Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Das Sprachbastelboard => Thema gestartet von: Tenryu am 08. Dezember 2008, 20:49:06

Titel: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Tenryu am 08. Dezember 2008, 20:49:06
Vielleicht kennt ihr ja die Satire über die "Schreckliche Deutsche Sprache" von Mark Twain (=>http://www.alvit.de/vf/de/mark-twain-die-schreckliche-deutsche-sprache.php (http://www.alvit.de/vf/de/mark-twain-die-schreckliche-deutsche-sprache.php)). Der große amerikanische Humorist hat auf einer großen Europareise auch Deutschland mehrmals besucht, und sich eingehend mit der deutschen Sprache und Literatur beschäftigt.
Ursprünglich als Vortrag (auf Deutsch!) vor amerikanischen Studenten in Heidelberg gehalten, hat er sie später umgearbeitet und auf Englisch drucken lassen.

Ich mache daher mal einen Thread auf, in dem ihr euch über die Eigenarten, Seltsamkeiten, Absurditäten und Ärgernisse der Deutschen Sprache auslassen könnt.

Denn jeder weiß es: die deutsche Sprache ist zwar leicht zu verstehen, aber unmöglich zu beherrschen.  ;)

Hab ihr euch auch schon mal gefragt, wozu es im Deutschen tatsächlich Regeln gibt, obgleich nur eine Minderzahl der Wörter nach ihnen gebildet wird?

Warum gibt es im Alfabet mindestens vier Buchstaben, die überflüssig sind?
Warum gilt das Y als Konsonant, obgleich es seiner Natur nach ein Vokal ist?
Warum schreibt man nicht so, wie man spricht, wo doch die Menschen (und die Menschheit) zuerst Sprechen und erst viel später Schreiben gelernt haben?
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Manja_Bindig am 08. Dezember 2008, 21:07:37
1: Warum schreibst du Alphabet mit "f"?

Was das Schreiben betrifft:
Irgendwann wurde die Deutsche Sprache vereinheitlicht, weil jeder jedes Wort anders geschrieben hat, teilweise mit starken regionalen Diskrepanzen - wenigstens in der Schriftsprache gibt es also keine Dialekte, man ist in der Lage, sich gegenseitig zu verstehen. (Wie sähe denn eine Briefkorrespondenz zwischen Köln und Sachsen aus, wenn es keine einheitliche Orthographie gäbe? Mundsprache ist nun mal immer sehr regional.)


Zusätzlich dazu - Deutsch ist kein homogenes Worthäuflein, es ist aus verschiedenen Einflüssen gewachsen. Latinisch, slawisch, skandinavisch... und vergiss nicht die neuen "eingedeutschten" Wörter - die schlagen sich sowohl im Sprechen als auch im Schreiben nieder.

(Das schöne "alphabet" zum beispiel... "alpha" + "beta" - da hätten wir schon was... Bei "alfabet" denk ich eher an Alfalfa. Udn das ist Pferdefutter)


ZitatDenn jeder weiß es: die deutsche Sprache ist zwar leicht zu verstehen, aber unmöglich zu beherrschen.

Und wie schreibst du dann?
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Tenryu am 08. Dezember 2008, 21:19:52
Ad 1: Weil ich nicht verstehe oder einsehe, wieso man Alfabet mit ph schreiben sollte, Delphin aber mit f. Das beleidigt meine  Intelligenz.

Wobei wir zu der Frage kommen, wieso andere Sprachen, wie das Englische, Französische, Niederländische, Italienische, usw. also eigentlich alle Kultursprachen es geschafft haben, für diese Gräcismen eine einheitliche Regelung zu finden, nur die Deutschen nicht. Hier herrscht reinste Willkür.
Engländer und Franzosen schreiben diese Wörter ausnahmslos mit ph, rh, th.
Italiener, Spanier und Niederländer ausnahmslos mit f, r, t.

Auch die Wortbildung von Fremdwörtern gehorcht im Deutschen keiner Logik. So werden selbst Wörter aus dem gleichen lateinischen Wortstamm im Deutschen völlig unmotiviert unterschiedlich gebildet:
z.B.
inspicere -> inspizieren
respicere > respektieren (obgleich es eigentlich respizieren heißen müßte)

Bibliothek
Apotheke

Zitat von: Manja am 08. Dezember 2008, 21:07:37
Und wie schreibst du dann?

So wie ich glaube, daß es richtig (und sinnvoll) ist. Was immer eine gewisse Grtwanderung bedeutet.
Aber ich glaube, daß es kaum Menschen gibt, die trotz jahrelanger Schulausbildung in der Lage sind, absolut fehlerfreies Deutsch zu schreiben. Dazu gibt es zu viele Ausnahmen und absurde Regeln ohne Sinn.

z.B. radfahren / Auto fahren (soll mir mal einer den Unterschied erklären!)
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Manja_Bindig am 08. Dezember 2008, 21:31:42
Tenryu, die Deutsche Sprache hat sich über ein paar hundert Jahre hinweg entwickelt. Dir ist schon klar, dass keine "natürlich" gewachsene Sprache absolut logisch und einheitlich klar ist?


Dein Beispiel mit "inspizieren" und "Respektieren" ist nicht unmotiviert, es ist das Ergebnis einer Entwicklung, die ein paar Generationen älter ist, als ich Jahre auf dem Buckel habe; es besteht nun mal ein extremer Unterschied zwischen einer durchdachten, erfundenen Fantasiesprache wie dem Esperanto und einer lebenden Sprache.


Anders gesagt: Eine Antike Statue ist perfekt. Im perfekten Ebenmaß, wunderbar durchkomponiert - aber ein Stück Stein. Während ein realer Mensch zwar zu kurze Beine haben kann, zu dicke Hüften, zu breite Schultern - aber er lebt.

(und "inspizieren" ist eine Ableitung von "Inspektion" - die wie "respekt" ein "k" beinhaltet. Wie es das Lateinische "spectare" vorgibt. Und ja, das "c" wurde als "k" gesprochen)

Irgendwann entwickeln sich Wörter nun einmal. Einer sagt nun mal "Apotheke", statt "Apothek", es klingt besser, es setzt sich fest. Das dauert seine Zeit - aber wir haben nun mal eine Sprache, die sich weiter entwickelt. Zum Glück, denn sobald eine Sprache sich nicht mehr neu formieren kann, ist sie so gut wie hinüber.




Was das "Ph" im Delphin betrifft - nun, die Deutsche Sprache kann nix dafür, dass es Leute gibt, an ihrer Schreibe rumwursteln zu müssen.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Artemis am 08. Dezember 2008, 21:51:29
Willst du nun allgemeine Kritik an der deutschen Sprache ausüben, oder vielmehr an dem Regeln, die man uns vordiktiert? Das gesprochene Wort ist uns seit jeher frei überlassen, aber bei dem schriftlichen haben immer einige hohe Tiere den Daumen drauf - in der Hoffnung, den gebeutelten Deutschen ein Licht im Dunkel des Kauderwelsch und latein-französisch gefärbten Denglisch zu sein. Das eine können wir mit gepflegtem Trotz überspringen, sofern wir nicht mehr unter der Knute eines Deutschlehrers kauern, beim anderen bekommt man spätestens als Autor eins auf den Deckel. Ich schreibe noch immer Mayonaise auf umständliche Weise, weil Majonäse einfach nur hässlich klingt. Was die Knirpse in der Grundschule lernen, soll mir egal sein, da lernt ja eh jede Generation etwas anderes. Und da es noch immer genug alte Wörter gibt, die wir seit Jahrhunderten pflegen und trotz der umständlichen Schreibweise nicht ändern, gibt einem das so was vertrautes im Dschungel der deutschen Sprache.


Zitat von: Tenryu am 08. Dezember 2008, 21:19:52
z.B. radfahren / Auto fahren (soll mir mal einer den Unterschied erklären!)

Ist doch ganz einfach: Radfahren tust du selbst, indem du das Vehikel mit deiner Körperkraft antreibst - somit fährst in erster Linie du. Im Auto latscht du nur aufs Gaspedal, hast also keine direkte Einwirkung auf das Töff. Würdest du á la Familie Feuerstein mit den Füßen treten, würdest du autofahren, während du in deinem jetzigen Mobil eben Auto fährst  ;D  ;)
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Tenryu am 08. Dezember 2008, 22:07:00
Ich finde, wir können hier gerne über beides diskutieren.
Wenn sich eine Sprache schon entwickelt, warum dann meist zum schlechteren?
Oder habt ihr den Eindruck, daß das heutige Deutsch einfacher zu beherrschen ist, als vor 100 Jahren?
Wir können ja auch gerne über Vorschläge zur sinnvollen Verbesserung & Vereinfachung diskutiueren.
Auch wenn es dann natürlich die Obrigkeit ist, welche die Entscheidungen trifft. (Aber das war vor 100 Jahren ja auch nicht anders.)
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Steffi am 08. Dezember 2008, 22:07:17
Zitat von: Tenryu am 08. Dezember 2008, 20:49:06

Warum schreibt man nicht so, wie man spricht, wo doch die Menschen (und die Menschheit) zuerst Sprechen und erst viel später Schreiben gelernt haben?

Och, das ist einfach. Weil sich Aussprache im Laufe der Jahrhunderte ganz stark verändert hat und immer noch verändert, die Schreibweise aber sehr viel langsamer nachzieht da es immer die Umstellung eines ganzen Systems bedeutet, an das sich Millionen von Menschen anpassen müssen. Da gibt es unzählige große und kleine Lautverschiebungen, die regional zudem völlig unterschiedlich ablaufen und wie heißt es doch so schön: never change a running system. (Und wenn man es tut verursacht es heillose Verwirrung, siehe neue deutsche Rechtschreibung). Grundsätzlich wurde schon so geschrieben, wie man gesprochen hat.

Bestes Beispiel ist hier die englische Sprache:

"knight" wurde ursprünglich tatsächlich "Knicht" ausgesprochen. "light" war "Licht." Die Schreibweise blieb gleich, obwohl sich die Aussprache veränderte.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Tenryu am 08. Dezember 2008, 22:23:07
Dann sprechen wir Deutschen ja gar kein schlechtes, sondern nur urtümliches Englisch..  :rofl:
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Steffi am 08. Dezember 2008, 22:27:30
Eigentlich haben die Engländer ursprünglich Deutsch gesprchen ;) Zumindest war die Grammatik sich sehr ähnlich und es ist lustigerweise für einen Deutschen sehr viel einfacher, sich mit Altenglisch zu beschäftigen als für einen Engländer :)
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: LoneRanger am 08. Dezember 2008, 22:47:52

Nur am Rande:

Die Angelsachsen setzen sich zusammen aus den Angeln und Sachsen. Das waren ja keine Sachsen, die geangelt haben. Angeln ist der Landstrich nördlich der Schlei zwischen Schleswig-Flensburg und rüber zur Ostsee in Schleswig-Holstein. Die Gegend soll hier einmal ganz leer gewesen sein, weil die alle weggezogen sind. Vermutlich haben Sie Sprache gleich mitgenommen. Die Leute der Region nennt man hier noch heute Angelner oder auch Angeliter, zweites mögen sie aber nicht so sehr.

Ich bin hier gerade fein hingezogen in die Gegend. Ansonsten finde ich Sprachentwicklungen ausgesprochen Interessant und hätte es gerne gelernt, wenn ich früher schon gewusst hätte, das mich das interessiert. In der 7. Klasse habe ich mich mit meiner Deutschlehrerin böse gestritten, weil ich mein Recht wahrnehmen wollte, Telephon so zu schreiben, wie es für mich schön und richtig aussah.

Liebe Grüße

Stefan LoneRanger
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Churke am 08. Dezember 2008, 23:12:05
Interessanterweise beschwert sich Mark Twain über die Orthographie überhaupt nicht - ob er da vom Englischen vorbelastet ist?

Im Deutschen gibt es z.B. keine allgemeine Regel, wie man einen langen Vokal kennzeichnet. Los, Moos, Kloß, das ist jedes Mal der selbe Vokal. Oder kehren und scheren und teeren. Das ist einfach unlogisch und nur historisch zu erklären.

Die Ähnlichkeit des Englischen besteht eher mit dem Niederdeutschen, aber als Oberdeutscher versteht man da schon nicht mehr viel.   ::)
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Sooky am 08. Dezember 2008, 23:41:36
Ehrlich gesagt - beim Haupttext musste ich lachen, aber als es dann hiess "Dativ weg, zusammengesetzte Wörter weg, Geschlechter ändern..." hat mein Gehirn Alarm geschlagen. Ich meine, gut, für einen Ausländer mag es schwierig sein, aber es ist immerhin des Deutschen Sprache, da müssen sich die Engländer so gar nicht einbilden, sie könnten auch nur einen Absatz im Grammatikbuch streichen.  :P Nein, das geht zu weit. Meine ganz persönliche Meinung dazu ist, dass es gut so ist, wie es ist, egal wie kompliziert. Dafür muss ich mich halt damit rumschlagen, dass die Engländer komplizierte Rechtschreibung haben und die Französen das Subjonctif, ich lerne es trotzdem brav, ich kann schliesslich nicht die ganze Geschichte umwerfen.

Natürlich weiss ich, dass es nicht unbedingt allzu ernst gemeint ist, aber mir kommt hier keiner mit Sprachen müssen reformiert werden, damit sie einfacher werden. Die ganzen Ausnahmen und Regeln sind doch gerade das Salz in der Suppe, und mir gefällt es, nicht nur im Deutsch, was meine Muttersprache ist, sondern ich liebe auch die seltsamen orthographischen Eigenheiten der englischen Sprache und die Fromen des Passé Simples, ich liebe die Zählwörter (?) im Koreanischen (die Wörter, die man nach Zahlen hinsetzt, je nach dem, was gezählt wird), und, und, und. Selbst wenn ich Fehler mache, sind es meine Fehler und ich habe das zu begleichen.

So, lange Rede, kurzer Sinn: Der Text ist lustig, aber ich bin anderer Meinung. Punkt.

(Bedaure, ich bin leider mit schweizer Rechtschreibung aufgewachsen, von dem her mangelt es an Eszetts.)
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Coppelia am 09. Dezember 2008, 06:50:03
Ich kenne den Artikel auch und ich finde ihn super. ;D Es ist toll, aus der Perspektive einer anderen Sprache zu sehen, wie absurd deutsch teilweise wirkt. Aber natürlich ist jede Sprache aus einer anderen Perspektive absurd und nur die Muttersprache logisch. ;)

Beim Dativ stört Twain glaub ich die Endung -e, die damals ja noch benutzt wurde. Vermutlich, weil Englisch gar keine (oder kaum?) Endungen mehr hat. Ich glaube aber kaum, dass es sein Ernst war, den Dativ wirklich abzuschaffen. Wir haben aber inzwischen auch die Dativendung nicht mehr bzw. nutzen sie kaum noch, also offenbar hat unsere Sprache auf Twains Empfehlung gehört. ;) *überleg* Hm, im Plural haben wir bei vielen Wörtern noch eine Dativendung. Interessant. Ja, man sollte sich das häufiger mal bewusst machen.

Die Entwicklung einer Sprache ist meiner Ansicht nach wertneutral zu betrachten, weil sie nun mal nicht zu ändern ist ... etwas anders als das Aussterben von Walen, denke ich. ;)

Ich persönlich finde Englisch unschön wegen der festgefügten Wortstellung, die so wenig Variation zulässt. Aber mit Endungen braucht man sich dann eben nicht mehr herumzuschlagen.
Was ich auf deutsch unästhetisch finde, sind unsere Tempora, die mit Hilfsverben gebildet werden, besonders im Passiv. Sie ist von einer Schlange gebissen worden, sie wird von einer Schlange gebissen worden sein ... ist doch sperrig. Aber was gibt es da zu verbessern? So ist es nun mal, und wir können ja eigentlich froh sein, dass wir diese Zeiten überhaupt bilden können.
Schade finde ich auch, dass die Verwendung von Partizipien und Passiv allmählich als schlechter Stil gilt (vielleicht wegen der Hilfsverben-Verwendung oben?). Zumindest das Passiv brauchen wir noch, hab ich das Gefühl ...

Also dann zu meinen Verbesserungsvorschlägen (für den Fall, dass es jemand nicht merkt: Das ist nicht mein Ernst. ;)): Ab jetzt werden die Hilfsverben bei der Perfektbildung weggelassen. Wir benutzen jetzt nur noch den Partizip-Stamm. Perfekt bilden wir jetzt so: ge- + Perfektstamm + Präteritum-Personalendung. Um Plusquamperfekt zu kennzeichnen, bauen wir vor die Personalendung noch "krack" ein. Und für Futur 2 stattdessen "schwupp". Ach ja, Passiv müssen wir auch noch bilden. Dann bauen wir jedes Mal hinter das "ge" noch ein "bla".
Also: Sie hat gebissen - sie gebisse; sie ist gebissen worden - sie geblabisse.
Sie wurde gebissen - sie gebisskracke; sie war gebissen worden - sie geblabisskracke.
Sie wird gebissen haben - sie gebisschwuppe; sie wird gebissen worden sein - sie geblabisschwuppe.
(So, nehmt mir diese kleine Albernheit am Morgen nicht zu übel, aber so ungefähr läuft Altgriechisch. :))
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Aithoriell am 09. Dezember 2008, 11:20:30
@Tenryu
Was beleidigt deine Intelligenz? (äh, wie intelligent muss man sein, um zumindest Rechtschreibung zu beherrschen, man braucht nicht schlau sein, sondern sich nur Dinge merken können - ach und wenn nicht, dann schiebt man es eben auf unverständliche Regeln) Dass du die simplen Regeln der Wortherleitung nicht verstehst? Ach, du weißt gar nicht, dass es so etwas gibt? Grübel! Wie kann man dir das im kurzen nur erklären? Wieso ist "y" ein Vokal? Hast du das so beschlossen? Mensch, wie gut, dass es noch Leute gibt, die anderen immer wieder erklären, dass sie viel schlauer sind und die jahrtausendealte Entwicklung einer Sprache mit einer lapidaren Handbewegung schlicht beiseitefigen können. Und deine bloße Behauptung, man könne die deutsche Sprache nicht beherrschen ist auch an den Haaren herbeigezogen. Dies ist mal subjektiv, gelle! Ich fühle mich sehr wohl in der Lage, die deutsche Sprache zu beherrschen. Ich fühle mich sogar in der Lage, meinen Ausdruck und meine Grammatik verschiedenen Situationen anzupassen. Mit einem "Ghetto-Kid" aus dem Ruhrgebiet spreche ich selbstverständlich anders als mit einem studierten Historiker.

Hat man einmal Latein gelernt und die Eleganz und Durchdachtheit dieser Sprache erfahren, dann empfindet man auch Deutsch nicht mehr als sperrig und schwer, da unsere Grammatik immer noch an die Grammatik der Lateiner angelehnt ist.
Wobei ich in einer Sache weiterhin recht geben muss: Die neue deutsche Rechtschreibung war an und für sich überflüssig. Wer nicht lernen will muss fühlen und wenn dies in Form von Fünfen und Sechsen auf einem Zeugnis im Fach Deutsch ist, dann eben so. Wir können doch nicht jedes Mal die Sprache dem Grad der Verkommenheit anpassen.
Es sei denn es führe irgendwann einmal zu einer allgemeinen Europäischen Sprache, was ich begrüßen würde. Also eine Einheitssprache und die Sprache des Landes in dem man geboren wurde zu lernen aber dann so, wie es richtig sein müsste.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Falckensteyn am 09. Dezember 2008, 12:07:28
Die deutsche Sprache ist für mich kein Buch mit sieben Siegeln. Es ist für mich eher ein alter, bislang unliebsamer Schmöker, der lange vor sich hinstaubte im geistigen Regal meiner Hirnwindungen. Ich entdecke jetzt dank meiner Schreibleidenschaft wieder all die Feinheiten und Details, die sich mir im allgemeinen Büroumgang mit der deutschen Sprache jahrelang nicht boten.

Und mir persönlich gefällt Deutsch. Gutes Deutsch. Nach meiner subjektiven Wahrnehmung "gutes Deutsch".

Auch die englische Sprache gefällt mir sehr gut; ich benutzte sie während meiner Startzeit mit Dichten oft, d.h. ich dichtete zuerst monatelang in Englisch, bevor ich mit deutschen Gedichten begann.

Wie bereits erwähnt, erscheint jede Fremsprache manchmal absurd, aus der Fernsicht betrachtet. Auch für Franzosen ist es unlogisch, das es bei uns "das Auto" ist.

Glücklicherweise ist eine Sprache etwas lebendiges und somit etwas, das sich ständig verändert. Wie der Mensch oder die Gesellschaft. Schade hingegen ist, wenn Sprachen aussterben, wie bspw. das Rätoromanische. Tote Sprachen sind zwar geschichtlich interessant, aber sie sind halt doch leider tot.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Aithoriell am 09. Dezember 2008, 12:51:34
Nana, Falckensteyn! Eigentlich ist Latein gar nicht so tot und auch Griechisch nicht. Wie kann etwas wirklich tot sein, wenn es fortlebt in der Grammatik der aktuellen Sprachen. Wir könnten auch Wem-Fall sagen aber wir sagen Dativ (im Deutsch-LK wird das sogar verlangt!), wir könnten Wie-Wort sagen aber wir sagen Adjektiv.  ;D
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Lomax am 09. Dezember 2008, 13:13:13
Zitat von: Aithoriell am 09. Dezember 2008, 11:20:30..., dann empfindet man auch Deutsch nicht mehr als sperrig und schwer, da unsere Grammatik immer noch an die Grammatik der Lateiner angelehnt ist.
Äh, nein. Ist sie nicht. Die Regeln der "Schulgrammatik" sind oft ans Lateinische angelehnt, weil die ersten Gelehrten, die sich damit befasst haben, oft auch unpassende Kategorien aus dem "verehrten" Latein fürs Deutsche übernommen haben - eine eher sprachpflegerische den sprachwissenschaftliche Herangehensweise, aus der auch viele Probleme und "Unplausibilitäten" der "klassischen" Grammatikregeln resultieren.
  An diesem bis ins 19. Jhdt. hinein praktiziertem Versuch, die deutsche Sprache zu "latinisieren", laboriert man noch heute.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Falckensteyn am 09. Dezember 2008, 13:19:29
Zitat von: Aithoriell am 09. Dezember 2008, 12:51:34
Nana, Falckensteyn! Eigentlich ist Latein gar nicht so tot und auch Griechisch nicht.

Nun, mit tot meinte ich nur, dass es vermutlich niemanden mehr gibt, der noch in Lateinisch "denkt" oder sie als Muttersprache spricht. Dass die katholische Kirche und die Wissenschaft die lateinische Sprache weiterhin verwendet, ist mir natürlich auch bekannt. Aber, werte Aithoriell, ich will natürlich niemandem auf den Schlips treten  ;)

Liebe Grüsse

Falckensteyn
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Aithoriell am 09. Dezember 2008, 17:35:00
@Falckensteyn ;)
Ich weiß doch, dass du mir nicht auf den Schlips treten willst  :D
Aber es diskutiert sich doch so herrlich über dieses Thema. Im übrigen wird im Vatikan tatsächlich noch Latein gesprochen und ist in diesem "Land" Amtssprache.

@Lomax
Äh, doch ist sie doch! Es wird hier immer von Deutsch als Sprache gesprochen, als hätte es sie bereits seit den Zeiten Karls des Großen gegeben. Das ist aber nicht so. Selbst das frühe Mittelhochdeutsch hat mit der Sprache, die wir heute - versuchen - zu sprechen nicht viel gemein. Vielleicht reden wir aneinander vorbei, weil ich mich mehr mit dem Ursprung der Sprachen im Mittelalter beschäftige und du mit der Sprachentwicklung der frühen Zeit Deutschlands?
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Lomax am 09. Dezember 2008, 18:42:13
Zitat von: Aithoriell am 09. Dezember 2008, 17:35:00Äh, doch ist sie doch! Es wird hier immer von Deutsch als Sprache gesprochen, als hätte es sie bereits seit den Zeiten Karls des Großen gegeben. Das ist aber nicht so. Selbst das frühe Mittelhochdeutsch hat mit der Sprache, die wir heute - versuchen - zu sprechen nicht viel gemein. Vielleicht reden wir aneinander vorbei, weil ich mich mehr mit dem Ursprung der Sprachen im Mittelalter beschäftige und du mit der Sprachentwicklung der frühen Zeit Deutschlands?
Nein. Natürlich hat sich die deutsche Sprache verändert, wie jede andere Sprache auch. Aber das heißt nicht, dass die Grammatik des Deutschen an die des Lateinischen "angelehnt" wäre. Zumindest dann nicht, wenn man die "reale" deutsche Grammatik betrachtet - dass heißt die Regeln, nach denen die deutsche Sprache beobachtbar funktioniert.
  Was an das Lateinische angelehnt ist, ist die "klassische" Grammatiklehre - also das, was heutzutage gemeinhin als "Schulgrammatik" vermittelt wird. Aus dieser Diskrepanz lassen sich viele Probleme ableiten, weil diese grammatische Beschreibungsweise eben nicht immer beobachtungsadequat zum tatsächlichen Funktionieren der deutschen Sprache ist.
  Natürlich hat das Lateinische die reale Entwicklung der deutschen Sprache beeinflusst, auf zweierlei Weise. Zum einen, indem das Lateinische über lange Zeit hin Leit- und Gelehrtensprache war, und wie das Englische heute oder das Französische über die Normannen im Englischen seine Spuren hinterließ.
  Zum anderen aber auch, weil das Lateinische für lange Zeit die einzige Sprache war, für die ein grammatisches Beschreibungssystem existierte. Was dann dazu führte, dass man für das Deutsche zunächst kein "eigenes" System entwickelte, sondern einfach versuchte, das Lateinische zurechtzubiegen, bis es auf deutsche Grammatikphänomene "passte". Was ganz nebenbei auch dafür sorgte, dass viele grammatische Phänome im Deutschen heute dieselben Bezeichnungen tragen wie im Lateinischen - aber nicht, weil sie sich ans "Lateinische" anlehnen, sondern weil es universelle Phänomene sind, die in vielen Sprachen vorkommen, und für die man halt nur zufällig die lateinischen Begriffe übernommen hat, weil sie zuerst da waren.
  Dieses zunächst nur mäßig beobachtungsadequate deskriptive System, das man aus der lateinischen Grammatik fürs Deutsche abgeleitet hat, wurde dann als normatives System vermittelt und wurde dann zum zweiten Faktor, durch denn lateinische Grammatikeinflüsse auf die reale deutsche Sprache einwirken konnten. Allerdings war es früher noch mehr als heute so, dass sich ein Sprachsystem nur sehr schwerfällig von oben verordnen lässt, so dass auch heute noch die vom Lateinischen abgeleiteten Komponenten im Sprachsystem eher marginal bleiben.
  Sonsten hätten wir hier ja eine romanische und keine germanische Sprache mehr ;)
  Jedenfalls muss man, wenn man von "Grammatik" spricht, deutlich zwischen den Regelmäßigkeiten unterscheiden, denen die Sprache tatsächlich folgt, und den Regelwerken, die versuchen, diese Regelmäßigkeiten zu beschreiben.

Das "Deutsche" hatte natürlich schon zu Anfang seiner Entwicklung eine eigene Grammatik im Sinne dieser "Regelmäßigkeiten", auch wenn die damals nicht in "Regelwerken" festgehalten war. Und an diese Ursprünge lehnt sich auch das Deutsche heute noch sehr viel stärker an als an die lateinische Grammatik - obwohl die moderne Grammatik natürlich weder mit dem einen noch mit dem anderen identisch ist.
  Vergleicht man die Veränderungen zwischen modernem Hochdeutsch, mittelhochdeutsch etc., neigt man allerdings leicht dazu, das Ausmaß der Veränderung zu überschätzen. Nicht alles, was wir heute als "anders" wahrnehmen, ist der Zeit und der Entwicklung geschuldet. Grundlage für die "Hochsprache" bildet stets ein regionaler Dialekt, beim Mittelhochdeutschen beispielsweise das Süddeutsche ... und noch früher lässt sich gar keine "Hochsprache" verorten. Frühere Formen des Deutschen haben also mit heutigen Dialekten aus dem mundartlichen Raum, aus dem auch die frühsprachlichen Quellen kommen, durchaus noch mehr zu tun, als wenn man nur das "Hochdeutsch" als modernes Deutsch betrachtet. Ich beispielsweise als gebürtiger Münchner habe Mittelhochdeutsch immer als recht vertraut empfunden - zumindest dann, wenn ich die recht artifizielle Schreibweise in den geschriebenen Editionen für mich in "gesprochenes Deutsch" übersetzt habe. ;)
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Aidan am 09. Dezember 2008, 19:32:18
Ich bin im Moment nicht fit genug, um inhaltlich berauschend etwas zum Thema beizutragen, aber ich muss eines einfach mal erwähnen:

Es ist klasse euch zuzuhö- lesen! Ihr widerlegt gerade gewaltig den Titel des Threads! So gefällt mir die deutsche Sprache, so habe ich sie gelernt und genieße ich sie!

Ich mag diese Sprache, wobei es auch die einzige ist, die ich flüssig sprechen kann. Englisch mochte ich noch nie. Französisch habe ich gerne gelernt und gesprochen, bin aber nie weit gekommen und Latein haben wir nie sprechen dürfen, nur vorlesen, übersetzen und Vokabeln pauken. Und dennoch hat mir Latein gefallen. Und mit dem Lateinunterricht habe ich die grammatischen Regeln verstanden - nicht im Deutschunterricht - und die ersten Schritte zu einer bewussten Rhetorik kennengelernt: die Stilmittel.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Steffi am 09. Dezember 2008, 19:40:49
Zitat von: Lomax am 09. Dezember 2008, 18:42:13
Ich beispielsweise als gebürtiger Münchner habe Mittelhochdeutsch immer als recht vertraut empfunden - zumindest dann, wenn ich die recht artifizielle Schreibweise in den geschriebenen Editionen für mich in "gesprochenes Deutsch" übersetzt habe. ;)

Huch, und ich war immer der Auffassung, das Mittelhochdeutsche sei mit dem Niederdeutschen verwandt. Zumindest hatten meine Kommilitonen, die Nahe der Grenze zu Holland wohnten und so zwangsläufig eher in Kontakt mit dem Niederländischen kamen, wesentlich weniger Probleme mit den Übersetzungsaufgaben als ich.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Lomax am 09. Dezember 2008, 19:48:44
Zitat von: Winterkind am 09. Dezember 2008, 19:32:18... mit dem Lateinunterricht habe ich die grammatischen Regeln verstanden - nicht im Deutschunterricht
... was im übrigen durchaus ein interessanter Beitrag zum Thema ist. Von dieser Erfahrung berichten nämlich viele. Und sie kommt nicht von ungefähr: Gerade weil das, was man in der Schule an Grammatik lernt, sehr stark ans Lateinische angelehnt ist, muss man im Deutschen meist nicht lange rumprobieren, bis man auf Ausnahmen und Widersprüche stößt. Das verwirrt dann natürlich und verstellt oft den Blick auf das Kernverständnis der Regeln.
  Beim Latein hingegen "funktioniert" die Grammatik und gewinnt dadurch eine nachvollziehbare Ordnung. Und wenn man die erst mal durchschaut hat, fällt es einem auch leichter, Grammatikphänomene im Deutschen zuzordnen - und mit den Grenzbereichen, wo's Probleme gibt, klarzukommen.
  Ich für meinen Teil hatte den Verständnisschub leider erst an der Uni, als auch für's Deutsche stringente Grammatikregeln vorgestellt wurden und die Probleme der klassischen Grammatik explizit benannt - nicht schamhaft drumherumgeredet, wie's im Deutschunterricht meist geschieht. Was sicher auch damit zu tun hat, dass man in den Hauptseminaren zur Syntax eigentlich kaum jemals einen Lehramtsstudenten sitzen sieht ;)
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Lomax am 09. Dezember 2008, 19:54:11
Zitat von: Steffi am 09. Dezember 2008, 19:40:49Huch, und ich war immer der Auffassung, das Mittelhochdeutsche sei mit dem Niederdeutschen verwandt. Zumindest hatten meine Kommilitonen, die Nahe der Grenze zu Holland wohnten und so zwangsläufig eher in Kontakt mit dem Niederländischen kamen, wesentlich weniger Probleme mit den Übersetzungsaufgaben als ich.
Es gab natürlich auch regional anders beeinflusste Quellen - aber das, was man als "überregionales" Mittelhochdeutsch kennt, ist eindeutig süddeutsch geprägt. Der Königshof setzt das kulturelle Zentrum ;)
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Churke am 09. Dezember 2008, 20:24:39
Zitat von: Steffi am 09. Dezember 2008, 19:40:49
Huch, und ich war immer der Auffassung, das Mittelhochdeutsche sei mit dem Niederdeutschen verwandt. Zumindest hatten meine Kommilitonen, die Nahe der Grenze zu Holland wohnten und so zwangsläufig eher in Kontakt mit dem Niederländischen kamen, wesentlich weniger Probleme mit den Übersetzungsaufgaben als ich.

Der Grund ist wahrscheinlich der, dass dem Niederdeutschen einige Lautverschiebungen fehlen, die es auch im Mittelhochdeutschen noch nicht gab.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Lomax am 09. Dezember 2008, 23:13:35
Zitat von: Churke am 09. Dezember 2008, 20:24:39Der Grund ist wahrscheinlich der, dass dem Niederdeutschen einige Lautverschiebungen fehlen, die es auch im Mittelhochdeutschen noch nicht gab.
Wundert mich aber doch, dass mit den Niederdeutschen. Denn ich verstehe von Mittelhochdeutsch ehrlich gesagt intuitiv deutlich mehr als bei tiefstem niederdeutschen Dialekt. Ehrlich gesagt ist bei mir schon in der Eifel Schluss. Da hab ich mich ja mal, als eine Arbeitskollegin mit Zuhause telefoniert hat, gewundert, dass die auch türkisch kann :-X
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Manja_Bindig am 10. Dezember 2008, 00:06:42
*lach* Genau das meine ich damit, wenn ich sage, dass die Deutsche Schriftprache vereinheitlicht werden musste - bevor der werte Herr Duden das gemacht hat, hat ja jeder geschrieben, wie er gesprochen hat(so, wie Tenryu es auch eingangs gefordert hat),

Problem ist nun mal bei der Sache - für einen Sachsen ist Bayrisch schon gesprochen ein absoluter Horror.

Und Dialekte in Schriftform sind schlimmer als Suaheli rückwärts. Es musste nun mal vereinheitlicht werden.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Churke am 10. Dezember 2008, 13:27:10
Zitat von: Manja am 10. Dezember 2008, 00:06:42
*lach* Genau das meine ich damit, wenn ich sage, dass die Deutsche Schriftprache vereinheitlicht werden musste - bevor der werte Herr Duden das gemacht hat, hat ja jeder geschrieben, wie er gesprochen hat(so, wie Tenryu es auch eingangs gefordert hat),
Die Entstehung des Hochdeutschen ist simpel: Luther verwendete die sächsische Kanzleisprache, weil die von allen Deutschen am besten verstanden wurde. Und was die Rechtschreibung betrifft, wenn ich mir die alten Bücher im Schrank anschaue, oder auch alte Quellen, dann wird da keineswegs drauflos geschrieben, sondern die Leute hielten sich an im wahrsten Sinne des Wortes ungeschriebene Regeln. Als absolut peinlich galten Grammatikfehler wie z.B. der Klassiker "das" statt "dass" bzw. "daß", weil man damit offenbarte, dass man kein Deutsch konnte.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Aithoriell am 10. Dezember 2008, 14:29:08
@Lomax
Ja, ich bin halt nur Hobbysprachwissenschaftler und Stammtischphilosoph! Danke für deine Ausführlichkeit. So lasse ich mir Dinge gerne erklären. Bin ja nicht unbelehrbar. Bleibt allerdings die Frage - und die ist bisher noch gar nicht beantwortet - woher dann kommt das Deutsch? Es war ja nicht *schwupp* einfach da. Es ist nämlich immer so, dass von den Germanen als Einheit gesprochen wird (besonders von ein paar braunen Granitköpfen) aber diese gab es ja nicht. Hast denn dazu auch noch einen kleinen Abriss für ein wissbegieriges Menschlein?
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Lomax am 10. Dezember 2008, 15:34:39
Zitat von: Aithoriell am 10. Dezember 2008, 14:29:08Bleibt allerdings die Frage - und die ist bisher noch gar nicht beantwortet - woher dann kommt das Deutsch? Es war ja nicht *schwupp* einfach da.
Was soll man dazu sagen? Sprachen haben einen Stammbaum, ebenso wie die Menschen, die sie sprechen. Irgendwann auf diesem Stammbaum, und gar nicht mal sooo weit zurück, hatten auch "Deutsch" und "Latein" denselben Vorfahren. Insofern haben die beiden Sprachen schon deshalb eine Menge gemeinsam, weil sie noch vergleichsweise eng verwandt sind.
  Man könnte jetzt hingehen und den Stammbaum einfach über eine Entwicklungslinie zum Mittelhochdeutschen, Althochdeutschen, Germanischen, Indogermanischen ... zurückverfolgen. Wobei das Problem ist, dass all diese Bezeichnungen auch nicht wirklich die "echten" Ursprünge sind, sondern ebenso später gesetzte Kunstbegriffe, denen tatsächlich mehrere, real gesprochene, aber ähnliche "Dialekte" zugerechnet werden. Genau wie neben dem heutigen "Hochdeutsch" ja auch jede Menge regionale Färbungen und Mundarten existieren, die auch allesamt Deutsch sind.
  Ich denke also, man kann durchaus vereinfacht festhalten, dass sich das "Deutsche" aus dem "Germanischen" entwickelt hat - wenn man im Hinterkopf behält, dass es nie eine einzige und einheitliche "germanische" Sprache gab. Es sind Sammelbegriffe, und die werden oft auch politisch zugeordnet. Selbst heute noch. Rein sprachlich betrachtet ist beispielsweise das Niederländische eine niederdeutsche Mundart, genauso viel oder wenig eigenständig gegenüber dem Hochdeutschen wie "Plattdeutsche" oder "Bayerische" Sprachvarianten. Trotzdem werden all diese anderen regionalen Varianten nur als Mundarten angesehen, während das Niederländische auf sein Recht als eigenständige Sprache pocht.
  Deswegen sollte man auch nicht so sehr auf die Namen schauen, sondern auf die Inhalte dahinter.

Das Problem ist, dass es eben keine reine, geradlinige Entwicklung von diesen "Vorgängern" zum heutigen Deutsch gab. Nehmen wir als Beispiel das "Mittelhochdeutsche". Vereinfach lässt sich sagen: Hochdeutsch hat sich aus dem Mittelhochdeutschen entwickelt. Problem 1: Es gab nie eine Sprache "Mittelhochdeutsch". Man hat eine Fülle von Quellen aus einem "mittelhochdeutschen Zeitalter", die mehr oder minder unterschiedlichen Regionen entstammen und daher je nach Herkunft sehr unterschiedlich sind. Natürlich gab es zu diesen Zeiten allerdings "kulturelle Zentren", die mit ihrer Sprache ein gewisse Strahlkraft hatten, in denen viel geschrieben wurde oder aber bedeutsame Werke, die anderen Schreibern als Vorbild dienten. Der Einfachkeit halber konstruiert die Altgermanistik also ein einheitliches Konstrukt "Mittelhochdeutsch", das sich am Sprachgebrauch dieser kulturellen Zentren und der davon beeinflussten Literatur orientiert. Was zum Unterproblem zwei führt: Neben den Quellen aus dem "mittelhochdeutschen Zeitalter", die abseits der kulturellen Zentren geschrieben wurden und die daher selbst mit Kenntnissen der "zeitgenössischen Hochsprache" nur noch schwer zu lesen sind, sind diese Zentren dann auch noch ein wenig gewandert, so dass im Idealkonstrukt "Mittelhochdeutsch" mehrere leicht unterschiedliche Variationen zusammenfließen, die real nicht gleichzeitig existiert haben.
  Dieser Wust an Variationen, der im "mittelhochdeutschen Zeitalter" existierte und mehr oder minder nah an dem dran war, was wir heute als "Mittelhochdeutsch" bezeichnen, hat sich dann im Laufe der Zeit verändert. Problem 2 (oben angesprochen): Was wir dann heute als Hochdeutsch kennen, ist nicht einfach nur das Ergebnis dieser zeitlichen Veränderung. Wie Churke schon ansprach, es ist zusätzlich eine regionale Verschiebung. Wobei das heutige Hochdeutsch auch nicht einfach nur eine Verschiebung von den tendenziell süddeutschen Schwerpunkten des Mittelhochdeutschen hin zur sächsischen Kanzleisprache ist, aus der sich dann durch zeitliche Veränderung der heutige Stand entwickelt hat. Während dieses Zeitraums fand auch noch eine weitere regionale Verschiebung statt. Während des ganzen Zeitraums der Entwicklung ergab sich also immer der aktuelle Stand der "Leitsprache" aus der zeitlichen Veränderung der Mundarten & der alten Leitsprache + dem Einfluss, den die letzte "Leitsprache" durch ihre Dominanz kulturprägender Schriften (bspw. die Lutherbibel ;)) ausübte + dem Einfluss der regionalen Mundart, in der sich das neue kulturelle Zentrum befand. Und während sich die "Leitsprache" auf diese Weise entwickelte, bestanden alle vorhandenen Mundarten daneben fort oder entwickelten sich auf ihre eigene Weise, um dann in Zukunft wieder die Leitsprache zu beeinflussen.
  So war es vom Mittelhochdeutschen bis heute. Und so war es wohl auch zwischen dem Mittelhochdeutschen und dessen "Vorfahren". Das Deutsche hat sich also durchaus aus dem Germanischen entwickelt - aber nicht in einer eindeutigen, diachronen "Entwicklungslinie", sondern eher in einem komplexen "Wirkungsnetz".
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Churke am 10. Dezember 2008, 15:50:45
Man geht von einer protogermanischen Ursprache aus, die sich um Christi Geburt in west-, ost- und nordgermanische Sprachen aufteilte.
Viel Kaffeesatzleserei, denn die frühesten Zeugnisse der germanischen Sprache (Wulfila-Bibel, 4. Jh.) entstammen ausgerechnet dem ausgestorbenen ostgermanischen Sprachzweig. Die anderen germanischen Sprachen wurden erst ab dem 7. oder 8. Jh. verschriftet.

Insgesamt ist es beachtlich, dass es gelungen ist, trotz der politischen Zersplitterung Deutschlands eine gemeinsame Hochsprache zu entwickeln.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Aithoriell am 10. Dezember 2008, 16:55:03
Danke Lomax und Churke. Nun bin ich wieder ein wenig schlauer. Aber trotzdem bleibe ich dabei: Es ist wird wohl überbewertet, dass sich in einem kleinen Land wie Deutschland eine Sprache bis heute entwickelt hat. Das kann man ja von Großbritannien dann auch sagen, wo sich seit dem frühen Mittelalter eine gemeinsame englische Sprache entwickelt hat. Oder das Spanische oder... oder... oder... faszinierender wohl die asiatischen Sprachen. Letzten Endes sind wir ja auch gerade wieder dabei, die Schönheit der entwickelten Sprache wieder zu verlieren. Ihren Höhepunkte hatte das Deutsch - das wir heute noch verstehen - wohl in der Aufklärung (subjektive - meine - Betrachtungsweise). Ich glaube nicht, dass wir in unserer heutigen Sprache noch wirklich von Entwicklung im eigentlichen Sinne reden können. Was meint ihr?
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Judith am 10. Dezember 2008, 17:35:02
Zitat von: Churke am 10. Dezember 2008, 15:50:45
Man geht von einer protogermanischen Ursprache aus, die sich um Christi Geburt in west-, ost- und nordgermanische Sprachen aufteilte.
Viel Kaffeesatzleserei, denn die frühesten Zeugnisse der germanischen Sprache (Wulfila-Bibel, 4. Jh.) entstammen ausgerechnet dem ausgestorbenen ostgermanischen Sprachzweig. Die anderen germanischen Sprachen wurden erst ab dem 7. oder 8. Jh. verschriftet.
Naja, nur wenn man von längeren Texten ausgeht. Aber früheste schriftliche Zeugnisse der germanischen Sprachen sind natürlich die Runeninschriften, wo es einige vor der Wulfila-Bibel gibt. Und die überliefern durchaus auch ganze Sätze.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Churke am 10. Dezember 2008, 17:46:44
Zitat von: Aithoriell am 10. Dezember 2008, 16:55:03
Letzten Endes sind wir ja auch gerade wieder dabei, die Schönheit der entwickelten Sprache wieder zu verlieren. Ihren Höhepunkte hatte das Deutsch - das wir heute noch verstehen - wohl in der Aufklärung (subjektive - meine - Betrachtungsweise). Ich glaube nicht, dass wir in unserer heutigen Sprache noch wirklich von Entwicklung im eigentlichen Sinne reden können. Was meint ihr?
"Früher war alles besser." Hat schon Macchiavelli beobachtet.  ;D

Eine Sprache ist kein Museum. Sie muss sich entwickeln, um funktionsfähig zu bleiben. Die Alternative dazu ist eine artifizielle Hochsprache, die irgendwann, eines fernen Tages, von niemandem mehr verstanden wird. Das Deutsche bietet seinem Anwender alle Möglichkeiten, er muss sie nur zu nutzen wissen. Und, um mich mal zu outen, wenn ich SF schreibe, dann betreibe ich auch ein wenig Sprachpanscherei.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Aithoriell am 15. Dezember 2008, 22:57:37
Ja, das ist richtig. Aber eine Sprach"panscherei" im Sinne einer kreativen Science-Fiction-Sprache ist ja schon wieder etwas besonderes in literarischer Hinsicht. Was auf den Straßen von Leuten gesprochen wird, die wahrscheinlich niemals eine Geschichte von dir lesen werden, weil allein das Umblättern einer Buchseite schon zu anstrengend ist, ist eine Verstümmelung und ich denke, auch nicht wirklich langlebig.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: eclipse am 16. Dezember 2008, 23:42:17
Sprache wird sich immer entwickeln, genauso wie die Gesellschaft, in der sie gesprochen wird, nicht immer dieselbe bleiben wird. Mein Deutschlehrer hat uns das damals schon mit Horrorvisionen wie "In 50-100 Jahren wird man wahrscheinlich nicht Mehr 'Glas' sagen und schreiben, sondern 'Klas', weil das der Aussprache viel mehr entgegenkommt." schockiert und im Germanistik-Studium sind solche Thesen bei mir derzeit an der Tagesordnung.

Zitat von: Aithoriell am 15. Dezember 2008, 22:57:37
Was auf den Straßen von Leuten gesprochen wird, die wahrscheinlich niemals eine Geschichte von dir lesen werden, weil allein das Umblättern einer Buchseite schon zu anstrengend ist, ist eine Verstümmelung und ich denke, auch nicht wirklich langlebig.
Oh, die Zunge ist ein träges Instrument, unterschätze mal die Auswirkungen menschlicher Bequemlichkeit auf die Sprache nicht. ;) Es ist ganz normal, dass sich im Lauf der Zeit z.B. bestimmte Aussprachen oder Abkürzungen entwickeln und festigen, weil es einfach bequemer für den Sprecher ist. Und das hat nichts mit Ghetto-Slang zu tun. Hör dir nur mal an, wie die "Studis" an den "Unis" untereinander kommunizieren - da wird gekürzt, was das Zeug hält.
Meiner Meinung nach wird sich sprachlich auch in Zukunft bei uns so einiges tun, vielleicht gerade in unserer Zeit, auch wenn es uns als Mit-Erleber weniger bewusst sein mag.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Manja_Bindig am 16. Dezember 2008, 23:56:12
Das ist es immer.
In jeder Generation treten Veränderungen in der Sprache auf, die man frühestens dann mitbekommt, wenn sie in der Generation der enkel Gang und Gäbe sind... damit muss man wohl leben. Aber dass Sprache nicht tot ist, wissen wir ja inzwischen. Dass sie sich auf eine Art und Weise entwickelt hat und immer noch entwickelt, die einem nach ein paar 100 Jahren komisch vorkommen mag(wenn man nur flüchtig draufblickt - kaum befasst man sich mal linguistisch damit, hat das alles durchaus seine Logik) - nun, das macht es doch gerade interessant. Alles wird doch erst dann interessant, wenn es für uns subjektiv - und auch objektiv  nicht so bleibt, wie es ist.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Lomax am 17. Dezember 2008, 01:14:28
Zitat von: eclipse am 16. Dezember 2008, 23:42:17Mein Deutschlehrer hat uns das damals schon mit Horrorvisionen wie "In 50-100 Jahren wird man wahrscheinlich nicht Mehr 'Glas' sagen und schreiben, sondern 'Klas', weil das der Aussprache viel mehr entgegenkommt."
Da hat dein Lehrer wohl vergessen, dass Schriftsprache sehr stark konservierend wirkt ;) Sprache verändert sich ohne Zweifel, und auch Schreibweisen. Aber Letzteres nur sehr träge. Wenn die gesprochene Sprache sich zu schnell verändert, ist es eher wahrscheinlich, dass Schreibweise und Aussprache in hundert Jahren stärker auseinanderklaffen werden als heute.
  Zumindest, solange noch eine einheitliche Schriftsprache von der Kultur gepflegt wird. Wer weiß, womöglich ändert sich das ja auch wieder :)
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Churke am 17. Dezember 2008, 10:05:23
Um das Glas ist mir nicht bange, weil der P(f)älzer grundsätzlich kein K aussprechen kann. ;D

Zitat von: Lomax am 17. Dezember 2008, 01:14:28
Wenn die gesprochene Sprache sich zu schnell verändert, ist es eher wahrscheinlich, dass Schreibweise und Aussprache in hundert Jahren stärker auseinanderklaffen werden als heute.
Wie ich gelesen habe, konserviert die griechische Orthographie zum Teil den Lautstand von 400 v.Chr. Man schreibt ein Wort also noch genauso wie vor 2400 Jahren, aber wenn man es auch ausspricht, dann wird man nicht mehr verstanden.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: eclipse am 17. Dezember 2008, 18:17:19
Über die Einheitlichkeit unserer Schriftsprache kann man sich derzeit auch ganz gut streiten - uns wurde in der Schule mühevoll die alte Rechtschreibung abgewöhnt und nun bin ich kürzlich über eine Stellenanzeige gestolpert, in der ausdrücklich die Beherrschung der alten Rechtschreibung gefordert wurde. :pfanne:
Hätte durchaus was für sich, das Konservieren zu Gunsten größerer Transparenz mal sein zu lassen.

Gut, das Glas war ein etwas unseliges Beispiel (dass mir das passieren konnte - mitten in Franken - unglaublich :D ), aber der Zweck heiligt in dem Fall hoffentlich die Mittel.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Tenryu am 18. Dezember 2008, 00:09:40
Man hört ja mannigfach, eine Sprache müsse sich entwickeln.
Aber habt ihr den Eindruck, unsere Sprache entwickele sich zum Besseren? Denkt ihr, daß sich die Menschen heute treffender und differenzierter auszudrücken vermögen, als vor 100-200 Jahren?

Ich habe eher den Eindruck, daß die Sprache am verarmen ist. Wenn die Leute z.B. nicht mehr den Unterschied zwischen der Schild und das Schild erkennen - um nur mal einen Fehler zu nennen, dem ich in letzter Zeit häufiger begegnet bin - dann geht eben viel Ausdruckskraft verloren.

Von allein verbessert sich die Deutsche Sprache anscheinend nicht. Und von Seiten der Obrigkeit werden ja gerne teuere und nutzlose Reformen angestrengt. Doch bringen die rein gar nichts.
Oder fällt es euch heute leichter zu schreiben, als vor der letzten Reform? Machen die Schüler heute weniger Fehler beim Diktat, als vor 10 Jahren? Sind die Änderungen etwa logischer und nachvollziehbarer, als die alten Regelungen? Fällt es den Ausländern inzwischen leichter, Deutsch zu lernen?
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Manja_Bindig am 18. Dezember 2008, 02:00:13
1: Ja, mir fällt es leichter, nach der neuen Reform zu schreiben.

2: Du schwingst dich hier auf ein ziemlich hohes Ross, Tenryu; du - eigentlich keiner von uns - bist nicht in der Lage, zu beurteilen, ob die Veränderung unserer Sprache so gut oder schlecht ist. Es ist eine Entwicklung. Basta. Unsmag sie nicht so wirklich gefallen, aber zu Sturm und Drang-Zeiten hat es den alten Aufklärern auch nicht gefallen, was ein junger Goethe so fabriziert hat. Und? Heut betrachten wir es als große Kunst.(naja... zumindest die deutschlehrer wollen uns das dafür verkaufen). Entwicklungen brauchen immer so viel Zeit, selbst jetzt, wo es schneller geht - wie will sich da ein einzelner Mensch unter 30 anmaßen, die Entwicklung zu beurteilen?
Plus, dass ich es ziemlich unverschämt und - tut mir Leid, aber so ist es nun mal - dämlich finde, eine sehr, sehr LANGE bisherige Entwicklung dermaßen infrage zu stellen. Grund für die Entwicklung einer Sprache ist - der Sprecher. Der irgendwann anders beeinflusst wurde, zu faul wurde, was so und so auszusprechen, etc. Ein ganz normaler Prozess, eine Weiterentwicklung, wenn man so will, denn umgekehrt nehmen wir ja immer wieder Fremdwörter in unsere Sprache auf, passen sie an, mauscheln...

Mal eine Frage - ich hab den Eindruck, dass dir die deutsche Sprache ziemlich zuwider ist(korrigiere mich bitte, wenn ich mich irre - und weise mich auf stellen hin, wo du deine Affinität zum Deutschen zeigst). Warum also schreibst du dann auf deutsch(davon geh ich mal aus)?
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Churke am 18. Dezember 2008, 10:47:05
ZitatAber habt ihr den Eindruck, unsere Sprache entwickele sich zum Besseren? Denkt ihr, daß sich die Menschen heute treffender und differenzierter auszudrücken vermögen, als vor 100-200 Jahren?
Teilweise ja.

"Was bis in den Monat März 1788 vorgegangen, ist einer ansehnlichen Gewerkschaft durch die dritte Nachricht bekanntgemacht worden. In dem Oktober 1789 wurde dieselbe durch ein vorläufiges Schreiben des damaligen Bergsekretärs Voigt von dem, was indessen geschehen, unterrichtet, und die zur Direktion dieses Bergbaus niedergesetzte Kommission verschob nur bisher eine detaillierte Darstellung, weil sie Ursache genug zu hoffen hatte, daß man das Flöz durch die angewandten Mittel ersinken, daß alsdenn jener Zeitpunkt eintreten würde, wo ein neuer Plan, eine neue Beratung für die Folge sich notwendig machte. Ist gleich die Epoche noch nicht völlig erschienen, so ist doch das bisher Geschehene wichtig genug und die gegenwärtige Lage aller Aufmerksamkeit würdig. Wir verspäten daher nicht länger eine Nachricht, welche die sämtliche Gewerkschaft nach unserm Versprechen erwarten kann, und hoffen, daß auch dadurch das Zutrauen zu dem Werke sowohl als zu denen, die das Werk bisher beschäftigt hat, sich befestigen werde." Und so weiter...

Versteht das jemand?

Vorbrochen hat das unser Dichterfürst Goethe, II. Nachricht von dem Fortgang des neuen Bergbaues zu Ilmenau, 1791.

Wie schön, dass wir heute Denglisch haben...

Eine Sprache wird nicht "besser" oder "schlechter", sondern sie wird von den Sprechen an ihre Bedürfnisse angepasst. So gesehen sind alle romanischen Sprachen das Ergebnis von 2000 Jahren Sprachverarmung und Sprachpanscherei.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Lomax am 18. Dezember 2008, 14:26:59
Zitat von: Tenryu am 18. Dezember 2008, 00:09:40Ich habe eher den Eindruck, daß die Sprache am verarmen ist. Wenn die Leute z.B. nicht mehr den Unterschied zwischen der Schild und das Schild erkennen
Manches fällt weg, anderes kommt hinzu. Ich wüsste nichts, was die Sprache vor - beispielsweise - 200 Jahren hätte differenziert ausdrücken können, was ich heute nicht mehr sagen kann ;) Umgekehrt fiele mir manches ein ...
  Was sich beobachten lässt, ist ein größeres Problem mit langen Bezügen. Da ist heute die Toleranz der Leser im Durchschnitt geringer als vor 50 Jahren. Und die alten Lateiner gar erachteten das über viele Sätze hinweg als normal. Aber das betrifft ja weniger die Sprache, denn rein grammatisch kann die Sprache das heute wie zu jeder anderen Zeit - es will nur niemand mehr lesen ;)
Zitat von: Tenryu am 18. Dezember 2008, 00:09:40... Sind die Änderungen etwa logischer und nachvollziehbarer, als die alten Regelungen? Fällt es den Ausländern inzwischen leichter, Deutsch zu lernen?
Ein deutliches "ja" auf diese Fragen ;D Obwohl die Logik nach der letzten "Reform der Reform" ein wenig gelitten hat, was allerdings darauf zurückzuführen ist, dass allzu viel von den alten Regeln wieder eingeflossen ist und die klare Linie verwässert. Dieses hin und her hat dem Verständnis sicher mehr geschadet als jede "Logikfrage", denn Sprache ist nun mal eher Gewöhnung als "Regelmäßigkeit".
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Kerimaya am 18. Dezember 2008, 17:00:48
Zitat von: Tenryu am 18. Dezember 2008, 00:09:40
Ich habe eher den Eindruck, daß die Sprache am verarmen ist.

Oder, wie wir hier im Pott sagen würden: "Am verarmen dranne ist". Entschuldige Tenryu, aber der Satz war einfach zu schön ;)

Ich bin kein Freund der Rechtschreibreform(en) aber: Sprache ist ein Bild ihrer Gesellschaft. Es kann einem gefallen oder nicht gefallen, aber aufhalten kann man es nicht. Diese Entwicklung ist es, was Sprache aus- und vor allem so interessant macht. Im Deutschen gibt es Adaptionen, Bedeutungsverengung und - erweiterung und dieser Prozeß ist IMMER NOCH aktiv!

Im Mittelalter wurden die Wörter 'kraß' und 'geil' ebenso gebraucht, wie das Wort 'ficken'. Allerdings hatten alle drei Wörter ganz andere Bedeutungen als heute.  Das Wort 'Hochzeit' war ebenso gebräuchlich, hatte dabei aber nur am Rande etwas mit der Vermählung zweier Menschen zu tun.

Wandel in Sprache ist notwendig, spannend und interessant. Man muss sich nur darauf einlassen und nicht gleich alles heillos verdammen, was sich verändert ;) Und ich schalte den Germanisten-Klugscheisser-Modus jetzt mal wieder aus  :engel:
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Aithoriell am 28. Dezember 2008, 20:38:22
@Tenryu
Also, nur um mal zu zeigen, dass ich gar nicht so bin: DA MUSS ICH DIR EINFACH MAL RECHT GEBEN! Das differenzierte Ausdrücken bleibt wirklich auf der Strecke. Dein Beispiel mit "der Schild" und "das Schild" ist absolut treffend. Ich habe grundsätzlich nichts gegen die Einführung einer neuen Rechtschreibung oder die Einführung von bestimmten Begriffen aus anderen Sprachen (wenn das mal so wäre, denn ein "Handy" ist in GB immer noch ein "Mobile Phone"!!!). Aber man kann nicht einfach sinnfrei reduzieren. Der Schild ist immer noch ein großes Stück Metall, oftmals kunstvoll mit Wappen verziert, dass einen beschilden oder bergen soll vor dem Angriff mit dem anderen Stück Metall. Das Schild ist ein Hinweisgeber. Also, ich bin auch noch nicht so alt und dennoch kenne ich den Unterschied und ich kann ihn sogar erklären. Wie viele Döspaddel können das nicht. Na, in solcherlei Fällen sag ich manchmal: das muss man ja auch nicht unbedingt wissen, also den Hintergrund. Es kann ja nicht nur Leute geben, die sich für Literatur und/oder Mittelalter interessieren. Da bin ich noch recht tolerant. Dann aber werde ich wieder wütend, weil Menschen, die offen zugeben, sich für Literatur im Wandel der Zeit zu interessieren, von weniger belesenen Menschen schnell als Spinner, Träumer oder was weiß ich nicht noch abgetan werden. Ich weiß nicht, wie eure Erfahrungen sind aber mir erging es bisher immer so. Deswegen mache ich es folgendermaßen: Ich passe meine Sprache, meine Art mich auszudrücken meiner Umgebung an. Wenn man es einmal richtig gelernt hat, ist das so herum kein Problem. Hat man die deutsche Sprache (oder auch irgendeine andere) nicht richtig gelernt, kann man Slang aber mit der gewählten Ausdrucksform hat man so seine Probleme. Da kann man sagen was man will aber es führt doch dazu, dass man selbstsicherer auftreten kann.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Volker am 30. Dezember 2008, 18:29:22
Dazu noch eine witzige Variante: "schleifen".

schleifen - schliff - geschliffen = anschärfen
schleifen - schleifte - geschleift = abreißen, zerstören
schleifen - schluff - geschloffen = schleichen  (? kenn ich so nicht ?)

Wenn dann man wieder jemand schreibt: "Sie schliffen die Burg", dann dürfte es sich um eine mit ziemlich spitzen Türmen und Kanten handeln...  :rofl:

Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Aithoriell am 31. Dezember 2008, 12:01:18
@Volker
Der ist gut! Aber wie gesagt: Wer kann heute noch die Unterschiede erklären und benutzt die richtigen Worte an den richtigen Stellen. Das hat dann nichts mit Entwicklung einer Sprache, sondern eher mit Rückentwicklung oder Verödung. Nur weil heute keine Burgen mehr gebaut werden (was ja nachweislich auch nicht ganz richtig ist) gibt es doch keinen Grund, das richtige Vokabular nicht mehr zu kennen.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Churke am 31. Dezember 2008, 12:38:46
Und noch ein Horror für Ausländer:

Der Teller steht auf dem Tisch.
Das Besteck liegt daneben.
Der Braten steht auf dem Tisch.
Der Braten liegt auf dem Teller.
Das Brot liegt auf dem Tisch. 
...
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Shay am 01. Januar 2009, 17:50:25
@Churke
Gerade das von dir zitierte Beispiel fand ich immer ein Schmuckstück der deutschen Sprache. Genauer gesagt eigentlich die Verben, die die Tätigkeit benennen, den Gegenstand in seine Position zu bringen. Man stellt den Teller auf den Tisch, legt das Brot daneben und setzt die Puppe aufs Regal. Im Englischen/Französischen/Lateinischen verwendet man da immer das gleiche Wort (put/mettre/ponere) - aber wieviel Nuancen gehen da verloren? Denn ich kann die Puppe ja auch aufs Regal legen, aber dann sieht das anders aus. Im Deutschen werden Gegenstände wie Personen betrachtet und je nach Lage der gedachten Hauptachse verwendet man ein anderes Wort. Finde ich persönlich eine coole Sache. Einfacher ist es natürlich, wenn man immer das gleiche Wort verwendet, aber dann könnten wir auch gleich Pidgin sprechen.

Ich finde den Thread hier cool, muß aber nochmal kurz zu der sprachhistorischen Ausführung zurück (ich war die letzten Tage nicht im Forum). Gibt es wirklich das Indogermanische oder Urgermanische? Wieso sollten genau unsere schriftlosen Vorfahren von Schweden bis zum Main (oder so) nur eine Sprache gesprochen haben? Ich denke, das war schon immer so, daß es irgendwelche komplexe Wechselwirkungen zwischen benachbarten Sprachen gab. Jede "Einheit" eines Volkes hat halt irgendwie gesprochen. Je mehr Kontakte es zu Sprechern aus anderen Einheiten gab, desto ähnlicher waren sich die Dialekte. Aber eine einheitliche Sprache über größere Bevölkerungen weg ist allenfalls ein Kunstprodukt der modernen Schriftlichkeit. Höchstens, wenn die Massenmedien noch mehr Einfluß gewinnen, könnte ich mir vorstellen, daß wir irgendwann mal regionale Varianten komplett verlieren.

@Temryu
Die Klage über die Veramrung der Sprache ist wahrscheinlich bald so alt wie die Sprache an sich. Sprache ist ein Gebrauchsgegenstand. Die neigen dazu, sich abzuschleifen. Komplizierter wird eine Sprache allenfalls, wenn es für den Sprecher einen Prestigegewinn bringt, sich umständlich auszudrücken.
Ich stell mir gerade vor, was wohl der Dichter des Hildebrandsliedes (http://de.wikipedia.org/wiki/Hildebrandslied) gesagt hätte, wenn er das Nibelungenlied gehört hätte. Der hätte wahrscheinlich über die Verhunzung seiner Sprache auch gewaltig geschimpft. Wohin waren alle seine schönen Endungen verschwunden? Und der Nibelungendichter hätte das gleiche über Goethe gesagt und Goethe dasselbe über uns.
Tatsache ist, daß es in allen Sprachen, deren Entwicklung wir durch schriftliche Quellen verfolgen können, über die Jahrhunderte immer zu einer Vereinfachung gekommen ist. Warum das so ist, weiß wohl so genau keiner. Ich finde die These, die Wolfgang Steinig in seinem Buch "Als die Wörter tanzen lernten" vorstellt, recht plausibel, auch wenn er wohl nicht mit allem Recht hat.

@Aithoriell
ZitatAber trotzdem bleibe ich dabei: Es ist wird wohl überbewertet, dass sich in einem kleinen Land wie Deutschland eine Sprache bis heute entwickelt hat. Das kann man ja von Großbritannien dann auch sagen, wo sich seit dem frühen Mittelalter eine gemeinsame englische Sprache entwickelt hat. Oder das Spanische oder... oder... oder... faszinierender wohl die asiatischen Sprachen.
Wer hat denn behauptet, daß das nur in Deutschland so wäre? Ich bin ja nur ein Hobbylinguist (als Ingenieur verdient man einfach besser ;) ) und die einzige andere Sprache, die ich gut genug verstehe, um die dortige Fachliteratur zu lesen, ist Englisch. Aber sei versichert, die englische Fachliteratur erklärt tendentiell auch alles am Beispiel der englischen Sprache. Mann kann die Erklärungen an seiner Muttersprache eben einfach am besten nachvollziehen. Aber klar gibt es auch andere Sprachen. Leider gibt es allerdings nur von sehr sehr wenigen der ca. 6000 Sprachen dieser Welt (je nachdem wie man zählt) Quellen, die weit genug in die Vergangenheit zurückreichen, daß man eine Entwicklung nachzeichnen kann. Spannend ist das allemal.

Ich persönlich finde immer besonders beeindruckend, wie vielseitig Sprache ist. Einerseits vereinfacht ist sie extrem wandlungsfähig, andererseits bewahrt sie manche Dinge auch sehr sehr lange, ohne daß es einen erkennbaren Grund dafür gibt. Im Schwäbischen wird z.B. das "au" in die Taube=Vogel und die Taube=gehörlose Frau unterschiedlich ausgesprochen. Die Schwaben hier können sich das sicher selbst vorsagen, die Nichtschwaben müssen mir das jetzt einfach glauben, denn die Erfahrung hat gezeigt, daß sie den Unterschied sowieso nicht hören würden (ich hab das schon mit vielen Bekannten ausprobiert). Der Grund dafür ist, daß das eine Wort schon im mittelhochdeutschen einen Diphthong hatte, das andere nicht. Und aus irgendeinem Grund haben die Schwaben gefunden, daß man das weiterhin unterscheiden müsse.

Mein Fazit: Sprache, egal welche, ist einfach cool und von einer Vielfältigkeit, die man nur bewundern kann. Aber Deutsch ist nunmal meine Muttersprache und ich werde nie eine andere Sprache besser beherrschen. Aber über die Mauer spitzeln kann man allemal.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Lomax am 01. Januar 2009, 18:26:21
Zitat von: Shay am 01. Januar 2009, 17:50:25Gibt es wirklich das Indogermanische oder Urgermanische? Wieso sollten genau unsere schriftlosen Vorfahren von Schweden bis zum Main (oder so) nur eine Sprache gesprochen haben?
Erstens ist "das" Urgermanische und noch mehr "das Indogermanische" zunächst einmal ja nur ein Konstrukt - ein künstlich zurückgerechneter gemeinsamer Ursprung mehrerer real existierender verwandter Sprachen. Würde man in der Zeit zurückreisen bis dorthin, wo dieser "Ursprung" wirklich gesprochen wurde, würde man dort wohl nicht dieses "Einheitskonstrukt" vorfinden (so wenig wie beim "Mittelhochdeutschen"), sondern genau das, was man heute hat - keine theoretische Einheitssprache, sondern wiederum eine Sprachfamilie mit engeren zeitlichen und regionalen Unterschieden, die sich gegenseitig beeinflusst haben und nur in ihrer Summe der reale Ursprung der späteren Entwicklung sind.
  Zweitens würde man keine Einheitssprache vom "Schweden bis zum Main" finden, sondern Sprachen, die von Völkern mit womöglich ganz anderen Siedlungsräumen gesprochen wurden. Und womöglich, wer weiß, gab es also doch sogar das eine, real existierende und prototypische "Indogermanisch" - als konkreten Dialekt eines kleinen, zum damaligen Zeitpunkt unauffälligen Stammes irgendwo in der Steppe, der sich im Laufe der Zeit ausgebreitet hat und dessen Sprache sich wiederum in Wechselwirkung mit den dabei berührten Völkern und den erst allmählich entstehenden geographischen Problemen weiter- und auseinanderentwickelt hat.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Tenryu am 01. Januar 2009, 20:05:45
Eine einheitliche Sprache konnte sich ja auch erst durch die Erfindung des Buchdruckes entwickeln, wodurch es möglich wurde, Texte über ein größeres Gebiet in entsprechender Auflage zu verbreiten. Die gesprochene Sprache war (und ist heute noch) regional sehr unterschiedlich. Da die Menschen auch bodenständiger waren, gab es weniger kulturellen Austausch. So hatte fast jedes Dorf seinen eigenen unterscheidbaren Dialekt. Diese Unterschiede sind allmählich am Verschwinden, was nicht zuletzt auch an den Massenmedien liegt. Die Sprache, welche die Menschen landesweit täglich im Hör- oder Fernsehfunk hören, prägt sich ein und bewirkt eine Vereinheitlichung.

Wie auch immer. Ich bin kein profunder Kenner zahlreicher Sprachen, aber ich habe dennoch den Eindruck, daß das Deutsche in seinem Aufbau willkürlicher und unvorhersehbarer ist, als andere Sprachen.
Um bei o.g. Beispiel zu bleiben: ein Teller ist ein flacher Gegenstand, dementsprechend wäre es logisch, zu sagen, er liege auf dem Tisch. Wohingegen ein Glas in der Regel in länglicher Gegenstand mit vertikaler Ausdehung ist, der demzufolge richtigerweise steht. Und genau diese Unlogik und Widersinnigkeit ist es, die mich am Deutschen ein bißchen stört.

Etwas anderes, was im Deutschen auch ziemlich unlogisch ist, ist die Bildung zusammengesetzter Wörter.

Und zwar wird völlig willkürlich einmal der Singular, das andere Mal der Plural verwendet.
z.B. Hühner-Ei aber Kuh-Milch, jedoch Ziegen-Milch
Haarwuchsmittel, aber Haareschneiden

Ach ja: Kann mir jemand erklären, wieso man neuerdings Flußschiffahrt mit drei s und f schreiben muß, Mitttag hingegen nicht mit drei t?

Es ist ja bequem, viele Absurditäten der deutschen Sprache mit uralten Entwickelungen und Relikten aus dem Mittelalter zu erklären. Aber da bleibt die Frage offen, weshalb auch moderne willkürliche, von der Obrigkeit diktierte (und von so genannten Fachleuten erarbeitete) Reformen jeder Logik und Einheitlichkeit entbehren.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Churke am 01. Januar 2009, 20:17:33
Zitat von: Shay am 01. Januar 2009, 17:50:25
@Churke
Gerade das von dir zitierte Beispiel fand ich immer ein Schmuckstück der deutschen Sprache. Genauer gesagt eigentlich die Verben, die die Tätigkeit benennen, den Gegenstand in seine Position zu bringen.
Warum sind es nur immer die Schmuckstücke, die für Ausländer so schwierig sind?  :snicker:

Zitat
Tatsache ist, daß es in allen Sprachen, deren Entwicklung wir durch schriftliche Quellen verfolgen können, über die Jahrhunderte immer zu einer Vereinfachung gekommen ist.
Nicht immer. Im Frühmittelalter wurde in Deutschland einiges an Aufbauarbeit geleistet, um lateinische Texte (Bibel etc.) richtig übersetzen zu können. Zum Beispiel, indem man ein voll konjugierbares Passiv gebildet hat. 

ZitatWarum das so ist, weiß wohl so genau keiner. Ich finde die These, die Wolfgang Steinig in seinem Buch "Als die Wörter tanzen lernten" vorstellt, recht plausibel, auch wenn er wohl nicht mit allem Recht hat.
Ich kenne den Herrn Steinig nicht, aber ich habe gehört, dass die Sprachentwicklung eine Arbeitsverlagerung vom Sprecher zum Hörer ist. Je mehr der Sprecher durch die Grammatik unterscheidet, desto weniger braucht der Zuhörer zu tun. Indem man die Grammatik vereinfacht, muss der Zuhörer Semantik und Raum-Zeit-Beziehungen erschließen. Vielleicht ist der Grund der Sprachentwicklung einfach, dass die Sprecher faul sind.  ;D

Und was das Indogermanische betrifft... Wahrscheinlich ist es so, dass unsere indogermanischen Vorfahren von irgendwoher gekommen sind und sich von Schweden bis zum Schwarzen Meer ausgebreitet haben.

ZitatJe mehr Kontakte es zu Sprechern aus anderen Einheiten gab, desto ähnlicher waren sich die Dialekte.
Ich glaube, so funktioniert es nicht. Grammatik und Wortstämme bilden ein inhärentes System. Man kann Lehn- und Fremdwörter benutzen, aber man kann das System nicht verlassen. Baskisch ist auch nach Jahrtausenden (!) mit keiner europäischen Sprache verwandt, obwohl es da wirklich nicht an Nachbarschaft fehlt. Und obwohl im Spanischen ein Großteil des Wortschatzes aus dem Arabischen kommt (im Zweifel jedes Wort, das mit "al" anfängt...), ist es eindeutig eine romanische Sprache. (Im Mittelalter sprachen 60 - 80 % der Bevölkerung Andalusiens Arabisch.)
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Shay am 01. Januar 2009, 20:20:46
Ich hab in meinem Austauschjahr in Amerika meinen kleinen Gastbruder beim Lesenlernen beobachten dürfen. Seither weiß ich, daß im Vergleich zur englischen Rechtschreibung, die deutsche ein Muster an Logik ist. Immerhin weiß man bei uns, wenn man das Wort geschrieben sieht, wie man es ausspricht. Im Englischen muß man jedes einzelne Wort auswendiglernen. Oder warum wird head "häd" gesprochen, heat aber "hiiit"?

@Churke
Zu deinem letzten Absatz:
Ich meinte verschiedene Dialekte einer Sprache. Wenn man das komplette Sprachsystem wechseln muß, dann gleichen sich die Unterschiede sicher langsamer aus. Aber auch da denke ich, daß es sicher zu mehr Angleichungen kommt, wenn es mehr Kontakt gibt. Ähnlicher werden heißt ja nicht identisch sein.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Aithoriell am 06. Januar 2009, 18:57:01
Ich muss Tenryu noch einmal widersprechen: Es ist ja nicht so, dass der Buchdruck zu einer einheitlichen Sprache geführt hat. Es hat für viele verschiedene Gebiete in Europas schon öfter einheitliche Sprachen gegeben - auch ohne Buchdruck. Ich frage mich, wo Tenryu da die Grenzen zieht. Meint er nur Deutschland? Was ist mit Latein? Der Buchdruck hat nicht zu einer einheitlichen Sprache geführt. Er war für etwas ganz anderes ausschlaggebend, nämlich dafür, dass man nicht mehr Dinge in Latein verschleiern konnte, wenn das einfache Volk doch selbst nachlesen konnte.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Lavendel am 06. Januar 2009, 19:45:59
Zitat von: Shay am 01. Januar 2009, 20:20:46
Ich hab in meinem Austauschjahr in Amerika meinen kleinen Gastbruder beim Lesenlernen beobachten dürfen. Seither weiß ich, daß im Vergleich zur englischen Rechtschreibung, die deutsche ein Muster an Logik ist. Immerhin weiß man bei uns, wenn man das Wort geschrieben sieht, wie man es ausspricht. Im Englischen muß man jedes einzelne Wort auswendiglernen. Oder warum wird head "häd" gesprochen, heat aber "hiiit"?

Jaja, der 'Great Vowel Shift' ist eins der großen Übel in der englischen Sprache ;).


Abgesehen davon finde ich Deutsch überhaupt nicht schrecklich, sondern wunderschön. Deutsch ist die Sprache, die ich am besten beherrsche, und ich weiß genau, dass man mit ihr wunderbare Dinge sagen und schreiben kann. Wohin führt uns das Beschweren und das Wettern? Wird das Deutsch darum anders? Sprache ändert sich, wenn sie benutzt wird. Zu weinen, wie bestraft man selbst oder andere mit einer Sprache sind, bringt überhaupt nichts. Sie ist und bleibt dein Mittel, dich auszudrücken und zu sagen, was du zu sagen hast. Rechtschreibreform hin oder her, Deutsch ist schön (vielleicht nicht in jeder Bedienungsanleitung, und in vielen Vampirschnulzen auch nicht ... aber manchmal).
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Tenryu am 07. Januar 2009, 02:29:02
@ Aithoriell: Ich beziehe mich ausschließlich auf die Deutsche Sprache.
Und selbstverständlich hat der Buchdruck dazu beigetragen, die Sprache zu vereinheitlichen. Denn ohne Buchdruck wäre es nicht möglich, daß ein Mensch in München, das selbe lesen kann, wie einer in Würzburg. Und ebenfalls amcht es einen Unterschied, ob ein Werk von einem Dutzend Gelehrten an einem Ort gelesen wird, oder von mehreren hundert oder tausend im ganzen Reich.

Latein mag vielleicht eine verbreitete Sprache gewesen sein. Doch wie einheitlich sie tatsächlich gebraucht wurde, kann heute keiner mehr wissen, denn nur wenige Schriftgelehrte haben uns Zeugnisse ihres Gebrauches hinterlassen. Wie die Plebs auf der Sprache geredet hat und ob die Germanen in Colonia Agrippinensium dasselbe Latein gesprochen haben, wie die Römer in Latium, wage ich mal stark zu bezweifeln.

Um eine Sprache zu vereinheitlichen bedarf es des regelmäßigen Austausches zwischen den Teilnehmern. Und mangels Eisenbahn, Funkentelegraph oder Druckerpresse dürfte dies in der alten Zeit nur einer winzigen Anzahl reisender Gelehrter möglich gewesen sein. Wie anders erklärst du denn die große Anzahl unterschiedlicher regionaler Dialekte, die sich bis zu Beginn des 20sten Jahrhunderts erhalten haben und erst durch die elektrischen Massenmedien und die Migrationsbewegungen allmählich zu verschwinden begannen?
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Falckensteyn am 07. Januar 2009, 08:16:27
Zitat von: Tenryu am 07. Januar 2009, 02:29:02
erst durch die elektrischen Massenmedien und die Migrationsbewegungen allmählich zu verschwinden begannen?

Was genau meinst Du damit? Wenn ich mich umsehe und umhöre, stelle ich davon nichts fest. Ich wohne in der Region Basel, arbeite in Bern und bin geschäftlich auch ab und zu in Winterthur/Zürich. Aber dass die regionalen Dialekte verschwinden, wäre mir neu!
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Lavendel am 07. Januar 2009, 10:18:25
Zitat von: Falckensteyn am 07. Januar 2009, 08:16:27
Ich wohne in der Region Basel, arbeite in Bern und bin geschäftlich auch ab und zu in Winterthur/Zürich. Aber dass die regionalen Dialekte verschwinden, wäre mir neu!

Das liegt daran, dass Sprache auch etwas mit Identität zu tun hat. Dialekte werden vielerorts sogar besonders gepflegt. Sie gehören zur regionalen Kultur dazu und schaffen Gemeinschaften (die sich durch ihre Sprache auch von anderen Gemeinschaften abgrenzen können).

Ich verstehe nur nicht so ganz, was das mit der Schrecklickeit des Deutschen zu tun haben soll. Dialekte gibt es in so vielen Sprachen.

Übrigens gab es bis in die 1870er , also bis zur Gründung des Deutschen Reichs, keine einheitliche Rechtschreibung. Mit dem Buchdruck ansich hatte das also wenig zu tun (Der Buchdruck forcierte sogar zunächst mal die Kreativität beim der Rechtschreibung). Erst nach der Reichsgründung war es nämlich auch ein politisches Interesse, eine einheiltiche Sprache für ein geeintes Rech zu haben (da sieht man, wie ideologisch Sprache ist). Man muss dabei auch bedenken, dass (obwohl in Preußen die allg. Schulpflicht schon 1717 eingeführt wurde) Ende des 18. Jahrhunderts immer noch ein Großteil der Landbevölkerung gar nicht Lesen und Schreiben konnte.

Entschuldige, Tenryu, aber ich versuche immer noch herauszufinden, worauf du eigentlich hinaus willst. Ich habe bis jetzt noch nicht feststellen können, was Deutsch im Gegensatz zu anderen Sprachen besonders Schrecklich macht. Vielleicht ist das ein subjektiver Eindruck, weil du als deutschsprachiger Schriftsteller jemand bist, der mit naturgemäß mit seiner Sprache ringen muss? Ich gebe zu, das kann einen fertig machen. Aber nur was dich fertig macht bringt dich weiter ;).
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Churke am 07. Januar 2009, 10:28:58
Der Deutsche differenziert die regionalen Idiome in der Schweiz nur nach dem Grad des Nichtverstehens.  ;D

Für den deutschen Raum lässt sich aber auf jeden Fall sagen, dass die Dialekte an Varietäten und Ausdifferenzierungen verlieren. Sie werden also eingeebnet und vielleicht eines Tages ganz verschwinden.


Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Manja_Bindig am 07. Januar 2009, 11:06:24
Echt, Churke? Ich kann dir das nicht so recht abkaufen... nicht nach meinem Umfeld. Klar gibt man sich Mühe, im Beruf hochdeutsch zu reden und sich allgemein verständlich auszudrücken, aber den Dialekt killen kann man damit nicht. Mei Säggsch schläscht immor dursch, kannsch mach'n wasch will. Nur eben mal stärker, mal weniger... und kaum treffe ich wen mit meinem Dialekt, ist all die Mühe, die ich auf eine hochdeutsche Sprache verwende, umsonst und weg und ich sächsle wieder auf Heftigste.
Dialekt ist ein Teil der Identität(schon allein, weil alle Dialekte sich gegenseitig verlachen und auf die Schippe nehmen - nicht unbedingt böse gemeint) und entsprechend bewahrt ihn sich jeder so gut er kann.

Aber auch ich begreife nciht, was das mit der Schrecklichen deutschen Sprache an sich zu tun hat - über Dialekte kann man auch im Bezug auf die englische Sprache philosophieren.

Plus, dass auch ich zu den Uneingeweihten gehöre, die nicht verstehen, worauf Tenryu hier hinaus will.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Churke am 07. Januar 2009, 13:56:53
Innerhalb eines Sprachraumes ist ein Dialekt nicht überall gleich. Im Pfälzischen konnte man (?) früher anhand der Aussprache und des Wortschatzes die Herkunft des Sprechers auf 30 - 50 km eingrenzen. Durch die zunehmende Mobilität verwischen und verschwinden diese Grenzen und es bildet sich ein Einheitspfälzisch heraus. Es würde mich wundern, wenn das in anderen Dialekten anders wäre.

ZitatMei Säggsch schläscht immor dursch, kannsch mach'n wasch will.

Ich weiß nicht, ob Sächsisch ein richtiger Dialekt ist, weil Wortschatz und Grammatik weitestgehend der Hochsprache entsprechen.


Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Schreiberling am 07. Januar 2009, 14:01:24
Zitat von: Churke am 07. Januar 2009, 13:56:53
Innerhalb eines Sprachraumes ist ein Dialekt nicht überall gleich. Im Pfälzischen konnte man (?) früher anhand der Aussprache und des Wortschatzes die Herkunft des Sprechers auf 30 - 50 km eingrenzen.

Ich komme aus Hessen, sprich der Dialekt ist Platt. Von der Aussprache her ist es bei uns wirklich so, dass meine Eltern und Großeltern (fast immer) sagen können, aus welchem Dorf der jeweilige Sprecher kommt.

Liebe Grüße,
Schreiberling
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Lavendel am 07. Januar 2009, 14:04:50
Hm, also ich benutze die Wörter Motschekiebchen oder Bemme nie, weil ich nicht aus Sachsen komme ...

Aber das wird jetzt wirklich zu OT  (:pfanne: <- mich selbst für die Antwort hau). Ich schlage vor, wir warten jetzt auf Tenryu. Immerhin ist es sein Thread, und ich würde gerne von ihm hören, wie er sich die Diskussion vorgestellt hat.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Manja_Bindig am 08. Januar 2009, 01:12:49
Deiner MEinung, Lavendel.

@Churke: Das liegt daran, dass die deutsche Hochsprache ursprünglich in Sachsen "erfunden", will sagen, festgeschrieben wurde. Genauer gesagt, im wunderschönen Dresden... großspurig gesagt also ist Sächsisch das ursprüngliche Hochdeutsch.

Aber das führt hier jetzt endgültig zu weit... hatten wir nicht mal nen Thread über Dialekte?
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Falckensteyn am 08. Januar 2009, 10:04:07
Zitat von: Churke am 07. Januar 2009, 10:28:58
Der Deutsche differenziert die regionalen Idiome in der Schweiz nur nach dem Grad des Nichtverstehens.  ;D

Je weiter weg von der deutschen Grenze, desto schwieriger wird es für die Deutschen, uns zu verstehen.

Ja, ich bin auch gespannt auf Tenryus Antwort/Stellungnahme. Er wohnt ja in Basel, und müsste nur mal nach Sissach/Gelterkinden fahren und sich dort bei den Kindern und Jugendlichen umhören. Die reden deutlich anders als in Basel.  ;)

Auch ich selbst lege grossen Wert auf gepflegtes "Baselbieterisch".
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Aithoriell am 16. Januar 2009, 12:00:20
@Tenryu
Ja, nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil! Ernsthaft! Ich hatte mich ein wenig verritten, da ich mich ein wenig zu sehr in die Übersetzung der Bibel aus dem Latein für das gemeine Volk versteift hatte. Buchdruck war ja "ungefähr" zur selben Zeit. Insofern hast du natürlich recht, dass der Buchdruck zur Verbreitung einer Sprache nützlich war. Aber auch "nur" nützlich. Letzten Endes wird man - Buchdruck hin oder her - niemanden in Frankreich davon überzeugen können, Deutsch zu lernen (es sei denn in der Schule und neben der eigenen Muttersprache) und Französisch ganz zu lassen. ;)

@Falckensteyn
Öh... geht so, ne! Also, es ist auch immer eine Frage, wie sehr man sich auf etwas einlässt. Ich jedenfalls mag das Schweizerisch und deswegen gebe ich mir auch Mühe, es zu verstehen, wenn es gesprochen wird. Aber das mag daran liegen, dass ich generell ein Fan von Dialekten bin. Ich weiß, dass du im übrigen auch in der Lage wärest, den Dialekt schriftlich zu Papier zu bringen aber dennoch schreiben Deutsche, Österreicher und Schweizer (und Bayern ;)) hochdeutsch. Das ist für mich viel eher faszinierend, als der Streit, ob die deutsche Sprache schrecklich ist.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Judith am 16. Januar 2009, 18:40:45
Nochmal zum Buchdruck:
Zitat von: Aithoriell am 16. Januar 2009, 12:00:20
@Tenryu
Ja, nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil! Ernsthaft! Ich hatte mich ein wenig verritten, da ich mich ein wenig zu sehr in die Übersetzung der Bibel aus dem Latein für das gemeine Volk versteift hatte. Buchdruck war ja "ungefähr" zur selben Zeit. Insofern hast du natürlich recht, dass der Buchdruck zur Verbreitung einer Sprache nützlich war. Aber auch "nur" nützlich. Letzten Endes wird man - Buchdruck hin oder her - niemanden in Frankreich davon überzeugen können, Deutsch zu lernen (es sei denn in der Schule und neben der eigenen Muttersprache) und Französisch ganz zu lassen. ;)
??? Darum gings aber doch gar nicht - Tenryu hat von Vereinheitlichung, nicht von Verbreitung gesprochen.
Und zu einer Vereinheitlichung der deutschen Schriftsprachen hat der Buchdruck auf alle Fälle beigetragen.

Immerhin hat es der Buchdruck erstmals ermöglicht, Hunderte von Ausgaben zu publizieren, die völlig gleich waren und überregional verbreitet wurden. Und da die Druckereien daran interessiert waren, die Bücher in möglichst hoher Stückzahl und überregional zu verkaufen, war es in ihrem Interesse, Texte so zu vereinheitlichen, dass regionale Eigenheiten möglichst abgebaut wurden.
Klar wurde mit dem Buchdruck nicht sofort die Deutsche Schriftsprache einheitlich (im Hochdeutschen etwa gab es 5 große Druckersprachen, und im Niederdeutschen kamen wohl auch noch einige dazu), aber ohne die neuen Verbreitungs- und Vervielfältigungsmöglichkeiten wären die Forderungen nach einer einheitlichen Schriftsprache vielleicht nie laut geworden. Und wenn doch, dann hätten einzelne Schreibkanzleien wohl niemals die gleiche Wirkung erzielen können wie Druckereien.

Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Steffi am 16. Januar 2009, 19:00:41
Zitat von: Aithoriell am 16. Januar 2009, 12:00:20
. Ich weiß, dass du im übrigen auch in der Lage wärest, den Dialekt schriftlich zu Papier zu bringen aber dennoch schreiben Deutsche, Österreicher und Schweizer (und Bayern ;)) hochdeutsch.

Da schlägt der Linguist in mir durch und sagt: die schreiben Standarddeutsch, Standardösterreichisch und Standardschweizerdeutsch. Die Variationen mögen sich nur in Kleinigkeiten unterscheiden, aber sie sind da :)
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Berry am 18. Januar 2009, 15:02:03
Noch bin ich recht ungebildet auf dem Gebiet der Sprachenbildung, aber ein paar Dinge möchte ich trotzdem loswerden:
Zitat von: Tenryu am 01. Januar 2009, 20:05:45
Um bei o.g. Beispiel zu bleiben: ein Teller ist ein flacher Gegenstand, dementsprechend wäre es logisch, zu sagen, er liege auf dem Tisch. Wohingegen ein Glas in der Regel in länglicher Gegenstand mit vertikaler Ausdehung ist, der demzufolge richtigerweise steht. Und genau diese Unlogik und Widersinnigkeit ist es, die mich am Deutschen ein bißchen stört.

Ein Teller ist sehr breit und wenig hoch, trotzdem steht er auf dem Tisch. Die Strecke zwischen Zinkenende und Stielanfang der Gabel ist ihre Höhe, da sie nicht im Tisch spießt, liegt sie (anwendbar auch auf anderes Besteck).

@Shay, Betr.: Put - Setzen/ Stellen /Legen:
Put wird meiner Erfahrung nach nur verwendet, wenn die endliche Position des Gegenstands egal ist, wenn man konkret auf diese eingehen möchte, kann man immerhin lay benutzen.

Zitat von: Tenryu am 01. Januar 2009, 20:05:45Ach ja: Kann mir jemand erklären, wieso man neuerdings Flußschiffahrt mit drei s und f schreiben muß, Mitttag hingegen nicht mit drei t?

Mittag wird zusammengesetzt aus Mit-te und Tag, also wurde die zweite Silbe der Mitte weggelassen. Leider heißt es nicht Fluße. Und das Schiffahrt ursprünglich scheinbar ebenso gebildet wurde wie Mittag und die Fahrt der Schiffe zu sein scheint, wurde genauso scheinbar ignoriert. Dies ist aber reine Spekulation.
Titel: Re: Die schreckliche Deutsche Sprache
Beitrag von: Lomax am 18. Januar 2009, 15:46:52
Zitat von: Berry am 18. Januar 2009, 15:02:03Mittag wird zusammengesetzt aus Mit-te und Tag, also wurde die zweite Silbe der Mitte weggelassen. ... Und das Schiffahrt ursprünglich scheinbar ebenso gebildet wurde wie Mittag und die Fahrt der Schiffe zu sein scheint, wurde genauso scheinbar ignoriert.
Die Welt wird viel logischer, wenn man sie nicht durch zu viel Um-die-Ecke-Denken kompliziert macht ;)

Ich würd einfach mal sagen, der Unterschied zwischen "Mittag" und "Schifffahrt" rührt daher, dass "Mittag" kein Kompositum ist, sondern ein eigenständiges Wort. Das Wort "Mitt" für sich allein gestellt gibt's nun mal im derzeitigen Wortschatz nicht :) Schiff und Fahrt hingegen schon, und damit sind's zwei verschiedene Paar Stiefel.