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Was macht in einer Geschichte den Humor aus?

Begonnen von Coppelia, 10. Februar 2014, 13:52:06

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Coppelia

Sicherlich ein schwieriges Thema, angeregt vom Ironie-Thread. Ich hoffe, das gab es nicht schon!

Ich bin doch sehr erstaunt, wie viele leidenschaftliche Gegner der Ironie in Texten es gibt. :) Das hätte ich niemals für möglich gehalten.
Ich schreibe gern humorvoll, wenn auch nicht immer. Würde ich die Ironie aus meinen Texten weglassen, würden sie damit einen guten Teil des Humors verlieren. Ich bin allerdings einer eine Vertreterin milder Ironie, die ihre Figuren gern hat und liebevoll mit ihnen umgeht.
Ich habe auch weitgehend ironie-freie Texte. Die sind dann aber auch deutlich ernster.

Natürlich kommt Humor nicht nur durch Ironie zustande. Die Frage ist schon regelrecht philosophisch. Ich habe mal in der Witzforschung gearbeitet, habe einige wissenschaftliche Dinge zu dem Thema gelesen, aber eine Antwort habe ich trotzdem nicht gefunden: Was macht Humor in Texten aus?
Was macht für euch Humor in Texten aus?
Wie versucht ihr, Humor in eure Texte hineinzubringen? Natürlich ist nicht jeder Text dafür gleichermaßen geeignet. Trotzdem finde ich, dass auch ernste Texte von Humor profitieren. Wenn sie nicht zuuuu ernst sind oder die jeweilige Stelle nicht zu ernst ist.

Siara

So was in der Art hatte ich gerade auch schon im Ironie-Thread angemerkt: Ironie ist für mich auf jeden Fall die einfachste Art des geschriebenen Humors. Auch da muss man natürlich darauf achten, dass die Ironie erkannt wird. Aber vieles andere funktioniert eben grundlegend nicht.

Auf einer Bananenschale ausrutschen und im Pferdemist landen (um mal ganz klischeehaft zu bleiben), ist in Textform einfach nicht witzig. Bringt ein Autor damit einen Leser, der älter als fünf ist, zum Lachen, muss er ein unglaubliches Schreibtalent haben.  ;)

Andere Arten von Humor... da fällt mir die Zuordnung schwer, auch wenn ich ein paar Stellen im Kopf habe. Wortspiele, wenn sie gut gemacht sind. Manche Metaphern, wenn sie wunderbare Bilder vor die Augen zaubern. Und manchmal sind es eben bestimmte Begebenheiten, die man zu etwas Lustigem entwickeln kann, die aber so einmalig sind, dass ich im Augenblick keinen Oberbegriff finde.

Auf jeden Fall liegt für mich der Humor dann tatsächlich mehr in der Erzählung und der Wortwahl als in der eigentlichen Handlung und dem Geschehen.

I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Ary

Ich finde, es kommt immer ganz auf die Art von Humor an, die man transportieren möchte. Bei mir läuft es da meistens auf Ironie und Wortwitz hinaus, oder auf Situationskomik. Ich kann keine lustigen Geschichten schreiben, Comedy liegt mir nicht und ich mag keinen Stammtischhumor. Wenn ich Humor in meine Geschichten bringe, ist er entweder ironisch oder rabenschwarz.  :darth:
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Sprotte

Meistens bringe ich Humor in Wortgefechten meiner Heldenpaare ein. Manchmal auch durch eine leicht bissige Sicht der Heldin auf den Helden.
Alles Bananenschalen-Mäßige ist im Roman nicht angebracht, finde ich.

Christian Svensson

Ich denke, dass sind Fallentscheidungen. Das Beispiel mit der Bananenschale ist Slapstick und geht nur in einem Text, der generell so angelegt ist.
Dann ist es wohl auch eine Frage sowohl der verwendeten Perspektive als auch der Erzählstimme. Wenn ein auktorialer Erzähler 300 Seiten lang sachlich und emotionslos berichtet hat, kann er nicht auf einmal einen Witz bringen. In der personalen oder ich-Persepktive können die Figuren durchaus Humor zeigen, zum Beispiel in Dialogen. Dann muß es aber auch wieder zum Charakter passen. Darum, wie für fast jedes verwendete Stilmittel: Es muss passen, oder "Die Dosis macht das Gift."

Churke

Zitat von: Coppelia am 10. Februar 2014, 13:52:06
Wie versucht ihr, Humor in eure Texte hineinzubringen?
1. Der Plot
2. Die Figuren
3. Die Dialoge
4. Die Anspielungen
5. Wortschatz und Satzbau

Also eigentlich immer und überall.




Christopher

Mir geht es ähnlich wie Aryana. Eine Geschichte schreiben mit der Intention sie "witzig" zu gestalten, kann ich irgendwie nicht.
Trotzdem gibt es (laut Betas) bei mir durchaus mal was zu lachen. Das ist dann aber immer aus der Situation heraus, zwar so angelegt, dass es witzig sein KANN aber der Witz steht nicht im Vordergrund.
Kurz:
Ich schreibe es nicht, um witzig zu sein, sondern es ist für sich genommen witzig gewesen, wobei ich der Situation nur den Spielram gegeben habe witzig sein zu können...

...so viel zum Thema kurz. Schwieriges Thema. Ich glaub, ich denk lieber noch mal drüber nach und schaue, ob ich mehr Erkenntnisse sammeln kann ;)
Be brave, dont tryhard.

HauntingWitch

Humor ist, wenn ich lachen muss. Logisch. Wann und weshalb genau das eintritt, kann ich aber nicht sagen. Ich denke, es hängt von Wissen, Erfahrung, Wertvorstellungen und Weltanschauung ab. Z.B. bei Supernatural gibt es ja immer mal wieder Anspielungen auf Filme, Musik usw. In einer Folge klingeln die beiden Brüder also als angebliche FBI-Agenten bei einem möglichen Zeugen und stellen sich vor:
"Das ist Agent Tyler, ich bin Agent Perry." (oder umgekehrt)
Zeuge: "Ah, wie bei Aerosmith!"
Ich finde das zum Schiessen komisch, denn ich kenne diese Band zufällig und weiss, dass Gitarrist und Sänger Tyler und Perry heissen. Ich finde es fast jedes Mal zum Schiessen, denn sie nehmen bekanntlich immer Namen von Musikern. Jemand, der dieses Wissen nicht hat bzw. mit den besagten Musikern nichts anfangen kann, findet das wahrscheinlich nur halb so lustig, wenn überhaupt.
Das ist jetzt ein sehr einfaches Beispiel, aber das Prinzip funktioniert immer gleich. Es ist also auch eine sehr individuelle Sache.

In meinen Geschichten entsteht der Humor eher zufällig. Ich weiss, wenn ich es gezielt darauf anlege, geht es schief, also tue ich das nicht. Aber oft gibt es Stellen, in denen mir eine witzige Bemerkung in den Sinn kommt, weil es sich in dem Moment richtig anfühlt. Dann schreibe ich das auch. Eine Beta (ich glaube, es war sogar eine Zirklerin, weiss nur nicht mehr, wer) sagte mal, sie möge meinen Humor. Und ich dachte so: Ich, Humor, wo? Erst danach ist mir aufgefallen, dass der Humor in dem Projekt wie selbstverständlich nebenbei eingeflossen ist. Es kommt auch auf die Charaktere an, manche sind einfach witziger als andere. Ich überlege mir das aber eigentlich nie genau, es passiert einfach oder eben nicht. Erst hinterher bei der Überarbeitung fallen mir gewisse Stellen dann auf oder ich streiche es raus, wenn ich etwas als unpassend empfinde.

Simara

Ich liebe Humor. Egal ob in fremden oder eigenen Werken- Wer mich zum lachen bringen kann hat die größte Hürde bereits überwunden. Da ich mit Serien wie "Buffy" aufgewachsen bin macht es mir auch nichts aus, wenn Drama und Komödie schnell wechseln, auch wenn ich verstehen kann, dass so etwas nicht jeder gut findet.
In meinen eigenen Geschichten kommt es immer sehr stark auf das Setting und die Figuren an, wieviel und welche Art von Humor ich benutzte, doch wichtig ist mir dabei immer, dass die Figuren nicht alle im selben Tonn scherzen, sondern ihrer Stimme treu bleiben. Solange man sich daran hält, glaube ich nicht, dass der Humor ganz fehl am Platze ist. Dann ist es eben morbide über die Todesumstände von Madame Käsekuchen zu lachen, wenn mein Prota einen düsteren Humor hat soll er gerne einen Witz darüber machen. Sollen ihn die anderen Figuren dafür rügen, ich verbiete ihm da ungern den Mund. Außerdem kann man über den jeweiligen Humor so viel über den Charakter einer Figur ausdrücken und es auch den anderen Figuren mitteilen, ohne es direkt aussprechen zu müssen.
Allerdings fliegen bei mir viele Dinge, die ich beim ersten Schreiben witzig fand, in der Überarbeitung auch wieder raus, da ich bei meinem verqueren Denken oft die einzige bin, die drüber lachen würde.  ;)

Issun

Wie schön, das Thema hier zu vertiefen. :)
Ich liebe Humor, und ein großer Teil meines Humors besteht aus Ironie. Aber nicht ausschließlich. Ich habe auch schon einige seltsame Anwandlungen gehabt, mich zum Beispiel einmal an eine Szene gewagt, die dem oben genannten Ausrutschen auf der Bananenschale nicht unähnlich war. Keine Ahnung, ob das funktioniert hat. Auf jeden Fall lassen sich die Texte, die ich schreibe, nicht von meiner Person trennen, und so fließt immer etwas von meinem Humor ein, meist völlig unwillkürlich. Ich denke nicht: "So. Jetzt schreibe ich etwas Witziges." Ich lasse die Worte einfach so fließen, wie sie mir in den Sinn kommen. Ich glaube, besonders tritt der Humor dann in den Dialogen, aber auch in Beschreibungen zutage. Was mir mit Sicherheit gar nicht gelingen würde, ist ein Witz, wie er gerne mündlich mitgeteilt wird (nach dem Motto: "Kennst du schon...?"). Holzhammer-Witzen kann ich nicht so viel abgewinnen, obwohl es da auch Ausnahmen gibt - beim Schreiben verwende ich sie jedenfalls so gut wie nie.

Ich glaube, Humor ist ein heikles Thema, das ziemlich viel mit Persönlichkeit zu tun hat und deshalb auch die Gemüter erhitzen kann. Auf jeden Fall spannend, ihn zu diskutieren.

Coppelia

#10
Angeblich entsteht Komik dadurch, dass etwas Unerwartetes passiert, das als unpassend empfunden wird. So jedenfalls die Witz-Theorien, die ich damals gelesen habe. Ich bin aber nicht sicher, ob das auch die text-typische Sorte Humor ist.

Es wurde von einem Experiment erzählt, das ich mir gemerkt habe (und das ich auch ziemlich witzig finde): Wissenschaftler haben so getan, als würden sie Versuche mit Ratten machen. Ihre Probanden sollten die Ratten aus dem Käfig nehmen. Allerdings handelte es sich bloß um Stoffratten. Die Wissenschaftler haben dabei angeblich herausgefunden, dass die Probanden mehr lachen mussten, je unerwarteter die "Wendung" kam, z. B. wenn sie dicke Handschuhe anziehen mussten und davor gewarnt worden waren, wie bissig die Ratten waren.
Tut mir leid, dass ich keine Quelle mehr nennen kann. Es ist Jahre her, dass ich das gelesen habe.

Ich finde es auch immer sehr lustig, wenn etwas in Texten unpassend ist. Z. B. wenn eine Figur den Ernst der Lage nicht erfassen kann und in ernsten oder feierlichen Situationen irgendwelche banalen Dinge erzählt oder tut. Natürlich muss der Leser dann in der Lage sein, das zu leisten, was die Figur nicht kann - erkennen, was angemessen wäre. Es kann sich auch einfach die falsche Person in einer Lage befinden, die nicht wirklich zu ihr passt, z. B. in der Rolle eines Helden. Das bietet viel Potential für Komik und für Figurenentwicklung. Kommt halt darauf an.
Und klar, witzige Dialoge sind wertvoll. :) Dabei finde ich es oft besonders witzig, wenn eine Figur eine andere missversteht, dem Leser aber klar ist, wie die Äußerung gemeint ist. Natürlich ist das nicht immer witzig, es kommt eben aufs Thema an.
Ich könnte es unter Umständen auch witzig finden, wenn jemand auf einer Bananenschale ausrutscht. Aber es kommt darauf an, wer und in welcher Situation und wie es geschildert wird.

Ja, Anspielungs-Humor ist so eine Sache. In dem Computerspiel "Fallout - New Vegas" gab es manchmal besondere Ereignisse, die auf irgendetwas anspielten und offenbar lustig waren. Offenbar, ich habe die Anspielungen nie verstanden und habe daher auch nie lachen müssen. ;D

Thaliope

Das Prinzip mit den durchbrochenen Erwartungen, das Coppi beschreibt, ist meine Lieblingsform von Humor, die sich in ganz, ganz vielen Witzen findet und die ich selbst auch am liebsten in meinen Texten einsetze. Eine Erwartung schüren, und sie dann fein unterwandern - oder, subtiler, mit dem Vorschlaghammer zertrümmern  ;D Das passiert mir beim Schreiben automatisch und ich musste mich eine ganze Zeit lang zwingen, wenn ich es mal nicht machen wollte. Denn zu viel Witz, Ironie etc. kann tatsächlich verhindern, dass man den Figuren nahekommt und mit ihnen mitfühlt - weil man ggf. einen Konflikt nicht austrägt, sondern mit einem Gag übergeht. Ich hoffe ja, dass ich irgendwann mal den für mich richtigen Mittelweg finde ;)


Naudiz

Ich glaube, ich bin eine der witzlosesten Autorinnen unter dem Firmament. Wenn sich Humor in meine Werke verirrt, dann eigentlich ausschließlich rabenschwarzer, seltener auch mal Ironie oder Sarkasmus. Allerdings nicht im eigentlichen Text! Sondern in Dialogen. Für alles andere sind meine Geschichten zu ernst. Ich habe genau einen Roman, bei dem ich auch mit dem von mir heiß und innig geliebten Anspielungs-Humor arbeiten kann. Der ist allerdings auch aus der Ich-Perspektive eines ziemlich geekigen jungen Mannes geschrieben, da finde ich das schon wieder passen. Aber meine Fantasy-Werke, wie gesagt, sind ziemlich humorlos, dafür düster und tragisch. Und ich versuche nie, nie, nie, aus Intention lustig zu sein. Das wirkt nur aufgesetzt und gezwungen und ist damit sogar für mich selbst total unwitzig.

Aus Leser-Perspektive habe ich genau das gern, was ich auch schreibe. Oh, und Wortspiele! Gerade Pratchett geht wunderbar mit ihnen um, genauso wie mit den Anspielungen. Das ist mir immer eine wahre Freude. Dieser Humor der durchbrochenen Erwartungen bringt mich hingegen nur in den seltensten Fällen zum Lachen, außer, er ist mit dem Anspielungs-Humor gepaart. Auch Holzhammer-Witze ziehen bei mir höchstens ein müdes Gähnen nach sich oder, viel häufiger, ein missbilligendes Kopfschütteln. Deswegen mag ich auch so Comedians wie Mario Barth nicht. Das ist mir einfach zu primitiv (nichts gegen diejenigen, die das schreiben oder mögen. Jeder hat einen anderen Geschmack.) Kabarettisten bringen mich da schon eher zum Lachen. Oder, die Godfathers of Humour in meinen Augen: Monty Python. Die arbeiten ja auch wieder viel mit schwarzem Humor, Wortwitz und Anspielungen. Und natürlich Satire. Deswegen kann ich auch gut gemachten Parodien viel abgewinnen.

Long story short: Humor in einem Roman muss für mich entweder bitterböse schwarz oder satirisch sein oder auf Wortwitz und Anspielungen basieren. Subtil ist das Stichwort.

Polarfuchs

Über diese Frage habe ich mir noch nie Gedanken gemacht, zumal ich auch eigentlich keinen "humorvollen" Text schreiben möchte. Aber eine Betaleserin sagte mir mal nach, dass die Geschichte durch den trockenen Sarkasmus der Protagonistin an einigen Stellen " sehr witzig" wird.

Zit

#14
Muss ja zugeben, dass ich ein Mensch bin, der Humor in 90% der Fälle begreift, aber bei den wenigsten Sachen lachen muss. Gerade beim geschriebenen Wort bin ich da schwierig. Auch weil ich mehr auf "optischen" Humor getrimmt bin: lustige Mimiken, bestimmte Körperhaltungen oder Filmschnitte. (Gerade Animationsfilme kriegen das gut hin; aktuelles Beispiel: Minions.) Da wir hier schon von Supernatural sprachen, erinnere ich mal gern an die Folge, in der Dean von der Geisterseuche befallen ist und völlig am Rad dreht. Als sie dann in der Fabrik sind und er den Schreikrampf bekommt, musste ich wirklich herzlich lachen. Beim ersten Mal; und immerhin schafft die Szene es immer noch, dass ich breit grinse und mich freue.
Ansonsten finde ich lakonische Äußerungen witzig oder auch Schlagfertigkeit, da muss ich gelegentlich auch leise kichern.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt