Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Das Sprachbastelboard => Thema gestartet von: Artemis am 02. Juli 2007, 21:31:56

Titel: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Artemis am 02. Juli 2007, 21:31:56
Nachdem wir in einem Thema tiefer schon die Frage hatten, ob die personifizierte Beschreibung sinnvoll ist oder nicht, wollte ich dazu mal eine ganze Diskussion entzünden  ;)

Also, wie haltet es mit diesen hübschen Metaphern, die Dinge lebendig beschreiben und dabei oft so tief in der Fantasie wühlen, dass sie im Prinzip kaum mehr etwas mit dem zu tun haben, das sie umschreiben sollen?
Das beste Beispiel wäre da natürlich die Formulierung von Manja (ich bin mal so frei, die hier zu zitieren  ::)):

Zitat von: Manja am 02. Juli 2007, 17:12:15
Er spürte dieses unangenehme Kribbeln, das er immer hatte, wenn er beobachtet wurde.
Dieses scheußliche Gefühl, als ob ein Igel über seinen Hals tappelte. Er kroch seinen Nacken hinauf, dann seine Kopfhaut, ließ ihm dort die Haare abstehen.
Dann zurück in den Nacken und begann zu rollen, teilte sich auf in mehrere Igel, die genauso groß waren. Sie rollten ihm über Arme, Schultern, Rücken, die wirbelsäule hinunter.
Es schüttelte ihn, als hätte man ihn mitsamt Igel in Eiswasser getaucht.
Er drehte sich um.


Kurz vorweg: Ich LIEBE ja Metaphern, ich bin süchtig nach ihnen, ich verbringe Ewigkeiten damit, neue, schöne Formulierungen zu finden, um die eher nüchteren Beschreibungen hübsch auszuschmücken.
Rein vom Sinn her sind sie ja eigentlich Mist - warum sollte man schreiben, dass ihm Igel über den Körper tappen, wenn er auch ganz nüchtern ne Gänsehaut haben kann?  :hmhm?:
Da klinkt sich dann wieder der Künstler in uns ein. Schreiben ist ein Handwerk, und so wie der Maler statt einer einzigen eben zwanzig Farben benutzt und sie fleißig mischt, bedienen wir uns in der Schatzkiste der Sprache und werfen mit Wörtern um uns, damit das spätere Werk auch etwas Schönes für das Auge ist. Wir schreiben Romane, keine Sachbücher, also darf man da ruhig mal über die Stränge schlagen - finde ich.

Wie denkt ihr darüber? Benutzt ihr Metaphern?
Wie schreibt ihr überhaupt? Nüchtern, klar, direkt, leicht verständlich, damit der Leser in kürzester Zeit viele Infos schlucken kann?
Oder eher tänzerisch elegant, verrückt, manchmal jenseits der Welt, in der man sich im Buch bewegt, fantasievoll, damit der Leser eintaucht, fasziniert ist und seine Vorstellungskraft benutzt?


EDIT: Verzeih mir, Maja - ich hatte mich vertippt  :-\ War keine Absicht gewesen ... v_v° Aber in dem Zitat hat ja noch Manjas Name gestanden.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Adam Rosinni am 02. Juli 2007, 21:38:14
Ich benutze gerne Metaphern, aber man muss sich den Einschub "wie" verkneifen.

Ein bösartiger Pfeilschwarm kann mit einem Rudel gefiederter Hornissen verglichen werden!

Ein wütender Berserker mit einem Löwen in einer Horde Antilopen!


Metaphern machen die Erzählungen enorm lebendig.

Ich denke, wie immer ist zu viel aber auch schlecht.

Adam Rosinni
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: THDuana am 02. Juli 2007, 21:41:03
Hallo Artemis,

ich benutze gerne Mataphern, wenn mir denn mal welche einfallen ::)

Aber ich liebe sie auch. Es ist einfach viel schöner, wenn man liest, was für eine Phantasie der Autor hat, als wenn er immer die bekannten Ausdrücke benutzt.
Wer sowas kann, ist in meinem Leserherz gut verankert ;)
Ich übe mich da ja noch ...

Achja:
Die VorzeigeMetapher ist von Manja, nicht Maja. ;)


Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Maja am 02. Juli 2007, 21:44:03
Ich benutze gerne Metaphern. Meine Art zu denken ist sehr bildorientiert, was sich dann in meinem Stil widerspigelt. Ich mag es, Bilder zu benutzen, die niemand sonst benutzt hätte und die man doch versteht. Zum Beispiel bin ich sehr stolz auf den Satz Sein Lächeln war ein leiser Abgrund. Das mag ich. Unsinnig, bei Licht betrachtet, aber assoziativ.

Was ich dagegen nicht mag, sind Vergleiche, wie in dem obigen Beispiel - bitte an alle: Wenn ein Zitat nicht von euch ist, sagt richtig, von wem es stammt! Dieses ist von Manja, nicht von mir! Ich mag keine Als-obs, als-wenns, als-wies.
Assoziative Metaphern sind ein Aufblitzen, das in dem Moment selbstverständlich erscheint, ohne die rationale Entschuldigung von Vergleichen. Darum schreibe ich auch nicht Sie fühlte sich, als würde eine kalte Hand nach ihrem Herz greifen, sondern Eine kalte Hand griff nach ihrem Herz. [abgesehen davon, daß dies jetzt einem anatomischen Beziehungsfehler beinhaltet - ist eben nur ein Beispiel]. Leser, die auch nur ein wenig empathisch veranlagt oder ansonsten mit Intelligenz gesegnet sind, werden das Bild als solches erkennen (und nicht sagen "Hä? Wessen Hand soll das jetzt sein?"). Und wer es nicht versteht, der ist vielleicht einfach nicht der richtige Leser für mich.

Ich benutze Metaphern und Assoziationen, weil ich selbst so denke, nicht, um mit Gewalt meine Phantasie zu illustrieren. Phantasie zeigt sich für mich im Inhalt, nicht in möglichst abgedrehten Formulierungen.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Lavendel am 02. Juli 2007, 21:59:16
Ich mag Metaphern nicht nur, ich finde sie sogar unerlässlich für's Lesevergnügen. Sicher darf man nicht in jedem Satz eine raushauen, und ich glaube man muss vorsichtig sein, nicht ein einzelnes Bild zu sehr auszuschlachten.
Für mich muss eine Metapher ein blitzender Spiegel in der Sonne sein (höhöhö, keine Kritiken für diese Metapher bitte ::)). Man liest einen kurzen Satz und ist sofort 'geblendet' von einem absolut klaren Bild. Die Assoziation muss eben stimmen. Wenn zum Beispiel der Horizont am Rand der Sonne frisst (ich hoffe, ich habe das einigermaßen richtig weidergegeben, Artemis!), dann sehe ich eine ganze Szenerie vor mir. Sowas macht eben Atmosphäre - viel effektiver als haarkleine Beschreibungen, wenn ihr mich fragt.
Aber wie gesagt, man muss damit auch ein bisschen sparsam umgehen, sonst wird's schwülstig :40°C:
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Füchslein am 02. Juli 2007, 22:05:08
Zugegeben, ich liebe Metaphern. Nicht nur beim Schreiben, auch beim Lesen, weil sie einfach viel mehr Stimmung rüberbringen als trockene Vergleiche. Egal, ob ich lese oder schreibe, ich möchte mich in die Charaktere einfühlen können. Ich will nicht wissen, dass sie beispielsweise Angst haben, sondern wie sie diese empfinden - und womit lässt sich das besser darstellen als mit Metaphern? Allerdings hat man es im Eifer des Gefechts auch schnell übertrieben, was dann wiederum zu künstlich wirkt. Ich würde sagen, es ist wie bei allem: in Maßen genießen.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Quidam am 02. Juli 2007, 22:48:17
Bei Metaphern schüttelts mich - ausser, sie unterstreichen ein Bild, das der Autor zuvor gezeigt hat. Ansonsten wird mit der Metapher doch nur das reale Bild überlagert.

Warum nicht die Bilder beschreiben, die man tatsächlich meint - und warum muss man dann immer andere Bilder für das Bild finden, das man beschreiben will?

Metaphern sind wie Make up. Dezent - ok. Aber zuviel, das wirkt einfach künstlich.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Manja_Bindig am 02. Juli 2007, 23:01:43
Oi, danke, dass mein Igel eingebunden wurde...

Ich mag Metaphern und verwende sie sehr gern, allerdings bin ich nicht der Meinung, dass ich es exessiv tue. In Szenen, in denen instinktmäßig gehandelt wird, sprich, Sex, Flüchten, etc. haben die nix zu suchen. Der chara denkt schließlich nicht nach, wie etwas ist.
Ausnahmen mache ich, wenn ich in solchen Momenten eine Wahrnehmung beschreiben will - siehe die Gänsehaut... oder in meinem Fall "Igelhaut" ;)
Ich kann mich eigentlich nur an wenige Stellen erinnern, wo ich die allgemein üblichen MEtaphern einbaue - wenn ich ein sprachliches bild verwende, dann in einem Absatz und ordentlich abgehandelt, aber nur ein einfach hingeworfenes: "Ein Igel rannte über ihn hinweg" mag ich nicht. Wenn ich eine Sinneswahrnehmung schon so heraushebe, dann will ich das ordentlich machen.

"als ob"s... ich bin kein Freund, aber auch kein Hasser. Ich entscheide situativ, ob es klanglich passt oder nicht. Im Igelfall passte es mir besser.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Maja am 02. Juli 2007, 23:30:41
Ich mag Bilder und Metaphern, weil sich mit ihnen viele überflüssige Worte einsparen lassen, die das gleiche wahrheitsgetreu, ausführlich und detailliert beschreiben müßten - da nutze ich lieber ein Bild, das, auch wenn es völlig aus dem Zusammenhang gerissen wird, vom Leser verstanden wird. *g* Ein Bild sagt mehr als tausend Worte - das kann man auch wörtlich nehmen. Und Nanowrimo hin oder her - wenn ich die Chance habe, tausend unnütze Wörter einzusparen, dann tu ich das auch. Mit Bildern kann ich meine Sprache geschmeidig halten, ohne mich in teutonischer Unwucht zu verlieren - daß die deutsche Sprache zu großer Präzision fähig ist, sehe ich als eine der größten Gefahren für den Stil. Je präziser ein Text formuliert ist, desto mehr fühlt man sich wie in einer Nachrichtensendung.

Neurologisch gesehen möchte ich, daß meine Texte nicht ausschließlich im Sprachzentrum verarbeitet werden. Ich wünsche mir sprachliche Abstraktion. Gesprochene bzw. gehörte Sprache wird auch in beiden Hinhälften zugleich verarbeitet: Das Sprachzentrum übersetzt Begriffe in Bedeutung, der Rest [ich weiß nicht genau, welcher Teil das nun macht] zieht das aus dem Klang und dem Tonfall. Ich kann, ohne des Japanischen im Geringsten mächtig zu sein, japanische Filme im Original sehen: Und weiß anhand des Tonfalls, ob die Charaktere gerade zornig, fröhlich oder ängstlich sind. Es gibt eine universelle Note in der Sprache, die in der Schrift verlorengeht.
Ein moderner Maler ist in der Lage, seine Kunst soweit zu abstrahieren, daß die Bilder auf Farben oder Grundformen reduziert sind, weg vom klaren, begrifflichen - diese Bilder, wiewohl nicht jedermanns Sache, können berühren, wenn sie direkt vom Auge ins Gefühlszentrum gehen, ohne den Umweg über das Figurliche zu machen.
Letztenendes will ich sowas mit Sprache können: Mir den Umweg übers Sprachzentrum ersparen und direkt ins Blut gehen. In der Kunst war diese Entwicklung eine lange und komplizierte - und heute zucken wir die Schultern und sagen "Na, dann malt der halt abstrakt". Genauso denke ich, ist das mit Sprache möglich, wenn man nur irgendwie weiß, wie. Indem ich mit Bildern in der Sprache arbeite, Begriffe zweckentfremde, bin ich vielleicht auf dem sprachlichen Weg von Archimbolo in Richtung Kubismus - abstrakt ist das noch lange nicht, aber abstrahiert. Es sind kleine Schritte auf einem langen Weg.

Aber ich will Neues bewegen, nicht immer nur die Sätze wiederkäuen, die andere vor mir geschrieben haben und bekannte Versatzstücke aneinanderreihen. Ich weiß nicht (genauer, ich glaube nicht) daß viele mit dem Ergebnis etwas anfangen könnten. Aber wenn ich in der Lage bin, die Dinge, die hinter meiner Stirn passieren, digital statt analog zu übermitteln - dann wäre meine Sprache endlich ein Abbild meines Geistes. Und vielleicht gibt es dann Leute, die mich verstehen, weil sie so denken und empfinden wie ich.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Ary am 02. Juli 2007, 23:39:16
Metaphern sind mehr als nur Salz in der Suppe - wenn sie wohldosiert sind, sind sie sozusagen eine Fülle exotischer Gewürze. :) Ich mag sie, sehr viel lieber als Vergleiche.
Meine Lieblingsmetapher stammt aus einer Anekdote, in der ein britischer Unterhausabgeordneter des 19. Jahrhunderts zu einem anderen gesagt haben soll: "Das Lächeln des ehrenwerten Gentleman erinnert mich an den matten Glanz der Silberbeschläge an einem Sarg". Ich liebe sowas! :)

@Maja: Wenn ich die eiskalte, ans Herz greifende hand verwende, dann greift sie bei mir auch immer sehr direkt zu. Und skurrile, seltsame vergleiche wie Dein Beispiel mit dem Abgrundlächeln mag ich auch sehr. Ich bin immer auf der Suche nach originellen, noch nicht so ausgelutschten Bildern, also, wenn jemand welche über hat, ich nehme sie gern! :)
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Lavendel am 02. Juli 2007, 23:49:34
Hrhrhr. Das hättest du wohl gerne, was? Ich behalte meine wunderhübschen Metaphern erstmal für mich. Und wenn ich eines Tages gar fürchterlich reich und berühmt bin, dann schick ich dir von jedem meiner Bücher ein Exemplar, damit du sie dir anstreichen und weinen kannst, dass sie dir nicht eingefallen sind  ;D ;D ;D
*räusper* OFF-topic aus.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Maran am 03. Juli 2007, 01:04:10
Generell mag ich Metaphern, gerade weil sie so gute Bilder zeichnen. Ich denke auch, daß es solche Bilder gibt, die von allen Menschen gleichermaßen verstanden werden. Nur trifft dies sicher nicht auf alle zu. Das Verständnis eines gezeichneten Bildes hängt sehr stark vom kulturellen Hintergrund des Betrachters ab.

Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Grey am 03. Juli 2007, 01:09:38
hmm... was soll ich sagen, ihr habt schon so viele Sachen erzählt, die meine Meinung zum Thema ganz gut wiedergeben. Am meisten möchte ich mich hier Majas letztem Beitrag anschließen und einen dicken Punkt hintermachen. Gekauft. Hätt ich auch so schreiben wollen :)

Aber damit ich auch noch was eigenes sage... hmm...

Wie schreibe ich? Eigentlich doch eher schlicht, würde ich sagen. Schlicht, aber bildhaft. Und ganz glücklich bin ihc, wenn ich unerwartete Wendungen und Zusammenhänge in einen Satz bekomme und das dann auch noch gut klingt. *strahl*

Leider ist meine aktuelle Prota ein wenig sehr kurz angebunden und außerdem sehr direkt... das lässt nicht viel Raum für ausgeklügeltes Formulieren, wenn sie auch noch unbedingt alles aus der Ich-Perspektive erzählen will... *seufz* naja, kommen auch wieder andere Zeiten ^^
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Dorte am 03. Juli 2007, 08:57:32
Aryana, den Salzvergleich finde ich sehr passend. Gute Metaphern am richtigen Ort fallen einem beim Lesen nicht als solche auf, sind aber für den Text einfach unheimlich würzend. Schlechte Metaphern, am besten noch viele davon, versalzen den Text unrettbar.

Ich wette, jeder von uns benutzt Metaphern. Einige hat man so verinnerlicht, dass man gar nicht drüber nachdenkt, wenn man sie aufschreibt. Streng genommen sind auch Wörter wie "Tischbein" Metaphern, weil ein Tisch nunmal nicht in Wirklichkeit Beine hat, sondern etwas, das eine ähnliche Funktion wie ein Bein erfüllt... Und wie langweilig wären Geschichten mit Gangstern, wenn niemand "die Radieschen von unten ansieht" oder "bei den Fischen liegt", sondern alle einfach nur gestorben sind?
Also, Metaphern sind gut, aber es sind nicht alle Metaphern gut, und überall hin passen sie auch nicht, sonst wird ein Text unfreiwillig komisch oder einfach nur schlecht.
Ganz groß mit Metaphern waren übrigens die alten Skandinavier in ihren Skaldengedichten - dort heißt das ganze "kenning". Da gibt es dann Dinge wie "Otterbuße" für Gold, "Speerregen" für Kampf oder "Wogenpferd" für Schiffe. Sollte man in seinen normalen Text nicht einbauen, aber inspirieren kann es einen ja ;)
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Maran am 03. Juli 2007, 12:19:14
Hat jemand von euch mal "Felidae" gelesen? Es hat eine Ewigkeit gedauert, bis ich dahinterkam, was mit dem "Dosenöffner" gemeint ist  :rofl: Aber als die Bedeutung endlich "oben" bei mir angekommen war, fand ich diese Bezeichnung wirklich gut.

Mir schießt da gerade eine Frage durch den Kopf. Ist der "Dosenöffner" in diesem speziellen Falle eigentlich eine Metapher oder ist es ein Synonym? Wo endet das eine und wo beginnt das andere?

Sind im Grunde genommen nicht jede Bezeichnungen oder Namen Metaphern für die Dinge, so wie ein Spiegelbild niemals das eigentliche Objekt ist? Man kann eine Sache oder Situation oder eine Person noch so gut beschreiben, man wird sie auf diese Art niemals vollständig erfassen können.
Als Beispiel:
Inmitten eines Englischen Landschaftsgartens liegt das alte Herrenhaus.
Obwohl ich das Bild sehr oberflächlich beschrieben habe, sieht es sicher jeder von euch vor sich ... und jeder hat eine andere Vorstellung. Das funktioniert automatisch, weil das Unterbewußtsein sofort im Archiv nachsieht und ein Bild aufbaut. Das Archiv ist vollgestopft mit Erfahrungen, mit Gelerntem, Anerzogenen, Emotionen etc.  All das spiegelt sich in dem eigenen Bild wider. Jemand, der mit einem Englischen Landschaftsgarten und einem Herrenhaus nichts anfangen kann ... wird der sich das gezeichnete Bild vorstellen können?
Und dennoch ... Wie genau sieht das Herrenhaus denn nun aus? Wie groß ist es, wie alt, woraus besteht es? In welchem Zeitfenster befindet es sich? Wer lebt darin? Wurde es umgebaut? Wurde angebaut? Was hat das Haus erlebt? Welche Farbe hat es? Wie viele Fenster? Wie sehen die Fenster aus? Hat es Erker, Türme? Obwohl all dies nicht beschrieben wird, hat man sofort ein Bild vor Augen. Das Gleiche gilt für den Landschaftspark.
Selbst wenn all diese Dinge bis ins Detail beschrieben werden würden, was praktisch unmöglich ist, würde es doch den Kern der Sache nicht erfassen. Ich habe mal irgendwo gelesen, daß die "Namesgebung" den Dingen ihre Magie genommen hat (sinngemäß zititiert). In dieser Hinsicht ist doch jede Bezeichnung eine Metapher, oder?
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Steffi am 03. Juli 2007, 12:30:17
@Maja: Oh ja, dieses "Er fühlte sich als ob..." versuche ich mir auch gerade abzugewöhnen. Ein Satz wirkt doch viel stärker, wenn er ohne diese Einleitung auskommt.

Genauso verhält es sich mit "XY wusste, dass sein Bruder jetzt gleich etwas sagen würde..." 

:)

Ich versuche Metaphern zu benutzen, allerdings fällt mir das etwas schwerer weil ich ein relativ nüchterner Schreiber bin.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Warlock am 03. Juli 2007, 14:38:39
Ich finde, dass man auf alle Fälle welche miteinbringen sollte. Natürlich nicht so viel,
dass es auf Dauer nervtötend wird. Aber Metaphen machen die Handlung
lebendiger, stoppen und beeinträchtigen sie aber auch, wenn man zu viele einbaut.

Ich bin der Meinung, dass man ein Mittelfeld finden sollte. Den Ausgleich, wenn ihr so wollt.
Ich bin eher sparsamer mit ihnen und verwende sie nur an den Stellen, wo ich die
Spannung etwas steigern möchte.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: THDuana am 03. Juli 2007, 14:45:55
@ Warlock
Die Spannung mit Metaphern steigern?
Ich mag Metaphern an spannenden Stellen oder sehr entscheidenden nicht so, aber wenn jemand zum ersten Mal in einen Raum kommt, eine Landschaft bewundert oder etwas anderes intensiv betrachtet, finde ich sie wirklich sehr angebracht.

Ansonsten stimme ich Manja zu:
In Szenen, in denen instintiv gehandelt wird, lese (und schreibe) ist nicht so gerne Metaphern.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Warlock am 03. Juli 2007, 14:51:48
Ganz meine Meinung!  ;D
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: THDuana am 03. Juli 2007, 15:06:17
Zitat von: Warlock am 03. Juli 2007, 14:51:48Ganz meine Meinung!  ;D
Na gut, wer lesen kann ist im Vorteil, wa? ;)
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Grey am 04. Juli 2007, 01:41:07
@Maran

Da sollte man doch aber schon zwischen Metapher und Bild unterscheiden...... also ich bin mir nicht sicher ob ich das jetzt korrekt benannt habe - die Sprachwissenschaftler unter uns mögen mir verzeihen! ;D
Aber es ist schon was anderes, ob man einen Begriff wie dein altes Herrenhaus nennt und jeder hat es sofort vor Augen, oder ob man eine Metapher benutzt. Weil, durch eine Metapher wie z.B.

das Gummiband namens Zeit

verleiht man der Zeit die Eigenschaften eines Gummibands obwohl sie ja eigentlich keins ist (zumindest nicht im herkömmlichen Sinne), während ein Herrenhaus ein Herrenhaus und nichts anderes ist, obwohl natürlich jeder sofort ein Bild im Kopf hat...
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Coppelia am 04. Juli 2007, 07:47:29
Methaphern sind gefährlich - eine falsche, und der Leser prustet los, anstatt mitgerissen zu sein. 

Die Vergleiche mit wie bevorzuge ich normalerweise, weil ich denke, dass man Metaphern gut dosiert einsetzen soll.

Und was ich vor allem denke: Die Metaphernverwendung ist von der Figurenperspektive abhängig. Wenn etwas als etwas anderes erscheint, dann muss der Perspektiventräger zumindest das andere kennen und diese Assoziation selbst haben. Könnte eine Person ohne jede klassische Bildung denken, eine andere Person sei eine Statue der Göttin Venus? Wohl nicht. Zudem sind realistische Figuren weniger "metaphorisch" veranlagt, sodass ich in ihrer Perspektive weniger Metaphern verwende. Sie nehmen halt alles wahr, so wie es ist.  Und manche Figuren haben auch einfach keinen Blick fürs Poetische.
Mein "Naturvolk" in einem meiner Romane sieht die Dinge gern aus mythologisch-kosmologischer Sicht. Wenn ich aus deren Perspektive schreibe, verwende ich viele Metaphern:

ZitatDa stand es, das Ding, und warf seinen Schatten auf Dayama an der Küste. Es war aufgebläht wie ein Blutegel und vollgepumpt mit heiligem Wasser. Da glänzte es in der Sonne, seine stählernen Wände überzogen mit den Rückständen von Erdblut. Ein Riese, dachte Yambwi, ein Dämon, der sich am Land der Mikuskinder mästete und halb verdaute Überreste wieder auswürgte. Sie prägte sich das Bild gut ein, um es sich jederzeit wieder vor Augen rufen zu können.

Ist jetzt vielleicht nicht die klassische Metapher und etwas zu viel des Guten (vor allem das mit den halb verdauten Überresten *g*), aber das ist etwa das, was dann aus der Perspektive einer solchen Figur passiert. Yambwi sieht das Kraftwerk als Riesen, weil sie gewohnt ist, in solchen Kategorien zu denken. Andere Figuren würden ganz sicher nur ein Kraftwerk auf einem Berg sehen. Sie würden auch kein "Erdblut" sehen, und für sie wären Yambwis Volk auch nicht die "Mikuskinder". 
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Artemis am 04. Juli 2007, 09:04:44
Wau, das ist ja mal genial, Coppelia!  :jau:

Wenn Metaphern so geschrieben sind, klingt es für den nüchternen Leser zwar etwas übertrieben, aber wer so was mag, gerät beim Durchlesen regelrecht in Extase *g*  :rofl:
Da lässt man die Augen über die Zeilen jagen und kommt sich vor wie in einer Achterbahn, die Gedanken werden beflügelt, und wenn man wieder in den "realen" Text purzelt, muss man erst mal tief durchatmen.

Sehr schön gemacht!  ;D
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Lavendel am 04. Juli 2007, 17:58:13
Hey Coppelia!
Ein Vergelich ist prinzipiell auch eine Metapher, nur dass ein 'wie' dabei steht.^^' Also ein 'schiefer' Vergleich bringt mich auch zum prusten (aber deins find ich schon nett).
Wie auch Satzbau oder Wortwahl müssen Metaphern natürlich zum Sprachschatz der Figur passen, deren Blickwinkel wir erleben. Also: Recht hast du.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Quidam am 06. Juli 2007, 07:34:30
Bei mir im Roman steht eine Nebenfigur auf einer wackeligen Brücke, unter sich den tobenden Fluß, über sich dunkle, tiefhängnde Wolken, Momente, bevor sich die Wolken mit Regenmassen erbrechen.  :-X

Jedenfalls stand da in einer früheren Version:

Die Wolken hingen tief. So tief, als versuche das Gewitter noch den letzten Tropfen Mondlicht aus der Finsternis zu pressen.  :d'oh:

Ich mag sowas nicht mehr.

Grüße
Quidam
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Termoniaelfe am 06. Juli 2007, 15:01:04
Ich liebe Metaphern sehr, vorausgesetzt sie wirken nicht zu kitschig.

Zitatals versuche das Gewitter noch den letzten Tropfen Mondlicht aus der Finsternis zu pressen.

Ich find das klasse.

Ich wünschte mir würde sowas mal einfallen.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Grey am 06. Juli 2007, 15:08:08
Zitat von: Quidam am 06. Juli 2007, 07:34:30
Momente, bevor sich die Wolken mit Regenmassen erbrechen.  :-X

Das finde ich aber auch ganz neckisch... ;D Kotzende Wolken find ich großartig!  :jau:
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Lavendel am 06. Juli 2007, 19:09:44
Also, da finde ich die kotzenden Wolken auch besser... obwohl du Recht hast. Es passt nicht so ganz zu Wolken, sowas zu tun^^.
Was die zweite Metapher betrifft: Wenn da Gewitterwolken sind, dann kommt meist sowieso kein Mondlicht durch, also ist es sinnlos, es irgendwo rauszuquetschen... Ich finde es auch unheimlich schwer, Metaphern nicht irgendwie zu abwegig zu machen. Andererseits ist unsere Sprache voll von Metapher, die uns gar nicht mehr auffallen, weil sie so sehr in unseren Wortschatz übergegangen sind. Wenn der Himmel seine Schleusen öffnet... der Fuß des Berges... Naja, ihr wisst schon.
Ich finde sie wichtig. Und so lange sie das, was sie beschreiben sollen, adäquat ausdrücken, finde ich sie wichtig. Solche u.a. Stilmittel gehören einfach zum 'Handwerkszeug' eines/r Autor/in. In welchem Umfang man sie benutzt bleib ja jedem/r selbst überlassen^^.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Manja_Bindig am 06. Juli 2007, 20:03:26
Meine Charas sind relativ vulgär, entsprechend "pisst" es, wenn es stark regnet. Die Wolken pissen, punkt aus ende. :)
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Grey am 06. Juli 2007, 20:06:01
Aber ein vulgärer Charakter könnte doch wohl auch gut sagen: "Boah, die Wolken kotzen heute wieder...!" ;D
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Manja_Bindig am 06. Juli 2007, 20:11:03
Naja... aber Wasser kommt bei einem eher weniger oben raus. Unten schon... das Kotzen ist auch nicht schlecht, aber ich bring das "Kotzen" nicht wirklich mit Regen in Verbindung, von daher hätt ich bei der Verwendung arge Probleme.

...
(naja, und wenns hagelt sch***en die Wolken, um konsequent zu sein...)
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Lavendel am 06. Juli 2007, 20:22:50
Oh dear... this is too much... :rofl:
Please stop to elaborate on this immediately!
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Grey am 06. Juli 2007, 20:52:24
Also ICH finde die kotzenden Wolken immer noch großartig und würde sie gern verwenden, wenn ich darf... Quidam? *rüberschiel* Darf ich? Darf ich?
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Maja am 07. Juli 2007, 00:19:23
Ich sag euch jetzt eine Sache zu den kotzenden Wolken: Wenn dieses Bild mehr als einmal, oder von mehr als einem Autor, verwendet wird, verliert es alles. Damit tötet ihr die Worte. Laßt es bleiben.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Hr. Kürbis am 07. Juli 2007, 07:46:01
*guckt nach draußen, wo die Wolken gerade kotzen*

Also ich muss sagen, ich bin auch nicht unbedingt ein Freund von Metaphern, wohl dosiert ist in Ordnung, aber wenn ich zu jedem Bild quasi noch ein vergleichendes Bild mitgeliefert bekommen, dann frage ich mich ernsthaft, ob das ursprüngliche Bild nicht einfach zu "schwach" ist...
Wobei es natürlich auch ein paar wirklich gute Metaphern gibt, aber auf die Dosis kommt es eben an.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Grey am 07. Juli 2007, 08:56:29
hmm? Nein Maja, ich bin da unbedingt deiner Ansicht, aber ich dachte, Quidam wollte das Bild sowieso nicht haben...?
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Maja am 07. Juli 2007, 10:11:17
Hallo? Schreiben wir für Quidam, oder für uns, oder für das Publikum?

Ich persönlich finde das Bild mit den kotzenden Wolken nicht toll, weil es
a) onomatopoetisch nicht paßt (falsches Geräusch) und
b) auch die Konsistenz von Regen nicht dem Bild entspricht und
c) Kotzen ein intensiver, aber kurzer Vorgang ist und dazu paßt, daß dir jemand von oben einen Eimer Wasser über den Kopf gießt, aber nicht zu dem ausdauernden Sturzregnen, zu dem Wolken fähig sind.
Da sag ich dann auch lieber es gießt, oder es pisst.
Ohnehin kenne ich in keiner anderen Sprache so viele Worte für Regnen wie in Deutschland - das sind bestimmt bald soviele wie die Inuit für den Schnee haben. Da muß ich mir nicht zusätzlich Metaphern suchen.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Franziska am 07. Juli 2007, 19:45:51
Mit Metaphern habe ich auch oft Probleme. Die meisten, die ich gelesen habe, haben für mich einfach nicht gepasst. Wenn da irgendwas mit einem Tier oder mit irgendetwas verglichen wird, dann sehe ich die Dinge immer so vor mir, liegt vielleicht an meiner Vorstellungskraft, aber dann habe ich plötzlich Bilder im Kopf, die gar nichts mit der Geschichte zu tun haben. Ich finde es einfach ziemlich schwer, gute Metaphern zu finden. Deshalb benutze ich auch kaum welche. Seltsamerweise fallen mir haufenweise Metaphern ein, wenn ich Gedichte schreibe, aber die passen dann nicht in einen Roman.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Lavendel am 08. Juli 2007, 11:53:48
Wenn die Metaphern falsche Bilder in deinem Kopf erzeugen, dann passen die Metaphern vielleicht nicht zur Situation...
Wenn man zum Beispiel ein Bild finden will, das dazu passt, dass jemand nicht richtig Atmen kann, weil er/sie in einer erschreckenden Situation ist, sollte man nicht schreiben, dass die Luft sich so zäh und kebrig anfühlt wie Honig. Der Honig passt einfach überhaupt nicht zu der furchtbaren Situation, in der sich der Chara befindet, der ist nämlich süß, hat auch gewisse ästhetische Assoziationen (siehe Wellnesswerbung).
Aber letztens habe ich irgendwo gelesen (hat nichts mit der oben genannten Person zu tun, aber was solls^^'), dass der Nebel wie Spinnweben zwischen den Bäumen hängt. Das ist wiederum (meiner Meinung nach) ein super Bild.
Also, halten wir fest: gute Metaphern finden ist schwer! Verdammt schwer. Darum macht man das ja üblicherweise auch erst in der Überarbeitung, wenn man sich um die meisten anderen Dinge nicht mehr so viele Gedanken machen muss (es sei denn, man hat mal einen Geistesblitz zwischendurch...).
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Quidam am 09. Juli 2007, 00:35:07
Hallo Leute,

ihr hängt euch an den kotzenden Wolken auf - dabei kam das in keiner einzigen Version vor!  ;D Das hab ich nur so geschrieben, um auf die Haupt-Metapher hinweisen zu können, die ich hier als Beispiel zeigen wollte.

Grey, meinetwegen verwendest du das Bild.  :)

Und hey.. ich verwende ab und an natürlich auch Metaphern. Aber nicht so dick und doch seltener. Lieber beschreibe ich das tatsächliche Bild und überlagere es eben nicht mit einer Metapher.

Grüße
Quidam
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Hr. Kürbis am 09. Juli 2007, 07:45:03
Um nochmal auf die kotzenden Wolken zurück zu kommen, wenn das ein Protag in der Ego-Perspektive selber so sieht, weil überhaupt alles Mist ist, er mit dem falschen Bein aufgestanden ist, seine Frau mit dem Chef schläft, seine Kinder Idioten sind, der Hund nur drei Beine hat etc. und er dann morgens aus dem Haus geht und sich sagt:

Zu allem Übel kotzten sich die Wolken noch über mir aus...

dann finde ich das durchaus gelungen und die Metapher auch durchaus gelungen. ;D
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Maja am 09. Juli 2007, 11:41:26
Ich erinnere mich an eine Metapher, die ich mir mal verkniffen habe - da habe ich die Lebenszeit mit einer aufgeblasenen Schweineblase verglichen. Ich glaube, es ist ganz gut, daß der Welt dieses Bild erspart blieb...
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Manja_Bindig am 09. Juli 2007, 11:43:26
Ja... aber zu spät, jetzt hab ichs im #kopf... igitt... *schauder*
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: caity am 09. Juli 2007, 13:31:19
Hallo,

also ich finde Metaphern mitunter schön ... sie können etwas veranschaulichen oder viel wichtiger entsprechend Atmosphäre erzeugen, aber zu viele Metaphern sind störend und tun dem Text auch nicht gut, also ... es kommt imho auf das richtige Mittelmaß an ;)

@ Maja: *igittigitt* Aber wie kommt man denn auf so etwas? Willst du mir den Zusammenhang nicht erklären?

Bye
caity
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Maja am 09. Juli 2007, 14:31:46
Zusammenhang, in wenigen Worten:
"Eine Flöte aus Eis": Felder rechtfertigt seinen Lebenswandel mit der Erklärung, die Zeit wäre wie eine Schweinsblase - man kann sie aufblasen, daß sie größer wird, oder es sein lassen - in jedem Fall hat jeder die gleiche Menge Leben, die Frage ist nur, was man draus macht.
Soweit der Versuch, das nach zehn Jahren zu rekonstruieren... Dauerhafter war da die Erklärung, daß die Wirklichkeit ist wie ein Gummiband, man kann sie dehnen und dehnen, aber irgendwann fletscht sie zurück, oder sie reißt (aus "Die Spinnwebstadt").

Gerade habe ich aber wieder eines gefunden, das mir wirklich gefällt: "Seine Stimme war wie junges Eis: Kalt, aber dünn und brüchig"
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Amber am 29. Oktober 2007, 01:07:27
Wie findet ihr denn das hier:

Der Mond schien hell am Himmel.
In seinem fahlen, fremden Licht taumelte sie die Straßen entlang wie ein verirrter Nachtfalter, zu schwach, den weiten Weg hinauf zum Mond auf sich zu nehmen, zu stark von ihm angezogen, um sich fallen zu lassen.


Ich fands irgendwie schön und poetisch. Oder hab ich den Kitsch-Alarm überhört?
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: saraneth am 29. Oktober 2007, 23:16:24
Ich weiß nicht... also kitschig finde ich es nicht.

Ich mag es. :)

Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Grey am 29. Oktober 2007, 23:30:19
Doch. Es ist furchtbar kitschig. ^^ Aber kitschig ist ja nicht zwingend schlecht. Kommt ja auch immer drauf an wie der Rest vom Text ist.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Dorte am 30. Oktober 2007, 08:43:07
Das ist aber keine Metapher, sondern ein Vergleich, da das Wörtchen "wie" da steht. So hab ich das zumindest mal gelernt. ;) Kann aber auch gut sein, dass ich das falsch gelernt habe.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Grey am 30. Oktober 2007, 09:23:12
Doch, das hab ich auch so gelernt. Aber ich glaube, wir haben das schon den ganzen Thread über fröhlich gleichgesetzt ;D
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Amber am 30. Oktober 2007, 23:27:47
Danke für eure Meinungen. Ihr habt mir geholfen.

Ob man es etwas kitschig mag ist wahrscheinlich Geschmackssache. Da ich aber anscheinend nicht die Einzige bin, die das mag, werde ich es so stehen lassen  :)

Und ihr habt recht, es ist ein Vergleich, aber d ain diesem Thread Beides schon vorkam, fand ich, ich könnte es trotzdem hier posten.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: saraneth am 31. Oktober 2007, 09:54:19
Jaja, einen leichten Hang zum Kitsch in Worten habe ich, ich gebs zu ;D
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: pink_paulchen am 28. Januar 2015, 15:52:10
Könnt ihr mal kurz ein Statement zu einer meiner Schöpfungen abgeben? Ich brauche eine externe Meinung. Ich wollte einen Vergleich, der bewusst aus dem Text haut - weil man an der Stelle stolpern soll. Insofern ist: "Stolper ich drüber" ein gewünschter Effekt. Wenn ihr aber sagt "das passt gar nicht und ich krieg den Bogen nicht" - das wäre falsch. Aber genau das findet halt ein Lektor.
Also was denkt ihr über:
ZitatDer Weg zählte 3296 Schritte. 1648 Mal knackte die Prothese am linken Bein dabei. Wie das Quaken eines hämischen Frosches.
Ich muss vermutlich nicht mehr erklären, dass ich an dem  Bild hänge, sonst wäre es einfach rausgeflogen.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Thaliope am 28. Januar 2015, 15:54:43
Ich finde, "knacken" und "quaken" passen nicht zusammen - die beiden Geräusche klingen für mich zu unterschiedlich. Wenn die Prothese knarzen, knirschen oder ächzen würde, wäre das stimmiger.


EDIT: und zum Topic, da ich diesen Thread gerade zum ersten Mal sehe und total spannend finde (hab in Sprachwissenschaft mehrere Semester lang eine Vorlesung über Metapherntheorien gehört ...): Früher hatte ich richtig Angst davor, mich mit Metaphern, Bildern, Vergleichen, Analogien lächerlich zu machen.
Aber in meinem aktuellen Projekt, in dem ich mich zum ersten Mal von Emotionen leiten lasse, passiert das ganz automatisch. Das ist voller Bilder und Metaphern, und es macht eine unglaubliche Freude, sie zu schreiben. Ich bin allerdings gespannt, wie viele davon dem kritschen, nüchternen Blick der Überarbeitung standhalten werden :)
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: HauntingWitch am 28. Januar 2015, 16:28:35
Mein erster Gedanke war jetzt: Hä, Frosch? Wo ist denn da der Link? Falls das so beabsichtigt ist, finde ich die Formulierung an sich gut.

Zum Thema allgemein: Ehrlich gesagt, habe ich mir darüber nie Gedanken gemacht. Ich weiss im Moment auch gar nicht, ob ich selber eher viele oder eher wenige Metaphern verwende (aber verwenden tue ich sie bestimmt), bei mir ist alles so intuitiv. Ich merke das gar nicht, ausser bei der Überarbeitung. Aber gezielt darauf geachtet habe ich mich noch nie.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Fafharad am 29. Januar 2015, 21:04:16
Holla, es lohnt sich also doch, in einen seit über sieben Jahren brachliegenden Fred zu posten  8). Oder ist da mal die Forumsuhr runtergefallen?

Zur Frage: Ich bin gestolpert. Aber über die vierstelligen Zahlen in numerischer Schreibweise  ;).
Die quakenden Frösche, tja ... Da muss ich Thaliope recht geben. Wenn du mit einer Metapher ein Geräusch umschreibst, dann, um dem Leser einen Anhaltspunkt zu geben, wie eine Sache klingt. Das funktioniert hier naheliegenderweise nicht, deshalb kann ich deinen Lektor verstehen.

@Thaliope : Kennst du "Die nachhaltige Pflege von Holzböden" von Will Wiles? Ein Buch, das (gefühlt) zur Hälfte aus Metaphern besteht. Ich habe zwar eingebläut bekommen, eher wenige und dafür überzeugende Bilder zu verwenden, aber gefallen hat es mir trotzdem.
Also, auch ein Buch mit Metaphern in jedem zweiten Satz hat Veröffentlichungschancen  :).
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Sturmloewin am 01. Februar 2015, 12:59:46
@pink_paulchen

Zum Frosch: da bin ich irgendwie zwiegespalten. Einerseits mag ich den Vergleich, andererseits stolpert man schon irgendwie drüber. Ich glaube, das kannst nur du selbst dir beantworten, zumal du ja auch den Rest der Geschichte kennst.



Zu Metaphern und Vergleichen generell: Ich verwende so etwas sehr gerne, allerdings hauptsächlich Vergleiche. Nur in einer Gesichte habe ich mit Absicht sehr viele Metaphern verwendet, um den geistigen Zustand meines Protas zu unterstreichen. Ich persönlich lese aber auch sehr gerne Vergleiche in Büchern. Besonders so Vergleiche wie z.B. in Harry Potter gefallen mir. Zum Beispiel: "Er sah aus wie eine große, klebrige Walnuss" oder "warfen lange Schatten wie Mäntel auf das Gras"
Ich liebe solche Vergleiche, vor allem, wenn sie so schön bildhaft sind  ;D
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Rabenfeder am 29. Oktober 2015, 09:01:59
Bäh da tippe ich mir die Finger wund und dann - alles weg. Daher leider jetzt die Kurzform.

Das mit den Zahlen kann funktionieren, wenn es um jemandem geht, der einen besonderen Bezug dazu hat und als Sonderling auftritt. Marke Sheldon Cooper.

Den Vergleich mit dem Frosch finde ich unglücklich. Ein normaler Frosch kann nicht hämisch sein und man schreibt es Fröschen im allgemeinen auch nicht zu. In sofern ist es ein Vergleich der eigentlich keiner ist.  ;)
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Churke am 29. Oktober 2015, 11:40:36
Zitat von: Regentänzerin am 01. Februar 2015, 12:59:46
Ich liebe solche Vergleiche, vor allem, wenn sie so schön bildhaft sind  ;D

Auch wenn's schon lange her ist: Ein Vergleich ist keine Metapher. Die Metapher ist nicht wie etwas, sie ist etwas.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: cryphos am 29. Oktober 2015, 11:52:46
Der Vergleich hinkt. Knacken und Quaken eines hämischen Frosches passen in meinem Kopf nicht zusammen. Zum Einen weil ich für Knacken und Quaken ganz unterschiedliche Gräusche im Kopf habe und zum Anderen kann ich mir unter einem hämischen Frisch nichts vorstellen, weder bildlich, noch lautmalerisch.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: pink_paulchen am 29. Oktober 2015, 13:04:30
Oh, ihr habt den Frosch wieder hochgekramt. Der ist aus Matamba und er ist geblieben, allerdings quakt er jetzt nicht mehr.
"1648 Mal knackte die Prothese am linken Bein dabei, wie ein hämischer Frosch."
Im Zusammenhang verbindet man die Häme damit, dass das eine lächerliche Ersatzprothese für eine ganz ausgezeichnete Arbeit ist, die nämlich geräuschlos nahezu perfekt das menschliche Gelenk simulierte. Im Gegensatz dazu knackt das Ersatzexemplar - froschig.
Titel: Re: Metaphern - Fluch oder Segen?
Beitrag von: Vic am 04. Januar 2016, 18:34:38
Ich liebe Metaphern und finde gute, originelle Metaphern sind auch echt Gold wert.
Allerdings (!!) sollten sie mMn kurz sein und den Lesefluss nicht unterbrechen. Also wenn man mitten in der Erzählung rausgeworfen wird weil eine absatzlange Metapher die Handlung unterbricht, finde ich das eher störend. ;)
Aber wenn sie in einem Nebensatz fällt und ein Gefühl ganz wunderbar zusammenfasst, dann finde ich Metaphern ganz großartig.