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[Kriminalistik] Erkennung und Bewertung von Blutspuren

Begonnen von Berjosa, 07. Januar 2016, 20:31:49

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Berjosa

Liebe Rechts- und Kriminalistikfachleute,

ich hätte da mal eine Frage:
Wir befinden uns im frühen 21. Jahrhundert in Deutschland. Mein Held (Lehrer) findet an seinem Lieblings-Rückzugsort ein Schwert mit Blut an der Klinge. Seiner Meinung nach versucht da ein Schüler, dem er die Versetzung gefährdet hat, ihn einzuschüchtern. Das Schwert hält er für so ein Deko-Excalibur und das eingetrocknete Zeug daran für Ketchup oder Kunstblut.
Er will dem Knaben, den er in Verdacht hat, möglichst viel Ärger machen und bringt das Ding zur Polizei.
Wie würde man dort wahrscheinlich reagieren? Wie schnell stellt sich heraus, dass es sich um echtes (Menschen-)Blut handelt? Wie geht es dann weiter?

(Am "Tatort" hat ein Duell stattgefunden. Der Sieger ist verletzt davongekommen, der Unterlegene hängt als klein zusammengefalteter Geist dort rum. Da beide nicht von dieser Welt sind, gibt es keine Leiche und keinen Passanten mit auffälligen Verletzungen, den jemand gesehen haben könnte. Die Verehrerin meines Helden hat das Ende des Kampfes mitbekommen, sagt aber niemandem was davon.)

Für den weiteren Verlauf der Handlung wäre es gut, dass a) das Schwert aus dem Verkehr gezogen wird, möglichst so, dass mein Held keinen Versuch unternimmt, es zu klauen, und b) die Polizei ihn schon in einer sonderbaren Sache kennengelernt hat, wenn er demnächst eine gefährliche Körperverletzung versucht und wenig später die Leiche eines Schülers findet.

Vielen Dank im Voraus für eure Hilfe.

Imperius

 Die Polizei hat die Pflicht zu ermitteln, ob eine Straftat vorliegt. Da die Umstände unklar sind, würde ein Test durchgeführt werden, ob es sich um Menschenblut handelt. In der heutigen Zeit gibt es zuverlässige Testverfahren. Der " normale  " Polizist würde sich also entsprechende Hilfe holen ( über Kriminalpolizei, Mordkommission, Rechtsmedizinisches Institut etc. ). Das Ergebnis würde wahrscheinlich je nach Umständen und Verdachtsmomenten  innerhalb von wenigen Stunden / Tagen vorliegen.

Das Schwert würde beschlagnahmt und verwahrt werden.

Jen

#2
Die Polizei hat doch ... Luminol? Ja, habe gegooglet, so heißt das. Damit kann man Blut sehr flott nachweisen, einfach auf das Schwert sprühen.  :hmmm: Vermutlich schicken die es trotzdem eher in ein Labor, als dass ein Polizist eine Flasche Luminol rausholt und lossprüht.
Guilty feet have got no rhythm.

Berjosa

Vielen Dank für eure Antworten.

@ Imperius: Das klingt doch sehr praktisch, vor allem der Teil mit "beschlagnahmt und verwahrt".
Der Schauplatz liegt eher in der Provinz, das nächste rechtsmedizinische Institut nicht direkt um die Ecke. Wenn mein Herr Oberstudienrat freitags mit seinem Problem anrückt, nehme ich an, dass ca. dienstags ein Ergebnis vorliegt.

@ Jen: Meine Chemiekenntnisse sind nicht so doll. Bei den Leuchtstoffen war ich davon ausgegangen, dass die erstmal zeigen, dass überhaupt etwas Untersuchenswertes da ist, wenn man es nicht auf den ersten Blick sieht. Was es genau ist, müsste man dann mit anderen Verfahren testen.
Das Zeug kommt dann auf jeden Fall am Schwert-Fundort zum Einsatz und zeigt, dass ein Kampf stattgefunden hat.

Churke

Ich habe mal eine passende Akte rausgekramt.  ;)
Der Beschuldigte war verdächtig, in eine Schlägerei verwickelt zu sein. Bei ihm wurden am 28.11. Schuhe "mit rötlichen Antragungen" auf der Sohle sichergestellt.
Am 02.12. erging ein Auftrag an die "Krimimaltechnik, Polizeipräsidium" zur Spurensicherung.

Dann die Auflösung am 20.01.: "Ein telefonische Nachfrage bei Frau... vom Institut für Blutgruppenforschung in Köln*) ergab, dass es sich bei den Antragungen nicht um Blut handelt." 

*)das ist ganze 2 Bundesländer weiter  :hmhm?:

Zitat von: Jen am 07. Januar 2016, 22:35:06
Die Polizei hat doch ... Luminol?

Vielleicht verfälscht das Spuren...

Araluen

Luminol reagiert mit Blut und leuchtet unter Schwarzlicht. Damit lässt sich zumindest nachweisen, dass es Blut ist. Dem Luminol ist es aber ziemlich egal, was es für Blut ist. Soweit ich weiß, verwendet die Spurensicherung tatsächlich Luminol an Tatorten, um Blutspuren, vor allem, wenn versucht wurde, den Tatort vorher zu säubern, aufzuspüren.

Der Luminolversuch funktioniert aber einwandfrei. Den habe ich jahrelang zur Weihnachts-Chemie-Vorlesung an der Uni vorgeführt - sieht toll aus. Das Blut wird dabei nicht verändert. Das enthaltene Hämoglobin wirkt nur als Katalysator für das Luminol, das mit einem beigefügten Oxidationsmittel so zur lichtemittierenden Reaktion gebracht wird.
Also noch einmal für Nichtchemiker ;) In der Sprühflasche sind Luminol und Wasserstoffperoxid (Das Zeug zum Haare blondieren) als Oxidationsmittel. Die zwei Stoffe fühlen sich da drin sehr wohl und kommen gut miteinander klar, ohne zu reagieren. Dann werden sie aber auf eine Blutspur gesprüht. Das im Hämoglobin enthaltene Eisen animiert Luminol und Wasserstoffperoxid dazu, miteinander zu reagieren, was unter UV-Licht den tollen Lichteffekt gibt. Das Eisen selbst hat mit der Reaktion gar nichts zu tun und bleibt so, wie es ist. Damit wird auch das Blut nicht verändert.

Zur Unterscheidung von Menschenblut und Tierblut gibt es den Uhlenhut-Test. Dabei macht man sich die Reaktion von Serum und Antigenen zunutze. Das funktioniert in etwa so:
Aus einer Probe Menschenblut, gewinnt man das Serum. Im Grunde lässt man es einfach lange stehen, bis sich die einzelnen Phasen getrennt haben. Dieses Serum spritzt man dann einem Versuchstier. Dem Tierchen wird dann nach einigen Wochen Blut abgenommen und davon wieder das Serum extrahiert. In diesem Serum befinden sich nun Antikörper gegen Menschenblut. Der Kaninchenorganismus mochte das Menschenblut nicht und bildete deshalb Antikörper aus. Aus diesem Grund ist die Kenntnis der Blutgruppe bei der Bluttransfusion ja auch so wichtig.
So, dieses Antiserum kann nun die Kriminaltechnik benutzen. Geben sie eine am Tatort gefundene Blutprobe zu dem Antiserum, kommt es zu einer Fällungsreaktion. Irgendetwas setzt sich also ab und wir sehen etwas. Diese Fällungsreaktion fällt umso stärker aus, je näher das getestete Blut mit dem Antiserum verwandt ist - sprich bei Menschenblut in diesem Fall wäre sie extrem stark. Je nach Stärke der Fällungsreaktion kann man also Rückschlüsse auf die Herkunft des Blutes ziehen.

Ich denke mal auch, dass die Polizei das schwert in gewahrsam nehmen würde und kriminaltechnisch untersucht. Wenn der Tatort eher in der Provinz liegt und erstmal keine Leiche zu finden ist und auch kein Verletzter mit auffälligen Verletzungen, könnte es eine Weile dauern. Der Lehrer kommt ja im Grunde mit der Behauptung hin, dass besagter Schüler ihn unter Druck setzen will. Ich bin kein Polizist. Aber ich vermute, die Polizei geht dann erst einmal von einem Nötigungsversuch oder ähnlichem aus, eben mangels Leiche oder Verletzten. Das Schwert wird untersucht und der Schüler befragt.

PinkPuma

Zitat von: BerjosaEr will dem Knaben, den er in Verdacht hat, möglichst viel Ärger machen und bringt das Ding zur Polizei.
Wie würde man dort wahrscheinlich reagieren? Wie schnell stellt sich heraus, dass es sich um echtes (Menschen-)Blut handelt? Wie geht es dann weiter?

Für den weiteren Verlauf der Handlung wäre es gut, dass a) das Schwert aus dem Verkehr gezogen wird, möglichst so, dass mein Held keinen Versuch unternimmt, es zu klauen, und b) die Polizei ihn schon in einer sonderbaren Sache kennengelernt hat, wenn er demnächst eine gefährliche Körperverletzung versucht und wenig später die Leiche eines Schülers findet.
Wenn er das Ding zur Polizei bringt, also auf ein Polizeirevier, hat er es dort ja erst mal mit der Schutzpolizei/Streifenpolizei zu tun. Die würden a) das Schwert entgegennehmen, heißt als Beweismittel beschlagnahmen, b) das Schwert zur Spurensicherung/Kriminaltechnik geben und c) den, der es vorbeigebracht hat, befragen und alle Schritte a) bis c) in einem Protokoll festhalten.

Wenn dein Held den Verdacht äußert, dass der besagte Knabe etwas damit zu tun hat, würde die Polizei dessen Personalien überprüfen, sprich prüfen ob er bereits ED behandelt (=erkennungsdienstlich behandelt) wurde, also ob er bereits polizeibekannt ist. In einem weiteren Schritt würde der Knabe als Tatverdächtiger geladen werden. Wahrscheinlich aber nicht auf's Revier, sondern zur Kripo. Insofern es sich um Menschenblut handelt, muss ja von einer schwerwiegenden Straftat ausgegangen werden und somit ist das ein Fall für die Kripo.

Berjosa

Vielen Dank für die neuen Antworten.

Wenn ich das richtig verstehe, kann ich mit dem Zeitplan relativ frei hantieren und Analyseergebnisse dann auftauchen lassen, wenn sie den Helden möglichst viel Ärger verursachen. Prima.

Vielen Dank auch für die ausführliche Erklärung zu Luminol und der Blutanalyse. Das hilft mir deutlich weiter. Ich sehe schon, ich muss mal wieder einen "echten" Krimi schreiben, wo ich das angemessen einbauen kann ...

Der verdächtige Knabe geht einer etwas seltsamen Freizeitbeschäftigung nach. Möglicherweise hat sich deshalb schon mal der eine oder andere Nachbar wegen Ruhestörung beschwert, oder wegen nicht angemeldeter Versammlungen. Aber da lasse ich mir was einfallen, wie er diese Zusammenkünfte legal einfädeln kann.