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Zweifelhafte Botschaften in Jugendbüchern - was geht noch?

Begonnen von Nightingale, 16. Januar 2013, 21:13:12

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Miezekatzemaus

Zitat von: HauntingWitch am 23. September 2014, 14:16:17
Auch versuchen manche Mädchen (wieder: Bei Jungen weiss ich es nicht, ich sehe nur die Mädchen-Sicht von meiner Schwester) anscheinend, diesen vorgegebenen Typen aus den Filmen und Büchern zu entsprechen und verbiegen sich dafür natürlich völlig. Das ist echt schlimm.
Jungs auch. Aber da ist der Schlankheitsideal nicht ausgeprägt, es geht mehr um "wer sieht heute am coolsten aus".

Kerstin Gier - ich mag ihre Romane, aber ich habe mich auch noch nicht wirklich mit den Botschaften der Bücher beschäftigt. Ich glaube, dass sie damit nicht die Botschaft vermitteln möchte, dass dickere Menschen schlecht/nicht so gut wie dünnere sind, aber was das dennoch vermittelt, steht natürlich auf einem anderen Blatt.
Ich konnte mich mehr mit Gwendolyn denn Charlotte identifizieren, denn Charlotte war überheblich und arrogant, was man ja nun nicht unbedingt sein möchte.
Aber, wobei sich das unbedingt die Waage halten sollte, jede Figur muss irgendeinen Körperumfang haben. Klar, man kann ihn auch nicht erwähnen, aber das tun tatsächlich die wenigsten Autoren.
Viele denken vielleicht gar nicht darüber nach und richten dann unbedacht Schaden an.  :-\

Anj

ZitatDarüber kann man sich aufregen, aber empirische Untersuchungen belegen, dass 2 Partner tendentiell in der selben Attraktivitätsliga spielen. (Wobei bei er Attraktivität auch materielle Pfunde einzubeziehen sind)
Dazu muss ich jetzt mal sagen, dass ich diese Untersuchungen zwar auch kenne, aber im reellen Leben sehr oft das Gegenteil erlebe. Ich habe eine Freundin, die wirklich dick ist. Ich kenne ihre Größe nicht, aber da ich schon 42/44 trage, ist ihre Größe auf jeden Fall im 50er Bereich. Aber sie hat ständig Verehrer und zwar nicht selten ganz normale bis sehr durchtrainierte, gutaussehende Männer. Zwar ist sie aktuell Single, aber das liegt eben nicht daran, dass ihr die Auswahl fehlen würde.
Allerdings ist sie mit ihrer Figur sehr sportlich, geht ins Fitnessstudio und macht nebenher noch Sport in einem Sportverein. Sie lernt also auch viele durchtrainierte Männer kennen. Und man merkt ihr niemals an, dass sie sich unwohl fühlen würde.
Auch ich habe mein Leben lang mehr auf den Rippen gehabt, als meine früheren Freundinnen, wenn auch mit einer relativ sportlichen Figur. Trotzdem standen viele umschwärmte Jungs auf mich, was ich aber leider oft erst im Nachhinein erfahren habe, weil ich damals auch immer davon ausgegangen bin, dass die Jungs mich eh nicht mögen und die totale Kumpelschiene gefahren bin. (Und dann den Jungs viel zu tough war ...) Bei mir waren es zwar weniger Bücher und TV, sondern eher Klassenkameraden, die mir das eingeredet haben, aber ich bin ziemlich sicher, dass die ihre Meinung vorrangig aus Medien (TV) hatten.
Die ganzen Daily Soaps, die damals "in" waren, haben aus Sicht meiner Elterngeneration damals übrigens auch ein sehr kompliziertes Beziehungsschema ausgelöst. Alles musste bis ins kleinste durchinterpretiert werden, ohne Spielchen und Drama und massiv inszenierten Liebeskummer ging es plötzlich auch kaum noch.
So gesehen, bin ich absolut sicher, dass diese Themen einen massiven Einfluss haben. Insbesondere, wenn es im echten Leben keine alternativen Vorbilder gibt.
So ging es mir beispielsweise auch mit den Liebesgeschichten von Barbara Wood, DeCesco und Co, die ich als Jugendliche gelesen hab. Da ich keine erwachsene Liebesbeziehung in meinem Umfeld erlebt habe, sondern (fast) nur in Ein-Eltern-Familien Einblicke hatte, war das ein Vorbild für Liebe und Beziehung. Die Prägung hat es mir sicher schwer gemacht, ein reales Bild von Partnerschaft zu bekommen.
Also, ich stimme euch absolut zu, diese Tendenz ist durchaus bedenklich!

Eine andere Sache ist aber gerade bei der Gewichtsthematik auch die, dass auch das Gegenüber schnell verunsichert ist, wenn der LI nicht der Norm entspricht. Denn das kann schnell Häme und Spott auslösen, die bösartiger sind, als die üblichen Hänseleien, die das Thema in bestimmten Altersstufen eh schon auslösen. Gerade in jugendlichen Jahren verleugnet man dann auch gerne mal das eigene Interesse und es kann sich gar nichts weiteres entwickeln.
Ich finde, auch die Seite darf man nicht vergessen. Das alles ist ja nicht nur Vorbild dafür, ob wir selbst liebenswert sind, sondern auch dafür, wen wir liebenswert finden dürfen.

Es wäre wirklich schön, wenn diese Themen differenzierter angegangen würden. Wobei man aber auch wirklich nicht vergessen darf, dass viele der Bücher amerikanisch geprägt sind. Und dort sieht die Realität und auch die Gewichtsunterschiede zwischen Hollywood und Normalos vielfach sehr viel größer sind, als bei uns in Deutschland und die Amis ja generell zu merkwürdigen zweierlei Maßen tendieren.
Um so wichtiger ist es vielleicht, sich als deutscher Jugendbuchautor stärker an unserer Jugend zu orientieren, statt an der amerikanischen. (Oder wenigsten an den englischen, denn allein die englischen Schauspieler bei BBC-Reihen finde ich schon sehr viel näher am Normalen, als die amerikanischen. Ob das bei Büchern auch so ist, kann ich allerdings nicht beurteilen.)

Davon abgesehen muss ich aber auch sagen, dass ich im Straßenbild immer häufiger jugendliche Paare sehe, bei denen die Jungs schlank sind, die Mädels aber schon einen sichtbaren Bauch/Schwimmring haben. Und das mit steigender Tendenz. Vielleicht ist das aber auch nur bei uns auf dem Land so?
"Wenn du andere Leute ansiehst, frage dich, ob du sie wirklich siehst, oder ob du nur deine Gedanken über sie siehst."
Jon Kabat-Zinn.

Franziska

Attraktivität hat nach meiner Ansicht wenig mit Modelmaßen zu tun sondern mit Selbstbewusstsein und Ausstrahlung. Deshalb stimme ich Kati zu. Wenn man sich selbstwohl fühlt, finden einen andere auch viel eher schön.
Mir ist das mal  richtig anhand einer Freundin klar geworden. Sie ist nicht schlank und auch nicht unbedingt hübsch. Aber das fällt einem kaum auf, weil sie eine sehr interessante Persönlichkeit hat, sehr aktiv ist, eine schöne Stimme hat und sich gut kleidet. Ich glaube, Single war sie in ihrem Leben höchstens ein paar Wochen. Solche Figuren würde ich gerne mal in Jugendbüchern lesen. Nur weil man dünn ist muss man sich nicht schön finden undstehen die Männer schlange. Was den meisten wahrscheinlich nicht auffällt ist, dass es in Jugendmedie auch häufig  bashing gegen dünne Mädchen gibt. Weil wir wollen den Mädchen mit Durchschnittsfigur ja sagen, dass sie okay sind. Das muss doch auch gehen, ohne andere abzuwerten.
Übrigens finde ich Sarah Dessen macht das großartig. In ihren Büchern geht es immer darum zu sich zu stehen. Die hübschen Mädchen entpuppen sich meistens als sehr intelligent. Und auch in Crazy moon gibt es zwar das Mädchen das sich nach abnehmen und Schminkkurs erst hübsch findet. Sie kommt aber mit fem nerdigen Typ zusammen und es gibt ihre Tante, die sich mit Übergewicht und schriller Kleidung wohlfühlt.

canis lupus niger

#123
Als ziemlich alte und leider auch ziemlich dicke Frau, die auch als Teenager durch viel Sport eher athletisch als dünn war, habe ich keine Probleme damit, weibliche Charaktere in meinen Büchern ebenfalls nicht immer dünn sein zu lassen. In einem mittlelaterlichen Setting ist die moderne Auffassung von dünn  (so super-spindeldürr mit Stöckchenbeinen und -armen und einer Taille, die man mit zwei Händen umfassen kann, sowie eingefallenen Wangen, so dass einen ein Windhauch umpusten kann) sowieso kein Schönheitsideal, sondern ein Synonym für nicht lebensfähig. Meine Frauen schreibe ich auch schon mal so, dass man ihnen die vier Schwangerschaften ansieht, oder als kräftige Bauersfrau.

In Urban Romantasy kann man aber mit diesem Frauenbild vermutlich nichts werden. Die Zielgruppe, die der Verlag anpeilt ist offenbar für die Realität zu oberflächlich. Wie großartig fand ich den Film "Tremors", in dem eine Frau einem verliebten Mann klarmachte, dass eine große Oberweite und ein ansonsten modelmäßig dünner Körper nicht zusammenpassen, weil das, was einen Busen groß macht, nun mal Fett ist. Und wer im Busen Fettgewebe hat, die hat es auch woanders, bzw. die hat eben nirgendwo welches. Herrlich! So was ginge heute gar nicht mehr.

HauntingWitch

Zitat von: Churke am 23. September 2014, 16:09:40
Wir müssen unterscheiden zwischen Botschaften und so etwas wie Abbildern der Realität. Es ist nun einmal so, dass es einen Partnermarkt gibt, auf dem ein starker Konkurrenzdruck herrscht, und dass jeder auf diesem Markt einen individuellen Wert besitzt. Darüber kann man sich aufregen, aber empirische Untersuchungen belegen, dass 2 Partner tendentiell in der selben Attraktivitätsliga spielen. (Wobei bei er Attraktivität auch materielle Pfunde einzubeziehen sind)

Das mag sein, über solche Studien habe ich auch schon gelesen. Aber es geht ja darum, dass man z.B. das dicke Mädchen auch positiv darstellen kann und es durchaus Männer gibt, die das attraktiv finden und die Romanheldin entsprechend einen richtig tollen Mann bekommen kann. Statt dass sie die gehänselte Nebenfigur ist, die nie etwas erreicht. Ich bestreite deine Aussage nicht, es ist mir selbst schon aufgefallen. Aber wie Franziska so schön gesagt: Attraktivität hängt von der Ausstrahlung ab und diese wiederum hat nicht viel mit dem Körperbau oder den Klamotten, die man trägt, zu tun, sondern damit, wie man sich fühlt. Es geht ja nicht darum, zu sagen, eine "hässliche" Person (absichtlich überzeichnet, das ist nämlich ein ganz furchtbar hässliches Wort) bekomme in jedem Fall einen "schönen" Menschen (auch hier, was ist schon schön?) - sondern darum, dass dick, unsportlich, ungeschminkt oder eine schiefe Nase nicht als hässlich angesehen werden sollte.  ;) Viele Jungs stehen nämlich auf Kurven, auch wenn sie selber keine haben. Deshalb können trotzdem beide Partner gleich attraktiv sein.

@Franziska: Danke, das hast du wunderschön gesagt.  :)

@Kati: Betreffend Jeans-Girl und Blondine in High Heels, da hast du natürlich Recht, diese Vorstellungen existieren auch in umgekehrter Form und auch dagegen kann man als Autor angehen.

@Canis: Ja, das ist leider so. Ich fürchte, man kann das nur umgehen, in dem man diese Liebesgeschichten in andere Genres verpackt. Sonst wird man wohl kaum eine Chance auf Veröffentlichung haben. Das ist sehr traurig, eigentlich. Ich denke immer, wenn jemand solchen Ideen entgegenwirken kann, sind es wir Autoren, aber das geht natürlich nur, wenn die Verlage mitspielen.

Leute, mir wird gerade klar, dass ich mir bislang auch bei meinem eigenen Schreiben viel zu wenig Gedanken über das alles gemacht habe. Ihr erweitert hier gerade mächtig meinen Horizont, danke dafür.  :)

Maja

#125
Ich ziehe den Thread gerade mal wieder hoch, weil ich selbst vor der Situation stehe, dass ich nicht weiß, inwieweit die Hauptfiguren eines Jugendromans eine Vorbildfunktion haben müssen. Ich will meinen Lesern (besser: Leserinnen, die Zielgruppe sind Teenager-Mädchen) nicht die Botschaft vermitteln "Es ist egal, ob der Kerl dich anlügt und säuft - du brauchst einen Freund, sonst bist du niemand", und darum beschlossen, dass sich die Helden in meiner YA Romanze am Schluss eben nicht kriegen, weil einfach zu viel passiert ist und Reena meint, es ist mehr Anreiz, sich für jemanden zu ändern, als sich von jemandem trennen zu müssen, weil der das nicht tut. Soweit war ich noch zufrieden mit mir, auch wenn ich die Reaktionen des Publikums, das von einer Romanze erwartet, dass die beiden sich gefälligst kriegen müssen, und mir sonst aufs Dach steigt (und, nachdem ich die schon mit dem Ende vom "Puppenzimmer" vor den Kopf gestoßen habe, niemand mehr irgendwas YA-mäßiges von mir lesen will.

Das ging so lange gut, bis ich eine Szene geschrieben habe, in der beide betrunken sind und schließlich miteinander rummachen. Sie haben keinen Sex, das wäre mir zu viel, aber es gibt eben eine wilde Knutscherei mit Gefummel und ausziehen unter Alkoholeinfluss. In einem Erwachsenenroman hätte ich damit keine Probleme, aber wo es in einem Jugendbuch ist und meine Heldin 17, kommen mir Zweifel. Ich weiß, Siebzehnjährige in real life tun so was durchaus. Zumindest zu meiner Zeit taten sie das. Aber dürfen es die Protas in einem Roman? Oder kann ich die Hürde nur umschiffen, indem ich danach Lesern und Protas die Moralkeule um die Ohren haue und ihnen ganz schlimme Konsequenzen anhänge?

Dass Darius zu oft und zu viel trinkt, wird in dem Buch kritisch thematisiert und ist am Ende der Hauptgrund, warum Reena sich gegen eine feste Beziehung mit ihm entscheidet, und ich denke nicht, dass ich in dem Buch grundsätzlich Alkohol verherrliche. Aber die Szene selbst, in Reenas Perspektive, ist durchaus positiv dargestellt, weil sie in dem Moment Spaß hat. Sie trinkt freiwillig und wird nicht dazu genötigt. Darius ist nicht weniger betrunken als sie selbst - ich wollte keine Situation schildern, in der ein Mann ein Mädchen abfüllt und sich, wenn sie hilf- und wehrlos ist, an ihr vergreift. Sie spielen Mensch-Ärger-dich-nicht mit Cognac, albern herum, und es eskaliert, für beide Seiten letztlich ungeplant. Hinterher ist da auf beiden Seiten durchaus Reue, und Übelkeit, aber eben keine Holzhammer-Konsequenzen. Sie kriegen nur den Schock ihres Lebens, weil es ein Gruselroman ist und dann eben etwas Gruseliges passiert. Ich baue darauf, dass meine Leser eine bereits gefestigte Meinung haben zum Thema Alkohol und Rummachen, kann aber natürlich nicht ausschließen, dass der Roman auch von Zwölfjährigen gelesen wird, die das total romantisch finden, sich eine Cognacflasche schnappen und versuchen, mit ihrem Schwarm anzubandeln, indem sie ihn und sich abfüllen.

Wo seht ihr bei sowas die Grenze? Ich nehme an, keiner von uns will einen Roman lesen, in dem sich die Hauptfiguren nur wie engelsgleiche Vorbildfiguren verhalten, die dem Leser vorleben, was richtig ist, während nur Antagonisten Fehler machen dürfen. Fehler billigen wir unseren Protas allemal zu. Aber wie positiv dürfen diese Fehler geschildert werden? Und braucht ein Jugendbuch den erhobenen Zeigefinger, um nicht als Jugendgefährden zu gelten? Ich hoffe ja, dass Leser solche krassen Fälle differenzierter sehen und sich nicht so sehr davon beeinflussen lassen, als wenn ihnen unterschwellig Vorurteile vermittelt werden. Ich will nicht päpstlicher sein als der Papst. Aber wo hört für euch das, was erlaubt ist, auf?
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Franziska

Das Thema ist sehr schwierig. Es kommt für mich darauf an, wie alt die Figuren sind und wie das ganze dargestellt wird. Was für mich gar nicht geht ist, wenn einer total betrunken ist und der andere nicht und ihn zum Sex überredet, oder auch nicht überredet. Aber das kann man dann schon als Nötigung auffassen. Wenn beide betrunken sind und es wollen ist es nochmal was anderes. Ich bin immer dafür, Jugendliche auch realistisch darzustellen. Andererseits frage ich mich gerade, warum sie denn in deiner Szene so betrunken sein müssen? Reicht es nicht, wenn sie ein bisschen was trinken oder gar nicht? Dann würden sie die Entscheidung rumzumachen ja bewusst treffen und könnten es auch mehr bereuen.
Es sollte auf keinen Fall so rüberkommen, als könnte man nur betrunken Spaß haben oder als müsste das Mädchen was trinken, um mit ihm rummachen zu können.
Es sei denn sie reflektiert da hinterher drüber.

Zum Thema zusammenkommen: Nein, in Jugendbüchern müssen die Protas nicht immer zusammenkommen. Nur darf das dann nicht als Romanze beworben werden, weil dann werden die Leser garantiert enttäuscht sein.

Churke

Alte Grundregel aus der Theaterpädagogik:
Kinder verkraften und verstehen einiges mehr als die Birkenstock-Fraktion meint.

Ich finde es auch völlig richtig, wie du mit dem Thema Alkohol umgehst. Das Problem mit alkoholgestütztem Spaß ist nämlich, dass man das hinterher überhaupt nicht mehr so lustig findet. Das endet dann wie in der einen Vaterschaftsklage, wo die Mutter nach einigen Verhandlungstagen kleinlaut einräumte, dass es "jeder gewesen kann", weil sie am 1. Mai und sie so strack war.
Sowas ist doch einfach nur peinlich.

Und das Thema "Pack schlägt sich - Pack verträgt sich" kann man um den zweiten Teil ruhig streichen. Das ist doch der Klassiker: Sie glaubt, dass sie ihn liebt, und macht sich immer vor, dass er sich ändert. Er ändert sich aber nicht, und so läuft immer das selbe Programm ab.

Grey

#128
Hm. Grundsätzlich finde ich den Umgang mit Alkohol ganz gut gelöst. Was ich schwierig finde ist, dass sie Cognac trinken. Den im JuBu zum Spaß zu trinken finde ich eindeutig schwieriger als Bier oder Sekt, weil das schon hartes Zeug ist, das die meisten Jugendlichen darüber hinaus nicht mal mögen. Das wäre dann wirklich nur trinken um zu saufen, und das würde ich mir doch eher verkneifen.

Ary

Da bin ich ganz und gar bei Grey. Im Prinzip gut gelöst, aber ich würde auch keinen "Hartsprit" nehmen, sondern eher Bier oder Sekt.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

absinthefreund

Ich finde, Jugendbücher sollten ihre Leser nicht wie rohe Eier behandeln.
In deiner Situaton könnte dir helfen, dir vorzustellen, was du selbst in dem Alter gelesen hast und wie du auf "Extremsituationen" wie Sex und Horror und moralische Grauzonen reagiert hast. Oder was ihr in der Schule gelesen habt und worüber ihr in der Klasse dann diskutiert habt.

Nur weil sich die Protagonisten einer Geschichte daneben benehmen oder etwas prickelnd Verbotenes, haben jugendliche Leser doch nicht das Bedürfnis, es ihnen gleich zu tun. So viel Verstand sollten wir ihnen schon zutrauen. Auch mit zwölf Jahren (falls dein Buch tatsächlich jüngeren Lesern in die Hände fallen sollte) ist man sehr wohl in der Lage differenziert zu denken und eine Geschichte für das zu sehen, was sie ist: eine Geschichte, Fiktion! So wie du die Szene beschreibst, Maja, brauchst du meines Erachtens nicht die große Moralkeule zu schwingen, im Gegenteil, es könnte sonst aussehen wie ein sehr plumper Wink mit dem moralischen Zaunpfahl. Ich denke, es genügen deine subtilen Hinweise, die es ja wohl genug gibt, um ein bedenkliches Bild vom Alkoholkonsum deines Darius zu zeichnen. Wobei Reue und Übelkeit und der "Schock ihres Lebens" alles andere als subtil sind und die Romantik im Nachhinein ja reichlich trüben.

Pygmalion

Ich finde auch nichts problematisches, zumal sie im Nachheinein ja auch darüber reflektieren... ein Jugendbuch muss doch keine verzerrte Realität wiedergeben, zumal die angesprochenen LeserInnen durchaus wissen, was sie in ihrem Alter tun (und das geht vermutlich in vielen Fällen über das hinaus, was du schreibst).
Das mit dem Cognac stimmt aber wohl, wobei heutige Jugendliche auch allgemein weniger pures Bier trinken, gerade die Mädels. Ich weiß das, weil ich das immer wieder von meiner 16- jährigen Schwester höre. Die trinken wenn dann Sekt/Hugo, aber das eigentlich auch weniger, vielmehr Grashüpfer/ Kirsch mit Fanta und Wokda-O oder -E, eben das ganze süße Zeug, von dem man nicht merkt, dass man Alkohol trinkt (Ok, kommt auf die Wodkamischung an)...

Coehoorn

Ich musste gerade an ein Video von Youtube denken, wo ein Reporter von ARD durch die Stadt läuft und ältere Mitmenschen fragt "Wann haben Sie ihren Enkeln das letzte mal vorgelesen?".
Als Antwort bekommt er dann von einer älteren Frau: "Die sind 17, die bumsen schon, denen brauch ich nichts mehr vorlesen."

Insofern kann ich nur sagen: Nein, ich sehe an einer solchen Szene keine Problematik. Ich würde es eher als problematisch sehen hier den Moralhammer rauszuholen, weil dann alles eher ins Absurde geführt und unrealistisch wird.

canis lupus niger

Heutzutage gehört das Saufen ja leider für viele Jugendliche schon zur Normalität, wird geradezu als Synonym für "Feiern" angesehen. Insofern denke auch ich, dass man da mit einem nicht-beschönigenden, realistischen Roman eigentlich nichts verkehrt machen kann.

Der Punkt ist ja, dass der Alkohol nicht als Mittel zum Glücklich-Sein dargestellt wird, sondern als enthemmende Droge, die dazu führt, dass einem hinterher nicht nur verdammt übel sein kann. Auch kann das, was man in enthemmtem Zustand getan hat, dem eigenen Ansehen und der Selbstachtung großen Schaden zufügen. Moralaposteleien will niemand lesen. Aber warum nicht schreiben, dass das Mädchen sich vor dem besoffenen Verhalten und der Kotzerei des Freundes bei größeren Exzessen ekelt? Die wenigsten nicht-betrunkenen Menschen erleben es gerne mit, wenn Betrunken völlig die Kontrolle verlieren. Das kann sogar ein interessanter und lehrreicher Beitrag für die Persönlichkeitsentwicklung jugendlicher Leser sein.   

Grey

Na ja, aber der Punkt ist ja nicht nur, was wir den Jugendlichen zumuten können, sondern was ein eventuell interessierter Verlag später glaubt, den Jugendlichen zumuten zu können. Und die klassischen Jugendbuchverlage sind bei sowas tatsächlich eher konservativ eingestellt. ::)