Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Das Sprachbastelboard => Thema gestartet von: Monika am 30. Juli 2007, 20:42:24

Titel: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Monika am 30. Juli 2007, 20:42:24
Hallo alle miteinander,

ich habe vor ein paar Tagen in der Zeitung folgende Formulierung gelesen:

"Sie: Eine in der Wolle gefärbte Sozialdemokratin ...... Er: Ein in der Wolle gefärbter   
Christdemokrat .... "

Dieser Ausdruck "in der Wolle gefärbt" ist mir vollkommen fremd.  :hmhm?:
Ist diese Formulierung Euch schon begegnet und was soll damit zum Ausdruck gebracht werden.  ???

LG
Django

Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: THDuana am 30. Juli 2007, 20:49:00
Mir ist das jetzt auch sehr unbekannt. :hmhm?:
:hmmm: Vielleicht jemand, der ... wie war denn der genauere Zusammenhang?
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Artemis am 30. Juli 2007, 20:52:25
Wenn jemand in der Wolle gefärbt ist, bedeutet das, dass er in irgendwas eingefleischt ist und auf seinem Ding beharrt  ::)
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: THDuana am 30. Juli 2007, 20:55:40
Wieder was gelernt, danke Artemis! :)
Aber dieser Ausspruch ist doch sehr befremdlich, finde ich ...
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Monika am 30. Juli 2007, 21:00:21
Hey Duana,

also, der Artikel drehte sich um Zypries und Schäuble, die beim Thema "Kampf gegen den Terror" im Clinch liegen.
Der genaue Wortlaut lautete wie folgt:

".... Bei der umstrittenen Online-Durchsuchung ist eine Einigung in weiter Ferne.
Sie: Eine in der Wolle gefärbte Sozialdemokratin, die dafür plädiert, Eltern ohne Ehering genauso zu behandeln wie solche mit Ehering. Er: ein in der Wolle gefärbter Christdemokrat, der im Kampf gegen den Terror auch schon mal den Scharfmacher gibt. Diese Kombination ist, wie weiland Boris Becker gesagt hätte, schon "mental" nicht die glücklichste. .... "

Ich glaube, dieser textliche und sachliche Zusammenhang bringt einen auch nicht unbedingt weiter  ???
*ups* beim Schreiben ist mir aufgefallen, dass ich mit dem Ausdruck "wie weiland" auch nicht besonders viel anfangen kann  ::)

Django :)
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Dorte am 30. Juli 2007, 21:02:08
Ist mir noch nie zuvor irgendwo untergekommen und ich hätte das ohne Erklärung auch nicht verstanden.
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Monika am 30. Juli 2007, 21:04:06
Hallo Artemis,

man lernt doch nie aus!  ;D

Gruß
Django

Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Artemis am 30. Juli 2007, 21:05:52
Ich kenne ehrlich gesagt auch nur den englischen Begriff dyed in the wool. Habs mir davon abgeleitet  ;D
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Lavendel am 30. Juli 2007, 21:08:38
weiland (veraltet): vormals, einstmals, ehemals

Das sagt mein Freund, der Duden ;).
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Monika am 30. Juli 2007, 21:15:09
und noch was dazu gelernt  :rofl:

Danke Lavendel

Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: FeeamPC am 30. Juli 2007, 23:18:04
Der Ausdruck hat (natürlich) seine Ursprung im Stoffhandwerk- bei bunten Stoffen kann entweder der fertige Stoff gefärbt werden oder das Ausgangsmaterial. Falls der fertige Stoff gefärbt wird, dringt meist (zumindest bei etwas dickeren Fäden) die Farbe nicht gleichmäßig in den gesponnenen und verwebten Faden ein, es sitzt mehr Farbe an der Oberfläche als in der Tiefe des Fadens. Entprechend wird sich beim Abnutzen des Stoffes die Farbe leicht verändern. Wird dagegen bereits das Ursprungsmaterial gefärbt, also die ungesponnene Wolle, ist der hinterger gesponnene und verarbeitete Faden durch und durch gleichmäßig eingefärbt.
Und Wolle deswegen, weil das früher bei uns eine verbreitete Faser war, die überdies auch noch gut zu färben war (Pflanzenfasern wie Leinen lassen sich längst nicht so gut färben).
In der Wolle gefärbt bedeutet also bei Stoffen hohe Qualität, und bei Menschen, das jemand eine bestimmte Eigenschaft in großem und vor allem zuverlässigem Ausmaß besitzt.
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Hr. Kürbis am 30. Juli 2007, 23:32:46
Och, FeeamPC, jetzt wollte ich mal mit meinen Fachkenntnissen als gelernter Textil-Kaufmann protzen und du erklärst hier schon alles völlig richtig...  ;) :jau:
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: FeeamPC am 30. Juli 2007, 23:48:55
Vielen Dank für das Kompliment! Also sind meine rudimentären Reste von Schul-Allgemeinbildung doch noch zu gebrauchen...
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Lavendel am 31. Juli 2007, 07:41:33
Tja, einer muss ja erster sein beim angeben ;D
Nix für ungut, aber gut zu wissen!
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Monika am 31. Juli 2007, 08:31:07
Zitat von: FeeamPC am 30. Juli 2007, 23:48:55
Vielen Dank für das Kompliment! Also sind meine rudimentären Reste von Schul-Allgemeinbildung doch noch zu gebrauchen...

@ FeeamPC

So was haben wir mal in der Schule gelernt???  :o

Mann, in der Stunde muss ich aber mächtig geschlafen haben!  ;)

LG
Django
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: FeeamPC am 31. Juli 2007, 10:51:18
War vielleicht schulspezifisch- ich habe eine reine Mädchenschule besucht, unter klösterlicher Leitung, die Nonnen haben eventuell andere Schwerpunkte gesetzt als die öffentlichen Schulen...
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Linda am 31. Juli 2007, 12:56:56
@FeamPC und Hr. Kürbis

oder es ist einfach eine Generationenfrage und wann man in eine Schule gegangen ist :D

Gruß,

Linda (die den Ausdruck auch kennt)
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Hr. Kürbis am 31. Juli 2007, 15:40:39
Also ich konnte das nur durch meine Ausbildung herleiten, ansonsten glaube ich nicht, dass so eine Wissen heute noch in der Schule vermittelt wird... Bei mir in der "normalen" Schule haben wir jedenfalls so etwas nicht gelernt.
Liegt wahrscheinlich doch an der Generation (Ich bin Jahrgang ´79) und an der Schulform. Das man auf einer Mädchenschule von Nonnen in die Geheimnisse der Textilherstellung eingeweiht wird halte ich für wahrscheinlicher als an einer Schule ohne klösterlichen Hintergrund... ;)
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Linda am 31. Juli 2007, 15:53:41
Zitat von: Hr. Kürbis am 31. Juli 2007, 15:40:39
Also ich konnte das nur durch meine Ausbildung herleiten, ansonsten glaube ich nicht, dass so eine Wissen heute noch in der Schule vermittelt wird... Bei mir in der "normalen" Schule haben wir jedenfalls so etwas nicht gelernt.
Liegt wahrscheinlich doch an der Generation (Ich bin Jahrgang ´79) und an der Schulform. Das man auf einer Mädchenschule von Nonnen in die Geheimnisse der Textilherstellung eingeweiht wird halte ich für wahrscheinlicher als an einer Schule ohne klösterlichen Hintergrund... ;)

also, ich (Jahrgang 68) habe das definitiv nicht in der Schule gelernt, sondern wie einen Großteil meines anderen Wissens aus Büchern hergeleitet. Darum finde ich es auch gut, wenn ungebräuchliche Vergleiche, Bilder, Begriffe usw. wenigstens in der Fantasy überleben.
Die Sprache wird farblos, wenn zuviel verlorengeht - und damit meine ich nicht bloß Worte oder Sprachbilder, sondern auch grammatische Finessen. Auf dem Gebiet diagnostiziere ich eine erschreckende Unwissenheit. Naja, sage mir, was du liest und ich sage dir, wie du schreibst    ;)

Gruß,

Linda
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Hr. Kürbis am 31. Juli 2007, 16:03:23
In dem erwähnten Text finde ich diesen Vergleich (im Zusammenhang)auch etwas komisch, ansonsten ist das aber ein durchaus treffendes Bild. Nur kann man sich mit so einem bestimmten Bild auch schnell mal ins AUS manövrieren, man sieht ja, wie viele Leute ohne dieses (ich nenne es mal so) Fachwissen solch ein Bild nicht verstehen...
Allerdings freue ich mich selber schon über solche Dinge; wenn ich sie nicht verstehe oder nachvollziehen kann, gibt es ja immer noch die Möglichkeit, in die entsprechende Richtung nachzuforschen.
Außerdem behält man doch solche Bilder viel eher im Kopf als "Allerweltsvergleiche", ich wette, niemand der diesen Thread gelesen hat, wird je wieder über dieses Bild stolpern!  ;)
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Monika am 31. Juli 2007, 20:55:05
Hr. Kürbis hat recht! Diese Wendung vergesse ich bestimmt so schnell nicht.  :)

Kennt sonst noch jemand ähnliche sehr bildhafte, aber seltene und eher unbekannte Formulierungen?

Mir selbst fällt trotz heftigen Grübelns nichts ein.   :hmmm:
Lediglich meine Töchter amüsieren sich immer königlich wenn ich einen für ihren Geschmack hoffnungslos veralteten Begriff verwende. Vor kurzem z.B. habe ich nach einem langen Arbeitstag leichtfertig von mir gegeben, dass ich mich sehr "groggy" fühlen würde, da haben die beiden mich erst verständnislos angesehen und sich dann schlapp gelacht, nachdem ich Ihnen den Ausdruck erläutert hatte.  :hmhm?:

LG
Django

Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Linda am 01. August 2007, 12:54:48
@Django - da hilft nur eins, Klassiker lesen. Und es muss auchnicht immer Goethe oder Shakespeare sein.

Verne, Dumas, Hugo (in schöner altmodischer Übersetzung) oder auch Gerstecker, May, Kipling, Melville, Poe - generell alle älteren Bücher, die in der Vergangenheit spielen und deren Entstehungszeit mindestens 50 Jahre vorüber ist. Diese Leute waren näher an der Zeit, über die sie geschrieben haben als heutige Autoren, selbst wenn sie wiederum von ihrer Warte aus historisch idealisiert geschrieben haben.

Gruß,

Linda
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Monika am 03. August 2007, 18:01:25
@Linda

Klassetipp.  :jau:  Ein guter Grund meine gesammelten Werke von Poe mal wieder rauszukramen.  :)

Bis dann
Django
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Lavendel am 04. August 2007, 17:48:57
@Django: Ich hoffte du liest die auf Englisch! Ein paar absolut geniale Sachen sind in den Übersetzungen einfach weg. In The Fall of the House of Usher zum Beispiel wird der Erzäher zu Roderick Usher gebracht: "He ushered me into the room..." Einfach spitze, aber nicht vernünftig zu übersetzen...

Sorry fürs OT.
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Monika am 13. August 2007, 23:37:02
@Lavendel

Hi Lavendel,

'tschuldige, dass ich Dir erst jetzt antworte. Eine Erkältung hat mich die letzten Tage etwas aus der Bahn geworfen.   :-\
Ich würde die Werke von Poe gern auf Englisch lesen, aber meine Schulkenntnisse sind ziemlich eingerostet und ich war auch nie die große Sprachenkünstlerin. Insofern traue ich mir zur Zeit Poe nicht im OT zu.
Allerdings habe ich im Urlaub begonnen, meine Englischkenntnisse aufzufrischen. Ich hatte mir einen englischen Krimi aus einer Reihe besorgt, die zu diesem Zweck geschrieben wurde und war doch freudig überrascht  :vibes: , dass ich zwar nicht jedes Wort übersetzen konnte, jedoch den Sinn der Sätze und des gesamten Buches ohne großes Nachdenken verstanden haben  :D

Nächtliche Grüße
Django
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Solatar am 14. August 2007, 10:11:00
@Lavendel

Wieso kann man das nicht vernünftig übersetzen?

"He ushered me into the room..."
"Er führte mich in den Raum..."

Ich muss jetzt bestimmt irgendetwas übersehen haben. :hmmm:
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Lavendel am 14. August 2007, 10:13:22
OTOTOTOTOTOT

Der Witz ist, dass er in Roderick Ushers Zimmer geushert wird^^.

OTOTOTOTOTOT
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Solatar am 14. August 2007, 10:57:16
So eine Wortspielerei dachte ich mir schon, stellt sich natürlich die Frage, ob sich Poe den Namen ausgedacht hat, um genau diesen Gag in der Story unterzubringen oder er den Namen hatte und sich überlegt hat, welches Wörtchen denn nun passen könnte.
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Grey am 14. August 2007, 12:50:02
Was auch immer es war, ich unterstelle ihm da jetzt einfach mal eine Absicht in irgendeiner Form ...
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Lavendel am 14. August 2007, 13:22:47
Und ich unterstelle böses OT blabla.  :hand: Bitte Ruhe jetzt! ;D
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Manja_Bindig am 14. August 2007, 13:48:37
Danke, Lavendel.
:wache!:
Titel: Re: "in der Wolle gefärbt"
Beitrag von: Warlock am 21. August 2007, 14:23:18
Meinst du die Formulierung allgemein oder genau diese?

Wenn du die Allgemeine meinst:
Also mir die Formulierung geläufig. Ich benutzte sogar manchmal in meinem Roman.
"Ein in Blut getauchtes Schwert", "Ein im Winter gefrorender See"...

Wenn du genau die "Wolle" Formulierung meinst:
Ist mir bisher noch nicht unter gekommen. Ich lese auch sowas nicht,
wo solch eine Formulierung gebraucht wird.