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Grammatikalische Kleinigkeiten

Begonnen von Ratzefatz, 21. November 2007, 06:23:44

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Araluen

Naja ich kenne es schon im Zusammen hang mit "Ich leide an einer Krankheit" zum Beispeil, wenn es also von mir selbst kommt und nicht von außen induziert ist, wie bei "ich leide unter den Arbeitsbedingungen". Daher bin ich gerade unsicher. Aber ein Punkt für unter ist schonmal notiert.

Coppelia

#1426
"leiden" kann man mit beidem konstruieren, aber ich glaube auch, dass es einen feinen Unterschied gibt. "an" sagt man, würde ich sagen, eher im medizinischen Bereich. "unter" bei allem anderen, was der Grund für das Leid ist (meist mit konkreter Nennung).

Ich leide an chronischer Nasennebenhöhlenentzündung. Ich leide unter der Kälte und Feuchtigkeit in meiner Wohnung.

Also bei Paranoia: An, würde ich sagen.

Nikki

Ich kann @Coppelia nur zustimmen, der Duden führt die Unterschiede zwischen krankhaftem und emotionalem Leiden sehr schön unter 1.b. und 1.c. aus.

Zitat von: Duden
(an einer bestimmten Krankheit, einem bestimmten Leiden) erkrankt sein

Beispiele

        an Rheuma, an Bronchitis leiden
        sie leidet an einem hartnäckigen Ekzem, unter ständigen Kopfschmerzen

(durch etwas, jemanden) körperlich oder seelisch stark beeinträchtigt werden; (etwas, jemanden) als schwer erträglich empfinden

Beispiele

        er litt an, unter dem Gefühl der Unsicherheit
        sie leidet sehr unter seiner Unzuverlässigkeit, unter ihrer Einsamkeit, unter ihrem Chef


Dein Beispiel funktioniert mit beiden Präpositionen.
Ich leide an (meiner) Paranoia. = Ich bin die Person, die Paranoia hat.
Ich leide unter seiner Paranoia. = Ich leide unter* dem Stress, der durch die Paranoia einer anderen Person verursacht wird.

* Wenn Stress als Diagnose vorliegt, kann man hier auch "an" in Betracht ziehen.

Ahneun

Bei Wikipedia hab ich dazu folgendes gefunden;
Zitat von: WikipediaDie Betroffenen leiden an einer verzerrten Wahrnehmung ihrer Umgebung in Richtung einer feindseligen Haltung ihrer Person gegenüber

Demnach müsste es heißen; ... sie leiden an Paranoia.
- Ein Diamant
ist

Nikki

#1429
@Ahneun Ich finde, das von dir zitierte Beispiel geht an der ursprünglichen grammatikalischen Frage vorbei. Du ersetzt hier den Fachterminus einer psychischen Störung durch eine laienhafte Beschreibung bzw. ein Symptom. Damit setzt du das Verb und die jeweilige Präposition in einen anderen Kontext. Du kannst diese zwei Satzteile nicht austauschen und einfach 1:1 dieselbe Grammatik auf die restlichen Satzglieder anwenden.

Ananke

Ich glaube, es geht generell um zwei verschiedene Bedeutungen von leiden. Jemand, der an Narzissmus leidet, muss deswegen keinen eigentlichen Leidensdruck haben.

Ich würde also sagen, 'an etwas leiden' ist gleichbedeutend mit 'etwas (eine Krankheit etc.) haben' – also erstmal ziemlich wertneutral.

Araluen

Zitat von: Nikki am 23. Juli 2021, 16:48:39
        Dein Beispiel funktioniert mit beiden Präpositionen.
Ich leide an (meiner) Paranoia. = Ich bin die Person, die Paranoia hat.
Ich leide unter seiner Paranoia. = Ich leide unter* dem Stress, der durch die Paranoia einer anderen Person verursacht wird.

* Wenn Stress als Diagnose vorliegt, kann man hier auch "an" in Betracht ziehen.

Dann wäre an bei meinem Fall vermutlich das passendere. Der Prota befürchtet selbst Paranoia zu haben.

Danke ihr Lieben für den Input  :pompom:

Archibald

unter

laut Duden u.a.: ,,Kennzeichnet die Ursache des im Verb Genannten."

(Die Paranoia ist der Grund des Leidens.)

Unter hat aber auch eine zeitliche Komponente. Sieht man z.B. an Konstrukten wie: ,,unter der Woche", ,,unter seiner Herrschaft"

an

laut Duden u.a.: Stellt unabhängig von räumlichen oder zeitlichen Vorstellungen eine Beziehung zu einem Objekt oder Attribut her.

(Stellt eine Tatsache fest.)

Volker

Demnach:
Ich leide an Paranoia. = Paranoia ist die Beschwerde.
Ich leide unter Paranoia. = Paranoia ist ursächlich für meine Beschwerden.

Also:
"Ich kann nicht in das kleine Zimmer - ich leide unter Klaustrophobie."
"Wegen eines schlimmen Kindheitstraumas leide ich an Klaustrophobie."

Oder?

Frostschimmer

"leiden an": Ein Krankheitswert oder eine Beschwerde liegt vor. Beispiel: Er leidet an Bluthochdruck.
"leiden unter": Ein Leidensdruck liegt vor. Beispiel: Sie leidet unter dem Lärm aus der Nachbarwohnung. Oder: Er leidet unter seinem Bluthochdruck. (Zum Beispiel, weil er deshalb keinen Sport mehr machen darf.)

"leiden unter", also der Leidensdruck, muss nicht bedeuten, dass ein benennbares (medizinisches) Leiden vorliegt.
"leiden an" muss nicht bedeuten, dass ein Leidensdruck vorliegt, kann es aber.

"leiden an" ist eine nachweisbare Tatsache, "leiden unter" ein subjektives Empfinden.

LG
Frostschimmer

Nikki

Zitat"leiden an": Ein Krankheitswert oder eine Beschwerde liegt vor. Beispiel: Er leidet an Bluthochdruck.
"leiden unter": Ein Leidensdruck liegt vor. Beispiel: Sie leidet unter dem Lärm aus der Nachbarwohnung. Oder: Er leidet unter seinem Bluthochdruck. (Zum Beispiel, weil er deshalb keinen Sport mehr machen darf.)

Ich finde, @Frostschimmer hat hier sehr gut die unterschiedlichen Nuancen veranschaulicht. Je nachdem worauf der Fokus liegt, variiert die Präposition. Möchte ich das Krankheitsbild betonen, ist die Tendenz zu "an" gegeben, konzentriere ich mich auf die Folgen desselbigen, dann eher "unter". Je nach Intention sind im selben Satz beide Präpositionen möglich, ist - wie immer - eine Fall-zu-Fall-Entscheidung.

@Araluen würde ich auch so sehen. :)

Feuertraum

#1436
Hallo an Alle  :winke:,

ich grübele, ob eine Wortverkürzung in meiner Szene grammatikalisch erlaubt ist:

Kurzer Umriss: Zwei Möbelpacker halten einen sehr schweren Gegenstand einige Zeit in der Luft. Ein dritter Mann, der Chef der beiden, wartet.

Szene:
"Können wir den Gegenstand kurz absetzen? Er ist sauschwer, und wir bräuchten eine kurze Verschnaufspause."
"Ja, aber bitte langsam und behut..."
Ein lautes Krachen verriet, dass die zwei eine andere Auffassung der Begriffe langsam und behut(?) hatten.

Und da liegt jetzt gerade mein "Problem":
Darf ich schreiben "Ein lautes Krachen verriet, dass die zwei eine andere Auffassung der Begriffe langsam und behut... hatten", oder muss ein "Ein lautes Krachen verriet, dass die zwei eine andere Auffassung der Begriffe langsam und behutsam hatten."

Wie schaut es da grammatikalisch, wie logisch und wie stiltechnisch aus?

Für die Antworten bedanke ich mich schon einmal im Voraus.
Feuertraum
Ein Bekannter von mir liebt Bier so sehr - ich bekam als Schutzimpfung gegen Corona Astra Zenica, er Astra Pilsener ...

Dämmerungshexe

Logisch betrachtet sollte das behutsam beim zweiten Mal ausgeschrieben werden, da es ja zu keiner "Unterbrechung" kommt. Vom Stilistischen her klingt es natürlich nicht ganz so rund, da man dann zweimal die Endung -sam hat. Deshalb würde ich eher "vorsichtig" statt "behutsam" verwenden.
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Avery

#1438
Ich glaube, ich würde hier sogar eher von der Logikseite den letzten Teil ein wenig abändern. In meinem Kopf sieht es so aus, dass der Chef versucht, den beiden zu sagen, sie sollen vorsichtig und behutsam sein, die beiden ihm aber gar nicht mehr richtig zuhören, da sie es schon krachend abstellen - ergo: Ihn unterbrechen. Insofern wäre vielleicht eher sowas galanter:

"Können wir den Gegenstand kurz absetzen? Er ist sauschwer, und wir bräuchten eine kurze Verschnaufspause."
"Ja, aber bitte langsam und behut-"
Ein lautes Krachen machte die restlichen Worte überflüssig. Stattdessen warf er ihnen einen mahnenden Blick zu. Falls sie immer so langsam und behutsam mit der Ware umgingen, mussten sie dringend ein ernstes Wort reden.

EDIT: Wenn Sie es so lassen möchten, würde ich behutsam im zweiten Teil übrigens auf jeden Fall ausschreiben.

Feuertraum

Hallo Dämmerungshexe,

vielen lieben Dank für die Antwort.
Ich wollte in diesem Fall tatsächlich das Wort "behutsam" in diesem Szenario wiederholen (wie auch das Wort "langsam"), da sich zumindest die Wiederholung für mich "richtig" anfühlt.
Aufgrund Ihres Vorschlags mit dem "vorsichtig" überlege ich jetzt, ob ich das Wort "behutsam" durch ein anderes Wort ersetze, wobei ich jedoch das Wort "vorsichtig" vermeiden wollte, da ich es für meinen Geschmack etwas zu stark dosiert habe.
Vielleicht "sachte" oder "liebevoll".
Danke für Ihre gute Idee   :)

@Avery: Ich finde, dass Sie damit zwar auch eine gute Idee haben, aber sie passt nicht so wirklich zum Lakonischen bzw. zum Humor, den ich versuche, in die Geschichte einzubetten. Die Wiederholung der Wörter ist in diesem Fall für meine Wenigkeit eine Art, meinen Humor einzuweben (ja, ich weiß, mein Humor ist seltsam).
Ein Bekannter von mir liebt Bier so sehr - ich bekam als Schutzimpfung gegen Corona Astra Zenica, er Astra Pilsener ...