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Handwerkliches => Das Sprachbastelboard => Thema gestartet von: funkelsinlas am 18. Mai 2015, 14:52:25

Titel: Wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: funkelsinlas am 18. Mai 2015, 14:52:25
Ich hab kein Thema dazu gefunden, wenn es schon eines gibt: :pfanne:

Ich habe es oft, dass ich von Schmerzen oder Leid meines Protas schreibe. Aber irgendwann gehen einem ja die Wörter aus. Wie beschreibt ihr das? Welche Wörter oder Ausdrücke benutzt ihr da? Wäre dankbar für ein paar tolle Anregungen.
Danke vorab an alle. :-)
Titel: Re: wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: Shedzyala am 18. Mai 2015, 15:12:07
Puh, das hängt ganz vom Schmerz ab. Denn jeder fühlt sich anders an.

Die üblichen Adjektive wären wohl: heiß, kalt, schneidend, eisig, pochend, dumpf etc. Als Verben bieten sich drücken, ziehen, pochen an. Ich finde es schwer, das so ganz allgemein abzuhandeln. Nenn mir einen Schmerz und ich beschreibe ihn dir ;)

Ganz allgemein mag ich es aber, zuerst das Gefühl zu beschreiben und dann erst zu nennen, was genau grad kaputt gegangen ist. Denn wenn man nicht gerade zugesehen hat, wie die Wunde entstanden ist, wird man ja erst durch den Schmerz auf sie aufmerksam.
Titel: Re: wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: Ary am 18. Mai 2015, 15:14:00
Hi,

Schmerz kann so viele Facetten haben. Stechend, bohrend, brennend, reißend, drückend, er kann unerträglich sein oder gerade noch auszuhalten. Schmerz kann heiß sein, oder kalt. Ich verwendet im Zusammenhang mit Schmerz, gerade bei brennendem, gern die Farbe rot und die Assoziation von Hitze.
Heftiger Schmerz lässt vielleicht das Blickfeld auf einen winzigen Punkt zusammenschrumpfen oder die Figur verliert das Bewusstsein. Schmerz kann einem den Atem rauben (ein Schlag in den Magen oder bei einer männlichen Figur in die Kronjuwelen...). Die Figur kann Lichter vor den Augen explodieren sehen. In Schockstarre verfallen.

Hilft dir davon was weiter?
Titel: Re: wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: funkelsinlas am 18. Mai 2015, 15:38:08
Die Adjektive sind super, danke erstmal. :jau:  Ich meinte aber auch Verben. Wenn man dass jemanden beschreiben lässt oder was der Prota tut. So was wie: Hände verkrampfen, zusammenkauern, nach Halt suchen,...
Hab halt zwei arme Seelen, denen es mies geht.
Titel: Re: wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: Tika am 18. Mai 2015, 15:47:30
Wie Aryana so schön schreibt, bin ich selbst auch eher ein Freund von der Beschreibung von Auswirkungen. Was fühlt die Person. Sicher fühlt sie Schmerz, aber wenn zuvor ein Schock ihr Empfinden dämpft, dann ist es zunächst dieser Zustand, den man beschreiben muss. Schwindel, ein flaues Gefühl im Magen, Mattigkeit.
Der Reine Schmerz selbst ist in einem Sekundenbruchteil abgefrühstückt. Ob stechend, brennend, heiß, kalt - wie auch immer, aber was wird beeinträchtigt?
Welche Auswirkung hat die Verletzung?
Das sind die Dinge, die mich bei der Beschreibung dann mehr umtreiben.
Titel: Re: wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: Fafharad am 18. Mai 2015, 15:48:03
Grundsätzlich vertrete ich die Ansicht, dass bei der Beschreibung von Schmerzen dasselbe gilt wie bei anderen Beschreibungen: Es geht auch ohne Adjektive!
Gerade in diesem Feld sind die Adjektive doch recht einschlägig und entsprechend überstrapaziert.
Was uns hier weiterhilft, sind die Schmerzerlebnisse der Leser: Wir können uns darauf verlassen, dass jeder weiß, wie es sich anfühlt, den Finger in der Tür zu klemmen oder sich auf die Zunge zu beißen. In diesem Fall reicht es meiner Meinung nach, die Art der Verletzung zu beschreiben und die Reaktion des Protagonisten darauf. Die Schmerzen denken wir uns dazu.
Titel: Re: wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: funkelsinlas am 18. Mai 2015, 15:53:16
Also ich versuche halt auch, Adjektive lieber zu vermeiden. Außerdem hab ich die Sicht in der Szene nicht die, der verletzten Person, sondern die des Heilers. Also sind es halt eher Dinge, die man sieht oder hört.
Titel: Re: wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: Churke am 18. Mai 2015, 15:57:57
Zitat von: funkelsinlas am 18. Mai 2015, 14:52:25
Ich habe es oft, dass ich von Schmerzen oder Leid meines Protas schreibe. Aber irgendwann gehen einem ja die Wörter aus. Wie beschreibt ihr das?

Indem ich die Ursache des Schmerzes beschreibe.
Körperliche Schmerzen: Körperliche Ursache, z.B. sachgemäße Anwendung einer Knochensäge. Wie sich der Protagonist dabei fühlt, kann sich Leser selbst ausmalen.
Seelische Schmerzen: seelische Ursache, also innerer Monolog. Das sind nachvollziehbare Gefühle gefragt.
Titel: Re: wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: Fafharad am 18. Mai 2015, 16:09:26
Aus der Sicht des Heilers ist die Sache ja gleich viel unproblematischer. Das ist ein professioneller Blick auf eine Verletzung, der die Beschreibung von Schmerzen überflüssig macht (und die bisherigen Ratschläge beinahe zur Makulatur werden lässt  ;)).
Das heißt auch, dass die Art der Verletzungen meistens etwas dramatischer sind. Wenn der Patient nicht unter Schock steht oder bewusstlos ist, wird er solche Schmerzen leiden, dass er vielleicht von zwei starken Männern festgehalten werden muss, während der Heiler beispielsweise einen Bruch richtet oder eine entzündete Wunde ausbrennt.
Mach's laut, schmutzig und blutig. Lass den Verletzten brüllen, fluchen und heulen, in kalten Schweiß ausbrechen, sich wehren, auf Holz beißen und sich einnässen. Den Lesern muss mulmig werden und die Lust auf Schokolade vergehen.
Der Heiler selbst sollte völlig mitleidlos sein, besonders wehleidige Patienten auch mal zusammenstauchen dürfen und nicht mit der Wimper zucken, wenn ihm Blut ins Gesicht spritzt.
Titel: Re: wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: funkelsinlas am 18. Mai 2015, 17:00:24
@Fafharad  Das ist eine gute Idee, könnte ich ausbauen. Danke :vibes:

Also ganz so professionell ist das nicht, ist auch etwas persönlicher. Aber der Leser ist halt nicht so abgestumpft.
Titel: Re: wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: Klecks am 18. Mai 2015, 17:51:47
Was ist das nur immer mit diesem Nein zu vielen Adjektiven?  ;D  Gerade in Situationen, in denen meine Figur Schmerzen leidet, verwende ich gern und viele Adjektive. Ich versuche so genau wie möglich zu beschreiben, was die Figur durchmacht, wie der Schmerz anfängt und wie er wieder abflaut, ob er in Wellen oder ganz plötzlich kommt. Oder ob ein Schock verhindert, dass die Schmerzen tatsächlich wahrgenommen werden. Wie schon gesagt wurde: Es gibt endlose Möglichkeiten und es kommt immer auf die Situation drauf an.  :hmmm:
Titel: Re: wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: Shedzyala am 18. Mai 2015, 17:56:52
Zitat von: Klecks am 18. Mai 2015, 17:51:47
Was ist das nur immer mit diesem Nein zu vielen Adjektiven?  ;D  Gerade in Situationen, in denen meine Figur Schmerzen leidet, verwende ich gern und viele Adjektive.

Danke, dass du es ansprichst, Klecks. Ich weiß auch nicht, warum Adjektive immer so negativ gesehen werden. Natürlich ist rotes Blut überflüssig, aber ein heißer Schmerz ist etwas anderes als ein kalter Schmerz. Warum sollte man das nicht schreiben dürfen? Ein Text ganz ohne Adjektive ist doch auch nicht besser als ein überfrachteter. Wie bei allen Wörtern kommt es dabei doch eben darauf an, wie man sie benutzt.
Titel: Re: wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: funkelsinlas am 18. Mai 2015, 18:10:17
Ich glaube Adjektive werden von Schreibratgebern gern verteufelt. Ob zu Recht oder Unrecht, sei dahingestellt. Ich hab aber noch keinen gelesen, der an denen ein gutes Haar gelassen hat. Eigentlich ein interessantes Thema für sich.
Titel: Re: wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: et cetera am 18. Mai 2015, 19:03:50
Viele Adjektive lassen einen Text oft schwülstig erscheinen, weshalb man sie sparsam einsetzen sollte. Aber ich habe auch den Eindruck, dass das momentan eine Modeerscheinung ist, sie ganz zu verteufeln.
Generell bin ich aber auch kein Freund von dogmatischen Regeln. Was bei dem einen Text furchtbar aussieht, kann bei dem anderen grandios sein, je nachdem welcher Stil, welche Geschichte und welcher Zeitgeist dahinter steckt.

Zum Thema: Gerade bei solchen großen Wunden wie ein aufgeschlitztes Bein oder ein Pfeil in der Schulter frage ich mich schon, wie man eigentlich am Besten diesen ersten Schmerzensmoment beschreibt. Ich meine damit nicht das Pochen der Wunde oder das kochende Blut, sondern der unmittelbare Augenblick, in dem der Schmerz zugefügt wird. Meine Erfahrungen beschränken sich bisher darauf, mir den kleinen Zeh am Tischbein zu stoßen, aber selbst das reicht aus, damit sich mein Gehirn komplett abschaltet und mein ganzes Sein auf diesen kleinen Bereich zusammen schrumpft. Eigentlich müsste das bei einer Schussverletzung noch mal viel extremer sein, aber ich habe immer den Eindruck, dass meine Beschreibung nicht intensiv genug ist.
Titel: Re: wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: phoe am 18. Mai 2015, 19:08:40
ZitatWas uns hier weiterhilft, sind die Schmerzerlebnisse der Leser: Wir können uns darauf verlassen, dass jeder weiß, wie es sich anfühlt, den Finger in der Tür zu klemmen oder sich auf die Zunge zu beißen. In diesem Fall reicht es meiner Meinung nach, die Art der Verletzung zu beschreiben und die Reaktion des Protagonisten darauf. Die Schmerzen denken wir uns dazu.
Da stimme ich Fafharad zwar zu, aber dennoch liest es sich besser, bzw. macht es noch etwas "schlimmer" wenn Adjektive dabei stehen, isso. Klar weiß ich, wie sich ein eingeklemmter Finger anfühlt, aber dennoch gibt es auch dabei Unterschiede bzw. Empfindungen. Man sollte nicht zu viel hineinschreiben, das ist lästig, aber ganz weglassen auch nicht.

Es gibt verschiedene "Zustände" des Schmerzes, folgende Verben fallen mir dazu ein: verkrampfen, schwitzen, zittern, taumeln, schwer atmen, pusten (auch ruckartig die Luft ausstoßen genannt  ;) )

Edit: et cetera war schneller ;)
Titel: Re: wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: Miezekatzemaus am 18. Mai 2015, 19:11:45
Ich schreibe sehr gern "pochender Schmerz", weil ich mir darunter etwas vorstellen kann. Was ich selbst schon erlebt habe, was man gut beschreiben kann, weil es meist schon einige der Leser kennen: Eine Faust ins Gesicht bekommen, sodass die Gesichtspartie für einen Moment lahmgelegt wird und der eigentliche Schmerz erst später auftritt. (Mir ist das passiert, weil im Sportunterricht ein Junge versehentlich einen Handball in mein Gesicht geschlagen hat - erst fand ich es überhaupt nicht schlimm und dann bin ich fast zusammengebrochen.)
Ich finde es schön, wenn man eine Art von Schmerz nimmt, die die meisten Leser kennen - Finger einklemmen zum Beispiel und dann, jetzt etwas holprig formuliert etwas in diese Richtung schreibt: "Der Schmerz brannte; er pochte wie ein einklemmter Finger, nur tausendmal schlimmer", oder so ähnlich. :)
Titel: Re: wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: Chrissy am 18. Mai 2015, 19:25:49
Ja dass mache ich auch gerne. Immer wieder schreibe ich auch noch etwas in die Richtung, wie sich das Gewebe/die Muskeln beim Schmerz verhalten wenn`s "ärger" wird: Die herausklaffenden Muskelfasern fühlten sich an, als würde jemand an ihnen zerren. Ganz so, als wären es Haare an denen man ihn herumschleifen würde. Das Blut pochte so stark, dass er jeden Pulsschlag stärker hörte.
Titel: Re: Wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: Sternsaphir am 18. Mai 2015, 19:58:03
Schmerzen beschreibe ich gern mit Bilder und Vergleichen:
z.B.
- Sein Magen fühlte sich an, als würden ihn zwei kräftige Hände durchwringen
- Sein Kopf schmerzte, als würde jemand mit einer Keule auf seinem Schädel trommeln
- Der Arm fühlte sich an, als würden tausend Nadeln in seine Haut gestochen werden.

Ansonsten überlege ich mir, wie sich der zu beschreibende Schmerz am ehesten anfühlen würde:
pochen, wummern, stechen, brennen, ziehen, schneiden, drücken etc.
Wenn der Schmerz besonders schlimm wird, lasse ich meine Protas auch gern schwindelig werden oder halluzinieren.

Auch ein wichtiges Mittel zur Schmerzbeschreibung ist die Beschreibung der Wunde (präzise, aber nicht zu üppig). Somit kann sich der Leser schon in seiner Phantasie ausmalen, welche Schmerzen der Prota gerade erleiden muss, auch wenn man selbst vielleicht solche Verletzung noch nie gehabt hatte.
Titel: Re: Wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: Malinche am 18. Mai 2015, 20:36:11
Ich habe den Thread mal hierher verschoben, da es bei dieser Frage um Formulierungen und Wortfindungen geht. (In "Autoren helfen Autoren" besprechen wir akute Plotprobleme und ähnliches - also eher Inhaltliches stand Handwerkliches, da gehörte das also einfach nicht hin.) :)
Titel: Re: Wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: funkelsinlas am 19. Mai 2015, 00:23:19
Mein Problem ist, dass mein Prota schon nen Tag mit der Wunde rumrennt, die jetzt so richtig entzündet ist. Sie halluziniert schon und ihre Sicht verschwimmt immer wieder. Zusammengebrochen ist sie auch. Jetzt das zu toppen, ist schwer. Vor allem, weil sie ja nicht mehr den ersten Schmerzmoment hat.
Das mit den Adjektiven seh ich auch so, aber ich hab da immer Angst, dass es so abgedroschen klingt oder wie ein Schulaufsatz, in dem jeder Satz drei Adjektive zu haben hat. Ist halt das erste Buch, da ist man immer übervorsichtig.  :versteck:
Titel: Re: Wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: Anj am 19. Mai 2015, 07:05:32
Ich verwende neben den Konsequenzen und der Art wie diese spezielle Figur den Schmerz wahrnimmt/einschätzt und mit umgeht, auch gerne Bilder.
Um @Sternsaphir s Beispiele aufzugreifen: "Eine Keule donnerte auf seinen Kopf", "tausend Nadeln stachen in seinen Arm".

Wichtig finde ich, dass man gut unterscheidet, wer erzählt und ob eine Metaposition (fühlte sich an wie ...) passend ist. Denn formuliere ich so, ist der Erzähler/die Figur nicht mehr in der Wahrnehmung, sondern in der Interpretation. Je nach Figur kann es aber auch schon mal sein, dass ich auf Adjektive zurückgreife, wobei ich immer lieber starke Verben benutze, entweder als Beschreibung des Schmerzes oder als Beschreibung der Handlungen zu denen die Schmerzen die Figur bringen. (zusammenkrümmen, Nägel in die Hande pressen, tief einatmen, schreien, wimmern, ...) Bei letzterem spielt der Charakter der Figur eine zentrale Rolle und zieht damit eine weitere Informationsebene in den Text.
Titel: Re: Wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: Sturmloewin am 19. Mai 2015, 22:57:12
Also ich mag ja gerne Metaphern oder Vergleiche und verbinde diese gerne mit ungewöhnlichen oder harten Adjektiven, da das meiner Meinung nach dem Leser am ehesten vor Augen führt, wie sehr der Charakter gerade leidet.
Denn den "Pochenden Kopfschmerz" haben wir alle schon einmal gelesen und überlesen.
Aber ein "Stich, der Fäden aus Schmerz in die Arme schießt" (okay, ist jetzt nicht das beste Beispiel, ich weiß) bleibt mehr in Erinnerung.

Es gibt ja auch viele unterschiedliche Arten von Schmerzen.

Da gibt es den Schmerz eines Aufschlags (jetzt spezifisch an Extremitäten wie Armen oder Beinen), der einem für einen kurzen Augenblick den Atem raubt, bzw. scharf einatmen lässt, der das Gehirn und sämtliche Gedanken zumindest für den ersten Moment nur auf diesen Druckpunkt richtet und vergessen lässt, wie man die Körperteile bewegt.

Ein Schlag gegen den Brustkorb und/oder Rücken ist da noch ein wenig anders, er presst den Atem aus dem Körper und gibt das Gefühl, dass der Raum zwischen den Rippen mit Gips ausgefüllt ist, der weder Raum für Federrung, noch für Atem, Herzklopfen oder was auch immer lässt.

Ein Schlag gegen den Kopf ist schärfer. Es fühlt sich weniger dumpf, sondern irgendwie "Näher dran" an. Jenachdem, wie stark der Schlag war, macht er natürlich auch schwindelig oder für kurze Zeit blind oder sogar taub. Der Orientierungs- und Gleichgewichtssinn wird beeinflusst und beeinträchtigt.

Aber wenn nicht mit einem stumpfen, sondern zum Beispiel mit einem glatten (größere Oberfläche) oder spitzen Gegenstand geschlagen wird, kommt zu dem "tieferen" Schmerz noch der oberflächliche Schmerz, die Haut fühlt sich wund und brennend an.

Dann gibt es den Schmerz von Kratzern und Schürfwunden, die sich nach dem ersten Schockmoment heiß anfühlen und jucken und brennen. Das ist im Gegensatz zu Schlägen (außer zuletzt benannten) ein eher oberflächlicher Schmerz. Hier geht es um die oberere Hautschicht, aber Muskeln, Knochen etc. fühlen sich intakt und funktionsfähig an.

Tiefere Schnittwunden, d.h. "nähbare" oder was auch immer tun im ersten Moment nicht weh.
Dann ist der Schmerz zum einen ähnlich wie der von oberflächlicheren Kratzern, aber es brennt stärker. Nur irgendwie im dem Sinne, dass der Körper vielleicht merkt: "Oh, da muss man was machen, da kommt Dreck ran" oder was auch immer.
Bewegung tut weh, ist kaum möglich. Berühren tut weh. Die Haut drum herum fühlt sich an, als ob sie spannt und bei jeder Bewegung einreißen könnte, die bloße Vorstellung, die Wunde zu berühren, ist kaum möglich.

Dann gibt es ja zum Beispiel noch den Schmerz von Spritzen. Das ist zuerst ein kurzes Stechen vom Einstich. Dann kommt ein länger anhaltender, je nach Wirkstoff mehr oder weniger stark zwiebelnder Schmerz, der teilweise echt stark sein kann. Da der Wirkstoff ja unter die Haut gedrückt wird (teilweise schieben die Ärzte zur besseren Verteilung ja die Nadel noch unter der Haut hin und her) ist es ein mehr oder weniger großflächiger Schmerz dicht unter der Haut, der sticht und sich ein wenig so anfühlt, als würde jemand in eine offene Wunde kneifen.

Ahhh und die Zahnarztschmerzen. Bohren ist fies, fühlt sich an, als würde jemand mit ganz viel Kraft gegen etwas drücken, unter dem der Schmerz liegt und diesem immer näher kommen. Also es fühlt sich an, als würde jemand den Schmerz immer weiter in einen reinhämmern und im gleichzeitig immer näher kommen.

Sooo... hab ich noch eine Schmerzart vergessen? Bestimmt, aber einige kenne ich ja auch gar nicht. Ich hoffe, du kannst damit was anfangen.

Titel: Re: wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: Dämmerungshexe am 21. Mai 2015, 17:04:30
Zitat von: Fafharad am 18. Mai 2015, 15:48:03
Was uns hier weiterhilft, sind die Schmerzerlebnisse der Leser: Wir können uns darauf verlassen, dass jeder weiß, wie es sich anfühlt, den Finger in der Tür zu klemmen oder sich auf die Zunge zu beißen. In diesem Fall reicht es meiner Meinung nach, die Art der Verletzung zu beschreiben und die Reaktion des Protagonisten darauf. Die Schmerzen denken wir uns dazu.

Ja - das kennt jeder. Aber wieviele Leser (und Autoren) haben schonmal eine richtige Schwertwunde bekommen oder wurden von einer Keule getroffen? Hundebisse - ok, kommt vor, aber auch nicht sooo häufig. Schlangenbisse, Vergiftungen allgemein sind auch keine Allerweltserfahrungen. Wer ist schonmal wirklich in ein Feuer geraten? Ich habe mal geträumt, von einer Säurekugel getroffen worden zu sein (hatte zuviel Baldurs Gate gespielt) - DAS war interessant und ist mir lange in Erinneung geblieben. Aber eine Verifizierung für das Gefühl habe ich bisher ZUM GLÜCK vermeiden können.

Also: Ja - wenn es um Schmerzen bei nem eingeklemmten Finger oder nem angestoßenen Kopf geht, darf man sich gerne mal auf die Erfahrung der Leser verlassen und muss das nicht breit und lang ausführen. Aber da wir ja alle im fantastischen Genre unterwegs sind, darfs auch mal etwas phantasievoller sein.

Ich bin im übrigen auch eher ein Freund von Adjektiven, auch in Verbindung mit Metaphern. Gerade bei Schmerz ist das Gehirn ja mal schnell überfordert und es entstehen Assoziationen, die einem sonst nicht kommen würden. Insoweit kann es auch mal etwas abstrakter sein.
Eine Beta hat mal nachgehakt, was denn bitte ein "eisblauer Schmerz" ist - für mich war das klar und ich finde es an sich auch recht passend.
Titel: Re: Wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: Aljana am 21. Mai 2015, 21:30:29
@ Dämmerungshexe unter eisblauem schmerz kann ich mir auch was vorstellen, aber vermutlich, weil ich Kälte als extrem unangenehm emfinde. Darum ist für mich auch, anders als für Aryana ganz am Anfang des threads schrieb, Schmerz nicht mit Rot oder brennend oder feurig verbunden sondern mit blau, dunkel und kalt.

Was ich allerdings sehr schwer, fast unmöglich finde, ist Verlustschmerz zu beschreiben. Ich meine, jeder, der schonmal etwas verloren hat, was er wirklich, wirklich liebte, (Exfreund, Elternteil, Oma, Opa, ein Haustier) kennt diesen, wie ich finde schlimmsten Schmerz von allen. Diese machtlose Gefühle des innerlichen Auseinanderreißens, bei dem man nicht mehr weiß wohin, und der einfach nicht aufhört. Er verfliegt auch nicht, er kann nur begraben werden unter einer dicken Schicht neuer Erlebnisse und anderer Gefühle, aber er bricht immer wieder hervor, wenn einem die Erinnerungen kommen.

Das zu beschreiben, dieses Gefühl in einem Leser wach zu rufen, finde ich sehr sehr schwer.
Titel: Re: Wie beschreibt ihr Schmerzen?
Beitrag von: canis lupus niger am 25. Mai 2015, 11:17:49
Zitat von: Sternsaphir am 18. Mai 2015, 19:58:03
Schmerzen beschreibe ich gern mit Bilder und Vergleichen:
z.B.
- Sein Magen fühlte sich an, als würden ihn zwei kräftige Hände durchwringen
- Sein Kopf schmerzte, als würde jemand mit einer Keule auf seinem Schädel trommeln
- Der Arm fühlte sich an, als würden tausend Nadeln in seine Haut gestochen werden.

Ansonsten überlege ich mir, wie sich der zu beschreibende Schmerz am ehesten anfühlen würde:
pochen, wummern, stechen, brennen, ziehen, schneiden, drücken etc.
Wenn der Schmerz besonders schlimm wird, lasse ich meine Protas auch gern schwindelig werden oder halluzinieren.

Auch ein wichtiges Mittel zur Schmerzbeschreibung ist die Beschreibung der Wunde (präzise, aber nicht zu üppig). Somit kann sich der Leser schon in seiner Phantasie ausmalen, welche Schmerzen der Prota gerade erleiden muss, auch wenn man selbst vielleicht solche Verletzung noch nie gehabt hatte.

Genauso handhabe ich das auch. Aus der Perspektive des Betroffenen vergleiche ich gerne bildhaft, wie es sich anfühlt. (Der Schmerz bohrte sich wie ein glühender Nagel in seine Stirn.)
Aus einer anderen Perspektive beschreibe ich entweder die Reaktion des Betroffenen (Blässe, schneller, flacher Atem, Aufbäumen des Körpers, schluchzendes Atemholen, ...) oder/und eventuell die Schmerzursache, sprich Wunde (damit dem Leser selber bei der Vorstellung elend wird), bzw die Empfindung des Perspektivträgers (Magen zieht sich beim Anblick zusammen o.ä., was ich halt bei dem Anblick selber fühlen würde).

Adjektive im Übermaß nehmen einem Satz die Dramatik, wirken inflationär. Deshalb setze ich sie mittlerweile ebenfalls nur dosiert ein. Ich hab mal einen Text gelesen, in dem jedem Nomen mindestens zwei Adjektive vorangestellt waren. Sowas zu lesen ist ein  heilsamer Schock, wenn man selber schreibt.  ;D