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Der innere Lektor

Begonnen von zDatze, 27. Juni 2008, 23:51:20

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zDatze

Stellt euch mal folgende Situation vor:

Man liest und ... da! Auf Seite 40 findet man eine total verunglückte Forumulierung. OK, das ist noch in Ordnung, kann jedem mal passieren. Beim Lektorat überlesen, oder so ähnlich ...

Seite 60 ... eine Stilblüte, bei der man die Stirn in Falten zieht und die Nase rümpft.

Seite 73 ... ein Satz, der vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen, mitten in einem Absatz steht und nur Verwirrung hervorruft. (5-mal lesen und noch immer Bahnhof)

Ich könnte jetzt noch mit einigen weiteren gefundenen Fehlern aufwarten. Ich weis, ich bin keine Lektorin und maße mir eine solche Arbeit nicht einmal im entferntesten an, aber beim Lesen hat sich ein sehr seltsames Gefühl eingeschlichen. Und irgendwie hat es mich auch erschreckt, als ich am Schluss mein Zettelchen mit Notizen nocheinmal überflogen habe ... da waren wirklich gravierende Mängel verzeichnet. (Normal sitze ich nie mit einem Zettel dabei und notiere Stilblüten.)

Man könnte das jetzt natürlich damit erklären, dass jeder mit der Zeit kritischer liest und ein Auge für Logikfehler und Vertippsler entwickelt, aber damit will ich mich nicht zufrieden geben. Normalerweise lese ich schnell und überlese auch so manche Ausrutscher, das gebe ich ganz ehrlich zu.
Mir ist es schlicht und einfach unerklärlich, wie soviele Fehler bei der Korrektur übersehen werden.
Irren ist menschlich ... ok, jeder soll sich ein paar Fehler gönnen. Niemand ist perfekt. Das kann man auch als Aufmunterung für seine eigenen Geschichten sehen.

Im Moment hadere ich ein bisschen mit mir selbst. Ich will niemanden schlecht machen, aber es tut mir im Herz weh, wenn eine Idee gut ist, dann aber die Umsetzung derartige Mängel aufweist.

Wie geht ihr mit solchen "unerfreulichen Entdeckungen" um?

Churke

Ach, das brauche ich mir nicht vorzustellen, das ist so.

Ich verstehe auch dein Problem nicht ganz, wenn man die Fehler noch findet, ist doch alles in Ordnung. Dass das erst aus dem zeitlichen Abstand heraus geschieht, ist zwar lästig, aber nicht zu ändern.


ZitatWie geht ihr mit solchen "unerfreulichen Entdeckungen" um?
Gott, der Herr, hat mir in seiner unendlichen Gnade zehn Finger gegeben. :psssst:

zDatze

#2
Es geht nicht um meine Texte, sondern um ein bereits gedrucktes Buch.

Oje, dann hab ich mich wohl wieder einmal nicht ganz deutlich ausgedrückt. Ich bitte um Entschuldigung. :'(

Julia

Ärgern ... und auf bessere Zeiten hoffen.

Nein, mal im Ernst: Ähnliches ist mir in der letzten Zeit auch zunehmend aufgefallen. Okay, vielleicht (bestimmt!) wird man kritischer, wenn man selbst schreibt. Vielleicht wird die Qualität der Bücher (sprich: des Buchsatzes)auch tatsächlich schleichend schlechter (das Buch soll schließlich so schnell wie möglich auf den Markt, die Konkurrenz ist groß, es geht um die Gunst ( = die Kohle) des Lesers).

Auch die Inhalte reißen mich nicht mehr so häufig mit wie früher. Und das liegt nun definitiv nicht daran, dass sich meine Anspruchshaltung geändert hat, seit ich selbst schreibe, denn wenn ich eins von den guten "alten" Büchern in die Hand nehme, finde ich es auch heute noch gut - selbst wenn ich es zum fünften Mal lese.

Aber was kann man dagegen machen? Ich weiß es nicht, um ehrlich zu sein. Das Einzige, was ich vor einiger Zeit mal gemacht habe, war, aus einem recht bekannten Bücherklub auszutreten, weil ich die sogannte Bücher-"Auswahl" nicht mehr ertragen konnte. Auf die Frage, warum ich den austreten wolle ("Ich finde die Bücherauswahl zunehmend schlechter") bekam ich nur die Rückantwort: "Nicht die Auswahl wird schlechter, sondern die Autoren."
Ja danke, genau das wollte ich hören ...

Aber ganz ohne Bücher? No, never ...

Also bleibt nur abwarten ... und wie gesagt, auf bessere Zeiten hoffen *seufz*

Coppelia

#4
Wie ich damit umgehe? Ich amüsiere mich. ;D Na gut, manchmal denke ich auch: "Das hätten sie von mir besser haben können ..."
Was ich nur traurig finde, ist, wenn man an so einem Buch merkt, wie der Autor "abbaut". Kennt ihr das? Autoren, die ihr Leben lang gute Bücher geschrieben haben, werden alt und können ihre Qualität nicht mehr halten. Sehr traurig, das.

Ich lese im Moment fast gar nichts mehr außer Star-Trek-Romanen, und die sind zum Teil so schlecht, dass ich schon fast Sachen rausgeschrieben hätte, um euch hier zu amüsieren (warum ich sie trotzdem lese? Star Trek hat eine positive Wirkung auf mich. ;)). Aber dann dachte ich: "Was soll's, ist doch auch egal ..." Aber das liegt daran, dass ich halt die meiste Zeit lateinische Texte lese und für deutsche kaum noch Zeit habe.
Aber auch die lateinischen Autoren leiden unter Stilblüten, Unlogik, zu langen Passagen, Wiederholungen und was man sich sonst noch so denken kann, sogar die besten unter ihnen gelegentlich. Kein Unterschied zu Autoren von heute. Ok, ein richtiges Lektorat gab es damals noch nicht, aber Testleser, -hörer auf jeden Fall. Aber ich rege mich normalerweise nicht darüber auf, sondern finde es lustig.

Julia

Zitat von: Coppelia am 28. Juni 2008, 07:19:04
Was ich nur traurig finde, ist, wenn man an so einem Buch merkt, wie der Autor "abbaut". Kennt ihr das? Autoren, die ihr Leben lang gute Bücher geschrieben haben, werden alt und können ihre Qualität nicht mehr halten. Sehr traurig, das.

:psssst: Ich kenne sogar Bücher, bei denen der Autor schon nach dem zweiten oder dritten Buch abbaut ...


Issun

Ich habe eine Buchreihe gelesen, die eine einzige Ansammlung von Fehlern war. Zunächst habe ich mich nur gewundert, aber als dann normale Wörter (keine Namen) mittendrinnen Großbuchstaben hatten, fand ich das schon etwas ärgerlich. Das hätte eigentlich bereits dem Autor beim Durchlesen auffallen müssen, geschweige denn dem Lektor. Das Buch verliert damit wirklich ein wenig an Qualität, auch wenn man noch darüber hinwegsehen kann. Das Lesen sollte schließlich flüssig gehen, aber wenn mir auf jeder zweiten Seite ein gravierender Fehler ins Auge sticht, habe ich das Gefühl, herausgerissen zu werden.

Tenryu

Ich lese ja kaum Bücher von lebenden Autoren. Da brauche ich mich dann nicht zu ärgern, daß irgend ein Hirni mit seinem Mist ne Menge Geld scheffelt während meinen Mist keiner kaufen will.  ;)

Möchtegernautorin

Ich ärgere mich da auch regelmäßig über solche Fehler. Seit ich selbst schreibe - beziehungsweise mich auch mit dem Handwerklichen auseinandersetzte - lese ich devinitiv kritischer andere Bücher.
Aus ein paar Fehlern oder Formulierungen, die meines Erachtens seltsam klingen mache ich mir im Allgemeinen auch nichts (Tippfehler übergehe ich dabei einfach). ich nutze bestenfalls die Gelegenheit kurz zu überdenken, wie es besser klingen würde.
Ich fange erst dann an mich wirklich über so etwas zu ärgern, wenn es sich häuft und ich dann  dem arroganten Gedanken nachhängen muss, dass ich das Buch vermutlich hätte besser schreiben können.

In wieweit die Lektoren so etwas beheben sollten, habe ich um ehrlich zu sein noch nie wirklich überdacht. Tippfehler, klar, die sollten schon raus und es ist auch nur menschlich, dass einem ein paar Fehler entgehen.
Aber die Formulierungen und dergleichen? <schulternheb>
Her plants and flowers, they're never the same - Blue and silver, it's all her gain
flying dragons, an enchanted would - She decides, she creates
It's her reality
Within Temptation - "World of Make Believe"

Issun

ZitatIn wieweit die Lektoren so etwas beheben sollten, habe ich um ehrlich zu sein noch nie wirklich überdacht. Tippfehler, klar, die sollten schon raus und es ist auch nur menschlich, dass einem ein paar Fehler entgehen.
Aber die Formulierungen und dergleichen? <schulternheb>

Ja, manche Formulierungen sind auch nicht das Gelbe vom Ei. Es wirkt störend, wenn ein Autor beginnt, Sätze, die einfach nicht gut zusammenpassen, aneinanderzureihen. Beim Lesen drängt sich einem dann das Gefühl auf, es ginge über eine Holperpiste- gerade wenn ungeschliffene Formulierungen verwendet werden.
Ich weiß nicht, ob ich es von mir aus besser machen könnte- ich glaube, nicht- aber ich denke mir immer, dass doch irgendein Probeleser den Autor darauf hätte hinweisen können.

Romy

Ja, über so was ärgere ich mich auch immer häufiger, je länger meine 'Schreibkarriere' andauert  :wache!:

Sicherlich sollten dem Autoren Tippfehler, Stilblüten, schlechte Formulierungen etc. beim Überarbeiten auffallen. Insbesondere finde es unmöglich, wenn es sich dann um den x-ten Teil einer Reihe von einem Bestsellerautor handelt und die ersten noch Top waren, am Ende aber immer schlechter werden. Ich meine jetzt nicht nur inhaltlich, sondern man hat auch das Gefühl, dass der Lektor allerhöchstens mal einen flüchtigen Blick drauf geworfen hat.
Mir drängt sich dann immer das Gefühl auf, dass der Autor schnell was runter geklatscht hat und der Lektor dachte, der gute Name des Bestsellerautors reicht, damit es gekauft wird, Korrektur nicht notwendig.

Mit ist aufgefallen, dass Bücher unbekannter Autoren häufig viel besser Lektoriert sind. Tja, warum nur ist das so?!  :hmhm?: 
Denn, von dem oben erwähnten Ärgernis mal abgesehen finde ich, nicht nur der Autor ist zuständig, Tippfehler etc. aufzuspüren, sondern auch der Lektor. Sind sie nicht dafür eigentlich da?  :hmhm?:

Für einen großen Publikumsverlag finde ich es einfach nur peinlich, ein Buch eines berühmten Autors in bester Druckqualität (Hardvover usw.) rauszugeben und dann wimmelt es von Tippfehlern!!!! Das muss doch wirklich nicht sein, passiert aber oft genug!  >:(

Zitat von: Julia am 28. Juni 2008, 00:53:50
"Ich finde die Bücherauswahl zunehmend schlechter" bekam ich nur die Rückantwort: "Nicht die Auswahl wird schlechter, sondern die Autoren."
Das wage ich zu bezweifeln! Für mich klingt es nach einer schlechten Ausrede und nichts anderes!

Tenryu

#11
Tippfehler sind zwar lästig, aber als Leser stören mich inhaltliche Fehler viel mehr. Manche Plots sind so hirnrissig, daß ich mich schon frage, ob die überhaupt ein Lektor gelesen hat. Aber es gibt auch Bücher, die im Allgemeinen ja ganz ordentlich sidn, aber es einige Szenen gibt, die einfach nur schlecht sind.

FeeamPC

Ich glaube, da kommen zwei Dinge zueinander. Einmal liest man kritischer, wenn man selbst Autor ist. Immer nach dem Motto: Hätte ich das besser gekonnt?
Sodann fällt einem Vielleser und berufsmäßigem Korrogierer ein Fehler einfach schneller auf. Ich kenne eine Lektorin, die nicht mal mehr die Tageszeitung lesen kann, ohne daß ihr jeder Druckfehler sofort ins Auge springt.  Ihrer Aussage nach enthält unsere Tageszeitung Fehler mengenweise. Ich merke das nicht so sehr, wie fast jeder Zeitungsleser lese ich einfach darüber hinweg, wenn die Fehler nicht zu krass sind.

Issun

Ich habe allen Ernstes einmal ein Buch gelesen, in dem sich der Name einer Person geändert hat- und zwar um einen Buchtstaben, also sicher nicht mit Absicht. *Das* war seltsam. Aber okay, es war auch eine Person, die nur am Rande aufgetreten ist und nicht die ganze Geschichte bestimmt hat. Das Buch war wirklich gut und der kleine Fehler hat ihm auch nichts von seiner Qualität genommen- also war es zu verzeihen.  ;)

Aidan

Ich stelle bei mir fest, dass ich immer aufmerksamer auf Formulierungen, grammatikalische Besonderheiten und - sofern mir selber geläufig - auf Rechtschreibung achte, seit ich mich wieder mehr mit der Sprache und vor allem mit dem Schreiben beschäftige. Wirklich störend finde ich es selten, erst ab einer bestimmten Menge an Fehlern.

Was mich richtig stört ist, wenn die Sätze völlig sinnfrei sind. Zum Beispiel bei Übersetzungen. Ich hatte mir ein Buch über das Schreiben aus der Bücherei geholt. Da waren (zum Ende) derartig heftige Fehler drin, die wohl durch die Übersetzung kamen, dass ich mich wirklich geärgert habe. Das Ende passte nicht zum Anfang, und vieles mehr. Auch Übersetzer sollten der Zielsprache nicht nur mächtig sein, sondern auf eine gute Ausformulierung achten. (Und dann besonders, wenn es ums Schreiben geht.)
"Wenn du fliegen willst reicht es nicht, die Flügel auszubreiten. Du musst auch die Ketten lösen, die dich am Boden halten!"

,,NEVER loose your song! Play it. Sing it. But never stop it, because someone else is listening."