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Schreiben ist nicht produktiv...

Begonnen von Termoniaelfe, 01. Januar 1970, 01:00:00

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Thaliope

Ich bin wirklich immer wieder völlig verblüfft zu lesen, wie das Umfeld anderer auf das Schreiben reagiert.
Dass man belächelt und nicht ernst genommen wird - gut, das kann ich verstehen, da muss man halt durch.
Aber nicht produktiv? Ich meine, als Hobby? Dabei ist es doch eines der wenigen Hobbys, bei dem man nachher wirklich etwas in der Hand hat, also etwas produziert hat.  :hmmm:
Gerade bei jungen Leuten, sollen die Eltern doch echt froh sein, wenn die Kids schreiben, anstatt zu saufen, zu kiffen, Computer zu zocken, zu randalieren - all die Sachen, die so viel Spaß machen ;)

Und dass so viele Leute im Umfeld offenbar nicht das Interesse für einen ihnen nahestehenden Menschen aufbringen, um zumindest mal eine Geschichte zu lesen, ist mir wirklich unverständlich. Es tut mir richtig weh, das zu lesen. Lasst euch mal stellvertretend alle knuddeln :gruppenknuddel:

Dass Eltern etwas dagegen einzuwenden haben, wenn man das Schreiben zu seinem Beruf machen will, zeugt hingegen eher von Realismus, würde ich sagen. Also, da ist zumindest ein sehr tragfähiger Plan B angebracht. :)

LG
Thali 

Ramundriel

Bei mir war es so, dass ich jahrelang niemandem von meinem Hobby erzählt habe. Meine Eltern wussten zwar immer schon, dass ich Geschichten erfinde, aber da ich das selbst immer als "meine Rumschreiberei" einstufte, nahmen sie das nie sonderlich ernst. Ich glaube, dass ist vielleicht der häufigste Grund, warum das Umfeld das nicht ernst nimmt. Weil man es selbst nicht tut. Man nennt sich dann verlegen einen Hobbyautoren, oder einen Schreiberling. Man stuft seine eigenen Pläne einen Roman zu veröffentlichen als utopisch ein. Wie soll man da ernst genommen werden?

Irgendwann, Jahre nachdem ich den festen Willen gepackt hatte einmal zu veröffentlichen, verkündete ich das meinem Mann und meinen Eltern. Alle unterstützten mich, sie interessierten sich für meine Geschichten und fragten immer wieder nach dem Stand der Dinge. Besonders wertvoll ist für mich, dass mein Papa, der (morgen vor einem Jahr) gestorben ist meinen Roman gelesen hatte. Noch wichtiger, dass er ihn gut fand. Das er mit mir ein paar Wochen zuvor zusammensaß und sich meine Romanideen anhörte und seine ehrliche Meinung zu allen abgab.

Ich wünsche euch allen Unterstützer :) und wenn sie nicht kommt, dann könnte es ja daran liegen, dass ihr vergessen habt sie einzufordern.

Ganz herzliche Grüße
Ramundriel

Farean

#137
Zitat von: Robin White am 06. November 2012, 09:36:35
Meine Mutter is mittlerweile ebenfalls dazu übergegangen, mir folgendes zu sagen: Ich kann ruhig versuchen, vom Schreiben zu lesen. ABER. Ich soll mein Studium abschließen (was mir ja jetzt endlich liegt, Germanistik und Anglistik for the win!), ich soll wenigstens Teilzeit arbeiten zur Deckung meiner (bescheidenen) Bedürfnisse, und ab einem gewissen Punkt werde ich wohl den Sprung schaffen, wenn ich mich ran halte.
Solider Rat, kann ich dazu nur sagen. :jau: Das klingt doch so, als würde sie dich alles in allem in deinen Plänen unterstützen.

Zitat von: Zurvan am 06. November 2012, 10:32:53
Ich habe mal versucht meine Mutter zu überzeugen und ihr eine kleine Geschichte von 16 Seiten in die Hand gedrückt, bei der ich mir wirklich viel Mühe gegeben habe. Ein halbes Jahr später hab ich es im Müll wieder gefunden. Unangerührt.
Zurvan: Das ist richtig harter Tobak! :nöö: Gut, daß du dir da anscheinend inzwischen ein dickes Fell und eine "Jetzt erst recht"-Haltung zugelegt hast.

Ich hatte immer das Glück, in meinem Umfeld Unterstützung zu finden. Selbst wenn meine Eltern mit meinen Geschichten nicht viel anfangen konnten, haben sie mich trotzdem immer ermuntert, mit diesem Hobby weiterzumachen. Wenn ich dann sehe, wie manche Eltern (oder auch manche selbsternannte Erziehungsberechtigte aus dem weiteren Umfeld) versuchen, einem kreativ tätigen Angehörigen "diese Flausen auszutreiben", schwanke ich immer zwischen Wut und totalem Unverständnis.

Wenn ich mir eure Anekdoten so durchlese, wird mir erst wieder klar, was ich an meiner Familie und meiner Frau habe...

Drachenfeder

Farean ich kann dir nur zustimmen. Wenn man das liest, wird einem wahrlich bewusst wie gut man es hat.

Mittlerweile habe ich nicht nur meine Familie und meinen Mann die voll und ganz hinter dem Schreiben stehen, sondern auch Freunde und Bekannte. Bei Letzterem liegt es auch daran, dass dieser Freundes- und Bekanntenkreis sich gänzlich geändert hat. Auf der letzten Lesung (Literaturfestival Fechenheim) waren sogar ein paar Kolleginnen vor Ort, was mich total umgehauen hat. Es tut weh und macht traurig solche Erfahrungen zu lesen.



Sunflower

Ich schreibe eigentlich schon immer, deshalb sind meine Eltern das auch schon gewohnt von mir. Seit ich 12 bin, erzähle ich, dass ich Autorin werden will, mittlerweile bin ich aber dazu übergegangen, "Journalistin" als Beruf anzugeben, wenn mich jemand fragt. Bekannte und Verwandte (meiner Eltern) können das eher nachvollziehen und Autorin werden zu wollen ist ja auch ein Traum, das mit dem Journalismus ist "was richtiges", mit dem man was anfangen kann, auf das man hinstudieren kann. Nicht, dass ich damit unglücklich wäre. Ich werde auch Journalistik studieren, aber mein Traum wird immer das Autorendasein bleiben.

Meine Eltern sehen es nur nicht gerne, wenn ich viel vor dem Computer hänge. Selbst, wenn ich sage, dass ich gerade schreibe. (Wenn ich den ganzen Tag nur zocken würde, könnte ich ihre Bedenken verstehen, aber das kommt höchsten mal vor, wenn ich mit einer Freundin zur Skyrim-Nacht oder so verabrede.)
Und ich habe das Gefühl, sie nehmen diesen Traum nicht vollkommen ernst. "Du schreibst, wie schön." Sie sagen auch, sie wollen was von mir lesen und das werden sie demnächst auch bekommen, aber Fantasy ist einfach nicht so ganz ihre Richtung.

Meine Freunde belächeln mich eigentlich nur, was dieses Thema angeht. Naja, manche schreiben auch, aber dann nur Blogs oder kleine Kurzgeschichten. Natürlich ist das auch toll, aber ich kann mich mit ihnen nicht so gut austauschen.
Ich kann mich also nicht beschweren, aber dieses "Jaja, die Kleine soll auch ihre Träume haben" geht mir einfach auf die Nerven. Sie macht das runter, was ich bis jetzt geleistet habe - einen ganzen Roman und zwei halbe immerhin.

Deshalb bin ich so froh, dass ich hier im TZ bin, hier wird man ernst genommen und kann sich auch wirklich austauschen. Und man findet Freunde, die dasselbe lieben wie man selbst.
"Stories are, in one way or another, mirrors. We use them to explain to ourselves how the world works or how it doesn't work. Like mirrors, stories prepare us for the day to come. They distract us from the things in darkness."
- Neil Gaiman, Smoke and Mirrors

Fianna

Meine Schwester ist die perfekte Ergänzung zu meinem Lesegeschmack (sie liest immer viel Aktuelles und ich picke mir die Rosinen aus dem Bücherangebot), und diskutiert unermüdlich über Plots, auch wenn die Verwirklichung in den Sternen steht und es nur eine kurze Idee "Man könnte ja mal..." war.

Nicht immer sind wir einer Meinung, aber es ist jedes Mal sehr fruchtbar.

Sollte ich jemals einen Roman unterbringen, muss ich den ihr widmen  ;)


Ansonsten wissen meine Familie und einige Freunde Bescheid, meine beste Freundin wollte unbedingt, dass ich ihr sofort eine Widmung ins Buch schreibe, als ich ihr mal ne Antho geschenkt habe. Zur Hand war nur ein orangefarbener Filzstift, also musste ich den nehmen, weil sie war so begeistert dass es sofort und auf der Stelle sein musste ^^



Aber in der Regel kann man nur mit anderen Autoren die besten Gespräche führen, deswegen freue ich mich immer so auf die Leipziger Buchmesse, da treffe ich meine wichtigsten Autorenfreunde. Leider wohnen sie alle verdammt weit weg und man sieht sich nur zur Messe, das ist der Nachteil am Internet... Aber sehen wir die Vorteile, ohne Internet würde ich immer noch alleine zu Hause vor mich hin pusseln und mich verzweifelt fragen, wo man einen gescheiten Betaleser und ehrliche Kritiker findet.

canis lupus niger

Da ich schon zu den älteren Semestern gehöre, kann ich aus meiner lange verflossenen Jugend nur anhand von Erinnerungen berichten. Als Kind/Jugendliche habe ich alles mögliche gemacht, Gezeichnet, Lyrik und Prosa geschrieben. Natürlich alles entsprechend naiv. Die Reaktion meiner Eltern war ein unreflektertes "Das hast Du aber schön gemacht", ohne dass dem Machwerk  mehr als ein halber Blick geschenkt wordn wäre. Irgendwann habe ich die Sache mit der Kreativität aufgegeben, so wie viele andere kindliche Vorstöße ins Leere auch.

Vor etwa vier Jahren habe ich in einem Zustand geistiger Verwirrung gewissermaßen eine Eruption unterdrückten Schreibens erlebt und seitdem nicht mehr aufgehört. Da ich inzwischen das zweite Buch veröffentlicht habe, weiß praktisch jeder in meinem Umfeld davon. Die Reaktionen reichen von "Wenn Du nicht immer diese bescheuerten Bücher schreiben würdest, könntest Du auch deinen Haushaltspflichten besser nachkommen!" über "Oooooh, cool!" bis hin zu "Ach ja? Du schreibst? Interessant ..."

Produktiv, insbesondere finanziell ist das Schreiben garantiert nicht. Vielleicht werde ich ja eines Tages als verkanntes Genie entdeckt. Bislang ist das eher unwahrscheinlich.  :rofl: Bis dahin betreibe ich es so wie bisher: Weil es mir Spaß macht, und nicht weil oder obwohl die Menschen in meiner Umgebung eine bestimmte Meinung dazu haben. Ich glaube, ich bin inzwischen alt genug, um davon unabhängig zu sein. Qualifizierte Kritiken zu meinen Texten nehme ich natürlich immer gerne entgegen.

Lily

Meine Erfahrungen, wie das Umfeld auf die Nachricht reagiert, dass man gern Autor/in werden möchte, setzen sich auch in sämtlichen Spektren ab.

Meine Eltern freuten sich, dass ich etwas gefunden habe, was mich glücklich macht.

Meine Brüder zuckten belanglos mit den Schultern und meinten, sie würden erst was von mir lesen, wenn es gedruckt und gebunden erscheint.

Meine Oma und Uroma schlugen die Hände über dem Kopf zusammen und meinten, mit Abitur könne man doch so viel machen, warum ich meine Zeit verschwende; selbst Putzfrau oder Nonne (<-- ohne Scheiß jetzt) wären für sie erträglicher.

Die meisten Freunde freuten sich mit mir und wollten gern mal etwas von mir lesen. Einige lasen tatsächlich was.

Dann gabs da auch noch Bekannte, die die Nase rümpften, als hätte ich die Nacht in einer Wodkapfütze auf der Straße verbracht.

Und da wäre noch mein Verlobter. Er respektiert, dass ich diesen Berufswunsch habe. Er hat fast nichts damit zu tun, außer vllt ein oder zwei Kurzgeschichten gelesen zu haben, und dass ihm mein Erstling gewidmet wurde (den ich bei einem Selbstverlag rausbrachte). Aber er versucht, mir den Rücken freizuhalten, denn auch von Zuhause arbeiten, ist Arbeit. Und er glaubt an mich. Das ist mir das Wichtigste.

Von Freude bis zu stetig andauerndem "Arbeite doch mal was richtiges" war alles dabei. Selbst ausgelacht zu werden, weil man die Hoffnung hegt, dass tatsächlich eines Tages etwas von einem gedruckt wird ...

Und was soll ich sagen? Ich habe versucht aufzuhören zu schreiben. Ich habe es wirklich versucht, weil ich dem Druck von außen nicht gut standhielt. Aber ich konnte nicht! Ich musste schreiben. Wenn ich es nicht tue, dann denke ich die ganze Zeit dran, wie eine Süchtige. Wenn ich geschrieben habe, gehts mir besser und ich kann mich auf andere Sachen konzentrieren.
Und im Endeffekt: Es ist mir egal geworden, was andere darüber denken. ICH muss glücklich mit dem sein, was ich tue. Und ich bin glücklich mit dem. Jedem, der mir etwas anderes aufzwingen will (und die Versuche der Blutsverwandtschaft waren nicht ohne), den will ich nicht mehr in meinem Leben haben. Den brauche ich nicht. Niemand muss lieben, was ich tue, solange er es mir aber auch nicht ständig miesmacht.

BTW: Nachdem meine ersten Kurzgeschichten veröffentlicht wurden und nun auch der erste Roman bei einem richtigen Verlag ansteht, wollen sie alle zurückkriechen und mir weismachen, dass sie ja immer an mich geglaubt und mich unterstützt haben. Und jetzt sag ich mal: Nö! Besorgt euch lieber mal richtiges Rückgrat!  :prost:
"If you are going through hell, keep going."
~ Winston Churchill ~
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"Listen to the mustn'ts, child. Listen to the don'ts. Listen to the shouldn'ts, the impossibles, the won'ts. Listen to the never haves, then listen close to me... Anything can happen, child. Anything can be."
~ Shel Silverstein ~