.
Stadt mit dem Namen einer bekannten Stadt Klischees zu wecken, nehme ich eine Stadt mit einem nichtssagenden Namen und mache eine Beschreibung, die dieser Stadt Eigenschaften zuweisen. Diese Eigenschaften sind natürlich selber auch Klischees. Das hat den Vorteil, dass ich im Ort freier bin, ich kann dessen Eigenschaften sozusagen "Maßschneidern". Und ich bin nicht darauf angewiesen, dass der Leser meine Klischees bezüglich Städte teilt, sondern lediglich das gleiche unter den beschriebenen Eigenschaften versteht.

Ich mache also statt einem großen viele kleine Schritte. Das kann auch niederschwelliger und für den Leser einfacher sein. Es dauert aber auch länger, sowohl beim Lesen, als auch beim Schreiben. D.h., ich muss als Schreiber noch mehr Mühe hineinstecken, damit es kurzweilig bleibt und damit der Leser bei der Stange.
Ob ich dabei jetzt mit einem Klischee "breche", steht auf einem anderen Blatt, ich kann das Klischee auch bestätigen. Jedenfalls gehe ich es mit der Methode erst einmal sachter an.

Zitat von: Churke am 12. Oktober 2020, 15:42:02
Aber ob man stereotype Schauplätze braucht? Liegt die Würze nicht darin, das bewährte Schema F überraschend zu variieren? Und dann die Wechselbeziehung zwischen Story und Setting. In einem Frankfurter Glasturm dürfte man anderen Kreaturen begegnen als in einem Ludwigshafener Chemielabor.

Zitat von: Nikki am 12. Oktober 2020, 15:46:46
Ich weiß nicht, wo oder wann ich diesen Satz gehört habe, aber er ist für mich schlüssig: Die Leser*innen wollen immer wieder dasselbe Buch lesen, nur in leicht variierter Form. Der Satz erklärt zumindest, wieso es Genres, Stereotype usw. gibt.

Es gibt vermutlich beides. Leser, die in einem immer gleichen Handlungsgrundmuster folgen wollen, und welche, die beim Lesen neue Bilder bekommen wollen. Und es wäre Möglich, das dieses Bedürfnis von der aktuellen Lebenssituation des speziellen Lesers abhängt, und die kann und wird sich ändern. Mit Sicherheit z.B. durch das Alter.

Vieleicht muss man es ja nicht so brutal angehen und die Klischees brechen. Vieleicht lassen sie sich ja auch vorsichtig biegen?

Irgend jemand hat ja mal über SF geschrieben, es sei ein Gedankensimulationslabor für Gesellschaften.

Zitat von: Nikki am 12. Oktober 2020, 14:47:14
Wenn genügend Leute (Autor*innen und/oder Leser*innen) sich auf neue "Codes" einigen, kann man ruhig davon sprechen, dass sich ein neuer Trend durchgesetzt hat. Ein Trend ist auch nichts anderes als ein neuer Stereotyp (sei es jetzt ein Handlungselement, ein Setting oder ein ganzes Genre).

Das wäre dann das Ergebnis.

Zitat von: Nikki am 12. Oktober 2020, 15:46:46
Ich finde, Autor*innen, die für keinerlei Markt schreiben, denen es egal ist, ob sie gelesen werden und/oder dafür Geld bekommen, können diese Frage ziemlich schnell beantworten.

Autor*innen, die aber sehr wohl ein Zielpublikum im Hinterkopf haben, werden diese Frage etwas verhaltener beantworten.

Lovecraft hat, wenn ich seine Biografen richtig verstehe, auch nicht explizit für viel Geld auf ein breites Publikum gezielt. Das er zum Bestseller wurde, kam erst sehr viel später nach seinem Tod. Ob es daran lag, dass sich eine passende breite Lesergruppe erst nach seinem Tod bildete, oder weil er selber Probleme mit Marketing hatte, kann ich nicht beurteilen, aber es ist kein Gegenbeweis für Deine Theorie. Persönlich finde ich, hat ihm seine Methode einen freien Kopf verschaft und viel Kreativität. Er hatte ganz offensichtlich viel Spass an der Sache.u.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Nikki am 12. Oktober 2020, 23:37:04
ZitatDas er zum Bestseller wurde, kam erst sehr viel später nach seinem Tod.

Das ist leider das Schicksal von vielen Autor*innen, die heute zum literarischen Kanon zählen.

Die einen schreiben profitorientiert, sprich, "für den Markt", andere aus einem inneren Bedürfnis heraus, andere wiederum entscheiden sich projektbedingt jedes Mal neu. Ich zumidnest tue das so.  :) Es sind immer die zwei Pole da: Auf der einen Seite steht das, was aus einem inneren Drang heraus entsteht, dem gegenüber, von dem man denkt, die Leute würden es lesen wollen (Stichwort Genre, Zielgruppe etc.). Im besten Fall gehen diese Dinge Hand in Hand, im schlimmsten Fall sind sie unvereinbar. Man muss einfach einen Kompromiss finden und Abstriche machen. Man sollte sich aber nicht verbiegen. Wenns wehtut, ist das nicht unbedingt ein Wachstumsschmerz, sondern dass man entgegen der eigenen Interessen handelt.

Um wieder zum Thema zurückzukommen: Wenn ich eine Fantasygeschichte in einer bestimmten Stadt erzählen will, einfach, weil die Geschichte dort am besten funktioniert und sich dort einfach richtig anfühlt, dann würde ich nicht von diesem Schauplatz abrücken, nur weil andere Schauplätze die vermeintlich beliebteren sind. Literatur hat sich entwickelt, Trends haben sich entwickelt. Nichts davon "war" einfach. Wer weiß, ob man nicht selbst den Samen eines neuen Trends setzt, wenn man auf die inneren Eingebungen hört, anstatt altbekannten Mustern zu folgen?  :)

Stereotypen haben ihre Berechtigung bzw. ihre Gründe, aber sie sind kein Argument per se gegen Neues, das erst erprobt werden muss.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Nikki am 18. Oktober 2020, 12:15:09
Auf Arte läuft eine Dokumentationsreihe über Schriftsteller*innen in Kanada, nachzusehen hier (https://www.arte.tv/de/videos/087369-001-A/kanada-literatur-im-aufbruch/). Ich finde, am Beispiel dieser Reihe wird sehr schön deutlich, wie vielseitig ein Land/Ort als Schauplatz sein kann. Abhängig davon, wie und wo di*er Autor*in die Schwerpunkte setzt und welche Geschichte erzählt werden soll. Wunderbar an der Reihe ist auch, dass viele queere, nicht weiße Autor*innen vertreten sind.
Gleichzeitig regt diese Reihe auch dazu an, sich mit Stereotypen (über Kanada) auseinanderzusetzen. Sätze wie "Kanada ist bekannt für Natur/Toleranz/etc." fallen oft, um vom nächsten Satz gleich entlarvt zu werden und durch die Erfahrungen der Autor*innen relativiert zu werden. Man könnte das mit jedem anderen Ort genauso machen.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Zit am 18. Oktober 2020, 16:38:39
Oh ja, die habe ich letztens auch gesehen, nachdem ich den Arte-Beitrag über Margarete Atwood gesehen habe. (Ich war von Atwood sehr positiv überrascht, habe bisher nichts von ihr gelesen und mich nicht mit ihr auseinandergesetzt.) Die Reihe war tatsächlich sehr interessant. Beim Angucken habe ich mich aber gefragt, ob sowas über Deutschland wirklich funktioniert. :hmmm: Wir rühmen uns zwar immer, das Land der Denker und Erfinder:innen zu sein, aber so wirklich viel Kultur haben wir nicht. Mir fallen vielleicht Harzsagen ein bzw. der Harz und das Erzgebirge als solches, um eine Art Natur zu haben, aber sonst habe ich das Gefühl, dass wir als Land immer in der Moderne leben und ständig im Wandel sind. (Jetzt mal von den Lobbyisten abgesehen, die so an der Braunkohle und ihren Autos hängen. ::) )
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Nikki am 18. Oktober 2020, 17:02:51
Atwoods Bücher warten auch noch in meinen Regalen darauf, gelesen zu werden.  ;D

ZitatBeim Angucken habe ich mich aber gefragt, ob sowas über Deutschland wirklich funktioniert. :hmmm: Wir rühmen uns zwar immer, das Land der Denker und Erfinder:innen zu sein, aber so wirklich viel Kultur haben wir nicht. Mir fallen vielleicht Harzsagen ein bzw. der Harz und das Erzgebirge als solches, um eine Art Natur zu haben, aber sonst habe ich das Gefühl, dass wir als Land immer in der Moderne leben und ständig im Wandel sind. (Jetzt mal von den Lobbyisten abgesehen, die so an der Braunkohle und ihren Autos hängen. ::) )

Ich kann jetzt nur von meinen Vorurteilen und Stereotypen gegenüber Deutschland als Österreicherin sprechen. "Land der Denker und Erfinder" wäre nichts, was mir als Erstes in den Sinn käme. Ich glaube, von all den Ländern, deren Stereotype ich im Kopf habe, ist Deutschland für mich noch eines der neutralsten. Bei Deutschland muss ich sofort an den "Wettstreit" Deutschland vs. Österreich denken, angefangen bei Córdoba bishin zu Bundesdeutsch vs. "Österreichisch", wobei Letzteres scheinbar immer das Nachsehen hat. Wenn man sich bspw. englischsprachige Youtubekommentare anschaut, sind ziemlich schnell Stereotype zu finden, die auf das 3. Reich zurückgehen. Ich persönlich kann gut zwischen dem historischen Deutschland (und Österreich) von 1945 und der Gegenwart unterschieden - und bin dann immer wieder perplex, wenn ich Ansagen höre, die gut und gerne 80 Jahre alt sein könnten.

Ich habe so gut wie keinen Bezug zu Kanada. Der einzige Stereotyp, der mir bewusst ist, ist der aus der Populärkultur (v.a. HIMYM), dass Kanadier*innen ja immer so freundlich seien, dass es fast an Rückhaltlosigkeit grenzt.

Ich habe mir also ein paar Teile dieser Dokumentation angesehen und mich dabei gefragt -  wie sähe sie in Österreich oder Deutschland aus? Der Naturaspekt, der immer wieder betont wurde, könnte meiner Meinung ebenso gut funktionieren.

Bei der Darstellung von diversen Autor*innen und Romanen aber habe ich das Gefühl, dass diese nicht auf dieselbe ruhige Art ablaufen könnte, wie es in der Dokumentation über Kanada der Fall ist. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die (deutschsprachige) mediale Berichterstattung für mich greifbarer und dementsprechend spürbar aufgeheizter ist. Denn auch ethnische Minderheiten in Kanada haben akute Probleme, sodass diese Distanz, die ich persönlich zu dem Thema spüre, sicher nicht den jeweiligen Lebensrealitäten entspricht.

Das meine ich damit, dass es einen Unterschied macht, auf welche Weise Leser*innen sozialisiert wurden. Das ist etwas, auf das haben Autor*innen einfach keinen Einfluss, sollte aber dennoch im Hinterkopf behalten werden, wenn man der Ansicht ist, man habe den "perfekten" Schauplatz, das "perfekte" Setting, die "perfekten" Figuren etc. gefunden. Unterm Strich ist alles so relativ. Und auch heute im Zuge der Globalisierung, finde ich, kann man nicht mehr nur von dem deutschen/deutschsprachigen, englischen/englischsprachigen, italienischen, französischen etc. Zielpublikum bzw. Buchmarkt ausgehen.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Zit am 18. Oktober 2020, 17:26:17
Ja, ich denke, es macht auch immer einen starken Unterschied, was innerhalb des Landes für Bilder vom Land kultiviert werden, und wie andere Länder von außen sich gegenseitig sehen. Wenn ich an Österreich denke, denke ich in erster Linie an die Skigebiete (typisch, Deutsche reisen ja überall hin; außer in Nordkorea trifft man in jeder Ecke früher oder später einen Mitbürger), allgemein an Berge plus die dazugehörige Natur (guck halt gern Natur-/ Tierdokus) und an Wien (+ Klischee, dass Wiener grummlig sind). Aber ansonsten ist Österreich für mich genauso neutral wie Deutschland es wohl für dich ist. :) Also, mir fällt eigentlich kein Land ein, gegen das ich als solches Ressentiments habe. :hmmm: Das sind eher einzelne Personen (wie Trump oder Kim Jong-un) oder Ereignisse (Japan und Comfort Women... schwieriges Thema, aber ich stecke in der Kultur nicht drin, dass ich wirklich verstehen würde, warum Japan nicht über seinen Schatten springt und dieses dunkle Kapitel anerkennt und aufarbeitet) – aber nicht das Land als solches.

ZitatBei der Darstellung von diversen Autor*innen und Romanen aber habe ich das Gefühl, dass diese nicht auf dieselbe ruhige Art ablaufen könnte, wie es in der Dokumentation über Kanada der Fall ist.

Hm, ich denke, dass man da auch das Format mit einbeziehen muss. Arte gehört zu einer Sparte, die keine reißerischen Dokus/ Reportagen macht. Ich weiß nicht wie man das nennt oder ob es wirklich ein Stil ist, für den es einen Namen gibt. Dinge, die Arte zeigt, haben so eine Art, dass sie die Leute für sich sprechen lassen und dass die Worte der Leute für sich stehen und der Zuschauer selber darüber nachdenken muss, was sie bedeuten. Wie die Dame in der Doku, die über eine Zukunft geschrieben hat, in der queere Menschen verfolgt werden. Dieser kamen während des Interviews auch die Tränen und man hat das nicht nochmal gedreht sondern drin gelassen, um zu zeigen wie nah es ihr geht. (Wie sie durch den Park gingen und sie meinte, dass sie ebenjenen Baum gut für ihre Lynchszene im Buch hält. Brr.)
Btw.: Mir war es auch nicht bewusst wie rassistisch Kanada war/ ist. (Als eine andere Frauen davon erzählten wie Indigene/ Inuit getötet/ vertrieben wurden.) Aber Menschen sind überall gleich. Es gibt immer welche, die gefühlt denken sie wären besser und das dann als legitimen Grund nehmen, die schlechteren Menschen zu töten.

Aber irgendwie schweife ich gerade ab. :rofl: Ich fand die Reihe jedenfalls gut und erhellend, kriege aber gerade nicht die Kurve zum eigentlichen Thema zurück. Außer vielleicht, dass andere Länder/ das Unbekannte immer attraktiver wirkt als das eigene Land/ das Bekannte, weil man das so gut Bekannte eigentlich gar nicht mehr bewerten kann durch die Alltäglichkeit. (Und vielleicht, dass ich sie selbst gar keine Kultur habe bzw. das Gefühl habe, keine Kultur zu haben, weil ich Nachkomme derjenigen bin, deren Staat vor 30 Jahren weggebrochen ist und die man damals ganz schön hat hängen lassen; siehe Netflix-Reihe "Rohwedder".)
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Nikki am 18. Oktober 2020, 18:20:37
ZitatAber irgendwie schweife ich gerade ab.

So offensichtlich unser Exkurs auch wirkt, finde ich nicht, dass er ein tatsächlicher ist. Ich finde, die Fragestellung kann nicht ohne die Einbeziehung von (vermeintlichen) Stereotypen beantwortet werden. Selbst wenn diese auf den ersten Blick (für Leser*innen) nicht erkennbar sind, finde ich, sollten Autor*innen sich darüber Gedanken machen, was der Idee eines Genres und damit verbundenen Faktoren wie immer wiederkehrende Settings, Motive etc. zugrunde liegt. In weiterer Folge müssen Autor*innen dann für sich entscheiden, ob sie sich im stereotypen Rahmen weiter bewegen wollen (in Urban Fantasy wären das wohl London, New York, LA?) oder ob sie neue Rahmenbedingungen schaffen wollen. Entscheiden Sie sich für den zweiten Weg, sollten sie sich dennoch darüber Gedanken machen, wieso die bestehenden Stereotype funktionieren bzw. wie sie erst zu solchen geworden sind und was für Erkenntnisse sie für ein neues Setting, neues Motiv anwenden und nützen können.

Die Doku hat unterschiedlichste Autor*innen zu Wort kommen lassen, die alle einen gemeinsamen Nenner hatten: Kanada als Schauplatz und/oder Sozialisierungsort. Ich finde, es wurde sehr deutlich, wie vielseitig dieses "eine Setting" ist und man nicht kategorisch sagen kann: Eignet sich super/überhaupt nicht als Setting für Genre X. Genauso wenig finde ich kann die Ursprungsfrage beantwortet werden, ob sich Deutschland automatisch (dis-)qualifiziert als Urban Fantasy Setting.

Es kommt darauf an, was für eine Geschichte di*er Autor*in schreiben möchte, sobald das mal entschieden ist, bin ich mir sicher, dass ein entsprechendes Setting sogar in Deutschlang zu finden ist. Außer Autor*in möchte unbedingt für ein Publikum schreiben, das Urban Fantasy in, Hausnummer, London lesen will. Dann wird es natürlich schwieriger. ;D Aber dann muss die Frage auch anders lauten.

Nur noch eine kleine Bemerkung direkt zur Doku:
ZitatWie die Dame in der Doku, die über eine Zukunft geschrieben hat, in der queere Menschen verfolgt werden. Dieser kamen während des Interviews auch die Tränen und man hat das nicht nochmal gedreht sondern drin gelassen, um zu zeigen wie nah es ihr geht.
Genau diese Szene habe ich als berührend, aber auch sehr abgeklärt empfunden. Die Person hat sich vielmehr mit den Leidtragenden identifiziert als Hass auf ihre Peiniger*innen zu empfinden. Genau so ein Mindset kann ich mir im Moment in einem deutschsprachigen Setting nicht vorstellen, da die Medien immer einen Sündenbock brauchen, um auf den loszuschimpfen und auch die Leute sich eher Heilung durch Anprangern als konstruktive Umgangsweisen versprechen. Besagte Person zum Beispiel wählt den Weg, dass sie ihre queeren, nicht weißen Figuren nie sterben lassen wird. Das fand ich sehr schön.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Koboldkind am 20. Oktober 2020, 09:14:11
KLeines reingrätschen mit einer Bemerkung, die mir letztens untergekommen ist: Habe ein Urban Fantasy Setting gewichtelt bekommen und es in das Schleswig-Holsteinsche Land verlegt. Ist das noch Urban? Da ich aus dem dicht besiedelten Frankfurter Raum komme wäre für mich ein solcher Vorort auch schon schweres Urban. Aber was wäre die Alternative? Es Pastoral/ländliche Fantasy zu nennen? Und wo gibts das in Deutschland heute noch?
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Araluen am 20. Oktober 2020, 10:05:15
Fällt das dann nicht einfach in Contemporary Fantasy? Urban Fantasy ist ja letztlich auch nur eine Spielart der Contemporary Fantasy mit der Vorgabe, das Ganze in einer Stadt (meist Großstadt gemeint) spielen zu lassen.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Maubel am 20. Oktober 2020, 10:10:59
Das ist ein Riesenstreitgebiet in der englischen Community. Manche nehmen den Begriff Urban sehr ernst und bestehen auf die Stadt, bzw. verlangen, dass die Stadt quasi schon ihr eigener Charakter ist. Andere sehen im Urban Fantasy eher ein Feeling. Wir nehmen mal als Beispiel Buffy. Für viele der Inbegriff der Urban Fantasy und genau dieses Feeling. Sunnydale ist nun aber ganz weit von urban entfernt und der Definition nach "nur" Contemporary Fantasy. Angel hingegen ist Urban Fantasy, weil das in L.A. spielt.

Der Streit geht dann aber auch noch weiter, ob es Urban Fantasy ist, wenn es die Stadt in den 50ern ist zum Beispiel. Also darf Urban Fantasy auch historisch sein? Eins ist in jedem Fall klar, ganz so einfach wie es auf den ersten Blick scheint, lässt sich das nicht abstecken.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Araluen am 20. Oktober 2020, 12:05:20
Ich hatte gelesen, dass es noch als Contemporary gilt, solange es anfang des 20. Jahrhunderts angesiedelt ist (als ich versucht hatte herauszufinden, in welche Schublade ich nun "Schatten der Vergessenen stopfen kann - es ist nun ein viktorianischer Fantasykrimi). Also die 50er Jahre wären noch Contemporary bzw. Urban. Aber natürlich scheiden sich da die Geister ;) Aber bevor ich nun noch ein neues Subgenre kreieren würde bezogen auf die ländliche Fantasy in Schleswig Holstein, würde ich eher bei Bewährtem bleiben.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Magineer am 20. Oktober 2020, 13:34:14
@Araluen

Bei Urban Fantasy kann man sich noch streiten (ich würde es als morderne Lebensumgebung beschreiben und damit eher die Atmosphäre als das Setting - das kann gerne auch "sub"urban sein, zum Beispiel) - aber contemporary bezieht sich immer auf die direkte Zeit- oder Wirkungsperiode des Autors. Also "Mary Poppins" zählt zur Contemparory Fantasy, zum Beispiel, aber streng genommen nur, wenn man sich auf den Roman und dessen Rezeption innerhalb seiner Schaffensperiode bezieht. Die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, geschrieben aus dem Blickwinkel des Jahres 2022, sind dann aber in jedem Fall historische Fantasy.

Was den viktorianischen Fantasykrimi angeht - da kommt es darauf an, worauf der Fokus liegt. Ist er in einer alternativen Welt angesiedelt (wogegen allerdings die direkte Verwendung des Begriffs "viktorianisch" spricht), wäre es Alternate History bzw. Alternate Fantasy, je nach technologischen Elementen auch Steampunk. Eine im (damals) realen viktorianischen England angesiedelte Story zählt aber ziemlich sicher entweder zur Gaslight Fantasy oder (falls es noch eine Verbindung zu diversen Horror-Topoi oder Elementen des gotischen Schauerromans gibt) dann eben Dreadpunk.

Schlussendlich, bei ländlicher Fantasy in Schleswig-Holstein steht es dir vermutlich frei, dein ganz eigenes Subgenre zu kreieren. Wie wäre es mit Kuhtemporary Fantasy? Oder Deichpunk?  ;D
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Araluen am 20. Oktober 2020, 13:58:57
Zitat von: Magineer am 20. Oktober 2020, 13:34:14
@Araluen

Bei Urban Fantasy kann man sich noch streiten (ich würde es als morderne Lebensumgebung beschreiben und damit eher die Atmosphäre als das Setting - das kann gerne auch "sub"urban sein, zum Beispiel) - aber contemporary bezieht sich immer auf die direkte Zeit- oder Wirkungsperiode des Autors. Also "Mary Poppins" zählt zur Contemparory Fantasy, zum Beispiel, aber streng genommen nur, wenn man sich auf den Roman und dessen Rezeption innerhalb seiner Schaffensperiode bezieht. Die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, geschrieben aus dem Blickwinkel des Jahres 2022, sind dann aber in jedem Fall historische Fantasy.
Ich verbürg mich bei dem nachgelesen Halbwissen auch nicht für Richtigkeit. Es ging dabei um die Frage, ab wann etwas noch zeitgenössisch ist und ab wann historisch und da wurde die Grenze beim 20. Jahrhundert gezogen (mittlerweile würde man das vermutlich eher beim 21. Jahrhundert tun). Ob das nun so richtig ist, sei dahingestellt.

Zitat von: Magineer am 20. Oktober 2020, 13:34:14
Was den viktorianischen Fantasykrimi angeht - da kommt es darauf an, worauf der Fokus liegt. Ist er in einer alternativen Welt angesiedelt (wogegen allerdings die direkte Verwendung des Begriffs "viktorianisch" spricht), wäre es Alternate History bzw. Alternate Fantasy, je nach technologischen Elementen auch Steampunk. Eine im (damals) realen viktorianischen England angesiedelte Story zählt aber ziemlich sicher entweder zur Gaslight Fantasy oder (falls es noch eine Verbindung zu diversen Horror-Topoi oder Elementen des gotischen Schauerromans gibt) dann eben Dreadpunk.

Schlussendlich, bei ländlicher Fantasy in Schleswig-Holstein steht es dir vermutlich frei, dein ganz eigenes Subgenre zu kreieren. Wie wäre es mit Kuhtemporary Fantasy? Oder Deichpunk?  ;D
Sorry fürs OT: Es spielt im historischen London des Jahres 1883 und erzählt eine Detektivgeschichte gespickt mit phantastischen Elementen (konkret Geister und ihr dunkles Pendant). Gaslight Fantasy ist vermutlich noch passender, da ein viktorianischer Krimi ja die phantastischen Elemente missen lässt. Dreadpunk passt nicht - nicht Lovecraft mäßig genug ;).
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Magineer am 20. Oktober 2020, 19:20:09
Zitat von: Araluen am 20. Oktober 2020, 13:58:57
Ich verbürg mich bei dem nachgelesen Halbwissen auch nicht für Richtigkeit. Es ging dabei um die Frage, ab wann etwas noch zeitgenössisch ist und ab wann historisch und da wurde die Grenze beim 20. Jahrhundert gezogen (mittlerweile würde man das vermutlich eher beim 21. Jahrhundert tun). Ob das nun so richtig ist, sei dahingestellt.

Ich glaube, da verschwimmen einfach die Grenzen. In der Literaturwissenschaft fasst man ja im Begriff der zeitgenössischen bzw. (hier begriffsgleich) Gegenwartsliteratur eigentlich das literarische Schaffen ab 1989 bis heute zusammen. Bei einer genaueren Definition des Begriffs "zeitgenössisch" geht folgende Erklärung mehr auf den Wortkern ein: "Die Autoren der zeitgenössischen Literatur teilen die gleichen zeitgeschichtlichen und persönlichen Erfahrungen wie das Lesepublikum. Demnach werden aktuelle Entwicklungen in der Gesellschaft in den literarischen Werken aufgegriffen und verarbeitet." - Zeitgenossen eben.

Zitat von: Araluen am 20. Oktober 2020, 13:58:57
Sorry fürs OT: Es spielt im historischen London des Jahres 1883 und erzählt eine Detektivgeschichte gespickt mit phantastischen Elementen (konkret Geister und ihr dunkles Pendant). Gaslight Fantasy ist vermutlich noch passender, da ein viktorianischer Krimi ja die phantastischen Elemente missen lässt. Dreadpunk passt nicht - nicht Lovecraft mäßig genug ;).

Find ich hübsch. Das ist doch dann schon ein Musterbeispiel für klassisches Gaslight.  :)
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Churke am 21. Oktober 2020, 10:41:59
Zitat von: Zitkalasa am 18. Oktober 2020, 16:38:39
Mir fallen vielleicht Harzsagen ein bzw. der Harz und das Erzgebirge als solches, um eine Art Natur zu haben, aber sonst habe ich das Gefühl, dass wir als Land immer in der Moderne leben und ständig im Wandel sind.

Aus einem externen Blickwinkel düfte sich das ein wenig anders darstellen. Deutschland wirkt modern, weil die historische Bausubstanz flächendeckend weggebombt wurde. Deutungen sind zudem nicht objektiv. Paris gilt als mythisch, obwohl es technisch gesehen eine klassizistische Planstadt von Napoleon III. ist. Es dürfte sich für alles ein passender Schauplatz finden lassen. Man muss nur ein bisschen suchen.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Zit am 21. Oktober 2020, 18:03:54
Das hat weniger mit Architektur zu tun. Es gibt auch in Dresden Ecken, die ihr eigenes Flair haben und die man sicher für fantastische Wesen/ Vorgänge hernehmen kann. Es ist eher das Mindset von Deutschen, das mich davon abhält, hier wirklich eine Märchenwelt draus zumachen.
Titel: Re: Urban Fantasy mit Setting in Deutschland? Wenn ja: wo?
Beitrag von: Koboldkind am 21. Oktober 2020, 22:28:56
Okay, da hab ich wohl Minenfeld betreten - ich musste erstmal Contemporary nachschlagen und verstehe das als Überbegriff für Gegenwarts-Fantasy-Settings, und Urban wäre (international kann man sich sicher drauf einigen) eine Fantasystory in einem nach staatlichen Standarts geltende Stadt.
Da ich ja nun nicht wirklich einen Fuß nach Schleswig gesetzt habe, dachte und überlegte ich so und mir war es Urban genug, eine Stadt wird gelegentlich besucht, ja. Magiekämpfe in Hintergassen von Hochausschluchten, nein, dann wäre es keine Urban Fantasy, das kann ich auch unterschreiben.
Zitat von: Magineer am 20. Oktober 2020, 13:34:14
Schlussendlich, bei ländlicher Fantasy in Schleswig-Holstein steht es dir vermutlich frei, dein ganz eigenes Subgenre zu kreieren. Wie wäre es mit Kuhtemporary Fantasy? Oder Deichpunk?  ;D
Gekauft.  ;D

Zitat von: Zitkalasa am 21. Oktober 2020, 18:03:54
Das hat weniger mit Architektur zu tun. Es gibt auch in Dresden Ecken, die ihr eigenes Flair haben und die man sicher für fantastische Wesen/ Vorgänge hernehmen kann. Es ist eher das Mindset von Deutschen, das mich davon abhält, hier wirklich eine Märchenwelt draus zumachen.
Das beschreibt denke ich das, was ich oben zu meiner Verwunderung sagte - Deutschland ist so dicht besiedelt in Europa, dass sich für mich einfach jede Ecke Urban anfühlt. Okay, im Allgäu zwischen sieben Bergen hatte ich das Gefühl von DORF, allerdings ist man mit dem Auto so schnell in einer Stadt, dass man gar nicht mehr in seinem Nest verstauben muss, wie es das Genre des Heimatromans mir vorgaukelt.

Ich bin allerdings auch keine Literaturwissenschaftlerein und verfolge gespannt die weitere Auseinandersetzung hier. ... kuhtemporary Fantasy, ich brauch noch Kühe für mein Setting ...