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Die Idee ist gut, aber schaffe ich das auch?

Begonnen von Shin, 29. Oktober 2012, 01:21:28

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Brigadoona

Ich würde sofort mit dem Schreiben beginnen, egal, ob du denkst, dass die Geschichte eine Nummer zu groß ist. Manche Berge erscheinen kleiner, wenn man erst einmal beginnt, sie zu besteigen (ich weiß, das hört sich jetzt ziemlich geschwollen an).
Jetzt ist die Idee noch lebendig. Diese Lebendigkeit zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu erreichen, ist schwierig. Zumindest geht es mir so. Ausarbeiten, mehr Tiefe geben - all das kannst du später, Hauptsache das Grundgerüst steht.
Ansonsten stimme ich Alanas Maßnahmen zu. Überhaupt Nummer 1 und 2.


Zitat von: Alana am 29. Oktober 2012, 09:18:43

2. Maßnahme: Plotten so viel wie geht (habe dann hinterher festgestellt, dass es immer noch nicht genug war)
3. Maßnahme: Einfach schreiben, ohne nachzudenken (deswegen plotte ich vorher gerne alles durch, damit ich mich dann einfach daran entlanghangeln kann).

Shin

Zitat von: Malinche am 29. Oktober 2012, 11:56:06
In dem Fall ist mein Rezept wirklich: liegen lassen, aber nicht zu sehr auf die lange Bank schieben. Gerade die Recherche muss ich einfach irgendwann in Angriff nehmen und aufpassen, dass der wirklich angebrachte Respekt vor einem anspruchchsvollen Projekt nicht einfach zur Universalentschuldigung wird, es gar nicht erst anzufangen.

Guter Einwand, meine Liebe.
Danke für die bisherigen Antworten, es ist wirklich interessant zu lesen!
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- Daisy The Great
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Churke

Zitat von: Shin am 29. Oktober 2012, 01:21:28
Wenn ja, wie seid ihr damit umgegangen?

Training on the job. Ich habe immense Fortschritte durch solche Projekte gemacht. Ich schreibe erst mal und sehe dann am fertigen Text, wo das Problem liegt. Das ist nicht immer einfach und diese Arbeitweise erordert die Bereitschaft, einen Plot auch mal 180 Grad zu drehen oder 200 Seiten zu streichen. Ist eine Menge Arbeit, aber es lohnt sich.

zDatze

Zitat von: Luna am 29. Oktober 2012, 12:11:55
Äh, also Du hast mir da gerade aus der Seele gesprochen. Das trifft auf mich jedenfalls voll zu. Ich habe da ja schon Ewigkeiten eine Geschichte im Kopf, wohl mein Lebenswerk :seufz:, meine Schattenkriegerin. Die hat mich erst dazu gebracht mit dem Schreiben anzufangen, weil diese Geschichte muss doch irgendwie raus :brüll:.
Lass dich mal :knuddel: .
Mir kreist auch eine Geschichte in den Gehirnwindungen, die ich unbedingt niederschreiben möchte. Ich habe sie sogar schon einmal geschrieben, aber das Ergebnis ist von der ersten zur letzten Seite unbrauchbar. Die Figuren hocken immer noch in meinem Kopf herum und warten darauf, dass es bei mir endlich *klick* macht und ich anfange die Zusammenhänge wirklich zu begreifen. Der Plot steht, aber er nützt mir nicht viel weil noch etwas ganz Wichtiges fehlt.

Tika

Auch ich kenne das Gefühl nur zu gut. Ich habe da eine Geschichte liegen, die sich mir derzeit wie ein Berg darstellt.
Ich habe einen solchen Wahnsinns Respekt davor, dass ich mich nicht traue sie anzupacken. Das Problem ist, sie begleitet mich schon seit Jahren. Immer wieder denke ich an sie, sehe ganze Szenen im Geiste und spüre, dass sie etwas ganz großes werden kann, aber ich habe das Gefühl, dass ich ihr zur Zeit einfach nicht gerecht werden kann.
Vielleicht wird sie niemals geschrieben werden, ich kann es noch nicht sagen.


Pestillenzia

Ich stecke gerade mitten in einer solchen Idee. Mein Geisterkönig/Mondkönig ist ein schwererer Brocken, als ich gedacht habe. Ich habe fünf- oder sechsmal begonnen, bis sich wenigstens der Anfang richtig anfühlte (vom Rechercheaufwand, den ich dezent unterschätzt habe, ganz zu schweigen). Ich habe jetzt etwas über 100 Seiten und erstarre gerade wieder, weil ich nicht weiß, ob ich der Geschichte und vor allem den Figuren gerecht werden kann.
Zwischendurch dachte ich nicht nur einmal ans Aufgeben, aber ich habe mich immer wieder ein paar Seiten vorwärts gebissen. Er lag auch immer wieder ein paar Tage und Wochen brach, weil sich alles so unzulänglich anfühlte. Ich habe parallel fantastische Romane gelesen, die in derselben Epoche spielen und gemerkt, dass auch diese Autoren nur mit Wasser kochen und ich hab mich dadurch ein kleines bisschen besser gefühlt. Also nicht "besser" im Sinn von schadenfroh sondern eher erleichtert und wieder ein wenig zuversichtlicher.
Aber dennoch ist da immer noch das Teufelchen, das mir einflüstert, dass ich mich an Ludwig II nicht heranwagen darf, dass ich ihm in all seiner verqueren Exzentrik niemals gerecht werden kann.

Und doch will ich nicht aufgeben. Die Idee liegt mir so sehr am Herzen, dass ich nicht loslassen kann. Mir hat es geholfen, wieder und wieder von Neuem zu beginnen, wenn sich etwas falsch anfühlte. Es mühsam ohne Ende und ich habe sicherlich 50 bis 80 Seiten für die Tonne geschrieben, aber schließlich hatte ich das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein, auch wenn der Weg etliche Schlaglöcher hat.
Ich bin jetzt an einem Punkt, an dem ich nochmals umdrehen und zu einer Weggabelung ganz am Anfang zurückkehren und einen Umweg schreiben muss, um wieder an den Punkt zu gelangen, an dem ich bin.

Ich finde auch, dass es ein guter Weg ist, die Geschichte immer mal wieder liegen zu lassen, sie aber nicht so weit weg zu schieben, dass sie außer Sichtweite ist. Manchmal braucht man ein bisschen Abstand, um klarer zu sehen und gerade in dem Moment, in dem man ein wenig loslassen kann und nicht mehr so verbissen nach einer Lösung sucht, macht es "klick". 

Nika

So ging es mir erst vor ein paar Monaten. Ich hatte vor Jahren mal diese Idee "Frau stirbt, kommt in einem anderen Körper wieder, aber nur für 7 Tage, Nächte, Stunden, Minuten, Sekunden." Idee aufgeschrieben, zur Seite gelegt, weil alles drumherum fehlte. Dieses Jahr kam dann das Drumherum nur so auf mich eingestürzt. Ich hatte die Erklärung für das Wieso, Weshalb, Warum, wusste plötzlich, wer sie ist, kannte alle Personen in ihrem Umfeld, wusste genau, wo die Story spielen soll ... und innerhalb kürzester Zeit war da zu viel.

Das Ganze wuchs mir über den Kopf und ich wusste garnicht, wie ich alles in einen Roman unterbringen sollte, ohne ihn auf mehrere tausend Seiten zu bringen. Ich hab versucht, den Plot aufzuschreiben, um zu sehen, wie schlimm es wirklich ist, wo zu viel ist, wo etwas fehlt, aber es ging einfach nicht, es kam nur mehr und mehr in den Plot und drohte, ein heiloses Chaos zu werden. Die Idee und die Charas, die ich in kürzester Zeit so liebgewonnen hatte, und die ich unbedingt hatte schreiben wollen, schien auf einmal ein paar Nummern zu groß.

Ich hab mich dann hingesetzt und eine Zeitleiste für die Hauptpersonen erstellt. Es war viel übersichtlicher, als der Versuch, das ganze in ausformulierten Sätzen als Plot aufzuschreiben und wenn ich merkte, da fehlte was, musste ich nicht alles umstellen, sondern einfach einen neuen Zweig einfügen. Und als die Zeitleiste fertig war, war noch immer alles drin, was rein musste, aber es war bei Weitem nicht mehr so erschreckend und dann konnte ich auch den Plot super runterschreiben.

Sin

Mir geht es gerade mit meinem TiNo-Projekt so...

Ich bin jetzt nicht unbedingt jemand, der gerne plottet, da mir irgendwann fast immer die Lust, den Text dann auch zu schreiben abhanden kommt.
Diesmal möchte ich aber über 10k rauskommen, bevor alles beendet ist und diese Geschichte bietet sich dafür geradezu an.
Nur, jedes Mal wenn ich denke, jetzt hab ich wieder ein Stück geplottet, kommt einer der Protas her und meint, es fehlt was oder es müsste was umgeschrieben werden...  :d'oh:
Wenn ich so daran arbeite, komme ich mir wie Sisiphus vor...

Aber diesmal lasse ich mich nicht unterkriegen, ich will unbedingt diese Geschichte zu Papier und Daten bringen!

Assantora

Oh, so geht es mir doch gerade bei meinem Projekt für den NaNo.
Ein gewaltiger Plot, gut der erste Teil ist geplottet, aber ich nenne das Biest nicht umsonst ein Monster, weil allein der Plot ist schon gewaltig, zumindest für meine Verhältnisse.
Nun, wenige Tage vor dem Startschuss fange ich noch an, mir ernsthaft Gedanken zu machen:
Bekomme ich den Prolog so hin, wie ich mir das wünsche? Sind die Charas lebendig genug? Was ist mit den Antagonisten, sind sie überhaupt authentisch, oder nur leere Hüllen?
Heute musste ich unbedingt Flaggen, Wappen und Banner mir ausdenken, weil ich der Meinung bin, es sei wichtig genug, eine genaue Vorstellung davon zu haben. Habe ich die Flaggen, brauchen sie ja auch eine Bedeutung und schon wird es monströs.
Eine Stadt bekommt ein eigenes Banner, taucht aber namentlich erst am Ende der Geschichte auf (also von Teil Eins) und genau dieses Banner zeigt einen Drachen. Drachen schön und gut. Der letzte Drache starb an einen ganz anderen Ort, wenn es überhaupt einen Drachen in der Welt gab, denn die Geschichte ist ungefähr so realitätsnah, wie die Geschichte des Nibelungenschatzes.

@ SinTheFox
ZitatIch bin jetzt nicht unbedingt jemand, der gerne plottet, da mir irgendwann fast immer die Lust, den Text dann auch zu schreiben abhanden kommt.
Vielleicht plottest du zu genau? Ich bemühe mich, bei meinem Plot den roten Faden nie aus den Augen zu lassen, will dieses Mal mich aber besonders an meiner mangelnden sprachlichen Aussage festhalten. Dieses Projekt soll nicht nur inhaltlich gut werden, sondern auch sprachlich.
Nun ist dieser Punkt aber genau der Punkt, vor dem ich mich am meisten fürchte. Mir ist bewusst, dass ich nicht die beste Ausdrucksweise habe, liegt vielleicht daran, dass ich bei einer Geschichte schnell voran kommen möchte und einiges vergesse.
Aber diese Herausforderung muss man annehmen, sonst kommt man ja nicht weiter, oder?

Also ich finde, man sollte die Herausforderung annehmen. Was kann schon schief gehen? Wenn die Geschichte nicht so will, wie man selbst, oder umgekehrt, kann man zur Not immer noch die Notbremse ziehen. Das ist alles kein Problem, habe ich nämlich auch schon mehr als einmal hinter mir und erst in diesem Jahr habe ich mein Projekt, welches ich schon vor sieben Jahren angefangen habe, endlich fertig gestellt und bin auch halbwegs zufrieden damit :)

HauntingWitch

Ich habe festgestellt, dass die Projekte, denen ich mich nicht gewachsen fühle, in der Regel einfach mehr Zeit zum Reifen brauchen. Anfangs denke ich noch: "Nein, das kannst du nicht machen, da blickst du nie durch!" Doch dann lasse ich es eine Weile beiseite und behalte es im Hinterkopf. Bald sieht das Mammut dann nicht mehr so riesig aus.  ;D

Als Tipp, was ich bei meinem Erstling angefangen habe, als ich merkte, dass mir die Welt etwas abhanden kommt: Ich habe jedes hinterletzte Detail irgendwo aufgeschrieben. Für jeden Hintergrundcharakter existieren Charakterbögen, für die Orte meiner Welt eine Tabelle, in der ich alle Einzelheiten dazu festhalte, ebenso für Spezies. Ausserdem habe ich immer ein eigenes Dokument mit Recherchesammlungen. Ich weiss nicht, wie es bei anderen Schreibprogrammen ist, aber Word hat ja diese wunderbare Suchfunktion und diverse Möglichkeiten, Dinge einzufärben oder Kommentare einzufügen, damit man den Überblick behält.

Ausserdem habe ich angefangen, mein Konzept in ganzen Sätzen (statt nur in Stichworten) auszuformulieren, dann kann ich es mir besser vorstellen und es rutscht nichts drunter. Dazu kommt ein nummerierter Szenenplan und Szenentitel im eigentlichen Dokument, Kurzbeschreibungen obendrauf, usw. Natürlich ist das individuell, wie es einem am besten von der Hand geht, mir hilft es ungemein.

Was ich auch schon hatte (oder immer noch habe), ist, dass ich mich einer bestimmten Thematik noch nicht gewachsen fühle, obwohl ich mich als Leser eingehend damit beschäftigt habe. Das können natürlich verschiedenste Faktoren sein, da habe ich angefangen, Kurzgeschichten zu schreiben, um zu schauen, wie es geht, ausprobieren. Und ich stelle fest: Teilweise fehlt es an Recherche, teilweise an Vorstellungsvermögen, teilweise an Erfahrung. Was wiederum heisst: Braucht mehr Zeit. Das ist aber nur meine Erfahrung. ;)

Sin

@Assantora:
Zitat von: Assantora am 29. Oktober 2012, 22:01:54
Vielleicht plottest du zu genau?

Jap, ich glaube, dass ist genau mein Problem. Aber diesmal hab ich mich zurück gehalten und nur den wirklich roten roten Faden im Auge behalten und nicht alles mit drum rum geschrieben...