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Muss ein guter Schriftsteller zwingend gute Deutschnoten haben?

Begonnen von ShainaMartel, 22. Juli 2011, 02:09:34

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Maja

#30
@Schommes
Ich habe nicht das Gefühl, dass es hier einen allgemeinen Trend zum Lehrerbashing gibt. Vielmehr glaube ich, dass gerade Deutsch ein Fach war, das uns insgesamt deutlich mehr beschäftigt hat als z.B. Erdkunde, weil wir durch unser Interesse an Schreiben, Lesen und Literatur eine viel höhere Erwartungshaltung aufgebaut haben, was uns dieses Fach und die dazugehörigen Lehrer bieten sollten. Deswegen bleiben schlechte Erfahrungen mit Deutschlehrern mehr hängen, sie gehen oft mit großen Enttäuschungen einher, wenn man sich z.B. in eine Gedichtinterpretation voll reingekniet hat und eben dann hören muss, dass man nicht den Geschmack des Lehrers getroffen hat.

Dass wir unseren Deutschlehrern eine Menge verdanken, hat hier niemand abgestritten, es geht mehr um das Problem, dass ein Großteil der Benotung durch persönlichen Geschmack beeinflussbar ist. Ich war heute zu Besuch bei den Eltern meines Freundes, beides Lehrer, und wir haben uns auch über dieses Thema unterhalten. Sie sind Mathe- und Physiklehrer, und ich meinte, dass da die Benotung deutlich einfacher ist als eben in Deutsch - sie haben mir aber erklärt, dass sich seit meinem Abitur (das immerhin siebzehn Jahre zurückliegt) einiges geändert hat, es gibt auch dort jetzt ein Punktsystem, mit dem einzelne Abschnitte der Arbeit benotet werden - also drei Punkte, wenn dieser oder jener Punkt herausgearbeitet wurde, keine Punkte, wenn das fehlt, etc. Das macht die Noten vielleicht etwas besser nachvollziehbar und es für die Schüler einfacher zu wissen, was der Leser will, und so kommt es vielleicht heute seltener vor, dass jemand total engagiert komplett am Thema vorbeischreibt.

Ich bin Lehrerkind, mit einem Lehrerkind zusammen, und pauschales Lehrerbashing liegt mir wirklich fern. Trotzdem hat meine Oberstufendeutschlehrerin viel getan, um mir dieses Fach madig zu machen. Wenn deine da besser war, herzlichen Glückwunsch. Ich trauere ja auch immer noch meinem Mittelstufendeutsch- und Klassenlehrer nach. Aber wenn wir hier trotzdem Autoren geworden sind, weil uns selbst der garstigste Lehrer nicht vom Schreiben und Lesen abhalten konnte, und umgekehrt das, was wir an Förderung von den guten Lehrern bekommen haben, auch zwanzig Jahre später nicht vergessen, ist das eine wie das andere ein gutes Zeichen in meinen Augen.

EDIT (weil es sich mit Danis Post überschnitten hat)
Ich denke, dass ich gut bin in Deutsch. Ich habe ein Gefühl für Sprache und Grammatik, und ich leide sicher nicht unter einer Lese/Rechtschreibschwäche. Trotzdem bin ich extrem unfähig, wenn es darum geht, meine eigenen Rechtschreibfehler zu finden - nicht Deutsch ist mein Problem, sondern Konzentration. Mir helfen Rechtschreibprogramme, trotzdem muss ich meine Betaleser immer vorwarnen, dass meine Texte fehlerintensiv sein können. Dass ich wegen Aufmerksamkeitsdefiziten von meinen Deutschlehrern nicht heruntergestuft worden bin, wo es um die Benotung geht, halte ich ihnen immer noch zugute, denn damals war ADHS noch kein Begriff und auch nicht so eine Modeerscheinung wie heute - trotzdem haben sie das Problem erkannt und mir keinen Strick drausgedreht.

Ich beherrsche die Rechtschreibung, aber ich bin meistens einfach schneller als mir guttut und stehe dann wie der Ochs vorm Berg vor einem Texthaufen, den ich auf die Schnelle nicht mehr selbst erfassen kann. Dass ich mich damit nicht zum Deutschlehrer eigne, steht außer Frage. Als Autorin bin ich aber sicher keine Fehlbesetzung, gerade weil es nette Programme und nettere Menschen gibt, die bei diesen Problemen helfen können.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Fizz

Danke Dani und Maja.
Ich hatte mir verkniffen dazu etwas zu schreiben, aber ihr trefft den Punkt ;).
Bashing (dt.: öffentl. Beschimpfung :P) liegt mir wirklich fern, da ich finde, dass mir sowas nicht steht. Eigentlich wollte ich nur möglichst objektiv zeigen, dass man manchmal eben doch wenig der Spielball der Lehrer ist. Aber selbst ich hatte am Ende einen wirklich guten Deutschlehrer. Und im Gegensatz zu Deutsch, waren meine Noten in Mathematik wesentlich konstanter.

Sternenlicht

Den Einfluss des Deutschunterrichts auf mein Schreiben beziffere ich mit knapp über 0 (abgesehen von Rechtschreibung und Grammatik).

Meine ganz persönliche Meinung:
Nach meiner Erfahrung (die zugegebenermaßen schon lange her ist) ist der Wert dessen, was man in der Schule lernt, eher begrenzt, insbesondere ab Klasse 9 oder 10 aufwärts. Von dem, was man in der Oberstufe lernt, wird man in seinem späteren Leben allenfalls 10% erinnern und noch weniger davon wirklich nutzen. Man geht zur Schule, um eine gewisse Allgemeinbildung zu erhalten und um einen guten Ausbildungsplatz oder einen Studienplatz zu bekommen - davon abgesehen sollte man in irgendwelche Noten nicht zu viel hinein interpretieren, schon gar nicht bei einem Fach wie Deutsch.

KaPunkt

Zitat von: Sternlicht am 24. Juli 2011, 01:02:11
. Von dem, was man in der Oberstufe lernt, wird man in seinem späteren Leben allenfalls 10% erinnern und noch weniger davon wirklich nutzen. Man geht zur Schule, um eine gewisse Allgemeinbildung zu erhalten und um einen guten Ausbildungsplatz oder einen Studienplatz zu bekommen

Später gehe ich noch kurz auf die Deutschnoten Thematik ein, aber erstmal möchte ich kurz auf diese Aussage reagieren.
Nein.
Was man in der Oberstufe lernt (lernen sollte), ist, sein Hirn selbstständig zu benutzen. Klingt blöd für alle Nicht-Abiturienten, aber so habe ich es empfunden. Die Aufgaben drehten sich in fast allen Fächern um Dinge wie: Dieses Thema. Besorg dir Informationen. Bewerte sie, entwickele eine eigene Meinung, vertrete sie. Untersuche die Aussagen anderer. Diskutiere.
Kurz: Lerne, deinen eigenen Kopf selbstständig und verantwortungsbewusst zu benutzen.

Und das war so ziemlich das wichtigste, was ich in der Schule mitbekommen habe.

So, leidiges Thema Deutschnoten:
Jupp, da ist Ermessensspielraum drin. Genauso wie in Kunst. Z.B.

Meiner Meinung nach ist die Sprache die Heimat des Schriftstellers. Möglichst Fehlerfreie Beherrschung in Sprache und Schrift sollte für uns doch eigentlich schon eine Frage des Stolzes sein, oder?

Wenn man diese Leidenschaft für Sprache hat, dann agiert doch meistens auch interessiert im entsprechenden Unterricht.  Und wenn dass dann nicht in entsprechenende Noten honoriert wird - Es sind nur Noten.

Mein Abi war Noten-Technisch nicht gerade überragend. Woran lag das? Ich hab mir Lehrer und Fächer gesucht, die mir was beibringen konnten, die mich gefordert haben. Und die streng benotet haben.
Kleines Beispiel: In der 11. hatte ich in Kunst bei Herrn H. 14 Punkte. Völlig entspannt.
In der 12. habe ich einen Kurs bei Herrn M. belegt. Wupps. 7 Punkte.
Bei wem habe ich mehr gelernt? Bei Herrn M.
Was ich da über Bildkomposition, Spannung u.ä. gelernt habe, hat mir im Studium eine ganze Menge gebracht.
Ach ja, Mathe und Physik hätten mir beinahe mein Abi komplett versaut.
Heute bin Diplom Ingenieurin und verbringe einen signifikanten Teil meines Lebens mit Rechnen und Physik.

Gut. Ich gebe zu: Schlechte Noten sind blöd. Und wenn man sich um NC kümmern muss, sind sie nicht gleichgültig.
Aber Noten sind nicht der einzig wichtige Maßstab für die Qualität von Erkenntnis und Leistung.

Liebe Grüße,
KaPunkt
She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)

Sanjani

Hallo Shaina,

ohne jetzt alle Beiträge zu dem Thema gelesen zu haben, möchte ich dazu sagen, dass die Deutschnote meiner ansicht nach nur bedingt etwas mit dem Schriftstellern zu tun haben kann. In Deutsch wird ja nie gefragt, was beim kreativen Schreiben gefragt ist. Wenn du Glück hast vielleicht noch in der fünften Klasse, aber danach nicht mehr. Jedenfalls auf dem Gymnasium nicht. Dort geht es ja darum Interpretationen zu schreiben über andere Literatur, Berichte, Inhaltsangaben, alberne Argumentationen und so was. Da könntest du auch fragen: Muss man ein gutes Exposé schreiben können um ein guter Schriftsteller zu sein?
Und bei den Interpretationen musst du, das war leider meine Erfahrung, genau das schreiben, was der Lehrer hören will, sonst gibt es keine gute Note. Wenn deine persönliche Meinung nicht gefragt ist, darfst du sei auch nicht hinschreiben und schon gar nicht auswalzen. Der sprachliche Ausdruck zählt im Deutschunterricht nicht mehr allzu viel.

Ich hatte z. B. auch so eine Lehrerin, die hat mir in den ersten beiden Klausuren immer eine Eins gegeben und in der letzten eine Drei oder Vier, sodass ich am Ende wieder auf einer Zwei stand. Ich glaube, die mochte mich einfach nicht. Es war jedenfalls schon ziemlich auffällig.

Kurz gesagt: Scheiß auf die Deutschnote :)

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Telas

Man könnte jetzt natürlich auch sagen, was ist ein guter Schriftsteller? Aber das wäre dann wieder eine endlose Diskussion. Ich denke nicht, dass die Deutschnote die Schriftstellerei beeinflusst, sondern dass es so ziemlich anders herum ist. Seit ich schreibe, habe ich meinen Stil in den Aufsätzen um viele Formulierungen erweitern können und auch habe ich meinen Wortschatz ein wenig erweitern können. Mir fallen in den Deutschklausuren schneller die richtigen Worte ein, die meine Meinung ausdrücken sollen.
Wer aber nicht selbst schreibt und vor allem keine Bücher liest, der tut sich bei komplexeren Themen meiner Meinung nach schwerer. Manche Deutschlehrer sagen sogar sie könnten erkennen, dass ein Mensch noch nie ein Buch gelesen hat.

Sternenlicht

#36
Zitat von: KaPunkt am 24. Juli 2011, 09:00:04
Was man in der Oberstufe lernt (lernen sollte), ist, sein Hirn selbstständig zu benutzen.

Ich beglückwünsche Dich, Du hattest offenbar eine wesentlich bessere Schulzeit als ich  :jau:.
Bei uns lautete die Devise: halte Dich ans Lehrbuch und erfülle die Vorstellungen des Lehrers. Die Oberstufe war da keine Ausnahme und auch im Studium galt es, möglichst genau die Anforderungen zu erfüllen. (Im Grunde genommen ist diese Methode vielleicht auch keine so schlechte Vorbereitung auf das Leben, da es in den meisten Berufen auch darauf hinaus läuft, sich an die Regeln zu halten und die Vorgaben des Chefs zu erfüllen.)
Glücklicherweise war ich schon immer sehr trotzig  :darth: .

Naudiz

Ich stand in Deutsch schon immer zwischen 1 und 2, in den letzten Jahren war es dann immer eine glatte 1. Dabei hat mir aber - oh Wunder oh Wunder - der Wortschatz geholfen, den ich durch das Lesen / Schreiben erworben habe. Die Schriftstellerei hat also bis zu einem gewissen Grade meine Zensur beeinflusst.

Allerdings würde ich ohne meine gute Deutschnote bzw. das dadurch erworbene Wissen keinen so guten Stil haben. Meine Deutschlehrerinnen waren nämlich bisher allesamt so, dass sie einzelne Kapitel von mir unbedingt testlesen wollten - darauf, dasss ich selbst schreibe, kamen sie ob meiner Kreativität in Aufsätzen und Co.

Ohne eine ganz bestimmte Deutschlehrerin, die ich von der 3. bis zur 6. Klasse hatte, wäre ich wohl nie wirklich zum Schreiben gekommen, bzw. es wäre nie etwas Ernsthaftes draus geworden. Sie sagte nämlich zu mir: "Sabrina, du hast ein großes Talent geschenkt bekommen. Mach' was draus."
Ja, und jetzt bin ich halt Hobbyautorin :) Ohne sie und ihre großartige Unterstützung wäre es wohl nie so gekommen.

Pestillenzia

Zitat von: Fizz am 23. Juli 2011, 23:52:50
Bashing (dt.: öffentl. Beschimpfung :P)

:jau:  Danke, so erspare ich mir das Nachblättern...  :jau:

Zitat von: Schommes am 23. Juli 2011, 19:50:06
Zuviel wohlfeiles Lehrerbashing geht mir irgendwann ein bisschen auf den Sack. Sorry.

Liebt Euer deutsch. Hört Euren Lehrern aufmerksam zu, aber lasst Euch von Ihnen nicht deprimieren oder unterbuttern.

Solltet Ihr es wieder erwarten doch mit einem unfähigen Monster zu tun haben, dann tut, was man in solchen Situation tut, beschwert Euch oder klappt einfach die Ohren zu.

Ich denke auch nicht, dass hier Deutschlehrer allgemein beschimpft werden. Wie überall gibt es solche und solche. Ich hatte in der 9. Klasse einen tollen Deutschlehrer, bei dem ich anhand einer Textanalyse Dinge übers lebendige Schreiben gelernt habe, an die ich mich heute noch erinnere. Ich weiß auch nach 25 Jahren den Titel der Erzählung noch ("Brudermord im Altwasser"), der ist mir genauso im Gedächtnis haften geblieben wie der miese Spruch meiner Deutsch-LK-Einpeitscherin.

Das Problem bei "Monsterlehrern" ist, dass Beschweren oft genau das Gegenteil von dem bringt, was man erreichen will, sprich man rutscht auf der Abschussliste noch ein paar Plätze weiter nach oben und die Noten entsprechend nach unten.

Naudiz

Zitat von: Pestillenzia am 24. Juli 2011, 16:46:09Ich weiß auch nach 25 Jahren den Titel der Erzählung noch ("Brudermord im Altwasser"), der ist mir genauso im Gedächtnis haften geblieben wie der miese Spruch meiner Deutsch-LK-Einpeitscherin.

[OT on/] Die Geschichte mussten wir im Zuge der Prüfungsvorbereitung in Deutsch auch bearbeiten. Brrr, gar nicht so einfach! [/OT off]

Zit

#40
Was ich in meinen drei Jahren Gymnasium gelernt habe: Lass dir niemals anmerken, dass du selbst schreibst. Sobald das geschehen ist, wird der Lehrer dich immer nach deiner Meinung fragen zu bestimmten Themen, weil du ja besonders "qualifiziert" bist -- wenn du dich dann nicht damit auskennst, bist du am A* und der Lehrer könnte dir wieder eine reinwürgen ... Wobei ich sagen muss, dass mein Deutsch- und Sport-Lehrer auf dem Gymnasium mich wahrscheinlich nicht immer volle Möhre aufs Glatteis und vorführen wollte. Aber seitdem ich in einer Klausur erörternd über Autor = Protagonist philosophierte, mich dabei als Autor "outete", hatte ich das Gefühl, dass er mich noch mehr auf dem Kieker hatte als davor. Der Mann hatte aber auch einfach ein (zu) großes Ego -- und ich hatte ein ebensolches, war dazu noch in gewissem Umfang einfach ignorant und direkt und da sind wir mehrmals aneinander geraten. Es gibt auch die ein oder andere Sportanekdote, die beweist, dass er mir nichts geschenkt hat. Trotzdem stand ich letztlich zwischen 10 und 12 Punkten in Deutsch. Mir hats gereicht, ich war zufrieden. Ich mein, ganz ehrlich, so nützlich es als Autor ist, Charaktere und ihre Handlungen zu durchschauen (a ka: zu interpretieren) -- im Deutsch-Unterricht wird einfach jedes Werk zeredet. Besonders Lyrik. Und wenn einem als Autor dann sowas völlig abgehet ... Mir war der Lehrer lästig, mir war der Deutsch-Unterricht lästig -- aber mir war bis auf Kunst und Ethik eh jedes Fach letztlich lästig. *Schultern zuck* Man kann sich seine Schulzeit auch selbst unnötig schwer machen.

Was ich letztlich rückblickend resümieren kann: Viele theoretische Dinge aus dem Deutsch-Unterricht sind ein guter Einstieg für Autoren, wenn sie sich ernsthaft mit dem Schreiben auseinander setzen wollen. Aber man muss sie nicht auswendig können, um tiefer in die Materie vorzustoßen -- und vorallem reicht das Schulwissen nicht aus. Man muss sich selbst alles erlesen und erarbeiten und dann entscheiden, was einem davon passt oder nicht. Den Rest kann man dann wieder vergessen. ;D (Funktioniert nur leider nicht in einer Deutsch-Klausur. Schule ist mittlerweile nur noch eine Leistungs-, keine Vorbereitung-aufs-Leben-Anstalt. Ordentliches und absolut eigenständiges Arbeiten wurde mir erst in der Uni abverlangt, nicht in der Schule wie bei Dani. Glückwunsch im Übrigen dazu. ;) )
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Kati

Ich glaube auch nicht, dass Deutschnoten auch nur irgendetwas über das schriftstellerische Talent einer Person aussagen. Zwar sind, wie Schommes schrieb, Grammatik und dergleichen sehr wichtig, sobald man den Roman verkaufen möchte, während des eigentlichen Schreibens aber meiner Meinung nach vollkommen zweitrangig. Eine meiner Freundinnen hat eine massive Rechtschreibschwäche. Sie schreibt seit knapp sechs Jahren historische Romane und, obwohl es schon besser geworden ist, kämpft sie immer noch damit. Das sogenannte Deppenleerzeichen, falsch geschriebene Wörter, fehlende Satzzeichen...sie kriegt es einfach nicht hin. Dementsprechend sahen ihre Deutschnoten aus. Trotzdem lese ich ihre Sachen viel lieber, als die in korrektem Deutsch verfassten Versuche an Kurzgeschichten meiner alten Mitschüler. Sie hat einen wunderbar ironischen Schreibstil, ein Talent für Dialoge und weiß, wie man Spannung geschickt aufbaut. Sie ist deshalb trotz ihrer Schwäche in meinen Augen hundertmal mehr Schriftstellerin als die anderen mit ihren trockenen Handlungen und hölzernen Dialogen, obwohl die die guten Deutschnoten bekommen haben.

Eigentlich ist es doch so, oder nicht: Im Fach Deutsch geht es einerseits um Grammatik und dergleichen, andererseits darum die Werke anderer Schriftsteller kennenzulernen, zu verstehen und zu bewerten zu lernen. Um Phantasie, Plots und Sprachgefühl geht es doch überhaupt nicht. Es ist ja auch nicht Kreatives Schreiben.

Ich selbst habe auch gemischte Erfahrungen mit Deutschlehrern und -noten gemacht. Keiner meiner Deutschlehrer war inkompetent oder so, keinesfalls. Sie hatten nur natürlich alle eine ganz andere Auffassung von guter und schlechter Literatur, das ist ja auch völlig normal. In der Grundschule haben mein bester Freund und ich angefangen richtige "Bücher" zu schreiben. Ich stand total auf Tiergeschichten und schrieb über eine Katze, die Mordfälle löst. Meine Lehrerin war total begeistert. In der Orientierungsstufe fand ich sowas immer noch toll und habe einen Aufsatz zum Thema "Märchen" über eine Prinzessin und deren Katze geschrieben. Was kam bei der neuen Lehrerin dabei raus? Eine 5. Sie hat sogar mit meinen Eltern darüber gesprochen, weil sie meinte, ich hätte eine merkwürdige Phantasie und was nicht alles. In der siebten hatte ich dann wieder eine andere Lehrerin. Und plötzlich hatte ich wieder meine 2en, obwohl ich immer noch über total abstruse Szenarien geschrieben habe. Wer von diesen Lehrern hatte nun recht, was mein Talent für Plots angeht?
Was Interpretationen betrifft: In der 11. war ich da der totale Verlierer. Immer nur 5en, weil ich nieeee herausgefunden habe, was der Autor mir wirklich sagen wollte.  :wart: Ab der 12. hatte ich wieder eine neue Lehrerin und die fand, dass meine Interpretationen 13 oder 14 Punkte wert waren.

Was ich damit sagen möchte: Deutschnoten sind eigentlich ziemlich subjektiv und sagen überhaupt nichts über das schriftstellerische Talent eines Schülers aus.

Zum Lehrerbashing: Obwohl das hier eigentlich nicht passiert, finde ich trotzdem, dass man auch über seine Lehrer seine Meinung äußern darf. Und obwohl ich in Deutsch nie so einen hatte, es gibt genug Lehrer, die es wirklich nicht drauf haben. Oder was sagt man sonst dazu, wenn ein Mädchen, dass gern Gedichte schreibt und diese ihrer Lehrerin zum Lesen gegeben hat, zu hören bekommt: "Lass es einfach sein, du kannst es nicht."  :gähn:

ShainaMartel

#42
Hui, was für eine rege Beteiligung!  ;D Danke für eure vielen Antworten.

Aaalso, auch ich denke, wie im Eingangspost bei der Threaderöffnung schon dargestellt, dass Noten nicht allzu viel aussagen, aber durchaus etwas aussagen können. Und eben diese zuletzt genannte Tatsache ist es, die mich ob meiner Deutschnote an meinem Können hat zweifeln lassen. Mittlerweile bin ich darüber wieder etwas hinweggekommen...

Hach ja, das liebe Schreiben ;D Mir wird man sicher nicht anmerken, dass ich viel lese.... weil ich es nicht tue ;) Wenn, dann merkt man mir an, was ich lese: Sachbücher ;D Das ist mein Problem. Ich liebe es, Fantasy zu schreiben und mich in einer eigenen Geschichte zu verlieren, aber Fantasy lesen? Nee, dat is' nich'. Sobald ich ein Fantasybuch zu lesen versuche, meldet sich die Schriftstellerin in mir zu Wort und sagt mir, ich solle das Lesen aufhören und endlich mit dem Schreiben anfangen ;D Kennt jemand das Problem? Das ist echt mies, wenn man gescheite Geschichten zu Papier bringen will und dann ständig Bandwurmsätze mit mitunter mehr als zehn Kommata fabriziert... Das letzte Fantasybuch, das ich gelesen habe, war "Die Elfen" von Bernhard Hennen - anno 2009...

Aber mich würde mal interessieren, ob meine Lehrerin davon ausgeht, dass ich selbst schreibe. Habe in den letzten Tagen sogar darüber nachgedacht, ihr mal was von mir zum Lesen zu geben, sollte sie daran denn Interesse haben, aber euren Erfahrungen nach sollte man das wohl besser lassen, ist einem eine Note jenseits der drei schlechtesten heilig ;D
Meine Deutschlehrerin weiß, dass ich bereits als Lektorin "gearbeitet" habe und fragt mich des Öfteren nach der korrekten Buchstabierung diverser Wörter... weiß nicht, was das soll, vielleicht will sie mich testen. ;)

@Kati: Das ist echt hart :o Ich finde, als Lehrerin sollte man seine Schüler eher motivieren denn demotivieren. Selbst wenn sie deinen Stil oder dieses eine Gedicht nicht mochte, und wer weiß, vielleicht gefiel ihr dein Gedicht sogar so gut, dass sie einfach dein Talent beneidete, sollte sie einem Mädchen, das von ihr in Deutsch unterrichtet wird, doch nicht davon abraten, selbst kreativ tätig zu werden... Ich versteh' sowas nicht.

Ich denke schon, dass die Deutschnoten etwas über das schriftstellerische Können aussagen - aber eben nur in der Sek I. Da geht es zumeist (zumindest war das bei uns der Fall) nur um Sprache an sich, Rechtschreibung, Zeichensetzung und Grammatik. Aber auch da hatte ich immer eine Zwei, obgleich mein Deutschlehrer meinen mit 14 Jahren verfassten Krimi zur Hälfte gelesen und dabei sicher gemerkt hat, dass ich nicht wirklich schlecht bin (nicht dass eine Zwei schlecht wäre, aber ich habe eine Hauptschule besucht - da ist eine Zwei doch schon etwas traurig). Also, ihr habt sicherlich Recht, wenn ihr sagt, dass man die Sprache selbst, in der man seine Geschichten verfasst, beherrschen sollte - aber hier müsste man sich dann wieder fragen, inwieweit die Deutschnote in der Oberstufe mit dem sprachlichen Können zusammenhängt. Wie bereits angedeutet; Ich persönlich denke, dass sprachliches Können und Deutschnote noch weniger zusammenhängen als schriftstellerisches Talent und Deutschnote in der Oberstufe. Wen interessieren denn Rechtschreibung und Zeichensetzung, wenn man für das korrekte Schreiben ohnehin nur vier von hundert möglichen Punkten bekommt und die Sprache somit eh nur vier Prozent ausmacht?

Mein Erdkundelehrer hat mir doch tatsächlich nur drei Punkte für die Rechtschreibung gegeben - und begründete das mit einem Flüchtigkeitsfehler!  :wums: Das ist mir in meiner Pädagogikklausur auch passiert ("Zene" statt "Szene"... obwohl ich das Wort schon so oft geschrieben hab!), doch da habe ich die volle Punktzahl kassiert. Aber gut, es gibt Schlimmeres... Solange ich wenigstens die anderen drei Punkte bekommen habe, sollte ich mich nicht beschweren.

Und Maja, der Aussage deines Gedichts stimme ich eindeutig zu! ;D Um noch auf einen anderen Post von dir einzugehen... wegen dem Zitieren bei wissenschaftlichem Arbeiten, etc. Das Problem bei den wenigen Zitierpunkten ist, dass ich bisher nie Punkteabzug bekommen und daher nicht gewusst habe, dass ich, um die volle Punktzahl zu erlangen, eigentlich öfter zitieren müsste, als es bei mir normal ist. Ich habe noch nie öfter als zehnmal in einer Klausur zitiert, und wenn sie zwölf Seiten lang war - bisher hat es immer gereicht. Aber gut, man lernt immer wieder dazu... Noch mal lasse ich nicht zu, dass man mir meine zu wenigen Zitate ankreiden kann! ;) Aber ich habe es mir einmal geleistet, meine Lehrerin zu korrigieren.... wohlgemerkt nicht vor allen Schülern, aber nach dem Unterricht. Ich glaube, mit solchen Aktionen macht man sich auch nicht gerade beliebt. Dabei wollte ich nur wissen, weshalb es mir rot angekreuzt worden war, dass ich in der Klausur nach einem Semikolon großgeschrieben hatte, weil ein kompletter Satz folgte...

LG

Zit

ZitatMeine Deutschlehrerin weiß, dass ich bereits als Lektorin "gearbeitet" habe und fragt mich des Öfteren nach der korrekten Buchstabierung diverser Wörter... weiß nicht, was das soll, vielleicht will sie mich testen. ;)

Ich würde sagen, das kommt auf die Situation an. Vll. fragt sie auch dich, weil sie eh jemanden fragen will, und eben weil du ihr vom Lektorieren erzählt hast, spricht sie dir eine gewisse Qualifikation zu und nimmt dich dann eben? Ich mein, bevor sie jemanden nimmt, der es nicht kann oder kann, sich aber vorher noch weigert? Weiß ja nicht, wie mitarbeitswillig deine Klassenkameraden sind. ;D

Zitat(...) ihr mal was von mir zum Lesen zu geben, sollte sie daran denn Interesse haben, aber euren Erfahrungen nach sollte man das wohl besser lassen, ist einem eine Note jenseits der drei schlechtesten heilig ;D

Naja, ich habe das auch nur erwähnt (wenn du dich auf mich beziehst :) ), weil ich ab da einen deutlichen Anstieg an Fragen vernehmen konnte, die von mir eine Meinung forderten, die man nur haben kann, wenn man sich näher mit dem Schreiben beschäftigt. An sich ist das sicher nicht schlimm, ich fands nur bisschen nervig, weil ich zu der Zeit wenig Interesse an aktiver Mitarbeit hatte ... Ich wollte gemütlich durch die Stunden kommen ohne Aufregung. ;D Allerdings hatte ebenjener Deutschlehrer ein Gespür dafür, wenn jemand abgeschalten hat ... und manchmal war auch mein halbes Ohr taub gewesen und dann hatte er mich und frug mich so manches. Komische Type; aber, wie gesagt: zwei große Egos.

Also, wenn es dir nichts ausmacht, dann auf das Schreiben angesprochen zu werden bzw. bei bestimmten Fragen die erste zu sein, die gefragt wird, ist das sicher kein Problem, deiner Lehrerin etwas zu zeigen. Ich seh eher das Problem darin, dass Oberstufenlehrer (scheinbar) nicht in Richtung "kreatives Schreiben" geschult werden und ihr Urteilsvermögen eingeschränkt ist. Was ich von einem Deutschlehrer erwarte, ist die Beherrschung der dt. Grammatik und Rechtschreibung -- als Korrektoren sind sie also allemal gut. Aber für Charakterstudien? Sie könnten vll. mit Beispielen aus der Weltliteratur aufwarten -- aber ob mir das bei der Erschaffung hilft?
Ich denke, wenn du deiner Lehrerin etwas zeigen willst, solltest du dir vll. Gedanken machen, was du dir davon versprichst. Unter Umständen könnte es doch nach Aufmerksamkeitsheischen aussehen, wenn du ihr einfach mal so etwas in die Hand drückst.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

ShainaMartel

#44
Stimmt schon. Kann sein, dass ich das nur wieder überbewerte und direkt ins Negative ziehe, obwohl sie es eigentlich nur ehrlich meinte und wissen wollte, wie es geschrieben wird ;D Na ja, demotivierte Schüler... ;) Wir haben teilweise schon motivierte Schüler in der Stufe, aber kaum jemand dort beherrscht Rechtschreibung oder Grammatik, was nicht zuletzt daran liegt, dass solche Dinge in Schulen, vor allem in Real- und Hauptschulen, kaum noch wirklich gelehrt werden (-> meiner Erfahrung nach zum.). Wenn man eine passable Rechtschreibung haben will, muss man sich die selbst beibringen, und ich glaube nicht, dass es in meiner Klasse jemanden gibt, der schreibt, also außer mir. Ich werd mal versuchen, solche Fragen nicht direkt als "Test" zu sehen ;D

Ja, du hattest geschrieben, dass die Fragen danach mehr wurden.... Irgendwie ist mein Reflexionsvermögen heute schon zu Bett gegangen (was ich auch besser langsam tun sollte ;D). Ich hab nur schon etwas Angst, dass das passiert, was du weiter unten erwähnt hast.... dass sie vielleicht denkt, ich wolle mich profilieren, ihr zeigen, was ich "kann", etc. ... Ich würde mich zwar nicht mal als sonderlich gut im Schreiben bezeichnen (drifte leider viel zu oft in Details ab  >:(), aber allein der Versuch könnte seltsam wirken. Schlimmstenfalls würde es wohl nur als misslungener Versuch, mein Können zu beweisen, abgetan.

Der Grund, aus dem ihr überhaupt was zum Durchlesen anbieten möchte, ist eigentlich nur, dass sie mal meinte, sie lese selbst viel an Fantasy und historischen Romanen. Und da sie eben auch als Deutschlehrerin tätig ist, dachte ich, dass sie ihre Meinung zu etwas Gelesenem wahrscheinlich besser in Worte fassen könne als andere Menschen (<- Konjunktiv, ich werd's mit Sicherheit noch irgendwie, irgendwo und irgendwann austesten :)). Also würde ich damit ihre "persönliche" Meinung erfragen - vor dem Hintergrund, dass sie sich (hoffentlich!) besser artikulieren und ausdrücken kann :)

Ach ja, mir fiel eben noch ein, dass irgendwer meinte, die Gymnasiasten dachten von den Gesamtschülern dasselbe wie umgekehrt... Dass ich meinte, Gymnasiasten hätten bessere Noten, lag daran, dass ich bisher nur von Gymnasiasten gehört habe, die allesamt ein gutes Abi geschafft haben. Ich persönlich kenne niemanden, der ein Gymnasium besucht und hinterher einen schlechteren Schnitt als 2,5 geschafft hat - aber klar, wo es Gesamtschüler gibt, die meinen, die Gymnasiasten hätten es einfacher und daher immer bessere Noten als die Gesamtschüler, gibt es natürlich auch das gegenteilige Beispiel ;)